Kölner Straßenzeitung Draussenseiter 9/2022: Sehnsuchtsort Italien?

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DAS KÖLNER

Sehnsuchtsland Italien?

STRASSENMAGAZIN DRAUsSENSEITER 30. Jahrgang | Nr. 233 | September 2022 Foto: Alfred Jansen

VorWort

J30AHRE

Allein in Mailand zählt man mehrere tausend Obdachlose. Genaue Zahlen gibt es nicht. Aber sie steigen seit der Pandemie – hauptsächlich als Folge der Arbeitslosigkeit – und sie werden weiter zunehmen, auch wegen der Flüchtlinge, für die in den Aufnahmezentren nicht ausreichend Unterkünfte bereitstehen. Giorgio Fontana hat sich des Themas angenommen. Seine Reportage zeigt, dass das Sehnsuchtsland der Deutschen, Italien, auch eine andere Seite hat, die für Tourist*innen kaum sichtbar ist – Seite 10ff.

Geschäftsführer:

Dipl.-Kfm. Wilhelm Mermagen

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Petra Heider

Rechtsanwältin und Steuerberaterin

Liebe Leser*innen und Unterstützer*innen, sind Sie gut durch den Sommer gekommen? Während der eine vielleicht in Ruhe die Schönheiten seiner Heimatstadt erkundet hat, hat es eine andere tatsächlich zu ihrem Sehnsuchtsort geschafft. Für viele Menschen ist das Italien – die Toskana, das Piemont oder Sardinien. So auch für den Musikjournalisten Eric Pfeil; der ItalienFan aus Köln ist mit seinem Buch „Azzurro – Mit 100 Songs durch Italien“ auf den Bestsellerlisten gelandet. Markus Düppengießer hat mit ihm darüber gesprochen, warum ihn bereits als Kind italienische Musik begeistert hat und warum Köln ihn an Neapel erinnert.

Bekannte Persönlichkeiten aus der Kölner Stadtgesellschaft haben am Rosenmontag 2021 den Verein Arche für Obdachlose e.V. gegründet. Ziel des Vereins: Durch Spenden soll sich die Situation für Obdachlose nachhaltig verbessern – Seite 16ff.

ISABeLLA ArchAn Krimiautorin und Schauspielerin

Der DRAUSSENSEITER als Stimme und Beschäftigungsprojekt für Obdachlose und Armutsbetroffene bietet neue Perspektiven. Und ist ein wichtiges Organ unserer Zeit. Herzlichen Glückwunsch zu 30 Jahre Engagement mit Herz.

Dieses Jahr fällt der sogenannte „Tag der Wohnungslosen“ auf einen Sonntag, weshalb in diesem Jahr die Aktivitäten in Köln erst am 14. September stattfinden. Neben einer zentralen Veranstaltung am Rudolfplatz zwischen 13 und 17 Uhr wird es zahlreiche Aktionen geben, um die Kölner Bürger*innen auf das Thema Wohnungslosigkeit aufmerksam zu machen und einen Austausch zu ermöglichen. Im gesamten Kölner Stadtgebiet sollen deshalb bunte Sofas zum Sitzen einladen – schade eigentlich, dass dies offenbar nur an einem Tag im Jahr möglich ist. Oder was meinen Sie?

Ganz herzlich

Themenschwerpunkt Sehnsuchtsorte

Eric Pfeil: „Köln ist schon so ein bisschen Neapel“ 4-7 Julia Floß: Lieblingsrezept Caponata 8 Giorgio Fontana: „Als wollte ich das Meer mit einem Löffel ausschöpfen“ 10-13

Gutes Projekt: Kogi-Kaffee 14-15

Hintergrund: „Kein Verein kann die Not in dieser Stadt alleine bewältigen“ Interview mit Petra Metzger, Arche e.V. 16-18 Aktionstag gegen Wohnungslosigkeit in Köln 19 Buchtipps 20

Cartoon 21

Aus den Einrichtungen | OASE-News 22 23 Abonnement | Impressum 24 Vorschau | Kulturtipp 25 Service: Adressen 26 27

Öffnungszeiten: oASE e.V. Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 13.00 Uhr Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr

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Anzeige InhALt Foto: Simon Veith
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Foto: Arche für Obdachlose e.V. Foto: Tania Madaschi
J30AHRE
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Eric Pfeil ist mit seinem Buch „Azzurro – Mit 100 Songs durch Italien“ in diesem Sommer ein veritabler Überraschungshit gelungen. Er nennt Deutschland und Italien ein gegenteiliges Geschwisterpaar: „Im gleißenden Sonnenschein Italiens entdecken die Deutschen die eigenen blinden Flecken wieder“ – solange sie es nicht übertreiben.

Mit Markus Düppengießer hat sich der Kölner Musiker und Autor darüber unterhalten, warum ihn italienische Musikerinnen und Musiker schon als Teenager mehr begeistert haben als Amerikaner*innen, wer für ihn der wilde, böse Mann Italiens ist und warum Eros Ramazzotti in seinem Buch nur eine Statistenrolle spielt.

DRAUSSENSEITER: Mehrere Städte in Bayern reklamieren für sich, die nördlichste Stadt Italiens zu sein. Was denkst du, reicht Italien bis Bamberg, bis Regensburg, bis München – oder noch weiter in den Norden?

Eric Pfeil: Wann immer ich im Süden Deutschlands lese, weise ich nach drücklich darauf hin, dass keines wegs irgendeine bayerische Stadt der nördlichste Ausläufer Italiens ist, son dern natürlich Köln. Hier gibt es eine besonders große italienische Commu nity, Köln ist Römerstadt, das Wetter ist viel besser als in Bayern. Und das entscheidende Argument: In Köln funktioniert nichts. Spätestens dann strecken die Bayer*innen die Waffen, denn sie wissen: Okay, wir machen hier so einen norditalienischen Ent wurf, aber Köln ist schon so ein biss chen Neapel. Der Klüngel und diese närrische Weltvergessenheit, das ist schon sehr neapolitanisch teilweise.

DRAUSSENSEITER: ‚Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?‘, fragte Goethe im 18. Jahrhundert. Deutschland hat schon lange ein spezielles Verhältnis zu den Ita liener*innen. Bei Wikipedia habe ich den Eintrag „Italiensehnsucht“ gefunden. Der Text endet mit: „Im 20. Jahrhundert kam die deutsche Sehnsucht nach Italien in zahl reichen romantischen Schlagern zum Aus druck. In den späten 1940er Jahren wurde das Lied ‚Capri-Fischer‘ in der Aufnahme von Rudi Schuricke zu einem Welterfolg.“ Ist heute die Zeit für eine neue Italiensehn sucht angebrochen?

Eric Pfeil: Das schon. Aber Wikipe dia ist da nicht vollständig. Es gab in den 1950ern einen Italienboom in Deutschland, in den frühen 1970ern und nochmal extrem in den frühen 1980ern. Italien und Deutschland sind für mich ein gegenteiliges Geschwis terpaar. In Deutschland scheint all das zu fehlen, was wir in Italien im Übermaß vermuten. Sonne, Leichtig keit, eine „Den-schönen-Dingen-Zuge wandtheit“, die man hier nicht hat. Die Deutschen entdecken im gleißen den Sonnenschein Italiens die eige

nen blinden Flecken wieder. Aber in Dosen. Ich hab‘s gerade wieder erlebt, als ich da war. Schreiende Deutsche: ‚Das kann ja wohl nicht wahr sein!‘ –weil irgendeine Schranke nicht funk tioniert. Nachdem man den Zeh in den Ozean der Leichtigkeit gesteckt hat, stößt man mit seiner Liebe doch recht schnell wieder an seine Gren zen.

DRAUSSENSEITER: Am Ende soll das Zim mer natürlich doch sauber sein, und zehn Minuten Verspätung ist okay, aber dann ist es auch mal gut...

Eric Pfeil: Ich höre oft, Italien sei so schön, aber da funktioniere so vie les nicht. Vielen Deutschen ist nicht klar: Das ist kein Gegensatz, sondern das bedingt sich wechselseitig. Die Leichtigkeit ist nur zu Bedingungen möglich, die wir hier nicht lange aus halten. Italien ist bereit, diesen Preis zu zahlen. Man klagt gerne über die dauerhafte Krise, aber ab 17 Uhr ist Aperitivo-Zeit, da wird der Feierabend eingeläutet.

DRAUSSENSEITER: Apropos Dauerkrisedie Welt dreht sich momentan um weniger schöne Themen: Klimakrise, Corona, Krieg in der Ukraine. Hat dieses spezielle Fernweh mit Eskapismus zu tun?

Eric Pfeil: Definitiv. Und ich finde, das Tolle an der italienischen Musik ist, dass sie sich erklärtermaßen als Ant wort auf die Anfassungen des Dunk len, auf Krisenzeiten, versteht. In ganz vielen Liedern wird das Dunkle ange sprochen, das Schlimme. Aber dann wird gesagt: Ich, die Musik, reiche dir die Hand und ziehe dich aus dem Schlamassel heraus. So war das auch bei den Liedermachern Colapesce und Dimartino. Die sind 2021 mit dem Song „Musica leggerissima“ Super stars geworden. Weil sie diesen Refrain gemacht haben: „Leg‘ bitte etwas leichte Musik auf, damit ich nicht in das schwarze Loch falle.“ Das war die Antwort auf die Corona-Verzweiflung. Der Song kam raus, kurz nachdem ich mit dem Buch fertig war. Das hätte

mein Buchtitel sein können. Die leich teste Musik der Welt – die natürlich nicht die leichteste Musik ist.

DRAUSSENSEITER: Auf einem Festival habe ich kürzlich Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys gesehen. Eine süddeutsche Italo-Schla ger-Band, deren zweites Album überra schend auf Platz 1 der Albumcharts lan dete. Damit konnte ich allerdings nicht so viel anfangen.

Eric Pfeil: Ich knie auch nicht nieder am Altar dieser Gentlemen. Ich sehe die eher als Parodie auf die Aneignung – in einer Traditionslinie mit Guildo Horn oder so.

DRAUSSENSEITER: In Köln klappt die Aneignung deutlich besser. Die Band Erd möbel hat ihr neues Album „Guten Morgen, Ragazzi“ genannt. Und dein Buch „Azzur ro“ ist sehr erfolgreich.

Eric Pfeil: Damit hört‘s aber nicht auf. Mondo Sangue, mit denen ich immer wieder Duette singe, machen Sound tracks zu nicht existierenden italieni schen Filmen. Außerdem kommt da dieses Jahr noch ein irres Projekt, in das ein paar sehr namhafte Indie-Grö ßen verstrickt sind. Auch Leute von Bands, die mit „Toco“ anfangen und mit „tronic“ aufhören. Und Die Ärzte, Rocko Schamoni... Mehr darf ich noch nicht sagen. Von Erdmöbel weiß ich: Markus Berges hatte ein Stipendium in Rom, ein Teil des Albums ist da ent standen. Rom hat ihn komplett begeis tert. Kürzlich schrieb er mir: Du warst übrigens der, der mir damals den ers ten Negroni-Cocktail angeboten hatte. Das hat irgendwas bei ihm gezündet. Wobei Ekki Maas, der Bassist, immer leugnet, dass es einen italienischen Einfluss auf der Platte gibt. Wolfgang Proppe, der Keyboarder, sagte nach dem Buch zu mir: Toll, was in Italien alles erlaubt ist, was hier verboten ist.

DRAUSSENSEITER: Und was meinte er damit? Eric Pfeil: Den Einsatz bestimmter Sounds. Und die Bereitschaft zu einem Pathos, das der*die Deutsche nicht kennt.

INTERVIEW: Ma R kus Düpp EN g IE ss ER
5 SehnSuchtSorte SehnSuchtSorte 4 „köln ist schon so ein bisschen Neapel“
Foto: Alfred Jansen

DRAUSSENSEITER: Jetzt aber mal zu deinem Buch: deine Lesetour ist weitgehend ausverkauft, stimmt‘s?

