Amerika in der Schweiz - März 11

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6. Ausgabe März 2011

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Social Revolution!

Wie Medien, Brands und Social Networks unsere Gesellschaft verändern.

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Spamerika

Ein Apache berichtet aus Amerika

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Gömmer go guugle? von Franz Hohler


2 6. Ausgabe, März 2011

Inhalt

EDITORIAL

03 Sackschwache Presseförderung.

HINTERGRUND

04 Social Revolution. 05 Schweigen ist... 06 Beziehung als reichhaltigste Lebenserfahrung. 07 Backe, backe Kuchen. Ein Leserbrief.

THEMENSEITE

08 Amerika! 10 Spamerika 12 Gömmer go guugle? 14 So viel Amerika verträgt die Schweiz. 18 Jenseits des grossen Teichs Selbstbewusstsein tanken.

KREATIVES

21 Fette Zeiten kommen auf uns zu. 22 Gross & klein.

IMPRESSUM

Redaktion: Simon Jacoby, Conradin Zellweger, Manuel Perriard Bremgartnerstrasse 66, 8003 Zürich Text: P.L. | M.H. | D.T.| V.H. G.O. | A.H.B. | F.H. | M.B. | T.J. Illustration/Bild: M.H. | S.K. | V.I. | A.S. | G.S. | S.R. Cover: P.R. Layout: Per Rjard Lektorat: Mara Bieler & Daniela Bär Webdesign: Timo Beeler | timobeeler.ch Druck: ZDS Zeitungsdruck Schaffhausen AG Auflage: 4000 Artikel einsenden: artikel@dieperspektive.ch Werbung: info@dieperspektive.ch Abo: abo@dieperspektive.ch Leserbriefe: leserbriefe@dieperspektive.ch Thema der nächsten Ausgabe: http://dieperspektive.ch/images/m_images/sdfkjsdf.png Weitere Themen zu folgenden Ausgaben auf dieperspektive.ch Gönnerkonto: PC 87-85011-6, Vermerk: Gern geschehen Redaktionsschluss Dienstag 15. März, 2011, 23.55 Uhr


Editorial

3 6. Ausgabe, März 2011

Sackschwache Presseförderung. Die schweizerische Presseförderung fristet ein Mauerblümchendasein. Dabei ist ihr Ausbau bei der politischen Elite scheinbar unumstritten. Die beiden grössten rhetorischen Genies unseres Landes – Moritz Leuenberger und Christoph Blocher – forderten in den vergangenen Wochen eine starke Presseförderung. Diese sei wichtig, um der Medienkonzentration und der Medienkonvergenz – der Verschmelzung verschiedener Medien – entgegen zu wirken. Nur so könne die Pressevielfalt der Schweiz wiederhergestellt werden. Es ist jedoch verquer zu glauben, dass die Presseförderung tatsächlich ausgebaut wird. Zu stark ist der neoliberale Druck der Medienriesen Tamedia und Ringier auf unsere Parlamentarier. Durch diese schwache Förderung entstehen drei grosse Problemfelder: 1. Internationaler Vergleich: Die schweizerische Presseförderung beläuft sich auf 30 Millionen Franken pro Jahr. Damit werden hauptsächlich die niedrige Mehrwertsteuer und die vergünstigten Posttarife der Medienhäuser

ausgeglichen. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz miserabel da: Italien (Bananenrepublik) etwa investiert rund 150 Millionen Euro in die nationale Presse, Frankreich (Banänchenrepublik) 92 Millionen Euro. Für die Schweiz als Staat mit vier Landessprachen ist es unmöglich, international im publizistischen Sinn wettbewerbsfähig zu sein. 2. Markteintritt: Theoretisch ist es einfach, eine Zeitung zu gründen. Es bedarf dazu weder einer Lizenz noch eines Diploms. Die Markteintritt-Barrieren sind jedoch derart hoch, dass Neugründungen beinahe unmöglich sind. Ein Beispiel: Die horrenden Fixkosten für den Druck lassen es nicht zu, langsam zu wachsen, da jedes einzelne Exemplar mit erhöhter Auflage massiv günstiger wird (sogenannte Fixkostendegression). Eine Auflage von 200 Exemplaren kostet also beinahe gleichviel wie eine von 2000 Exemplaren. Nur wer mit einmaligem Konzept und grosser Leidenschaft überzeugt, hat überhaupt eine Chance. 3. Medienkonzentration und Konvergenz: Die grossen Konzerne kaufen im grossen Stil Zeitungen, Privatradios und Privatfernseh-

3. April 2011

Wahlen im Kanton Zürich

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sender auf. Das Resultat: Die Medien werden konzentriert und konvergiert. Folglich sind Ausrichtung und Inhalte eines Medienhauses in all seinen Medien und auf allen Kanälen verfügbar, woraus der Einheitsbrei in der Medienlandschaft resultiert. Daher sehen wir auf Tele Züri dasselbe, worüber wir im Tages Anzeiger (Print und Online!) lesen und was wir auf Radio 24 hören. Eine starke Presseförderung würde diesen drei Punkten entgegen wirken. Die Schweiz wäre publizistisch wettbewerbsfähig, kleine und feine Printprodukte hätten eine Chance, zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen, und die Medienkonzentration würde sich kaum noch wie im jetzigen, perversen Rahmen präsentieren. Die Schweizer Bevölkerung hat eine grössere Auswahl an Meinungen verdient als jene von Tamedia und Ringier.

Simon Jacoby Perspektivischer Redaktor


Hintergrund

4 6. Ausgabe, März 2011

OMG* *OBJECT MANAGEMENT GROUP

{Text} Pierre Lippuner

Sozial Revolution! Wie Medien, Brands und Social Networks unsere Gesellschaft verändern.

