Kölner Straßenzeitung Draussenseiter 04/05 2020: Kein Stillstand

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28. Jahrgang Nr. 209 April 2020

R E T I E S N E S s U A R D IN

Kein Stillstand

GREGOR GOG

VRINGSTREFF

THEES UHLMANN

Foto: Ingo Pertramer

Z A G A M N E S S A STR R E N L Ö K S A D


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INHALT

Vorwort

Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser,

Schwerpunkt: Vagabunden

4

mehr als fünf Jahre ist es her, dass der Sänger Thees Uhlmann seine Sing-Stimme erhob. Jetzt ist sein gefeiertes Album „Junkies und Scientologen“ erschienen, mit dem er gerade durch Europa tourt und – by the way – auch die Toten Hosen auf ihrer Tour begleitet. Der ehemalige Tomte-Sänger ist nur noch unterwegs, dafür genießt er den „späten Ruhm“ sehr. Doch: „So hoch war der Preis noch nie“, verrät der Künstler,

Interview – Thees Uhlmann über die Schwere seines neuen Albums und die Leichtigkeit des Seins

der inzwischen auch Vater einer Tochter ist, in Berlin lebt und doch in ganz Europa zu Hause ist.

Foto: Ingo Pertramer

Foto: Anemone Träger

Fahrende Leute, Vaga-

8

bunden, Berber – was sind das für Leute, die sich – manchmal sogar

„Was ich geschrieben habe, gehört dir.“ Gregor Gog in Majdanek

ganz bewusst – für ein Leben „on the road“ entscheiden? Gregor Gog beispielsweise Christina Bacher traf Thees Uhlmann vor einer Lesung in Köln

Illustration: Bea Davies

galt

schon in der Weimarer

Vorwort

Republik als „König der

Interview: Thees Uhlmann ........................................ 4-7

Vagabunden“, Anarchist, Bürgerschreck. Gleichzeitig war er Chefredakteur des

................................................................... 3

Gregor Gog: „König der Vagabunden“

........................ 8-11

Vorläufers aller Straßenzeitungen und Organisator des „Ers-

Vagabundenkongress 2020 .......................................... 12

ten Internationalen Vagabundenkongresses“.

Spuren der Armut

Ein Comic zeichnet nun seine politische Biografie und damit einen fast vergessenen Teil deutscher Sozial- und Bewegungsgeschichte nach. Wir haben darin geblättert.

................................................. 14-15

20 Jahre Malgruppe im Vringstreff ................................. 16 Gutes Projekt

...........................................................

Cartoon | Kolumne „Nur kein Stillstand“ lautet unsere Devise im April! Ein Hoch auf die Vagabunden! Ihre

Lothars Marsch

17

.................................................... 18

........................................................

19

Aus den Einrichtungen .......................................... 20-21 In eigener Sache ....................................................... 22 Buchtipps ............................................................... 23

Christina Bacher

Abo | Impressum ...................................................... 24 Kulturtipp Vorschau

..............................................................

25

................................................................

25

Service: Adressen

.................................................

26-27

Öffnungszeiten: OASE e.V. Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 – 13.00 Uhr Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Mittwoch: nach Terminvereinbarung 3


VAGABUNDEN

„Ich wollte nie die Welt verändern“ Mehr als fünf Jahre ist es her, dass der Sänger Thees Uhlmann seine Sing-Stimme erhob. Jetzt ist sein gefeiertes Album „Junkies und Scientologen“ (Grand Hotel van Cleef) erschienen, mit dem er gerade durch Europa tourt und – by the way – auch die Toten Hosen auf ihrer Tour begleitet. Der ehemalige Tomte-Sänger hat in der Zwischenzeit einen erfolgreichen Roman geschrieben, die Autobiografie von Bruce Springsteen eingesprochen, ein komplettes Album geschrieben und wieder in die Tonne gekloppt. „So hoch war der Preis noch nie“, verrät der Künstler im Gespräch mit Christina Bacher und redet ganz offen über späten Ruhm, Brüche im Leben und die neue Gelassenheit,die – mit Verlaub – unglaublich gut zu seiner neuen Frisur passt.

Foto: Ingo Pertramer

VON CHRISTINA BACHER

4


VAGABUNDEN

D

RAUSSENSEITER: Herzlichen Glück-

te mir da vor-werfen, dass ich mich mit

Nest im Landkreis Cuxhaven. Und dann

wunsch zum Erfolg deines neuen

solchen Songs neu erfunden habe. Oder

hatte ich eben – im Nachhinein betrachtet

Albums „Junkies und Scientologen“,

dass ich zu offen bin in meiner Kunst, mich

– gut 25 Jahre lang Zeit zu üben. Und das

mit dem du dieses Jahr auf großen Festivals

in meinen Texten plötzlich auch an die

war enorm wichtig. Jeder 27-Jährige will

tourst, nachdem du die Plattencharts im

dunklen Plätze des Lebens traue. Das

doch heute sofort die große Karriere

Sturm erobert hast. Man könnte meinen,

kannte man so vielleicht nicht von mir.

machen. Auch, wenn ich das nachvollzie-

dass sich die fünfjährige künstlerische Schaf-

Aber mal ganz ehrlich: Ich lehne es ab,

hen kann, bin ich froh, dass es bei mir –

fenspause gelohnt hat. Dabei warst du ja

dass Künstler normal und berechenbar

übrigens ähnlich wie bei Marcus Wie-

gar nicht untätig in der Zwischenzeit. Man

sein müssen. Meine erste Aufgabe als

busch und Sven Regener – aus irgendei-

hört, du hast weiterhin wie der Teufel Lieder

Künstler ist es doch nicht, erfolgreich zu

nem Grund anders gelaufen ist: Es ist

geschrieben und sie dann tatsächlich alle

sein, sondern da hinzugehen, wo sich zwi-

wirklich wunderschön, dass ich mit 46 so

wieder in die Tonne gekloppt. Stimmt das?

schenmenschliche Phänomene abspielen.

berühmt bin wie noch nie. Heute sind

Thees Uhlmann: Ja, so war das tatsächlich.

Meinetwegen auch menschliche Tragödi-

Rockbands ja oft zwischen 25 und 35 Jah-

Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich

en. Den Blick dafür zu schärfen und sich

re alt, powern sich aus, lösen sich auf, weil

keine Verbindung mehr zu den Songs hat-

dabei selbst auch mal zurücknehmen zu

irgendjemand keinen Bock mehr hat und

te, die ich geschrieben habe. Vielleicht

können, das ist eine Art von Gelassenheit,

wenige Jahre später ist von dem ganzen

hätte ich da mehr auf mich hören sollen

die ich erst an mir entdecken musste.

Ruhm und Geld nichts mehr übrig. Da ist es doch viel lustiger, wenn das umgekehrt

und nach dem Schreiben meines Buches „Sophia, der Tod und ich“ mal eine Pause

DRAUSSENSEITER: Du stammst aus dem

passiert: Denn das ist normalerweise im

machen sollen. Aber irgendwie dachte ich,

kleinen Ort Hemmoor in Niedersachsen und

Rock’n’Roll gar nicht vorgesehen. Wenn

es muss sofort weitergehen. Es gibt offen-

hast bereits zu Schulzeiten angefangen,

bei anderen die Karrieren schon vorbei

bar ein künstlerisches Grundgefühl, das

Musik zu machen. Unter anderem wegen

sind, lege ich los. Und das genieße ich gera-

man nicht ignorieren sollte. Auch thema-

deiner Band Tomte, die du 1994 gegründet

de sehr. Und: Ich glaube, dass mein Gehirn

tisch habe ich mich zu der Zeit als Mensch

hast, hast du schließlich dein Lehramtsstu-

inzwischen so gefestigt ist, dass ich den

in eine ganz neue Richtung entwickelt.

dium aufgegeben, um weiterhin nur noch

Rummel ganz gut aushalten kann.

Während ich in meinen Songs immer noch

Musik zu machen. Was bedeutet dir das,

Ein großer Vorteil, wenn man ein so unste-

die ganz großen Themen angepackt habe,

dass du jetzt – mit 46 Jahren – sowohl als

tes Künstlerleben führt und heute mal

habe ich mich in Wirklichkeit eher für die

Buchautor als auch als Solokünstler eine

hier ist und morgen dort.

kleinen, greifbaren Dinge des Lebens inte-

größere Wertschätzung bekommst als je

ressiert. Je älter ich werde, desto mehr

zuvor?

DRAUSSENSEITER: Aber je berühmter man

möchte ich mich offenbar an Dingen abar-

Thees Uhlmann: Eigentlich habe ich mit

ist, desto mehr hat man vielleicht auch eine

beiten, die ganz konkret sind. Mal ganz

Musik machen angefangen, weil mir ein-

Vorbildfunktion als Künstler. Viele Bands,

davon abgesehen, dass ich mich seit fünf

fach unfassbar langweilig war in meinem

wie beispielsweise die von dir sehr geschätz-

Jahren nicht mehr verliebt habe. Warum sollte ich also darüber singen? Momentan sind mir beispielsweise meine Freunde vielleicht wichtiger, überlege ich dann. DRAUSSENSEITER: Deshalb also dann zum Beispiel ein Lied über einen Mann, der Frauen nach Hiphop-Videodrehs nach Hause fährt? Ist der neue Thees Uhlmann ein Flaneur und Beobachter von Alltagsszenen? Thees Uhlmann: Vielleicht. Nimm den Song „Junkies und Scientologen“, nach dem ja auch das neue Album benannt ist. Darin geht es ja wirklich von der größten Ordnungseinheit Gott bzw. Kirche bis hin zur kleinsten Mikroeinheit – Freundschaft. Ich zähle darin Namen von Freunden auf, die keiner kennt. Gut, man könn-

Sie ist die Frau, die ich nach HipHop-Videodrehs nach Hause fahre Und sie fragt mich müde: „Warum hast du keine Tattoos?“ Die umgedrehte Kamera des Handys als Schminkspiegel „Warum bist du nicht tätowiert?“ Ich sag: „Ich bin so hart geworden in all der Zeit In meinem Herzen ist seit Jahren nichts mehr passiert Die Farbe ist einfach an meiner Haut abgeplatzt Deswegen bin ich nicht tätowiert“ Sie sagt: „Es ist gut wie du schweigst, es ist gut wie du fährst Du siehst aus, als ob du lieber alleine wärst“ Ich hab‘ die Antwort vergessen, weil mich selten jemand fragt Aber ich fahr‘ uns jetzt nochmal eine Runde um die Stadt Das ist das, was wir tun Müde und benommen Das ist das, was wir tun Um über die Runden zu kommen Aus: „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop-Videodrehs nach Hause fährt“