Eric Pfeil: Ich bin komplett erstaunt. In München etwa. Als ich da früher mit meiner Band gespielt habe, kamen drei zahlende Zuschauer*innen – und alle Münchner*innen, die ich kenne, standen auf der Gästeliste. Jetzt war der Laden proppenvoll. Das hat allerdings weniger mit meiner Person zu tun als mit dem Thema. Damit hole ich die Musikfreaks ab, die sich fragen: Was ist bei den Italiener*innen los? Aber vor allem auch die sogenannte Toskana-Fraktion.

DRAUSSENSEITER: Bestsellerliste beim „Spiegel“, Lob von „Frankfurter Rundschau“ bis „Süddeutsche Zeitung“. Christine Westermann etwa schreibt im „Stern“, dein Buch sei „um vieles schöner und bunter als jeder Reisebildband“. Überrascht dich die allgemeine Zustimmung, um nicht zu sagen: Euphorie?

Eric Pfeil: Ja, total. Ich wusste zwar, dass das Buch gut ist, denn ich war mit viel Herz dabei und Leidenschaft macht immer eine starke Erzählung. Aber ich dachte auch, man wird mir auf die Schulter klopfen und sagen: Tolles Buch, Eric, leider wieder nicht verkauft.

DRAUSSENSEITER: Ich habe über dich den schönen Satz gelesen: „Er lebt in Köln, hat aber Italien nie wieder verlassen.“

Eric Pfeil: Das ist von meinem tollen Lektor, David Rupp. Ich mag den Satz sehr, weil er stimmt.

DRAUSSENSEITER: Wie ist deine Verbundenheit mit Italien entstanden?

Eric Pfeil: Anfangs waren es Reisen mit meinen Eltern. Als ich damals durch Rom lief, kam es mir so vor, als wäre alles aus Zucker gebacken.

Aus dem Bauch heraus, ganz unreflektiert, fand ich das schön. Und da war diese Musik. Sowas wie Alice oder Umberto Tozzi. Die hatten Riesenhits in Deutschland, waren permanent im „WWF Club“ und bei „Disco“ mit

Ilja Richter. Für mich waren die viel interessanter als angloamerikanische Popstars. Weil sie sich anders bewegt haben und schöner waren.

DRAUSSENSEITER: Wo hast du dann die Sprache gelernt?

Eric Pfeil: In den Neunzigern habe ich an der Volkshochschule mit dem Italienischlernen angefangen, denn ich wollte unbedingt die Songs von Adriano Celentano verstehen. Ich habe gemerkt, da war was sehr Interessantes los. Der hatte über Inflation gesungen und – schon Mitte der 60er Jahre – über Umweltzerstörung. Plötzlich war der Lehrer aus meinem Kurs weg, er war zurück in seine sizilianische Heimat gegangen. Später habe ich mich in den italienischen Film verliebt. Musik und die Filme, die helfen unwahrscheinlich, wenn man die Sprache lernen will. Bis heute nehme ich Privatunterricht, gemeinsam mit meiner Frau, bei einem ganz wunderbaren Lehrer aus Bari in Apulien.

DRAUSSENSEITER: Wie oft fährst du nach Italien?

Eric Pfeil: Wann immer es geht, gerade war ich wieder da. Auch wenn ich sonst kein Fan von Großkonzerten bin: Vasco Rossi musste ich mal sehen. Für sein Konzert in Modena hat er 2017 gut 220.000 Karten verkauft – Weltrekord! Jetzt ist er in Rom im Circo Massimo aufgetreten, 70.000 Zuschauer*innen, zweimal ausverkauft. Guck dir auf Youtube mal dessen vollkommen durchgedrehtes Publikum an! Der Typ ist 70, der Altersdurchschnitt im Publikum liegt zwischen 20 und 30. Da waren unfassbar viele junge Mädchen in kompletten Vasco-Outfits. Bei allen größeren Stars in Italien tragen die Leute nicht nur die dazugehörigen T-Shirts, sondern auch Stirnbänder und Armbinden. Dazu Transparente wie „Gott im Himmel – Vasco auf Erden“, dir laufen die Tränen runter. Man kann das eher mit Fußballfans vergleichen, auch die Sprechchöre.

DRAUSSENSEITER: Und das schafft der nur mit seiner Musik?

Eric Pfeil: Es hat auch mit seiner Einstellung zum Leben zu tun. In Italien spricht man vom Menefreghismo.

„Me ne frego“ heißt: Interessiert mich einen Scheiß. Und Rossi hat daraus eine Haltung gemacht. Ich will ein wildes Leben, ein Leben wie im Film, ich will die Nächte durchmachen – singt er in seinem berühmtesten Song „Vita Spericolata“. Er war der wilde, böse Mann Italiens, er wachte morgens auf und hielt der Welt den Stinkefinger entgegen. Jetzt ist er vernünftiger geworden. Zum Thema Corona hat er den Ungeimpften gesagt: Ich werde euch nicht ausschließen. Aber ihr seid komplett auf dem falschen Weg. Ich bin dreimal geimpft und würde das auch wieder machen.

DRAUSSENSEITER: Du bist Musiker, Musikjournalist und Autor geworden. Glaubst du, dass deine Vorliebe für Italien Auswirkungen auf deine Musikalität und auf deine Berufswahl hatte?

Eric Pfeil: Ja, extrem. Das hat insbesondere damit zu tun, wie italienische Liedermacher*innen, die „Cantautori“, texten. Die texten ganz anders – dem hab ich mich immer sehr verbunden gefühlt. Da geht es um ein Zulassen von Surrealismus und von Abschweifungen. Und das inspiriert mich. Auch ich finde Sachen interessanter, die am Ende mehr Rätsel haben als Antworten.

DRAUSSENSEITER: Auf dein Äußeres hatte Italien wohl auch einen Einfluss. Man sieht dich fast immer im Anzug.

Eric Pfeil: Stimmt, das hat bei mir ziemlich früh angefangen. Mich hat das Genrekino der 60er- und 70er-Jahre geprägt. Und die Leute sahen in diesen Filmen immer extrem gut aus. Und: Ich war nie ein T-Shirt-Typ. Wenn ich aber in Rom rumlaufe, merke ich: Dort kann ich nicht mithalten. Alles vermeintlich Nebensächliche unterliegt in Italien einem strengen Regelwerk. Immer, wenn‘s vermeintlich unwichtig wird – Äußerlichkeiten, Kleidung, Musik –, dann wird’s in Italien wichtig. Nichts wird dem Zufall überlassen, alles ist generalstabsmäßig geplant. Man sieht‘s nur nicht, da kommt diese „Sprezzatura“ ins Spiel, die Kunst, das Anstrengende leicht aussehen zu lassen.

DRAUSSENSEITER: Wenn deine Eltern dich als Kind mit nach Spanien oder Frankreich mitgenommen hätten, wärst du jetzt der spanischen oder der französischen Kultur verfallen?

Eric Pfeil: Das sind beides tolle Länder, tolle Kulturräume. Und bei Frankreich ist es vielleicht noch so ähnlich wie bei Italien: Die haben schon eine sehr eigenständige Musikkultur. Aber in Italien ist immer diese Herleitung aus der italienischen Oper da, Italiener*innen greifen auf etwas zurück, was vor-popkulturell ist. Und da ist dieser Wettbewerbsgedanke. Es gab früher nicht nur Sanremo, sondern auch Festivalbar, den Cantagiro und so weiter. Diesen Wettbewerbsgedanken kennt man in anderen Ländern nicht. Die italienische Popkultur funktioniert nach eigenen Regeln, daher sind sie sich mit ihrer Musik selbst genug. In den Top 20 der Charts finden sich höchstens zwei nicht italienische Songs.

DRAUSSENSEITER: Viele Deutsche denken bei Popmusik aus Italien immer noch an Schnulzen von Al Bano und Romina Power. Willst du mit deinem Buch auch mit Klischees aufräumen?

Eric Pfeil: Unbedingt! Wenn ich größenwahnsinnig wäre, würde ich

sagen: Ich bin ein Botschafter des differenzierten Italienbildes. Neben den Klischees wird immer wieder vergessen, dass diese Musikkultur Sachen erfunden hat, die Leute wie David Bowie und David Byrne mindestens zur Kenntnis genommen, vielleicht sogar inspiriert haben. Und da ist Morricone, der größte Filmkomponist aller Zeiten! Was Italien für mich ausmacht, sind nicht die Schnulzen, sondern die Musik in der Tradition der Cantautori, dieser Poet*innen, die sich so an den Dingen abgearbeitet haben.

DRAUSSENSEITER: Der Untertitel deines Buchs ist „Mit 100 Songs durch Italien“. Folgst du einem Kanon der italienischen Musikgeschichte?

Eric Pfeil: Ganz viele Musikerinnen und Musiker habe ich weggelassen, weil sie mir zu wenig über Italien sagen. Würde ich einen zweiten Teil schreiben, dann wären die alle drin – und ganz viele andere. Es gibt so viele irre Geschichten mehr, die noch nicht erzählt sind. Irrsinnsdichte und Draufgängertum sind in der italienischen Musikkultur unglaublich hoch.

Der Kanon läuft schon mit, aber das Hauptkriterium war: Erzählst du was über Italien? Das kann ich am schönsten an Eros Ramazzotti festmachen.

Meine Frau sagte: Den kannst du nicht weglassen. Ich wusste aber nicht, wie ich ihn unterbringen soll. Und da fand ich diese Geschichte, dass er mal Statist bei einem Dreh von Federico Fellini war und in den frühen Siebzigern bei einer gefakten Schneeballschlacht mitgemacht hat — zwei große Italiener, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. In der Gluthitze eines Filmstudios in Rom, beim Herumwerfen mit Kunstschnee, haben sie kurz zueinander gefunden.

DRAUSSENSEITER: Wird es eine Fortsetzung des Buchs geben?

Eric Pfeil: Inhaltlich wäre ein zweiter Teil locker zu füllen. Und das Schreiben hat mich wahnsinnig gut durch die schlimme Corona-Zeit getragen –

die ja immer noch nicht vorbei ist. Ich würde nichts lieber machen, als sechs weitere Teile zu schreiben. Aber sind Fortsetzungen immer so eine gute Idee? Einerseits denke ich: Ja, ich bin immer noch mit dem gleichen Wahnsinn dabei. Andererseits – ich müsste erst mal mit dem Verlag sprechen. Unheimlich gerne würde ich auch „Mit hundert Filmen durch Italien“ schreiben. Aber dafür sind die Deutschen nicht cineastisch genug.

DRAUSSENSEITER: Herzlichen Dank für das Gespräch!

erIc PFeIL

Eric Pfeil wurde 1969 in Bergisch Gladbach geboren, seit Anfang der 1990er Jahre lebt er in Köln. In einem früheren Leben war er mal als Producer bei VIVA 2 tätig, als Musikjournalist schrieb er für verschiedene Medien, 2009 startete er seinen Blog „Das Pop-Tagebuch“. Heute ist er (weiterhin) als Musiker aktiv, solo und mit „Die Realität“, und als Autor.

ERIC PFEIL: AZZURRoMit 100 Songs durch Italien KiWi-Taschenbuch, 368 Seiten, 14,- Euro. ISBN 978-3-46204-553-6

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es gibt so viele irre Geschichten mehr, die noch nicht erzählt sind. Irrsinnsdichte und Draufgängertum sind in der italienischen Musik kultur unglaublich hoch.

