Kölner Straßenzeitung Draussenseiter 7/2022: Nach der Flut

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DAS KÖLNER STRASSENMAGAZIN DRAUsSENSEITER 30. Jahrgang | Nr. 232 | Juli/August 2022 RathC.Reprocm.70x100Leinwand,aufTemperaÖl,(Ausschnitt).2021Rufe,Dia,MonaBild: KNAST GEBURTSTAG FLUCHT

Telefax (02 21) 93 18 00 - 66

Geschätzt die Hälfte der Ersatzfreiheitsstrafen entsteht bundesweit durch kriminalisiertwierungserschleichung“:„Beförde-Diejeni-gen,dieihreStrafeabsitzen,sindschlichtundergreifend„schwarz“gefahren.Modelledas9-Euro-TicketfürdenNahverkehrkönntenverhin-dern,dassArmutsbetroffenewerden.DasLand

Dipl.-Kfm.Geschäftsführer:Wilhelm Mermagen

Christiane Rath J30AHRE DRAUssEnsEiTER-UnTERsTÜTZER-sTATEMEnT #7 10 22

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Aus der OASE: Furioser Abend im M22 22 23 Abonnement | Impressum 24 Vorschau | Kulturtipp 25

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Cartoon 21

Dank ihrer Kreativität und Energie, ihrer Meinungsfreudigkeit wie ihrer DaInformationsqualitäten.sind30Jahrewieein Tag.

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„Es geht nur mit Abstand“ – Über die Flutererfahrung der Künstlerin Mona Dia und ihrer Schwester Katia Franke 4-7 Wer ist Schuld? Ein Kommentar von Lothar Schmieding 8

inHALT

Beim DRAUSSENSEITER ist das Entscheidende die freie Meinung, die Diskussion und Information im öffentlichen Raum. Hier melden sich die da DRAUSSEN zu Wort, mit eigener Stimme, werden wahrgenommen und sind –jedenfalls publizistisch – nicht mehr abhängig. Die DRAUSSENSEITER sind hier keine AUSSENSEITER.

e-Mail: stbg@mermagen.de Website: www.mermagen.de

Das Straßenmagazin DRAUSSENSEITER feiert in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag mit zahlreichen Aktionen. Angefangen mit einem großen bunten Abend im Rahmen des Deutzkulturfestivals bis hin zu einem Aktionstag am 26.8.2022. Erste Einblicke in ein buntes Jubiläumsjahr gibt es bereits jetzt auf den Seiten 22-23.

Eine Stunde im Gefängnis 10-11 „Nur“ eine Geldstrafe? .............................................. 13

Öffnungszeiten: OASE e.V. Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 13.00 Uhr Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Mittwoch: nach Terminvereinbarung

Eine gute Lektüre wünschtChristina Bacher

Anzeige MARTin UnterstützerstadterzählersTAnKoWsKiund BacherChristinaFoto: FLU(CH)T VeithSimonFoto:

Wir beraten Unternehmen, Verbände und gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen.

Bremen hat bereits seit Längerem ein Pilotprojekt am Start und verhindert erfolgreich durch Gratis-Monatskarten weitere Haftstrafen.Seite10-19.

wir uns mit dem Thema Strafvollzug. Christiane Niedel beispielsweise schreibt uns, sie habe einen guten Bekannten, der nun für zwei Jahre in der JVA Rheinbach einsitzen muss – Axel. Sie erzählt von ihrem ersten Besuch im „Knast“ und wie bewundernswert sie es findet, dass Axel das Lachen nicht verlernt hat. Gemeinsam mit Klaus Jünschke spricht sie seitdem regelmäßig mit dem Wahl-Kölner, um ihn auf das Leben „danach“ vorzubereiten.

Telefon (02 21) 93 18 00 - 0

Mirjiam Günter: Zu heftige Geschichten 19

Engelbertstraße 44 · 50674 Köln

Ticket für Bedürftige 14-15 „Es besteht Handlungsbedarf“ –Prof. Dr. Bernd Maelicke zur Abschaffung von Ersatzfreiheitsstrafen 16 17 Ingrid Bahß: Gedankenflucht .................................... 18

Foto: Privat

Herzlichen Glückwunsch zu 30 Jahren freie Meinung

J30AHRE 3

Liebe Leser*innen und Unterstützer*innen, viele Menschen sind auf der Flucht. Vor einem Krieg, vor ihrer Vergangenheit oder vor sich selbst. Manche fliehen aus dem Gefängnis, andere vor der Verantwortung. Wir schauen in dieser Doppel-Sommerausgabe auf unsere Nachbar*innen in den Hochwassergebieten, die seit einem Jahr ihren persönlichen Albtraum erleben. Viele würden manchmal sicher gerne einfach alles hinwerfen, die meisten bleiben und bauen das auf, was die Wassermassen in nur wenigen Stunden zerstört

Musik- und Buchtipps 20

Weiter so…

Foto:

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Dort fühlten wir uns geborgen. Dieser Kontrast taucht nun wieder auf in meinem Leben. Das Wohlgefühl, das Schöne, das Positive ist in Bayern.

Nordrhein-Westfalen, das ich seit sieben Jahren wieder bewohne, dem ich sozusagen für mich selbst eine Chance geben wollte (ich hatte als Kind viel Gewalt erlebt in Köln), ist nicht wieder „mein“ Bundesland geworden (nach meiner Flucht aus Köln mit Mitte 20 hatte ich bereits 35 Jahre in Bayern gelebt). Und nun erlebe ich die Ferienwohnung in Bayern wieder als eine Art Fluchtort. Ohne dort immer hinfahren zu können, würde es mir schlecht gehen.

Mit meiner Schwester war ich an dem Abend über Whats App in Kontakt. Je später es wurde, desto schrecklicher die Bilder und Videos, die sie mir schickte. Aus dem Fenster hinaus filmte sie ihre Straße, die nunmehr einem Fluss glich. Das Wasser stieg und stieg. Ich riet ihr, ihre Bilder aus dem Keller vorsichtshalber in die Wohnung in der ersten Etage zu tragen. Als das Wasser weiter stieg, hielten wir den Dachboden für geeigneter. Keiner wusste, wie hoch der Pegel noch werden würde.

Foto: C. Rath

Ich habe letztes Jahr im Oktober zusammen mit meiner Schwester in der Nähe des Ammersees in Bayern eine klei ne Dauerferienwohnung gefunden. Mei ne Schwester hatte mich in der Flutnacht nicht erreichen können und Todesängste

m Vorabend der großen Hochwasserkatastrophe hatte ich, wohnhaft in einem höher gelegenen Neu baugebiet in Kall, mein Auto am Bahnhof abgestellt. Ich musste beruflich mit der Bahn nach Köln. Wäre ich den 15-minütigen Weg zum Bahnhof zu Fuß gegangen, wäre ich völlig durchnässt unten angekommen, so stark war der Regen. So dass ich mich entschloss, für die kurze Strecke das Auto zu nehmen. Die Fahrt mit Bus und Bahn erwies sich als abenteuerlich, so massiv waren die Wasser massen auf dem Weg nach Köln. Den Abend und die Nacht verbrachte ich bei einem Freund. Ich wäre mit den öffent lichen Verkehrsmitteln ohnehin nicht mehr zurück in die

Gegen Mitternacht gab es keine blauen WhatsApp-Häk chen mehr als Versicherung, dass sie meine Nachrichten gelesen hatte. Ich führte das auf ihre Bilderrettung zurück. Sie hatte genug zu tun. Als zwei Stunden später die Häk chen immer noch grau waren und erneute Versuche, sie anzurufen, misslangen, stieg in mir Panik auf. In den Nach richten war noch immer nichts von der Eifelflut zu hören, ich aber wusste, was da gerade abging. Bei Facebook infor mierte ich mich in einer Eifelgruppe über die Zustände. Ich erfuhr von Evakuierungen, von Toten, die mittlerweile zu beklagen waren, von Angehörigen, die verzweifelt ver

Repro: C. Rath

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Doppelkatze, 2001, 150 x 150 cm, Öl auf Leinwand

A UFGE z E i CHNET vo N CHR i ST i ANE RATH

Eines der zahlreichen zerstörten Bilder Repro: Mona Dia

ausgestanden. Das hat uns noch enger zusammenge schweißt. Wir fahren oft dorthin, wir benötigen diesen Ort, um Abstand von dem Schrecken zu haben.

Ich habe hier eine kostenlose Therapie angeboten bekommen, unmittelbar nach dem Flutereignis. Sie hat mir sehr geholfen, damit fertig zu werden, was die Trauma-Folgen angeht. Zusammen mit dem Zufluchtsort Bayern kann ich

das Erlebte bewältigen. Meine Wohnung ist ein Lagerplatz für meine Bilder geworden. Der große Raum ist weiter hin mein Atelier. In den Keller stelle ich die Bilder natür lich nicht mehr. Das eigentliche Wohngefühl habe ich in Bayern, auch wenn es nur ein kleines Appartement ist. Dort fühle ich mich als Privatmensch richtig wohl, gehe wandern, lese, mache Zeichnungen. Hier ist für mich ein Arbeitsort geworden. Ohne Bayern würde ich hier wegzie hen, das weiß ich.

5 FLU(CH)T FLU(CH)T 4

Für meine Schwester ist die Eifel immer noch Heimat, aber auch sie braucht den Ort am Ammersee als Auszeit.

Es geht um Abstand, um räumliches Kappen. Wir hatten uns schon damals, als Kinder, in unserem Wohnort in unse rem Wohnort Köln nicht wohlgefühlt. Sind damals mit den Eltern sehr oft nach Oberbayern gefahren zur Großmutter.

Eifel gekommen. Die Bahnstrecke war wegen Überflutung bereits gesperrt. Mich wunderte, dass in den Nachrichten lediglich die Rede von Hochwasser in Hagen und im Bonner Raum war, mit den entsprechenden Warnungen, sich in obere Etagen zurückzuziehen. Die sich zuspitzende Lage in der Eifel hatte ich ja hautnah erlebt. Auch zeigte sich der Regenradar bereits violett. Aber für diesen Raum gab es keine Nachrichten.

