28. Jahrgang Nr. 209 April 2020
R E T I E S N E S s U A R D IN
Kein Stillstand
GREGOR GOG
VRINGSTREFF
THEES UHLMANN
Foto: Ingo Pertramer
Z A G A M N E S S A STR R E N L Ö K S A D
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Engelbertstraße 44 · 50674 Köln Postfach 27 01 26 · 50508 Köln Telefon (02 21) 93 18 00 - 0 Telefax (02 21) 93 18 00 - 66 e-Mail: wpg@mermagen.de Internet: www.mermagen.de Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Wilhelm Mermagen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Petra Heider Rechtsanwältin und Steuerberaterin
Wir beraten Privatkunden, Freiberufler und Gewerbetreibende. Wir beraten und prüfen Unternehmen, Verbände und gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen.
INHALT
Vorwort
Inhalt
Liebe Leserinnen und Leser,
Schwerpunkt: Vagabunden
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mehr als fünf Jahre ist es her, dass der Sänger Thees Uhlmann seine Sing-Stimme erhob. Jetzt ist sein gefeiertes Album „Junkies und Scientologen“ erschienen, mit dem er gerade durch Europa tourt und – by the way – auch die Toten Hosen auf ihrer Tour begleitet. Der ehemalige Tomte-Sänger ist nur noch unterwegs, dafür genießt er den „späten Ruhm“ sehr. Doch: „So hoch war der Preis noch nie“, verrät der Künstler,
Interview – Thees Uhlmann über die Schwere seines neuen Albums und die Leichtigkeit des Seins
der inzwischen auch Vater einer Tochter ist, in Berlin lebt und doch in ganz Europa zu Hause ist.
Foto: Ingo Pertramer
Foto: Anemone Träger
Fahrende Leute, Vaga-
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bunden, Berber – was sind das für Leute, die sich – manchmal sogar
„Was ich geschrieben habe, gehört dir.“ Gregor Gog in Majdanek
ganz bewusst – für ein Leben „on the road“ entscheiden? Gregor Gog beispielsweise Christina Bacher traf Thees Uhlmann vor einer Lesung in Köln
Illustration: Bea Davies
galt
schon in der Weimarer
Vorwort
Republik als „König der
Interview: Thees Uhlmann ........................................ 4-7
Vagabunden“, Anarchist, Bürgerschreck. Gleichzeitig war er Chefredakteur des
................................................................... 3
Gregor Gog: „König der Vagabunden“
........................ 8-11
Vorläufers aller Straßenzeitungen und Organisator des „Ers-
Vagabundenkongress 2020 .......................................... 12
ten Internationalen Vagabundenkongresses“.
Spuren der Armut
Ein Comic zeichnet nun seine politische Biografie und damit einen fast vergessenen Teil deutscher Sozial- und Bewegungsgeschichte nach. Wir haben darin geblättert.
................................................. 14-15
20 Jahre Malgruppe im Vringstreff ................................. 16 Gutes Projekt
...........................................................
Cartoon | Kolumne „Nur kein Stillstand“ lautet unsere Devise im April! Ein Hoch auf die Vagabunden! Ihre
Lothars Marsch
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.................................................... 18
........................................................
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Aus den Einrichtungen .......................................... 20-21 In eigener Sache ....................................................... 22 Buchtipps ............................................................... 23
Christina Bacher
Abo | Impressum ...................................................... 24 Kulturtipp Vorschau
..............................................................
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................................................................
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Service: Adressen
.................................................
26-27
Öffnungszeiten: OASE e.V. Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 – 13.00 Uhr Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Mittwoch: nach Terminvereinbarung 3
VAGABUNDEN
„Ich wollte nie die Welt verändern“ Mehr als fünf Jahre ist es her, dass der Sänger Thees Uhlmann seine Sing-Stimme erhob. Jetzt ist sein gefeiertes Album „Junkies und Scientologen“ (Grand Hotel van Cleef) erschienen, mit dem er gerade durch Europa tourt und – by the way – auch die Toten Hosen auf ihrer Tour begleitet. Der ehemalige Tomte-Sänger hat in der Zwischenzeit einen erfolgreichen Roman geschrieben, die Autobiografie von Bruce Springsteen eingesprochen, ein komplettes Album geschrieben und wieder in die Tonne gekloppt. „So hoch war der Preis noch nie“, verrät der Künstler im Gespräch mit Christina Bacher und redet ganz offen über späten Ruhm, Brüche im Leben und die neue Gelassenheit,die – mit Verlaub – unglaublich gut zu seiner neuen Frisur passt.
Foto: Ingo Pertramer
VON CHRISTINA BACHER
4
VAGABUNDEN
D
RAUSSENSEITER: Herzlichen Glück-
te mir da vor-werfen, dass ich mich mit
Nest im Landkreis Cuxhaven. Und dann
wunsch zum Erfolg deines neuen
solchen Songs neu erfunden habe. Oder
hatte ich eben – im Nachhinein betrachtet
Albums „Junkies und Scientologen“,
dass ich zu offen bin in meiner Kunst, mich
– gut 25 Jahre lang Zeit zu üben. Und das
mit dem du dieses Jahr auf großen Festivals
in meinen Texten plötzlich auch an die
war enorm wichtig. Jeder 27-Jährige will
tourst, nachdem du die Plattencharts im
dunklen Plätze des Lebens traue. Das
doch heute sofort die große Karriere
Sturm erobert hast. Man könnte meinen,
kannte man so vielleicht nicht von mir.
machen. Auch, wenn ich das nachvollzie-
dass sich die fünfjährige künstlerische Schaf-
Aber mal ganz ehrlich: Ich lehne es ab,
hen kann, bin ich froh, dass es bei mir –
fenspause gelohnt hat. Dabei warst du ja
dass Künstler normal und berechenbar
übrigens ähnlich wie bei Marcus Wie-
gar nicht untätig in der Zwischenzeit. Man
sein müssen. Meine erste Aufgabe als
busch und Sven Regener – aus irgendei-
hört, du hast weiterhin wie der Teufel Lieder
Künstler ist es doch nicht, erfolgreich zu
nem Grund anders gelaufen ist: Es ist
geschrieben und sie dann tatsächlich alle
sein, sondern da hinzugehen, wo sich zwi-
wirklich wunderschön, dass ich mit 46 so
wieder in die Tonne gekloppt. Stimmt das?
schenmenschliche Phänomene abspielen.
berühmt bin wie noch nie. Heute sind
Thees Uhlmann: Ja, so war das tatsächlich.
Meinetwegen auch menschliche Tragödi-
Rockbands ja oft zwischen 25 und 35 Jah-
Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich
en. Den Blick dafür zu schärfen und sich
re alt, powern sich aus, lösen sich auf, weil
keine Verbindung mehr zu den Songs hat-
dabei selbst auch mal zurücknehmen zu
irgendjemand keinen Bock mehr hat und
te, die ich geschrieben habe. Vielleicht
können, das ist eine Art von Gelassenheit,
wenige Jahre später ist von dem ganzen
hätte ich da mehr auf mich hören sollen
die ich erst an mir entdecken musste.
Ruhm und Geld nichts mehr übrig. Da ist es doch viel lustiger, wenn das umgekehrt
und nach dem Schreiben meines Buches „Sophia, der Tod und ich“ mal eine Pause
DRAUSSENSEITER: Du stammst aus dem
passiert: Denn das ist normalerweise im
machen sollen. Aber irgendwie dachte ich,
kleinen Ort Hemmoor in Niedersachsen und
Rock’n’Roll gar nicht vorgesehen. Wenn
es muss sofort weitergehen. Es gibt offen-
hast bereits zu Schulzeiten angefangen,
bei anderen die Karrieren schon vorbei
bar ein künstlerisches Grundgefühl, das
Musik zu machen. Unter anderem wegen
sind, lege ich los. Und das genieße ich gera-
man nicht ignorieren sollte. Auch thema-
deiner Band Tomte, die du 1994 gegründet
de sehr. Und: Ich glaube, dass mein Gehirn
tisch habe ich mich zu der Zeit als Mensch
hast, hast du schließlich dein Lehramtsstu-
inzwischen so gefestigt ist, dass ich den
in eine ganz neue Richtung entwickelt.
dium aufgegeben, um weiterhin nur noch
Rummel ganz gut aushalten kann.
Während ich in meinen Songs immer noch
Musik zu machen. Was bedeutet dir das,
Ein großer Vorteil, wenn man ein so unste-
die ganz großen Themen angepackt habe,
dass du jetzt – mit 46 Jahren – sowohl als
tes Künstlerleben führt und heute mal
habe ich mich in Wirklichkeit eher für die
Buchautor als auch als Solokünstler eine
hier ist und morgen dort.
kleinen, greifbaren Dinge des Lebens inte-
größere Wertschätzung bekommst als je
ressiert. Je älter ich werde, desto mehr
zuvor?