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VAGABUNDEN Christina Bacher traf Thees Ullmann vor seiner Lesung aus dem Buch „Die toten Hosen“, das im Kiepenheuer & WitschVerlag erschienen ist.

ten Toten Hosen, nutzen ihre Konzerte, um politische Statements zu verbreiten und vor ihren Fans Haltung zu zeigen. Wie ist da Thees Uhlmann: Natürlich bin auch ich ein politischer Mensch und habe eine eigene Meinung. Aber – und das habe ich schon häufiger gesagt – ich sehe mich

Foto: Anemone Träger

dein Anspruch?

nicht in dieser Tradition von Bands, bei denen die politische Agitation total in der DNA verankert ist und auch zur Bühnenpräsenz gehört. Ich würde es fast als Frevel

müssen und lange über das Angebot nach-

spricht. Bis heute sind wir befreundet – das

gegenüber den Toten Hosen oder Bands

gedacht. Diese Band hat mich, wie keine

alles verdanke ich meiner Kölner Zeit.

wie Feine Sahne Fischfilet empfinden, die

andere, mehr als 30 Jahre meines Lebens

sich da seit Jahren an der politischen Front

begleitet und mich musikalisch sehr

DRAUSSENSEITER: Du hast ja nach deinem

engagieren, wenn ich ab und zu mal von

geprägt. Mein allererstes Konzert war ein

abgebrochenen Studium zunächst in der

der Bühne herunter ein schlaues Statem-

Hosen-Konzert! Und plötzlich hat es mich

Altenpflege gearbeitet und dich dann als

ent loslassen würde. Das käme mir vor wie

selbst interessiert, mein Leben zu erzählen

Künstler durchgeschlagen. Dabei hast du

so ein PR-Gag, eine miese Marketing-

und die Toten Hosen dabei in den Fokus

nicht nur rosige Zeiten erlebt und – so habe

Aktion. Und ich bin mir ziemlich sicher,

zu nehmen. Das Ganze ist mir fast ein

ich jedenfalls gelesen – sogar mal Besuch

dass ich damit sowieso rein gar nichts

bisschen peinlich, weil es sich wie der

von einem Gerichtsvollzieher gehabt. Hast

bewirken würde. Mein Weg ist da ein

bekannte amerikanische Traum anfühlt.

du deshalb vielleicht auch eine Vorstellung

anderer. Ich versuche, meine Kunst so gut

Der Deal, auf den ich mich einlassen konn-

davon, wie es sich anfühlt, wenn sich die

zu machen, wie es irgendwie geht. Ich

te, lautete: Ich schreibe das Buch, die Band

Abwärtsschraube zu drehen beginnt und

möchte die Menschen einladen, daran

liest das Manuskript und kann es komplett

man beispielsweise obdachlos wird, wie vie-

teilzuhaben. Und wenn sie verstehen, dass

ablehnen – dann erscheint es auch nicht.

le unserer Straßenzeitungsverkäufer?

sie auf meinen Konzerten die besseren

Das haben sie aber nicht getan. Und letz-

Thees Uhlmann: Ja und nein. Grundsätz-

Geschichten, die schöneren Gedichte und

tens nach einer Lesung aus dem Buch

lich hat Geld in meinem Leben nie eine

die interessanteren Menschen kennenler-

haben sie mich tatsächlich gefragt, ob ich

große Rolle gespielt, ich kann damit ein-

nen als beispielsweise bei AfD-Kundge-

sie auf der „Ohne Strom“-Tour begleiten

fach nichts anfangen. Ich weiß, dass ich als

bungen, dann habe ich mein Ziel erreicht.

möchte. Ich werde sie also im August auf

Altenpfleger damals 100 D-Mark schwarz

Ich glaube nämlich fest daran, dass viele

der Waldbühne in Berlin und auf der

verdient habe. Dann hört es auch schon

Menschen, die rechtsradikale Parteien

Loreley Freilichtbühne wiedersehen.

auf mit der Einschätzung, was jemals so

wählen, kein politisches, sondern ein psy-

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reingekommen und rausgegangen ist. Ich

chisches Problem mit sich herumtragen.

DRAUSSENSEITER: Du hast ja eine Zeit lang

hatte nie teure Hobbys. Ich besitze kein

Denen geht es nicht gut. Man sollte ihnen

in Köln gelebt und hier studiert. Wie erin-

Auto. So bin ich immer irgendwie über die

bunte, farbenfrohe Alternativen bieten.

nerst du dich an diese Zeit vor 20 Jahren?

Runden gekommen. Dafür hatte ich

Thees Uhlmann: Ich habe zwei Jahre in

immer schon Probleme damit, meine Brie-

DRAUSSENSEITER: Dennoch hast du – par-

Köln gelebt. Im Nachhinein kommt mir

fe zu öffnen. Ich weiß also, was passiert,

allel zum neuen Album – gerade ein neues

diese Zeit so unglaublich reich und voll

wenn du die Post einfach ungeöffnet lie-

Buch vorgestellt, das quasi eine Hommage

vor, als wären es fünf Jahre gewesen. Allei-

gen lässt. Dann kommt tatsächlich irgend-

an die Toten Hosen darstellt, deren Fan du

ne schon der unlimitierte Zugang zu Kon-

wann der Gerichtsvollzieher. Der hat sich

bereits als Junge warst und in deren Vorpro-

zerten, den ich aus der Provinz ja nicht

übrigens ziemlich gewundert, dass ich die

gramm du in diesem Sommer auftreten

kannte. Ich lernte plötzlich Leute kennen,

ausstehenden Rechnungen sofort begli-

wirst. Was für ein Ritterschlag! Wie kam es

die mir ähnlich waren oder die mich inte-

chen habe, als er danach fragte. Und natür-

denn dazu?

ressierten. Unter anderem habe ich in

lich erinnere ich mich noch gut an Zeiten,

Thees Uhlmann: Es ist ja nicht meine Idee

dieser Zeit Linus Volkmann kennenge-

in denen ich keine Krankenversicherung

gewesen, dieses Buch zu schreiben. Ich

lernt und ich konnte das erst gar nicht

hatte und mir mein Freund Marcus

wäre niemals so vermessen gewesen, das

glauben, dass es einen Menschen wie ihn

Wiebusch Pizza gebacken hat, weil ich

vorzuschlagen. Ich wurde von meinem

gibt. Ich hatte zuvor noch nie jemanden

nichts zu essen im Haus hatte. Aber: Ich

Verlag gefragt, habe erst einmal schlucken

getroffen, der eine so eigene Sprache

habe auch damals keine wirklich existen-


VAGABUNDEN

zielle Not empfunden, sondern – im Rückblick betrachtet – den Lebensstil eines Künstlers auch ein bisschen zelebriert. DRAUSSENSEITER: Du bist ja heute selbst Vater einer 14-jährigen Tochter. Welche Werte möchtest du ihr mitgeben? Thees Uhlmann: Ich möchte ihr vor allem das Gefühl geben, dass sie sich bei mir

Wärst du nur zu mir gekommen Hättest mich gefragt Eine Gallenblase ist nicht wichtig Nur der nächste Tag Wir grüßen dich, Avicii Mit der Faust fest erhoben Spiel noch einen Song Alles Gute kommt von oben Du wartest auf die Liebe Und ich auf das letzte Bier Der Platz am Tresen neben mir bleibt heute leider leer Eine gute letzte Reise, zum Abschied leise winken Elektronische Musik kann man sich so selten schön trinken Aus: „Avicii“

sicher fühlt. Und dass sie es mir immer sagen kann, wenn es ihr nicht gut geht. Meine Tochter hat mich schon häufiger

schon besser als vorher. Warum? Weil er

Thees Uhlmann: Ich möchte mich weiter-

gefragt, wie man auf der Straße landet und

seine Furcht vor Sanktionen überwunden

hin selbst spüren. Als Künstler ist es mir

wie man aus so einer Situation wieder

hat. Davor habe ich einen großen Respekt.

gerade nicht vergönnt, ein normales

rausfindet. Wir wohnen ja in Berlin, da

Scham und Angst entstehen ja nur durch

Leben zu führen – ich meine damit ein

gehört Armut mit zum Stadtbild. Ehrlich

die diffuse Angst vor Sanktionen. Und

bürgerliches Leben, das ja viele anstreben.

gesagt, empfinde ich die Kreuzberger

wenn man sich erstmal traut, über seine

Und dennoch mag ich mein Leben, so, wie

manchmal als sehr pseudo-liberal und

Probleme zu sprechen, ist das ein guter

es jetzt ist, sehr. Und ich möchte mir die

hippiemäßig verpeilt, im Sinne von „jeder,

erster Schritt, sich in Zukunft wieder mehr

Erkenntnis bewahren: Mal ist das Leben

so wie er will“, dass die ihre direkte Umge-

zuzutrauen.

gut und mal ist es schlecht. Mit diesem Wissen kann ich sehr gelassen in die

bung mit all diesen Problemen noch nicht mal mehr wahrnehmen. Niemand scheint

DRAUSSENSEITER: Apropos Zukunft: Was

Zukunft schauen. Relativ neu ist für mich

etwas dagegen zu unternehmen, dass es

wünschst du dir? Auch und gerade, wenn

auch, dass ich dieses Streben nach Glück

immer mehr Junkies gibt. Exkremente in

der Erfolg anhält?

komplett aufgegeben habe. Und das

den U-Bahn-Stationen, Spritzen auf dem

macht mich tatsäch-

Bahnsteig, Heroinrauchen nachmittags

lich glücklicher – so

um drei auf Parkbänken – alles egal. Manchmal denke ich, ich habe in Berlin inzwischen mehr offene Beine gesehen als mein Großvater im Ersten Weltkrieg. Aber scheinbar ist das allen egal. Die Stadt freut sich, dass es sich auf Kreuzberg beschränkt, die Kreuzberger freuen sich, dass sie das als tolerant wahrnehmen. DRAUSSENSEITER: Im Grunde ist das ja auch die Botschaft deines Songs über den schwedischen Musiker Avicii, der sich mit 28 Jahren das Leben nahm. Trotz seines großen

Danke für die Angst Die mich noch manchmal überkommt Ist es wirklich sicher Dass alles wiederkommt? Was ich übers Leben weiß Weiß ich aus „Stand by me“ Ich hab‘ ein‘ Hund, der „Cujo“ heißt Und mein Auto heißt „Christine“ Wenn du schreiben kannst, dann schreibe Wenn du singen kannst, dann sing Und wenn du nicht mehr weiter weißt Frag Stephen King

absurd

es

klingt.