Unerreichbar. Gefällt dir das? KLICK - Ja! Social Media haben schon jetzt das Gefüge der Gesellschaftsraumzeit verändert. Was für die eine Generation mit MySpace begann, ist heute fester Bestandteil vieler Altersgruppen. Während Konzerne wie Google und Facebook das Internet beinahe monopolisiert haben und wohl gerade herauszufinden versuchen, wer du eigentlich bist, konsumiert der Normalbürger die Statusmeldungen seiner Freunde und Bekannten sowie von Personen, die er gar nicht wirklich kennt. Jemand Unbekanntes möchte mit dir befreundet sein. Freundschaftsanfrage bestätigen? KLICK - Ja! Die Gesellschaftsraumzeit ist in unseren Augen nicht deshalb gestört, weil Pädophile auf Teen-Communities und Facebook mit Kindern

befreundet sind, sondern wahrscheinlich auch mit deren Eltern. Was früher als unerreichbar, unantastbar, unmöglich galt, ist durch die SocialRevolution in fast greifbare Nähe gerückt. Das frühere Bild der Gesellschaft scheint sich mehr und mehr zu verflüchtigen. Marken wie Microsoft, Coca Cola oder Nike galten früher als Ikonen, als Megakonzerne mit fester Qualität, die natürlich einen klaren, wirtschaftlichen Nutzen verfolgten. Heute sind sie deine Freunde auf Facebook. An ihren Zielen hat sich natürlich nichts geändert, doch unser Bild von ihnen ist nachträglich gestört. Es geht nicht mehr darum, Ware zu verkaufen, sondern einen ganzen Lifestyle. Firmen mit nachweisbaren Wirtschaftszielen messen sich nicht mehr mit der brancheneigenen Konkurrenz, sondern mit Pseudovertretern des Trends wie Lady Gaga und Farmville.

Die Zukunft steht vor dir. Gefällt sie dir? KLICK - Maybe. 1982 glaubten die Schweizer, dass man im Jahr 2000 mit Magnet-Schwebebahnen innert kürzester Zeit die Eidgenossenschaft bereisen könne. Wir wissen heute, dass es noch immer nicht soweit ist. Wir trampen in überfüllten Intercitys zwischen Zürich und Bern, Kinder schreien einem ins Ohr, Eltern schreien einem ins Ohr, Freunde sitzen einem gegenüber, doch gesprochen wird nicht. Nur Musik gehört.

Doch das wirklich Faszinierende an der damaligen Zukunftsvision ist, dass sich die Leute eine futuristische, glatte Welt vorgestellt haben. Eine neutrale Umgebung. Um es genauer zu formulieren: Keiner der Entwürfe sah einen Werbeüberfluss vor. Ist also eine solche Zukunft unantastbar? Schwer zu sagen. Hatten die Leute von 1982 das iPhone vorhergesehen? Dieses kleine, kompakte Ding, das nicht nur die Handyindustrie revolutionierte, sondern den ganzen Technologiestandard an sich? Touchscreen, Multitasking, Kommunikation via Internet! Aus welcher Perspektive wir es auch betrachten, unsere heutige Technologie ist unweigerlich an die Werbebranche und an den wirtschaftlichen Wettbewerb gebunden. Während die Technologie die Art der Werbung immer wieder neu erfindet, finanzieren die Megakonzerne den Fortschritt. Und wir, die Social Media-Generation, finanzieren die Konzerne. Die Social Revolution verzerrt die Gesellschaftsraumzeit. Wieder und wieder. Bald wird es erneut zu Veränderungen kommen. Unerreichbares rückt in greifbare Nähe. Und wenn Facebook heute die Stars, die Konzerne und die Konsumenten näher zusammenbringt, vielleicht haben wir dann bald eine Revolution, die Religionen und Nationalitäten besser verbindet. Gefällt dir das? KLICK - Ja! •

redaktionsschluss aprilausgabe: 15. märz, 23.55 uhr. http://dieperspektive.ch/images/m_images/sdfkjsdf.png wer schafft das interview?


Hintergrund

5 6. Ausgabe, M채rz 2011

{Text} Michael Huber

SCHWEIGEN IST auch eine Form der

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am Helvetiaplatz, Tel. 044 242 04 11, www.xenix.ch

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6 6. Ausgabe, März 2011

Hintergrund

{Text} David Thamm

Beziehung als reichhaltigste Lebenserfahrung. In jedem Anfang liegt eine Schwere. Noch scheint das Gefühl euphorisch in der Schwebe. Die Bindung erst in ihrer Tiefe sich offenbart, anhält mit der Zeit, die wir ihr geben. Beziehung ist die einzig wahre, erfüllte Lehre in meinem Leben. Der Freund, der immer in der Nähe. Da beginnt, stets im Urvertrauen, weil Wesen auf und in dich schauen. So bauen wir in jedem Sinn zuerst das Verhältnis auf. Also wähle lieber nicht die freundliche Scheinehe. Da geht man drauf! Den vergänglichen und äusserlichen Gesellschaftsstatus als Identität definieren? Weil zwischenmenschliche Gefühle, Mitempfindung oder Barmherzigkeit ja nicht nur bereichernd rentieren? Es ist der Gang des unaufhaltsamen Laufs, des fortschreitenden, Umsichtigkeit abschneidenden Individual - Abriss - “Muss”. Der unserer so “taffen” Zeit obliegt. Da wird Frau und Mann nur einsam, und das vornehme ”Ich” auch kläglich in sich scheitern. Nicht mehr gewachsen diesem Druck, seine Aura am Abservieren, die inneren Abgründe bis zur Talsohle - von Hundert auf Null, ist ein sterben, müssen… Aus den Augen, aus dem Sinn, ohne die “Lieben”. Aus der Gesellschaft zu rutschen, zu fallen oder abserviert, verarscht und hintergangen zu werden, wird man oft explizit gezwungen. Wirkliches Leid, und keine Lösung in Sichtweite, heißt, kein vorhandenes soziales Umfeld an seiner Seite zu wissen. Der Geist am Verhungern! Man vergeht ohne die Chance zu gesunden. Versteht dann erst das Nichts, wenn sich nichts mehr bewegt. Unheilbar die Wunden. Apathie, Paranoia und Negativ, ist ein “Muss”, das sich nicht mehr legt. Weil der unendliche Schmerz, die tiefe Trauer, wenn beim Nullpunkt angekommen, niemand mehr in der Nähe, beim inneren “Selbst” zu dir steht. Im Schatten wird sich sonnen. Zum Reflektieren der eigenen Verhaltensweisen, nebst der inneren Stimme - dem Selbstgespräch -, oder deinen geschriebenen Gedanken und Gefühlen, um sich zu orten, gehört auch der offene und ehrliche Dialog mit deinen “Liebsten und Nächsten”, die einem sind und uns erhaltend bleiben werden. Der unbewusste Ausfall der zum Frie-