DRAUSSENSEITER: Aber je berühmter man
möchte ich mich offenbar an Dingen abar-
Thees Uhlmann: Eigentlich habe ich mit
ist, desto mehr hat man vielleicht auch eine
beiten, die ganz konkret sind. Mal ganz
Musik machen angefangen, weil mir ein-
Vorbildfunktion als Künstler. Viele Bands,
davon abgesehen, dass ich mich seit fünf
fach unfassbar langweilig war in meinem
wie beispielsweise die von dir sehr geschätz-
Jahren nicht mehr verliebt habe. Warum sollte ich also darüber singen? Momentan sind mir beispielsweise meine Freunde vielleicht wichtiger, überlege ich dann. DRAUSSENSEITER: Deshalb also dann zum Beispiel ein Lied über einen Mann, der Frauen nach Hiphop-Videodrehs nach Hause fährt? Ist der neue Thees Uhlmann ein Flaneur und Beobachter von Alltagsszenen? Thees Uhlmann: Vielleicht. Nimm den Song „Junkies und Scientologen“, nach dem ja auch das neue Album benannt ist. Darin geht es ja wirklich von der größten Ordnungseinheit Gott bzw. Kirche bis hin zur kleinsten Mikroeinheit – Freundschaft. Ich zähle darin Namen von Freunden auf, die keiner kennt. Gut, man könn-
Sie ist die Frau, die ich nach HipHop-Videodrehs nach Hause fahre Und sie fragt mich müde: „Warum hast du keine Tattoos?“ Die umgedrehte Kamera des Handys als Schminkspiegel „Warum bist du nicht tätowiert?“ Ich sag: „Ich bin so hart geworden in all der Zeit In meinem Herzen ist seit Jahren nichts mehr passiert Die Farbe ist einfach an meiner Haut abgeplatzt Deswegen bin ich nicht tätowiert“ Sie sagt: „Es ist gut wie du schweigst, es ist gut wie du fährst Du siehst aus, als ob du lieber alleine wärst“ Ich hab‘ die Antwort vergessen, weil mich selten jemand fragt Aber ich fahr‘ uns jetzt nochmal eine Runde um die Stadt Das ist das, was wir tun Müde und benommen Das ist das, was wir tun Um über die Runden zu kommen Aus: „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop-Videodrehs nach Hause fährt“
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VAGABUNDEN Christina Bacher traf Thees Ullmann vor seiner Lesung aus dem Buch „Die toten Hosen“, das im Kiepenheuer & WitschVerlag erschienen ist.
ten Toten Hosen, nutzen ihre Konzerte, um politische Statements zu verbreiten und vor ihren Fans Haltung zu zeigen. Wie ist da Thees Uhlmann: Natürlich bin auch ich ein politischer Mensch und habe eine eigene Meinung. Aber – und das habe ich schon häufiger gesagt – ich sehe mich
Foto: Anemone Träger
dein Anspruch?
nicht in dieser Tradition von Bands, bei denen die politische Agitation total in der DNA verankert ist und auch zur Bühnenpräsenz gehört. Ich würde es fast als Frevel
müssen und lange über das Angebot nach-
spricht. Bis heute sind wir befreundet – das
gegenüber den Toten Hosen oder Bands
gedacht. Diese Band hat mich, wie keine
alles verdanke ich meiner Kölner Zeit.
wie Feine Sahne Fischfilet empfinden, die
andere, mehr als 30 Jahre meines Lebens
sich da seit Jahren an der politischen Front
begleitet und mich musikalisch sehr
DRAUSSENSEITER: Du hast ja nach deinem
engagieren, wenn ich ab und zu mal von
geprägt. Mein allererstes Konzert war ein
abgebrochenen Studium zunächst in der
der Bühne herunter ein schlaues Statem-
Hosen-Konzert! Und plötzlich hat es mich
Altenpflege gearbeitet und dich dann als
ent loslassen würde. Das käme mir vor wie
selbst interessiert, mein Leben zu erzählen
Künstler durchgeschlagen. Dabei hast du
so ein PR-Gag, eine miese Marketing-
und die Toten Hosen dabei in den Fokus
nicht nur rosige Zeiten erlebt und – so habe
Aktion. Und ich bin mir ziemlich sicher,
zu nehmen. Das Ganze ist mir fast ein
ich jedenfalls gelesen – sogar mal Besuch
dass ich damit sowieso rein gar nichts
bisschen peinlich, weil es sich wie der
von einem Gerichtsvollzieher gehabt. Hast
bewirken würde. Mein Weg ist da ein
bekannte amerikanische Traum anfühlt.
du deshalb vielleicht auch eine Vorstellung
anderer. Ich versuche, meine Kunst so gut
Der Deal, auf den ich mich einlassen konn-
davon, wie es sich anfühlt, wenn sich die
zu machen, wie es irgendwie geht. Ich
te, lautete: Ich schreibe das Buch, die Band
Abwärtsschraube zu drehen beginnt und
möchte die Menschen einladen, daran
liest das Manuskript und kann es komplett
man beispielsweise obdachlos wird, wie vie-
teilzuhaben. Und wenn sie verstehen, dass
ablehnen – dann erscheint es auch nicht.
le unserer Straßenzeitungsverkäufer?
sie auf meinen Konzerten die besseren
Das haben sie aber nicht getan. Und letz-
Thees Uhlmann: Ja und nein. Grundsätz-
Geschichten, die schöneren Gedichte und
tens nach einer Lesung aus dem Buch
lich hat Geld in meinem Leben nie eine
die interessanteren Menschen kennenler-
haben sie mich tatsächlich gefragt, ob ich
große Rolle gespielt, ich kann damit ein-
nen als beispielsweise bei AfD-Kundge-
sie auf der „Ohne Strom“-Tour begleiten
fach nichts anfangen. Ich weiß, dass ich als
bungen, dann habe ich mein Ziel erreicht.
möchte. Ich werde sie also im August auf
Altenpfleger damals 100 D-Mark schwarz
Ich glaube nämlich fest daran, dass viele
der Waldbühne in Berlin und auf der
verdient habe. Dann hört es auch schon
Menschen, die rechtsradikale Parteien
Loreley Freilichtbühne wiedersehen.
auf mit der Einschätzung, was jemals so
wählen, kein politisches, sondern ein psy-
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reingekommen und rausgegangen ist. Ich
chisches Problem mit sich herumtragen.
DRAUSSENSEITER: Du hast ja eine Zeit lang
hatte nie teure Hobbys. Ich besitze kein
Denen geht es nicht gut. Man sollte ihnen
in Köln gelebt und hier studiert. Wie erin-
Auto. So bin ich immer irgendwie über die
bunte, farbenfrohe Alternativen bieten.
nerst du dich an diese Zeit vor 20 Jahren?
Runden gekommen. Dafür hatte ich
Thees Uhlmann: Ich habe zwei Jahre in
immer schon Probleme damit, meine Brie-
DRAUSSENSEITER: Dennoch hast du – par-
Köln gelebt. Im Nachhinein kommt mir
fe zu öffnen. Ich weiß also, was passiert,
allel zum neuen Album – gerade ein neues
diese Zeit so unglaublich reich und voll
wenn du die Post einfach ungeöffnet lie-
Buch vorgestellt, das quasi eine Hommage
vor, als wären es fünf Jahre gewesen. Allei-
gen lässt. Dann kommt tatsächlich irgend-
an die Toten Hosen darstellt, deren Fan du
ne schon der unlimitierte Zugang zu Kon-
wann der Gerichtsvollzieher. Der hat sich
bereits als Junge warst und in deren Vorpro-
zerten, den ich aus der Provinz ja nicht
übrigens ziemlich gewundert, dass ich die
gramm du in diesem Sommer auftreten
kannte. Ich lernte plötzlich Leute kennen,
ausstehenden Rechnungen sofort begli-
wirst. Was für ein Ritterschlag! Wie kam es
die mir ähnlich waren oder die mich inte-
chen habe, als er danach fragte. Und natür-
denn dazu?
ressierten. Unter anderem habe ich in
lich erinnere ich mich noch gut an Zeiten,
Thees Uhlmann: Es ist ja nicht meine Idee
dieser Zeit Linus Volkmann kennenge-
in denen ich keine Krankenversicherung
gewesen, dieses Buch zu schreiben. Ich
lernt und ich konnte das erst gar nicht
hatte und mir mein Freund Marcus
wäre niemals so vermessen gewesen, das
glauben, dass es einen Menschen wie ihn
Wiebusch Pizza gebacken hat, weil ich
vorzuschlagen. Ich wurde von meinem
gibt. Ich hatte zuvor noch nie jemanden
nichts zu essen im Haus hatte. Aber: Ich
Verlag gefragt, habe erst einmal schlucken
getroffen, der eine so eigene Sprache
habe auch damals keine wirklich existen-
VAGABUNDEN
zielle Not empfunden, sondern – im Rückblick betrachtet – den Lebensstil eines Künstlers auch ein bisschen zelebriert. DRAUSSENSEITER: Du bist ja heute selbst Vater einer 14-jährigen Tochter. Welche Werte möchtest du ihr mitgeben? Thees Uhlmann: Ich möchte ihr vor allem das Gefühl geben, dass sie sich bei mir
Wärst du nur zu mir gekommen Hättest mich gefragt Eine Gallenblase ist nicht wichtig Nur der nächste Tag Wir grüßen dich, Avicii Mit der Faust fest erhoben Spiel noch einen Song Alles Gute kommt von oben Du wartest auf die Liebe Und ich auf das letzte Bier Der Platz am Tresen neben mir bleibt heute leider leer Eine gute letzte Reise, zum Abschied leise winken Elektronische Musik kann man sich so selten schön trinken Aus: „Avicii“
sicher fühlt. Und dass sie es mir immer sagen kann, wenn es ihr nicht gut geht. Meine Tochter hat mich schon häufiger
schon besser als vorher. Warum? Weil er
Thees Uhlmann: Ich möchte mich weiter-
gefragt, wie man auf der Straße landet und
seine Furcht vor Sanktionen überwunden
hin selbst spüren. Als Künstler ist es mir
wie man aus so einer Situation wieder
hat. Davor habe ich einen großen Respekt.
gerade nicht vergönnt, ein normales
rausfindet. Wir wohnen ja in Berlin, da
Scham und Angst entstehen ja nur durch
Leben zu führen – ich meine damit ein
gehört Armut mit zum Stadtbild. Ehrlich
die diffuse Angst vor Sanktionen. Und
bürgerliches Leben, das ja viele anstreben.
gesagt, empfinde ich die Kreuzberger
wenn man sich erstmal traut, über seine
Und dennoch mag ich mein Leben, so, wie
manchmal als sehr pseudo-liberal und
Probleme zu sprechen, ist das ein guter
es jetzt ist, sehr. Und ich möchte mir die
hippiemäßig verpeilt, im Sinne von „jeder,
erster Schritt, sich in Zukunft wieder mehr
Erkenntnis bewahren: Mal ist das Leben
so wie er will“, dass die ihre direkte Umge-
zuzutrauen.
gut und mal ist es schlecht. Mit diesem Wissen kann ich sehr gelassen in die
bung mit all diesen Problemen noch nicht mal mehr wahrnehmen. Niemand scheint
DRAUSSENSEITER: Apropos Zukunft: Was
Zukunft schauen. Relativ neu ist für mich
etwas dagegen zu unternehmen, dass es
wünschst du dir? Auch und gerade, wenn
auch, dass ich dieses Streben nach Glück
immer mehr Junkies gibt. Exkremente in
der Erfolg anhält?
komplett aufgegeben habe. Und das
den U-Bahn-Stationen, Spritzen auf dem
macht mich tatsäch-
Bahnsteig, Heroinrauchen nachmittags
lich glücklicher – so
um drei auf Parkbänken – alles egal. Manchmal denke ich, ich habe in Berlin inzwischen mehr offene Beine gesehen als mein Großvater im Ersten Weltkrieg. Aber scheinbar ist das allen egal. Die Stadt freut sich, dass es sich auf Kreuzberg beschränkt, die Kreuzberger freuen sich, dass sie das als tolerant wahrnehmen. DRAUSSENSEITER: Im Grunde ist das ja auch die Botschaft deines Songs über den schwedischen Musiker Avicii, der sich mit 28 Jahren das Leben nahm. Trotz seines großen
Danke für die Angst Die mich noch manchmal überkommt Ist es wirklich sicher Dass alles wiederkommt? Was ich übers Leben weiß Weiß ich aus „Stand by me“ Ich hab‘ ein‘ Hund, der „Cujo“ heißt Und mein Auto heißt „Christine“ Wenn du schreiben kannst, dann schreibe Wenn du singen kannst, dann sing Und wenn du nicht mehr weiter weißt Frag Stephen King
absurd
es
klingt.