AP on AtA

Die Caponata ist so etwas wie die Essenz Siziliens. Sie ist süß, sauer, salzig, bitter, und wenn man sie ein mal probiert hat, möchte man sie nie mehr missen. Die schnöde Verdeut schung lautet: Warmer Gemüsesalat. Das wird der Caponata nicht gerecht. Man isst sie pur als Vorspeise mit ein wenig Brot, ein paar Oliven und fri schem Ricotta. Man isst sie als Beilage zu gegrilltem Fisch oder Fleisch und sie verwandelt sich, wenn’s mal ganz schnell gehen muss, in eine fantasti sche Pasta-Sauce. Jede Familie hat ein eigenes, geheimes Rezept. Der Haupt darsteller ist die Aubergine, sie wird gewässert und gebraten – alles ande re liegt im Ermessen der Köchin*des Kochs. Die Caponata ist kein schnelles Gericht, sie lässt sich allerdings prima auf Vorrat kochen.

● 2 Zwiebeln würfeln und in Olivenöl mit Salz und Zucker gold braun braten. 2 Dosen passierte Tomaten dazu. Kräftig pfeffern und ein Zweig Basilikum dazu. Mindestens eine Stunde köcheln. Wer möchte, kann die Sauce pürieren.

● 2-3 Auberginen grob würfeln und eine Stunde in Salzwasser legen (dann gehen die Bitterstoffe raus). Anschließend abgießen, abtupfen und in Olivenöl goldbraun braten.

● 2 rote Paprika vierteln. Kerne entfernen und die Paprikastücke mit der Hautseite nach oben auf ein Blech legen. Im Ofen bei 220 Grad Oberhitze abbrennen, bis die Haut schwarz ist und Blasen wirft. Haut abziehen und die Paprika klein schneiden.

● 1 Möhre, 1/2 Fenchel, 1 Stange Staudensellerie klein schneiden und in Olivenöl mit einer angedrückten Knoblauchzehe anbraten. 2 EL Kapern, 2 EL eingelegte Oliven dazugeben, kurz mitbraten. Die leckere Tomatensauce dazuschütten. Hitze runterdrehen.

● 2 EL Rosinen, die gebrannte Paprika und die gebratenen Auber ginen dazugeben. 2 EL Essig und 2 EL Zucker rein. 20 Minuten köcheln lassen und abschmecken. Mit gerösteten Pinienkernen servieren. Warm oder kalt, schmeckt beides ganz fantastisch.

Julia Floß ist Köchin, Autorin und Foodstylistin. Wenn sie nicht kocht, schreibt sie über Essen. Die selbsternannte Dolce-Vita-Beauftragte vermisst Italien immer und überall (außer in Italien). Vor lauter Sehnsucht zog sie in eine Wohnung über einer italienischen Sportbar in der Kölner Südstadt. Unter ihrem Balkon lamentieren ältere Herren über Panettone und die Serie A. Sonnenbebrillte Männer in Daunenjacken stehen um in zweiter Reihe geparkte Fiats, trinken Espresso aus Plastikbechern und Samstagmorgens duftet es nach Cornetti. Zwei Straßen weiter verkauft die beste (natürlich italienische) Eisdiele der Stadt gleich drei Sorten Pistazien-Eis. In der Pasticceria da Giuseppe liegen Arancini und Mandelgebäck im Fenster. An guten Tagen fühlt es sich so an, als wäre Köln die nördlichste Stadt Italiens. An schlechten kommt das Ordnungsamt, weil sich Anwohner*innen über die Lautstärke beschweren, oder Giuseppe erhält eine miese Online-Rezension, weil er keine Vollkornbrötchen hat. Dolce Vita ist eben nicht Deutsche Vita.

Foto: Jennifer Braun
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J u LI a FLO ss Foto: Julia Floß
SehnSuchtSorte

Als wollte ich dAs Meer Mit eineM löffel Ausschöpfen

Der italienische Autor Giorgio Fontana schreibt neben den schrift stellerischen Erfolgen auch für diverse Zeitungen. Ehrenamtlich küm mert er sich seit mehr als zehn Jahren um obdachlose Menschen in Mailand, wo er lebt. „Häufig überwältigt mich dabei ein Gefühl der Vergeblichkeit“, gibt er offen zu. Dennoch macht er weiter.

t ’s neue Zähne

Ich kenne T. seit ein paar Jahren, seit ich mich als Freiwil liger um Obdachlose in Mailand kümmere. T. spricht eine Mischung aus Italienisch und Rumänisch, was die Verstän digung nicht ganz einfach macht. Außerdem leidet er an psychischen Problemen. Er ist um die 60, seine Geschichte lässt sich kaum entwirren – wir wissen, dass er verheiratet war, einen Sohn hat und als Lastwagenfahrer arbeitete. Seit einiger Zeit schläft er vor einem geschlossenen Kiosk. Wie kam er dahin? So viel wir auch mit ihm reden, die Frage bleibt unbeantwortet. Klar, er hat seine Stelle verloren, vermutlich hat eine Krankheit alles noch verschlimmert, und die Sprachbarriere hat für den Rest gesorgt. Er ver bringt seine Tage damit, seinen Schlafplatz sauber zu hal ten, Zigaretten zu schnorren, im Viertel herumzustreunen und mit sich selber zu reden. Menschen wie ihm hat unsere Gesellschaft wenig zu bieten.

Der Präsident unserer Organisation hat ihn vor ein paar Tagen zum Zahnarzt begleitet, da er ein neues Gebiss erhal ten sollte. Wir hoffen, dass er es dieses Mal auch wirklich benutzt und nicht aus Versehen zerbricht, wie es zuletzt geschehen ist. Auf dem Rückweg hätte T. sich auch noch um die Verlängerung seines Reisepasses bemühen sollen. Aber er wollte nicht ins rumänische Konsulat gehen. Der Präsident hat ihn ermahnt, denn demnächst muss er das Visum erneuern. Es half nichts. Warum? Keine Ahnung. Man könnte T. für einen typischen Fall halten. Aber

ich möchte das Adjektiv vermeiden. Die Einschätzung „typisch“ entspringt einem oberflächlichen Blick und kli schierten Bildern, die selbst in unseren NGO-Kreisen ver breitet sind: Ein Obdachloser ist demnach ein etwas seltsa mer Mann, der mal hier und mal dort schläft, einen langen Bart hat und eine Weinflasche mit sich herumträgt. Der Gemeinplatz löscht die Komplexität des einzelnen Lebens aus.

Wir besuchen die Obdachlosen regelmäßig abends, wir versorgen sie mit Essen, warmen Getränken und sauberen Kleidern. Es erlaubt uns, ein Vertrauensverhältnis aufzu bauen und ihre Bedürfnisse besser zu verstehen. Im Winter halten wir ein wachsames Auge auf ihre Schlafplätze. Man kann in Mailand wie anderswo vor Kälte sterben. Doch auf der Straße stirbt man zu allen Jahreszeiten an Krankheiten oder durch Gewalt.

Gründe und ursachen

Die zwei Jahre der Pandemie haben alle Formen der Margi nalisierung verschärft, mit schweren sozialen und psychi schen Auswirkungen. Doch wie sehr traf es erst jene, denen etwas Elementares wie ein Dach über dem Kopf fehlte. Im ersten totalen Lockdown zwischen März und Juni 2020 wurden die Obdachlosen vollkommen vergessen. Während die Devise galt „Bleibt zu Hause“, hatten sie kein Zuhause (einige wurden deswegen sogar mit einer Geldstrafe belegt). Hilfswerke wie unseres gerieten in Schwierigkeiten und

stellten ihre Tätigkeit ein. Es waren extrem schmerzhafte Zeiten.

Allein in Mailand zählt man mehrere tausend Obdach lose. Genaue Zahlen gibt es nicht. Aber sie steigen seit der Pandemie – hauptsächlich als Folge der Arbeitslosigkeit –, und sie werden weiter zunehmen, auch wegen der Flücht linge, für die in den Aufnahmezentren nicht ausreichend Unterkünfte bereitstehen.

Ich habe mich intensiver mit Obdachlosigkeit zu beschäf tigen begonnen, nachdem ich 2018 zusammen mit zwei Freunden einen afrikanischen Slum besucht hatte, um dar über eine Comic-Reportage zu publizieren. Ich erinnere mich, wie unangemessen uns diese Form der Dokumen tation angesichts der extremen Armut vorkam. Nachdem wir ihr bedrückendes Leben porträtiert hatten, glaubten wir, diesen Menschen in einem moralischen Sinne etwas schuldig zu sein: Wir durften nicht nur von ihnen erzählen, wir mussten selber tätig werden.

Aber wieso gerade Obdachlose? Weil sich in ihren Erfah rungen mehrere gesellschaftliche Verwerfungen summie ren, die mich umtreiben: die ökonomische Ungleichheit; die Vorstellung, Armut sei immer selbstverschuldet; die Idee vom Stadtraum, der nicht allen gleichermaßen zuste he; die Angst vor dem Elend und dem Anderssein; die Ein samkeit und der Mangel an Privatsphäre (wer auf der Stra ße lebt, steht unter der Beobachtung von allen).

Indessen verspüre ich seit Kurzem eine gewisse Nieder geschlagenheit. Der Zweck unserer Organisation besteht nicht in übertriebener Hilfeleistung, wir verteilen keine Almosen. Wir wollen den Obdachlosen dazu verhelfen, dass sie wieder die Kontrolle über ihr eigenes Leben gewinnen, indem sie etwa auf die Sozialdienste der Stadt zugehen; sie sollen wieder Ansprüche entwickeln, Pläne machen können.

Und doch, wie oft können wir sagen, dass uns das gelun gen sei? Es ist, als wollte man das Meer mit einem Löffel ausschöpfen, nur zu rasch überwältigt mich ein Gefühl der Vergeblichkeit.

Vielleicht haben meine Schwierigkeiten auch mit den Geschichten zu tun.

Die Geschichten sind fundamental. Sie helfen uns zu verste hen, was Obdachlosigkeit bedeutet: Sie ist ein hoffentlich vorübergehender Lebensumstand und keine unabänder liche Identität. Außerdem lassen uns die Geschichten die Einzigartigkeit jedes Einzelnen begreifen.

Wer hätte zum Beispiel je gedacht, dass G. seinerseits als Freiwilliger tätig sein würde, bis er wieder eine Stel le findet? G., ein 40-jähriger Bäcker, ist arbeitslos und schläft hinter einer Tankstelle. „So vielen Menschen geht es schlecht“, erklärt er mir eines Abends, nachdem er mich

Je schneller man die hoffnung auf eine rückkehr in die normalität verliert, desto mehr fühlt man sich als opfer, Depression und Drogenmissbrauch sind häufige Folgen. und nicht selten zieht der obdachlose gar unmut auf sich, weil er das Stadtbild störe.

um frische Socken gebeten hat. Er hat eine Schwester in der Stadt, die es aus Stolz und Feingefühl vorzieht, über ihn nicht mehr zu sagen als: „Ach, weißt du, er hat gerade eine schwierige Zeit.“

M., eine 40-jährige Ukrainerin mit einer Leidenschaft für die Politik, perfekt zweisprachig. Sie ist eine zwanghaf te Sammlerin – auf ihrer Schlafbank häufen sich Kleider, Hygieneprodukte, Essbeutel. M. liebte immer die Plaude reien. Häufig sprach sie von zukünftigen Projekten: eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, als Altenpflegerin zu arbeiten. Anfang des Jahres kehrte sie zurück in ihr Land, um bei ihrer Mutter zu sein, und fand sich plötzlich im Krieg wieder.

A. ist Ägypter. Zehn Jahren lang arbeitete er als Kell ner, dann hat er die Stelle verloren. Da er seinen Verdienst an seine Familie nach Hause geschickt hatte, blieben ihm keine Ersparnisse. Auch weil ihm sein ehemaliger Arbeit geber die Abfindung nach der Entlassung verweigert hat.

Und während sich das juristische Verfahren in die Länge zieht, versucht er sich selber zu helfen und schläft mit ein paar Landsleuten im Schutz von Kartonschachteln. Er gibt nicht auf. Manchmal spricht er davon, nach Ägypten zurückzukehren.