Rufe, 2021, 70 x 100 cm, Öl auf Leinwand

Vom 14. auf den 15. Juli 2021 wurde durch die Hochwasserkatastrophe auch das Wohnatelier der Künstlerin Mona Dia zerstört. Seither wohnt ihr ein Fluchtgefühl inne und die Sicherheit, die sie vorher zu Hause erlebte, ist verschwunden. Christiane Rath hat die 59-Jährige kurz nach dem traumatischen Ereig nis gesprochen und jetzt – ein Jahr später – nochmal nachgehakt, wie es ihr geht. Mona Dia, Künstlerin

Entstanden unter dem Eindruck Flutkatastropheder

E

s sind neun Monate vergangen seit dem entsetzlichen Tag, an dem ich in manchem, das muss ich sagen, wieder neu angefangen habe in meinem Leben. Das Gravierendste ist das Aussehen des noch ziemlich zerstör ten Städtchens. Das wäre nicht so schlimm, wenn nicht der direkt,e selbst erlebte Schrecken damit impliziert wäre. Ich war sozusagen mitten drin in dem Wasser und mich erin nert jeder zerstörte Bau, jedes Plastikteil am Fluss, jedes Asphaltstück, das ausgehoben ist, daran. Das ist in meinem Körper eingegraben und in meiner Seele. Es gibt dieses Fluchtgefühl, das seitdem in mir wohnt. Ich spreche immer wieder mit dem Vermieter des Hauses, in dem ich meine Wohnung habe und das Atelier. Wir waren während der Nacht beide alleine hier im Haus. Irgendwie gibt es dadurch eine unausgespro chene Verbindung. Er möchte gerne fort in den Urlaub fahren. Corona machte es bis lang schwer. Diese Last wird einem hier auch bewusst, quasi auferlegt, als gäbe es nicht genug Probleme.

Die Künstlerin Mona Dia im Gespräch

„Es geht nur mit Abstand“

Katia Franke, von Beruf Radiomoderatorin, Zwillingsschwester von Mona Dia: „Gegen Mitternacht keine blauen WhatsApp-Häkchen mehr“

CR: Du bist in Köln geboren und aufgewach sen, dann hast du lange in Bayern gelebt und nun in der Eifel – was bedeutet dieser Eifelort für dich?

MD: Nein, die Stimmung hier im Ort ist so sehr von Leere und Orientierungs

Um 14 Uhr etwa der rettende Anruf von ihr. Sie sei in Sicherheit. Hatte sich schnell auf den Berg über Gemünd mit anderen Betroffenen geflüchtet. Die Tal sperre, so hieß es, drohe zu brechen. Also nichts wie weg! Das war möglich, denn das Wasser in den Straßen war fort. Und zeigte das hässliche, das entsetzliche

Vielen Dank für das Gespräch.

MD: Die Unvernunft der Menschen. Sie haben die Flüsse eingezwängt und begradigt. Wenn man sich jetzt gerade die Urft anschaut, sieht man über all Rohre, das liegt daran, dass ihre Nebenarme umgeleitet wurden. Das sah alles idyllisch aus, war aber schon längst krank. Die Schönheit ist eine Illu sion und die Leute bauen jetzt ihre Häuser wieder an dieselben Plätze, am besten wieder mit einem Steingarten davor – das ist doch unvernünftig.

Ja, Bayern ist auch für mich Zufluchtsort. Und doch, auch in den Höhenlagen der Eifel finde ich immer noch Geborgenheit und ein Heimatgefühl. Und das beruhigt mich ein bisschen. Denn ich liebe mein Zuhause. Heimat finde ich auch in den Menschen, die mir in den langen Jahren ans Herz gewach sen sind. Aber sie sind nicht mehr die selben, wenn auch tapfer. Immer einen Scherz auf den Lippen. In den Herzen sieht es oft anders aus. Mein Auto am Bahnhof hat die Flut nicht überlebt. Ich fahre nun einen Hybridflitzer. Automa tik. Von dem ich vor der Flut geträumt hatte. Der fühlt sich nach Zukunft an im Elektromodus. Als würde ich gleich abhe ben und davonfliegen. In eine Zukunft. Ohne Flut. Ohne Corona. Und ohne Krieg.

Christiane Rath (CR): Du bist ein Opfer der Sturmflut, viele deiner Werke sind zerstört. Wie fühlt sich das heute an? Mona Dia (MD): Es wird besser. Ich kann wieder schlafen. Am Anfang war es der Horror, alles in mir fühlte sich an wie in Daueralarmbereitschaft. Besonders stark war meine innere Aggression, die se Katastrophe hat spürbar eine Grenze verletzt. Nach Wut und Angst kam die Phase einer gewissen Gefühllosigkeit, Taubheit, ich konnte nicht arbeiten, nicht in meinen kleinen Jobs, aber auch nicht malen. Das wird nun gerade alles besser.

CR: Du hast dein Gefühl in einigen Aquarellen und einem sehr unter die Haut gehenden Bild verarbeitet – was kommt als Nächstes?

MD: Existenzunsicherheit. Mein Urver trauen in ein sicheres Leben ist erschüt tert. Kommt das Wasser in ein paar Jah ren wieder? Soll ich aus dem Tal weiter nach oben ziehen? Und was ist, wenn dann ein Sturm kommt?

Der Freund, bei dem ich übernachtete, versuchte, mich zu beruhigen. Warum sollte ausgerechnet sie gestorben sein? Ich sollte so etwas nicht denken. Aber schon als Kind hatte ich immer Angst, meine Schwester würde sterben. Das Ereignis machte mir erneut bewusst, wie wichtig sie mir immer war, ist und bleiben wird. Irgendwie gelang es mir, zwischendurch ein wenig zu schlafen. Am Morgen setzte sich die große Sorge fort. Noch immer gab es in den Medien nur tropfen weise Nachrichten aus der Eifel. Mobilfunk und Internet in den Flutgebieten tot. Kei ne verlässlichen Informationen.

ZwillingsschwesterFranke,von Mona Dia Foto: Privat Mona Dia bei der Sichtung des Bildbestands Zerstörungen im Ort RathC.Fotos:

CR: Das klingt alles nicht sehr optimistisch.

losigkeit geprägt, es herrscht eine Flut erinnerungsatmosphäre, manche haben Zukunftsangst – ich nenne es mal ein all gemeines Gedrückt-sein. Ich selbst habe aber nach dem Erlebnis gemerkt, wie wichtig Freundschaft ist. Erfahren, dass sie halten kann. Ich weiß zwar nicht, ob ich damit hätte leben können, wenn mein ganzes Werk verschwunden wäre. Aber die Freundschaft wäre es dann, die einen überhaupt noch halten würde.

Repro: Mona Dia 7 FLU(CH)T FLU(CH)T 6

Katia

CR: Gab es auch irgendeine positive Erfah rung?

CR: Was wirst du mitnehmen in die Zukunft?

Flut und Müll, 2021, Aquarell auf Papier, 30 x 40 cm Enstanden als erste Reaktion auf die Paniknacht

MD: Ja, die Hilfe durch die Diakonie. Mir wurde unentgeltlich und unkompliziert eine Psychotherapie angeboten, die mir half, die Traumata zu verarbeiten. Dabei konnte ich auch frühere traumatische Erfahrungen einbeziehen, die durch die Flut getriggert worden waren. Das hat mir sehr geholfen, nicht einfach wegzu laufen, sondern meine Entscheidungen selbständig und durchdacht zu treffen. Sonst wäre ich vielleicht längst von hier geflohen.

CR: Was wird bleiben?

MD: Ich fand es hier sehr schön, es ist ein Teil des Nationalparks, ich fühle mich mit der Natur sehr verbunden, fahre kein Auto, habe keinen Führerschein, versuche einen möglichst kleinen öko logischen Fußabdruck zu produzieren. Aber seit der Flutkatastrophe fühle ich mich hier nicht mehr wohl, alles kommt mir so hässlich vor, es wird Jahre dau ern, bis man das nicht mehr sieht. Und was noch schlimmer ist: es ist ja kon taminiert – es sind so viele Gifte in die Umwelt geflossen, Lacke, Chemie, Öl, alles aus den Kellern – da empfinde ich regelrecht Ekel.

MD: Kunst verändert und entwickelt sich ja immer – jedes Erlebnis erzeugt ein neues Klangbild in einem Menschen, das in eine Gegenwart fortgetragen wird,

suchten, Kontakt herzustellen. Ich las vom Wasser, das die ersten Etagen bereits erreicht haben sollte, ich erfuhr von Rettungsversuchen Eingeschlossener; von dem Ortsteil, in dem meine Schwester lebt, erfuhr ich nichts Konkretes. Strom und Mobilfunk seien tot, las ich. Verwandte und Freund*innen hatten, wie ich, keinen Zugang und keine Informationen.DieseNachtwar eine der schlimmsten, die ich je erlebt habe. In der Sorge und Furcht, meine Schwester könne den Wassermassen nicht entronnen sein. Oder von einem Stromschlag im Keller getroffen. In der Ohnmacht, nichts tun zu können. Diese Ohnmacht kannte ich aus unserer Kindheit. Auch damals hatte ich ihr nicht helfen können in misslicher Lage. Mit brutaler Gewalt hatte die Flut uns unseren Kinderschrecken zurückgebracht.

Ausmaß der Flutgewalt. Seitdem ist unser beider Sicher heitsgefühl gestört. Langsam, über ein halbes Jahr danach, kommt es wieder. Aber es ist fragil. Schon Corona hat es erschüttert. Und nun der Krieg in der Ukraine. In Europa. Die inneren Wunden können nicht richtig heilen.Die Fahrt durch Gemünd nach Malsbenden, wenn ich meine Schwes ter besuche, packe ich nicht, ohne dass mir die Tränen kommen. So große Trostlosigkeit! Manche Ecken, manche Häuser stehen da, als sei seit der Flut nichts passiert. Trüm merfelder, Schutt, ein Kreuz mit Jesus liegt immer noch auf dem Boden. Im Dreck. Unsere Cafés, Restaurants, der klei ne Laden mit dem schönen Schmuck und den besonderen Kleidern, das Eifellädchen mit den regionalen Köstlichkei ten, das Kunstforum, in dem auch Bilder meiner Schwes ter hingen - sie werden nur langsam wieder auferstehen. Manche wird es nicht wieder geben. Erinnerungen sind damit verbunden, welche nun nicht mehr schön, sondern schmerzhaft sind.

die irgendwann Vergangenheit ist. Man kann es mit Jahresringen vergleichen. Es gibt also keine ausdrückliche Zäsur, nicht einmal dann, wenn ich hier wegge hen würde. Ich bin schon oft woanders hingegangen.