Aus: „Danke für die Angst“
fürs Gespräch.
Überhaupt finde ich, dass das Leben durch den drohenden Tod automatisch immer ein bisschen sexyer wird. Und das sind doch phantastische Aussichten. DRAUSSENSEITER: Herzlichen Dank
Erfolgs und seines Reichtums hat er es nicht geschafft, über sein psychisches Tief hinwegzukommen. Offenbar hatte er da niemanden, an den er sich wenden konnte … Thees Uhlmann: Ja, darum handelt dieser Song. Selbst, wenn die Kacke am Dampfen ist, kann man Hilfe von irgendwoher bekommen, davon bin ich überzeugt. Und ganz ehrlich: Wenn mir jemand erzählt,
lll
INFO
Thees Uhlmann - Junkies und Scientologen Label: Grand Hotel Van Cleef / Indigo Erscheinungsdatum: 20. September 2019 erhältlich als CD, Vinyl, Digital Download
dass er an einer psychischen Erkrankung leidet oder das Konto mal wieder leer ist, finde ich diesen Menschen automatisch
7
VAGABUNDEN
„Wo der Bürger aufhört, beginnt das Paradies“ „König der Vagabunden“, Anarchist, Bürgerschreck, Chefredak– teur des Vorläufers aller Straßenzeitungen, Organisator des „Ersten Internationalen Vagabundenkongresses“ - Gregor Gog ist in der Weimarer Republik so prominent wie gefürchtet. Ein Comic zeichnet nun seine politische Biografie und damit einen fast vergessenen Teil deutscher Sozial- und Bewegungsgeschichte nach.
VON BASTIAN PÜTTER, ILLUSTRATIONEN: BEA DAVIES, FOTOS: BERTHOLD LEIBINGER STIFTUNG, FRITZ-HÜSER-INSTITUT
E
s ist die Zeit
tischen Biografie. „Gog ist spätestens wäh-
der gesell-
rend des Ersten Weltkrieges mit anarchis-
schaftlichen
tisch gesinnten Matrosen zusammenge-
Transformationen,
kommen und hat dort einen illegal
der Revolutionen und der
organisierten Lesezirkel besucht“, sagt
Menschheitskatastrophen
Patrick Spät, Autor des soeben im
in Europa, in die Gregor Gogs
Avant-Verlag erschienenen Comics „König
Lebensspanne fällt. 1891 in
der Vagabunden“. „Ab da war er, um es
Schwerin an der Warthe (heutiges
Mehrmals steht Gog wegen Anstiftung
in einfachen Verhältnissen aufgewachsen,
zur Meuterei und der Verbreitung antimi-
ist Gogs Biografie selbst geprägt von
litaristischer Propaganda vor Militärge-
Umbrüchen und Richtungswechseln,
richten, wird in „Irrenhäuser“ eingewie-
von kurzem Ruhm – und von Leid und
sen, nierenkrank durch
Entbehrungen bis zum frühen Tod
die Haft wird er 1917 als
im sowjetischen Hinterland 1945.
8
kurz zu machen, Anarchist.“
Skwierzyna in West-Polen) geboren und
„dauernd
kriegsun-
Eigentlich will Gog nur die Welt
brauchbar“ entlassen. 1918
sehen. Mit 19 zu alt zum Anheu-
beteiligt er sich am Kieler
ern auf Handelsschiffen, geht er
Matrosenaufstand und
zur Kriegsmarine und wird 1914
wandert nach dem
unfreiwillig zum Kriegsteilneh-
Scheitern der Revolu-
mer - der Beginn seiner poli-
tion ins schwäbische
VAGABUNDEN
Gregor Gog (1891–1945), Matrose, Gärtner und Schriftsteller
Hans Tombrock (1895–1966), Zeichner und Maler
Jo Mihaly (1902–1989), Tänzerin, Schauspielerin und Dichterin
Bad Urach. Die „Kommune am Grünen Weg“ ist Anziehungspunkt für Anarchisten, Kommunisten, Künstler, Proto-Hippies, Lebensreformer, Wanderprediger.
Herberge für alle Der Comic zeigt Gog mit seiner Frau Anni Geiger-Gog, mit dem Dichter und Räterepublikaner Erich Mühsam, mit dem Wanderprediger und „Vater der Alternativbewegungen“ Gusto Gräser und dem späteren DDR-Hymnendichter und -Kulturminister Johannes R. Becher in einer Art libertärem Paradies. Gog verlässt es, weil er die Wanderschaft und die praktische Politik den neochristlichen Heilslehren vorzieht. Unterwegs lernt er den Dortmunder Maler Hans Tombrock und die Tänzerin und Dichterin Jo Mihaly kennen. Die „Tippelschwester“ mit dem angenommenen Roma-Namen wird viele Gedichte für Gogs Zeitschrift „Der Kunde“ schreiben. Ihre Bücher werden von den Nazis 1933 verboten und verbrannt. Tombrock war 1920 im Kampf gegen den Kapp-Putsch mit der Roten Ruhrarmee in Dortmund einmarschiert und hatte dafür bis 1924 im Gefängnis gesessen. Seitdem war er auf Wanderschaft und lebte vom Verkauf seiner Zeichnungen. Wie Mihaly und Gog gelang ihm 1933 die Flucht in die Schweiz. Im späteren schwedischen Exil lernte er Bertolt Brecht kennen und arbeitete mit ihm zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er
9
VAGABUNDEN
10
Vagabunden-Kunstausstellung, Pfingsten 1929 in Stuttgart. Hans Tombrock (2. von li.) und Gregor Gog (r.)
Anni Geiger-Gog (1897–1995 li.), Kindergärtnerin und -buchautorin, 1924 Heirat mit Gregor Gog. Nach der Scheidung 1934 kümmerte sie sich weiter um Gogs Sohn Gregor jr. aus erster Ehe, der am 3. Januar 1963 verstarb.
die „Schule für Bildende und Angewand-
uns ein weiterer Motivationspunkt, diesen
es durch die Polizeisperren. Ein großer
te Kunst Dortmund“, bevor er 1949 in die
Comic zu machen“, sagt Patrick Spät. „Wir
Erfolg und ein weiterer Popularitätsschub
DDR übersiedelte. Tombrocks Nachlass
schätzen Produktionen wie ‚Babylon Ber-
für den „König der Vagabunden“. Sogar
wird wie der Gregor Gogs und vieler Pro-
lin‘, aber der Fokus liegt sehr oft auf die-
in einem Stummfilm spielt Gog gemein-
tagonisten der Vagabundenbewegung im
sem bürgerlichen Glanz-und-Glamour-Le-
sam mit Tombrock.
Dortmunder Fritz-Hüser-Institut gepflegt.
ben, was wirklich toll, aufregend und
„Ich mag Tombrocks Arbeiten sehr“,
progressiv ist“, sagt Spät. „Was jedoch
Barbarei und Wirkung
sagt Bea Davis, die den „König der Vaga-
häufig unter den Tisch fällt, ist das massi-
Was dann folgt, ist der vielleicht drastischs-
bunden“ gezeichnet hat. „Seine Zeichnun-
ve soziale Elend, das in Deutschland und
te Bruch im Leben Gregor Gogs. Auf einer
gen sind ja sehr schwarz und rau in ihrer
Europa herrschte. Das zu zeigen, buch-
Reise in die Sowjetunion im Juli 1930 wird
Ausarbeitung. Ich habe mit einem Pin-
stäblich zu zeigen, weil es ja ein Comic ist,
aus dem Antiautoritären, dem Anarchis-
selstift gearbeitet, der sehr feine und sehr
lag uns sehr am Herzen.“
ten ein Parteikommunist, der mit der
genaue Linien macht, die aber auch eher
1927 gründet Gregor Gog die „Interna-
grundlegend gewendeten Straßenzeitung
rau und nicht so kontrolliert sind. Viel-
tionale Bruderschaft der Vagabunden“.
„die Vagabunden in eine Reservearmee
leicht spiegelt sich das nicht so in meiner
Patrick Spät: „Die Haltung der Bruder-
des kämpfenden Proletariats zu verwan-
Arbeit, aber ich wurde sehr durch ihn ins-
schaft war: Wir erwarten überhaupt nichts
deln“ trachtet. Viele bisherige Weggefähr-
piriert.“
mehr vom Staat. Wir wollen keine Hilfe,
ten wenden sich enttäuscht und irritiert
die ohnehin nicht kommt, und wenn doch
ab.
Generalstreik ein Leben lang
verbunden mit Repressalien ist. Wir orga-
Gog hatte früh geahnt, was eine Macht–
Im vom Hüser-Institut herausgegebenen
nisieren uns zur Selbsthilfe.“ Kurz darauf
übernahme der Nazis bedeuten würde.