V. lebt seit vielen Jahren auf der Straße. Tagsüber schläft er oder er schlägt die Zeit tot bei „McDonald’s“, wo sie ihm erlauben, sein Handy aufzuladen. Gerade streitet er sich mit seinem Nachbarn. Er beschuldigt ihn, er klaue ihm die Lebensmittel und lärme nachts herum. Schwierig zu begreifen, wer recht hat. Beide sind zermürbt von der Kälte, vom Leben unter einer Brücke, von der Langeweile, vom Dreck.

Da sind Ausländer und Italiener, freundliche und aggres sive Leute, es gibt solche, die einfach in Ruhe gelassen wer den wollen oder die schwarz arbeiten, solche, die wenig trinken, und solche, die abstinent sind. Da sind Alte und Junge, Impfgegner, einstige Häftlinge und dann auch jene, die eine kleine Rente haben, aber damit nicht umgehen

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Nach einer Reportage über einen Slum in Afrika begann der italienische Schriftsteller Giorgio Fontana in Mailand als Freiwilliger in der Obdachlosenhilfe zu arbeiten. Foto: Tania Madaschi
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können. Einige trifft man dauerhaft an, andere verschwin den plötzlich wieder.

Nicht viel anders also als der Rest der Gesellschaft. Mit dem einzigen Unterschied, dass diese Menschen Traumata erlebt haben, von denen sie sich nicht erholt haben. Weil ihnen die sozialen oder die familiären Netze fehlen, die wir für selbstverständlich halten, die uns jedoch geholfen haben, unsere Talente zu entwickeln und unsere Mängel zu korrigieren. Das alles enthebt keinen der vollen Verant wortung für seine eigenen Entscheidungen. Es geht nur darum, den Einzelfall besser zu verstehen und zugleich den Mythos des totalen Individualismus zu entkräften. Denn in der Tat ist kein Mensch eine Insel.

Je schneller man die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Normalität verliert, desto mehr fühlt man sich als Opfer, Depression und Drogenmissbrauch sind häufige Folgen. Und nicht selten zieht der Obdachlose gar Unmut auf sich, weil er das Stadtbild störe. Ich vergesse jene Frau nie mehr, die uns bat, wegen eines älteren, sehr ruhigen Mannes etwas zu unternehmen, da er unweit ihres Hauseingangs schlief. „Was meinen Sie mit ‚etwas unternehmen‘?“, fragte ich. „Ich weiß nicht, ihn wegschaffen“, antwortete sie. Als wäre er ein lästiges Stück städtischer Einrichtung.

Die öffentliche Debatte

Die Geschichten seien fundamental, sagte ich. „Glaubst du etwa, ich sei bloß das, was du von mir gerade siehst?“, fragte mich M. an einem Abend, bevor sie in die Ukraine fuhr. „Ich bin doch nicht hier geboren worden“, sagte sie und deutete auf die von Säcken überhäufte Bank. Aber so ist es. Häufig schließen wir diese Menschen ein in ein unverrückbares Bild und ignorieren ihre Vergangenheit oder ihr Verlangen nach Zukunft.

Und trotzdem besteht ein Risiko. Wer sich zu sehr auf die Einzelschicksale konzentriert, befördert eine Abwertung der Umstände. A. und M. tun uns leid, vielleicht geben wir ihnen bei nächster Gelegenheit ein paar Euro, aber solche Dinge geschehen nun mal. Aber wieso geschehen solche Dinge? Wieso leben in den Industrieländern noch immer so viele Menschen unter solchen Verhältnissen?

Die Idee der Obdachlosigkeit übersteigt im Übrigen die schlichte Absenz eines Daches über dem Kopf. In einem ver lassenen Schuppen zu schlafen heißt noch nicht, ein Haus zu haben; dasselbe gilt für jene, die in einer Notschlafstelle Zuflucht suchen oder unter prekären Verhältnissen woh nen müssen. Zu ihnen gehören nicht nur Landstreicher mit langen Bärten, wie sie der folkloristische Gemeinplatz imaginiert. Es gibt auch alleinerziehende Mütter mit Söh nen, deren Lebensunterhalt sie bestreiten.

Aufräumen sollte man schließlich mit der romantisieren den Vorstellung vom Clochard, der sein Los selbst gewählt hat. Soweit ich sehe, hat kaum einer diese Daseinsform aus freien Stücken, einem Ideal zuliebe, angenommen. Denn das Leben auf der Straße ist hart, mit Romantik hat es nichts zu tun. Allenfalls beobachtet man einen Wider stand dagegen, diese Lebensweise aufzugeben – vor lauter Schwäche, aus Gewohnheit, aus Misstrauen.

Vielleicht ist es etwas paradox, wenn ausgerechnet ein Schriftsteller die folgende Beobachtung macht, aber dieser Punkt ist mir wichtig: Mit den Geschichten riskieren wir, dass sich die öffentlichen Debatten oder auch die journa listischen Reportagen auf individuelle Erfahrungen der Einzelschicksale beschränken. Und trotzdem können wir nicht aufhören zu erzählen. Denn ohne die Geschichten riskieren wir den gegenteiligen Mangel: abstrakte Daten und Fragen, kein menschlicher Körper, an dem die kon kreten, vielfachen Wunden der extremen Armut sichtbar würden. Es ist die Empathie, die den gesellschaftlichen Wandel befördert.

Aber persönliche Gründe würden mich blockieren. Da ich die Menschen und ihr Schicksal aus der Nähe kenne, hätte ich Mühe, mich dem Thema mit den Mitteln der Fik tion zu nähern. Mich von T. oder M. zu literarischen Figu ren inspirieren zu lassen, käme mir ihnen gegenüber wie ein Verrat vor. Und auch wenn ich versuchen würde, eine Geschichte von Grund auf zu erfinden, könnte ich mich kaum lösen von meinen Erfahrungen. Wo ich als Freiwilliger maximal pragmatisch handeln kann, verlangt die literarische Erfindung eine gewisse Unbekümmertheit und vor allem große Freiheit. Die Rea lität, mit der ich konfrontiert werde, ist zu hart, gleich sam zu real bis zu dem Punkt, dass sie den schöpferischen Prozess blockiert. Ich weiß, es mag seltsam klingen, doch gerade in einem historischen Moment, wo das Verlangen nach „wahren Geschichten“ in der Literatur groß ist, könn te ich über Obdachlose nur eine Reportage schreiben, aber keinen Roman.

Zu den Wurzeln gehen

Auch wenn ich mir ganz intuitiv den Blick des Schrift stellers verbiete, so stelle ich mir doch hin und wieder die Frage, wie ich selber mit dem Leben auf der Straße zurecht käme. Sicher sehr schlecht. Allein schon eine Erkältung zu kurieren wäre erschreckend kompliziert, nicht zu reden von der Schwierigkeit, Musik zu hören oder gar eine sexuell aktive Beziehung zu haben (wieso sollte einem Obdachlo sen nicht auch ein Verlangen danach zustehen?).

Vermutlich würde ich dem Alkohol verfallen oder in eine Depression abstürzen, von welcher ich übrigens auch dank einer materiellen Absicherung geheilt werden konnte. Lei der ist die Rede davon, im geregelten Leben wieder Tritt zu fassen, häufig nicht mehr als nur leeres Gerede. Wie sollte einer auch Erwartungen und Energien bewahren, wenn er über Monate hinter einem Gestrüpp in der Kälte schlafen muss, ignoriert oder gar misshandelt?

es ginge darum, die nothilfe-Logik zu durch brechen, die immer zu einem entmündigenden Paternalismus führt und Möglichkeiten zur Verhaltensänderung verbaut. Denn es handelt sich ja nicht um eine notsituation wie nach einem erdbeben oder einer naturkatastrophe; es ist eine auf bittere Weise alltäglich gewordene realität.

Aufräumen sollte man schließlich mit der romantisierenden Vorstellung vom clochard, der sein Los selbst gewählt hat. Soweit ich sehe, hat kaum einer diese Daseinsform aus freien Stücken, einem Ideal zuliebe, angenommen. Denn das Leben auf der Straße ist hart, mit romantik hat es nichts zu tun.

Ein Ausweg könnte tatsächlich die Literatur sein. Gerade einem Roman könnte es gelingen, Kontext und individu elles Schicksal zusammenzubringen – erst recht in Ver bindung mit essayistischen Mitteln (wie es Milan Kundera zum Beispiel mit ganz anderen Themen machte). So kehrt die Frage zu mir zurück: Könnte ich einen Roman über einen Obdachlosen schreiben? In all den Jahren habe ich mich mit Existenzen befasst, die mir extrem fremd waren, außerdem bin ich ein großer Anhänger der Dokumentati on, darum würde ich, rein erzähltechnisch gesehen, keine Schwierigkeiten sehen.

Die Leistungen der Hilfsorganisationen stoßen an Gren zen: Sie können und dürfen nicht an die Stelle politischer Entscheidungen treten. Doch ohne unsere Hilfen blieben manche für Tage ohne Essen, sie riskierten eine Unterküh lung oder hätten keine Kenntnisse ihrer Rechte (was nichts mit Barmherzigkeit zu tun hat). Gemäß jüngster Zahlen des italienischen Statistikamtes leben Millionen von Men schen in Verhältnissen absoluter Armut, und etwa 500.000 haben kein festes Zuhause. Ein Nachtasyl ist meistens keine längerfristige Lösung: Oft sind die Häuser baufällig, über füllt, Diebstahl und Schlägereien an der Tagesordnung. Da ziehen viele die Straße vor.

Effizienter wären Projekte wie „Housing First“, wo die Wohnung nicht erst als Prämie nach einer Bewährungsfrist winkt, sondern sofort angeboten wird – verbunden mit der Aussicht, wieder Eigenverantwortung übernehmen zu kön nen. Es ginge darum, die Nothilfe-Logik zu durchbrechen, die immer zu einem entmündigenden Paternalismus führt und Möglichkeiten zur Verhaltensänderung verbaut. Denn es handelt sich ja nicht um eine Notsituation wie nach einem Erdbeben oder einer Naturkatastrophe; es ist eine auf bittere Weise alltäglich gewordene Realität.

Derweil setzen wir die nächtlichen Gänge mit unseren kleinen Hilfeleistungen fort. G. sucht noch immer Arbeit und findet keine. Das Rote Kreuz steht in Kontakt mit M. in der Ukraine: Sie ist bei ihrer Familie inmitten dieser Tra gödie, aber es geht ihr unter diesen Umständen ordentlich. T. ist höchst zufrieden mit seinen neuen Zähnen, die er stolz vorführt, während er kichernd die nächste Zigarette anzündet. Kürzlich hat er, was den Reisepass betrifft, die Meinung geändert: vielleicht lässt er sich nun doch noch überzeugen, das Konsulat aufzusuchen. Wenn er es sich nicht wieder anders überlegt. Man weiß es nie so genau auf der Straße.

Aus dem Italienischen von rbl. Übernahme aus der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit freundlicher Geneh migung des Autors.

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spirituell begleiteter kaffee

Das „Urwaldkaffee“ bietet NaturProdukte indigener Völker

Wie kann ein Gut, das einer immensen Nachfrage gegenübersteht, nicht zum Ausverkauf ethischer Werte führen, der oftmals in Rohstoffausbeu tung, Unterbezahlung der Produzent*innen und profi t orientierten Nährboden für Spekulanten mündet? So leben trotz Bio-Zertifizierungen oder Nachhaltigkeitsversprechen der Verarbeitungs- und Vertriebsindustrie viele Kaffee-Er zeuger*innen weltweit in Armut oder sehen sich mit der Erschöpfung ihrer Böden konfrontiert, während Großkon zerne damit Gewinne erwirtschaften.