MD: Ich weiß es noch nicht genau. Mög licherweise wird Wasser ein Thema sein. Die Ambivalenz von Wasser, denn es ist ja auch ein sehr positives Element: ohne Wasser gäbe es kein Leben. Aber es kann so zerstörerisch sein, alles mitreißen –das hat mein Gefühl zum Wasser negativ verändert.

CR: Hat sich deine Kunst verändert?

CR: Wer hat Schuld?

MonA DiA iM inTERViEW MiT CHRisTiAnE RATH: WiE GEHT Es DiR HEUTE?

MD: Ich arbeite an einer Möglichkeit, die zerstörten Bilder zu rekonstruieren, sie vielleicht als Dokumentation fotogra fisch auf Leinwände zu drucken. Ansons ten arbeite ich weiter, male wieder und werde wieder ausstellen.

im Örtchen Schuld keiner Schuld an dem Hochwasser. Aber grundsätzlich ist diese Flutkatastrophe, meiner Meinung nach, auch auf menschliches Versagen zurückzuführen. Wir gehen nicht gut mit der Natur um, nicht gut mit der Umwelt, oft schlecht mit unseren Nächsten. Wir erkennen nicht mehr die eigenen Fehler, suchen sie lieber bei den anderen und vermischen so –allzu oft – Recht und Unrecht. Wir finden uns ungern mit unserem Versagen ab, in der Folge wird es dadurch nur noch schlimmer.

KoMMEnTAR WER isT sCHULD?

Lothar Schmieding lebt seit einigen Jahren “aus freiwilliger Entscheidung” heraus draußen im Zelt. Der gelernte Bauingenieur ist viel zu Fuß unterwegs und schreibt für den DRAUSSENSEITER seine Erlebnisse auf. Außerdem ist er Stadtführer unserer Sozialen Stadtrundgänge auf den Spuren des „doppelten Stadtplans“.

RathChristianeFoto:

Wenn ich bei Unwetter im Zelt liege, fernab der Zivilisation und doch mitten in der Stadt, denke ich, so eine Nacht müssten andere auch mal erleben. Im Einklang mit der Natur und in Demut vor Hitze, Sturm, Regen und Schnee. Dann würde vieles vielleicht anders laufen. Ich weiß es nicht. Das sind nur meine Gedanken.

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LoTHAR sCHMiEDinG

nlässlich des Jahrestags möchte ich nochmal an den 14. Juli 2021 erinnern, an dem in vielen Teilen Europas – auch in Deutschland – Starkregen für eine humanitäre Katastrophe gesorgt hatte. So hat es neben Erftstadt-Blessem vor allem auch mein geliebtes Ahrtal erwischt. Besonders extrem wurde der Ort Adenau-Schuld getroffen. Vielen Einwohner*innen wurde von jetzt auf gleich die Existenzgrundlage zerstört. Ich habe den Starkregen hier in Köln im Zelt erlebt. Neben mir bildete sich im weichen Waldboden zwar gelegentlich eine größere Pfütze, aber auf einem Feldbett lag ich – einen halben Meter erhöht vom Boden – trocken. Ich hatte bewusst – auch wegen der Mücken – keine Bach- oder Flussnähe gesucht, weil ich weiß, wie hoch die Gefahr einer Überflutung bei Regen sein kann. Wenn ich im Zelt liege und es um mich herum dunkel ist, kommen mir oft viele Gedanken in den Kopf. Wenn ich an die Hochwasserkatastrophe denke, kommt mir nicht nur der Ort Schuld in den Sinn. Ich frage mich, ob wir Menschen nicht auch ein Stück weit Schuld sind an dieser Katastrophe? Denkt man an Schuld, muss man sich eigentlich auch mit dem Begriff der Sünde befassen. Da jedem Menschen der freie Wille gegeben ist, auch in der Entscheidung für oder gegen Gott, ist durch das erste

Menschenpaar die Entscheidung getroffen worden, den Garten Eden, wo wir alles gehabt hätten, zu tauschen mit dem Kampf ums Leben, wie es heute ist. Nur der Mensch gewordene Gott, der vor ca. 2000 Jahren in die Welt kam, konnte die Verbindung – zu Gott hin – wieder in die richtige Bahn lenken. Das alles geht mir als gläubigem Menschen durch den Kopf. Andere mögen andersNatürlichdenken.hat

TEXT: LoTHAR SCHMiEDiNG

8 FLU(CH)T

Das erste Mal in meinem Leben zu Besuch in einem Gefängnis –

(...) Am „Tag X“ (Entlassung frühestens ab Mitte 2023, dann ist er 45 oder auch bereits 46 Jahre alt) braucht er finanzielle Unterstützung und eine Wohnungkein „Zurück“ in keinobdachlosigkeit,die„Zurück“mehrindenKnast.

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Da ich im März 2019 André Salentins Projekt unterstützte – er besetzte ein Haus in der Südstadt, heute die städtische Unterkunft „Obdachlose mit Zukunft“ in der Gummersbacher Straße in Deutz –, lernte ich Straffällige kennen. Mein obdachloser Bekannter Axel, den ich im OMZ kennenlernte, war vom Knast auf der Straße gelandet, von dort im OMZ und vom OMZ wieder im Knast. Zwei Jahre, neun Monate für eine Gewalttat im OMZ im Dezember

TEXT:

ihm dringend abgeraten, d.h. vielleicht hat Axel nun die Motivation mit „Laufen im Innenhof“ zu beginnen.

2019.Ich schreibe Axel seit Beginn seines Gefängnisaufenthaltes Briefe; er schreibt auch manchmal zurück.Unsere Brieffreundschaft war seit einem halben Jahr etwas eingeschlafen. Anfang des Jahres habe ich nun „Nägel mit Köpfen“ gemacht und einen Besuchstermin beantragt. Ich konnte Klaus Jünschke dazu bewegen, mitzukommen. Das war eine ausgezeichnete Idee, ihn anzusprechen, denn es gibt keinen bewanderteren Menschen als Klaus Jünschke; er war sehr viele Jahre Ansprechpartner für Gefangene in Ossendorf und hat ein Buch über Jugendliche im Knast herausgegeben.An

CHRiSTiANE NiESEL

Foto: Jörg Hauenstein

arbeitsunfähig.Erkannaberdennoch malen bzw. er zeichnet; seine Liebe zur Kunst hat er in der Zeit in der Marktstraße im OMZ in Köln entdeckt, inspiriert von den Mallmann-Brüdern Philip und Robin – Künstler-Brüder, die im OMZ lebten und wichtige menschliche Säulen darstellten. Axel malt viel mit Buntstiften, in seiner Zelle, alle andere Materialien sind im Gefängnis untersagt; eine Ausnahme: wenn ein Gefängnis-Atelier für die Kunst der Häftlinge betrieben wird (was in Ossendorf der Fall sein könnte).

1110 KnAsT KnAsT

diesem schönen Hochzeitsdatum, dem 2.2.22, saßen wir zu dritt, jede*r mit einem Telefon ausgerüstet, und wir unterhielten uns durch eine Plexiglasscheibe (weil vor allem auch noch etwa vier weitere Häftlinge besucht wurden, zwei von ihnen von ihren Frauen mit munteren Kleinkindern, die mit ihren Vätern an der Scheibe ihre Hände zusammendrückten). Die Telefone waren also durchaus sinnvoll, sonst hätten wir wegen der Raumlautstärke in der Tat kein Gespräch führen können. Witzig war dann schon, dass Klaus, der neben mir saß, mit mirDertelefonierte...Besuchbei

Eine Stunde im Gefängnis JVA Rheinbach, Nähe Bonn

Axel kam mir lang vor; es war unterhaltsam und dank Klaus’ Anwesenheit (Klaus stellte konsequent Fragen an Axel rund um seinen Gefängnisalltag), gab es keine Gesprächspausen.

Axel hat bei dem sog. „Umschluss“ 2,5 h täglich Besuch von einem Mitgefangenen, der wegen Steuerhinterziehung sitzt; die beiden spielen Schach und verstehen sich gut, ansonsten möchte er wenig Kontakt zu Mithäftlingen haben und lehnt eine Art Therapie ab, bei der in Gruppen gearbeitet wird (etwas unzuträglich für eine Haftverkürzung und Haftnachsorge/Unterstützung).

Axel kann sich leider kein Geld im Knast verdienen, da er einen Unfall hatte; seine linke Hand ist dabei von Nerven getrennt worden; er hat unter Umständen eine unbehandelte Streptokokken-Entzündung in der rechten Hand. Somit ist er

ch habe gerade mal überlegt, ob es in meinem Leben – ich bin Jahrgang 1967 – bereits Gefängniserfahrung gab. Nein – nie! Erst in den 1990er Jahren kamen Leute aus dem RAF-Umfeld aus dem Gefängnis; mehr oder weniger zufällig hatte ich locker mit Menschen zu tun, die die Entlassenen kannten, also ich kannte Leute, die Inhaftierte kannten.

Er möchte nach Köln zurückverlegt werden, dort hätte es seine Mutter näher, die ihn kürzlich nach 25 Jahren in Rheinbach wiedergefunden und getroffen hat. In Ossendorf könnte er natürlich auch von uns kostengünstiger besucht werden; dort ist auch mutmaßlich ein Atelier, in dem er Kunst machen kann.

Axel lebt sehr zurückgezogen in der JVA Rheinbach und nutzt oft die eine Stunde Hofgang nicht; davon hat Klaus

Axel liest viel, hat den bescheidenen Luxus eines DVDSpielers in der Zelle, TV und Zugang zu Medien und Büchern aus der Gefängnisbücherei (statt gute, ausgelesene Bücher in Bücherschränke zu stellen, könnten sie an ein Gefängnis gespendet werden).