Sammelband zur „Epoche der Vagabun-
wird Gog Chefredakteur der Zeitschrift
Wenige Wochen nach der Machtübernah-
den“ beschreiben die Autoren die Wan-
„Der Kunde“. „Die Straßenzeitung liefer-
me der Nazis wird er festgenommen,
derschaft, auf der nun auch Gregor Gog
te Lebens- und Überlebenstipps, empfahl
kommt ins KZ und wird gefoltert. Unter
ist, als „ein Pendeln zwischen Reflexion
Kunstausstellungen und Begegnungsorte,
abenteuerlichen Umständen gelingt ihm
und Widerstand, Arbeitslosigkeit und
denn allein die physische Begegnung ist
Heiligabend 1933 die Flucht in die
Arbeitsverweigerung, zwischen Entwurze-
sehr wichtig, wenn es darum geht, sich zu
Schweiz. In seinem Tagebuch schreibt er:
lung und Aufbruch, Isolation und Frei-
organisieren“, sagt Patrick Spät. Und in
„Die Landstraße verlor sich im Dschungel
heit“; das alles radikalisiert durch die
der Tat entwickeln sich Vagabundenaben-
faschistischer Barbarei (…). Konzentrati-
Armut in den vorgeblich Goldenen Zwan-
de, bis schließlich an Pfingsten 1929 zum
onslager, Zwangsarbeit und Prügel: Die
zigern. In Folge der Weltwirtschaftskrise
„Ersten Internationalen Vagabundenkon-
deutsche Bourgeoisie hat uns das schon
wuchs die Zahl der Obdachlosen von
gress“ in Stuttgart aufgerufen wird. Die
immer gewünscht.“ Über Paris gelangt er
70.000 auf 450.000 an. „Dass momentan
Behörden reagieren fast panisch, die Medi-
in die Sowjetunion, wo er schwerkrank
so etwas wie die Wiederentdeckung der
enresonanz ist international und feindse-
unter immer schwierigeren Bedingungen
Weimarer Republik stattfindet, war für
lig. Rund 600 TeilnehmerInnen schaffen
lebt. Einen Suizidversuch 1945 überlebt
VAGABUNDEN
er, stirbt aber zwei Wochen später in Taschkent. „Die Jahre des Leidens im sowjetischen Exil haben wir im Comic ausgespart, für uns stand die Bruderschaft und auch die Wende zum Kommunisten im Vordergrund“, sagt Patrick Spät. „Wir haben die Geschichte mit der Flucht vor den Nazis in die Schweiz gerahmt, denn das war uns wichtig. Obdachlose, Vagabunden und ,Landstreicher‘ werden als Opfergruppe der Nationalsozialisten bis heute weitgehend ignoriert.“ Und was bleibt sonst von Gregor Gog? „Bei allen Widersprüchen war er eine gute Person mit einem klaren Blick auf die Welt“, sagt Bea Davis. „Und mit der Perspektive auf heute: Ich sehe seinen Mut nicht. Diese Gesellschaft ist so informiert, aber trotzdem so stumm. So kommt es mir vor. Gogs Ansatz, auf den Staat ,zu pfeifen‘ erscheint extrem. Aber schaue ich die Regierungen der Welt an, denke ich mir schon: Wir machen das besser selbst.“ Patrick Spät: „Gog hat für eine Zeit erfolgreich vermocht, Obdachlose, Vagabunden, Ausgeschlossene zusammenzuführen und zu organisieren. Das verdient Bewunderung.“
lll
INFO
Bea Davies, geboren 1990 in Italien, ist freie Illustratorin und Comiczeichnerin in Berlin. Sie studierte in New York und Berlin und zeichnete unter anderem für das ehemalige Berliner Straßenmagazin Strassenfeger. Patrick Spät, geboren 1982 in Mannheim, ist Journalist, unter anderem für Spiegel Online und Zeit Online, und Buchautor. Für „König der Vagabunden“ wurde er gemeinsam mit Bea Davis als Finalist des Comicbuchpreises der Berthold Leibinger Stiftung ausgezeichnet. Patrick Spät, Bea Davies: Der König der Vagabunden. Gregor Gog und seine Bruderschaft. Avant, 160 Seiten, 25,-€, ISBN 978-3-96445-015-9
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FOTO/GRAFIK: UNTER DRUCK
VAGABUNDEN
Die Renaissance der Vagabunden Ein Kongreß in Berlin wird im August zum Treffpunkt für alle, die wandelbar bleiben wollen – sich selbst und der Gesellschaft zuliebe
I
n Kooperation mit dem Obdachlosenverein Unter Druck - Kultur von der Straße e.V. und einem Netzwerk aus Einzelpersonen realisieren wir den Vagabundenkongress 2020. Das Projekt wird gefördert durch Aktion Mensch. Im Rahmen des Kongresses, der im August 2020 in Berlin stattfinden wird, möchten wir durch künstlerische und soziokulturelle Aktivitäten Ideen für eine bessere Zukunft entwickeln, in der die mobilen Lebensformen ihren Platz haben, ohne ständig in ihrer Existenz bedroht zu werden. Wir möchten mit dem Kongress das Thema Wohnungslosigkeit aus verschiedenen Perspektiven und Ausgangspunkten betrachten, alle Dimen12
sionen berücksichtigen und einen Raum für Solidarität, Austausch und Selbstorganisation schaffen. Wir wollen Menschen zusammenbringen, die auf der Straße leben, die keinen festen Wohnsitz haben, die materiell in ihrer Existenz bedroht sind, um gemeinsam Strategien gegen Verdrängung, Diskriminierung und Ausgrenzung zu entwickeln. Auch sprechen wir diejenigen an, die aufgrund selbstbestimmter Entscheidung nicht sesshaft sind, umherziehen und sich für alternative Wohn- und Lebensentwürfe entschieden haben. Mit dem Kongress wollen wir die Vielfalt an mobilen Lebensformen zusammenbringen, gemeinsam die Isolation und Verein-
zelung bekämpfen, um mit einer konstruktiven Sichtweise das Leben auf der Straße zu beleuchten. (or)
lll
INFO
Der Vagabundenkongress findet vom 22.23.8.2020 in Berlin statt. Das Projekt von Unter Druck – Kultur von der Straße e.V. wird gefördert von der Aktion Mensch. Der Kongress versteht sich als Diskussionsforum für Einzelpersonen, Kollektive, Bündnisse oder Projekte, die daran interessiert sind, Wohnungslosigkeit abzuschaffen und sozialer Ungerechtigkeit den Kampf anzusagen. Mehr darüber unter: https://vaga2020.de
IN DUNKELHEIT
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SPUREN DER ARMUT
Das Haus Im Ferkulum 29 (früher 15) in der Kölner Südstadt heute. An dieser Stelle befand sich einst das Marthastift.
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SPUREN DER ARMUT
Marthastift Köln – vom Mädchen zur Magd „Wir wollen stellenlosen und dienstsuchenden Mägden einen zeitweiligen, billigen, vor den Versuchungen der Großstadt schützenden Aufenthalt gewähren und sodann heranwachsenden Mädchen in den praktischen Arbeiten des häuslichen Lebens unterrichten und also zu einem selbständigen Broderwerb (sic) befähigen.“ (Aus dem Jahresbericht des Marthastifts/1888) VON IRENE FRANKEN
E
nde des 19. Jahrhunderts bildeten
übernahm ein Komitee aus Unterneh-
Irene Franken, geboren 1952 in Düsseldorf,
Dienstmädchen die größte Migrati-
mern und Juristen die Verwaltung und
ist Historikerin, Publizistin und Mitbegründe-
onsgruppe Deutschlands überhaupt!
später die Vereins Gründung.
rin des Kölner Frauengeschichtsvereins.
Immer mehr Mädchen und junge Frauen
Wurde anfangs nur ein kleines Heim für
vom Land waren aus Armut gezwungen,
10-12 Mädchen intendiert, wurde dann
sich einen Arbeitsplatz als Magd oder
doch für 24.000 Mark ein großes Haus
Köchin in der Stadt zu suchen. Hier arbei-
erworben. Das Kölner Marthastift –
teten sie für ihre Aussteuer und hatten in
benannt nach einer Zeitgenossin von
der Regel vor, in die Heimat zurückzukeh-
Jesus, die ihn in ihrem Haushalt bewirtete
ren. Unzählige Mädchen kamen zunächst
- eröffnete 1865 seine Pforten. Standort
ohne Perspektive im Bahnhof an – viele
war ein Viertel mit vielen Fabriken mit
Kölner Fabriken warben die billigen, weil
Frauenarbeitsplätzen, die Südstadt. Im
ungelernten Arbeitskräfte sofort an und
Ferkulum 15 (später war es Hausnummer
machten den Haushalten Konkurrenz,
29) lautete die Adresse.
denn in der Industrie war zumindest am
FOTO: CHRISTINA BACHER
Sonntag und nachts arbeitsfrei.
Im Jahre 2017 wurde sie mit der Alternativen Ehrenbürgerschaft in Köln ausgezeichnet.
Das Heim diente einerseits als sogenannte Mägdeausbildungsstätte, dazu
1863 entwickelten rund 30 begüterte
nahm man Aufträge an, an denen die jun-
Kölnerinnen des Evangelischen Frauen-
gen Frauen im Haus Waschen, Bügeln und
vereins die Idee, ein Heim zu gründen, in
Nähen übten – ein Bleichplatz war ja vor-
dem die neu Zugezogenen den Umgang
handen. Zudem bestand die Möglichkeit,
mit kostbaren Textilien erlernen konnten.
Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.
Viele evangelische Damen hatten geklagt,
Dem Heim wurde schließlich eine Stellen-
die Provinzmädchen hätten nur sehr
vermittlung angedockt durch die zahlrei-
geringe Kenntnisse in Hausarbeit, auch
che junge Frauen in den Kölner Arbeits-
fehle es ihnen an einer positiven Haltung
markt vermittelt werden konnten. Man
zum Dienen. Da großbürgerliche Frauen
weiß, dass 1889 schon insgesamt 4.230
wie sie keine juristischen Ämter anneh-
Frauen vorübergehend oder über einen
men konnten und kaum Fähigkeiten hat-
längeren Zeitraum das Marthastift als
ten, mit größeren Summen umzugehen,
Sprungbrett zu nutzen wussten.