Aus: „Danke für die Angst“

fürs Gespräch.

Überhaupt finde ich, dass das Leben durch den drohenden Tod automatisch immer ein bisschen sexyer wird. Und das sind doch phantastische Aussichten. DRAUSSENSEITER: Herzlichen Dank

Erfolgs und seines Reichtums hat er es nicht geschafft, über sein psychisches Tief hinwegzukommen. Offenbar hatte er da niemanden, an den er sich wenden konnte … Thees Uhlmann: Ja, darum handelt dieser Song. Selbst, wenn die Kacke am Dampfen ist, kann man Hilfe von irgendwoher bekommen, davon bin ich überzeugt. Und ganz ehrlich: Wenn mir jemand erzählt,

lll

INFO

Thees Uhlmann - Junkies und Scientologen Label: Grand Hotel Van Cleef / Indigo Erscheinungsdatum: 20. September 2019 erhältlich als CD, Vinyl, Digital Download

dass er an einer psychischen Erkrankung leidet oder das Konto mal wieder leer ist, finde ich diesen Menschen automatisch

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VAGABUNDEN

„Wo der Bürger aufhört, beginnt das Paradies“ „König der Vagabunden“, Anarchist, Bürgerschreck, Chefredak– teur des Vorläufers aller Straßenzeitungen, Organisator des „Ersten Internationalen Vagabundenkongresses“ - Gregor Gog ist in der Weimarer Republik so prominent wie gefürchtet. Ein Comic zeichnet nun seine politische Biografie und damit einen fast vergessenen Teil deutscher Sozial- und Bewegungsgeschichte nach.

VON BASTIAN PÜTTER, ILLUSTRATIONEN: BEA DAVIES, FOTOS: BERTHOLD LEIBINGER STIFTUNG, FRITZ-HÜSER-INSTITUT

E

s ist die Zeit

tischen Biografie. „Gog ist spätestens wäh-

der gesell-

rend des Ersten Weltkrieges mit anarchis-

schaftlichen

tisch gesinnten Matrosen zusammenge-

Transformationen,

kommen und hat dort einen illegal

der Revolutionen und der

organisierten Lesezirkel besucht“, sagt

Menschheitskatastrophen

Patrick Spät, Autor des soeben im

in Europa, in die Gregor Gogs

Avant-Verlag erschienenen Comics „König

Lebensspanne fällt. 1891 in

der Vagabunden“. „Ab da war er, um es

Schwerin an der Warthe (heutiges

Mehrmals steht Gog wegen Anstiftung

in einfachen Verhältnissen aufgewachsen,

zur Meuterei und der Verbreitung antimi-

ist Gogs Biografie selbst geprägt von

litaristischer Propaganda vor Militärge-

Umbrüchen und Richtungswechseln,

richten, wird in „Irrenhäuser“ eingewie-

von kurzem Ruhm – und von Leid und

sen, nierenkrank durch

Entbehrungen bis zum frühen Tod

die Haft wird er 1917 als

im sowjetischen Hinterland 1945.

8

kurz zu machen, Anarchist.“

Skwierzyna in West-Polen) geboren und

„dauernd

kriegsun-

Eigentlich will Gog nur die Welt

brauchbar“ entlassen. 1918

sehen. Mit 19 zu alt zum Anheu-

beteiligt er sich am Kieler

ern auf Handelsschiffen, geht er

Matrosenaufstand und

zur Kriegsmarine und wird 1914

wandert nach dem

unfreiwillig zum Kriegsteilneh-

Scheitern der Revolu-

mer - der Beginn seiner poli-

tion ins schwäbische


VAGABUNDEN

Gregor Gog (1891–1945), Matrose, Gärtner und Schriftsteller

Hans Tombrock (1895–1966), Zeichner und Maler

Jo Mihaly (1902–1989), Tänzerin, Schauspielerin und Dichterin

Bad Urach. Die „Kommune am Grünen Weg“ ist Anziehungspunkt für Anarchisten, Kommunisten, Künstler, Proto-Hippies, Lebensreformer, Wanderprediger.

Herberge für alle Der Comic zeigt Gog mit seiner Frau Anni Geiger-Gog, mit dem Dichter und Räterepublikaner Erich Mühsam, mit dem Wanderprediger und „Vater der Alternativbewegungen“ Gusto Gräser und dem späteren DDR-Hymnendichter und -Kulturminister Johannes R. Becher in einer Art libertärem Paradies. Gog verlässt es, weil er die Wanderschaft und die praktische Politik den neochristlichen Heilslehren vorzieht. Unterwegs lernt er den Dortmunder Maler Hans Tombrock und die Tänzerin und Dichterin Jo Mihaly kennen. Die „Tippelschwester“ mit dem angenommenen Roma-Namen wird viele Gedichte für Gogs Zeitschrift „Der Kunde“ schreiben. Ihre Bücher werden von den Nazis 1933 verboten und verbrannt. Tombrock war 1920 im Kampf gegen den Kapp-Putsch mit der Roten Ruhrarmee in Dortmund einmarschiert und hatte dafür bis 1924 im Gefängnis gesessen. Seitdem war er auf Wanderschaft und lebte vom Verkauf seiner Zeichnungen. Wie Mihaly und Gog gelang ihm 1933 die Flucht in die Schweiz. Im späteren schwedischen Exil lernte er Bertolt Brecht kennen und arbeitete mit ihm zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er

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VAGABUNDEN

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Vagabunden-Kunstausstellung, Pfingsten 1929 in Stuttgart. Hans Tombrock (2. von li.) und Gregor Gog (r.)

Anni Geiger-Gog (1897–1995 li.), Kindergärtnerin und -buchautorin, 1924 Heirat mit Gregor Gog. Nach der Scheidung 1934 kümmerte sie sich weiter um Gogs Sohn Gregor jr. aus erster Ehe, der am 3. Januar 1963 verstarb.

die „Schule für Bildende und Angewand-

uns ein weiterer Motivationspunkt, diesen

es durch die Polizeisperren. Ein großer

te Kunst Dortmund“, bevor er 1949 in die

Comic zu machen“, sagt Patrick Spät. „Wir

Erfolg und ein weiterer Popularitätsschub

DDR übersiedelte. Tombrocks Nachlass

schätzen Produktionen wie ‚Babylon Ber-

für den „König der Vagabunden“. Sogar

wird wie der Gregor Gogs und vieler Pro-

lin‘, aber der Fokus liegt sehr oft auf die-

in einem Stummfilm spielt Gog gemein-

tagonisten der Vagabundenbewegung im

sem bürgerlichen Glanz-und-Glamour-Le-

sam mit Tombrock.

Dortmunder Fritz-Hüser-Institut gepflegt.

ben, was wirklich toll, aufregend und

„Ich mag Tombrocks Arbeiten sehr“,

progressiv ist“, sagt Spät. „Was jedoch

Barbarei und Wirkung

sagt Bea Davis, die den „König der Vaga-

häufig unter den Tisch fällt, ist das massi-

Was dann folgt, ist der vielleicht drastischs-

bunden“ gezeichnet hat. „Seine Zeichnun-

ve soziale Elend, das in Deutschland und

te Bruch im Leben Gregor Gogs. Auf einer

gen sind ja sehr schwarz und rau in ihrer

Europa herrschte. Das zu zeigen, buch-

Reise in die Sowjetunion im Juli 1930 wird

Ausarbeitung. Ich habe mit einem Pin-

stäblich zu zeigen, weil es ja ein Comic ist,

aus dem Antiautoritären, dem Anarchis-

selstift gearbeitet, der sehr feine und sehr

lag uns sehr am Herzen.“

ten ein Parteikommunist, der mit der

genaue Linien macht, die aber auch eher

1927 gründet Gregor Gog die „Interna-

grundlegend gewendeten Straßenzeitung

rau und nicht so kontrolliert sind. Viel-

tionale Bruderschaft der Vagabunden“.

„die Vagabunden in eine Reservearmee

leicht spiegelt sich das nicht so in meiner

Patrick Spät: „Die Haltung der Bruder-

des kämpfenden Proletariats zu verwan-

Arbeit, aber ich wurde sehr durch ihn ins-

schaft war: Wir erwarten überhaupt nichts

deln“ trachtet. Viele bisherige Weggefähr-

piriert.“

mehr vom Staat. Wir wollen keine Hilfe,

ten wenden sich enttäuscht und irritiert

die ohnehin nicht kommt, und wenn doch

ab.

Generalstreik ein Leben lang

verbunden mit Repressalien ist. Wir orga-

Gog hatte früh geahnt, was eine Macht–

Im vom Hüser-Institut herausgegebenen

nisieren uns zur Selbsthilfe.“ Kurz darauf

übernahme der Nazis bedeuten würde.