Klaus und ich haben nun einiges auf der Agenda für Axel: er soll Rechtsbeistand bekommen, damit er ggfs.“wegen guter Führung“ früher entlassen wird; er möchte nach Köln verlegt werden, dabei können wir ihn mit Bittschreiben auch unterstützen; wir wollen ihn außerdem finanziell unterstützten und eine Ausstellung organisieren, in der seine Kunst verkauft werden soll, die er uns vorher aushändigt, denn am „Tag X“ (Entlassung frühestens ab Mitte 2023, dann ist er 45 oder auch bereits 46 Jahre alt) braucht

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www.jva-rheinbach.nrw.deFoto:

r kennt sich aus im Knast, hat die Abläufe im Vollzug, die Einschränkungen des Alltags kennengelernt, fünf Mal schon in seinem Leben saß Bernd schließlich dort ein, mal bloß für 15 Tage, mal für mehrere Monate. Von einem Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden war er allerdings noch nie.

Bernd, um den es in dieser Geschichte beispielhaft geht, hatte kein Geld und wanderte in den Knast. So wie in Deutschland jährlich geschätzt 50.000 weitere Menschen.

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„Nur“ Geldstrafe?eine

In Schweden und Dänemark beispielsweise ist die Ersatzfreiheitsstrafe faktisch abgeschafft. Wer in die-

Aussenansicht JVA Kiel BrandhorstPeterFoto:

Rund 80 Prozent aller in Deutschland ausgesprochenen Strafen sind laut Online-Enzyklopädie Wikipedia Geldstrafen. Bei diesen 2019 insgesamt gut 567.000 Verfahren hatten Gerichte wegen der geringen Schwere der begangenen Delikte und Schuld ausdrücklich nicht die härtere Sanktion Gefängnis ausgesprochen – bei bestimmten Formen von Betrug und Diebstahl beispielsweise, nach Straftaten im Straßenverkehr oder Drogendelikten. Wer genug Geld hat und zahlt, für den hat sich auf strafrechtlicher Ebene die Angelegenheit anschließend erledigt.

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Unser Haus – obdachlos im Lockdown

KnAsT KnAsT

Ein kalter Wintertag, in einer Kieler Hilfeeinrichtung für Wohnungslose fragen die Gäste nicht nur nach Essen und Kaffee, sie suchen auch nach menschlicher Wärme, nach Rat und Beistand. Und wenn Bernd, Mitte vierzig und im Alltag mit einem anderen Vornamen, den Gesprächen zuhört, dann erkennt er aus den Erzählungen vieles wieder. Er war ja selbst auch mal obdachlos, war ohne Arbeit und dazu lange Zeit drogenabhängig. Vor einigen Jahren hat er das alles hinter sich gelassen, an diesem Tag ist er als Gast „Heuteanwesend.würdeich bestimmt nicht mehr in den Knast kommen“, sagt Bernd also in der schützenden Einrichtung, sein Leben hat sich inzwischen geordnet, Drogen und Beschaffungskriminalität sind für ihn Vergangenheit, „aber damals konnte ich die gegen mich verhängten Geldstrafen nicht bezahlen und musste in Haft.“

sen Ländern eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, muss einem Richter vorgeführt werden mit der Auflage, streng zu prüfen, ob Zahlungsunwilligkeit vorliegt oder nur die Unfähigkeit dazu. Ist jemand zahlungsunfähig, darf keine EFS angeordnetAuchwerden.inDeutschland wird die Abschaffung der EFS und verbindliche Schaffung von ambulanten Sanktionen wie Sozialstunden schon länger diskutiert. Vor ein paar Jahren war im Bundestag ein Gesetzentwurf der Linken-Fraktion beraten worden, wurde schließlich aber im Rechtsausschuss abgelehnt.

Zwar existieren Alternativen, um mit der Ableistung sozialer Arbeitsstunden Knast zu vermeiden. Doch nicht immer wissen Betroffene davon, häufig fehlt es ihnen auch an Kraft, sich eigeninitiativ darum kümmern zu können, nicht selten erschweren psychische Probleme den Alltag dieser Menschen. Bernd, der damals seine inzwischen überwundene Drogensucht mit kleineren Diebstählen zu finanzieren versuchte, sagt heute, dass „ich nicht in der Lage war, mir Hilfe zu suchen. Mein Alltag hatte mich einfach überfordert“.

waren 2007 nach seiner ersten Geldstrafe wegen Diebstahls die nicht bezahlten 150 Euro Gesamtstrafe in 15 Tagessätze Haft umgewandelt worden.Diemeisten Menschen, die in Deutschland Geldstrafen absitzen, leben von Hartz IV und sind zumeist eh schon verschuldet, 40 Prozent der wegen Zahlungsschwierigkeiten Inhaftierten kommen aus der Obdachlosigkeit, so die Süddeutsche Zeitung vergangenen Herbst. Noch eine Zahl: 200 Millionen Euro hat laut ARD-Magazin Monitor 2018 die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen gekostet.

Die meisten Straftäter*innen in Deutschland werden wegen geringer Schwere der Delikte nur zu Geldstrafen verurteilt. Dennoch landen sehr viele von ihnen im Knast. Warum eigentlich?

Und Bernd? 2014 war er das letzte Mal im Knast, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlen konnte. „Ich hätte mir damals eine bessere Begleitung gewünscht, was ich tun kann, um nicht in den Knast zu müssen“, sagt er heute.

„Inzwischen weiß ich, wo ich professionelle Hilfe bekommen kann, und bin dafür sehr dankbar.“ Knast ist für ihn schon länger nur Vergangenheit.

Denn „an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe“, wie es das Strafgesetzbuch vorschreibt. Wer arm ist und eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, muss also eine „Ersatzfreiheitsstrafe“ (EFS) antreten. Bei Bernd

 https://www.youtube.com/watch?v=BMX5AF22jCs lmThurnfiFoto:

in einer Zelle ist für mich unvorstellbar. Ich finde Axel durchaus sortiert und den Umständen entsprechend handlungsfähig. Er hat das Lachen nicht verlernt und sich die Tipps von Klaus angehört („Laufen“ trainieren, Sprache oder sonst etwas lernen – Zeichenbücher sollte er zur Hand bekommen – , Ziele stecken und umsetzen, gegen die Konzentrationsschwäche, die der Knast-Alltag mit sich bringt).

TEXT: PETER BRANDHoRST

JVA Rheinbach Hauptportal

er finanzielle Unterstützung und eine Wohnung – kein „Zurück“ in die Obdachlosigkeit, kein „Zurück“ mehr in denDasKnast.Leben

Ich fand die JVA Rheinbach – immer den Umständen entsprechend– kinderfreundlich, es gibt Windelwechselmöglichkeiten im Wartebereich und Werbung für UmsonstFerien-Angebote für Kinder von Häftlingen in ganz Deutschland („Indianer Camp“). Köln-Ossendorf wirkt von außen vergleichsweise bedrückend. Ulkig in Rheinbach ist, dass hier „eine der schönsten Anstaltskirchen Nordrhein-Westfalens“ namens Versöhnungskirche zur Heiligen Barbara einfach eingemauert ist.

Axel wurde in dem Film „Das ist unser Haus“ von Tarja Kühne und Susanne Böhm begleitet und porträtiert. Obdachlose besetzen mitten in der Corona-Pandemie ein Haus in Köln. Ihre Vision: gemeinsam wohnen und arbeiten. Mit Meldeadresse und Arbeitsvertrag hoffen sie auf einen Weg zurück ins Sozialsystem. Die Stadtverwaltung Köln will räumen, doch die Besetzer*innen finden für ihr Projekt viel UnterRedaktion:stützung.

Auch der renommierte Strafrechtsexperte Bernd Maelicke, früher Ministerialdirigent im Justizministerium von Schleswig-Holstein, sieht „Handlungsbedarf“, unter anderem wegen Zweifel an der resozialisierenden Wirkung von kurzen Freiheitsstrafen. (…)

Esther Saoub – Kamera: Tarja Kühne, Julia Baumann Schnitt: Kawe Vakil – Produktion: Thurnfilm, Köln

Wer genug Geld hat und zahlt, für den hat sich auf strafrechtlicher Ebene die Angelegenheit anschließend erledigt. Bernd (...) hatte kein Geld und wanderte in den Knast. so wie in Deutschland jährlich geschätzt 50.000 weitere Menschen. Denn „an die stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe“ (...)

TEXT: Ho LGER F ÖRSTER

Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe: Die meisten straftäter*innen in Deutschland werden wegen geringer schwere der Delikte nur zu einer Geldstrafe verurteilt und nicht zu der härteren sanktion Gefängnis. Dennoch landen viele von ihnen im Knast. Der Grund: Wenn Betroffene ihre Geldstrafe nicht bezahlen können, müssen sie eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Die meisten Menschen, auf die das zutrifft, leben von Hartz iV und sind eh schon verschuldet, viele kommen aus der obdachlosigkeit.

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von HEMPELS (Straßenmagazin für Schleswig-Holstein) / International Net work of Street Papers

Zurzeit stehen in Bremen Mittel für 70 Karten zur Ver fügung, 58 davon werden genutzt. Schleswig-Holstein ist größer als Bremen und man muss davon ausgehen, dass so ein Projekt mehr Teilnehmer*innen als in der Hanse stadt hätte. Vielleicht 200? Das wäre ein Betrag von 120.000 Euro, den Land und Verkehrsbetriebe gemeinsam aufbrin gen müssten. Bei weitaus höherer Einsparung von Straf vollzugskosten und erheblich verbesserter Resozialisierung der Betroffenen. Oder kurz gesagt: Würdiger, billiger und besser! Viel würdiger, viel billiger und viel besser.

Es lässt sich von einer hohen resozialisierenden Wirk samkeit des Projekts sprechen.

Der Zugang zu diesem Projekt ist begrenzt und unter ande rem von folgenden Faktoren abhängig: Schwerwiegende soziale und gesundheitliche Defizite, bereits verbüßte Ersatzfreiheitsstrafe (EFS) wegen Beför keinederungserschleichung,Freiheitsstrafeüber zwei Jahre in den letzten drei BezugJahren,von Sozialhilfe o. Ä.

Von den am Projekt Beteiligten ist keiner mehr in Haft

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In der Folge wurde das Projekt erweitert, unter anderem, weil dadurch Menschen erreicht und sozial angebunden werden können, die bisher nicht durch Beratungsstellen oder andere Hilfen erreicht wurden.