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GUTES PROJEKT
20 Jahre Malgruppe im Vringstreff Maria und Attila malen seit 20 Jahren in der Malgruppe. Ingrid Bahß durfte den Hobby-Künstlern mit ihrer Kamera mal über die Schulter schauen und bei der Arbeit ein paar Fragen stellen.
ie habt ihr die Malgruppe entdeckt?
chen Lebens- und Arbeitswelten. Zwei- bis
lassen hat. Man darf nicht vergessen, dass
Wir kamen 1999 kurz nach der
dreimal im Jahr arbeiten wir zu vorgege-
die meisten von uns ein Talent mitbringen,
Eröffnung in den Vringstreff. Kurze Zeit
benen Themen, um die Arbeiten dann in
das aber selten gefördert wurde. Jeder gibt
später wurde die Malgruppe von Uli Rich-
einer Ausstellung im Vringstreff zu zeigen.
in unserer Gruppe an Offenheit und Kre-
ter angeboten. Wir waren von Anfang an
Nicht selten stehen wir dann staunend vor
ativität, was er kann.
dabei. Seit September 2019 ist es Marion
unseren Arbeiten und sind stolz, uns der
Schmidt.
Öffentlichkeit vorstellen zu können. Die
Was bedeutet euch beiden das künstlerische
Besucher des Vringstreffs haben die Mög-
Tun?
Was bedeutet euch die Malgruppe?
lichkeit, unsere Ausstellung zu sehen. Die
Künstlerisches Tun bedeutet eine Freiheit
Die Malgruppe hat uns von Beginn an viel
Einladungen und das Plakat werden von
für uns, die uns vor vielen Zwängen
bedeutet; daran hat sich nichts geändert.
Nicole van Achten und unserer Leiterin
bewahrt. Die Malerin Renate Friedländer
Marion Schmidt gestaltet und ver-
hat unser künstlerisches Talent erkannt
schickt; wir helfen beim Ver-
und uns ermutigt, zu malen. Bei ihr haben
teilen mit. Nicole und
wir gelernt, wie wir eine Bildidee verwirk-
Marion kümmern sich
lichen können. Später haben wir unser
dann auch um die
Können in Kursen bei der Malerin Petra
Wir treffen uns, arbeiten an unseren Bildern und erzählen dabei. Das Miteinander schätzen wir sehr. Jeder bringt sein eigenes Temperament mit. Auf diese
Auf hängung
der
Rodewald vervollkommnet. Wir verbrin-
Weise lernen wir uns
Arbeiten. Und auch
gen einen großen Teil unserer Zeit zu
kennen und schät-
auf der Website des
Hause mit dem Malen. Bei schönem Wet-
zen. Es gibt ein Wir-
Vringstreffs wird auf
ter bietet sich auch der Garten an. Maria
die
Gefühl in unserer Gruppe, eine Offenheit für den anderen. Als wir die Ausstellung zum Thema Karneval vorbereitet haben, war
Sonnenblumen von Maria Erdik
ich erst einmal zögerlich. Doch
Ausstellungen
liebt es, neben Blumen auch Landschaften
aufmerksam gemacht.
zu malen, bei Attila sind es die Natur, Mee-
Die Eröffnung der Aus-
reslandschaften, aber auch Bilder mit
stellung ist schließlich der
Menschen. Wenn Zeit bleibt, besuchen wir
Höhepunkt für uns. Neben dem
eine Ausstellung im Museum. Dabei
kreativen Miteinander im Mal-
haben es uns die Impressionisten beson-
dann sind Arbeiten entstanden, mit denen
kurs unterstützen wir uns gegenseitig,
ich jetzt zufrieden bin. Attila hat ein sehr
wenn es nötig ist. Als Jürgen gestorben ist,
schönes Karnevalsbild gemalt, das dann
kamen auch Mitglieder der Malgruppe zur
auch für die Einladung und das Plakat
Beerdigung. Ich habe eine kleine Anspra-
verwendet wurde.
che gehalten und gesagt: „Lieber Jürgen, male weiterhin Bilder, die leuchten, damit
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Was ist das Besondere an der Malgruppe im
wir dieses Leuchten im Abendrot sehen
Vringstreff?
können.“ In der Karnevalsausstellung ist
In unserer Malgruppe begegnen sich
ein unvollendetes Bild von Irmela zu
KünstlerInnen aus völlig unterschiedli-
sehen, die uns vor Kurzem für immer ver-
ders angetan, Emil Nolde zum Beispiel.
lll
INFO
Offene Malgruppe Vringstreff Vringstreff e.V., Im Ferkulum 42, 50678 Köln Jeden Mittwoch von 14 bis 17 Uhr. https://vringstreff.de/mahlzeitfreizeit/malgruppe/
FOTOS: INGRID BAHSS
W
GUTES PROJEKT Die Freikonzerte des Vereins „Yehudi Menuhin Live Music Now“ finden in sozialen Einrichtungen wie Seniorenhäusern, Hospizen, Haftanstalten oder Krankenhäusern statt.
„Jacques Offenbach“ im Haus Stipendiaten des Vereins „Yehudi Menuhin Live Music Now“ spielten für Bewohner des Johanniter-Stift VON THOMAS DAHL
Javier Huerta Gimeno (l.) und Roger Morelló Ros spielten für die Bewohner des Johanniter-Stift auf. FOTOS: T. DAHL
D
ie stadtweiten Feierlichkeiten
gen ist ein wertvoller Prozess, der durch
anlässlich des letztjährigen Jacques
solche Aktionen gefördert wird“, sagte die
Offenbach-Jahres machten neben den gro-
Leiterin des Sozialdienstes.
ßen Hallen und Konzertsälen auch in kleineren Locations halt, so etwa im Poller
Musik, die bewegt
Johanniter-Stift. Stipendiaten des gemein-
„Oh, ich liebe Musik. Vor allem, wenn es
nützigen Vereins „Yehudi Menuhi Live
heitere Klänge sind. Das Konzert ist eine
Music Now“ präsentierten auf zwei Celli
willkommene Abwechslung, da ich und
im Rahmen des 45-minütigen Auftritts
auch viele meiner Mitbewohner nicht
Auszüge aus dem Schaffen des Operet-
mehr so gut zu Fuß sind“, berichtete Erika
ten-Erfinders, darunter die „Barcarolle“
Zomm. Die 84-Jährige lebt seit 2013 in der
aus dem weltberühmten Tanz „Cancan“.
Stätte auf der Jakob-Kneip-Straße und
Darüber hinaus boten die Studenten der
begrüßte das Engagement der Musiker
Musikhochschule Köln ihren Zuhörern
sowie des Vereins: „Klasse, dass es so was
Melodien von George Bizet, Franz Haydn
gibt! Ich bin sicher nicht die Einzige hier,
und Felix Mendelsohn. Die eintrittslosen
die sich auf solche Veranstaltungen schon
Konzerte in verschiedensten sozialen Ein-
Tage vorher freut. Früher bin ich auch
richtungen ermöglichen seit 18 Jahren
gerne in die Oper gegangen. Heute dudelt
Konzerterlebnisse für Menschen, die
dafür bei mir das Radio jeden Tag vom
öffentliche Veranstaltungen, etwa in der
Morgen bis in den Abend“, sagt die Rent-
Philharmonie oder im Gürzenich, auf-
nerin lachend.
grund der Lebensumstände nicht mehr
Nach einer kurzen Vorstellung des Pro-
besuchen können. Die Künstler treten
jekts durch Live Music Now-Koordinato-
ohne Gage auf. Für die geförderten Nach-
rin Barbara Molineus-Gallhöfer gewan-
wuchstalente ergibt sich die Chance, regel-
nen Roger Morelló Ros und Javier Huerta
mäßig vor Publikum auftreten zu können.
Gimeno an den Violincelli schnell die
Die Finanzierung der Tätigkeiten erfolgt
Sympathien der mehr als 40 Zuhörer im
durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.
Saal. Das aus Spanien stammende „Offen-
Jährlich organisiert der Verein in Köln und
bach Cello-Duo“ äußerte sich vor dem
Region 120 bis 150 Konzerte.
Auftritt über die Besonderheit der Kon-
„Das ist eine wichtige Gelegenheit für
zertreihe: „Es ist sehr bereichernd für uns
unsere Bewohner, Unterhaltung mit Emo-
als Künstler, solch eine Nähe und eine
tionen zu vereinen. Durch die bekannten
Direktheit zum Publikum zu erleben. In
Klänge der klassischen Werke werden
den großen Konzertsälen ist das kaum
nicht selten lang verschüttete Erinnerun-
möglich. Man spürt auch förmlich, wie die
gen freigelegt, beispielsweise an einen
Musik die Menschen bewegt und Gefühle
Tanzabend in der Jugend oder einen
freisetzt. Das ist unbeschreiblich und
Opernbesuch“, erklärte Haus-Mitarbeite-
unglaublich motivierend auch für uns
rin Kathrin Kaczmarzyk. „Die Auseinan-
Musiker“, so Roger Morelló Ros.
