Kölner Straßenzeitung Draussenseiter 4/2021: Über Menschenrechte

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29. Jahrgang | Nr. 218 | April 2021

R E T I E S N E S s U A R D N I Z A G A M N E S TRAS S R E N L Ö K S DA

ÜBER MENSCHENRECHTE

Motiv: Bettina Ballendat | Foto: Christina Bacher

Im Gespräch mit Robert Habeck


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inhalt

Vorwort

Inhalt

4

Liebe Leserinnen, liebe Leser, im Auftrag zahlreicher Straßenzeitungen, darunter auch der

Engelbertstraße 44 · 50674 Köln Postfach 27 01 26 · 50508 Köln

DRAUSSENSEITER, hat sich die Hamburger Journalistin Annette Bruhns (Hinz&Kunzt) bereit erklärt, den Politiker Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) mit einem gut gefüllten Fragenkatalog zu konfrontieren. Herausgekommen

Telefon (02 21) 93 18 00 - 0 Telefax (02 21) 93 18 00 - 66

berichterstattung zur Bundestagswahl dankbar abdrucken

Foto: Lutz Jäkel

– fotografiert von Lutz Jäkel. Bereits im Februar

Foto: Simon Veith

e-Mail: wpg@mermagen.de Internet: www.mermagen.de

ist ein gehaltvolles Interview, das wir als Auftakt der Vor­

Grünen-Parteichef Robert Habeck macht sich in einem Exklusiv-Interview von 18 Straßenzeitungen für „Housing First“, also eigene Wohnungen für Ob­ dachlose, stark. „Housing First korrespondiert mit unserer Forderung nach Wohnen als Grundrecht“, äußert sich Habeck im Gespräch mit Annette Bruhns auf den Seiten 4-7.

haben wir Straßen­ zeitungen gemeinsam etwas bewirken können:

Geschäftsführer:

Unsere bundesweite

Dipl.-Kfm. Wilhelm Mermagen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Sterben auf der Straße:

Petition „Gegen das Öffnet jetzt die Hotels für Obdachlose!“ auf

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Unseren Titel ziert eine WachsInstallation von Flüchtlingsbooten der Künstlerin Bettina Ballendat. Christina Bacher hat die Ausstellung auf dem Kunstboot von Rolf Hartung besucht, der mitten in der Pandemie einen wunderbaren Ort der Begegnung geschaffen hat. Weitere gute Projekte werden ab Seite 8 vorgestellt.

Foto: Christina Bacher

Change.org wurde mit fast 120.000 gesammelten Unter­

Petra Heider Rechtsanwältin und Steuerberaterin

schriften den Verantwortlichen übergeben. Dabei ging es nicht nur um den Schutz vor Kälte, sondern auch um die Rückzugsmöglichkeiten von Obdachlosen in Einzelzimmern während der Corona-Pandemie. Auch, wenn der Lockdown viele Menschen hart getroffen hat:

Wir beraten Privatkunden, Freiberufler und Gewerbetreibende. Wir beraten und prüfen Unternehmen, Verbände und gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen.

Vorwort ������������������������������������������������������������������ 3 Interview mit Robert Habeck: „Am liebsten: Das Containern erlauben!“

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4-7

weise der Verein Gesundheit für Wohnungslose, der gerade

Bruder Lukas Ruegenberg: Zwischen Bilderstöckchen und Maria Laach

sein 25-jähriges Bestehen gefeiert hat.

Gutes Projekt: Gesundheit für Wohnungslose ������������ 14-16

Einige gute Projekte haben die Krise überlebt, wie beispiels­

Gute Lektüre wünscht

���������������

8-12

Das Kunstboot - Alles im Fluss ������������������������������������� 17 Plattenkritik � ������������������������������������������������������� 18-19 Buch-/CD-Tipps ������������������������������������������������������� 20 Cartoon | Kolumne ��������������������������������������������������� 21

Christina Bacher

Aus den Einrichtungen | Offene Petition �������������������� 22-23 Abonnement | Impressum ����������������������������������������� 24 Vorschau | Tipp �������������������������������������������������������� 25 Service: Adressen ������������������������������������������������� 26-27

Öffnungszeiten: OASE e.V. Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 – 13.00 Uhr Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Mittwoch: nach Terminvereinbarung 3


intERViEW

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H

err Habeck, vor Ihnen sitzen 18

Und wenn nicht, würden Sie dann über eine

deutsche Straßenzeitungen,

Abschaffung des Ehegattensplittings Koali­

angesiedelt zwischen Kiel und

tionsgespräche platzen lassen?

München, Düsseldorf und

Robert Habeck: Politik bedeutet, Verän­

Dresden. Gemeinsamer Nenner unserer Fra­

derungen voranzubringen – und nicht,

gen: Wie rot sind diese Grünen eigentlich, die

sich durch rote Linien zu lähmen. Wir

womöglich ab Herbst mitregieren?

argumentieren jeweils für unsere Ideen

Robert Habeck: Wenn mit „rot“ gemeint

und versuchen, das Beste zu erreichen.

„Housing First“ über-

schaft zu schaffen, kann ich sagen: Wir

... und Hartz IV? Wäre die Abschaffung für

zeugt und korres-

haben in den letzten drei Jahren unser

Sie verhandelbar?

sozialpolitisches Profil deutlich ge­

Robert Habeck: Es geht darum, politi­

schärft.

sche Mehrheiten zu schaffen und dann

ist, eine gerechtere, sozialere Gesell­

möglichst viel durchzusetzen. Eine fen und durch eine „Grundsicherung“ erset­

uns nicht geben. Was wir dann klima­,

zen, eine staatliche Leistung, die mehr Geld

sozial­ oder europapolitisch durchset­

verspricht und an weniger Bedingungen

zen, hängt auch davon ab, wie gut wir

geknüpft wäre. Der Einstieg in ein bedin­

bei der Wahl abschneiden.

das Geld bereit,

Robert Habeck: Es ist richtig, dass wir

Im grünen Grundsatzprogramm steht oft das

das man später

Hartz IV überwinden wollen. Wir wol­

Wort „Umverteilung“. Würden unter einem

len eine Garantiesicherung, damit jede

Kanzler oder Vizekanzler Robert Habeck die

und jeder verlässlich vor Armut ge­

Reichen zur Kasse gebeten?

schützt ist. Sie sollte mit mehr Geld

Robert Habeck: Ich halte die höhere

mehr Teilhabe ermöglichen und Anreize

Besteuerung von hohen Einkommen

geben, anstatt die Menschen mit Sank­

und Vermögen für angemessen und not­

tionen zu gängeln. Von einem bedin­

wendig.

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sich das, weil es eben doch an eine

Zoonosen wie Covid­19 entstehen, wenn der

Bedingung geknüpft ist: Die Garantie­

Mensch dem Tier zu wenig Raum lässt. Die

sicherung sollen die erhalten, die es

Grünen wollen, dass Deutschland keine freien

brauchen.

Flächen mehr versiegelt. Wollen Sie jungen Familien verbieten, auf dem Land zu bauen?

Gegen Kinderarmut wollen die Grünen auch

Robert Habeck: Nein. Ich will, dass jun­

etwas tun: Eine steuerliche „Kindergrundsi­

ge Familien gut wohnen können, auf

cherung“ soll Kinder unabhängig vom Bezie­

dem Dorf und in der Stadt. Aber zu den

hungsstatus der Eltern fördern. Dafür soll das

Zoonosen: Unter anderem ist der globa­

Ehegattensplitting weichen. Würden Sie eine

le Wildtierhandel, an dem Deutschland

schwarz­grüne Regierungsehe für die Abschaf­

teilnimmt, eine echte Gefahr, weil er

fung der ehelichen Splittingvorteile riskieren?

eben auch zoonotische Krankheiten

Robert Habeck: Alle Kinder sollten dem

begünstigt. Die Regulierung des Wild­

Staat gleich viel wert sein. Das ist heute

tierhandels muss daher ganz oben auf

nicht der Fall. Gutverdiener*innen erhal­

die Agenda...

Man stellt am Anfang

wieder einspart, etwa für Sozialarbeit, Psychotherapie, Polizei, Prozesse. Wenn der Bund ernst machen will mit der Abschaffung der Obdachlosigkeit, sollte er den Kommunen bei „Housing First“Programmen helfen.

ten für ihre Kinder faktisch mehr Geld,

Foto: lutz jäkel

Grünen-Parteichef Robert Habeck macht sich in einem Exklusiv-Interview mit 18 Straßenzeitungen für das „Housing First“-Modell stark. Außerdem stellt er sich hinter die von sozialen Straßenzeitungen initiierte Petition, Obdachlose in dieser Kälteperiode statt in Sammelunterkünften einzeln unterzubringen. „Ich finde es absolut richtig, angesichts der Pandemie diese Angebote deutlich zu erweitern“, sagt er im Gespräch mit Hinz&Kunzt-Chefredakteurin Annette Bruhns in Berlin.

nen als Grundrecht. ...

Eine Status­quo­Regierung wird es mit

gungslosen Einkommen unterscheidet

„Am liebsten: Das Containern erlauben!“

Forderung nach Woh-

Tatsächlich will Ihre Partei Hartz IV abschaf­

gungsloses Grundeinkommen?

INTERVIEW

pondiert mit unserer

Kinder aus einkommensschwachen

... und wie sieht es mit dem Platz für heimische

Haushalten haben deutlich schlechtere

Wildtiere aus?