Eine Lösung für das Dilemma sieht Oliver Driver einzig in einer konsequenten Bewusstseinsveränderung der Konsu ment*innen. Nur ein bisschen Nachhaltigkeit funktioniere nicht, so der Bauingenieur, Buchautor und Kaffee-Impor teur. Seit jeher an den Traditionen alter Kulturen interes siert, traf der gebürtige Bensberger vor rund zehn Jahren während seiner Reisen auf den Stamm der Kogi in Nordko lumbien. Dort lernte der Projektentwickler den Umgang der rund 22.000 Bewohner*innen mit ihrer Umwelt kennen und schätzen.

„Die Kogi bauen ihren Kaffee nicht nach konventionellen Methoden an. Man könnte sagen, die Kirschen der Pflan zen wachsen einfach und reifen. Sie werden in Containern gesammelt und schließlich angeboten. Farmen gibt es ebenso wenig wie eine garantierte Erntemenge, denn die Menschen sind Selbstversorger und nicht abhängig von den Verkäufen“, berichtet der 57-Jährige. Beeindruckt von der Lebensphilosophie bot Driver damals seine Unterstützung an, um die Ideologie nach Europa zu tragen und zusätzli che Einnahmen für die circa 1.600 Familien zu generieren. Gleichzeitig bildete die Gründung der Urwaldkaffee GmbH die Grundlage für ein neues Geschäftsmodell des Unternehmers. Nach der Verschiffung erfolgt in seiner Luxemburger Rösterei die Aufbereitung für den späteren

Espresso, Kaffee und die jeweiligen Mischungen. Lediglich ein Showroom in Lindenthal (Bachemer Str. 187) und das 2017 gegründete Café Kogi in der Innenstadt (Auf dem Ber lich 7) dienen dem Direktverkauf. Der überwiegende Ver trieb beruht auf dem Onlinehandel. Der Einkaufspreis für den Rohkaffee beträgt aktuell 7,01 Euro pro Kilo. Daneben werden die Kogi an den Erlösen des Kölner Cafés beteiligt.

Mit dem Geld, so Driver, erwerben sie unter anderem Land vom Staat zurück, das ihnen als heilig gilt. Aktuell koope riere man mit 80 Händler*innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Einzelne Fuhren gehen nach Norwegen, Lettland und Portugal. Der Kilo-Verkaufspreis beträgt der zeit rund 33 Euro inklusive Mehrwertsteuer.

Abseits der Aufwendungen durch Transport, Röstung und Verkauf seien es die Kogi, die das Gut am wesentlichsten prägen. Demnach werde das Produkt von Anfang bis Ende spirituell mittels verschiedener Rituale begleitet.

Der Stamm, so Driver, möchte seine Botschaft vom har monischen Umgang mit der Natur verbreiten. Nach 15 Tonnen im Jahr 2015 importierte das Unternehmen mit 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im letzten Jahr rund 47 Tonnen kolumbianischen Rohkaffee. „Das ist der vielleicht nachhaltigste Kaffee der Welt. Auch wenn das schon oft von anderen gesagt wurde, wir entwickeln langfristige Partner schaften, um beste Qualität unter fairen Bedingungen zu ermöglichen“, betont Oliver Driver, der in seinem Sortiment zudem Erzeugnisse des südkolumbianischen Nasa-Stamms und der Arhuaco aus dem Lebensraum der Sierra Neva da de Santa Marta anbietet. Des Weiteren sind Sorten von indigenen Völkern aus Indien, El Salvador, Brasilien und Äthiopien im Urwaldkaffee vertreten.

Das Angebot wird ergänzt durch Kaffeemühlen, Filter, Frenchpresses, Wagen, Tassen, Gläser, Mehrwegbecher sowie Kakao. Aber auch Schokolade, Honig, Tee und Tex tilien sind zu erwerben. Die von Oliver Driver verfassten Bücher informieren darüber hinaus über die Werte der von ihm besuchten Naturvölker.

Bachemer Straße 187, 50935 Köln, Öffnungszeiten: Mo. 14-18 Uhr, Di. 10-17 Uhr, Mi. 12.30-17.30 Uhr, Do. 10-18 Uhr, Fr. 10-15 Uhr, Sa. 10-14 Uhr, Tel. 0221-94659302

Mo.-Sa.

Tel. 0221-16876792

Der Kaffeeladen auf dem Lindenthalgürtel bietet neben gerösteten und gemahlenen Bohnen Zubehör und Literatur zum Getränk.
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Café kogi Auf dem Berlich 7, 50667 Köln, Öffnungszeiten:
09.30-18 Uhr, So. 10-18 Uhr,
 https://www.urwaldkaffee.de
„Wir entwickeln langfristige Partnerschaften, um beste Qualität unter fairen Bedingungen zu ermöglichen.“
Oliver Driver, geschäftsführender Gesellschafter der Urwaldkaffee GmbH, ist weltweit der ein zige Vertreiber des Kogi-Kaffees.

DRAUSSENSEITER: Mit dem großen Sommerfest im Juni habt Ihr das halbjährige Engagement des Vereins Arche begangen. Da ist in kurzer Zeit viel auf den Weg gebracht worden. War das „Projekt Arche“ von Anfang so geplant gewesen? Oder hat es sich so entwickelt, einfach, weil ein Bedarf da war?

Petra Metzger: Klar war, dass es ein Angebot für Mülheim geben sollte. Einen Ort, an dem man sich aufhalten kann, wo es etwas zu essen gibt, eine Dusche, ein WC. Das Gulliver am Hauptbahnhof war auf alle Fälle ein Vorbild. Es sollte ein Treffpunkt geschaffen werden für die Szene am Wiener Platz. Für die Leute also, die normalerweise immer vertrieben werden. Prioritäres Ziel ist es aber auch hier Menschen in Not zu beraten, denn wir möchten ihnen aus der Obdachlosigkeit heraushelfen und diese nicht manifestieren.

DRAUSSENSEITER: Der Verein hat sich mitten in der Corona-Pandemie gegründet. Welche Rolle hat diese Ausnahmezeit gespielt? Waren das erschwerte Bedingungen für so ein Projekt oder gerade ein Motor, um schnell Hilfsmaßnahmen auf den Weg zu bringen?

Petra Metzger: Die Pandemie hat das Engagement gefördert. Die Verunsicherung 2021 war überall groß. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass man Abstand halten, sich die Hände waschen und Maske tragen soll, und vor allem sollte man möglichst zuhause bleiben. Was aber sollten die tun, die kein Zuhause haben?

Zum Glück haben sich in Köln viele Menschen diese Frage gestellt und so haben einige Vereine weiterhin Versorgungsgänge durchgeführt. Und Gabenzäune wurden mit haltbaren Gütern bestückt. Das half aber nicht gegen Kälte und Einsamkeit. Denn als die Geschäfte geschlossen und nur wenige Passanten unterwegs waren, herrschte in jeglicher Hinsicht Leere: Es fehlten Menschen, die man um

Antrittsbesuch von Petra Metzger (2.v.l.) in der MülHEIMer Arche als neue Vorsitzende am 1.6.22 – im Gepäck hatte sie einen Schwung 9-Euro-Tickets.

Geld bitten konnte, und es fehlten Begegnungen und Gespräche. Hilfseinrichtungen hatten geschlossen, städtische Ämter waren nicht erreichbar. Wer da weder einen Laptop noch ein internetfähiges Handyy zur Verfügung hatte, für den war diese Zeit besonders schlimm.

mit massiven psychischen Problemen, die häufig auf dem Hohenzollernring sitzt... Es sind konkrete Begegnungen mit einzelnen Menschen, die mich mit dem Thema in Verbindung gebracht haben. In der Innenstadt sieht man auch, wie viele Menschen – ich nenne es mal „aus dem gesellschaftlichen Raster“ herausfallen: Verwirrte, Abhängige, solche, die ganz still in einer Ecke sitzen und betteln, Menschen, die laut mit sich selbst sprechen, Männer und Frauen, die einem unterwegs direkt einen Becher unter die Nase halten, Bettler im Rollstuhl vor Geschäften, solche, die tagsüber neben ihrem Gepäck auf der Straße schlafen... Es ist schon sehr auffällig, wie stark das in den letzten Jahren zugenommen hat.

die Aufgabe der Sozialarbeiter*innen vor Ort.

Wohnungslose haben Angst, keine Wohnung zu finden, und Obdachlose haben Angst vor dem Winter. Sie leiden unter Einsamkeit und oft auch unter Scham. Viele berichten davon, Opfer von Verachtung und Aggression geworden zu sein – auch und gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. Nun bemüht sich der Mülheimer Verein Arche e.V. um Abhilfe jeglicher Art: Angefangen mit einem Containerdorf am Wiener Platz, dem sozialen Brennpunkt in Köln, bis hin zur finanziellen Unterstützung von Vereinen und Einrichtungen, die ebenfalls die Menschen im Blick haben, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Der DRAUSSENSEITER hat mit der neuen Vorsitzenden Petra Metzger über ihr persönliches Engagement gesprochen, aber auch darüber, welche Ziele sich der Verein Arche e.V., der von vielen Prominenten unterstützt wird, in der nahen Zukunft gestellt hat.

DRAUSSENSEITER: Sie sind bei der letzten Vereinssitzung als erste Vorsitzende des Vorstands gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch. Wollen Sie etwas zu Ihrer persönlichen Motivation für dieses ehrenamtliche Engagement erzählen? Sie sind ja schon lange in der Obdachlosenhilfe engagiert. Wie kam es dazu?

Petra Metzger: Ich lebe seit vielen Jahren in der Innenstadt. Es gab immer einzelne Obdachlose an festen Plätzen, mit denen ich mich unterhalten und eine Art nachbarschaftlichen Austausch gepflegt habe. Einer, den ich länger kannte, litt an Krebs. Man stelle sich vor, was es bedeutet, krebskrank auf der Straße zu leben! Wenn ich ihn gefragt habe, was er braucht, dann bat er manchmal um Schmerzmittel aus der Apotheke. Ich denke immer an ihn, wenn ich an „seinem“ Platz vorbeigehe. Da ist eine Kroatin mit ihrem Hund, die ich seit Jahren immer wieder treffe, eine junge Frau,

DRAUSSENSEITER: Was ist, wenn man sich bei der Arche engagieren möchte? Wo ist denn momentan Hilfe erwünscht/notwendig? An wen wendet man sich dann? Und wie ist der Verein sonst aufgestellt? Petra Metzger: Der Verein hat sich hauptsächlich gegründet, um Spenden zu sammeln. Damit werden eigene Projekte finanziert, z.B. die MülHEIMER Arche. Dort gibt es Mahlzeiten, Duschen und Waschmaschinen, aber auch Beratungsangebote und eine Arztpraxis. Damit soll der aktuellen Not etwas entgegengesetzt werden, doch das zentrale Anliegen ist, die Gäste wieder so zu aktivieren und zu befähigen, dass sie sich um ihre Belange wie Papiere, finanzielle Leistungen oder Jobs selbst kümmern können. Das ist

Zudem werden aus den Mitteln auch andere Projekte gefördert, die daran arbeiten, Obdachlosigkeit einzudämmen. Drittens sind die Vereinsaktivitäten darauf ausgerichtet, Menschen in Wohnungen zu bringen, wofür es vor allem Wohnungen braucht. Wege aus der Obdachlosigkeit sind nur möglich, wenn es eine echte Chance auf Obdach gibt. Unterstützung bedarf es in vielerlei Hinsicht: es fängt mit Geldspenden an, man kann selbst Mitglied des Vereins werden, aber wir suchen auch gute und unterstützenswerte Projekte und vor allem anderen einen Ort (Grundstück oder Immobilie) im Rechtsrheinischen, wo wir unser Angebot der MülHEIMer Arche fest ansiedeln und vielleicht durch zum Beispiel Wohnangebote erweitern können.

... Armut und Wohnungsnot plus corona und ukrainekrieg –man kann sich noch nicht ausmalen, wo im Winter welche konkrete hilfe gebraucht wird. nur dass sie gebraucht wird, das steht heute schon fest.