Sammelband zur „Epoche der Vagabun-

wird Gog Chefredakteur der Zeitschrift

Wenige Wochen nach der Machtübernah-

den“ beschreiben die Autoren die Wan-

„Der Kunde“. „Die Straßenzeitung liefer-

me der Nazis wird er festgenommen,

derschaft, auf der nun auch Gregor Gog

te Lebens- und Überlebenstipps, empfahl

kommt ins KZ und wird gefoltert. Unter

ist, als „ein Pendeln zwischen Reflexion

Kunstausstellungen und Begegnungsorte,

abenteuerlichen Umständen gelingt ihm

und Widerstand, Arbeitslosigkeit und

denn allein die physische Begegnung ist

Heiligabend 1933 die Flucht in die

Arbeitsverweigerung, zwischen Entwurze-

sehr wichtig, wenn es darum geht, sich zu

Schweiz. In seinem Tagebuch schreibt er:

lung und Aufbruch, Isolation und Frei-

organisieren“, sagt Patrick Spät. Und in

„Die Landstraße verlor sich im Dschungel

heit“; das alles radikalisiert durch die

der Tat entwickeln sich Vagabundenaben-

faschistischer Barbarei (…). Konzentrati-

Armut in den vorgeblich Goldenen Zwan-

de, bis schließlich an Pfingsten 1929 zum

onslager, Zwangsarbeit und Prügel: Die

zigern. In Folge der Weltwirtschaftskrise

„Ersten Internationalen Vagabundenkon-

deutsche Bourgeoisie hat uns das schon

wuchs die Zahl der Obdachlosen von

gress“ in Stuttgart aufgerufen wird. Die

immer gewünscht.“ Über Paris gelangt er

70.000 auf 450.000 an. „Dass momentan

Behörden reagieren fast panisch, die Medi-

in die Sowjetunion, wo er schwerkrank

so etwas wie die Wiederentdeckung der

enresonanz ist international und feindse-

unter immer schwierigeren Bedingungen

Weimarer Republik stattfindet, war für

lig. Rund 600 TeilnehmerInnen schaffen

lebt. Einen Suizidversuch 1945 überlebt


VAGABUNDEN

er, stirbt aber zwei Wochen später in Taschkent. „Die Jahre des Leidens im sowjetischen Exil haben wir im Comic ausgespart, für uns stand die Bruderschaft und auch die Wende zum Kommunisten im Vordergrund“, sagt Patrick Spät. „Wir haben die Geschichte mit der Flucht vor den Nazis in die Schweiz gerahmt, denn das war uns wichtig. Obdachlose, Vagabunden und ,Landstreicher‘ werden als Opfergruppe der Nationalsozialisten bis heute weitgehend ignoriert.“ Und was bleibt sonst von Gregor Gog? „Bei allen Widersprüchen war er eine gute Person mit einem klaren Blick auf die Welt“, sagt Bea Davis. „Und mit der Perspektive auf heute: Ich sehe seinen Mut nicht. Diese Gesellschaft ist so informiert, aber trotzdem so stumm. So kommt es mir vor. Gogs Ansatz, auf den Staat ,zu pfeifen‘ erscheint extrem. Aber schaue ich die Regierungen der Welt an, denke ich mir schon: Wir machen das besser selbst.“ Patrick Spät: „Gog hat für eine Zeit erfolgreich vermocht, Obdachlose, Vagabunden, Ausgeschlossene zusammenzuführen und zu organisieren. Das verdient Bewunderung.“

lll

INFO

Bea Davies, geboren 1990 in Italien, ist freie Illustratorin und Comiczeichnerin in Berlin. Sie studierte in New York und Berlin und zeichnete unter anderem für das ehemalige Berliner Straßenmagazin Strassenfeger. Patrick Spät, geboren 1982 in Mannheim, ist Journalist, unter anderem für Spiegel Online und Zeit Online, und Buchautor. Für „König der Vagabunden“ wurde er gemeinsam mit Bea Davis als Finalist des Comicbuchpreises der Berthold Leibinger Stiftung ausgezeichnet. Patrick Spät, Bea Davies: Der König der Vagabunden. Gregor Gog und seine Bruderschaft. Avant, 160 Seiten, 25,-€, ISBN 978-3-96445-015-9

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FOTO/GRAFIK: UNTER DRUCK

VAGABUNDEN

Die Renaissance der Vagabunden Ein Kongreß in Berlin wird im August zum Treffpunkt für alle, die wandelbar bleiben wollen – sich selbst und der Gesellschaft zuliebe

I

n Kooperation mit dem Obdachlosenverein Unter Druck - Kultur von der Straße e.V. und einem Netzwerk aus Einzelpersonen realisieren wir den Vagabundenkongress 2020. Das Projekt wird gefördert durch Aktion Mensch. Im Rahmen des Kongresses, der im August 2020 in Berlin stattfinden wird, möchten wir durch künstlerische und soziokulturelle Aktivitäten Ideen für eine bessere Zukunft entwickeln, in der die mobilen Lebensformen ihren Platz haben, ohne ständig in ihrer Existenz bedroht zu werden. Wir möchten mit dem Kongress das Thema Wohnungslosigkeit aus verschiedenen Perspektiven und Ausgangspunkten betrachten, alle Dimen12

sionen berücksichtigen und einen Raum für Solidarität, Austausch und Selbstorganisation schaffen. Wir wollen Menschen zusammenbringen, die auf der Straße leben, die keinen festen Wohnsitz haben, die materiell in ihrer Existenz bedroht sind, um gemeinsam Strategien gegen Verdrängung, Diskriminierung und Ausgrenzung zu entwickeln. Auch sprechen wir diejenigen an, die aufgrund selbstbestimmter Entscheidung nicht sesshaft sind, umherziehen und sich für alternative Wohn- und Lebensentwürfe entschieden haben. Mit dem Kongress wollen wir die Vielfalt an mobilen Lebensformen zusammenbringen, gemeinsam die Isolation und Verein-

zelung bekämpfen, um mit einer konstruktiven Sichtweise das Leben auf der Straße zu beleuchten. (or)

lll

INFO

Der Vagabundenkongress findet vom 22.23.8.2020 in Berlin statt. Das Projekt von Unter Druck – Kultur von der Straße e.V. wird gefördert von der Aktion Mensch. Der Kongress versteht sich als Diskussionsforum für Einzelpersonen, Kollektive, Bündnisse oder Projekte, die daran interessiert sind, Wohnungslosigkeit abzuschaffen und sozialer Ungerechtigkeit den Kampf anzusagen. Mehr darüber unter:  https://vaga2020.de


IN DUNKELHEIT

13


SPUREN DER ARMUT

Das Haus Im Ferkulum 29 (früher 15) in der Kölner Südstadt heute. An dieser Stelle befand sich einst das Marthastift.

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SPUREN DER ARMUT

Marthastift Köln – vom Mädchen zur Magd „Wir wollen stellenlosen und dienstsuchenden Mägden einen zeitweiligen, billigen, vor den Versuchungen der Großstadt schützenden Aufenthalt gewähren und sodann heranwachsenden Mädchen in den praktischen Arbeiten des häuslichen Lebens unterrichten und also zu einem selbständigen Broderwerb (sic) befähigen.“ (Aus dem Jahresbericht des Marthastifts/1888) VON IRENE FRANKEN

E

nde des 19. Jahrhunderts bildeten

übernahm ein Komitee aus Unterneh-

Irene Franken, geboren 1952 in Düsseldorf,

Dienstmädchen die größte Migrati-

mern und Juristen die Verwaltung und

ist Historikerin, Publizistin und Mitbegründe-

onsgruppe Deutschlands überhaupt!

später die Vereins Gründung.

rin des Kölner Frauengeschichtsvereins.

Immer mehr Mädchen und junge Frauen

Wurde anfangs nur ein kleines Heim für

vom Land waren aus Armut gezwungen,

10-12 Mädchen intendiert, wurde dann

sich einen Arbeitsplatz als Magd oder

doch für 24.000 Mark ein großes Haus

Köchin in der Stadt zu suchen. Hier arbei-

erworben. Das Kölner Marthastift –

teten sie für ihre Aussteuer und hatten in

benannt nach einer Zeitgenossin von

der Regel vor, in die Heimat zurückzukeh-

Jesus, die ihn in ihrem Haushalt bewirtete

ren. Unzählige Mädchen kamen zunächst

- eröffnete 1865 seine Pforten. Standort

ohne Perspektive im Bahnhof an – viele

war ein Viertel mit vielen Fabriken mit

Kölner Fabriken warben die billigen, weil

Frauenarbeitsplätzen, die Südstadt. Im

ungelernten Arbeitskräfte sofort an und

Ferkulum 15 (später war es Hausnummer

machten den Haushalten Konkurrenz,

29) lautete die Adresse.

denn in der Industrie war zumindest am

FOTO: CHRISTINA BACHER

Sonntag und nachts arbeitsfrei.

Im Jahre 2017 wurde sie mit der Alternativen Ehrenbürgerschaft in Köln ausgezeichnet.

Das Heim diente einerseits als sogenannte Mägdeausbildungsstätte, dazu

1863 entwickelten rund 30 begüterte

nahm man Aufträge an, an denen die jun-

Kölnerinnen des Evangelischen Frauen-

gen Frauen im Haus Waschen, Bügeln und

vereins die Idee, ein Heim zu gründen, in

Nähen übten – ein Bleichplatz war ja vor-

dem die neu Zugezogenen den Umgang

handen. Zudem bestand die Möglichkeit,

mit kostbaren Textilien erlernen konnten.

Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.

Viele evangelische Damen hatten geklagt,

Dem Heim wurde schließlich eine Stellen-

die Provinzmädchen hätten nur sehr

vermittlung angedockt durch die zahlrei-

geringe Kenntnisse in Hausarbeit, auch

che junge Frauen in den Kölner Arbeits-

fehle es ihnen an einer positiven Haltung

markt vermittelt werden konnten. Man

zum Dienen. Da großbürgerliche Frauen

weiß, dass 1889 schon insgesamt 4.230

wie sie keine juristischen Ämter anneh-

Frauen vorübergehend oder über einen

men konnten und kaum Fähigkeiten hat-

längeren Zeitraum das Marthastift als

ten, mit größeren Summen umzugehen,

Sprungbrett zu nutzen wussten.

15


GUTES PROJEKT

20 Jahre Malgruppe im Vringstreff Maria und Attila malen seit 20 Jahren in der Malgruppe. Ingrid Bahß durfte den Hobby-Künstlern mit ihrer Kamera mal über die Schulter schauen und bei der Arbeit ein paar Fragen stellen.

ie habt ihr die Malgruppe entdeckt?

chen Lebens- und Arbeitswelten. Zwei- bis

lassen hat. Man darf nicht vergessen, dass

Wir kamen 1999 kurz nach der

dreimal im Jahr arbeiten wir zu vorgege-

die meisten von uns ein Talent mitbringen,

Eröffnung in den Vringstreff. Kurze Zeit

benen Themen, um die Arbeiten dann in

das aber selten gefördert wurde. Jeder gibt

später wurde die Malgruppe von Uli Rich-

einer Ausstellung im Vringstreff zu zeigen.

in unserer Gruppe an Offenheit und Kre-

ter angeboten. Wir waren von Anfang an

Nicht selten stehen wir dann staunend vor

ativität, was er kann.

dabei. Seit September 2019 ist es Marion

unseren Arbeiten und sind stolz, uns der

Schmidt.