Chancen. Deshalb wollen wir eine Kin­

Robert Habeck: Die Artenvielfalt ist

dergrundsicherung, die allen Kindern

auch durch den Verlust von Lebensräu­

garantiert, was sie zum Leben brauchen.

men gefährdet. Die Bundesregierung

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intERViEW

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Mit abstand, aber auf augenhöhe: Grünen-Parteichef Robert habeck und „hinz&Kunzt“-Chefredakteurin annette Bruhns in Berlin�

selbst will den Flächenverbrauch halbie­

Sonst wären die EU­Gewässer seit 2015 in

Schwerins Straßenzeitung hat ihre Verkäu­

ren. Und scheitert seit Jahren daran. Wir

einem „guten Zustand“. Würde eine grüne

fer*innen gefragt, mit welchem Promi sie gerne

haben im Land eine starke Konkurrenz

Regierung Bundesmittel bereitstellen, damit

Kaffee trinken würden. Die Menschen nannten

um Flächen: fürs Wohnen, für die Land­

die Kommunen Obdachlose in Wohnungen

Popstars, Sportler*innen und Schauspieler*in­

wirtschaft, für Energie, für Infrastuktur,

einquartieren, wie es etwa Finnland vormacht

nen; mit einem*einer Politiker*in wollte nie­

für Gewerbe… Es muss viel ineinander

mit seinem „Housing First“­Programm?

mand Kaffee trinken. Warum ist Ihre Kaste so

spielen: Es sollte zum Beispiel nicht güns­

Robert Habeck: „Housing First“ über­

unbeliebt?

tiger sein, neue Flächen zu versiegeln als

zeugt und korrespondiert mit unserer

Robert Habeck: Vielleicht, weil Streit

die alte Tankstelle abzureißen, den

Forderung nach Wohnen als Grund­

zum Wesen der Demokratie gehört und

Boden zu sanieren und dort zu bauen.

recht. Studien zufolge finanziert sich

Streitende unsympathisch sind. Aber es

das quasi selbst: Man stellt am Anfang

ist in den letzten Jahren viel Vertrauen

Ihre Partei will das Recht auf Wohnen im

das Geld bereit, das man später wieder

in die Handlungsfähigkeit und Fairness

Grundgesetz verankern. Was versprechen Sie

einspart, etwa für Sozialarbeit, Psycho­

der Politik verloren gegangen. Gewinne

sich davon?

therapie, Polizei, Prozesse. Wenn der

von Banken und Spekulanten wurden

Robert Habeck: Eine Umkehr von der

Bund ernst machen will mit der Abschaf­

privatisiert, Verluste zahlte die Allge­

sozialpolitischen Logik, wonach ein

fung der Obdachlosigkeit, sollte er den

meinheit. Was sich eingebrannt hat, ist

wohnungsloser Mensch erst beweisen

Kommunen bei „Housing First“­Pro­

das Gefühl, die Politik schützt die Macht,

muss, dass sie oder er mit den eigenen

grammen helfen.

nicht die Menschen. Ich glaube, dass wir als Politiker*innen sehr daran arbeiten

vier Wänden verantwortungsvoll umge­ hen kann, bevor er einziehen darf.

Der Trend geht in die gegenläufige Richtung:

müssen, das Vertrauen wiederherzustel­

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die

In Großstädten wie Hamburg hat sich die Zahl

len.

Sicherheit eines Dachs über dem Kopf

der Obdachlosen in den letzten zehn Jahren

animiert dazu, verantwortlicher und

fast verdoppelt. Die Mehrheit stammt aus

selbstbestimmter zu leben. Das Wohn­

armen EU­Staaten. Sie kommen, um zu arbei­

recht und die Grundsicherung sind für

ten, landen in prekären Beschäftigungsver­

die Aufnahme von Arbeit knüpft, ist sie

auch Mittel, um es durchsetzen zu kön­

Robert Habeck: Am liebsten: Das Con­

uns Pfeiler einer die Würde des Men­

hältnissen und stranden am Ende auf der

gerechtfertigt. Die Leute kommen her,

nen.

tainern erlauben! Das ist gewiss nicht

schen achtenden Gesellschaft.

Straße. Wie wollen die Grünen diese Elends­ spirale beenden?

Apropos Würde: Viele Obdachlose wollen nicht

Robert Habeck: Wenn Menschen ihr

in die Winternotprogramme, weil sie Angst

Leben in ihrem Heimatland aufgegeben

vor den Sammelunterkünften haben. Sie

haben, um hier zu arbeiten und dann

befürchten, ausgeraubt zu werden oder sich

scheitern, sind sie ja trotzdem da. Wenn

mit Corona anzustecken. In Hamburg trägt

dann nur Obdachlosigkeit bleibt, ver­

die grüne Regierungspartei die Großunter­

schärft sich das Elend. Deshalb wollen

künfte mit. Wie stehen Sie zum Ruf nach Ein­

wir sie besser sozial absichern. Entschei­

zelunterbringung?

dend ist aber, schon früher anzusetzen,

Robert Habeck: Die Hotels und Hostels

also konsequent gegen Schwarzarbeit

stehen leer: Dort Zimmer bereitzustel­

und Drückerlöhne zu kämpfen. Damit

len, könnte sowohl den Hoteliers wie

beginnt die Spirale ja viel zu oft.

Obdachlosen helfen. Es gibt ja dazu Vor­

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Foto: lutz jäkel

Und was würden Sie als erstes ändern, wenn Sie Bundeskanzler wären?

Was sich eingebrannt hat, ist das Gefühl,

die wichtigste Reform. Aber das Verbot,

um zu arbeiten, und nicht, um zu verar­ men.

Aus welchen Etats soll das Geld herkommen

brauchbare Lebensmittel zu retten, ist

– für die Grundsicherung, für „Housing

eine Sache, die mir besonders unsinnig

Aus der Stadt mit den höchsten Mieten, aus

First“­Wohnungen, für Frauenhäuser: Wollen

erscheint und die man schnell ändern

München mit der Zeitung „Biss“, kommt die

die Grünen weniger für Rüstung zahlen? Oder

könnte.

Frage, wie die Grünen für billigen Wohnraum

den Bauern weniger geben? Sollen die Steuern

in teuren Städten sorgen wollen?

steigen?

Menschen. Ich glaube,

Robert Habeck: Bauen! Vor allem öffent­

Robert Habeck: Die Investitionsausga­

liches Bauen hilft. Und wenn privat

ben würden wir kreditfinanzieren. Dazu

dass wir als Politi-

gebaut wird, sollten Quartiere einen

gehören Neubauten und Sanierungen,

Wohnungsanteil für Ärmere vorhalten

aber auch der Bau von Frauenhäusern,

müssen.

Obdachlosenunterkünften. Wir werben

die Politik schützt die Macht, nicht die

ker*innen sehr daran

seit langem dafür, die Schuldenbremse

arbeiten müssen,

Berlin hat einen Mietendeckel statt der Miet­

dafür zu reformieren, und es gibt jetzt

das Vertrauen wieder

preisbremse, der grüne Bezirk Friedrichshain

auch Stimmen aus der CDU in die Rich­

trommelt für ein starkes Vorkaufsrecht der

tung. Konsumtive Ausgaben wie die

öffentlichen Hand bei Immobilien. Modelle für

Garantiesicherung müssen sich aus

den Bund?

Steuern refinanzieren. Die größte

stöße, vor allem von privaten Initiativen,

Viele Unions­, aber auch SPD­Politiker

aber auch von der öffentlichen Hand.

befürchten eine Sogwirkung, wenn EU­Arbeit­

Ich finde es absolut richtig, angesichts

nehmer*innen gleich behandelt würden, also

der Pandemie diese Angebote deutlich

dann immer mehr Arbeitslose aus Rumänien,

zu erweitern.

Polen oder Bulgarien einwandern. Wie sehen

Robert Habeck: Das sind Modelle für die

Gerechtigkeitslücke, die wir haben, sind

Sie das?

extremen Hochpreisgebiete in den Kom­

dabei nichtbezahlte Steuern. Wenn wir

Bundestag und Europaparlament haben

Robert Habeck: Im Moment geraten die

munen. Es sind Eingriffe in den Markt,

konsequent Steuerbetrug bekämpfen

beschlossen, bis 2030 die Obdachlosigkeit

Leute ja vor allem in miserable Beschäf­

und man wird sehen, wie das Bundesver­

würden, stünden EU­weit zwei­ bis

abzuschaffen. Klingt schön, allerdings halten

tigungsverhältnisse. Wenn man die

fassungsgericht entscheidet. Aber wenn

dreistellige Milliardensummen zur Ver­

sich die Dinge oft nicht an EU­Beschlüsse.

Gleichbehandlung an das Suchen und

Wohnen ein Recht ist, braucht der Staat

fügung. Da müssen wir handeln.

herzustellen.

Auftakt zur Interview-Serie Das Gespräch ist das erste einer Serie, mit denen Straßenzeitungen demokratische Parteien im Bundestag vor der Wahl zu sozialen Fragen hören wollen� Die teilnehmenden Magazine: abseits (Osnabrück), asphalt (hannover), Biss (München), bodo (Dortmund), die straße (Rostock), Donaustrudl (Regensburg), draußen (Münster), DRaUSSEnSEitER (Köln), drObs (Dresden), fiftyfifty (Düsseldorf), Guddzje (Osnabrück), hempels (Kiel), hinz&Kunzt (hamburg), jerusalemmer (neumünster), KaRUna Kompass (Berlin), KiPPE (leipzig), RiSS (augsburg) und trott-war (Stuttgart)� Des Weiteren hat SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz bereits zugesagt�

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Interview / Gute Projekte

Interview / Gute Projekte

INTERVIEW

„Man muss ein Gespür dafür entwickeln, was derjenige braucht, der in Not ist.“ Vor über dreißig Jahren ist im Kölner Stadtteil Bilderstöckchen ein kleines Wunder passiert, das bis heute seine Wirkung tut. Hier nämlich haben sich die Bewohner*innen einer Sied­ lung zum „Kellerladen e.V.“ zusammengetan und einen Treffpunkt ganz besonderer Art geschaffen. Heute ist die leben­ dige Siedlung mit Fahrrad­ werkstatt, eigener Kita und einem Café in einem umgebau­ ten Eisenbahnwaggon aus dem Stadtteil nicht mehr wegzuden­ ken. Nicht zu vergessen das Jugendzentrum „Lucky’s Haus“, das nach dem Mann benannt wurde, der hinter der ganzen Idee steckt: Der Benediktinerbruder Lukas Ruegenberg, den Christina Bacher nun in seinem Atelier in Maria Laach besucht hat.

Unermüdlich arbeitet Bruder Lukas an seinen Bildern. Sein Atelier ist ein beeindruckender Ort mitten in der Klosteranlage von Maria Laach.