DRAUSSENSEITER: Mit Geldgebern wie der Bethe-Stiftung, dem FC, der Familie DuMont und vielen mehr ist der Verein finanziell gut aufgestellt. Andere Vereine, die sich ausschließlich um Obdachlose kümmern, können sich um eine Förderung bemühen. Wer entscheidet darüber und was konntet ihr so schon auf den Weg bringen? Gibt es da einige Beispiele, die man nennen kann? Vorab: Auch die OASE bedankt sich für Eure Unterstützung durch einen Projektplaner, endlich eine geeignete Unterkunft zu bekommen, weil wir ja aus unseren jetzigen Räumlichkeiten rausmüssen.

Petra Metzger: Wir haben einen Beirat, das ist ein Kreis von Menschen, die wir konkret angesprochen haben, um bei der Abwägung, was gefördert

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Foto: Arche für Obdachlose e.V.
„kein Verein kann die Not in dieser stadt alleine bewältigen“

wird, mitzuwirken. Einige sind auch Mitglied im Verein, das ist aber keine Voraussetzung. In den Beiratssitzungen wird diskutiert, welche Anträge in welchem Umfang Mittel erhalten.

Hier einige Beispiele: Junge drogenabhängige Frauen, die längere Zeit auf der Straße lebten, haben für ihren neuen Weg die Möblierung ihrer Zimmer finanziert bekommen. Der Verein Helping Hands erhielt einen Zuschuss für die Anmietung von Zimmern eines Jugendgästehauses. Somit hatten zum zweiten Mal Menschen ohne Wohnung die Chance, im Warmen und geschützt zu überwintern. Zudem haben wir uns an einem Projekt des Vringtreff beteiligt. In der Südstadt werden so drei Wohnungen für Obdachlose geschaffen.

DRAUSSENSEITER: Wie ist es euch gelungen, Prominente wie z.B. Günter Wallraff, die AG Arsch huh und viele mehr als Unterstützer zu gewinnen?

Petra Metzger: Diese Kontakte kamen hauptsächlich über persönliche Bekanntschaften zustande. In Köln funktioniert das recht gut, weil sich viele kennen und sich dadurch relativ leicht Netzwerke aufbauen lassen. Zudem haben ganzseitige Anzeigen im Stadt-Anzeiger die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt und sehr zu der Bereitschaft, sich zu engagieren, beigetragen.

DRAUSSENSEITER: Am Wiener Platz, einem der Brennpunkte in der Stadt, ist nun durch das Engagement der Arche ein Aufenthaltsraum, Büros für Beratung, Toiletten, Duschen, Möglichkeiten, Wäsche zu waschen, und eine Küche für die Essensausgabe entstanden. Wer betreibt diese Auffangstation und auf welchen Zeitraum ist das Angebot angelegt?

Petra Metzger: Der Containerstandort am Bergischen Ring schafft eine Entlastung für die Situation am Wiener Platz. Das wurde auch auf dem Sommerfest bestätigt. Ich hatte vorhin

schon erwähnt, dass professionelle Sozialarbeiter*innen vor Ort sind.

Der Sozialdienst Katholischer Männer bestreitet die Öffnungszeiten und leistet Alltagshilfe. Die Arche finanziert ein günstiges Mittagessen, zusammen mit dem Angebot, Wäsche zu waschen und zu duschen, werden so täglich bis zu 30 Gäste erreicht. Und wenn man sich öfter sieht und kennenlernt, kann man leichter auf weiterführende Möglichkeiten hinweisen, die natürlich sehr individuell sind. Vielleicht müssen Papiere beschafft werden, oder es empfiehlt sich Schuldnerberatung. Am Anfang geht es immer um Vertrauen. Die Einrichtung ist als eine vertrauensbildende Maßnahme zu sehen. Wir hoffen, dass der Standort uns noch eine Weile erhalten bleibt, denn wir müssen weichen, sobald die Stadt hier ein geplantes Schulgebäude realisiert. Auf lange Sicht geht es deshalb um ein festes Haus, das als Anlaufstelle für Mülheim dienen soll.

DRAUSSENSEITER: Ein weiteres Angebot in denselben Räumlichkeiten stellt die vom Verein „Caya“ ehrenamtlich betriebene Arztpraxis dar, in der Patienten auch ohne Versichertenkarte kostenlos behandelt werden. Wie ist da die noch recht frische Kooperation? Arbeitet man da Hand in Hand?

Petra Metzger: Ja, das ist für alle eine Win-Win-Situation. Zu den weiterführenden Maßnahmen, auf die die Sozialarbeiter*innen hinweisen, gehört natürlich auch das medizinische Angebot. „Kölns kleinste Arztpraxis“ arbeitet niedrigschwellig. Prof. Mark Oette, der Initiator von Caya sagt: Bei uns wird niemand weggeschickt, egal in welchem Zustand die hilfesuchende Person ist.

Es gibt eine kleine Anmeldung, ein Behandlungszimmer, das Sprechzimmer des Arztes. Ein Gerät für die

Untersuchung der Augen und Bestimmung der Sehschärfe ist vorhanden. Als Nächstes wird ein Ultraschallgerät angeschafft und demnächst möchte Oette auch noch die Messung von Herzfrequenz und den Herzrhythmus mittels EKG möglich machen. Wir sind sehr zufrieden, die Praxis wird sehr gut angenommen, und dass Mark Oette für sein Engagement gerade den Sonderpreis „Courage“ gewonnen hat, freut uns natürlich ganz besonders. Jetzt hat er es schriftlich, was wir schon vorher wussten: Mark Oette ist ein „echtes Vorbild im Gesundheitswesen“. Wir unterstützen den Verein nicht nur durch Stellung der Räumlichkeiten (die Innenausstattung kommt über die FC-Stiftung), sondern natürlich unter anderem auch mit finanzieller Förderung der angestellten Mitarbeiterin.

DRAUSSENSEITER: Gibt es ein nächstes Ziel, eine neue Etappe, die wir schon ankündigen können?

Petra Metzger: Es laufen immer verschiedene Überlegungen gleichzeitig.

Wohin soll sich die Arche entwickeln?

Brauchen wir mehr Standorte wie den am Bergischen Ring? Sollen wir uns stärker um Immobilien für Obdachlose bemühen?

Im September gibt es eine Klausurtagung, in der sich die Mitglieder über die Ausrichtung und Strukturen verständigen. Und sicher werden wir erneut aufrufen zu spenden, denn Armut und Wohnungsnot plus Corona und Ukrainekrieg – man kann sich noch nicht ausmalen, wo im Winter welche konkrete Hilfe gebraucht wird. Nur dass sie gebraucht wird, das steht heute schon fest.

DRAUSSENSEITER: Vielen Dank für das Gespräch!

14. SePteMBer 2022

Aktionstag gegen Wohn ungslosigkeit in Köln

Dembundesweiten Trend zufolge hat auch in Köln die Zahl der Menschen, die in Armut leben, sichtbar zugenommen. Darauf möchte nun ein Aktionskreis in Kooperation mit der Stadt Köln am Internationalen Tag der Wohnungslosigkeit aufmerksam machen. Während die wohl über 7000 wohnungslosen Menschen im Kölner Stadtbild kaum auffallen, da sie in Unterkünften und in diversen Einrichtungen leben, halten sich obdachlose Menschen häufig in den U-Bahnhöfen, am Bahnhof, in Passagen und Ladeneingängen auf. Gemeinsam ins Gespräch kommen, mehr Verständnis füreinander aufbringen, Wohnungslosigkeit vermindern – zu all diesen Themen sollen am 14.9.2022 in der Zeit von 13.00 bis 17.00 Uhr in der gesamten Stadt Aktionen stattfi nden, um über die Situation wohnungsloser und obdachloser Menschen zu informieren und gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln.

Neben den zentralen Veranstaltungen auf dem Rudolfplatz und an der Kalker Post mit Ausstellungen, Theater und Musik soll es auch die Möglichkeit der Besichtigung einiger Einrichtungen geben, unter anderem des Elisabeth-Fry-Hauses, der Notschlafstelle des SKM Köln oder auch der Kontakt- und Beratungsstelle für Wohnungslose des SKM am Hauptbahnhof. Bunte Sofas im Kölner Stadtgebiet laden zum Verweilen und zur Begegnung ein.

nehMen SIe PLAtZ!

Zum Aktionstag im Kölner Stadtgebiet ist unter anderem geplant an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum Sofas bereitzustellen, die zum Austausch einladen sollen. Passant*innen können ins Gespräch mit wohnungslosen Menschen, Mitarbeitern aus der Wohnungslosenhilfe und weiteren Personenkreisen kommen, um miteinander in den Dialog zu treten, eventuelle Berührungsängste zu überwinden und auf die Thematik der Wohnungslosigkeit aufmerksam zu machen. Dafür suchen wir Interessierte, die sich vorstellen können, auf dem Sofa Platz zu nehmen und ihre Geschichte mit Passant*innen zu teilen. Wenn du Lust hast dabei zu sein, melde dich gerne bei uns!

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Beim Sommerfest der Arche spielten Musiker der AG Arsch huh u.a. den Song „Alles verlore“, mit dem sie Spenden für die Arche sammelten.
Foto: Arche für Obdachlose e.V.
Grafik: Pixabay / Lange

Bobby March forever

 Glasgow leidet im Juli 1973 unter einer Hitzewelle - behauptet jedenfalls Alan Parks in seinem neuen Krimi, nur, dass man damals schon von Hitzewelle sprach, wenn am frühen Abend 21 Grad herrschten. Das waren noch Zeiten! Zeiten, in denen Glasgow von einer boomenden Drogenszene beherrscht wurde, unter Gangsterbossen und Elendsvierteln litt. Dennoch eine vibrierende Stadt war, in der die Elendsgestalten noch immer ihren Whiskey bekamen, wenn auch von minderer Qualität.

In diesem Großstadtmilieu des Jahres 1973 siedelt der schottische Bestsellerautor sein Werk an. Und es beginnt mit einem ordentlichen Knaller, ausgelöst durch einen Anruf bei der örtlichen Polizeizentrale: Billy an der Anmeldung nimmt den Anruf entgegen. Eine Frau ist am Telefon, atemlos, verängstigt, fast schluchzend sagt sie: „Ich möchte ein Kind vermisst melden.“ – Plötzlich ist nichts mehr, wie es war. Wenn solche Nachrichten eintreffen, schrecken alle an ihren Schreibtischen auf, legen ihre Lottoscheine und halb aufgegessenen Brote beiseite. Diejenigen, die Kinder haben, klappen unter den Tischen ihre Brieftaschen auf, schauen sich die Bilder von Colin, Anne und der kleinen Jane an – Gott sei Dank sind ihre eigenen nicht verschwunden.

Detective Harry McCoy hat an diesem Tag schlechte Karten. Sein Chef, der stets eine schützende Hand über seinen besten Mann hält, ist versetzt. Sein ärgster Kontrahent reißt sich die Suche nach dem kleinen Mädchen unter den Nagel, stellt McCoy kalt. Lässt ihn irgendwelche Raubüberfälle recherchieren. Tief gekränkt mit zusammengebissenen Zähnen sucht McCoy eben anderswo. So nach der Nichte seines Chefs, die verschwunden ist.

Und stößt dabei auf die übel niedergestreckte Leiche eines Gangsterbosses, der offenbar genau vor seinem Tod noch mit eben jener verschwundenen Nichte zusammen war. All das interessiert niemanden, ganz Glasgow ist auf der Suche nach dem verschwundenen

Kind. Dann präsentiert sein Kontrahent einen Täter, einen jungen, leicht debilen Mann, den der skrupellose Inspektor der Presse als Entführer präsentiert. Der Jubel ist groß, die Stadt feiert die Lösung des Falles. Doch das dicke Ende naht. Schon am nächsten Morgen platzt alles wie eine Seifenblase. Und McCoy muss ran. Wirklich ran.