den führenden Charaktereigenschaften, welche für andere Menschen aufhellend wirken, wenn schlechte Stimmung oder fiese Spannung vorherrschen, fliesst in rasanter Manie in den Zerfall der Eigenheit ein. Ist der soziale Netzverlust einst besiegelt, und ein Trost in weiter Ferne, wird nirgends mehr gespiegelt, also lerne: Älteste, zwischenmenschliche Beziehungen sind die einzige Möglichkeit, eine - zu erreichende -, meist konstante Sicherheit im Leben zu finden. Erst wenn bestrittene oder heilsame Gefühle mit den “Bekannten” erlebt werden, um sich über jene zu reflektieren, wird eine Persönlichkeit stabilisiert, oder gar das Karma vollendet ausgemalen. Auch die Mitte schlussendlich in sich und außer sich zu entdecken, weil es sich nicht lohnt, im Elend zu “verrecken“. Beziehungen, die evozieren ein erfülltes Dasein. Ein weniger exzessives “sich gehen lassen“. Da Mann und Frau wissen will, wie man wirkt und ist. Der Mensch will nur als wahr ver-

nommen und beachtet oder gar hoch geschätzt werden. Was ohne bestätigende Zuneigung - von unseren langjährigen Freunden bzw. einer zweiten “aussenstehenden Stimme” - nie erreicht wird. Nur sie retten wirklich Leben, auch dann noch, wenn das einst erfüllte, von äußerlichem Reichtum beseelt-verhehlte Leben, blitzartig oder schleichend am Verschwinden und Untergehen ist. Man mag es nicht recht glauben. Man wird es erfahren “müssen“. So wird wahrhaftiges Glück empfinden, wer das Wort Freund auch wirklich ausspricht, da er die Unterscheidung zum “Kollegen“ vornehmen durfte. “Facebook” ist die Verleumdung der nachhaltig und vitalisierenden Tatsache, wie Menschen in der Realität miteinander, unterhalten und fair gestaltend sind. Beziehung und Erziehung. Verkaufe dich, aber nie dein Ich. Mitleiden endet, wo bemitleiden beginnt. •

Kongress zum Grundeinkommen 19. März 2011 Kongresshaus Zürich

Ein Einkommen braucht jeder Mensch, unabhängig davon, was er leistet und ob er arbeitet oder nicht. In den letzten Jahren ist das Thema Grundeinkommen immer wieder an Veranstaltungen und in Medienberichten aufgetaucht. Ob das bedingungslose Grundeinkommen in die richtige Richtung zielt, soll am Kongress «Die neue Schweiz – Ein Kulturimpuls» als offene Fragestellung kritisch diskutiert und geprüft werden.

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Hintergrund

7 6. Ausgabe, März 2011

{Text} Veronika Henschel

Backe, backe Kuchen. Es gibt verschiedene Arten von Menschen. Die einen leben nach den Prinzipien „If tomorrow never comes“ und „Geniess das Leben, solange du kannst“ und „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Die anderen leben eher im Stil von „Später werde ich...“ und „Morgen ist auch noch ein Tag“ und „Wenn ich dann in ein, zwei, drei Jahren...“. Natürlich gibt es noch viel mehr verschiedene Typen. Man könnte das Ganze auch so beschreiben: Man steht in der Küche und bäckt einen Kuchen. Dafür benötigt man ein halbes Päckchen Vanillezucker. Nun gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten: 1. Man hat keines im Haus und bäckt den Kuchen ohne. 2. Man hat keines im Haus und bäckt deshalb gar keinen Kuchen. 3. Man hat noch genau ein halbes Päckchen, will dieses aber nicht verwenden, da man ja mal Vanillezucker brauchen könnte und dann keinen mehr hätte. 4. Man hat ein oder mehrere Päckchen Vanillezucker zu Hause. Man schüttet ein bisschen mehr als die Hälfte in den Kuchenteig, der Kuchen soll ja auch gut schmecken, und vielleicht bäckt man danach so lange nicht mehr, dass der Vanillezucker schlecht wird. Also lieber mehr als die Hälfte verwenden. 5. Man hat ein oder mehrere Päckchen Vanillezucker zu Hause. Man schüttet ein bisschen weniger als die Hälfte in den Kuchenteig, zu viel Zucker ist sowieso ungesund. Ausserdem könnte man den Rest ja irgendwann einmal brauchen, und dann will man sicher genug übrig haben. (Punkte 5 und 6 können auch unbewusst passieren. Bewusstsein und Unbewusstsein werden hier aber nicht berücksichtigt, da es schlussendlich in beiden Fällen der Mensch ist, der handelt.) 6. Man hat ein Päckchen Vanillezucker zu Hause. Man schüttet das ganze Päckchen in den Teig, damit man keine unnötigen Reste hat. 7. Man hat mehrere Päckchen Vanillezucker zu Hause. Man schüttet ein ganzes Päckchen in den Teig, er soll ja auch schön süss sein, man will keine angefangenen Beutelchen haben und man hat ja sowieso genug. Mit Sicherheit gibt es noch eine ganze Menge weiterer Möglichkeiten, wie man in dieser simplen Situation verfahren könnte. Und aus jeder Verhaltensweise könnte man vermutlich den Charakter und Lebensstil eines Menschen herauslesen. Die „Was du heute kannst besorgen...“-Menschen, die „Ich würde gerne...“-Menschen und so weiter. Was für eine Art Mensch bist du? Was würdest du in der Vanillezucker-Situation tun? •

Niya Supper Market Manessestrasse 92 8045 Zürich

Der kleine, neu eröffnete NIYA SUPPER MARKET an der Manessestrasse 92 in Zürich, ist unter Kennern und Liebhabern der scharfen und gewürzreichen Speisen der ultimative Geheimtipp! Das schärfste Curry bekommst du nur beim NIYA. „Gut für Herz!“

{Text} Graf zu Orsini

Ein Leserbrief Ich habe den Artikel Von Whiskas und Tiefkühlpizzas gelesen und war ein wenig erstaunt darüber, wie der Verfasser Art. 305 StGB versteht. Seine Aussagen diesbezüglich sind falsch. Diese Norm verhindert, dass eine Person eine andere der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug entzieht. Die betroffene Tankstelle wird nebenstrafrechtlich verfolgt und allenfalls zu einer Busse verurteilt. Wenn nun die FDP die Busse bezahlen will, hat sie die Betroffene nicht einer Massnahme im Sinne von Art. 305 StGB entzogen, sondern eine Schuldübernahme im Sinne von Art. 175 OR ausgeführt, was legal ist. Art. 305 StGB beinhaltet zudem ein Offizialdelikt, welches die staatlichen Behörden verpflichtet, die Fehlbare zu verfolgen. Wir müssen also nicht hoffen, dass die Strafverfolgungsbehörden nichts Besseres zu tun haben, sondern können darauf vertrauen, dass Gesetzesbrecher von unserem Rechtsstaat verfolgt werden. •

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AMER BESU

DIE SCH oder: Wieviel Amerika vertr채gt die Schweiz?