D

RAUSSENSEITER: Letztes Mal haben

eben alles inzwischen etwas länger dau­

wir uns ja im Kellerladen in Köln-

ert. Das erste Gebet haben wir um halb

Bilderstöckchen gesehen, den Sie

sechs. Und dann kommt das Amt um

seit den 1970er Jahren aufgebaut und mit

halb acht. Dann gibt es noch die Kom­

Leben gefüllt haben.

plet am Abend. Eigentlich brauche ich

Danke für die Einladung jetzt in Ihr Atelier

wegen meines Alters nicht mehr alles

im Kloster Maria Laach – ein wirklich beein­

mitmachen. Und dennoch versuche ich

druckender Ort.

es…

Bruder Lukas: Ja, das stimmt. Wenn ich hier bin, dann male ich von morgens bis

DRAUSSENSEITER: Zwischendurch sind dann

abends. Es gibt natürlich feste Arbeits­

noch die Mahlzeiten. Aber davon abgesehen

zeiten – eine wichtige Disziplinierung

verbringen Sie die meiste Zeit hier in diesem

für mich, die mir gut tut. Sonst rutsche

Atelier. Woher wissen Sie, was es zu tun gibt?

ich aus und kann nicht mehr mit dem

Haben Sie Aufträge?

Malen aufhören.

Bruder Lukas: Die Aufträge gebe ich mir selber. Ich male das, was mich trifft und

DRAUSSENSEITER: Wie sieht denn so ein typi­

berührt. Wenn ich ein starkes Erlebnis

scher Tag im Kloster aus?

hatte, dann male ich das. Meistens kom­

Bruder Lukas: Die Gebetszeiten sind hier

me ich gar nicht dazu, alle Bilder anzu­

ja vorgegeben. Und daran halte ich mich

fertigen, die ich mir vorgenommen

auch. Ich stehe morgens um vier Uhr

habe. Dabei male ich schon mehrere

auf, weil ich ein alter Mann bin und

gleichzeitig.

„Arbeit und Struktur“ – für Bruder Lukas wichtig, um schöpferisch tätig zu sein. Fotos: Christina Bacher

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Interview / Gute Projekte

Interview / Gute Projekte

„Ich interessiere mich für die sozial Schwachen, seit ich denken kann. Sie stehen im Fokus meiner Arbeit.“ es Ihnen dabei wichtig, etwas Bleibendes zu schaffen? Bruder Lukas: Nein, deswegen mache ich das eigentlich nicht. Ich habe eben eine natürliche Begabung zum Malen, die mir einfach geschenkt wurde. Deshalb war ich auch in Berlin auf der Kunstaka­ demie und habe in München noch ein Zweitstudium gemacht, um diese Bega­ bung zu fördern. Und geschrieben habe ich schon immer gerne. Manches ist erfunden, aber es steckt auch viel Auto­ biografisches in meinen Büchern. Für „Mönch, Maler, Sozialarbeiter“ habe ich sogar mal mein ganzes Leben aufge­ Not macht erfinderisch: Während der Corona-Pandemie war das Café im alten Eisenbahnwaggon weiterhin geöffnet und bot einen „Außer-Waggon-Verkauf“ im Stadtteil Bilderstöckchen an.

schrieben. DRAUSSENSEITER: Darin erzählen Sie ja, dass Sie sich schon als junger Mann um Menschen gekümmert haben, die drohten, aus dem gesellschaftlichen Raster zu fallen. Wie kam

„Ich male das, was mich trifft und berührt“, sagt Lukas Ruegenberg im Interview. In seinen Bildern begegnet man häufig Menschen, die seinen Weg kreuzten.

das? Bruder Lukas: Ich kann gar nicht erklä­ ren, warum das so ist. Aber mich hat immer schon die Armut extrem angezo­ gen. Ich bin ja weder studierter Sozial­ arbeiter noch ein besonders politischer Mensch, wissen Sie. Das Ziel meiner Arbeit ist es immer gewesen, dass der Mensch aus der Armut herauskommt, dass es ihm besser geht. Ich interessiere mich für die sozial Schwachen, seit ich denken kann. Sie stehen im Fokus mei­ Auch im Lockdown ging das Leben der Kellerladen-Bewohner*innen weiter: Das Dach der Holzhütte wurde saniert, die Pflasterung unter der Pergola repariert und die Krabbelstube mithilfe von Spenden zu einem digitalen Arbeitsraum umgebaut.

ner Arbeit. DRAUSSENSEITER: Vielleicht erklärt sich Ihr Tun ja auch weniger aus einem politischen

DRAUSSENSEITER: Also sind die Begegnungen

Zeit meines Lebens aufgehalten habe

Impuls heraus, sondern eher aus einer Art

mit Menschen die Basis des künstlerischen

und auch jetzt noch regelmäßig hinfah­

Pragmatismus? Also, wenn eine Not da ist,

Schaffensprozesses, kann man das so sagen?

re. Dort leben viele Menschen, zu denen

wird eben geholfen.

Sie haben auch mal gesagt, dass Sie beispiels­

ich in all den Jahren eine Freundschaft

Bruder Lukas: Sicher spielt das eine Rol­

weise in Ihren Kinderbüchern oft Figuren

aufgebaut habe und für die ich bete.

le. Ich habe mal in meinen Anfangsjah­

malen, die Menschen ähneln, die Sie mal

Und die erkennt man in den Figuren in

ren, das war 1965, in einer Siedlung für

getroffen haben.

meinen Bildern auch manchmal, meine

Obdachlose gearbeitet und auch

Bruder Lukas: Ja, es gibt viele Menschen,

ich.

gewohnt. Da habe ich viel gelernt. Spä­ ter kam die Idee auf, gemeinsam mit

die in meinen Bildern weiterleben, wenn

10

man so will. Sie haben das Projekt in

DRAUSSENSEITER: Sie malen ja nicht nur,

Leuten von der Straße ein Haus umzu­

Bilderstöckchen angesprochen, den

sondern schreiben auch selbst Texte, wie für

bauen, so dass jeder eine abgeschlossene

Kellerladen e.V., wo ich mich ja lange

das Buch „Wie Georg das Leben entdeckt“. Ist

Wohnung mit Nasszelle bekommt. Das

Das Herzstück der Klosteranlage ist die sechstürmige Basilika.

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intERViEW / GUtE PROjEKtE

Die Bereitschaft, trotz der Pandemie viele angebote des Kellerladens aufrechtzuerhalten, war groß – man rückte dadurch noch näher zusammen�

nach Bilderstöckchen kommt Bruder lukas regelmäßig� jeder hier kennt den Bruder aus Maria laach, der den Kellerladen e�V� einst gegründet hat�

Ein Bild aus alten Zeiten: trotz lockdown bleibt der alte Eisenbahnwaggon ein wichtiger anlaufpunkt der Kellerladen-Bewohner*innen�

haben wir dann auch gemacht. So haben

dieser Zeit schon beschlossen, den Armen und

ich beispielsweise in der Jugendarbeit

die späteren Bewohner*innen ihre eige­

Gebeutelten zu helfen? Weil Sie selbst diese

tätig war, traf ich häufiger mal auf

ne Obdachlosigkeit selbst überwunden.

Erfahrungen gemacht haben?

Jugendliche, die – so sagte man damals

Man kann so viel möglich machen, wenn

Bruder Lukas: Natürlich hat mich meine

– „neben der Kappe“ waren. Ihnen ging

man nur will.

Kindheit in der Nazizeit sehr geprägt. Es

es nicht gut und sie taten unvernünftige

war eine entsetzliche Zeit. Mit 16 Jahren

Dinge. Trotzdem habe ich diese jungen

DRAUSSENSEITER: Sehr spannend! Genau das

wurde ich eingezogen, erst war ich bei

Leute ernst genommen und ihnen nicht

wollen ja auch gerade die Unterstützer*innen

der Luftwaffe, dann hat man mich mit

nur schlaue Ratschläge gegeben. Oft

vom OMZ (Obdachlose mit Zukunft) umsetzen

der Waffen­SS in Berlin eingezogen und

haben sie es nach einer Weile selbst

und rennen damit mal mehr, mal weniger

in den Krieg geschickt. Schon damals hat

geschafft, aus ihrem Tief rauszukom­

offene Türen bei der Stadt ein.

mich das Leid der anderen viel mehr

men. Auch, weil es Menschen gab, die

Bruder Lukas: Die Idee ist natürlich

beeindruckt: Ich habe die heimkehren­

sie ernst genommen haben. Das unter­

nicht neu. Das hat schon mein Freund

den Kriegsgefangenen noch vor Augen,

scheidet mich vielleicht von eine*r

Rupert Neudeck damals gemacht, als er

die in ihren zerlumpten Uniformen

Sozialarbeiter*in. Ich habe da keinen

den armen Bauern in Zeiten des Balkan­

durch Berlin liefen. Manche habe ich

professionellen Auftrag, ich sehe erst­

kriegs ein Dach geschenkt hat. Nur ein

mit nach Hause genommen, meine Mut­

mal nur den Menschen.

Dach! Das Haus aber mussten sie selbst

ter machte das auch mit. Und so hat sich

bauen. Dabei geht es ja eigentlich weni­

das immer mehr gesteigert, bis ich

DRAUSSENSEITER: Sicher ist da Ihre ruhige

ger um finanzielle Hilfe als um Motiva-

merkte, dass ich da eine Begabung –

und gelassene Art auch hilfreich. Können Sie

tion. Die Botschaft ist doch: Packt mit an

oder sagen wir Bestimmung – gefunden

denn auch mal so richtig ausrasten?

und dann schaffen wir das vielleicht

habe, anderen zu helfen. Diese Men­

Bruder Lukas: Aus irgendwelchen Grün­

gemeinsam. Das ist kein billiger Trick,

schen haben mir vertraut.

den ärgere ich mich eher im Stillen. Es ist eben nicht meine Art zu schimpfen.

sondern ein ernst gemeintes Angebot. DRAUSSENSEITER: Vielleicht, weil Sie ihnen DRAUSSENSEITER: Wenn aber derjenige gar

zugehört haben?

nicht in einem Haus wohnen will? Oder kann,

Bruder Lukas: Ja, vielleicht. Ich konnte

DRAUSSENSEITER: Ganz herzlichen Dank für

weil er einfach zu lange draußen war?

mich in die Menschen immer gut rein­

das Gespräch.

Bruder Lukas: Ja, dafür muss man ein

versetzen, die ein hartes Schicksal tru­

Gespür entwickeln, was derjenige

gen, für das sie ja meistens gar nichts

braucht, der in Not ist. Manchmal reicht

konnten. Obwohl es mir im Grunde ja

es auch, wenn man jemandem einfach

immer gut ging, hatte ich da irgendwie

einen guten Tag beschert, etwas zu

einen Draht.

Essen reicht oder jemandem beisteht, wenn er stirbt. So hart das klingt.