dersetzung mit biographischen Erfahrun-
www.livemusicnow-koeln.de 17
CARTOON | CLAYD
VON HEIKO SAKURAI
Liebe Freunde,
FOTO: NICOLE HOMBURG
oft werden Frauchen und ich auf Vorträge eingeladen. Da steht sie dann an so einem langen Stiel – Mikrofon heißt das wohl – und spricht vor anderen Menschen. Ich liege meist daneben, passe auf sie auf und höre zu. So weit so gut. Aber wegen dieser Vorträge müssen wir oft mit der Bahn fahren. Und dafür wiederum sehr früh aufstehen. Das mag ich gar nicht. Aber der Zug wartet ja nicht, sagt Frauchen. Auch doof: Auf dem Gleis ist es total laut, überall sind Menschen. So ein Gewusel. Wenn der Zug kommt, hilft mein Dosenöffner mir die Stufen hoch, oder sie hebt mich einfach gleich ganz rein. Drinnen laufen wir durch die 18
engen Gänge bis sie einen Platz für gut befindet, wo auch ich mich lang machen kann. Meistens ist es so ein Vierertisch. Da mache ich es mir unter dem Sitz gemütlich. Manchmal kommen Leute zu uns und beschweren sich. Eigentlich müsste ich wohl im Zug einen Maulkorb tragen, weil ich eine bestimmte Größe habe. Frauchen nimmt mir meist eine Maulschlaufe mit. Auch sonst ist sie gut vorbereitet. Wenn ich Durst habe, schaue ich sie an und sie weiß, dass ich Wasser haben möchte. Für sich selbst hat sie natürlich Kaffee mit. Sie sagt, im Zug will sie auf nichts verzichten. Wenn sie mal zur Toilette muss, fragt sie immer einen netten Menschen in der Nähe, ob er auf mich aufpasst. Sie hat große Angst, jemand könnte mich klauen. Das ist ja schon einmal
passiert und sie will das nie wieder erleben. Deshalb ist sie auch immer schnell wieder zurück. Wenn der Zug länger an einem Bahnhof hält, geht sie mit mir kurz raus. Das klappt alles schon ganz gut. Aber am Schönsten ist immer die Ankunft. Da geht es nämlich meistens mit dem Auto weiter. Im Auto kann ich wenigstens aus dem Fenster schauen. Im Zug geht das nicht so einfach. Und für den Schoß bin ich zu groß. Darum fahre ich lieber mit dem Auto – stressfrei, mit schön vielen Pausen. Von unterwegs grüßt euer Clayd
Hallo, ich bin Clayd aus Rumänien. Von dort bin ich zu meinem Frauchen, der DRAUSSENSEITER-Verkäuferin Kölsche Linda, gezogen. In meiner Kolumne erzähle ich, was ich so alles in meinem Alltag erlebe. lll
BERICHT
Lothars Marsch Von Honzrath bis Körprich: 21,7 km – 4 Stunden, 20 Minuten Laufzeit
Gerade habe ich in Honzrath die Kneipp-
So bleibt mir Merzig in guter Erinnerung.
anlage für Füße und Waden genutzt. Heu-
Amen. Nach dem Ort geht es schnell in
te Morgen hat es noch viel geregnet. Kurz
die Höhe Richtung Merchingen. Ich ver-
vor acht Uhr konnte ich aber aufbrechen.
suche heute noch bis Schmelz oder Rich-
Diesmal hatten nachts nur eine Schabe
tung Tholey zu kommen. Noch hält das
und drei Schnecken meine Nähe gesucht.
Wetter und die Wolken machen das Lau-
Beim Aufstehen musste ich sehr vorsichtig
fen angenehm.
sein, um kein Tier zu verletzen. In Merzig
Um halb sieben stoppt mich das Wetter
habe ich mir Wasser und ein Brötchen mit
dann doch in Körprich. Außerdem habe
Lyoner geholt. Fehlt nur noch ein Kaffee.
ich den Weg nach Schmelz verpasst. So
Die nächste Bäckerei will 1,90 Euro für
hatte ich mich nach Nalbach, an der B269,
die kleine Tasse haben. Das ist mir zu viel.
verirrt! Aber die B269 ist sogar noch bes-
Ich frage mich durch, ob ich irgendwo
ser, denn sie führt durch Tholey und endet
Kaffee für 1 Euro bekomme. Endlich ent-
bei Bernkastel-Kues an der Mosel. Ich
decke ich ein bekanntes Symbol - Tchibo.
laufe weiter nach Nohfelden, wo ich die
Leider ist es nur ein Shop ohne Kaffeeaus-
B269 wieder erreiche. Es ist kurz vor sie-
schank.
ben Uhr. In drei Stunden kommt hier der
Doch die Betreiberin macht mir an ihrer Vorführmaschine einen Gratiskaffee.
FOTO: CHRISTINA BACHER
Mittwoch, 16. Mai 2018
einzige und zugleich letzte Bus vorbei. Da kann ich ja gleich hier nächtigen.
Am 5. Juli 2016 bricht Lothar zum ersten Mal auf und läuft von Köln nach Hamburg über Schleswig bis nach München – fast 2.000 Kilometer. Seit diesem Tag lebt er auf der Straße und hält sich, wenn er mal nicht unterwegs ist, im Kölner Stadtteil Zollstock auf. Den „Aufbruch“ nutzt der gelernte Maschinenbau-Ingenieur ganz im wörtlichen Sinn: „Nicht in Altem verharren, sondern Neues ergründen.“ Seit 2018 ist Lothar beim DRAUSSENSEITER und auch als Stadtführer der Sozialen Stadtrundgänge dabei.
Karte openstreetmap.org opendatacommons.org creativecommons.org
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AUS DEN EINRICHTUNGEN
Letzte Runde!
P
lattenpolizist Burkhard Jahn dreht seine letzten Runden über die Plätze und Straßen der Innenstadt. Nach Ostern ist Schluss mit Dienst, er geht in den Ruhestand. Am Veilchendienstag hat er sich im Gubbio bei der Obdachlosenseelsorge verabschiedet und sich den Segen für die kommende Zeit geholt.
Band of Plenty – Acoustic-Band mit Spaß an der Freud
FOTO: DANIEL STEH
FOTOS: PRIVAT
JECKE ENTERN BAD MÜNSTEREIFELS SCHMUCKSTÜCK
Burkhard Jahn arbeitete zuletzt 12 Jahre im Bereich Dom/Hauptbahnhof als Streifenpolizist, Netzwerkvertreter und Interessenvermittler. In seinem Ruhestand möchte er sich verstärkt um seine Familie kümmern, ganz viel lesen und auch möglichst oft seine alten Wirkstätten um den Dom herum besuchen. Er will sich z.B. regelmäßig davon überzeugen, dass das Püppi-Bild am Gulliver gut sichtbar bleibt. Schutzmann Jahn blickt mit großer Dankbarkeit und Freude auf die Arbeit im Milieu und mit den vielen engagierten Menschen und Kooperationspartnern zurück. Er sagt: „Ich habe hier richtig tolles kölsches Zusammenstehen erlebt. In diese Kreise aufgenommen worden zu sein, ist eine unschätzbare Anerkennung und ein großes Glück. Ich wünsche mir, dass die Hilfseinrichtungen und Ämter weiterhin vertrauensvoll und konstruktiv zusammenarbeiten und den Leitspruch von Altkardinal Frings mit Leben füllen – (übersetzt): „Für die Menschen bestellt!“ (or)
Steinsmühle-Thekenmädchen sind keine Sünderlein S
o ein schmuckes Etablissement hat „Loss mer singe“ wohl selten gesehen: das Landgasthaus Steinsmühle in Bad Münstereifel
beherbergte erstmalig „Mönster sing met“ und hatte sich beeindruckend herausgeputzt. Und alle, die gekommen waren, bereuten ihr Kommen nicht, sondern genossen das Ambiente und die tolle Verpflegung durch die fleißigen Thekenmädchen (und -jungen), denen mit Eldorados Tagessieg mal wieder ein kleines Denkmal gesetzt wurde. Alle waren mit Herz und Seele und mit Ohr und Mund dabei. Die neuen Lieder wurden begierig aufgenommen und mitgesun-
gen. Miljös „Liebesleed“ – die Hommage an die vielen kölschen Evergreens, die selber das Zeug zum Evergreen hat – wurde sogar a capella weitergesungen und regelrecht zelebriert. Am Ende langte es für Miljö (punktgleich mit Kasallas „Pommes und Champagner“) für Platz 3 ganz knapp hinter Brings „Sünderlein“, zum dem im großen Saal der Steinsmühle noch genug Platz zum Tanzen gefunden wurde, und Eldorados „Verlieb Dich nie“ auf Platz 1. In der Auszählpause demonstrierte der Sieger des „Kölsche Musik Bänd Kontest“ 2018, Band of Plenty, dass sie absolut keine Eintagsfliege darstellen. Die 6 Jungs zeigten unter dem Kronleuchter, dass mit ihnen auch in Zukunft zu rechnen ist – vor allem mit dem neuen Song „Wie Kölle klingk (1000 Leeder)“, aber auch z.B. mit dem aktuellen Hit „Einer jeiht noch“. Band of Plenty traten umsonst und für den guten Zweck auf, denn wie immer bei „Sing met“ wurde für die OASE, die Anlaufstelle für Wohnungslose gesammelt. Ganze 615,- € kamen zusammen – Danke an alle Spender, an alle Mitsängerinnen und Mitsänger, an Band of Plenty und an Sabine und das ganze Team der Steinsmühle! (or)
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AUS DEN EINRICHTUNGEN
Loss mer singeSitzung am Kölner Tanzbrunnen
A
uch in diesem Jahr durfte die OASE gemeinsam mit dem DRAUSSENSEITER-Team wieder bei der Loss mer singe-Sitzung in den Tanzbrunnen einziehen – neben all den anderen Veranstaltern und Kneipen, in denen in der Session die neuen Lieder eingesungen wurden. Und in diesem Jahr war es eine ganz besonders wunderbare Jubiläumssitzung – lustig, melancholisch, stimmungsvoll und u.a. mit Bläck Föös, Querbeat und Kasalla hochkarätig besetzt. (cb)
FOTOS: PRIVAT
In der Session 1999/2000 lud Georg Hinz seinen Freundeskreis in seine Privatküche in Nippes ein, um mit Hilfe von Textzetteln neue kölsche Lieder zu singen. Die selben Leute standen im Jubiläumsjahr wieder auf der Bühne und schauten in einer musikalischen Hommage zurück. Herzlichen Glückwunsch zum 20. Geburtstag, Loss mer singe!