RIKA UCHT

HWEIZ! LOL* *LIVING OVERDOSE LIFE


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Amerika

{Text} Apachenkönig Huntin’ Beer

Spamerika

Ja, auch Apachen sind Amerikaner. Sie sind vielleicht ein bisschen reservierter als andere, weshalb sie ja auch in Reservate gepfercht wurden, aber nichtsdestotrotz sind sie amerikanischer als mancher andere Amerikaner. Wenn ihr mir nicht glaubt, könnt ihr ruhig mal Geronimo googeln. Sorry, Ab Lincoln, but he’s the man named truth. Der Super Bowl. Die heilige Instrumentalisierung des American Football fürs Vaterland. Auch ich als Apache setze mich mit Chips und einem Bierchen vor die Glotze. Weil Gesetz! Amis kucken Super Bowl! Rührend, wie die Fahnenträger in ihren Uniformen ein paar Tränchen verdrücken müssen, als Christina Aguilera die Hymne trällert. What can you do for your country? Hm. Falls man nicht in Übersee mit einem Gewehr in der Hand für Recht und Freiheit kämpft oder stirbt, sollte man fleissig Werbung kucken. Die sagen einem schon, was man als Amerikaner zu tun hat, um Amerikaner zu sein. Geht man davon aus, dass ein amerikanisches Weibchen ca. 74 kg wiegt und ein amerikanisches Männchen ca. 86 kg, ergibt das um die 25’000’000’000’000 kg Fleisch und Knochen, welche mit Werbung malträtiert werden können. Zum Vergleich: Ein Bison, männlich oder weiblich, wiegt 900 kg. Es existieren noch knapp 350’000 Bisons. Einen Vergleich mit indigenen Völkern möchte ich hier nicht anbringen. What can you do for your country? Ein bisschen Bescheidenheit wäre manchmal angebracht. Nicht gleich immer mit der Dampfwalze, Bombe oder Knarre alles platt machen. Das wär doch was. Ein bisschen weniger ist manchmal mehr. Auch sollte nicht alles für politische Zwecke und Propaganda oder Werbung jeglicher Art missbraucht werden. Freiheit sollte gewährleitstet werden und nicht nur zur Stimmenfängerei genutzt werden, so dass sie zu einer blossen patriotischen Floskel und Lüge verkommt. Abschliessend lasse ich es meinen Stammesbruder Geronimo mit einem Zitat auf den

Punkt bringen: „Ich möchte nun zu gerne wissen, wer es war, der den Befehl gab, mich festzunehmen und zu hängen. Ich lebte friedlich dort mit meiner Familie im Schatten der Bäume und tat genau das, was General Crook mir geraten hatte zu tun. Ich habe oft um Frieden gebeten, aber Ärger kam immer von den Agenten und Dolmetschern. Ich habe nie Unrecht ohne Grund getan, und wenn ihr von Unrecht redet, oder auch nur an Unrecht denkt, so tätet ihr besser daran, an das Unrecht zu denken, das ihr dem Roten Manne zugefügt habt, und das tief und weit wie ein Ozean ist, durch den niemand mehr waten kann, ohne darin zu ertrinken. Mein Unrecht dagegen

ist wie ein kleiner ausgetrockneter Bachlauf, den habgierige Weiße mit den Tränen meines Volkes gefüllt haben. Ich habe dieselben Weißen diese Tränen austrinken lassen, bis auf den letzten Tropfen, so dass ich wieder auf den Bach gehen kann, ohne meine Mokassins mit Unrecht zu nässen. Sagt mir, was daran Unrechtes ist! Ihr sagt selbst, dass ein Mensch, der einen anderen tötet, getötet werden muss. Seht, wie zahlreich der Rote Mann war, bevor ihr kamt, und seht, wie viele Rote Menschen ihr getötet habt. So dürft ihr nach eurem eigenen Gesetz heute nicht hier stehen, sondern müsstet alle tot sein, wenn Euer Gesetz wahrhaftig wäre! “ HUGH! •

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Amerika

11 6. Ausgabe, März 2011

Nachtschicht / les yeux sans visage Samstag 12. März 2011 im Veka-Glarus Gerichtshausstrasse 48 8750 Glarus

13 Plakatgestalter aus aller Welt gestalten in der Nacht von Freitag auf Samstag je ein Plakat und drucken dieses in einer 50erSerie im Handbuchdruck. Das Relutat: 650 Plakate in 24h von 13 Plakatgestaltern auf 3 Handbuchduck-Pressen aus den 60er-Jahren… Am Samstagabend werden die Gestalter ihre fertigen Plakate im Veka Vereinslokal ausstellen und verkaufen. Vernissage: 20.00–23.00h / Eintritt 5.— (inkl. 1 Plakat)

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Fette Props für die geile Idee!

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Wie wärs mit ein bitzeli mehr Tiefgang?