DRAUSSENSEITER: Haben denn die Menschen, denen Sie geholfen haben, auch etwas geben

12

Ich sende lieber positive Signale.

DRAUSSENSEITER: Sprechen Sie da auch ein

können?

Stück weit aus eigener Erfahrung? Ihr Leben

Bruder Lukas: Ja, das denke ich schon.

war ja auch nicht immer einfach. Aufgewach­

Ich würde sogar sagen, dass diese Begeg­

sen sind sie in der NS­Zeit, als junger Mann

nungen immer auf selber Augenhöhe

waren Sie Flakhelfer im Krieg und später war

stattgefunden haben. Mir hat dabei die

das zerstörte Berlin Ihr Zuhause. Haben Sie zu

Bergpredigt immer sehr geholfen. Als

●●●

INFO

Lukas Ruegenberg: Bruder Lukas Ruegenberg. Mönch, Maler, Sozialarbeiter. Autobiografische Notizen. Edition Kalk, Köln 2017, ISBN 978-3935735-33-9


GUTE PROJEKTE

MOB I L E u n d soz iale H I L F E

Gesundheit für Wohnungslose Gerade in Zeiten der Pandemie fühlen sich viele Obdachlose im Stich gelassen: Wenn weniger Passant*innen unterwegs sind, können sie kaum etwas durch Betteln oder Flaschenpfand verdienen. Wenn die Kneipen zu haben, gibt es kaum noch Möglichkeiten, auf Toilette zu gehen. Viele Einrichtungen haben ihre Offenen Treffs geschlossen bzw. den Zugang stark eingeschränkt. Dazu kommt noch die Sorge, sich selbst durch das Virus anzustecken, weil Rückzugsmöglichkeiten fehlen. Und wie sieht es mit der medizinischen Versorgung aus? Neben dem Mobilen Medizinischen Dienst des Gesundheitsamtes, der nach wie vor reihum in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe Station macht, ist auch der Verein „Gesundheit für Wohnungslose“ nicht untätig. Unsere Mitarbeiterin Karin Volberg hat mit Prof. Dr. Mark Oette, Chefarzt für Innere Medizin im Severinsklösterchen und 1. Vorsitzender des Vereins, der gerade sein 25-jähriges Bestehen gefeiert hat, gesprochen.

D

prägt, Vertrauen aufzubauen, Berüh­ rungsängste auf beiden Seiten zu über­ winden und Kontakte zu knüpfen. Zunächst waren wir nur zwei Ärzte, aber der Kreis ist schnell angewachsen. Heu­ te engagieren sich etwa 30 Ärzte und Schwestern. Nach der Anfangszeit auf der Straße bekamen wir einen eigenen Bus gespendet, so dass wir unsere Leis­ tungen seitdem wenigstens in einem geschlossenen Raum erbringen können. Aber bis heute haben wir nicht einmal

RAUSSENSEITER: Herr Prof. Dr.

DRAUSSENSEITER: Der Verein Gesundheit für

Behnsen – zusammen mit einer Sozial­

f ließendes Wasser in unserem Bus.

rend das Gesundheitsamt zu bestimm­

nur eine Stunde vorgesehen, aber de fac­

Oette, was ist das Ziel des Vereins

Wohnungslose e.V. wurde 1995 gegründet.

arbeiterin mit einem Koffer durch Köl­

Trotzdem ist alles besser als nichts.

ten Stellen fährt, haben wir unseren

to sind es meistens zwei Stunden, weil

Gesundheit für Wohnungslose e.V.?

Auch, wenn das vor Ihrer Zeit im Vorstand

ner Straßen zog, um medizinische Hilfe

festen Standort am Appellhofplatz. Der

die Wohnungslosen vorher erst noch

Prof. Dr. Oette: Mit unserem Verein ver­

war: Können Sie berichten, wie die Arbeit des

zu leisten. Ich selbst bin dann nach kur­

DRAUSSENSEITER: Wie sieht die Zusammen­

Bus, den uns das Gesundheitsamt zur

nebenan

folgen wir das Ziel, direkte, schnörkello­

Vereins anfing und was sich in den 25 Jahren

zer Zeit dazugestoßen und heute als

arbeit mit dem Mobilen Dienst des Gesund­

Verfügung stellt, steht dort zweimal

Emmaus wahrnehmen.

se medizinische Versorgung von Woh­

verändert hat?

Einziger aus der Anfangszeit noch dabei.

heitsamtes aus?

wöchentlich – montags und mittwochs

nungslosen vor Ort anzubieten, die nie­

Prof. Dr. Oette: Es begann 1994 damit,

Es war ein gleitender Übergang. Die ers­

Prof. Dr. Oette: Die Zusammenarbeit mit

– für jeweils zwei Stunden, und das seit

DRAUSSENSEITER: Ist der Zusammenhang

dass ein junger angehender Arzt – Sönke

te Zeit war hauptsächlich dadurch ge­

dem Gesundheitsamt ist sehr gut. Wäh­

mehr als 20 Jahren. Eigentlich ist jeweils

mit der Essensausgabe wichtig?

derschwellig und auf Wunsch anonym

das

Essensangebot

von

ist. Es geht um die Verbesserung der

Prof. Dr. Oette: Auf jeden Fall. Die Leute

gesundheitlichen Situation obdachloser

kommen in erster Linie zum Essen und

Menschen.

verbinden dies mit einem Besuch bei uns. Ohne die Essensausgabe würden

DRAUSSENSEITER: Was bedeutet diesbezüg­

wir nicht so viele Menschen erreichen.

lich „niederschwellig“?

Denn die Hemmschwelle ist nach wie

Prof. Dr. Oette: Niederschwellig ist unser

vor hoch.

Angebot, weil es sich an die spezielle Situation der Wohnungslosen anpasst.

DRAUSSENSEITER: Wie viele Wohnungslose

Es müssen keine Termine eingehalten

kommen durchschnittlich in die Sprechstun­

werden, es ist eine völlig zwanglose Situ­

de?

ation. Wir behandeln die Personen, die

Prof. Dr. Oette: Das ist ganz unterschied­

zu uns kommen, menschlich und nicht

lich. Es stellen sich zwischen drei und

diskriminierend. Im Regelversorgungs­

zehn Personen vor. Leider war diese Zahl

system werden diese Menschen als nicht

im Corona-Jahr etwas niedriger. Aber es

„wartezimmerfähig“ erlebt. Unsere

kommen nicht nur Wohnungslose zu

Möglichkeiten umfassen natürlich nur

uns, sondern auch immer mehr alte Leu­

eine medizinische Versorgung mit ein­

te, die arm sind und sich schämen, zu

fachen Mitteln. Wir lindern kleine Weh­

einem niedergelassenen Arzt zu gehen,

wehchen, um Notfälle zu verhindern.

selbst wenn sie krankenversichert sind.

Vor dem Kölner Rathaus bei der Verleihung des Ehrenamtspreis durch die Stadt Köln im Jahre 2017. Ganz links Prof. Dr. Mark Oette, Dr. Peter Krebs (fünfter von links) und Rena Krebs (zweite von rechts) mit Mitstreiter*innen.

DRAUSSENSEITER: Was sind die größten Pro­ bleme bei der Behandlung der Patient*innen bzw. die häufigsten Beschwerden? Prof. Dr. Oette: Die körperliche Konsti­ tution der Wohnungslosen ist aufgrund

Fotos: Gesundheit für Wohnungslose e.V.

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15


GUtE PROjEKtE

GUtE PROjEKtE

„Ich wünsche mir die Einrichtung einer richtigen Praxis für wohnungslose Menschen, die keinen zugang zum medizinischen Regelleistungssystem finden.“ Prof. dr. Mark Oette

aber auch vielfach ehrenamtlich

teln, das die Stadt hierfür speziell einge­

erbracht werden. Natürlich können wir

krank. Sie kommen dann aber wegen

richtet hat. Einige der Patient*innen

immer nur einen kleinen Teil von dem

akuter Beschwerden, die sie sich durch

nutzen das Angebot, aber nicht alle. Das

leisten, was wirklich notwendig ist.

das Leben auf der Straße zuziehen. Das

ist natürlich ein weiteres Problem. DRAUSSENSEITER: Und wie finanziert sich

tenbefall, Verletzungen, Durchfall,

DRAUSSENSEITER: Gibt es Unterschiede zwi­

der Verein?

Schnupfen und Husten bis hin zur Lun­

schen Männern und Frauen?

Prof. Dr. Oette: Wir finanzieren uns über

genentzündung. Aber, wie gesagt, wir

Prof. Dr. Oette: Entgegen landläufiger

Spenden, von Privatleuten, Institutio­

können nur eine Basis­Hilfe anbieten,

Meinung sind Frauen nicht seltener

nen, Firmen, Rotariern oder dem Lions

wie Wunden versorgen, Salben und

wohnungslos, sie verhalten sich nur

Club. So hat z.B. eine Firma im letzten

Medikamente verabreichen. Die Medika­

anders. Aufgrund der erhöhten Gefähr­

Jahr an ihre Kund*innen keine Weih­

mente erhalten wir zur Gratis­Ausgabe

dung, z.B. durch Gewalt, leben sie weni­

nachtspräsente verteilt, sondern zu

vom Gesundheitsamt. Aber da sind

ger auf der Straße. Sie finden häufiger

Spenden für uns aufgerufen – eine tolle

natürlich nicht für alle möglichen

einen Unterschlupf bei Bekannten,

Aktion! Durch die vielen Auszeichnun­

Erkrankungen spezielle Medikamente

manchmal gegen einen kleinen Unkos­

gen, die wir erhalten haben, ist unser

dabei. Wenn möglich, gebe ich dann

tenbeitrag oder sonstige Dienstleistun­

Bekanntheitsgrad enorm gestiegen. Die

auch Ärztemuster an die Patienten.

gen. Frauen nehmen unser Angebot

Verleihung des „Springer Medizin Cha­

natürlich ebenfalls in Anspruch.

rity Award“ im Jahr 2014 hat uns einen Werbefond von 100.000 Euro einge­

DRAUSSENSEITER: Und was geschieht, wenn es sich um einen akuten Notfall handelt?