Ein Hardcore-Polizeithriller wie er ungefilterter und knallhärter nicht sein könnte. Cops gegen Cops; Drogenbosse, die mitmischen; Korruption an allen Ecken. Mittenmang McCoy, der versucht das Gute zu bewahren, wohlwissend, auf welch dünnem Eis er sich bewegt und wie zwangsläufig er das Böse mit einbeziehen muss, will er retten, was noch zu retten ist. Scharfzüngig, scharfkantig. Wobei Alan Parks niemals den Faden verliert und zu guter Letzt alles mit allem zusammenhängt. Ein Genuss.

Alan Parks: Bobby March forever. Heyne 2021, 16 Euro. ISBN 978-3-45327-340-5

Bedürfnisse von Blake fixiert, in Vorbereitung des nahenden Endes, das ihnen ihre Religion prophezeit.

Blakes Erstfrau Rachel ist eine eher düstere, ernste, von einer grausigen Vergangenheit geprägte Person. Schwesterfrau Emily ist ein klapperdürres Gestell, mehr Kind als Erwachsene. Und Tina, die zweite Schwesterfrau, einstmals Junkie und Prostituierte, war Blakes Liebling. Zumindest nachts, wenn es in der schäbigen Hütte, in der die vier lebten, im Schlafzimmer der beiden hoch herging. Durch die dünnen Wände für jede*n hörbar.

Blakes Leiche stellt die Polizei vor Rätsel. Wer konnte ihn so einfach überwältigen? Ein kräftiger Mann, der sich nicht wehrte. Wer hat ihm einige der Finger abgehackt, darunter den mit einem Ehering? Es muss eine seiner drei Frauen gewesen sein. Nur welche, das bleibt fast bis zur letzten Seite offen.

Plätschernd, wie der Fluss, an dem Blake getötet wurde, fließt die Geschichte dahin.

Abwechselnd erzählt aus der Sicht mal der einen, mal der anderen der drei Ehefrauen.

 Der einsame Angler am idyllischen Fluss wurde von hinten überwältigt, erdrosselt und mit seinem Gürtel am Baumast erhängt. Offenbar hat er sich nicht gewehrt.

Die Einzigen, die in dieser Ödnis leben und als Täterinnen in Betracht kommen, sind seine drei Ehefrauen. Blake, der Tote, war Mormone, Mitglied der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“. Er lebte in Polygamie. Verbotenerweise. Denn selbst im Staate Utah, dem Hauptsitz der Mormonen, ist die Vielehe offiziell nicht erlaubt. Also hat sich Blake mit seinen Frauen in die Wüstenei zurückgezogen. Fernab von jeglicher Zivilisation lebten sie ohne Komfort und nur auf die

Faszinierend, mit welcher Selbstverständlichkeit sie sich in ihre für unsere Sichtweise demütigende Rolle als Mündel eines herrischen Mannes fügen. Wie sie gehorchen und sich ducken, Blake als ihren Herrscher akzeptieren. So, wie es in der Religion der Mormonen offenbar vorgeschriebenen ist. Und wie sie schwanken zwischen Zuneigung und Liebe zu Blake, der Eifersucht auf die beiden anderen Frauen, zwischen Hingabe und Hass, Aufbegehren und Demut.

Catherine Quinn, eine ehemalige Reisejournalistin, hat in ihrem ersten Krimi ein überwältigendes Porträt sektengleicher Strukturen verfasst und sich dabei auf die komplizierte Psyche dreier Frauen konzentriert, die missbraucht, missverstanden und einsam sind. Ein Buch, das eintauchen lässt in eine brachiale Sektenwelt, gespickt mit Vorschriften und Verboten, mit Frauenfeindlichkeit und Männerherrschaft. Gleichermaßen ein Buch, dessen Suche nach der Mörderin aus der Sicht der Verdächtigten langsam, aber faszinierend aufgerollt wird.

Ingrid Müller-Münch

Catherine Quinn: Drei Witwen.

Ullstein-Verlag 2021, 15,99 Euro. ISBN 978-3-86493-168-0

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Christina Bacher (Hrsg.)

DIE LETZTEN hIER Köln im sozialen Lockdown

Wie erleben Obdachlose die Corona-Pandemie in Köln? Wie geht eine Großstadt mit dem Lockdown um, wenn nicht alle zu Hause bleiben können? Was, wenn Armut in einer Stadt plötzlich deutlich sichtbarer wird? Haben sich Strukturen des Hilfesystems verändert? Und: Hat sich durch die Krise vielleicht sogar etwas zum Guten gewandt für diejenigen, die sonst durchs Raster fallen? Mit eben diesen Fragen hat sich Deutschlands ältestes Straßenmagazin DRAUSSENSEITER beschäftigt und nun eine Auswahl an Texten und Fotos zusammengestellt, teilweise von Betroffenen selbst.

Daedalus Verlag

144 Seiten (mit zahlreichen Abbildungen)

12,- Euro, ISBN 978-3-89126-267-2

Erhältlich im Straßenverkauf oder im Buchhandel

cArtoonBuch-tIPPS 20 21
Alan Parks
J30AHRE
heIKo SAKurAI

8.10.2022

Bundesweiter aktionstag für einen Mietenstopp

Für eine Stadt ohne obdachlosigkeit.

Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen.

Für eine Stadt ohne Drogentote.

Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder.

Für eine Stadt ohne Abschiebungen.

Für eine Stadt ohne Armut.

Proteste gegen Leerstand

Das Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung pro testiert seit Wochen immer wieder vor den leerstehenden Häu sern der Friedrich-Engels-Straße 5-7 in Sülz. Diese Häuser gehören der Russischen Föderation. Die Forderungen des Aktionsbündnisses: Die leerstehenden Häuser enteignen, darin menschenwürdigen Wohn raum schaffen für Obdachlose und Geflüchtete. (rb)

Fußball für die gute Sache

Gemütliches Sommerfest vor der oASE

Die Weihnachtsfeier musste coronabedingt abgesagt werden. Stattdes sen wurde nun bei sommerlichen Temperaturen vor der OASE der Grill angeworfen. So feierten OASE-Vorstand und -Team gemeinsam, um sich mal wieder persönlich auszutauschen. Immerhin ist die Sperrung der Drehbrücke, die den Zugang zur OASE erschwert, noch nicht vom Tisch und auch die Standortfrage noch nicht endgültig geklärt. Dennoch gab es auch eine Menge Positives zu berichten über die Projekte der OASE, die sich seit mehr als 30 Jahren für Menschen in sozialen Schwierigkei ten einsetzt: Unter anderem mit Wohnhäusern und Wohnprojekten, dem Straßenmagazin DRAUSSENSEITER, den Sozialen Stadtrundgängen, den engagierten Streetworker*innen, der Ambulanten Begleitung und dem Offenen Treff, bei dem die Aktion Biesenbach regelmäßig Butterbrote ausgibt. Das kleine interne Sommerfest war eine schöne Gelegenheit, sich mal wieder auszutauschen und gestärkt in den Sommer zu starten. (cb)

Stimmen der Straße, Klänge der Stadt

Kölner Festivälchen des WirGefühls rund um den deutsch landweiten Tag der Wohnungs losen am 11. September 2022. Kölle, e Jeföhl für alle!

In Zusammenarbeit mit: Diakonie Michaelshoven e.V. Benedikt-Labre e.V. – OASE Johannesbund e.V. Südstadt-Leben e.V. Vringstreff e.V. Humba e.V.

Gefördert durch die Stadt Köln.

1.9.2022, 17.00 uhr Severinstor, chlodwigplatz Beginn des Hein-Bitz-Straßen musikfestivals, Schirmherr: Klaus der Geiger.

Alle Straßenmusiker sind einge laden, vom 1. bis zum 14.9.2022 die Kölner Südstadt mit Musik zu verzaubern.

11.9.2022, 18.00 uhr Severinstor, chlodwigplatz Menschensinfonieorchester, Lei tung: Allessandro Palmitessa, anlässlich des deutschlandwei ten Tags der Wohnungslosen.

Lesung im Vringstreff

Danke fürdie Unterstützung!

Dank der großzügigen Spende, die der PSD-Cup im letzten Jahr eingespielt hat, konnte erneut einem obdachlosen Menschen aus Rumänien schnell und unbürokratisch geholfen werden. Stefan H. hat seit einem Unfall in der Kindheit Schmerzen in seinen Beinen, die im Laufe der Jahre chronisch geworden sind und ihm das Lau fen zunehmend schwerer machen. Er lebt seit einiger Zeit in Köln und bestreitet seinen Lebensunterhalt dadurch, dass er Pfandflaschen sammelt. Seine Touren konnte er allerdings durch die chronischen Schmerzen nur sehr eingeschränkt durchführen. Über die Spendengelder konnte jetzt ein Rollstuhl finanziert werden, der ihn wieder mobiler macht – Stefan ist sehr glücklich darüber und bedankt sich herzlich. (rb)

Wie haben Obdachlose die Coro na-Pandemie erlebt? Wie geht eine Großstadt wie Köln mit dem Lock down um, wenn nicht alle zu Hau se bleiben können? Was, wenn Armut in einer Stadt plötzlich deutlich sichtbar wird? Haben sich Strukturen des Hilfesystems ver ändert? Und: Hat sich durch die Krise auch etwas zum Guten gewendet für diejenigen, die sonst durchs Raster fallen? Die Autorin Christina Bacher und die Lyrikerin Sabine Schiffner stellten am 30.6.2022 das Buch „Die Letzten hier. Köln im sozialen Lockdown” vor und standen im Anschluss zur Diskussion zur Verfügung. Herzlichen Dank an den Vringstreff, der die Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung „Kunst trotz(t) Ausgrenzung“ mit Unterstützung des Förderprogramms „Auf geschlagen!” ermöglicht hatte. (cb)

14.9.2022, 13.00 uhr rudolf platz, 15.00 uhr Kalk-Kapelle Kölle, e Jeföhl für alle! Straßensingen mit Georg Roloff für das Wir-Gefühl aller Kölner!

15.9.2022, 12.00 – 15.00 u hr Innenhof Johanneshaus, Severinsmühlengasse 2, Toreingang.

Ein Fest für alle Kölner mit und ohne Wohnung. Mit Essen und Trinken, Straßenmusik sowie der Präsentation des Videos „Kölner Straße“. Eintritt frei.

23 neWSneWS
A KTI o N
A u S D en e I nr I chtun G e n | o AS e - ne WS
Foto: Ralf Böddingmeier Kann man in leerstehenden Häusern Wohnraum schaffen? Das Aktionsbündnis setzt sich stark dafür ein. Eine schöne Gelegenheit für OASE-Team und -Vorstand, sich auch mal wieder persönlich auszutauschen. Foto: OASE
Foto: Privat 22
Foto: OASE

Ich möchte den DRAUSSENSEITER unterstützen und bestelle:

IMpREssuM

Redaktionsleitung Christina Bacher (cb), bacher@draussenseiter-koeln.de www.draussenseiter-koeln.de

Redaktionsassistenz Markus Düppengießer (mad), dueppengiesser@draussenseiter-koeln.de

Herzlichen Dank allen freien Mitarbeiter*innen dieser Ausgabe.