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IN EIGENER SACHE
A
b März 2020 erhalten unsere VerkäuferInnen neue Betriebsausweise. Auch
um möglicher missbräuchlicher Verwendung durch Dritte vorzubeugen, bekommen die neuen Verkäuferausweise eine neue Farbe. Nach wie vor sind unsere VerkäuferInnen dazu verpflichtet, beim Straßenzeitungs-Verkauf einen Ausweis bei sich zu tragen und diesen auf Verlangen vorzuzeigen. Die Ausweise stellt Rudolf Fronczek während der regulären Öffnungszeiten der OASE aus. Friederike Bender übernimmt gerne auf Anfrage die Beratung für rumänische VerkäuferInnen. (cb)
Verkäufer-Regeln Der Verkäufer muss seinen
Ausweis gut sichtbar tragen. Der Verkauf der Zeitung in den
Fahrzeugen der KVB ist nicht gestattet. Jeder Verkäufer hat sich ord-
nungsgemäß zu verhalten. Insbesondere sollte der Verkäufer während des Verkaufs nüchtern sein und nicht betteln. Verstoß gegen die Regeln kann
zum Verkaufsverbot führen. Der Verkäufer bezieht die Zeitung
für 1,10 € und der Verkaufspreis beträgt 2,20 €. Der Verkäufer bekommt ein
Bonusheft pro 10 verkaufte Hefte.
Fettes Dankeschön und ein herzliches Willkommen!
N
ach mehr als 10 Jahren geht unsere Grafikerin Petra Piskar nun neue Wege, für die wir ihr von Herzen alles Gute wünschen. Dadurch, dass sie das Layout der Innenseiten des DRAUSSENSEITER immer kontinuierlich und zuverlässig weiterentwickelt hat, hat sie unserem Straßenmagazin im Laufe der Zeit ein unverwechselbares Gesicht gegeben. Zunächst als selbstständige Grafikerin, hat sie ihr Herzensprojekt später als angestellte Mitarbeiterin der Agentur de haar weiterführen können. Neben der (privaten!) Teilnahme an den INSP-Konferenzen in München und Manchester, hat sie sich auch um die Akquise ehrenamtlicher MitarbeiterInnen verdient gemacht und sich durch die Teilnahme an Zukunftswerkststätten und Round Tables für das Projekt stark gemacht. Als Freundin und Unterstützerin wird sie dem DRAUSSENSEITER zum Glück erhalten bleiben.
Seit März 2020 ist nun Edgar Lange als neuer Grafiker im Boot und bereichert unser Magazin durch konstruktive Vorschläge und ein fachkundiges Layout. Der 56jährige Mediengestalter ist seit über 30 Jahren in seinem Designbüro selbstständig tätig und spezialisiert auf Kommunikationsprojekte für Print und Online. Der begeisterte Musikliebhaber ist übrigens „ganz nebenbei“ oft als DJ bei Events und Partys hinter dem Mischpult anzutreffen und präsentiert zudem als Sendungsmacher seine Idee von „guter Musik“ in der monatlichen RadioShow KILLING TIME beim freien Kölner Internetsender 674FM. Herzlichen willkommen, Edgar! (cb) www.674.fm/killing-time/
Für die Titelgestaltungen ist seit vielen Jahren die Grafikerin Deborah Keser zuständig.
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FOTOS: PRIVAT
Neue Ausweise für DRAUSSENSEITERVerkäufer
BUCH-TIPPS
Simon Beckett
Die ewigen Toten Im sechsten Fall für den forensischen Anthropologen Dr. David Hunter geht es um drei mumifizierte Leichen, die in einem verlassenen Krankenhaus entdeckt werden, das abgerissen werden soll. Bei der Bergung der ersten Leiche werden die beiden anderen zufällig entdeckt, weil eine Decke des morschen Dachbodens einstürzt. Die Toten liegen in einer versteckten Kammer, deren Zugang zugemauert ist. Was hat das zu bedeuten? Und besteht ein Zusammenhang mit Drogengeschäften, die auf dem verlassenen Gelände vermutlich stattfinden? Hier ist nicht nur die Expertise des Forensikers gefragt, um die Todesursache, den Zeitpunkt des Todes und Hinweise auf die Identität der Toten herauszufinden, sondern auch sein kriminalistischer Spürsinn. Diesmal ist Dr. Hunter aber nicht allein mit dem Fall betraut, sondern es wird ein weiterer junger und ehrgeiziger Forensiker herangezogen, was anfangs zu einer Rivalität zwischen den beiden führt. Auch sonst verläuft die Suche natürlich nicht geradlinig, sondern es ergeben sich zahlreiche Ereignisse, die scheinbar nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun haben. Dr. David Hunter zieht Schwierigkeiten und gefährliche Situationen an wie ein Magnet, so dass es stets neue Wendungen gibt. Zusätzlich zieht sich eine persönliche Geschichte Dr. Hunters aus einem früheren Fall durch das Buch, die aber hinreichend erläutert wird für Leser, die den betreffenden Band nicht gelesen haben. Das Ende ist wie in den vorherigen Fällen überraschend und nicht vorhersehbar. Nicht nur für Fans von Dr. Hunter ist das Buch ein Muss! Ingrid Müller-Münch
Simon Beckett: Die ewigen Toten. Wunderlich-Verlag, 2019 ISBN-10: 3805250029, 22,95 €.
Jan Costin Wagner
Reinhard Kleist
Sommer bei Nacht
Knock Out!
Jan Costin Wagner pendelt immer schon zwischen den Genres und manch einer fragt sich: schreibt er Krimis oder Literatur „at its best“? Sein finnischer Ermittler Kimmo Joentaa hat ihn berühmt gemacht, wurde verfilmt und in 14 Sprachen übersetzt. Jetzt schwenkt Wagner um. Gerade erschien der erste Band einer neuen Reihe, die diesmal in und um Frankfurt am Main spielt. Jan Costin Wagner lässt nicht nach, wird immer besser, vor allem aber auch immer aktueller. Flohmarkt in der Grundschule. Die Mutter des fünfjährigen Jannis schleppt Trödelsachen aus dem Auto, ist abgelenkt. Nur kurz, doch es reicht für eine Katastrophe. Denn genau in dem Moment lässt Jannis sich von einem riesengroßen Teddybären becircen, folgt dem Mann, der ihm das Kuscheltier hinhält und ihn damit lockt. Seitdem ist Jannis verschwunden. Lakonisch, fast wie nebenbei beschreibt Jan Costin Wagner die sich dramatisch zuspitzenden Umstände, die inneren Widersprüche der Polizisten, die kaputten Leben eigentlich aller an diesem Drama Beteiligten. Da hat jeder seine Fantasien, seine Lebensträume, seine zerstörten Hoffnungen und dunklen Seiten. Wirklich jeder. Und bange wird einem bei dem Gedanken, dass das Leben des kleinen Jannis womöglich nicht mehr zu retten sein könnte. Kaum auszuhalten, wie Jan Costin Wagner die Spannung anheizt, ohne Hektik, ohne reißerisch zu sein. Wagner schafft dies durch eine traumwandlerisch treffend eingesetzte, geradezu poetische Sprache. Durch Andeutungen, Anspielungen und eine märchenhaft anmutende Fantasie. Ein Krimi von seltener Ruhe und Faszination. Dabei ist Wagner so nah dran wie nie zuvor an aktuellen tatsächlichen Geschehnissen. Und mischt sie mit leichter Hand zu einem ausgewachsenen Bestseller.
„Wie seltsam das ist… Ich töte einen Mann, und die meisten Leute verstehen das und verzeihen mir. Hingegen, ich liebe einen Mann, und so viele halten das für eine unverzeihliche Sünde.“ Emile Griffith war ein begnadeter Boxer, mehrfacher Weltmeister im Welter-, Halbmittel- und Mittelgewicht. Mit 310 Runden hält er bis heute den Rekord in geboxten Runden in WM-Kämpfen. Und er war schwul. 1962 erlangte der Amerikaner traurige Berühmtheit, als er vor laufenden Fernsehkameras seinen Gegner Benny Paret derart hart traktierte, dass dieser ins Koma fiel und wenige Tage später verstarb. Im Vorfeld hatte dieser Griffith mit homophoben Äußerungen verunglimpft. Die Geschichte des schwulen schwarzen Boxers, der während seiner Karriere Damenhüte entwarf und lieber Tischtennis-Profi geworden wäre, erzählt der Comic-Zeichner Reinhard Kleist nun in seiner neuen Graphic Novel „Knock Out!“. Einfühlsam lotst er den Betrachter durch die innere Zerrissenheit des Boxers, der keinem Macho-Klischee entsprach, indem er Griffith einen Dialog mit dem getöteten Paret führen lässt. Sein Geist verfolgt ihn bis zu seinem eigenen Tod 2013. Reinhard Kleist, berühmt geworden durch seine Musikerbiografien von Johnny Cash und Nick Cave, ist ein Meister der schwarz-weißen Tuschemalerei. Im Gegensatz zu den Musikerporträts sind in „Knock Out!“ die Zeichnungen filigraner. Eine klare Lichtdramaturgie und Kameraperspektive lassen die Boxkämpfe lebendig erscheinen. Man meint, bei einer Live-Aufzeichnung dabei zu sein. Der Stil erinnert an Comicstrips der 1950er und 1960er Jahre. Dabei zeigen die fein gesponnenen Gesichtszüge des Boxers seine Verzweiflung, die mit jedem Jahr wächst. Am Ende, nach einem brutalen Überfall auf ihn, wirkt er wie ein depressives Monster. Diese Graphic Novel ist ein emotionales Ereignis, ein Schlag in die Magengrube. Spannend zu lesen wie ein guter Roman, bildmächtig und berührend.
Ingrid Müller-Münch
Jan Costin Wagner: „Sommer bei Nacht“. Galiani-Verlag, Berlin 2020, 312 Seiten, ISBN 978-3869712086, 20,60 €.