Öffentlichkeit vorstellen zu können. Die

Was bedeutet euch beiden das künstlerische

Besucher des Vringstreffs haben die Mög-

Tun?

Was bedeutet euch die Malgruppe?

lichkeit, unsere Ausstellung zu sehen. Die

Künstlerisches Tun bedeutet eine Freiheit

Die Malgruppe hat uns von Beginn an viel

Einladungen und das Plakat werden von

für uns, die uns vor vielen Zwängen

bedeutet; daran hat sich nichts geändert.

Nicole van Achten und unserer Leiterin

bewahrt. Die Malerin Renate Friedländer

Marion Schmidt gestaltet und ver-

hat unser künstlerisches Talent erkannt

schickt; wir helfen beim Ver-

und uns ermutigt, zu malen. Bei ihr haben

teilen mit. Nicole und

wir gelernt, wie wir eine Bildidee verwirk-

Marion kümmern sich

lichen können. Später haben wir unser

dann auch um die

Können in Kursen bei der Malerin Petra

Wir treffen uns, arbeiten an unseren Bildern und erzählen dabei. Das Miteinander schätzen wir sehr. Jeder bringt sein eigenes Temperament mit. Auf diese

Auf hängung

der

Rodewald vervollkommnet. Wir verbrin-

Weise lernen wir uns

Arbeiten. Und auch

gen einen großen Teil unserer Zeit zu

kennen und schät-

auf der Website des

Hause mit dem Malen. Bei schönem Wet-

zen. Es gibt ein Wir-

Vringstreffs wird auf

ter bietet sich auch der Garten an. Maria

die

Gefühl in unserer Gruppe, eine Offenheit für den anderen. Als wir die Ausstellung zum Thema Karneval vorbereitet haben, war

Sonnenblumen von Maria Erdik

ich erst einmal zögerlich. Doch

Ausstellungen

liebt es, neben Blumen auch Landschaften

aufmerksam gemacht.

zu malen, bei Attila sind es die Natur, Mee-

Die Eröffnung der Aus-

reslandschaften, aber auch Bilder mit

stellung ist schließlich der

Menschen. Wenn Zeit bleibt, besuchen wir

Höhepunkt für uns. Neben dem

eine Ausstellung im Museum. Dabei

kreativen Miteinander im Mal-

haben es uns die Impressionisten beson-

dann sind Arbeiten entstanden, mit denen

kurs unterstützen wir uns gegenseitig,

ich jetzt zufrieden bin. Attila hat ein sehr

wenn es nötig ist. Als Jürgen gestorben ist,

schönes Karnevalsbild gemalt, das dann

kamen auch Mitglieder der Malgruppe zur

auch für die Einladung und das Plakat

Beerdigung. Ich habe eine kleine Anspra-

verwendet wurde.

che gehalten und gesagt: „Lieber Jürgen, male weiterhin Bilder, die leuchten, damit

16

Was ist das Besondere an der Malgruppe im

wir dieses Leuchten im Abendrot sehen

Vringstreff?

können.“ In der Karnevalsausstellung ist

In unserer Malgruppe begegnen sich

ein unvollendetes Bild von Irmela zu

KünstlerInnen aus völlig unterschiedli-

sehen, die uns vor Kurzem für immer ver-

ders angetan, Emil Nolde zum Beispiel.

lll

INFO

 Offene Malgruppe Vringstreff Vringstreff e.V., Im Ferkulum 42, 50678 Köln Jeden Mittwoch von 14 bis 17 Uhr.  https://vringstreff.de/mahlzeitfreizeit/malgruppe/

FOTOS: INGRID BAHSS

W


GUTES PROJEKT Die Freikonzerte des Vereins „Yehudi Menuhin Live Music Now“ finden in sozialen Einrichtungen wie Seniorenhäusern, Hospizen, Haftanstalten oder Krankenhäusern statt.

„Jacques Offenbach“ im Haus Stipendiaten des Vereins „Yehudi Menuhin Live Music Now“ spielten für Bewohner des Johanniter-Stift VON THOMAS DAHL

Javier Huerta Gimeno (l.) und Roger Morelló Ros spielten für die Bewohner des Johanniter-Stift auf. FOTOS: T. DAHL

D

ie stadtweiten Feierlichkeiten

gen ist ein wertvoller Prozess, der durch

anlässlich des letztjährigen Jacques

solche Aktionen gefördert wird“, sagte die

Offenbach-Jahres machten neben den gro-

Leiterin des Sozialdienstes.

ßen Hallen und Konzertsälen auch in kleineren Locations halt, so etwa im Poller

Musik, die bewegt

Johanniter-Stift. Stipendiaten des gemein-

„Oh, ich liebe Musik. Vor allem, wenn es

nützigen Vereins „Yehudi Menuhi Live

heitere Klänge sind. Das Konzert ist eine

Music Now“ präsentierten auf zwei Celli

willkommene Abwechslung, da ich und

im Rahmen des 45-minütigen Auftritts

auch viele meiner Mitbewohner nicht

Auszüge aus dem Schaffen des Operet-

mehr so gut zu Fuß sind“, berichtete Erika

ten-Erfinders, darunter die „Barcarolle“

Zomm. Die 84-Jährige lebt seit 2013 in der

aus dem weltberühmten Tanz „Cancan“.

Stätte auf der Jakob-Kneip-Straße und

Darüber hinaus boten die Studenten der

begrüßte das Engagement der Musiker

Musikhochschule Köln ihren Zuhörern

sowie des Vereins: „Klasse, dass es so was

Melodien von George Bizet, Franz Haydn

gibt! Ich bin sicher nicht die Einzige hier,

und Felix Mendelsohn. Die eintrittslosen

die sich auf solche Veranstaltungen schon

Konzerte in verschiedensten sozialen Ein-

Tage vorher freut. Früher bin ich auch

richtungen ermöglichen seit 18 Jahren

gerne in die Oper gegangen. Heute dudelt

Konzerterlebnisse für Menschen, die

dafür bei mir das Radio jeden Tag vom

öffentliche Veranstaltungen, etwa in der

Morgen bis in den Abend“, sagt die Rent-

Philharmonie oder im Gürzenich, auf-

nerin lachend.

grund der Lebensumstände nicht mehr

Nach einer kurzen Vorstellung des Pro-

besuchen können. Die Künstler treten

jekts durch Live Music Now-Koordinato-

ohne Gage auf. Für die geförderten Nach-

rin Barbara Molineus-Gallhöfer gewan-

wuchstalente ergibt sich die Chance, regel-

nen Roger Morelló Ros und Javier Huerta

mäßig vor Publikum auftreten zu können.

Gimeno an den Violincelli schnell die

Die Finanzierung der Tätigkeiten erfolgt

Sympathien der mehr als 40 Zuhörer im

durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.

Saal. Das aus Spanien stammende „Offen-

Jährlich organisiert der Verein in Köln und

bach Cello-Duo“ äußerte sich vor dem

Region 120 bis 150 Konzerte.

Auftritt über die Besonderheit der Kon-

„Das ist eine wichtige Gelegenheit für

zertreihe: „Es ist sehr bereichernd für uns

unsere Bewohner, Unterhaltung mit Emo-

als Künstler, solch eine Nähe und eine

tionen zu vereinen. Durch die bekannten

Direktheit zum Publikum zu erleben. In

Klänge der klassischen Werke werden

den großen Konzertsälen ist das kaum

nicht selten lang verschüttete Erinnerun-

möglich. Man spürt auch förmlich, wie die

gen freigelegt, beispielsweise an einen

Musik die Menschen bewegt und Gefühle

Tanzabend in der Jugend oder einen

freisetzt. Das ist unbeschreiblich und

Opernbesuch“, erklärte Haus-Mitarbeite-

unglaublich motivierend auch für uns

rin Kathrin Kaczmarzyk. „Die Auseinan-

Musiker“, so Roger Morelló Ros.

dersetzung mit biographischen Erfahrun-

 www.livemusicnow-koeln.de 17


CARTOON | CLAYD

VON HEIKO SAKURAI

Liebe Freunde,

FOTO: NICOLE HOMBURG

oft werden Frauchen und ich auf Vorträge eingeladen. Da steht sie dann an so einem langen Stiel – Mikrofon heißt das wohl – und spricht vor anderen Menschen. Ich liege meist daneben, passe auf sie auf und höre zu. So weit so gut. Aber wegen dieser Vorträge müssen wir oft mit der Bahn fahren. Und dafür wiederum sehr früh aufstehen. Das mag ich gar nicht. Aber der Zug wartet ja nicht, sagt Frauchen. Auch doof: Auf dem Gleis ist es total laut, überall sind Menschen. So ein Gewusel. Wenn der Zug kommt, hilft mein Dosenöffner mir die Stufen hoch, oder sie hebt mich einfach gleich ganz rein. Drinnen laufen wir durch die 18

engen Gänge bis sie einen Platz für gut befindet, wo auch ich mich lang machen kann. Meistens ist es so ein Vierertisch. Da mache ich es mir unter dem Sitz gemütlich. Manchmal kommen Leute zu uns und beschweren sich. Eigentlich müsste ich wohl im Zug einen Maulkorb tragen, weil ich eine bestimmte Größe habe. Frauchen nimmt mir meist eine Maulschlaufe mit. Auch sonst ist sie gut vorbereitet. Wenn ich Durst habe, schaue ich sie an und sie weiß, dass ich Wasser haben möchte. Für sich selbst hat sie natürlich Kaffee mit. Sie sagt, im Zug will sie auf nichts verzichten. Wenn sie mal zur Toilette muss, fragt sie immer einen netten Menschen in der Nähe, ob er auf mich aufpasst. Sie hat große Angst, jemand könnte mich klauen. Das ist ja schon einmal

passiert und sie will das nie wieder erleben. Deshalb ist sie auch immer schnell wieder zurück. Wenn der Zug länger an einem Bahnhof hält, geht sie mit mir kurz raus. Das klappt alles schon ganz gut. Aber am Schönsten ist immer die Ankunft. Da geht es nämlich meistens mit dem Auto weiter. Im Auto kann ich wenigstens aus dem Fenster schauen. Im Zug geht das nicht so einfach. Und für den Schoß bin ich zu groß. Darum fahre ich lieber mit dem Auto – stressfrei, mit schön vielen Pausen. Von unterwegs grüßt euer Clayd