Lektorat Barbara Feltes

Gestaltung Edgar Lange, https://www.desdev.de

Titelgestaltung Deborah Keser

Titelfoto Alfred Jansen

ein Straßen-Abo zu 42,– Euro pro Jahr

ein Sponsoren-Abo zu 85,– Euro pro Jahr

ein Förder-Abo zu 150,– Euro pro Jahr (Als Dankeschön für das Förder-Abo gibt es zudem das druckfrische Buch „Die Letzten hier. Köln im sozialen Lockdown“.)

www.draussenseiter-koeln.de, abo@draussenseiter-koeln.de

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Druck druckdiscount24.de

Abos Martina Jühlke, juehlke@oase-koeln.de

Vertrieb Ali Baran

Herausgeber

Benedikt-Labre e.V. – OASE

Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln

Tel.: 0221 / 98 93 53-0, Fax: 0221 / 98 93 53 16

Depots (nur für Verkäufer)

• Kiosk Orman, Salierring 15, 50677 Köln

• OASE, Alfred-Schütte-Allee 2-4, 50679 Köln

Verkauf öffentlich

• Fachbuchhandlung Gaby Schäfers, Merlotstr. 4, 50668 Köln

• Agnesbuchhandlung, Neusser Straße 63, 50670 Köln

• Buchladen Neusser Straße, Neusser Straße 197, 50733 Köln

• BUNT Buchhandlung, Venloer Straße 338, 50823 Köln

Kontoverbindungen

IBAN: DE66 3705 0198 0016 5020 31

SWIFT-BIC: COLSDE33, Sparkasse KölnBonn

DRAUSSENSEITER ist das Sprachrohr für alle Obdachlosen, deren Freunde, ehemals Obdachlose und andere Betroffene. Leserbriefe sind immer herzlich willkommen. Für namentlich gekennzeichnete Artikel und Leserbriefe sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Bedürftigen wird für veröffentlichte selbstgeschriebene Artikel, Interviews und Fotos ein kleines Honorar gezahlt, wenn dies der Autor ausdrücklich wünscht. Nachträgliche Forderungen werden nicht akzeptiert.

Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1.1.2009.

DRAUSSENSEITER ist Mitglied des

Mauenheim – literarisch geschüttelt und gerührt

Der berühmte Architekt Wilhelm Riphahn soll farbenblind gewesen sein. So ließ er sich von den zwei Kölner Künstlern Heinrich Hoerle und Franz Wilhelm Seiwert beraten, um die Häuser der 1921/22 gebauten Nibelungensiedlung in leuchtend kräftigen Farben streichen zu lassen. Mit ihrem gelben, roten, blauen und grünen Anstrich galt die „Papageiensiedlung“, wie sie heute noch manchmal genannt wird, als erste knallbunte Siedlung im Rheinland. Doch wer lebt heute in den bunten Mauenheimer Häusern? Und wer in den schlichten mit der Farbe Grau, von denen das Veedel angeblich über 1000 Begriffe kennt –weltweit ein einzigartiges Phänomen!

Dating-Aktion mit Vierbeinern

Am 23.9.2022 betreten nun mit Christina Bacher, Stan Lafleur und Harald „Sack“ Ziegler drei Künstler*innen die große Bühne des katholischen Pfarrheims, die eine spezielle Beziehung zu dem Stadtteil im Kölner Norden haben. Auf Einladung des Gesellschaftskreises Sankt Quirinus und der Initiative 100 Jahre Mauenheim und dank der Förderung von Neustart Kultur darf man einen ganz besonderen literarischen Abend erwarten.

23.9.2022, 19.30 Uhr St. Quirinus, Bergstraße 91, 50739 Köln

Eintritt: 5,- Euro (Vorverkauf und Abendkasse)

Theke ist geöffnet

S ind es die gespitzten Ohren, der wehmütige Blick oder das weiche Fell? Eine Kollegin der australischen Straßenzeitung BIG ISSUE hat sich im „North Melbourne Lost Dogs“ umgeschaut und beobachtet, wie sich Frauchen oder Herrchen in ihre zukünftigen Hunde verlieben (und umgekehrt). Seit Beginn der Corona-Pandemie ist hier so viel los wie nie zuvor. Zeitweise gab es sogar mehr Bewerber*innen als Hunde. Deshalb wurde nun eine Dating-App im Stil von Tinder entwickelt, mit der man den geeigneten Vierbeiner finden kann: „Wischen Sie nach rechts, um das perfekte Pfötchen zu finden.“ Um diese und andere Geschichten von Mensch und Tier dreht sich unsere nächste Ausgabe, die zum 1. Oktober erscheint.

Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. oktober 2022. Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749

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PLZ/Ort IBAN SWIFT Kreditinstitut
DRAUSSENSEITER –Abonnement
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Foto: Jörg Lutz Foto: Big Issue Auch auf der Suche nach der Liebe des Lebens: Unsere Vierbeiner. Harald „Sack“ Ziegler

Für alle n Diakoniehaus Salierring

Fachdienst für Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werkes Köln und Region gGmbH, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 70-0, verwaltung.salierring@diakonie-koeln.de, www.diakonie-koeln.de

Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 14-16 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten)

Tagestreff: Mo bis Do 8.30-12.30 Uhr, Frühstück, Duschen, Wäschekeller, Aufbewah rung, Internetzugang

Kleiderkammer: Di u. Do 10-12 Uhr Krankenwohnung, Betreutes Wohnen gem. § 67 SGB XII, Ambulantes Betreutes Wohnen gem. § 67 SGB XII in Außenwohnprojekten, Clearing stelle Claro im Trägerverbund, VIADUKT, mietfest im Trägerbund

n Emmaus Geestemünder Str. 42, 50725 Köln, Tel.: 971 17 31, www.emmaus-koeln.de. Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstige Secondhand-Artikel, Hilfslieferungen an Bedürftige in anderen Län dern. Appellhofplatz: Essensausgabe Mo, Mi und Fr ab 21 Uhr und medizinische Versorgung Mo und Mi ab 21 Uhr durch Gesundheit für Wohnungslose e.V., Trakehner Straße 18, 50735 Köln, http://gesundheitfürwohnungslose.de

n Gulliver – Überlebensstation für obdachlose Trankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, 50667 Köln, Tel.: 120 60 91

Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, Tagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Internetzugang, Kunstausstellungen, Handyladestation, Gepäckaufbewahrung

Öffnungszeiten: Mo bis So, auch an Feiertagen: 8:00-15:00 Uhr Kleiderkammer: Notfallkleiderkammer nach Bedarf

n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, info@koelnerarbeitslosenzentrum.de, www.koelnerarbeitslosenzentrum.de

Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr

n Kölner obdachlosenfrühstück, Peter-Deubner-Stiftung Tel.: 430 39 83

Angebote: Kostenloses sonntägliches Frühstück 9-11 Uhr: Jeden 2. Sonntag im Monat Alte Feuer wache, Agnesviertel. Jeden 3. Sonntag im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429. Jeden 4. Sonntag im Liebfrauenhaus, KölnMülheim, Adamstr. 21.

n GUBBIo obdachlosenseelsorge Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr

Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme

n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, rochus@skm-koeln.de, http://www.skm-koeln.de

Öffnungszeiten: Mo-Fr 11.00-15.00 Uhr, Sa 10.00-13.00 Uhr

Angebote: Mo bis Fr warmes Essen von 12.0014.00 Uhr, kalte u. warme Getränke, Duschmög lichkeit (Behindertendusche u. -toilette), Wäsche waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Beratung tägl. von 11.00-15.00 Uhr oder nach Vereinba rung. Medizinische Sprechstunde Di und Do von 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes betreu tes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet-Zugang. Sa geöffnet – es gibt Frühstück. Kleiderkammer: täglich geöffnet, Mo zwischen 9.15 und 10.30 Uhr auch für Menschen aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Köln Pass.

n Kontakt- und Beratungsstelle am Hbf (SKM Köln)

Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, kontaktstelle@skm-koeln.de, www.skm-koeln.de

Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, täglich Fachberatung, Freizeitangebote, (Spiele angebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, Postadresse, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang

Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr

Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr

n Vringstreff e.V.

Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr

Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltun gen, Beratung

n Bürger für obdachlose e.V. Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de

Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebraucht waren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.

n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 ibwa@netcologne.de www.bauenwohnenarbeiten.de

Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung, Wohnen, Betreutes Wohnen

n oASE – Benedikt Labre e.V. Alfred–Schütte–Allee 4, 50679 Köln, Tel. 0221/9893530 kontakt@oase-koeln.de www.oase-koeln.de

Kontakt- und Beratungsstelle:

Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung offener Treff:

Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr

Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr

Sprechstunde Mobiler Medizinischer

Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr

Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr

Donnerstags ab 13.00 Uhr

Computer-Nutzung: nach Vereinbarung

Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung REDAKTIoNSSITZUNG DRAUSSENSEITER: siehe Aushang

Nur für Frauen

n agisra e.V. Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Salierring 48, 50677 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org

Beratung nach Terminvereinbarung, telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr

n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310

Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr

n Café Auszeit 2 des SKF e.V. Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232/14 82 92, cafe-auszeit2@skf-koeln.de

Jeden Di und Do offene Beratung von 10–15 Uhr; Do von 10 bis 12 Uhr Frauenfrühstück

n Comeback

Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210

Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:

Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internet nutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Ver mittlung an weiterführende Hilfen möglich.

n Elisabeth-Fry-Haus Albert-Schweizer Straße 2, 50968 Köln (Raderthal), Tel.: 0221/99 56-43 00

Aufnahme-EFH@diakonie-michaelshoven.de www.diakonie-michaelshoven.de Notaufnahme für Frauen in Krisensituationen auch mit Kindern, Schutz, Übernachtung, Ver pflegung und Beratung. Aufnahme nach telefo nischer Vorankündigung möglich

n Der Wendepunkt Frauenberatung und Gewaltschutzzentrum. Danzierstr. 142 A, 51063 Köln (Mülheim), Tel.: 0221/99 56-44 44 wendepunkt@diakonie-michaelshoven.de www.diakonie-michaelshoven.de

Beratung für Frauen in akuten Krisen, (drohen der) Wohnungslosigkeit, nach Gewalt und in existenziellen Notlagen. Di, Do, Fr 9-12 Uhr, Mo, Di, Do 15-18 Uhr

n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, mailbox@notruf-koeln.de, www.notruf-koeln.de

Beratung telefonisch, persönlich und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote

n Haus Rosalie

Wohnprojekt für Frauen. Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de

n LoBBY FÜR MÄDCHEN e.V.

für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen

Mädchenberatung linksrheinisch Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld

Tel.: 0221/45 35 56 50

maedchenberatung-linksrhein@lobbyfuer-maedchen.de

Mo bis Do: ganztägig nach Vereinbarung

Mi 14-16 Uhr: ohne Anmeldung

Di 10-11 Uhr, Do 14-15 Uhr: telefonische Beratung, Di 16-18 Uhr: kostenlose Betreuung Ess-Störungen 0800 5 03 58 85

Mädchenberatung rechtsrheinisch

Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim

Tel.: 0221/890 55 47; maedchenberatung-rechts rhein@lobby-fuer-maedchen.de

Mi bis Fr: ganztägig nach Vereinbarung, Fr 14-18 Uhr: ohne Anmeldung

n Mäc-Up

Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57

Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen, Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung

Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr..

Nur für Männer

n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH Erik-Wickberg-Haus Marienstr. 116-118, 50825 Köln Tel.: 955609–13

koelnewh@heilsarmee.de www.heilsarmee.de/ewh

Stationäre Einrichtung für wohnungslose Männer: Beratung und Unterstützung durch fachkompe tente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachge hende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote

n Notschlafstelle für Männer Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), jhk-notaufnahme@johannesbund.de

Sozialarbeiterische Beratung, Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren

n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de

Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr

SerVIce SerVIce
Foto: Christina Bacher Foto: Christina Bacher Sichere Mobilfonladestation im Vringstreff De Flo, Second-Hand-Artikel und Möbelhalle in Köln-Nippes Vringstreff in der Kölner Südstadt Foto: S. Rupp
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Wer denkt schon im Strom der Touristen an Suppenküchen und Kleiderkammern? Und wo können Menschen ohne Budget täglich satt werden? Wie wild sind die Nächte am Dom wirklich? Und wo kann man sich mitten in der Stadt am besten zur Ruhe legen, wenn man kein Zuhause hat? Bei dem beliebten Kölner Stadtrundgang

„Der doppelte Stadtplan“ werden DRAUSSENSEITER-Verkäufer zu „Experten der Straße“.

tour@oase-koeln.de  http://www.draussenseiter-koeln.de/stadtrundgang/
FOTO:
CHRISTINA
BACHER

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