Jens Hüttenberger
Reinhard Kleist: „Knock Out! Die Geschichte von E. Griffith“. Carlsen 2019, ISBN 978-3-551-73363-4,18,50 €. 23
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IMPRESSUM
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Redaktionsleitung Christina Bacher (cb), bacher@draussenseiter-koeln.de www.draussenseiter-koeln.de Redaktionsassistenz Sabrina Burbach, burbach@draussenseiter-koeln.de Herzlichen Dank allen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Ausgabe. Lektorat Barbara Feltes Titelgestaltung Deborah Keser Gestaltung Innenseiten Edgar Lange, https://www.desdev.de
ein Straßen-Abo zu 42,– Euro pro Jahr ein Sponsoren-Abo zu 85,– Euro pro Jahr
Titelfoto Ingo Pertramer Fotos Christina Bacher, Ingrid Bahß, Berthold Leibinger Stiftung, Thomas Dahl, Nikole Homburg, Fritz-Hüser-Institut, Kölner Schauspiel, Daniel Steh, Ingo Pertramer, Anemone Träger, Unter Druck
ein Förder-Abo zu 150,– Euro pro Jahr
Illustrationen Bea Davies, Maria Erdik
(Als Dankeschön für das Förder-Abo gibt es zudem
Druck druckdiscount24.de
das Buch „Köln trotz(t) Armut“.)
Abos Martina Jühlke, juehlke@oase-koeln.de
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VORSCHAU
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Am 18. April 2020 findet auch in diesem Jahr wieder der Record Store Day statt. Mit über 3000 teilnehmenden unabhängigen Plattenläden weltweit hat sich der Tag, der 2007 erstmals stattfand, inzwischen zu einem riesigen Musikevent gemausert. Einst veranstaltet, um vor dem Engagement der Independent-Plattenläden einfach mal den Hut zu ziehen, finden inzwischen auch in Köln unzählige Konzerte, Platten-Release-Partys und Tanzveranstaltungen mit ausgewählten DJ in den Läden selbst statt. Teilweise bis spät in die Nacht garantieren Läden wie Black Diamond Records, Parallel Schallplatten oder der Underdog Recordstore persönliche Beratung, seltene Musikveröffentlichungen und natürlich den Austausch mit anderen Musikbesessenen. Die Botschaft: Ein Hoch auf den Einzelhandel! Ein Hoch auf Vinyl!
FOTO: CHRISTINA BACHER
ww.recordstoredaygermany.de/ w teilnehmende-shops/
In der Neusser Straße 85 – auf Höhe der Agneskirche – hat gerade der Laden „Hauptsache Musik“ eröffnet. Er gehört zu den fünfzehn unabhängigen Plattenläden, die am 18. April 2020 den RSD zelebrieren.
FOTO: KÖLNER SCHAUSPIEL
Record Store Day – ein Hoch auf die unabhängigen Plattenläden
In dem Stück „Vernon Subutex“, in dem es um einen obdachlosen Plattenhändler in Paris geht, wird u.a. die Hauptfigur durch eine Puppe verkörpert.
Let the puppets dance
P
uppentheater – das wissen inzwischen nicht nur die Fans von Hänneschen Theater, Augsburger Puppenkiste oder KölnerKünstlerTheater – ist nicht nur was für Kinder. Figuren werden inzwischen in verschiedenster Form an nahezu allen Schauspielhäusern eingesetzt – geführt von SchauspielerInnen, die ihr Handwerk an der Puppe eigens gelernt haben. Wir haben mit Schauspielerin Magda Lena Schlott und Regisseur Moritz Sostmann vom Kölner Schauspiel darüber gesprochen, wie unentbehrlich Puppen gerade für das zeitgenössische Theater sind. Und wir haben Menschen getroffen, die ohne ihre Puppen und Stofftiere nicht mehr leben können. Und wir klären die Frage, warum die berühmte George Sand, diese kämpferische Frau, auf ihrem Landsitz in Nohant unzählige Puppenkleider genäht hat.
Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. Mai 2020. Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749
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SERVICE n Sozialdienst Katholischer Männer e.V.
FOTO: SIMON VEITH
Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, kontaktstelle@skm-koeln.de, www.skm-koeln.de
n Vringstreff e.V.
In der OASE.
Für Alle n Diakoniehaus Salierring Fachdienst für Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe d. Diakonischen Werkes Köln und Region, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 70-0, verwaltung.salierring@diakonie-koeln.de, www.diakonie-koeln.de Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 12.3016.30 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten) Straffälligenhilfe: Zeiten wie oben Tagestreff: Di, Do, Fr 8.30-12.30 Uhr, Mo u. Mi 12.30-16.30 Uhr Frühstück, (donnerstags auch Mittagessen), Duschen, Wäschekeller, Aufbewahrung, Internetzugang Kleiderkammer: Di u. Do 9-11.30 Uhr Krankenwohnung, Betreutes Wohnen § 67 SGB XII, Ambulante Begleitung gem. § 67 SGB XII, Betreutes Wohnen § 53 SG XII, Clearingstelle Claro im Trägerverbund
n Emmaus Geestemünder Str. 42, 50725 Köln, Tel.: 971 17 31, info@emmaus-koeln.de, www.emmaus-koeln.de
Appellhofplatz: Essenausgabe u. medizinische Versorgung, Mo bis Fr ab 21 Uhr Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstiger Einkauf von Secondhand-Artikeln, Dritte-WeltArbeit durch Versand von Hilfslieferungen
n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, info@koelnerarbeitslosenzentrum.de, www.koelnerarbeitslosenzentrum.de Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr
n Kölner Obdachlosenfrühstück, Peter-Deubner-Stiftung Tel.: 430 39 83 Angebote: 9-11 Uhr: Kostenloses sonntägliches Frühstück jeden 3. Sonntag im Monat im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429, und jeden 4. Sonntag in der MüTZe, Berliner Str. 77, Köln-Mülheim
n GUBBIO Obdachlosenseelsorge Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme
n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, rochus@skm-koeln.de http://skm-koeln.de/9.0/9.1.8/rochus-p.html
Angebote: montags-freitags warmes Essen von 12.00-14.00 Uhr, kalte und warme Getränke, Duschmöglichkeit (Behindertendusche u. -toiletn Gulliver – Überlebensstation f. Obdachlose te), Wäsche waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Trankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, Beratung täglich von 11.00-15.00 Uhr oder nach 50667 Köln, Tel.: 120 60 91 Vereinbarung. Medizinische Sprechstunde Di und Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, Do von 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes Tagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit betreutes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Inter- Zugang. Samstags geöffnet – es gibt Frühstück. netzugang, Kunstausstellungen, Handyladestati- Die Kleiderkammer hat täglich geöffnet, montags on, Gepäckaufbewahrung zwischen 9.15 und 10.30 Uhr auch für Menschen Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8-16 Uhr (Kernöffnungs- aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Köln Pass. zeiten), Wochenende und Feiertage 10-18 Uhr Öffnungszeiten: Mo-Fr. 11.00-15.00 Uhr, Kleiderkammer: Do 13.30-15.30 Uhr Sa. 10.00-13.00 Uhr
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Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, Freizeitangebote, (Spieleangebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr
Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltungen, Beratung
n Bürger für Obdachlose e.V. Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebraucht-
n OASE-Benedikt Labre e.V. Alfred Schütte Allee 4, 50679 Köln, Tel. 0221/9893530 kontakt@oase-koeln.de www.oase-koeln.de
Kontakt- und Beratungsstelle: Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung
Offener Treff: Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr
Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr
Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr Donnerstags ab 13.00 Uhr Computer-Nutzung: nach Vereinbarung Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung REDAKTIONSSITZUNG DRAUSSENSEITER:
siehe Aushang
SERVICE
n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 ibwa@netcologne.de www.bauenwohnenarbeiten.de
Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung, Wohnen, Betreutes Wohnen
Nur für Frauen n agisra e.V.
Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internetnutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Vermittlung an weiterführende Hilfen möglich.
n Elisabeth-Fry-Haus Albert-Schweizer Straße 2, Nähe Südfriedhof, 50968 Köln, Tel.: 99 56-43 00 efh@diakonie-michaelshoven.de www. diakonie-michaelshoven.de Notaufnahmeheim für Frauen und Frauen mit Kindern, Schutz, Übernachtung, Verpflegung, Wohnen, Beratung und Begleitung. Das Haus ist rund um die Uhr geöffnet.
Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Martinstr. 20a, 50667 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org
n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und
Beratung nach Terminvereinbarung, Telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr
Beratung telefonisch, persönlich und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote
n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310 Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr Café Auszeit 2 Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232.14 82 92, cafe-auszeit2@skf-koeln.de
Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, mailbox@notruf-koeln.de, www.notruf-koeln.de
Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210 Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:
In unserer stationären Einrichtung für wohnungslose Männer bieten wir folgende Hilfen an: Beratung und Unterstützung durch fachkompetente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachgehende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote
Wohnprojekt für Frauen
n LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen
Mi 14-16 Uhr: ohne Anmeldung Di 10-11 Uhr, Do 14-15 Uhr: telefonische Beratung, Di 16-18 Uhr: kostenlose Betreuung Ess-Störungen 0800 5 03 58 85 Mädchenberatung rechtsrheinisch Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim Tel.: 0221/890 55 47; maedchenberatungrechtsrhein@lobby-fuer-maedchen.de Mi bis Fr ganztägig nach Vereinbarung Fr 14-18 Uhr ohne Anmeldung
Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57 FOTO: CHRISTINA BACHER
Erik-Wickberg-Haus Marienstr. 116-118, 50825 Köln Tel.: 955609–13 koelnewh@heilsarmee.de www.heilsarmee.de/ewh
Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de
n Mäc-Up
Der Second-Hand-Laden der Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) befindet sich am Salierring 37 und 41.
n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH
n Haus Rosalie
Mädchenberatung linksrheinisch Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld Tel.: 0221/45 35 56 50 Jeden Dienstag und Donnerstag offene Beratung maedchenberatung-linksrhein@lobbyvon 10 -15 Uhr; Donnerstags von 10 bis 12 Uhr fuer-maedchen.de Frauenfrühstück Mo bis Do: ganztägig nach Vereinbarung
n Comeback
Nur für Männer
Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen, Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr.
FOTO: CHRISTINA BACHER
waren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.
Emmaus-Möbellager in der Barbarastraße
n Notschlafstelle für Männer Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), jhk-notaufnahme@johannesbund.de Sozialarbeiterische Beratung, Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren
n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr 27