Hallo, ich bin Clayd aus Rumänien. Von dort bin ich zu meinem Frauchen, der DRAUSSENSEITER-Verkäuferin Kölsche Linda, gezogen. In meiner Kolumne erzähle ich, was ich so alles in meinem Alltag erlebe. lll


BERICHT

Lothars Marsch Von Honzrath bis Körprich: 21,7 km – 4 Stunden, 20 Minuten Laufzeit

Gerade habe ich in Honzrath die Kneipp-

So bleibt mir Merzig in guter Erinnerung.

anlage für Füße und Waden genutzt. Heu-

Amen. Nach dem Ort geht es schnell in

te Morgen hat es noch viel geregnet. Kurz

die Höhe Richtung Merchingen. Ich ver-

vor acht Uhr konnte ich aber aufbrechen.

suche heute noch bis Schmelz oder Rich-

Diesmal hatten nachts nur eine Schabe

tung Tholey zu kommen. Noch hält das

und drei Schnecken meine Nähe gesucht.

Wetter und die Wolken machen das Lau-

Beim Aufstehen musste ich sehr vorsichtig

fen angenehm.

sein, um kein Tier zu verletzen. In Merzig

Um halb sieben stoppt mich das Wetter

habe ich mir Wasser und ein Brötchen mit

dann doch in Körprich. Außerdem habe

Lyoner geholt. Fehlt nur noch ein Kaffee.

ich den Weg nach Schmelz verpasst. So

Die nächste Bäckerei will 1,90 Euro für

hatte ich mich nach Nalbach, an der B269,

die kleine Tasse haben. Das ist mir zu viel.

verirrt! Aber die B269 ist sogar noch bes-

Ich frage mich durch, ob ich irgendwo

ser, denn sie führt durch Tholey und endet

Kaffee für 1 Euro bekomme. Endlich ent-

bei Bernkastel-Kues an der Mosel. Ich

decke ich ein bekanntes Symbol - Tchibo.

laufe weiter nach Nohfelden, wo ich die

Leider ist es nur ein Shop ohne Kaffeeaus-

B269 wieder erreiche. Es ist kurz vor sie-

schank.

ben Uhr. In drei Stunden kommt hier der

Doch die Betreiberin macht mir an ihrer Vorführmaschine einen Gratiskaffee.

FOTO: CHRISTINA BACHER

Mittwoch, 16. Mai 2018

einzige und zugleich letzte Bus vorbei. Da kann ich ja gleich hier nächtigen.

Am 5. Juli 2016 bricht Lothar zum ersten Mal auf und läuft von Köln nach Hamburg über Schleswig bis nach München – fast 2.000 Kilometer. Seit diesem Tag lebt er auf der Straße und hält sich, wenn er mal nicht unterwegs ist, im Kölner Stadtteil Zollstock auf. Den „Aufbruch“ nutzt der gelernte Maschinenbau-Ingenieur ganz im wörtlichen Sinn: „Nicht in Altem verharren, sondern Neues ergründen.“ Seit 2018 ist Lothar beim DRAUSSENSEITER und auch als Stadtführer der Sozialen Stadtrundgänge dabei.

Karte openstreetmap.org opendatacommons.org creativecommons.org

19


AUS DEN EINRICHTUNGEN

Letzte Runde!

P

lattenpolizist Burkhard Jahn dreht seine letzten Runden über die Plätze und Straßen der Innenstadt. Nach Ostern ist Schluss mit Dienst, er geht in den Ruhestand. Am Veilchendienstag hat er sich im Gubbio bei der Obdachlosenseelsorge verabschiedet und sich den Segen für die kommende Zeit geholt.

Band of Plenty – Acoustic-Band mit Spaß an der Freud

FOTO: DANIEL STEH

FOTOS: PRIVAT

JECKE ENTERN BAD MÜNSTEREIFELS SCHMUCKSTÜCK

Burkhard Jahn arbeitete zuletzt 12 Jahre im Bereich Dom/Hauptbahnhof als Streifenpolizist, Netzwerkvertreter und Interessenvermittler. In seinem Ruhestand möchte er sich verstärkt um seine Familie kümmern, ganz viel lesen und auch möglichst oft seine alten Wirkstätten um den Dom herum besuchen. Er will sich z.B. regelmäßig davon überzeugen, dass das Püppi-Bild am Gulliver gut sichtbar bleibt. Schutzmann Jahn blickt mit großer Dankbarkeit und Freude auf die Arbeit im Milieu und mit den vielen engagierten Menschen und Kooperationspartnern zurück. Er sagt: „Ich habe hier richtig tolles kölsches Zusammenstehen erlebt. In diese Kreise aufgenommen worden zu sein, ist eine unschätzbare Anerkennung und ein großes Glück. Ich wünsche mir, dass die Hilfseinrichtungen und Ämter weiterhin vertrauensvoll und konstruktiv zusammenarbeiten und den Leitspruch von Altkardinal Frings mit Leben füllen – (übersetzt): „Für die Menschen bestellt!“ (or)

Steinsmühle-Thekenmädchen sind keine Sünderlein S

o ein schmuckes Etablissement hat „Loss mer singe“ wohl selten gesehen: das Landgasthaus Steinsmühle in Bad Münstereifel

beherbergte erstmalig „Mönster sing met“ und hatte sich beeindruckend herausgeputzt. Und alle, die gekommen waren, bereuten ihr Kommen nicht, sondern genossen das Ambiente und die tolle Verpflegung durch die fleißigen Thekenmädchen (und -jungen), denen mit Eldorados Tagessieg mal wieder ein kleines Denkmal gesetzt wurde. Alle waren mit Herz und Seele und mit Ohr und Mund dabei. Die neuen Lieder wurden begierig aufgenommen und mitgesun-

gen. Miljös „Liebesleed“ – die Hommage an die vielen kölschen Evergreens, die selber das Zeug zum Evergreen hat – wurde sogar a capella weitergesungen und regelrecht zelebriert. Am Ende langte es für Miljö (punktgleich mit Kasallas „Pommes und Champagner“) für Platz 3 ganz knapp hinter Brings „Sünderlein“, zum dem im großen Saal der Steinsmühle noch genug Platz zum Tanzen gefunden wurde, und Eldorados „Verlieb Dich nie“ auf Platz 1. In der Auszählpause demonstrierte der Sieger des „Kölsche Musik Bänd Kontest“ 2018, Band of Plenty, dass sie absolut keine Eintagsfliege darstellen. Die 6 Jungs zeigten unter dem Kronleuchter, dass mit ihnen auch in Zukunft zu rechnen ist – vor allem mit dem neuen Song „Wie Kölle klingk (1000 Leeder)“, aber auch z.B. mit dem aktuellen Hit „Einer jeiht noch“. Band of Plenty traten umsonst und für den guten Zweck auf, denn wie immer bei „Sing met“ wurde für die OASE, die Anlaufstelle für Wohnungslose gesammelt. Ganze 615,- € kamen zusammen – Danke an alle Spender, an alle Mitsängerinnen und Mitsänger, an Band of Plenty und an Sabine und das ganze Team der Steinsmühle! (or)

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AUS DEN EINRICHTUNGEN

Loss mer singeSitzung am Kölner Tanzbrunnen

A

uch in diesem Jahr durfte die OASE gemeinsam mit dem DRAUSSENSEITER-Team wieder bei der Loss mer singe-Sitzung in den Tanzbrunnen einziehen – neben all den anderen Veranstaltern und Kneipen, in denen in der Session die neuen Lieder eingesungen wurden. Und in diesem Jahr war es eine ganz besonders wunderbare Jubiläumssitzung – lustig, melancholisch, stimmungsvoll und u.a. mit Bläck Föös, Querbeat und Kasalla hochkarätig besetzt. (cb)

FOTOS: PRIVAT

In der Session 1999/2000 lud Georg Hinz seinen Freundeskreis in seine Privatküche in Nippes ein, um mit Hilfe von Textzetteln neue kölsche Lieder zu singen. Die selben Leute standen im Jubiläumsjahr wieder auf der Bühne und schauten in einer musikalischen Hommage zurück. Herzlichen Glückwunsch zum 20. Geburtstag, Loss mer singe!

21


IN EIGENER SACHE

A

b März 2020 erhalten unsere VerkäuferInnen neue Betriebsausweise. Auch

um möglicher missbräuchlicher Verwendung durch Dritte vorzubeugen, bekommen die neuen Verkäuferausweise eine neue Farbe. Nach wie vor sind unsere VerkäuferInnen dazu verpflichtet, beim Straßenzeitungs-Verkauf einen Ausweis bei sich zu tragen und diesen auf Verlangen vorzuzeigen. Die Ausweise stellt Rudolf Fronczek während der regulären Öffnungszeiten der OASE aus. Friederike Bender übernimmt gerne auf Anfrage die Beratung für rumänische VerkäuferInnen. (cb)

Verkäufer-Regeln  Der Verkäufer muss seinen

Ausweis gut sichtbar tragen.  Der Verkauf der Zeitung in den

Fahrzeugen der KVB ist nicht gestattet.  Jeder Verkäufer hat sich ord-

nungsgemäß zu verhalten. Insbesondere sollte der Verkäufer während des Verkaufs nüchtern sein und nicht betteln.  Verstoß gegen die Regeln kann

zum Verkaufsverbot führen.  Der Verkäufer bezieht die Zeitung

für 1,10 € und der Verkaufspreis beträgt 2,20 €.  Der Verkäufer bekommt ein

Bonusheft pro 10 verkaufte Hefte.

Fettes Dankeschön und ein herzliches Willkommen!