Das Land Bremen hat erkannt, dass viele Menschen aus schließlich aufgrund ihrer Armut und/oder ihrer gesund heitlichen Situation kriminalisiert werden, weil sie auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, aber die Fahr karten nicht bezahlen können. Bereits im Jahr 2012 hat das Land deshalb angefangen, Monatskarten für Betroffene so zu subventionieren, dass nur noch ein Eigenanteil von aktuell 10,50 Euro verbleibt.

Bremen macht es vor: Wer schon mal wegen Beförderungserschleichung ins Gefängnis musste, erhält vom Land Monatskarten für den ÖPNV. Kein*e Betroffene*r kam anschließend neu in Haft.

Esgekommen.sinddeutliche

Ticket für Bedürftige

m Nahtarif Schleswig-Holstein kostet eine Monatskar te 52,50 Euro. Wie wäre es mit einem Job-Ticket für Menschen, die von Sozialhilfe o. Ä. leben müssen? Ein Beispiel gäbe es: Die Bediensteten des Landes Schleswig-Hol stein zahlen für eine Monatskarte nur einen Eigenanteil von 2,50 Euro, den Rest teilen sich die Verkehrsbetriebe und das Land. Zwei Millionen Euro stellt das Land alleine im Jahr 2022 aus Steuermitteln dafür bereit. Ob die Landes beamt*innen die Solidarität der Steuerzahler*innen drin gender benötigen als die Empfänger*innen von Sozialhilfe, alsGeschätztWohnungslose?dieHälfte der Ersatzfreiheitsstrafen entsteht durch „Beförderungserschleichung“. Viele Verkehrsbetrie be halten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen auch für dringend geboten, um sogenannte Schwarzfahrer*innen aus ihrer Sicht angemessen bestrafen zu können. Die Kos ten für die polizeiliche Ermittlung, das Gerichtsverfahren, die Zahlungsaufforderungen und den Gefängnisaufenthalt trägt der Steuerzahler. Eine Fahrkarte innerhalb Kiels kos tet 2,40 Euro, ein Tag im Gefängnis ca. 170 Euro.

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Fotos: Peter Brandhorst Zellenflur JVA Kiel

Als das Projekt 2015 validiert wurde, kam das Land Bremen unter anderem zu folgenden Ergebnissen:

Verbesserungen der sozialen Stabili tätsfaktoren erkennbar.

„Es bedarf“Handlungs-besteht

5. Soziale Ungleichheit in der Vollstreckung von Sankti onen muss also weiterhin festgestellt werden – wer die Geldstrafe bezahlen kann, kommt nicht ins Gefängnis, wer nicht zahlen kann, muss in den Knast: Gefängnisse wurden im Mittelalter als „Armenhäuser“ eingeführt, für Teilbereiche unseres Vollzugssystems gilt dies noch

Der rasende Sportwagenfahrer zahlt seine Geldstrafe von dem Kleingeld im Handschuhfach. Der Hartz-IV-Empfänger, der mehrfach ohne Ticket im öffentlichen Nahverkehr ange troffen wurde, hatte kein Geld für eine Fahrkarte und hat erst recht kein Geld für die verhängte Geldstrafe. Wie soll man auch eine Geldstrafe von vielleicht 300 Euro bezahlen, wenn man von einem monatlichen Regelsatz von 446 Euro leben muss? Also wird die Geldstrafe in Tagessätze umge rechnet; in unserem Fall wären das 20 Tagessätze zu 15

2. Die meisten Entlassenen hatten nur geringfügige Schäden verursacht, vor allem bei Schwarzfahrten und Warenhaus-Diebstählen hätte eher der Weg des Zivil rechts zur Regulierung des Schadens geführt.

4. Auch im neuen Koalitionsvertrag der Ampel in Berlin finden sich nur allgemeine Aussagen zur „Überarbeitung des Sanktionensystems einschließlich Ersatzfreiheits strafen“, obwohl zahlreiche Experten und Dachverbände sehr detaillierte Vorschläge zur Abschaffung von Ersatz freiheitsstrafen vorgelegt hatten.

9. Schleswig-Holstein hat im Vergleich zu anderen Bun desländern die geringste Inhaftierungsquote – leider gilt dies nicht für die EFS. Es besteht also Handlungsbedarf.

Nehmen wir an, ein alkoholkranker Wohnungsloser klaut DVDs, um seine Sucht finanzieren zu können. Er wird zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt, kann nicht zahlen und tritt eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen an. Er fährt ohne Wohnung, ohne Geld und krank in den Bau ein. Nach 20 Tagen wird er ohne Wohnung, ohne Geld und weiterhin krank entlassen. Den Steuerzah ler hat der Gefängnisaufenthalt 20 Tagessätze à 170 Euro, also 3400 Euro gekostet. Irgendwie sinnlos.

PRoF. DR. BERnD MAELiCKE

ist Jurist und Sozialwissenschaftler; er ist Gründungsdirektor des Deutschen Instituts für Sozialwirtschaft (DISW) und Honorarprofes sor an der Leuphana Universität Lüneburg. Maelicke ist zudem als Dozent an diversen Akademien und Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig. Von 1996 bis 2005 war er als Ministerialdirigent im Justizministerium Schleswig-Holstein für die Reform des Strafvollzugs und der ambulanten Dienste verantwortlich. Er schrieb über 200 Fachaufsätze und über 50 Fachbücher, außerdem betreibt er das Resozialisierungsportal https://reso-infoportal.de.

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Foto: Privat

Thesen zur Ersatzfreiheitsstrafe von Prof. Dr. Bernd Maelicke

TEXT: Ho LGER F ÖRSTER

e r Übles tut, muss bestraft werden. So ist es seit alters her und nur so können Gesellschaften die Einhaltung ihrer selbst gegebenen Regeln durch setzen. In frühen Zeiten waren das überwiegend Körper strafen, diese wurden durch Freiheitsstrafen abgelöst und aktuell werden in Deutschland zu 80 Prozent Geldstrafen verhängt. Dies folgt der Erkenntnis, dass Freiheitsentzug ein sehr starker, häufig zu starker Eingriff in die persönlichen Rechte eines Menschen darstellt. Außerdem kann man sich der Erkenntnis nicht verschließen, dass ein Gefängnisauf enthalt nicht unbedingt der Resozialisierung dient, häufig ist es eher eine Fortbildung für die Ausübung illegaler Hand lungen. Deshalb also besser Geldstrafe.

8. Die Forderung nach Abschaffung der EFS muss also bestehen bleiben, die „Gemeinnützige Arbeit“ als Alter native oder auch während des Vollzugs ist rechtsstaat lich geboten.

Euro, und der Delinquent, der sich das ÖPNV-Ticket nicht leisten konnte, geht für 20 Tage ins Gefängnis. Das nennt sichDasErsatzfreiheitsstrafe.ZieldesStrafvollzugs wird durch das Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Schleswig-Holstein so festgelegt: „Der Vollzug dient dem Ziel, die weiblichen und männlichen Gefangenen zu befähigen, künftig in sozia ler Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.“ Dafür wird im Strafvollzug viel getan, es steht den Gefange nen ein vielfältiges Hilfsangebot zur Verfügung. Dass damit in der meist kurzen Haftzeit bei Menschen, die eine Ersatz freiheitsstrafe verbüßen, viel erreicht werden kann, darf

bezweifelt werden. Immerhin gibt es in Schleswig-Holstein aber ergänzend auch das Angebot einer an den Strafvollzug anschließenden Integrationsbegleitung.

1. Bereits 1990 hat Prof. Frieder Dünkel vom damaligen Max-Planck-Institut für ausländisches und internatio nales Strafrecht (MPI Freiburg) in einer empirischen Untersuchung zur Gefangenenstruktur in den Gefäng nissen in Schleswig-Holstein festgestellt, dass 39 Pro zent der aus dem Männervollzug Entlassenen und sogar 44 Prozent des Frauenvollzugs lediglich eine Ersatz freiheitsstrafe (EFS) verbüßt hatten. Nach Dünkel ein gigantisches Ausmaß von Fehlbelegungen mit enormen Kostenfolgen für die Justiz-Haushalte.

3. Durch Ausweitung von Projekten der gemeinnützigen Arbeit anstatt Ersatzfreiheitsstrafen wurde in Schles wig-Holstein und auch bundesweit versucht, massiv gegenzusteuern – insbesondere durch Projekte wie „Schwitzen statt Sitzen“ oder auch durch „Gemeinnüt zige Arbeit“ im Vollzug. Allerdings hat dies nichts an der grundsätzlichen Problematik und an der Verbreitung der EFS geändert.

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7. Die resozialisierende Wirkung von kurzen Freiheits strafen ist äußerst begrenzt, auch dies hatte Prof. Dünkel bereits in den 1990er Jahren festgestellt. Die sozialen Probleme vor und nach der Entlassung bleiben bestehen beziehungsweise verstärken sich noch.

Verurteilung zu einer Geldstrafe hat der Rich ter ausdrücklich eine Freiheitsstrafe nicht für erforder lich gehalten, erst die Ersatzfreiheitsstrafe wandelt dies in Freiheitsentziehung um, ohne dass zum Beispiel die Jugend- oder die Erwachsenengerichtshilfe zur Sinnhaf tigkeit ein Votum abgegeben haben. Viele Kriminologen und Strafrechtler halten dies für das Gegenteil einer „sozialen Strafrechtspflege“.

6.immer.Beider

Professor Dr. Bernd Maelicke war Ministerialdirigent im Justizministerium Schleswig-Holstein und ist ein deutschland weit renommierter Fachmann für Straf rechtsfragen. In HEMPELS (Straßenmagazin für Schleswig-Holstein) begründet er seine Forderung nach Abschaffung der Ersatzfrei heitsstrafen.

Das alles entschuldigt nichts, erklärt aber einiges.