DRAUSSENSEITER: In Ihrer Festschrift steht,

bracht, von dem wir u.a. unseren Inter­

Prof. Dr. Oette: Echte Notfälle kommen

dass der Verein auch versucht, Wohnungslose

net-Auftritt finanziert haben.

nicht zu uns in den Bus, sondern gleich

ins medizinische Regelleistungssystem zu ver­

in ein Krankenhaus. Die Notfälle aus der

mitteln. Wie kann man sich das vorstellen?

DRAUSSENSEITER: Was wünschen Sie sich für

Innenstadt sehen wir häufig bei uns im

Prof. Dr. Oette: Das ist natürlich sehr

die Zukunft?

Severinsklösterchen. Wir behandeln die

schwierig und gelingt nur selten. In Ein­

Prof. Dr. Oette: Ich wünsche mir die Ein­

Kranken dann soweit erforderlich, nicht

zelfällen, die aussichtsreich erscheinen,

richtung einer richtigen Praxis für woh­

jeder Patient kann aber aufgenommen

bemühen wir uns um eine Vermittlung

nungslose Menschen, die keinen Zugang

werden.

an eine Beratungsstelle, um die Person wieder an die Normalität heranzufüh­

DRAUSSENSEITER: Wie viele Ärzt*innen und

ren. Eine wichtige Voraussetzung dafür

Mitarbeiter*innen sind jeweils im Einsatz?

ist u.a. das Vorliegen einer Adresse, denn

Prof. Dr. Oette: Es sind jeweils ein*e

nur dann kann überhaupt eine staatli­

Ärzt*in und eine Krankenschwester vor

che Leistung beantragt werden. Deshalb

Ort, dazu kommen der/die Busfahrer*in

finanzieren wir auch Schließfächer.

und die Helfer*innen von Emmaus, die die Essensausgabe betreiben. Es sind also

DRAUSSENSEITER: Das ist ein gutes Stich­

immer sechs bis sieben Ehrenamtler*in­

wort, denn der Verein bietet neben der direk­

nen im Einsatz.

ten medizinischen Versorgung auch andere Leistungen an. Welche sind das?

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DRAUSSENSEITER: Wie sieht es momentan

Prof. Dr. Oette: Wir kaufen Schlafsäcke

während der Corona­Pandemie aus? Können

und Decken, Kleidung, so zum Beispiel

Sie das Angebot aufrechterhalten?

Unterwäsche und Socken, die in der

Prof. Dr. Oette: Während des ersten

Regel nicht gespendet werden, aber eben

Lockdowns haben wir unseren Einsatz

auch notwendig sind. Dann finanzieren

kurzzeitig eingestellt, aber jetzt nicht.

wir zum Beispiel den Raum für eine Psy­

Wir machen weiter wie immer. Wir kön­

chotherapie, die ja nicht auf der Straße

nen allerdings keine Covid­19­Tests vor­

stattfinden kann, oder bezuschussen

nehmen, wissen aber, dass auch Infizier-

eine Behandlung, wenn auch in beschei­

te unter den Menschen sind, die zu uns

denem Rahmen. Oder wir bezahlen

kommen. Wir können dann nicht mehr

Fußpflege und Friseurleistungen, die

Im Rheinauhafen – direkt hinter den imposanten Kranhäusern – liegt ein Boot vor Anker, das eine lange, spannende Geschichte erzählen kann. Es gehört dem Kölner Künstler Rolf Hartung, der – nach fünf Jahren Galerietätigkeit – dort im Januar 2021 sein Atelier und auch seine Wohnstatt bezogen hat.

E

in wirklich ungewöhnlicher Ort,

loses Dasein führte. Was für ein Glücks­

an dem man sich im wahrsten

fall, dass Rolf Hartung es schließlich auf

Sinne des Wortes treiben lassen

dem Online­Auktionsportal Ebay ent­

kann: Der mehr oder weniger leichte

deckte und kaufte. Höchstpersönlich hat

Wellengang und die schreienden Möwen

er das Boot auf dem Rhein nach Köln

am Hafen lassen einen manchmal sogar

gefahren, einen Ankerplatz gesucht, die

glauben, man befinde sich auf hoher See.

Planken geschrubbt, einen neuen Boden

Die STAHL, wie das Boot eigentlich

im Innern eingezogen und eine Heizung installiert.

heißt, wurde im Jahr 1914 gebaut, um die Kaiserliche Marine im Ersten

Mit der Idee eines Kunstboots hat sich

Weltkrieg zu unterstützen. Es wurde

der Kölner Bildhauer und Maler nun

also für Kampfhandlungen eingesetzt,

einen lange gehegten Traum erfüllt:

weshalb es auch so stabil und unver­

Ab sofort finden an Deck Ausstellungen,

wüstlich ist. Die meisten Schiffe aus

Lesungen und Konzerte statt und unter

zum medizinischen Regelleistungs­

dieser Zeit sind nach Ende des Krieges

Deck ist genug Platz für Werkgespräche

system finden.

absichtlich zerstört worden. Nicht aber

und Workshops – selbstverständlich

dieses: Es wurde sogar im Zweiten Welt­

für Kinder und Erwachsene gleicher­

krieg zum Torpedofänger umgebaut und

maßen. Sich die Welt an Bord holen

erst 1946 einem ganz anderen Zweck

anstatt sie zu zerstören – was für ein

zugeführt. So tat es als Arbeitsboot und

versöhnliches Happy End für das alte

Eisbrecher seine Dienste, bis es in priva­

Boot – dazu noch am besten Ankerplatz

ten Besitz geriet und ein teilweise trost­

der Welt.

Künstlerin Bettina Ballendat bei der arbeit

Rolf hartung

DRAUSSENSEITER: Danke für das Gespräch.

Prof. Dr. Mark Oette erhielt 2009 das Bundesverdienstkreuz. 2014 wurde der Verein mit dem „Springer Medizin Charity Award“ ausgezeichnet. 2017 erhielt der Verein den Ehrenamtspreis der Stadt Köln. Gesundheit für Wohnungslose Köln e.V. Trakehner Straße 18, 50735 Köln Tel.: 0221 - 71 23 535 Spendenkonto: Gesundheit für Wohnungslose e.V. IBAN: DE11 3705 0198 1932 7238 59 BIC: COLSDE33 / Sparkasse KölnBonn

 gesundheitfürwohnungslose.de

VON CHRISTINA BACHER

●●●

INFO

Marina Rheinauhafen, Bayenstr. 28a, 50678 Köln, Tel. 0176/70358640 ÖPNV Bahn 15 bis Ubierring (zuzüglich Fußweg von 15 Minuten) oder Bus Linie 133 bis Breslauer Platz. Geöffnet nach Absprache unter:

 rolfhartung@gmx.de  www.kunstboot.de Das Kunstboot ist nur einer von 111 Orten, die in dem Buch „111 Orte für Kinder in Köln, die man gesehen haben muss“ empfohlen werden. Der ungewöhnliche Stadtführer für Groß und Klein ist gerade erst in einer komplett aktualisierten zweiten Ausgabe erschienen. Christina Bacher: 111 Orte für Kinder in Köln, die man gesehen haben muss. Emons-Verlag, 16,95 Euro. ISBN 978-3-7408-1308-6

Foto: kunstboot�de

können Hauterkrankungen sein, Parasi­

Das Kunstboot – Alles im Fluss

Foto: kunstboot�de

tun, als sie an das Wohnheim zu vermit­

schlecht. Die meisten sind chronisch

Foto: Christina Bacher

ihrer Lebensumstände grundsätzlich

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PlattEnKRitiK

PlattEnKRitiK

PLATTENKRITIK LYRIK UND POESIE VON DER STRASSE Für unsere „Plattenkritik“ lassen wir ab sofort Menschen zu Wort kommen, die nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens standen. Ihre Beobachtungen, Gefühle und Meinungen sind uns wertvoll: Wer mal „Platte“ gemacht hat, weiß mehr vom Leben. Wer den „doppelten Stadtplan“ kennt, muss mitreden – poetisch, kritisch oder frei von der Leber weg.

ALLEIN GELASSEN

IN GEDANKEN AN UNSERE OBDACHLOSEN BRÜDER UND SCHWESTERN

Stille, vollkommene Stille Ausgestorben die Stadt Leere Straßen überall In Zeiten der Corona-Krise Kein Mensch geht vorbei Keine vertrauten Gesichter mehr Zulächeln – nein! Zwiegespräche – nein! Etwas Kleingeld – nein! Einen heißen Kaffee – nein! Eine Fluppe – nein! Kälte und Einsamkeit – ja! Sich vollkommen verloren fühlen – ja! Verdammt scheiß Ängste – ja! Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit – ja! Vermissen von Menschlichkeit – ja! Dich spüren, Bruder und Schwester – ja, ja, ja! Ich schrei es hinaus und hoffe auf offene Ohren Und auf eine Welt In der die Kluft zwischen Arm und Reich Mächtigen und Entrechteten endlich aufgehoben ist Und keinen mehr zurücklässt Mich nicht! Dich nicht! Uns alle nicht!