N

ach mehr als 10 Jahren geht unsere Grafikerin Petra Piskar nun neue Wege, für die wir ihr von Herzen alles Gute wünschen. Dadurch, dass sie das Layout der Innenseiten des DRAUSSENSEITER immer kontinuierlich und zuverlässig weiterentwickelt hat, hat sie unserem Straßenmagazin im Laufe der Zeit ein unverwechselbares Gesicht gegeben. Zunächst als selbstständige Grafikerin, hat sie ihr Herzensprojekt später als angestellte Mitarbeiterin der Agentur de haar weiterführen können. Neben der (privaten!) Teilnahme an den INSP-Konferenzen in München und Manchester, hat sie sich auch um die Akquise ehrenamtlicher MitarbeiterInnen verdient gemacht und sich durch die Teilnahme an Zukunftswerkststätten und Round Tables für das Projekt stark gemacht. Als Freundin und Unterstützerin wird sie dem DRAUSSENSEITER zum Glück erhalten bleiben.

Seit März 2020 ist nun Edgar Lange als neuer Grafiker im Boot und bereichert unser Magazin durch konstruktive Vorschläge und ein fachkundiges Layout. Der 56jährige Mediengestalter ist seit über 30 Jahren in seinem Designbüro selbstständig tätig und spezialisiert auf Kommunikationsprojekte für Print und Online. Der begeisterte Musikliebhaber ist übrigens „ganz nebenbei“ oft als DJ bei Events und Partys hinter dem Mischpult anzutreffen und präsentiert zudem als Sendungsmacher seine Idee von „guter Musik“ in der monatlichen RadioShow KILLING TIME beim freien Kölner Internetsender 674FM. Herzlichen willkommen, Edgar! (cb)  www.674.fm/killing-time/

Für die Titelgestaltungen ist seit vielen Jahren die Grafikerin Deborah Keser zuständig.

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FOTOS: PRIVAT

Neue Ausweise für DRAUSSENSEITERVerkäufer


BUCH-TIPPS

Simon Beckett

Die ewigen Toten  Im sechsten Fall für den forensischen Anthropologen Dr. David Hunter geht es um drei mumifizierte Leichen, die in einem verlassenen Krankenhaus entdeckt werden, das abgerissen werden soll. Bei der Bergung der ersten Leiche werden die beiden anderen zufällig entdeckt, weil eine Decke des morschen Dachbodens einstürzt. Die Toten liegen in einer versteckten Kammer, deren Zugang zugemauert ist. Was hat das zu bedeuten? Und besteht ein Zusammenhang mit Drogengeschäften, die auf dem verlassenen Gelände vermutlich stattfinden? Hier ist nicht nur die Expertise des Forensikers gefragt, um die Todesursache, den Zeitpunkt des Todes und Hinweise auf die Identität der Toten herauszufinden, sondern auch sein kriminalistischer Spürsinn. Diesmal ist Dr. Hunter aber nicht allein mit dem Fall betraut, sondern es wird ein weiterer junger und ehrgeiziger Forensiker herangezogen, was anfangs zu einer Rivalität zwischen den beiden führt. Auch sonst verläuft die Suche natürlich nicht geradlinig, sondern es ergeben sich zahlreiche Ereignisse, die scheinbar nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun haben. Dr. David Hunter zieht Schwierigkeiten und gefährliche Situationen an wie ein Magnet, so dass es stets neue Wendungen gibt. Zusätzlich zieht sich eine persönliche Geschichte Dr. Hunters aus einem früheren Fall durch das Buch, die aber hinreichend erläutert wird für Leser, die den betreffenden Band nicht gelesen haben. Das Ende ist wie in den vorherigen Fällen überraschend und nicht vorhersehbar. Nicht nur für Fans von Dr. Hunter ist das Buch ein Muss! Ingrid Müller-Münch

Simon Beckett: Die ewigen Toten. Wunderlich-Verlag, 2019 ISBN-10: 3805250029, 22,95 €.

Jan Costin Wagner

Reinhard Kleist

Sommer bei Nacht

Knock Out!

 Jan Costin Wagner pendelt immer schon zwischen den Genres und manch einer fragt sich: schreibt er Krimis oder Literatur „at its best“? Sein finnischer Ermittler Kimmo Joentaa hat ihn berühmt gemacht, wurde verfilmt und in 14 Sprachen übersetzt. Jetzt schwenkt Wagner um. Gerade erschien der erste Band einer neuen Reihe, die diesmal in und um Frankfurt am Main spielt. Jan Costin Wagner lässt nicht nach, wird immer besser, vor allem aber auch immer aktueller. Flohmarkt in der Grundschule. Die Mutter des fünfjährigen Jannis schleppt Trödelsachen aus dem Auto, ist abgelenkt. Nur kurz, doch es reicht für eine Katastrophe. Denn genau in dem Moment lässt Jannis sich von einem riesengroßen Teddybären becircen, folgt dem Mann, der ihm das Kuscheltier hinhält und ihn damit lockt. Seitdem ist Jannis verschwunden. Lakonisch, fast wie nebenbei beschreibt Jan Costin Wagner die sich dramatisch zuspitzenden Umstände, die inneren Widersprüche der Polizisten, die kaputten Leben eigentlich aller an diesem Drama Beteiligten. Da hat jeder seine Fantasien, seine Lebensträume, seine zerstörten Hoffnungen und dunklen Seiten. Wirklich jeder. Und bange wird einem bei dem Gedanken, dass das Leben des kleinen Jannis womöglich nicht mehr zu retten sein könnte. Kaum auszuhalten, wie Jan Costin Wagner die Spannung anheizt, ohne Hektik, ohne reißerisch zu sein. Wagner schafft dies durch eine traumwandlerisch treffend eingesetzte, geradezu poetische Sprache. Durch Andeutungen, Anspielungen und eine märchenhaft anmutende Fantasie. Ein Krimi von seltener Ruhe und Faszination. Dabei ist Wagner so nah dran wie nie zuvor an aktuellen tatsächlichen Geschehnissen. Und mischt sie mit leichter Hand zu einem ausgewachsenen Bestseller.

 „Wie seltsam das ist… Ich töte einen Mann, und die meisten Leute verstehen das und verzeihen mir. Hingegen, ich liebe einen Mann, und so viele halten das für eine unverzeihliche Sünde.“ Emile Griffith war ein begnadeter Boxer, mehrfacher Weltmeister im Welter-, Halbmittel- und Mittelgewicht. Mit 310 Runden hält er bis heute den Rekord in geboxten Runden in WM-Kämpfen. Und er war schwul. 1962 erlangte der Amerikaner traurige Berühmtheit, als er vor laufenden Fernsehkameras seinen Gegner Benny Paret derart hart traktierte, dass dieser ins Koma fiel und wenige Tage später verstarb. Im Vorfeld hatte dieser Griffith mit homophoben Äußerungen verunglimpft. Die Geschichte des schwulen schwarzen Boxers, der während seiner Karriere Damenhüte entwarf und lieber Tischtennis-Profi geworden wäre, erzählt der Comic-Zeichner Reinhard Kleist nun in seiner neuen Graphic Novel „Knock Out!“. Einfühlsam lotst er den Betrachter durch die innere Zerrissenheit des Boxers, der keinem Macho-Klischee entsprach, indem er Griffith einen Dialog mit dem getöteten Paret führen lässt. Sein Geist verfolgt ihn bis zu seinem eigenen Tod 2013. Reinhard Kleist, berühmt geworden durch seine Musikerbiografien von Johnny Cash und Nick Cave, ist ein Meister der schwarz-weißen Tuschemalerei. Im Gegensatz zu den Musikerporträts sind in „Knock Out!“ die Zeichnungen filigraner. Eine klare Lichtdramaturgie und Kameraperspektive lassen die Boxkämpfe lebendig erscheinen. Man meint, bei einer Live-Aufzeichnung dabei zu sein. Der Stil erinnert an Comicstrips der 1950er und 1960er Jahre. Dabei zeigen die fein gesponnenen Gesichtszüge des Boxers seine Verzweiflung, die mit jedem Jahr wächst. Am Ende, nach einem brutalen Überfall auf ihn, wirkt er wie ein depressives Monster. Diese Graphic Novel ist ein emotionales Ereignis, ein Schlag in die Magengrube. Spannend zu lesen wie ein guter Roman, bildmächtig und berührend.

Ingrid Müller-Münch

Jan Costin Wagner: „Sommer bei Nacht“. Galiani-Verlag, Berlin 2020, 312 Seiten, ISBN 978-3869712086, 20,60 €.

Jens Hüttenberger

Reinhard Kleist: „Knock Out! Die Geschichte von E. Griffith“. Carlsen 2019, ISBN 978-3-551-73363-4,18,50 €. 23


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Redaktionsleitung Christina Bacher (cb), bacher@draussenseiter-koeln.de www.draussenseiter-koeln.de Redaktionsassistenz Sabrina Burbach, burbach@draussenseiter-koeln.de Herzlichen Dank allen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Ausgabe. Lektorat Barbara Feltes Titelgestaltung Deborah Keser Gestaltung Innenseiten Edgar Lange, https://www.desdev.de

ein Straßen-Abo zu 42,– Euro pro Jahr ein Sponsoren-Abo zu 85,– Euro pro Jahr

Titelfoto Ingo Pertramer Fotos Christina Bacher, Ingrid Bahß, Berthold Leibinger Stiftung, Thomas Dahl, Nikole Homburg, Fritz-Hüser-Institut, Kölner Schauspiel, Daniel Steh, Ingo Pertramer, Anemone Träger, Unter Druck

ein Förder-Abo zu 150,– Euro pro Jahr

Illustrationen Bea Davies, Maria Erdik

(Als Dankeschön für das Förder-Abo gibt es zudem

Druck druckdiscount24.de

das Buch „Köln trotz(t) Armut“.)