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Ich habe in den Jugendgefängnissen nicht für meinen neuen Roman recherchiert. Ich bin nicht auf einem an deren Planeten gelandet. Der Schnitt, der durch unse re Gesellschaft geht, wird hier nur viel deutlicher als draußen. Sehr viel deutlicher. Denn Akademikerkinder sitzen nicht in meinen Werkstätten. Abwesende Väter beziehungsweise gar keine Familie, bittere Armut, frü he Verantwortung für Mütter und kleinere Geschwister, Gewalt und traumatische Erlebnisse. Wer das sucht, wird im Gefängnis von solchen Lebensgeschichten erschla gen. Die meisten, die dort sitzen, sind zwar Verbrecher, aber an vielen von ihnen hat das Leben in jungen Jah ren auch ein Verbrechen verübt. Das macht wütend, weil ich genau weiß, dass viele der Jungen nicht dort sitzen würden, wenn das soziale Umfeld stimmen würde. Oder noch bitterer: Professorenkinder haben das Geld für ei nen guten Rechtsanwalt. Wenn es mir gut geht, muss ich meinen Körper vielleicht nicht mit Drogen vollpumpen, um nichts mehr zu spüren, dann habe ich vielleicht nicht so eine Wut in mir, die mich zum Gewalttäter macht, und bei einem funktionierenden Elternhaus ist ein gutes Ta schengeld drin, damit ich nicht klauen muss.

Hier spüre ich inmitten großer Gefühlsausbrüche ein großes Seufzen. Meine Arbeiten setzen sich fotografisch mit diesem Ort auseinander. Niemand betritt ihn freiwillig, und niemand darf ihn ohne Einwilligung des Systems verlassen. Es geht um eine Sehnsucht, diesen Ort zu verlassen. Das Regelsystem, welches dort gilt, ist von außen bestimmt. Wie kann man unter solchen Bedingungen überleben?

Jedes Gefängnis ist unterschiedlich. Und nein, ich führe die Jugendlichen nicht vor, mich interessieren ihre Ta ten nicht. Ich möchte keine schrecklichen Storys hören, die interessieren weder mich noch die Gäste in meiner Stammkneipe. Ich komme selbst aus der Hölle, ich habe genug Dreck gesehen. Ich brauche keinen Horror, ich kann genug eigene Gruselgeschichten erzählen. Wenn überhaupt, möchte ich Romantik.

Ein Hurrikan brach herein, prachtvolle Farben verschwanden. Das schlechte Gefühl im Herzen wurde zur Gewissheit.

MiR i JAM GÜ n TER ZU HEFT iGE GEsCHiCHTEn

inGR iD GEDAnKEBAHssn FLUCHT

Yohan Holtkamp

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Als das Leben kippte, wusste ich nicht, wohin mit mir, und meine Kindheit war vergessen.

Ich habe alle verloren, Gott hat mich vergessen. Ich bin der einsamste Mensch auf Erden, ich hasse mich für meine Taten, ich hasse diese Welt, die mich nicht will, ich will hier nur raus, in die Freiheit.

Wir werden aus unserem Albtraum erwachen und angstvoll in die Zukunft blicken. Müssen wir wohl trotz Weisheit sterben?

in Junge sagte mir nach einer Literaturwerkstatt: „Erst im Knast habe ich erfahren, wer Schiller war“. Die Texte, die ich nach meinen Literaturwerkstätten in Jugendgefängnissen und Arrestanstalten bekommen habe, handelten von Träumen, von der Liebe und Hoff nungen, von Drogen, Gewalt und Ängsten. Manchmal denke ich: Zu was sind Menschen eigentlich fähig? Wie viel Leid kann man anderen zufügen, wie viel selbst ertragen? So viel Elend kann kein Schriftsteller erfin den. Viele dieser Geschichten würde mir kein Verlag abnehmen. Zu unrealistisch. Zu heftig, das würde kein Jugendamt zugeben. Der Alltag im Gefängnis wird bei meinen Literaturwerkstätten nie ausgeblendet.

„Was ist Romantik, Mirijam?“ „Romantik ist, wenn Du einen Satz schreibst, Du die sen vorliest und ein Erwachsener bekommt davon eine Gänsehaut.“

Ich bin am Leben Alles nur für dich Alles wegen dir Ich warte immer auf irgendwas

„Die Seufzerburg“

inGRiD BAHss, Jahrgang 1949, aufgewachsen an der Elbe. Der väterliche Eigensinn, Begegnungen mit Entwurzelten, Vertriebenen und Flüchtlingen und das Leben am Fluss haben sie geprägt. Im Jahr 1983 wurde sie aus der Staatsbür gerschaft in der DDR entlassen. Ingrid Bahß lebt heute in Köln. Ihre Fotografien mit sozialkritischem Schwer punkt wurden bereits auf Ausstellungen in Deutschland, Russland und der Schweiz gezeigt.

Am 26.8.2022 liest Mirjiam Günter im Rahmen des DRAUS SENSEITER-Aktionstags von 16-18 Uhr vor der Einrichtung OASE – Benedikt Labre e.V. aus ihren Kolumnen.

ch hatte die Möglichkeit, ein Gefängnis zu betreten, nachdem es kurz vor her geschlossen worden war. Die Zellen waren unverändert. Ich habe dort einen berührenden Reichtum an Wandmalereien vorgefunden. Die Kargheit der Raumsituation, verbunden mit den Malereien der Inhaftierten, die emo tional ausbrechen...

MiRiJAM GÜnTER

ist Schriftstellerin und Publizistin. Die Kölnerin absolvierte in verschiedenen Stationen die Hauptschule, gekrönt von einem Realschulabschluss. In verschiedenen Heimen aufgewachsen, sind die Themen ihres Schreibens nah an den eigenen Erfahrungen von erlebter sozialer Ungleichheit und massiver Ungerechtigkeit gegenüber den Schwachen der Gesellschaft. Sie ist Trägerin des Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreises und schreibt regelmäßig für den DRAUSSENSEITER.

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HEiKo sAKURAi

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Christina Bacher (Hrsg.)

Der Löwe ist der Hai unter den Adlern

 Sie kommen auf Kalenderblättern daher oder verschönern als Wandtattoos die Wohnzimmer von Verwandten und Freund*innen. Gerne „bereichern“ sie auch, optisch herausgeputzt, den persönlichen Instagram-Feed. Die Rede ist von Motivationssprüchen, die den Einzelnen zur glücklichen und erfolgreichen Lebensführung animieren sollen. Christopher Strutz, Betreiber des satirischen Social-Media-Channels „Der Business-Lion“, geht in seinem kleinen Buch dem Unsinn dieses Phänomens auf die Spur. Er seziert die Klassiker des Genres, wie zum Beispiel „Ziele auf den Mond, selbst wenn du ihn verfehlst, wirst du in den Sternen landen“, und macht auf diverse inhaltliche Schwächen aufmerksam –in diesem Fall das zugrundeliegende seltsame Verständnis vom Aufbau des Weltalls sowie davon, wie Raumfahrt in der Praxis funktioniert. Strutz lässt dabei nicht den abgehobenen Intellektuellen raushängen. Er betrachtet das Thema aus einer Perspektive, in der sich durchschnittlich gebildete Leser*innen wiederfinden können. Wenn es um Egomanen-Sprüche, wie „Einen Löwen interessiert es nicht, was Schafe über ihn denken“, geht, lässt er auch ein angemessenes Maß an Sozialkritik in die Analyse einfließen.

 Es geht auch ohne Drogen. Sehr gut sogar. Peter Doherty, berüchtigter Frontmann von The Libertines, bekannt aus dem Boulevard wie aus dem Feuilleton, lebt seit zwei Jahren mit seiner Frau in der Normandie – drogenfrei, so heißt es. Hier hat er neue Freundschaften geschlossen, unter anderem mit dem französischen Musiker und Produzenten Frédéric Lo. Dieser arbeitete in der Vergangenheit mit Bands wie Pony Pony Run Run oder dem Schweizer Stephan Eicher. Gemeinsam entschlossen sich die beiden, ein paar Songs aufzunehmen. Die Arbeitsaufteilung: Doherty schreibt die Texte, Lo komponiert die Musik. Es sollten, so Doherty, nur eine Handvoll Lieder werden. Daraus entwickelte sich ein Album: „The Fantasy Life Of Poetry & Crime“. Und das hat es in sich. So gut und entspannt hat man Doherty schon lange nicht mehr gehört. Die Atlantikluft hat den Londoner Dreck weggeblasen. Die lärmenden Gitarren wurden durch Streicher-Arrangements ersetzt, die einen an französische Chansons aus den Sixties erinnern. Über einigen Songs wie dem titelgebenden Stück schweben förmlich Serge Gainsbourg und Françoise Hardy. Andere Lieder sind reduzierter, mehr der britischen Songwriter-Tradition verpflichtet. Was gut ist, da sonst das Album etwas schwülstig geworden wäre. Schwulst wird auch durch den leicht krächzenden Gesang und die traurigen Texte vermieden, die sich um die Pandemie und andere Lebensbrüche drehen. So kann man sich 40 Minuten entspannt aufs Sofa legen und verträumt perfekter Popmusik lauschen. Was für eine Erholung in dieser grauenhaften Zeit.

Jens Hüttenberger

Peter Doherty & Frédéric Lo

Daedalus Verlag 144 Seiten (mit zahlreichen Abbildungen) 12,- Euro, ISBN 978-3-89126-267-2 Erhältlich im Straßenverkauf oder im Buchhandel

DiE LETzTEN HiER Köln im sozialen Lockdown

Bastian Exner

Fertig machen für la ola – mit der Omikron-Variante BA.5, die in ganz Europa auf dem Vormarsch ist, könnte bereits im Sommer eine neue Corona-Welle drohen.

CARToonMUsiK-/BUCH-TiPPs 20 21

einer Mafia, die vom Präsidenten an alles in die eigene Tasche steckt. Und dabei weder vor Mord noch vor Folter zurückschreckt. Ein erschreckendes Krimidebüt eines Autors, der Politikwissenschaften mit Schwerpunkt Russland studierte. Der sich von Fachleuten beraten ließ. Und aus der sicheren Distanz seiner südenglischen Heimat Russland bleckende Zähne zeigt. Allein deshalb lohnt sich die Lektüre.