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12 6. Ausgabe, März 2011

Amerika

{Text} Franz Hohler

Gömmer go guugle? Wenn ich mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof Zürich nach Oerlikon fahre und zum Wipkinger Tunnel herauskomme, lese ich auf der linken Seite die Aufschriften „Swiss Prime Site“ und „Branding House“, und auf der rechten „Swissôtel“. Wende ich mich nach dem Aussteigen nach links, komme ich am „Cityport“ und an „Price Waterhouse Cooper“ vorbei zum „Hong-Kong Food Paradise“ oder zu meinem Quartierlädeli, dem „Shopping Center Eleven“, und dann weiss ich: Jetzt bin ich zu Hause. Wir wohnen in Häusern, an Strassen, in Dörfern, in Städten, in Ländern, aber wir wohnen auch in der Sprache. In welcher? Die Jungen, so wird beklagt, wollen nur noch in einer englisch ausgestatteten Sprache wohnen, möbliert mit chillen, fooden, DJ, hey man, chicks, cool und shit. Zwar bauen wir ihnen eine Welt, die so sehr anglifiziert ist, dass künftige Archäologen aus den Sprachresten wohl schliessen müssten, die Schweiz sei eine amerikanische Kolonie gewesen, aber wir wundern uns, dass sie in dieser Welt nicht löije und schnöisle, sondern chillen und fooden. Die Jungen mit Berufschancen müssen wählen, ob sie ins Asset Management oder ins Facility Management einsteigen wollen, ob sie sich zum Junior Investment Officer oder zum Group Controller ausbilden sollen. Die Köpfe der Betriebe tragen so oder so keine erkennbaren Namen mehr wie Direktor oder Personalchef, die eigentlichen Verantwortungsträger erkennt man daran, dass sie auch Abkürzungsträger sind wie CEO oder HR. Prüfen Sie sich doch ganz schnell, ob Sie wirklich wissen, wofür die Buchstaben dieser Abkürzungen stehen. Oder die wohl verbreitetste Tonquelle von heute, das MP3, über dessen Kopfhörer wir uns Rock- oder Symphonie-Infusionen verpassen können, was heisst das schon wieder? Ob uns die globalisierte Sprache auch globaltauglicher macht? Die Milliarden der UBS gingen vor allem auf dem amerikanischen Markt verloren, also in der sprachlichen Heimat von Asset, Facility und Investment. Haben unsern Managern ihre englischen Berufsbezeichnungen auf irgendeine Weise genützt? Beim Controllen ihrer Group? No comment. Die Befürchtung, das Schweizerdeutsche sei zum Untergang verurteilt, die heute oft zu hören ist, taucht nicht zum ersten Mal auf. 1862 forderte der Germanist Friedrich Staub dazu auf, die Dialekte festzuhalten, solange es sie noch gebe. „Auf keinem Boden“, schrieb er, „schleicht das Verderbniß so heimlich und darum so sicher wie auf dem unserer

Mundarten“, und als einen der Hauptgründe für die „gleichmachenden und verschleifenden Züge der Zeit“ sah er den „Eisenbahntaumel“, die aufkommende Mobilität also. Aus diesem Aufruf ging das Schweizerische Idiotikon hervor, das Standardwörterbuch der schweizerdeutschen Dialekte, das heute noch fortgeführt wird. Am Anfang des 20. Jahrhunderts gab es Sprachforscher, die befürchteten, in Städten wie Zürich und Basel werde bald nur noch Hochdeutsch gesprochen. Das traf zu einem Teil sogar zu, wenigstens für die gebildeten Schichten. Doch seit jeher ist zu beobachten, wie unsere Sprache eine Leistung vollbringt, zu welcher die Politik so oft nicht im Stande ist: Sie integriert, sie bürgert ein. Es gibt kaum ein heimeligeres berndeutsches Wort als „tschou“. Das ist aber irgendeinmal aus Italien eingewandert, als „ciao“, während sich aus Frankreich der Coiffeur bei uns niederliess und die englischen Bergsteiger im 19. Jahrhundert für ihre Picknicks das Sandwich mitbrachten. Mani Matter hat es mit seiner

Frage „Was isch es Sändwitsch ohni Fleisch?“ endgültig eingebürgert. Unsere Dialekte werden auch der englischen Sprachflut von heute gewachsen sein. Schreiben Sie statt „chillen“ „tschille“, und Sie haben ein lustiges einheimisches Wort, dem Sie seine Herkunft nicht mehr anmerken. Wer immer das Internet benutzt, hat schon „Google“ benutzt. „Guugle“ gehört vom Klang her geradezu zum Urwortschatz, zwischen chrugle, guuge und juble; „mailen“ und „stylen“ werden mühelos zu gmeilet und gstäilet. „Shoppen“ fällt klanglich sogar zusammen mit schoppen, das klein oder gross geschrieben mit verschiedenen Bedeutungen schon exisitiert und leicht noch eine Drittbesetzung erträgt. Wer hätte 1948 bei ihrer Einführung gedacht, dass die Ahafau einmal diesen wortähnlichen Unterton bekommen würde, und kaum erscheint ein Phänomen wie das SMS auf der Bühne des technischen Alltags (wissen Sie, wofür die Buchstaben stehen?) höre ich, dass öpper gessemmesslet het, oder noch schöner, gsims-

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Amerika let, was schon fast ans fensterlen erinnert, oder mindestens an ein leises Vogelgezwitscher, und was zweifellos ein echtes Mundartwort ist. Die Sprache stirbt nicht am Fremden, sondern sie stirbt, wenn sie das Fremde fernhält, statt es aufzunehmen. Eine Sprache lebt nur, wenn sie sich verändert und entwickelt, sie ist zur Flexibilität geradezu verurteilt. „go hene go“ von Endo Anaconda ist nicht ein versautes Stück Sprache, sondern ein starkes Stück Mundart von heute. Wenn Kuno Lauener von „Züri West“ singt, „I finge d Schpinnele okay“, ist das nicht mehr dasselbe wie „Nei, lueget doch das Spinnli a, wie’s zarti Fäde zwirne cha!“, wie Johann Peter Hebel vor zweihundert Jahren dichtete, aber seltsamerweise rühren mich beide Bilder der Spinne, das vergangene wie das heutige, und niemand weiss, wie uralt einem in hundert Jahren das heutige Spinnelebild vorkommen wird. Hebel hat seinen „Allemannischen Gedichten“ den Untertitel hinzugefügt: „Für Freunde ländlicher Natur und Sitten“, der Mundartdichter Josef Reinhart hat seine erste Gedichtsammlung von 1898 „Liedli ab em Land“ genannt, es stehen Verse darin wie „Mir Lütli ufem Bärg deheim, Hei nüt als Milch und Zieger.“ „Bluetbadbullschittläärloufmagerquark“ singt Büne Huber mit „Patent Ochsner“. Die heutige Mundart ist urban, und ihre Dichter grösstenteils auch. Der Reichtum der neueren Dialektliteratur ist frappant, er ist ungleich grösser als noch vor fünfzig Jahren und erscheint in Lyrik, Erzählung, Drama, Musical, Chanson, Kabarett, Satire, Performance, Song, Rock, Rap und Slam, oder Räpp und Släm. Neben dieser Aufwärtsbewegung gibt es