Wolfgang Hübner-Bergfeld

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GEFANGEN IM TRAuM

BANdE BILdEN

Sag mir, wann komme ich hier raus? Bin gefangen in meinem Traum denn die Ketten sie halten mich auf die 9 Milly ist geladen und die Kugel wartet schon im Lauf

U

Sag mir, wann komme ich hier raus? Bin gefangen in meinem Traum die Frau die ich liebte sie ist weg und die frische Luft die ich atme steckt in meiner Kehle fest Sag mir, wer fängt mich auf wenn ich fall wer würde hinter mir steh’n wenn ich nichts mehr hätt? Wer ist Freund und Feind ich weiß es nicht zu viele Sünden die ich tat keiner hat an mich geglaubt es raubte Nächte lang meinen Schlaf versuche mich zu ändern doch es ist schwer mit so vielen Lasten auf den Schultern der Saytan ruft mich nachts unbekannt an doch ich geh nicht mehr ran der Tag am Jüngsten Gericht kommt immer näher und ich verliere langsam meinen Verstand zu viele Sünden sind auf dem Konto doch wir wünschen uns ins Paradies und dass der liebe Gott uns vergibt doch das Geld wird nie reichen um die Sünden zu begleichen doch der Bratan bleibt der Gleiche

nd wenn ich einfach gehe? Ich lasse alles hinter mir. Dr. Flöck und den wackeligen Boden. Eine Träne gleitet über mein Gesicht, sie schmeckt nach Essig. Gestern sagte mir Dr. Flöck, dass ich mich erinnern sollte, wann der Boden angefangen hat zu wackeln und warum er immer noch wie Pudding unter meinen Füßen ist. „Als alle mich verlassen haben.“ Er schaut mich an und ich bekomme Angst. Es ist der gleiche Blick, wie der von denen die mir sagten, sie mögen an mir ganz besonders, dass ich so anders bin. Und dann stellten sie fest, dass ich wirklich anders bin. Und dann haben sie diesen Blick, bevor sie gehen. Nicht ins Gesicht von Dr, Flöck schauen. Noch einen Abschiedsblick werde ich nicht überstehen. Ich habe alle verloren, die ich geliebt habe, tanzt es an den Wänden zwischen der Traurigkeit. Ich dachte, der Doktortitel würde mich verstehen. Aber das letzte Mal sprach er davon, dass ich in ihm etwas berührt hätte, was nicht gut sei. „Ich werde gehen“, eröffne ich Dr. Flöck. „Wohin willst du?“ „An einen anderen Ort. An dem alles weg ist.“ „Weglaufen hat noch nie etwas gebracht.“ „Aber da bleiben, ja?!“ „Meinst du, da, wo du hingehst, ist alles anders?“ „Ja.“ Mein Magen schmerzt so wie damals, als meine Welt noch voller bunter Träume war, bis jemand kam und sie grau angestrichen hat. „Wer hat alles grau angestrichen?“ „Ich weiß es nicht, es waren so viele. Einer hat alles grau angestrichen, der Zweite hat die leuchtende Sterne ausgeknipst, der Dritte hat das fröhliche Lachen verschluckt, dann kam einer, der hat meine

Sag mir, wann komme ich hier raus? Bin gefangen in meinem Traum denn die Ketten sie halten mich auf die 9 Milly ist geladen und die Kugel wartet schon im Lauf

Künstlername: Arrow672 – ich bin 23 Jahre alt. Komme ursprünglich aus Gelsenkirchen und lebe jetzt in Köln. Hab 3 Schwestern. Mach’ seit 5 Jahren Musik (Inspiration: Capital Bra) und so, wie ich es will. Keiner, der mir je gezeigt hat, wie es geht, alles habe ich mir selbst beigebracht.

Unbekümmertheit beweint, meine Sicherheit wurde von vielen erfolgreich bedroht, meine letzten Vertrauten wurden in die Flucht geschlagen, selbst meine Freunde, der letzte Scholli und, mein Gott, Walter verließen mich, bevor es fünf vor zwölf war.“ „Wo sind die Leute, die dich verlassen haben? Wo sind die Leute, die dir das alles angetan haben?“ „Weg!“ „Du musst dich schützen! Kauf dir bunte Farbe und streiche deine Welt neu!“ „Ich sehe beim ersten Augenaufschlag, welcher Mensch Grau in mein Leben bringen wird. Das Einzige, was mich schützt, ist es, solche Leute nicht in mein Leben zu lassen!“ „Aber wenn du das doch weißt, wieso hast du solche Menschen überhaupt in dein Leben gelassen?“ „Ich wollte Unrecht haben und in meinem Leben glücklich sein. Aber immer blieb ich alleine zurück, mit einem wackligem Boden unter meinen Füßen. Das Einzige, was bei diesem Schmerz hilft, ist, seinen Daumennagel ganz fest in die Hand zu bohren, dann kippt man trotz wackeligen Bodens und Magenschmerzen nicht um.“ „Wenn du jetzt aufgibst, dann haben diese Leute gewonnen.“ Vielleicht sollte man sich doch mit Schicksalsgenossen zusammentun und eine Bande bilden. Eine Gemeinschaft derer, die wissen, was ein wackliger Boden und tanzende Buchstaben an Wänden sind. Das wäre doch ein gutes Projekt für die zweite Halbzeit, glaube ich, während ich den Doktortitel betrachte und mir denke, was für eine komische Realität das doch ist, er verdient Geld, weil in mein Leben Menschen eingebrochen sind, die meine Welt grau angestrichen haben.

Mirijam Günter – in Köln und in vielen anderen, beinahe genauso schönen Städten aufgewachsen, absolvierte in mehreren Stationen letztlich erfolgreich die Hauptschule, gekrönt von einem Realschulabschluss. Nach für alle Beteiligten deprimierenden Versuchen, durch das Erlernen eines ordentlichen handwerklichen Ausbildungsberufs im normalen Leben zu landen, entschied sie sich endlich, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen – und zu schreiben. Und das äußerst erfolgreich: Für das Manuskript ihres Debütromans ‚Heim‘ erhielt sie 2003 den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis. Seit 2006 bietet Mirijam Günter Literaturwerkstätten an. Das sind Projekte, bei denen sie mit zumeist jugendlichen Schüler*innen oder Straftäter*innen lyrische Texte oder einen (Jugend-)Roman liest – je nach Dauer des Projekts – und sie dann zu einem Gruppengedicht führt, das gemeinsam präsentiert wird. Fotos: Simon Veith

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BUCh- / CD-tiPPS

Elina Duni & Rob Luft

Dietmar Sous

Lost Ships

Bodensee

 „lost Ships“ lässt sich als melancholischer jazz hören und/oder als Statement für offene Kulturen und gegen nationalismus verstehen� Die albanisch-schweizerische jazzsängerin Elina Duni singt in vier Sprachen: Englisch, Französisch, italienisch und albanisch� Die zwölf lieder drehen sich um Vertreibung, Flucht, heimat und Sehnsucht� Doch egal in welcher Sprache sie singt, die emotionale Wucht ihrer lieder spürt man, auch ohne die Worte zu verstehen� (Wer sich dennoch für die texte interessiert, der findet englische Übersetzungen im Booklet der CD�) Sechs lieder stammen aus der Feder von Elina Duni und Rob luft, einem preisgekrönten britischen Gitarristen (unter anderem „BBC new Generation jazz artist“)� Vier lieder sind traditionelle Volkslieder aus italien, den USa und albanien� Dazu gesellen sich „hier Encore“ von Charles aznavour und „i’m a fool to want you“ von Frank Sinatra. Zusammengehalten wird das album von der betörenden Stimme von Elina Duni, die gar nicht dick auftragen muss, um eine unglaubliche Präsenz zu entwickeln� Dazu trägt das sparsame arrangement bei� neben der Gitarre von Rob luft begleiten sie behutsam Fred thomas an Klavier und Schlagzeug sowie Matthieu Michel am Flügelhorn� in einem interview sagte Rob luft, die Produktion sei vom Gedanken getragen worden, den Geist der jazz-Musik in Volkslieder zu übertragen – und nicht nur alte Melodien nachzuspielen� Das gelingt dem Quartett ganz prächtig� Beim hören träumt man sich in einen kleinen jazzclub, in dem keiner redet und jeder kontemplativ Elina Duni zuhört� Schließlich hat die jazzsängerin viel zu sagen�

 1962, irgendwo in der rheinischen Provinz� Die nachkriegszeit steckt noch in allen Ritzen� amis und Russen unternehmen atombombentests, im herbst zieht die Kubakrise herauf. Billy Mo landet einen nummer-eins-hit mit „ich kauf‘ mir lieber einen tirolerhut“� Das Weltgeschehen bebildert hier zwar den hintergrund, sorgt aber allenfalls für ein wenig Gesprächsstoff im ansonsten ganz gewöhnlichen alltag der kleinen leute, der die Gemüter weit mehr erhitzt� Etwa das erste Fernsehgerät oder die Frage, ob die überaus attraktive leni arbeiten gehen und eigenes Geld verdienen darf� ihr Mann ist dagegen� Matthes, pubertierender 15-jähriger Sohn der beiden und gegen den Willen des gewalttätigen Vaters auf dem Gymnasium, versucht derweil, seinen eigenen Weg zu finden. Heimliche Zigaretten, erste sexuelle Erfahrungen,

Elina Duni & Rob Luft: Lost Ships. CD, ECM 2020, ca. 18 Euro. EAN 6-02507-39322-9

und die jeans, ohnehin nicht ganz einfach aufzutreiben, ist zwei nummern zu eng� aber Matthes ist wild entschlossen und hungert sich in die begehrte hose� lenis Bruder hat es am Bodensee in der Modebranche zu Wohlstand gebracht und lädt seine Schwester samt Sohn in den Sommerferien ein� Dort trifft Matthes Eva, seine erste große liebe� Die seiner Eltern ist bereits rissig, der Vater leicht reizbar� als der Bruder leni Wochen später per Brief einen job anbietet und sie überdies auffordert, ihren Mann, „diesen primitiven Rüpel“, endlich zu verlassen, wird die auseinandersetzung handgreiflich und endet, als Matthes seiner Mutter zur Hilfe kommt, für den Vater final. in 25 knappen Kapiteln und der ihm eigenen, lakonisch-treffenden Sprache versteht es Dietmar Sous einmal mehr, ein Panorama des lebens in den Sechzigern entstehen zu lassen� Fokussiert und vielfältig zugleich, ironisch, humorvoll und dennoch voll bitterem Ernst� Amir Shaheen

Dietmar Sous: Bodensee. Transit Verlag 2020, 18 Euro. ISBN 978-3-88747-380-8

von Heiko Sakurai

Heike Beutel, Anna Barbara Hagin

Trude Herr – Ein Leben  in diesem März jährte sich trude herrs todestag zum 30� Mal� anlass für die autorinnen heike Beutel und anna Barbara hagin, mit einem fein aufgemachten Buch an die vielgeliebte und vor allem im Rheinland sehr verehrte Schauspielerin trude herr zu erinnern� Mehr als 20 Weggefährt*innen erinnern sich darin an die lebenskünstlerin und zeichnen ein beeindruckendes Bild dieser facettenreichen Schauspielerin� Schrill, schrullig und zum Schreien komisch – hinter der Fassade der Ulknudel verbarg sich jedoch auch eine verletzliche, sensible Frau� Die Erinnerungen und Fotos machen das Buch zu einer hommage an eine ausnahmekünstlerin, die so vielen fröhliche Stunden geschenkt und auf dem Kölner nordfriedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden hat� (cb)

Heike Beutel, Anna Barbara Hagin: Trude Herr - Ein Leben. Emons Verlag 2021, 25 Euro. ISBN 978-3-7408-1105-1