G. D. Abson: Tod in weißen Nächten. Rororo 2021, 12 Euro.ISBN 978-3-49900-167-3

Da das Buch schon sehr oft verkauft und durchgelesen wurde, tummeln sich im Gebraucht-Bereich von Amazon zahlreiche günstige Angebote, bei denen Sie zuschlagen können. „Der Löwe ist der Hai unter den Adlern“ hat genau den richtigen Umfang, um

Ingrid Müller-Münch

Christopher Strutz: Der Löwe ist der Hai unter den Adlern. Über den Sinn und Unsinn von Motivationssprüchen. Eichborn 2022, 14 Euro. ISBN 978-3-84790-105-1

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Wie erleben Obdachlose die Corona-Pandemie in Köln? Wie geht eine Großstadt mit dem Lockdown um, wenn nicht alle zu Hause bleiben können? Was, wenn Armut in einer Stadt plötzlich deutlich sichtbarer wird? Haben sich Strukturen des Hilfesystems verändert? Und: Hat sich durch die Krise vielleicht sogar etwas zum Guten gewandt für diejenigen, die sonst durchs Raster fallen? Mit eben diesen Fragen hat sich Deutschlands ältestes Straßenmagazin DRAUSSENSEITER beschäftigt und nun eine Auswahl an Texten und Fotos zusammengestellt, teilweise von Betroffenen selbst.

Christopher Strutz

G. D. Abson

Tod in Nächtenweißen

die nächste längere Zugfahrt oder das nächste Rumsitzen in einem Flughafen-Terminal unterhaltsam zu gestalten.

Peter Doherty & Frédéric Lo: The Fantasy Life Of Poetry & Crime. Strap Originals 2022, 12 Euro.

 St. Petersburg, Juni 2017. Die weißen Nächte, in denen die Sonne so gut wie nie untergeht. Die jungen Leute von Piter sind außer Rand und Band, feiern Partys bis indie frühen Morgenstunden, der Wodka fließt, das Bier schäumt. Inmitten all dieser Turbulenzen sitzt Zena, eine betrunkene schwedische Studentin, in einem Hauseingang auf dem Boden. Zwei Junkies nähern sich ihr, befummeln sie, einer öffnet schon seinen Hosenstall. Da nähert sich ihnen ein Mann, stört die beginnende Vergewaltigung, vertreibt die Junkies, rettet das Mädchen. Als sie sich bei ihm bedankt, antwortet er: „Gar kein Problem, Zena.“ Seitdem ist Zena verschwunden. Ihre russische Freundin meldet dies nach einigen Tagen der Polizei. Natalja Iwanowa von der hiesigen Mordkommission wird mit der Suche betraut. Denn Zena Dahl, die Verschwundene, ist Tochter eines superreichen Schweden. Die Sache drängt also. Als Natalja Iwanowa Zenas möbliertes Studierenden-Appartement inspiziert, stößt sie auf einen Kleiderschrank voller Designerklamotten, mindestens zwei ihrer Jahresgehälter wert. Der Verdacht drängt sich auf, die junge Frau könnte entführt worden sein. Doch wenige Tage später nur wird die verbrannte Leiche einer jungen Frau in einem Petersburger Park gefunden, neben sich eine sündhaft teure Handtasche. Alle gehen davon aus, das sei Zena. Doch eindeutig ist dies nicht festzustellen. Eine DNA-Analyse schließt sich aus, da ihr schwedischer Vater, Thorsten Dahl, sie als kleines Kind aus einem russischen Waisenhaus Dochadoptierte.irgendetwas stimmt an der Geschichte nicht. Und auch die leichtfertige Festnahme der beiden Junkies, die die betrunkene Zena in dem Hauseingang zu vergewaltigen drohten, wegen Mordes befriedigt Natalja Iwanowa keineswegs. Und so recherchiert sie auf eigene Faust, bedrängt von den Schergen eines durch und durch korrupten Geheimdienstes, verraten von eigenen Kolleg*innen, deren Angst und Duckmäusertum Natalja Iwanowa stinkt. Inmitten eines Umfeldes, geprägt von Gewalt, Rechtlosigkeit, Wodka und Schwarzgeld. In einem Land, in dem die Höhe der Bestechungsgelder wie auf einer Preisliste festgehalten wird. Kontrolliert von

The Fantasy Life Of Poetry & Crime

15.07.2022, 19 Uhr, Kartäuser kirche, Drinnen oder im Garten, Kartäusergasse 7, 50678 Köln.

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Für Bert, Lothar, Siggi und Gigi (v. r.) gab es frenetischen Applaus. Die vier Straßenzeitungsverkäufer stehen bei Wind und Wetter hinter dem Heft und das schon seit vielen Jahren.

im Rahmen der Wanderausstellung „Kunst trotz(t) Ausgrenzung“ in der Michaelshoven:Diakonie

liest Geschichten über Alkohol von Jack London, Flann O‘Brien, Joachim Meyerhoff, Heinrich Böll u.a.

Eigentlich ist Isabella Archan ja bekannt für ihre „Mördermitzi“-Abende. Auf der M22-Bühne prä sentierte sie einen Ösi-Charme, der es in sich hat: Vom Besuch in den Bergen über einen feuchten Zungenkuss bis hin zu den legendären Tipps gegen böse Buben rockte sie die Bühne. Super!

„Das ohr“, im Ferkulum 8, 50678 Köln

Bargel, Bacher, Archan und Gröning (v. l.) bekamen großen Applaus für den bunten Abend mit guter Musik, lustigen wie nachdenklichen Beiträgen und einer launig-unterhaltsamen Moderation.

RathNick,Bacher,Fotos: Unterstützung!Dankefürdie

30 JAHRE

Heinz Gröning hatte nicht nur seine Gitarre, sondern auch sein neues Buch dabei. „Wenn es euch nicht gefällt, schickt es an mich zurück“, bot er an. Im Gegenzug bekomme man dann auch ein Buch, das ihm nicht gefalle. Bei den Nummern des Comedians aus Nippes blieb kein Augen trocken. Klasse!

Richard Bargel hat schon mit vielen Größen des Showbusiness gearbeitet. Seine Homebase ist aber Köln, weshalb es sich die Blues-Legende nicht neh men ließ, für Freund*innen vom DRAUSSENSEITER zu spielen. Vom Feinsten!

„DieserLESUNGDurst….“– Gerd Köster

30 JAHRE

Do.,11.08.2022, 20:00 Uhr

Der Innenhof des M22 war in der Pause voller Menschen, das Wetter brillant und die Getränke kühl. An dem Abend sahen sich endlich mal wieder alte Bekannte wieder und neue Kontakte wurden geknüpft.

neue Texte in der »Literatur um acht«

20.07.2022, 19:30 Uhr, Vringstreff, im Ferkulum 42, 50678 Köln

mitVORTRAGSKONZERTWolfgangOelsner und den Musikern Josef Loup & Christian Hecker, konzeptionelle Mitarbeit Hartmut Priess (Bläck Fööss) und Cornel Wachter. Der KinderzugwehessPänz“,fragtundJugendlichenpsychotherapeutundBuchautorWolfgangOelsnerkölscheLiederwie„Pänz,„DämSchmitzsingFraudurchgebrannt“oder„HeimenKölle“u.a.aufderenBezumThemaAusgrenzungab.

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undDRAUSSENSEITERAbendFurioserDRAUSSENSEITERfürFreunde

en 30. Geburtstag unseres Straßenmagazins feierten wir mit einem bunten Abend im legendären M22 in Deutz. Eingeladen hatten wir Team und Vorstand der OASE, unsere Straßenzeitungsverkäufer*innen und ehrenamtlichen Redakteur*innen sowie Menschen aus der Stadt gesellschaft. Im Rahmen des uns seit Jahren eng verbundenen Deutz kulturfestivals traten zu Ehren unseres Jubiläums neben Schauspielerin Isabella Archan und Comedian Heinz Gröning auch Blues-Ikone Richard Bargel auf. Moderiert wurde die Veranstaltung von Christina Bacher, die seit 16 Jahren Chefredakteurin der „ungewöhnlichsten Zeitung von ganz Köln“ (WDR) ist und einige Anekdoten rund um den Redaktionsalltag zum Besten gab. Als sie einige der Straßenzeitungsverkäufer auf die Bühne holte, gab es von den rund 80 Besuchern frenetischen Applaus. Die Einnah men des Abends gehen übrigens an die OASE – dafür herz lichen Dank. Schön, dass so viele mit uns gefeiert haben! (cb)

Dr. Peter Deubner (l.) veranstaltet seit 2005 mit seiner Stiftung das Kölner Obdachlosen-Frühstück an unterschiedlichen Orten in der Stadt. Auf der Jubiläumsfeier kam er mit Ralf Böddingmeier, Vorstandsmitglied der OASE, ins Gespräch.

Eine offene Lesebühne von Autor:innen für Schreibende und Lauschgäste. Diese ist denjenigen gewidmet, die selbst schreiben und/oder gern und aufgeschlos sen zuhören. Jeder kann vortra gen im zeitlichen Rahmen von 10 Minuten. Auch musikalische Beiträge sind willkommen.

Lieferanschrift

• Kiosk Orman, Salierring 15, 50677 Köln

Kontoverbindungen

IBAN: DE66 3705 0198 0016 5020 31

• Buchladen Neusser Straße, Neusser Straße 197, 50733 Köln

Der nächste DRAUSSENSEITER-Ausgabe erscheint zum 1. September 2022. Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749auf

• BUNT Buchhandlung, Venloer Straße 338, 50823 Köln

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DRAUSSENSEITER ist Mitglied des

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Titelgestaltung Deborah Keser

Widerrufsbelehrung: Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von 10 Tagen schriftlich widerrufen wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Das Abo kann jederzeit gekündigt werden.

DRAUSSENSEITER ist das Sprachrohr für alle Obdachlosen, deren Freunde, ehemals Obdachlose und andere Betroffene. Leserbriefe sind immer herzlich willkommen. Für namentlich gekennzeichnete Artikel und Leserbriefe sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Bedürftigen wird für veröffentlichte selbstgeschriebene Artikel, Interviews und Fotos ein kleines Honorar gezahlt, wenn dies der Autor ausdrücklich wünscht. Nachträgliche Forderungen werden nicht Esakzeptiert.giltdieAnzeigenpreisliste vom 1.1.2009.