aber gleichzeitig eine Abwärtsbewegung in eine Rudimentärsprache der Interjektionen, Infinitive und grammatikalischen Schadenposten, mit der sich etwa die Immigranten herumschlagen, und ihr Kampf um die Sprache ist das Abbild ihres Kampfes um die Existenz. So ernst dieser ist, so komisch wirkt seine sprachliche Seite auf uns. Ein Taxifahrer, der mich fragen wollte, ob ich die Hausnummer des Gebäudes nicht kenne, zu dem er mich fahren sollte, tat dies mit dem Satz: „Isch der Nummer waiss i nit?“ Ich habe ihn verstanden. „Nei, waiss i nit der Nummer“, hab ich geantwortet. Wir alle kennen die legasthenischen Aushangtafeln von Restaurants. Lichtjahre von der neuen wie der alten Rechtschreibung entfernt, versuchen sie uns zu Köstlichkeiten wie „Pizza Margerith“ oder „Pouletgeschnetz“ mit „kleine gemiste salad“ zu verführen. Ärger über Zerfall und Verluderung oder Rührung über die offensichtliche Anstrengung, in unseren Normen anzukommen? Solche Sprachformen können ohne weiteres zur Mode werden, wie der gutturale Balkanslang, „isch im Fall voll krass, Mann“, der gern auch von Jugendlichen gesprochen wird, die sich ebenso in der „Normalsprache“ ausdrücken könnten. Vielleicht ist unsere Dialektkultur ein Angsttrieb gegen das Absterben unseres Stammes, eine Trotzreaktion auf die Multikulturalisierung unserer Dorfplätze, ein Hilferuf auf der Suche nach Herkunft und Zukunft. Sicher ist sie ein Lebenszeichen. Wieso werten wir die Mundart so gering, dass sie nun schon im Kindergarten abgeschafft werden soll? Welche Instanz möchten wir da mit einem autonomen Nachvollzug besänfti-

13 6. Ausgabe, März 2011

gen? Und unsere Lieder? Hat s Vreneli ab em Guggisbärg gegen Molly Malone verloren? Sie hätten beide in unsern Schulzimmern Platz, genau so wie das Hochdeutsche und das Schweizerdeutsche. „Soviele Sprachen man spricht, soviele Herzen hat man“, hat Herder gesagt, der Sprachphilosoph und Volksliedersammler. Der bejammerten Verrohung der Jugendsprache wird jedenfalls durch ein Downgrading des Dialekts nichts entgegengesetzt. Der Dialekt jedoch wird länger leben als alle, welche ihn aus der Pädagogik verbannen wollen. Schon längst ist zum Eisenbahntaumel der Autobahntaumel gekommen, und wir fahren in einer Stunde von Bern nach Zürich und umgekehrt, aber Friedrich Staub würde sich wundern, wenn ich ihm erzählen könnte, dass ich heute, 146 Jahre nach seinem Aufruf, immer noch jedem Secondo anhöre, ob er in Zürich, Bern, Basel, Chur oder St.Gallen aufgewachsen ist. Unsere Sprachklänge haben einen Überlebenswillen, der sich wohl aus einer Naturkraft nähren muss, einer Kraft, die ähnlich wie der Frühling immer wieder kommt, und diese Kraft will ein Programm verwirklichen, das für jede Form des Lebens unabdingbar ist: Vielfalt. Vielleicht ist es Zeit für einen Aufruf zur Gründung eines neuen schweizerdeutschen Wörterbuchs. Dieses Wörterbuch verstaubt dann nicht einfach in unsern Bibliotheken und linguistischen Seminarien, sondern dieses Wörterbuch, in dem „Tschicks“ und „tschille“ neben „Tschumpeli“ und „Tschütteler“, „snöbe“ und „sörfe“ neben „sädere“ und „Sibesiech“, und „Gitzi“ und „Geissepeter“ zwischen „gämble“ und „guugle“ steht, das sind Sie und ich und unsere Kinder und Enkelkinder. Go hene go! Tschou zäme. •

SMS* * SCHWEIZER MASS SYSTEM

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Amerika

14 6. Ausgabe, März 2011

{Text} Graf zu Orsini {Illustration} Marlon Höss

So viel Amerika verträgt die Schweiz. Wenn ich „Amerika“ lese, assoziiere ich. In den Sinn kommen mir unter anderem der IrakKrieg, die Freiheitsstatue und Pamela Anderson. Nun ja, dieses Land ist halt vielseitig. Bei erneutem Durchlesen des Schlagwortes realisiere ich, dass ich mich nun auf ein bestimmtes Merkmal fokussieren sollte, um eine interessante Abhandlung, Rezension oder sogar Analyse verfassen zu können. Die amerikanische Verfassung war eine evidente Errungenschaft und ist aus dem schweizerischen Leben nicht wegzudenken. Wenn ich mich jetzt also festlege, muss ich darauf achten, dass es etwas Typisches ist. Ich könnte beispielsweise über den so genannten „American way of life“ schreiben oder über Halloween oder die Route 66. Ich könnte allerdings auch die heimliche amerikanische Unterwanderung der schweizerischen Werte herausgreifen, wie dies die Amerikanisierung des schweizerischen Strafrechts und die politische Kommunikationskultur in der Schweiz, insbesondere die Wahlwerbung, verdeutlichen. Wenn sich Länder einander annähern, wird mir unwohl. Ich will doch nicht so ein

Strafrechtssystem wie das der Amerikaner. Übrigens gab es den „American way of life“ in der Schweiz bereits früher. Denn in der Schweiz hatte man auch alle Möglichkeiten, und wenn man seine Chance nutzte, kam man ganz nach oben. Die beste Lösung klingt banal, ist plausibel offensichtlich, eventuell eine Binsenwahrheit, doch sie muss zuerst erkannt werden. Die Schweiz soll von allen Gesellschaften und Kulturen das Nützliche, Wichtige und Gute abschauen und es nachahmen, aber die eigenen Werte hochhalten, durch Unantastbarkeit schützen und für unvergesslich erklären. Meiner Ansicht nach gehört die Amerikanisierung der politischen Kommunikationskultur in der Schweiz nicht dazu. Diese ist unerhört und grässlich. Am Schluss schiessen sie noch auf ihre Volksvertreter, was übrigens in der Schweiz nie geschehen wird, dank dem Matter-Song „I han es Zündhölzli azündt“. Wird ein einzelnes Merkmal beurteilt, so bedeutet dies anscheinend, dass abstrahiert eine vergleichende Studie als Ziel verfolgt wird. Dabei wird überaus prägnant, aber differenziert