Abos Martina Jühlke, juehlke@oase-koeln.de

www.draussenseiter-koeln.de, abo@draussenseiter-koeln.de Lieferanschrift Vorname / Name Straße PLZ/Ort

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Vertrieb Ali Baran Herausgeber Benedikt-Labre e.V. – OASE Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln Tel.: 0221 / 98 93 53-0, Fax: 0221 / 98 93 53 16 Depots (nur für Verkäufer) • Kiosk Orman, Salierring 15, 50677 Köln • OASE, Alfred-Schütte-Allee 2-4, 50679 Köln Verkauf öffentlich • Agnesbuchhandlung, Neusser Straße 63, 50670 Köln • Buchladen Neusser Straße, Neusser Straße 197, 50733 Köln • BUNT Buchhandlung, Venloer Straße 338, 50823 Köln Kontoverbindungen IBAN: DE66 3705 0198 0016 5020 31 SWIFT-BIC: COLSDE33, Sparkasse KölnBonn DRAUSSENSEITER ist das Sprachrohr für alle Obdachlosen, deren Freunde, ehemals Obdachlose und andere Betroffene. Leserbriefe sind immer herzlich willkommen. Für namentlich gekennzeichnete Artikel und Leserbriefe sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Bedürftigen wird für veröffentlichte selbstgeschriebene Artikel, Interviews und Fotos ein kleines Honorar gezahlt, wenn dies der Autor ausdrücklich wünscht. Nachträgliche Forderungen werden nicht akzeptiert. Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1.1.2009.

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DRAUSSENSEITER ist Mitglied des


VORSCHAU

Gratis-Tipp z Musikevent

Am 18. April 2020 findet auch in diesem Jahr wieder der Record Store Day statt. Mit über 3000 teilnehmenden unabhängigen Plattenläden weltweit hat sich der Tag, der 2007 erstmals stattfand, inzwischen zu einem riesigen Musikevent gemausert. Einst veranstaltet, um vor dem Engagement der Independent-Plattenläden einfach mal den Hut zu ziehen, finden inzwischen auch in Köln unzählige Konzerte, Platten-Release-Partys und Tanzveranstaltungen mit ausgewählten DJ in den Läden selbst statt. Teilweise bis spät in die Nacht garantieren Läden wie Black Diamond Records, Parallel Schallplatten oder der Underdog Recordstore persönliche Beratung, seltene Musikveröffentlichungen und natürlich den Austausch mit anderen Musikbesessenen. Die Botschaft: Ein Hoch auf den Einzelhandel! Ein Hoch auf Vinyl!

FOTO: CHRISTINA BACHER

ww.recordstoredaygermany.de/  w teilnehmende-shops/

In der Neusser Straße 85 – auf Höhe der Agneskirche – hat gerade der Laden „Hauptsache Musik“ eröffnet. Er gehört zu den fünfzehn unabhängigen Plattenläden, die am 18. April 2020 den RSD zelebrieren.

FOTO: KÖLNER SCHAUSPIEL

Record Store Day – ein Hoch auf die unabhängigen Plattenläden

In dem Stück „Vernon Subutex“, in dem es um einen obdachlosen Plattenhändler in Paris geht, wird u.a. die Hauptfigur durch eine Puppe verkörpert.

Let the puppets dance

P

uppentheater – das wissen inzwischen nicht nur die Fans von Hänneschen Theater, Augsburger Puppenkiste oder KölnerKünstlerTheater – ist nicht nur was für Kinder. Figuren werden inzwischen in verschiedenster Form an nahezu allen Schauspielhäusern eingesetzt – geführt von SchauspielerInnen, die ihr Handwerk an der Puppe eigens gelernt haben. Wir haben mit Schauspielerin Magda Lena Schlott und Regisseur Moritz Sostmann vom Kölner Schauspiel darüber gesprochen, wie unentbehrlich Puppen gerade für das zeitgenössische Theater sind. Und wir haben Menschen getroffen, die ohne ihre Puppen und Stofftiere nicht mehr leben können. Und wir klären die Frage, warum die berühmte George Sand, diese kämpferische Frau, auf ihrem Landsitz in Nohant unzählige Puppenkleider genäht hat.

Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. Mai 2020. Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749

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SERVICE n Sozialdienst Katholischer Männer e.V.

FOTO: SIMON VEITH

Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, kontaktstelle@skm-koeln.de, www.skm-koeln.de

n Vringstreff e.V.

In der OASE.

Für Alle n Diakoniehaus Salierring Fachdienst für Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe d. Diakonischen Werkes Köln und Region, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 70-0, verwaltung.salierring@diakonie-koeln.de, www.diakonie-koeln.de Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 12.3016.30 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten) Straffälligenhilfe: Zeiten wie oben Tagestreff: Di, Do, Fr 8.30-12.30 Uhr, Mo u. Mi 12.30-16.30 Uhr Frühstück, (donnerstags auch Mittagessen), Duschen, Wäschekeller, Aufbewahrung, Internetzugang Kleiderkammer: Di u. Do 9-11.30 Uhr Krankenwohnung, Betreutes Wohnen § 67 SGB XII, Ambulante Begleitung gem. § 67 SGB XII, Betreutes Wohnen § 53 SG XII, Clearingstelle Claro im Trägerverbund

n Emmaus Geestemünder Str. 42, 50725 Köln, Tel.: 971 17 31, info@emmaus-koeln.de, www.emmaus-koeln.de

Appellhofplatz: Essenausgabe u. medizinische Versorgung, Mo bis Fr ab 21 Uhr Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstiger Einkauf von Secondhand-Artikeln, Dritte-WeltArbeit durch Versand von Hilfslieferungen

n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, info@koelnerarbeitslosenzentrum.de, www.koelnerarbeitslosenzentrum.de Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr

n Kölner Obdachlosenfrühstück, Peter-Deubner-Stiftung Tel.: 430 39 83 Angebote: 9-11 Uhr: Kostenloses sonntägliches Frühstück jeden 3. Sonntag im Monat im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429, und jeden 4. Sonntag in der MüTZe, Berliner Str. 77, Köln-Mülheim

n GUBBIO Obdachlosenseelsorge Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme

n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, rochus@skm-koeln.de http://skm-koeln.de/9.0/9.1.8/rochus-p.html

Angebote: montags-freitags warmes Essen von 12.00-14.00 Uhr, kalte und warme Getränke, Duschmöglichkeit (Behindertendusche u. -toiletn Gulliver – Überlebensstation f. Obdachlose te), Wäsche waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Trankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, Beratung täglich von 11.00-15.00 Uhr oder nach 50667 Köln, Tel.: 120 60 91 Vereinbarung. Medizinische Sprechstunde Di und Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, Do von 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes Tagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit betreutes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Inter- Zugang. Samstags geöffnet – es gibt Frühstück. netzugang, Kunstausstellungen, Handyladestati- Die Kleiderkammer hat täglich geöffnet, montags on, Gepäckaufbewahrung zwischen 9.15 und 10.30 Uhr auch für Menschen Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8-16 Uhr (Kernöffnungs- aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Köln Pass. zeiten), Wochenende und Feiertage 10-18 Uhr Öffnungszeiten: Mo-Fr. 11.00-15.00 Uhr, Kleiderkammer: Do 13.30-15.30 Uhr Sa. 10.00-13.00 Uhr

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Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, Freizeitangebote, (Spieleangebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr

Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltungen, Beratung

n Bürger für Obdachlose e.V. Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebraucht-

n OASE-Benedikt Labre e.V. Alfred Schütte Allee 4, 50679 Köln, Tel. 0221/9893530 kontakt@oase-koeln.de www.oase-koeln.de

Kontakt- und Beratungsstelle: Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung

Offener Treff: Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr

Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr

Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr Donnerstags ab 13.00 Uhr Computer-Nutzung: nach Vereinbarung Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung REDAKTIONSSITZUNG DRAUSSENSEITER:

siehe Aushang


SERVICE

n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 ibwa@netcologne.de www.bauenwohnenarbeiten.de

Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung, Wohnen, Betreutes Wohnen

Nur für Frauen n agisra e.V.

Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internetnutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Vermittlung an weiterführende Hilfen möglich.

n Elisabeth-Fry-Haus Albert-Schweizer Straße 2, Nähe Südfriedhof, 50968 Köln, Tel.: 99 56-43 00 efh@diakonie-michaelshoven.de www. diakonie-michaelshoven.de Notaufnahmeheim für Frauen und Frauen mit Kindern, Schutz, Übernachtung, Verpflegung, Wohnen, Beratung und Begleitung. Das Haus ist rund um die Uhr geöffnet.

Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Martinstr. 20a, 50667 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org

n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und

Beratung nach Terminvereinbarung, Telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr

Beratung telefonisch, persönlich und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote

n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310 Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr Café Auszeit 2 Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232.14 82 92, cafe-auszeit2@skf-koeln.de

Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, mailbox@notruf-koeln.de, www.notruf-koeln.de

Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210 Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:

In unserer stationären Einrichtung für wohnungslose Männer bieten wir folgende Hilfen an: Beratung und Unterstützung durch fachkompetente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachgehende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote

Wohnprojekt für Frauen

n LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen

Mi 14-16 Uhr: ohne Anmeldung Di 10-11 Uhr, Do 14-15 Uhr: telefonische Beratung, Di 16-18 Uhr: kostenlose Betreuung Ess-Störungen 0800 5 03 58 85 Mädchenberatung rechtsrheinisch Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim Tel.: 0221/890 55 47; maedchenberatungrechtsrhein@lobby-fuer-maedchen.de Mi bis Fr ganztägig nach Vereinbarung Fr 14-18 Uhr ohne Anmeldung

Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57 FOTO: CHRISTINA BACHER

Erik-Wickberg-Haus Marienstr. 116-118, 50825 Köln Tel.: 955609–13 koelnewh@heilsarmee.de www.heilsarmee.de/ewh

Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de

n Mäc-Up

Der Second-Hand-Laden der Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) befindet sich am Salierring 37 und 41.

n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH

n Haus Rosalie

Mädchenberatung linksrheinisch Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld Tel.: 0221/45 35 56 50 Jeden Dienstag und Donnerstag offene Beratung maedchenberatung-linksrhein@lobbyvon 10 -15 Uhr; Donnerstags von 10 bis 12 Uhr fuer-maedchen.de Frauenfrühstück Mo bis Do: ganztägig nach Vereinbarung

n Comeback

Nur für Männer

Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen, Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr.

FOTO: CHRISTINA BACHER

waren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.

Emmaus-Möbellager in der Barbarastraße

n Notschlafstelle für Männer Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), jhk-notaufnahme@johannesbund.de Sozialarbeiterische Beratung, Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren

n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr 27



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