Lektorat Barbara Feltes

Tel.: 0221 / 98 93 53-0, Fax: 0221 / 98 93 53 16

• Fachbuchhandlung Gaby Schäfers, Merlotstr. 4, 50668 Köln

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Abos Martina Jühlke, juehlke@oase-koeln.de Vertrieb Ali Baran

Depots (nur für Verkäufer)

Herausgeber Benedikt-Labre e.V. – OASE

Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln

• OASE, Alfred-Schütte-Allee 2-4, 50679 Köln

Live-TalkshowKulturtipp auf Insta

Musiker, Journalist und bekennender Italien-Liebhaber: Eric Pfeil

Redaktionsassistenz Markus Düppengießer (mad), dieserHerzlichendueppengiesser@draussenseiter-koeln.deDankallenfreienMitarbeiter*innenAusgabe.

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Titelfoto C. Rath, Kunstwerk von Mona Dia Druck druckdiscount24.de

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ennst du das Land, wo die Zitronen blüh‘n?, fragte Goethe schon im 18. Jahrhundert. In der letzten Zeit war die Sehnsucht der Deutschen nach Italien ein wenig erkaltet. Jetzt glüht sie wieder. Darüber haben wir mit dem Kölner Journalisten und Musiker Eric Pfeil gesprochen. Auch sein Buch „Azzurro – Mit 100 Songs durch Italien“ hat die Liebe befeuert. Aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet der italienische Schriftsteller Giorgio Fontana sein Heimatland. Fontana kümmert sich seit mehr als zehn Jahren um Obdachlose in Mailand. Deren Zahl ist seit der Pandemie stetig angestiegen und sie wird weiter zunehmen, so Fontanas Prognose. In Mailand findet übrigens in diesem September die Internationale Konferenz der Straßenzeitungen (INSP) statt, an der auch der DRAUSSENSEITER teilnehmen wird.

Die Galerie Rompone im Belgischen Viertel gibt es bereits seit 2013. Außerdem hat Galeristin Claudia Cosmo, die regelmässig mit Vernissagen und Lesungen aufwartet, eine weitere Idee in die Tat umgesetzt, um Menschen ihrer Stadt zu vernetzen und zu unterhalten: Mit „the rabbit says“ gibt es jetzt nämlich eine Live-Talkshow, die gelegentlich in der Instagram-Story präsentiert wird.

Gastgeber ist ein Kaninchen, dass sich mit Künstlern, Musikern, Schriftstellern, Designern, Tänzern über ihre Arbeit unterhält – seriöser Talk auf plüschige Art und Weise sozusagen. Und was wäre das nicht schon genug: Seit neuestem spricht Robert, der Fuchs, in seinen interaktiven Talks auch über Musik und Kinofilme.

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Italiensehnsucht

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Die Sendedaten werden auf Instagram und Facebook @galerieromponeverkündet.  Infos@galerieromponeauchunter:  @rompone_the_rabbit_says ABo | iMPREssUM RomponeGalerieFoto: JansenAlfredFoto:

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Angebote: Kostenloses sonntägliches Frühstück 9-11 Uhr: Jeden 2. Sonntag im Monat Alte Feuer wache, Agnesviertel. Jeden 3. Sonntag im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429. Jeden 4. Sonntag im Liebfrauenhaus, KölnMülheim, Adamstr. 21.

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Tel.: Stationärewww.heilsarmee.de/ewhkoelnewh@heilsarmee.de955609–13Einrichtungfürwohnungslose

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RuppSabineFoto: BacherChristinaFoto: fairstore, Second-Hand-Artikel in Köln-Nippes

Vringstreff

in der Kölner Südstadt

n OASE – Benedikt Labre e.V. Alfred–Schütte–Allee 4, 50679 Köln, Tel. www.oase-koeln.dekontakt@oase-koeln.de0221/9893530

Kontakt- und Beratungsstelle: Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung Offener Treff:

n Diakoniehaus Salierring Fachdienst für Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werkes Köln und Region gGmbH, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 www.diakonie-koeln.deverwaltung.salierring@diakonie-koeln.de,70-0,

Lobby-Restaurant LoRe, Domstr. 1, Nähe Hauptbahnhof.

Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, täglich Fachberatung, Freizeitangebote, (Spiele angebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, Postadresse, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr

und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote

Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), Sozialarbeiterischejhk-notaufnahme@johannesbund.deBeratung,Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren

n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310

n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH

n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, Beratungwww.notruf-koeln.demailbox@notruf-koeln.de,telefonisch,persönlich

Mädchenberatung rechtsrheinisch Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim Tel.: 0221/890 55 47; FrMirhein@lobby-fuer-maedchen.demaedchenberatung-rechtsbisFr:ganztägignachVereinbarung,14-18Uhr:ohneAnmeldung

Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:

Öffnungszeiten: Mo-Fr 11.00-15.00 Uhr, Sa 10.00-13.00 Uhr Angebote: Mo bis Fr warmes Essen von 12.0014.00 Uhr, kalte u. warme Getränke, Duschmög lichkeit (Behindertendusche u. -toilette), Wäsche waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Beratung tägl. von 11.00-15.00 Uhr oder nach Vereinba rung. Medizinische Sprechstunde Di und Do von 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes betreu tes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet-Zugang. Sa geöffnet – es gibt Frühstück. Kleiderkammer: täglich geöffnet, Mo zwischen 9.15 und 10.30 Uhr auch für Menschen aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Köln Pass.

n Elisabeth-Fry-Haus Albert-Schweizer Straße 2, 50968 Köln (Raderthal), Tel.: 0221/99 56-43 auchNotaufnahmewww.diakonie-michaelshoven.deAufnahme-EFH@diakonie-michaelshoven.de00fürFraueninKrisensituationenmitKindern,Schutz,Übernachtung,Ver pflegung und Beratung. Aufnahme nach telefo nischer Vorankündigung möglich

n Café Auszeit 2 des SKF e.V. Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232/14 82 92, Jedencafe-auszeit2@skf-koeln.deDiundDooffeneBeratung von 10–15 Uhr; Do von 10 bis 12 Uhr Frauenfrühstück

Appellhofplatz: Essenausgabe u. XXxxxxxxxxxxxxxx, Mo bis Fr ab 21 Uhr Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstiger Einkauf von Secondhand-Artikeln, Dritte-WeltArbeit durch Versand von Hilfslieferungen

n Kontakt- und Beratungsstelle am Hbf (SKM Köln) Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, www.skm-koeln.dekontaktstelle@skm-koeln.de,

n GUBBIO Obdachlosenseelsorge Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme

Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr..

BacherChristinaFoto: 26 27

Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr

n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de

n Haus Rosalie Wohnprojekt für Frauen. Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de88

n Gulliver – Überlebensstation für Obdachlose Trankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, 50667 Köln, Tel.: 120 60 91 Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, Tagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Internetzugang, Kunstausstellungen, Handyladestation, Gepäckaufbewahrung Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8-15 Uhr, Wochenende und Feiertage 8-15 Uhr Kleiderkammer: Do 13.30-15.00 Uhr

Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 14-16 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten) Tagestreff: Mo bis Do 8.30-12.30 Uhr, Frühstück, Duschen, Wäschekeller, Aufbewah rung, Internetzugang Kleiderkammer: Di u. Do 10-12 Uhr Krankenwohnung, Betreutes Wohnen gem. § 67 SGB XII, Ambulantes Betreutes Wohnen gem. § 67 SGB XII in Außenwohnprojekten, Clearing stelle Claro im Trägerverbund, VIADUKT, mietfest im Trägerbund

n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, http://www.skm-koeln.derochus@skm-koeln.de,

n Comeback Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210

Für alle

Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung, Wohnen, Betreutes Wohnen

sERViCE sERViCE

n Notschlafstelle für Männer

n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, www.koelnerarbeitslosenzentrum.deinfo@koelnerarbeitslosenzentrum.de, Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr

n Der Wendepunkt Frauenberatung und Gewaltschutzzentrum. Danzierstr. 142 A, 51063 Köln (Mülheim), Tel.: 0221/99 56-44 Mo,existenziellender)Beratungwww.diakonie-michaelshoven.dewendepunkt@diakonie-michaelshoven.de44fürFraueninakutenKrisen,(drohenWohnungslosigkeit,nachGewaltundinNotlagen.Di,Do,Fr9-12Uhr,Di,Do15-18Uhr

n agisra e.V. Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Salierring 48, 50677 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org Beratung nach Terminvereinbarung, telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr

Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr Donnerstags ab 13.00 Uhr Computer-Nutzung: nach Vereinbarung Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung REDAKTIONSSITZUNG DRAUSSENSEITER: siehe Aushang

Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internet nutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Ver mittlung an weiterführende Hilfen möglich.

n Mäc-Up

Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57

Marienstr.Erik-Wickberg-Haus116-118,50825 Köln

n Vringstreff e.V. Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltun gen, Beratung

Männer: Beratung und Unterstützung durch fachkompe tente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachge hende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote

Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr

n Kölner Peter-Deubner-StiftungObdachlosenfrühstück, Tel.: 430 39 83

n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 www.bauenwohnenarbeiten.deibwa@netcologne.de

n LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen Mädchenberatung linksrheinisch Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld Tel.: 0221/45 35 56 Ess-StörungenBeratung,DiMiMofuer-maedchen.demaedchenberatung-linksrhein@lobby-50bisDo:ganztägignachVereinbarung14-16Uhr:ohneAnmeldung10-11Uhr,Do14-15Uhr:telefonischeDi16-18Uhr:kostenloseBetreuung08005035885

n Bürger für Obdachlose e.V. Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebraucht waren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.

BLICK HINTER DIE KULISSEN 11–16 UHR AUFBAU DER MENSCHENNEST-INSTALLATION POP-UP-KUNST VON CHRISTIANE RATH 15 UHR MEET AND GREET OFFENE REDAKTIONSSITZUNG 16–18 UHR – LESUNG CHRISTINA BACHER | MIRIJAM GÜNTER | CHRISTIANE RATH AUS: »DIE LETZTEN HIER. KÖLN IM SOZIALEN LOCKDOWN« 30 JAHRE FOTOS: SIMON VEITH / CHRISTIANE RATH RATHCHRISTIANEFOTO: FREITAG, 26.8.2022 EINTRITT FREI | OPEN AIR OASE – BENEDIKT LABRE E.V., ALFRED-SCHÜTTE-ALLEE 4, 50679 DRAUSSENSEITER-KÖLNAKTIONSTAG

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