Foto: Nicole Homburg

Jens Hüttenberger

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CaRtOOn | ClaYD

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was ist das schön, wieder jung zu sein� ich kann euch sagen, bei mir bestehen die tage derzeit aus Spielen und toben mit dem kleinen hundemann loki� Mein Boss ist ja immer noch krank und kann noch nicht gehen� Darum bin ich weiterhin bei Elke, einer Freundin von Frauchen� Die bekommt oft Besuch, auch von einer tollen Hundelady, die Emma heißt. Dann toben wir zu dritt� Vor Emma habe ich Respekt� Sie ist zwar auch noch klein, doch sie hat uns jungs ganz gut im Griff� Und natürlich zeige ich dem loki direkt, wie man sich als

Gentleman den Frauen gegenüber benimmt� ich bringe ihm direkt das Rüden-Einmaleins bei� auch Zweibeinerbesuch kommt dahin� Und weil ich ja gut aufpasse und darauf geschult bin, belle ich dann natürlich� Da hat mein Boss doch tatsächlich dem Frank, meinem ehemaligen trainer, Bescheid gesagt und der kam dann zur Elke� So ist meine Zeit auch wieder mit lernen voll� Es heißt, ich soll nun weniger in der Wohnung bellen� Der loki wird direkt mit ausgebildet� aber zum Spielen bleibt genug Zeit und ich fühle mich wie ein junger hund� Am Handy höre ich oft die Stimme von Frauchen� ich stupse es an, weil ich nicht weiß, wo sie ist� Denn ich sehe sie ja nicht� So lange war ich noch nie ohne sie. Und obwohl es hier okay ist, vermisse ich sie sehr� Die nachbar*innen mögen mich alle hier im haus� Sie sagen, sie können verstehen, dass ich öfter mal belle� So

sind nun schon sieben Wochen vergangen� ich weiß schon nicht mehr, wie mein Dosenöffner aussieht� auch wenn es hier schön ist und ich alles habe, was man als hund so braucht: Manchmal bin ich traurig und mache mir Sorgen, dass sie mich nicht mehr abholt� Dann tobe ich schnell mit loki, um die traurigen Gedanken zu vergessen� Wie von Zauberhand gibt es hier auch meine Spezialleckerlis, was toll ist� jetzt hoffe ich, dass mein Boss bald gesund ist und wiederkommt� So lange bleibe ich im jungbrunnen und spiele���

● ● ● Hallo, ich bin Clayd aus Rumänien. Von dort bin ich zu meinem Frauchen, der DRaUSSEnSEitER-Verkäuferin Kölsche linda, gezogen� in meiner Kolumne erzähle ich, was ich so alles in meinem alltag erlebe�

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nEWS

OFFEnE PEtitiOn

ÖFFNET dIE HOTELS FÜR OBdACHLOSE!

I

n großen wie kleinen Städten ist die Verelendung von Obdachlosen so sichtbar wie nie zuvor. Sie leben auf der Straße und sie sterben auf der Straße – in Corona-zeiten mehr denn je. Wir alle werden aufgefordert, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu vermeiden. Was ist mit denen, die kein Zuhause haben? Wie sollen sie sich vor der Infektionsgefahr schützen, wenn sie tagsüber auf Wärmestuben und nachts auf Sammelnotunterkünfte angewiesen sind?

AUFRUF Der Benedikt-labre e�V� – OaSE ist ein gemeinnütziger Verein in Köln-Deutz und bietet seit dreißig jahren hilfen für Wohnungslose und andere an� aufgrund der längerfristigen Schließung der Deutzer Drehbrücke wird dringend eine neue immobilie im Rechtsrheinischen gesucht, bevorzugt in Deutz oder Poll mit guter anbindung an den ÖPnV� Die Räumlichkeiten sollten über einen größeren aufenthaltsraum und nebenräume verfügen� notwendig sind anschlüsse oder anschlussmöglichkeiten für Sanitäranlagen (toiletten, Dusche) und ein Küchenbereich� Da weiterer Bedarf für mindestens 3 Büroräume besteht, kommen auch größere Objekte in Frage� Die Kosten sollten den ortsüblichen Rahmen nicht überschreiten�

Kontakt: Ingo Leis: 0221 / 98 93 53 - 12  info@oase-koeln.de

Foto: Helping Hands

OASE sucht neue Räumlichkeiten

Charlotte Merz, Gründerin der „helping hands“ (ganz rechts) mit ihrer Versorgungsgang – die hände, getreu dem Motto „helping hands Cologne“, nach oben!

AKTION DER HELPING HANDS

Gute Tat

A

Gleichzeitig sehnen sich viele Hotels nach Gästen. In den leerstehenden Zimmern können sofort Wohnungslose untergebracht werden. In Hamburg, Hannover oder London gibt es mit dieser Lösung bereits gute Erfahrungen. Gleichzeitig ist das bestmögliche Wirtschaftsförderung: Hotels verdienen ihr Geld mit echten Gästen, statt allein auf Nothilfen angewiesen zu sein.

uf Eigeninitiative hat der Verein Helping Hands e.V. zum 1. Januar 2021 mithilfe von Spendengeldern das Hostel am Kölner Hauptbahnhof ange­

mietet, um 36 obdachlosen Menschen eine Einzelzimmer­Unterbringung

h

Foto: Privat

öchste Zeit, sich für die tolle Spendenaktion zu bedanken, die die umtriebige autorin Elke Pistor neben Bücher schreiben und hausrenovierung im lockdown angeleiert hat: Die abgabe von liebevoll gepackten Belegexemplaren ihrer Bücher gegen Spende! Die aktion, bei der 185 Euro zusammengekommen sind, kommt dem DRaUSSEnSEitER und der OaSE zugute – dafür ganz herzlichen Dank! (cb)

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zu ermöglichen. Das Hostel, das in normalen Zeiten 135 Betten zur Ver­ fügung hat, musste zu Beginn des Lockdowns seinen Betrieb einstellen. Dass nun ein Teil des Personals aus der Kurzarbeit geholt werden konnte, ist ein schöner positiver Nebeneffekt. „Allerdings muss man bedenken, dass wir ganz gezielt Menschen auf der Straße angesprochen haben, die den

Wir fordern die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten dazu auf, in diesem Pandemie-Winter Obdachlose endlich sicher unterzubringen, in Einzelzimmern. Wir dürfen es nicht zulassen, dass noch mehr Menschen auf unseren Straßen sterben. Zudem braucht es dringend eine aufsuchende Sozialarbeit, die zu den Menschen auf der Straße geht, Homeoffice hilft hier nicht weiter!

Anschein machten, sich an die Hausregeln zu halten. Darunter fällt natürlich auch der Verzicht auf Alkohol“, betont Helping­Hands­Vorsitzende Nicole Freyaldenhoven, die von Anfang an in dem ehrenamtlich tätigen Verein dabei ist und seit nunmehr sechs Jahren freitagabends mit dem Bollerwagen Tee und Kaffee an Bedürftige in der Innenstadt ausschenkt. (cb)

Alles Gute, Rudolph! Zum 1. April 2021 verlässt Rudolph Fronczek nach fast zehnjähriger Tätigkeit als Sozialarbeiter die Einrichtung OASE – Benedikt Labre e.V.. „Ich freue mich auf neue Aufgaben und Tätigkeitsfelder“, sagt der Sozialarbeiter, der neben der Betreuung des Offenen Treffs auch den Vertrieb unseres Straßenmagazins und die Verkäuferbetreuung verantwortete. Alles Gute, Rudolph! (cb)

Die deutschen Straßenzeitungen im International Network of Streetpapers Foto: OASE-Archiv

Krimis für den guten Zweck

Obdachlose brauchen mehr Unterstützung als je zuvor. Essenausgabestellen, Tagesaufenthaltsstätten, Arztpraxen und viele Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe haben ihr Angebot reduziert. Das hat dazu geführt, dass der Akku vieler Wohnungslosen schon im Sommer leer war. Deutlich wird diese Not an den vielen verstorbenen Menschen auf der Straße. die Obdachlosen brauchen Schutz. das ist nur in Einzelunterbringungen möglich.

Asphalt, BISS, bodo, Donaustrudl, draußen!, DRAUSSENSEITER, fiftyfifty, Hinz&Kunzt, Jerusalëmmer, KiPPE, Straßenkreuzer, Strohhalm, Trott-war

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tiPP | VORSChaU

Tipp ❚ Longboard-Kurse

Neues Angebot: Longboard-Kurse für jedermann und vor allem für jede Frau

Redaktionsleitung Christina Bacher (cb), bacher@draussenseiter-koeln�de www�draussenseiter-koeln�de Redaktionsassistenz Markus Düppengießer (mad), dueppengiesser@draussenseiter-koeln�de herzlichen Dank allen freien Mitarbeiter*innen dieser ausgabe� Lektorat Barbara Feltes

Bereits im jahr 2009 hat sich Deborah Keser erstmals ein longboard gekauft und etwa ein jahr später mit dem longboard Dancing begonnen� Seitdem ist jeder neue trick eine errungene Etappe, auch, wenn die Kölnerin inzwischen viele Kontests gewonnen hat und so für die „8x4“-Kampagne 2019 zur Markenbotschafterin ernannt wurde� auch der lockdown konnte die umtriebige junge Frau nicht bremsen, zumal abstand halten bei dieser Sportart sowieso kein Problem ist�

Titelgestaltung Deborah Keser

ein Straßen-Abo zu 42,– Euro pro Jahr

Titelfoto Christina Bacher Kunstinstallation: bettina�ballendat@arcor�de, www�bergische-kunstschule�de, www�instagram�com/BettinaBallendat/

ein Sponsoren-Abo zu 85,– Euro pro Jahr

Gestaltung Innenseiten Edgar lange, https://www�desdev�de

ein Förder-Abo zu 150,– Euro pro Jahr (Als Dankeschön für das Förder­Abo gibt es

zudem das Buch „Köln trotz(t) Armut“.)

www.draussenseiter-koeln.de, abo@draussenseiter-koeln.de Lieferanschrift Vorname / Name Straße PLZ/Ort

Unterschrift

Einzugsermächtigung Vorname / Name Straße PLZ/Ort IBAN SWIFT Kreditinstitut

Unterschrift Widerrufsbelehrung: Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von 10 tagen schriftlich widerrufen wird� Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige absendung des Widerrufs� Das abo kann jederzeit gekündigt werden�

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IM P RE SS U M

Druck druckdiscount24�de Abos Martina jühlke, juehlke@oase-koeln�de Vertrieb ali Baran Herausgeber Benedikt-labre e�V� – OaSE alfred-Schütte-allee 4, 50679 Köln tel�: 0221 / 98 93 53-0, Fax: 0221 / 98 93 53 16 Depots (nur für Verkäufer) • Kiosk Orman, Salierring 15, 50677 Köln • OaSE, alfred-Schütte-allee 2-4, 50679 Köln Verkauf öffentlich • agnesbuchhandlung, neusser Straße 63, 50670 Köln • Buchladen neusser Straße, neusser Straße 197, 50733 Köln • BUnt Buchhandlung, Venloer Straße 338, 50823 Köln Kontoverbindungen iBan: DE66 3705 0198 0016 5020 31 SWiFt-BiC: COlSDE33, Sparkasse KölnBonn DRAUSSENSEITER ist das Sprachrohr für alle Obdachlosen, deren Freunde, ehemals Obdachlose und andere Betroffene� leserbriefe sind immer herzlich willkommen� Für namentlich gekennzeichnete artikel und leserbriefe sind die jeweiligen autoren verantwortlich� Bedürftigen wird für veröffentlichte selbstgeschriebene artikel, interviews und Fotos ein kleines honorar gezahlt, wenn dies der autor ausdrücklich wünscht� nachträgliche Forderungen werden nicht akzeptiert� Es gilt die anzeigenpreisliste vom 1�1�2009� DRaUSSEnSEitER ist Mitglied des

Foto: Georg Valerius

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Foto: Deborah Keser

DRAUSSENSEITER – Abonnement

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„Mein Wissen weiterzugeben bedeutet für mich, den Menschen ein positives Gefühl zu vermitteln, egal ob anfänger*innen oder Fortgeschrittene� Oft sind es nur Kleinigkeiten, an denen es scheitert – der Oberkörper ist zu steif oder der Schwerpunkt an der falschen Stelle”, sagt die erfahrene longboarderin, die im Übrigen seit Jahren ehrenamtlich die Titel des DRaUSSEnSEitER-Magazins gestaltet� in allem, was sie tut, will sie gerade jungen Frauen ein Vorbild sein�

s heißt doch: „Schuhe machen glücklich“� auf den Kölner Fotografen Georg Valerius trifft das in jedem Fall zu� in seinem atelier in Ehrenfeld türmen sich Stöckelschuhe, Stiefel und Sneakers auf und unter dem tisch und auch im Schaufenster der ehemaligen Fahrschule werden einzelne Stücke präsentiert� Was bedeuten ihm all diese treter? Und von wem stammen sie? Warum beschäftigt sich der Sachverständige für Foto- und Filmrecht seit vielen jahren mit dem Schuh im Einzelnen und in Zeiten der Pandemie ganz besonders? Für uns hat er einen alltagsphilosophischen Spaziergang mit der Kamera unternommen und dabei laut über dieses Phänomen nachgedacht� Zeitgleich erzählt uns Barfußtrainer Ben Grümer, warum es gut ist, (den Schuh) auch mal loszulassen�

ihr Kursangebot beinhaltet anfänger*innenkurse, Fortgeschrittenenkurse (Dancing & tricks), Einzelunterricht und Gruppenkurse (Geburtstagsfeiern, junggesellenabschiede, Firmenevents, jugendzentren, etc�)� Bei den Kursen ist jede*r willkommen, egal welchen Geschlechts oder welcher altersklasse� (cb) Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. Mai 2021.  deborahkeser@yahoo.de

Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749

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SERVICE

SERVICE

Foto: Christina Bacher

Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, kontaktstelle@skm-koeln.de, www.skm-koeln.de

Fachdienst für Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe d. Diakonischen Werkes Köln und Region, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 70-0, verwaltung.salierring@diakonie-koeln.de, www.diakonie-koeln.de Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 12.3016.30 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten) Straffälligenhilfe: Zeiten wie oben Tagestreff: Mo bis Fr 8.30-12.30 Uhr, Frühstück, (donnerstags auch Mittagessen), Duschen, Wäschekeller, Aufbewahrung, Internetzugang Kleiderkammer: Di u. Do 9-11.30 Uhr Krankenwohnung, Betreutes Wohnen § 67 SGB XII, Ambulante Begleitung gem. § 67 SGB XII, Betreutes Wohnen § 53 SG XII, Clearingstelle Claro im Trägerverbund

n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für

Geestemünder Str. 42, 50725 Köln, Tel.: 971 17 31, info@emmaus-koeln.de, www.emmaus-koeln.de

Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltungen, Beratung

Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr

n Bürger für Obdachlose e.V.

n Kölner Obdachlosenfrühstück, Peter-Deubner-Stiftung Tel.: 430 39 83 Angebote: 9-11 Uhr. Kostenloses sonntägliches Frühstück to go. Jeden 2. und 4. Sonntag in der MüTZe, Berliner Str. 77, Köln-Mülheim, jeden 3. Sonntag im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429

n GUBBIO Obdachlosenseelsorge Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme

Appellhofplatz: Essenausgabe u. medizinische Versorgung, Mo bis Fr ab 21 Uhr Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstiger Einkauf von Secondhand-Artikeln, Dritte-WeltArbeit durch Versand von Hilfslieferungen

n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, rochus@skm-koeln.de http://skm-koeln.de/9.0/9.1.8/rochus-p.html

Angebote: Mo bis Fr warmes Essen von 12.00n Gulliver – Überlebensstation f. Obdachlose 14.00 Uhr, kalte u. warme Getränke, DuschmögTrankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, lichkeit (Behindertendusche u. -toilette), Wäsche 50667 Köln, Tel.: 120 60 91 waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Beratung Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, tägl. von 11.00-15.00 Uhr oder nach VereinbaTagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit rung. Medizinische Sprechstunde Di und Do von Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Inter- 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes betreunetzugang, Kunstausstellungen, Handyladestati- tes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet-Zugang. on, Gepäckaufbewahrung Sa geöffnet – es gibt Frühstück. Kleiderkammer: Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8-16 Uhr täglich geöffnet, Mo zwischen 9.15 und 10.30 Uhr (Kernöffnungszeiten), Wochenende und auch für Menschen aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Feiertage 10-18 Uhr Köln Pass. Öffnungszeiten: Mo-Fr. 11.00-15.00 Kleiderkammer: Do 13.30-15.30 Uhr Uhr, Sa. 10.00-13.00 Uhr

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Wohnen, Betreutes Wohnen

Nur für Frauen n agisra e.V.

Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de

Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, info@koelnerarbeitslosenzentrum.de, www.koelnerarbeitslosenzentrum.de

Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de

n Emmaus

Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung,

Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebraucht-

Albert-Schweizer Straße 2, Nähe Südfriedhof, 50968 Köln, Tel.: 99 56-43 00 efh@diakonie-michaelshoven.de www. diakonie-michaelshoven.de Notaufnahmeheim für Frauen und Frauen mit Kindern, Schutz, Übernachtung, Verpflegung, Wohnen, Beratung und Begleitung. Das Haus ist rund um die Uhr geöffnet.

n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und

Beratung nach Terminvereinbarung, Telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr

Beratung telefonisch, persönlich und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote

n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310 Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr

Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de

n Elisabeth-Fry-Haus

Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Salierring 48, 50677 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org

Café Auszeit 2 Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232.14 82 92, cafe-auszeit2@skf-koeln.de

Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, mailbox@notruf-koeln.de, www.notruf-koeln.de

n OASE-Benedikt Labre e.V. Alfred Schütte Allee 4, 50679 Köln, Tel. 0221/9893530 kontakt@oase-koeln.de www.oase-koeln.de

n Comeback

Kontakt- und Beratungsstelle:

Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210

Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung

für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen

Mi 14-16 Uhr: ohne Anmeldung Di 10-11 Uhr, Do 14-15 Uhr: telefonische Beratung, Di 16-18 Uhr: kostenlose Betreuung Ess-Störungen 0800 5 03 58 85

n Mäc-Up Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57

Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr Donnerstags ab 13.00 Uhr Computer-Nutzung: nach Vereinbarung Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung Redaktionssitzung DRAUSSENSEITER:

siehe Aushang

Der Second-Hand-Laden der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK) befindet sich am Salierring 37 und 41.

In unserer stationären Einrichtung für wohnungslose Männer bieten wir folgende Hilfen an: Beratung und Unterstützung durch fachkompetente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachgehende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote

n LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V.

Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr

Erik-Wickberg-Haus Marienstr. 116-118, 50825 Köln Tel.: 955609–13 koelnewh@heilsarmee.de www.heilsarmee.de/ewh

Wohnprojekt für Frauen

Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr

Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:

n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH

Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de

Mädchenberatung rechtsrheinisch Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim Tel.: 0221/890 55 47; maedchenberatungrechtsrhein@lobby-fuer-maedchen.de Mi bis Fr ganztägig nach Vereinbarung Fr 14-18 Uhr ohne Anmeldung

Offener Treff:

Nur für Männer

n Haus Rosalie

Mädchenberatung linksrheinisch Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld Tel.: 0221/45 35 56 50 Jeden Dienstag und Donnerstag offene Beratung maedchenberatung-linksrhein@lobbyvon 10 -15 Uhr; Donnerstags von 10 bis 12 Uhr fuer-maedchen.de Frauenfrühstück Mo bis Do: ganztägig nach Vereinbarung

Foto: Christina Bacher

n Diakoniehaus Salierring

Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 ibwa@netcologne.de www.bauenwohnenarbeiten.de

Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, Freizeitangebote, (Spieleangebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr

n Vringstreff e.V.

Emmaus, Second-Hand-Artikel

Für Alle

n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V.

Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internetnutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Vermittlung an weiterführende Hilfen möglich.

Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen, Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr.

Foto: Christina Bacher

waren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.

n Sozialdienst Katholischer Männer e.V.

Lobby-Restaurant LoRe, Domstr. 1, Nähe Hauptbahnhof.

n Notschlafstelle für Männer Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), jhk-notaufnahme@johannesbund.de Sozialarbeiterische Beratung, Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren

n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr 27


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IBAN DE66 3705 0198 0016 5020 31

| SPARKASSE KÖLNBONN / BIC COLSDE33 OASE - Benedikt-Labre e.V. Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln www.draussenseiter-koeln.de

FOTO: SIMON VEITH

DAS HERZ DER STRASSE SCHLÄGT WEITER


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