über jene Charaktereigenschaft und deren zukunftsverbessernde Beeinflussungsmöglichkeit am Aufhänger Amerika diskutiert. Was hat das überhaupt noch mit Amerika zu tun? Ich bin davon weggekommen, ein Lebewesen verallgemeinert zu benamsen. Für mich tragen meine Mitmenschen wieder persönlichere Namen: „De gellend lachend Mitbewohner“, „de verwirrt Nochber“, „de kriminell Ivan“. Weder wird mein Mitbewohner zum „Gummihals“ noch mein Nachbar zum Aussteiger oder der Ivan zum Ausländer. Etwas haben aber alle gemeinsam: Sie leben innerhalb der Schweiz und bringen sich mit ein. Sie sollen deswegen alle an den Interessensabwägungen ihres Umfeldes und ihrer Umgebung teilhaben und somit ihrer Verantwortung gegenüber ihrer Heimat gerecht werden können. „Aus dem Antrieb der Freiheit erwächst die Unterwerfung unter die Gesetze der Gleichheit mit einem ungeheuren Druck der Massenseele auf den Einzelgeist“, schrieb einst Alexis de Tocqueville. Diesem Konformitätsdruck gilt es in der modernen Demokratie standzuhalten. •

redaktionsschluss aprilausgabe: 15. märz, 23.55 uhr. http://dieperspektive.ch/images/m_images/sdfkjsdf.png wer schafft das interview?


15 6. Ausgabe, März 2011

{Illustration} Samuel Kaufmann

Amerika

FBI* * FREIE BÜRGER INITIATIVE

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16

{Illustration} Vincenzo Iorio

6. Ausgabe, März 2011

Amerika Vincenzo Iorio

Vincenzo Iorio vom 30. März - 5. Juni 2011 im Gemeinschaftszentrum „In der Au“ in Volketswil.

Vernissage 30. März 2011 17.00 - 20.00 Uhr

www.saatchionline.com/vincenzoiorio


Amerika Wieviel Amerika verträgt die Schweiz? Bitte ankreutzen

17 6. Ausgabe, März 2011

Size Zero

Small

{Illustration} Anna Schönholzer

Wählen Sie jetzt Super Size und Sie erhalten zusätzlich eine ganze Dose Ritalin gratis!

Medium

Super Size


18 6. Ausgabe, März 2011

Amerika

{Text} Monika Betschen

Jenseits des grossen Teichs Selbstbewusstsein tanken. Ist Amerika eher Fluch oder Segen für den Rest der Welt im Allgemeinen - und für die Schweiz im Speziellen? Sarah Palin und marodes Gesundheitssystem hin oder her: Es gilt, auch wieder einmal eine Lanze für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu brechen.

{Illustration} Samuel Kaufmann

Was für Menschen gilt, gilt auch für Länder: Mitleid bekommt man umsonst, Neid aber muss erst sauer verdient werden. Trotz rasend schnell aufstrebenden Schwellenländern wie China oder Indien sind die USA nach wie vor der Inbegriff einer finanziell und technisch überlegenen Grossmacht. Die Traumfabrik Hollywood, die NASA oder Big Apple tun das ihrige, um diesen Eindruck zu stützen. Der Rest der Welt reibt sich die Augen und fragt sich, wa-

rum „die da drüben“ einem immer wieder eine Nasenlänge voraus zu sein scheinen. Und das ist auch gut so. Vor allem auf dem „Alten Kontinent“ Europa hat sich in den letzten Jahren eine selbstgefällige Häme in die allgemeine Berichterstattung über Krisen und Pannen im Amiland eingeschlichen. Aus sicherer Distanz werden Sarah Palins jüngste verbale Entgleisungen und das angeschlagene Gesundheitssystem der USA kommentiert, als wären einem selbst solche Auswüchse völlig fremd. Angesichts eigener Populisten und Krankenkassenprobleme erscheinen solche Aussagen nicht wirklich angebracht. Fast Food, Lady Gaga, iPhone – Amerika ist unbestritten omnipräsent. Aber schlimm ist das noch lange nicht. Vielmehr sollte eine

solche Dominanz doch dazu anstacheln, selber nach den Sternen zu greifen. Dies gilt vor allem für Kleinstaaten wie die Schweiz. Wenn wir uns hierzulande eine grosse Scheibe vom Selbstvertrauen der Amerikaner abschneiden würden, würde uns auch die Frage, wie viel Amerika die Schweiz verträgt, höchstens am Rande interessieren. Wir wären nämlich in erster Linie damit beschäftigt, uns um die Promotion der eigenen Stärken zu kümmern. Der grosse Konkurrent würde an Bedrohlichkeit verlieren. Übrigens: Nichts hilft bei flauem Magen nach einem währschaften Fondue-Abend besser als ein grosser Schluck des bekannten, dunkelbraunen Brausewassers. Das können wir ruhig neidlos anerkennen. •


1

26.01.11

16:27

www.spzuerich.ch

sp_zuerich_wahlreise_rr_inserat_204x282.pdf

MARIO FEHR REGINE AEPPLI IN DEN REGIERUNGSRAT

Kantonsrat: Liste 2


{Illustration} Gian Steiner http://www.gians-faerberei.ch

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6. Ausgabe, M채rz 2011

Kreatives


Kreatives

21 6. Ausgabe, März 2011

{Text} Tiziana Jäggi

Fette Zeiten kommen auf uns zu. Wir schreiben das Jahr 2025. Die Zürcher Bahnhofstrasse hat ihr Gesamtbild grundlegend verändert. Der Quadratmeterpreis ist um hundert Prozent angestiegen und die Schweizer Fudibürger zeigen neue Gewohnheiten betreffend Suchtverhalten auf; Anstatt zu shoppen, stopfen sie sich mit Fastfood voll und werden nun Fädibürger genannt. An die Stellen der Luxusläden haben die grossen Fastfoodketten ihre Ableger gepflanzt. Es dauert nicht lange bis die stark Adipösen eine 2/3 Mehrheit in der Bevölkerung erreichen. Die Krankenkassen gehen ob der Folgen der Fettleibigkeit ein und werden, weil sie die Löhne der Angestellten nicht mehr bezahlen können, aufgelöst. Die Qualität der Krankenversorgung zeigt nun erhebliche Lücken, und Übergewichtige werden prophylaktisch in Rehabs interniert, damit sie nicht auch noch an

Typ-2-Diabetes erkranken. Die Insulinknappheit wird zum grossen Problem. Das Bildungssystem muss Änderungen vornehmen, da Stuhl um Stuhl zusammenbricht und die Schüler am Boden unterrichtet werden. Nun greifen die Kantone ein, um ein finanzielles Debakel zu verhindern. Eine Schule nach der andern wird privatisiert. Wer sich Bildung nicht leisten kann, holt sich Lernpodcasts, die aber absolut nicht erfolgversprechend sind, da noch kein Kontrollsystem existiert und man somit auch keinen Schulabschluss erhält. Doch nicht nur die Bildungsanstalten und die Gesundheitsbehörde sind alarmiert, auch das Bundesamt für Naturschutz sorgt sich. Es befürchtet eine Abflachung der Alpen und eine Senkung der Städte durch die Übergewichtigen, die insgesamt eine halbe Million Tonnen zugelegt haben. Die Abflachung erfolgt stetig und ist unaufhaltbar. Schweiz Tourismus

versucht, die Alpen zu retten und verlangt vom Bund, dass für Menschen mit einem Bodymassindex über 30 ein Verbot zur Betretung von Gelände, welches über 1200 m.ü.M liegt, eingeführt wird. Absurderweise wird die Volksinitiative angenommen, dank einer plakativ verführenden Werbekampagne, die besonders die Erhaltung der Schweizer Berge und die damit verbundenen Traditionen betont. Soziologen vermuten, dass sich die Übergewichtigen als Individuen nicht ausgegrenzt fühlen, da sie mit der Einstellung leben, dass sie abnehmen werden und somit irgendwann von den leeren Pisten und Wanderwegen Gebrauch machen können. Der Schweizer Standard ist durch gmögige Marktwirtschaft verdrängt worden. Jeder schaut nur auf sich. Wo sind die andern? Vielleicht hinter der Fettschürze vor den Augen. Wir schreiben das Jahr 2025. Morgen findet der Weltuntergang statt. •

Eric Andersen im Hinterhof Offspace Basel Vernissage Samstag 19. März 2011 19. März - 16. April Münchensteinerstrasse 81 4052 Basel

Der dänisch-schweizerische Plakatkünstler Eric Andersen lotet auf eigensinnige Weise traditionelle Druckverfahren aus. Er bestimmt und begleitet selbst den gesamten Produktionsprozess von der Konzeption bis zur Ausführung. Diese manuellen Verfahren sind das markante Kennzeichen seines Schaffens. Im Hinterhof OFFSPACE wird er erstmals seine Collagen zeigen, welche vor Ort weiterentwickelt und Gedruckt werden. Zudem ist eine Auswahl seiner Plakate zu sehen, welche vom Holzschnitt über den Buchdruck(Hochdruck) bis hin zum Linol- und Siebdruck reichen. Übrigens sind die viel umworbenen Plakate des Hinterhof Offspace ebenfalls von Eric Andersen konzipiert und hergestellt worden, es lohnt sich sie zu sammeln, denn es entsteht eine spannende Serie! www.ericandersen.ch www.hinterhof.ch/offspace

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Kreatives

22 6. Ausgabe, März 2011

{Text} Veronika Henschel

Gross & Klein.

{Foto} Suse Richter

Ich frage mich, ob es schlimm wäre, wenn man die Gross-/Kleinschreibung nicht beachten würde. Ich weiss, es kann zu schlimmen Verdrehungen kommen, wie bei „Helft den armen Vögeln!“ und „Helft den Armen vögeln!“, oder „Der Gefangene floh.“ und „der gefangene Floh“. Aber ich meine, so im Allgemeinen. In meinem Tagebuch schreibe ich „Einkaufen“ gross und „schule“ klein. Ist das schlimm? Vielleicht sollten wir anfangen, alles gleich gross zu schreiben. Oder wir schreiben die wichtigen dinge gross und die unwichtigen dinge klein. Das wär doch was. Manche Zeitungen hätten plötzlich viel mehr Platz für Bilder... Ich glaube, ich habe wieder einmal fünf Minuten meiner Zeit, fünfzig Sekunden deiner Zeit und sechsundneunzig Wörter auf ein absolut unwichtiges und uninteressantes Thema verwendet. •

Momentumdance zeigt Mobile - ein Spiegel unserer Zeit Im Tojo Theater, Reitschule Bern Première Do. 10. März 2011, 20.30 Uhr Weitere Vorstellungen: Fr. 11. März, Sa. 12. März immer 20.30 Sa. 19. März (mzh Pöschen, Schwarzenburg) 20.00 www.momentumdance.ch

Technologie dominiert unseren Alltag und schenkt uns „mehr Zeit zum Leben“. Dabei wird mehr in weniger Zeit erledigt - was gut sein soll für unsere Lebensqualität. Humorvoll und in vielseitiger Bewegungssprache spüren die TänzerInnen dieser Lebensqualität unserer Zeit nach. Im Herzen der gesellschaftlichen Mobilität stossen wir im Stück dabei auf das Handy – selbstverständlicher Gebrauchsgegenstand jedes Bürgers und Spiegel unseres Zeitgeistes.

redaktionsschluss aprilausgabe: 15. märz, 23.55 uhr. http://dieperspektive.ch/images/m_images/sdfkjsdf.png wer schafft das interview?


„Isch scho gäbig, chan mer am Sunntig det go poschte!“

„Min Sunntigsbrunch isch Dank em Artos immer de Hit.“

„Probiered doch mal dʻCanolli-Siziliana. Chunsch der vor als wärsch in Palermo.“

„Ich han am liebschte diä mit Zimmt und Zwetschge gfüllte Cornetti-Canellas!“


Ruf Lanz

Da isst jeder gern vegetarisch. www.hiltl.ch


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