Geld und Kunst in der Politik - Juni 11

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9. Ausgabe Juni 2011

04 Schweizer Nationalsozialismus Braungef채rbte Parteien im Aufwind.

11 Die Macht des K채sekuchen Warum die Kunst 9/11 bereits vorausgesagt hatte.

Der Einfluss von Geld und Kunst auf die Politik

21 Der gebaute Alltag

Das Magazin Transhelvetica geht neue Wege.


Inhalt

2 9. Ausgabe, Juni 2011

EDITORIAL

IMPRESSUM

seite 03: das geld in der politik

REDAKTION dieperspektive, simon jacoby, conradin zellweger, manuel perriard, bremgartnerstrasse 66, 8003 zürich TEXT

HINTERGRUND

a. | m.b. | s.a.j. | d.t. | m.h.b. | l.e. | i. | a.h.b. | j.b. ILLUSTRATION / BILD

seite 04: neuer schweizer nationalsozialismus seite 05: wählen statt werken seite 06: die freie schulwahl seite 07: macht, geld oder liebe seite 09: kreuzworträtsel

s.k. | g.s. | u.k. | j.b. COVER dieperspektive LAYOUT per rjard LEKTORAT mara bieler & daniela bär

KUNST - $ - POLITIK

WEBDESIGN timo beeler | timobeeler.ch

seite 10: das geld, die politik und die kunst gehen in die wirtschaft seite 11: die macht des käsekuchen

REDAKTIONSMITARBEITER jonas ritscher DRUCK zds zeitungsdruck schaffhausen ag

KULTUR

AUFLAGE 4000

seite 14: vegikult

ARTIKEL EINSENDEN artikel@dieperspektive.ch WERBUNG

KREATIVES

info@dieperspektive.ch ABO

seite 15: von den tücken des alltags seiten 16&17: coopération intercantonal seite 18: vive le cirque seite 19: «nei! du...!» seite 20: under my umbrella

abo@dieperspektive.ch LESERBRIEFE leserbriefe@dieperspektive.ch THEMA DER NÄCHSTEN AUSGABE sie sorry aber äh, muss das so sein? GÖNNERKONTO pc 87-85011-6, vermerk: gern geschehen

REISEN

REDAKTIONSSCHLUSS donnerstag 16. juni 2011, 23.55 uhr

seite 21: der gebaute alltag

für

Emma Frida herzlich willkommen


Editorial

3 9. Ausgabe, Juni 2011

Das Geld in der Politik Das Thema ist aktueller denn je. Parteienfinanzierung. Käuflichkeit der Abstimmungen. Das Wahljahr, eine angekündigte Initiative und millionenschwere Abstimmungskampagnen setzen das Thema während Monaten auf die politische und mediale Agenda. Der nationale Wahlkampf 2011 wird ohne Zweifel der teuerste aller Zeiten. Dabei ist die Geldverteilung klar: Wirtschaftsnahe Parteien haben weniger Mühe, an grosse Spenden zu kommen als linke und grüne. Es ist denn auch nicht überraschend, dass genau jene Profiteure beim Thema Parteienfinanzierung höchst unsachlich argumentieren. Eine Offenlegung der Parteispenden gefährde die Demokratie, so das völlig verquere Argument der Gegner. Fakt ist: Je mehr Transparenz, desto mehr Demokratie. Der Bürger und die Bürgerin sollen wissen, wer das SchäfliPlakat oder das Inserat der SP im Tagesanzeiger bezahlt. Sind es Mitgliederbeiträge? Ist es eine Grossbank? Oder Blocher persönlich? Wir wissen es nicht. Wir können nur spekulieren. Wie Lukas Reimann (SVP) richtig sagt, sollen Parlamentarier ihre Einkünfte offenlegen. Für dieses Anliegen hat er eine Initiative angekündigt, die eine wichtige Diskussion auslöste: Warum sollen die Einkünfte der Volksvertreterinnen offen gelegt werden, nicht aber die Parteispenden? Die Diskussion wird abgeblockt oder bestenfalls verwässert. Bei wirtschaftspolitischen Abstimmungen der jüngsten Vergangenheit butterte der Verband der Kapitalisten Economiesuisse wiederholt mehrere Millionen Franken in die Abstimmungskämpfe. Und gewann trotzdem nicht immer (Bsp. BVG-Umwandlungssatz). Das Schweizer Stimmvolk ist scheinbar nicht käuflich. Die Ausgaben für Abstimmungskampagnen stehen oft in einem krassen Missverhältnis: Nicht selten sind die Kassen der Einen mehr als fünfmal so prall gefüllt wie jene der Anderen. Und trotzdem ist Herr Kriesi, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Zürich, der Meinung: „Abstimmungen sind kaum käuflich.“ Dieser Ansicht sind auch viele Politiker und Medienschaffende, was äusserst beruhigend ist. Die grosse Mehrheit der Abstimmenden lässt sich also nicht von pompöser Propaganda lenken, sondern benutzt für wichtige Entscheidungen den Verstand.

Simon A. Jacoby Redaktion

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Hintergrund

4 9. Ausgabe, Juni 2011

Neuer Schweizer Nationalsozialismus {Text} Anonym*

Nach den vergangenen kantonalen Wahlen wurde klar: Nationalsozialismus ist in der Schweiz auf dem Vormarsch. Nachdem wir ein ähnliches Phänomen bereits in anderen europäischen Ländern beobachten konnten (vgl. „Déjà-Vu“), hat der Nationalsozialismus nun in der Schweiz Einzug gehalten. Und das nicht im kleinen Rahmen oder im Untergrund, nein, die entsprechenden abartigen Parteien wurden in den Kantonen Genf und Tessin demokratisch gewählt. Die Lega di Ticinesi und das Mouvement Citoyens Genevois errangen auf kantonaler und kommunaler Ebene erschreckende Sitzgewinne. Und das nicht nur im Parlament, sondern auch in der Regierung. Eine Entwicklung, die Angst einflösst. Ausländerfeindlich und nationalistisch – die Lega würde gerne die Schweizer Grenze mit einer Mau-

er schützen –, auf der anderen Seite nehmen sie aber auch linke Positionen ein. Ein klassischer Fall von Nationalsozialismus. Keine Frage, diese Parteien unterscheiden sich (noch) gewaltig von Hitlers NSDAP. Doch sollte auch da Vor-

«Wann ist der Demokratie genug? Soll der Wille des Volkes tatsächllich eins zu eins abgebildet werden?» sicht geboten sein. Detailnachlässigkeit gegenüber solchen Bewegungen ist fehl am Platz. Vermehrt werden Stimmen laut, die behaupten, man müsse diese beiden Parteien und deren Siege respektieren. Schliesslich seien sie vom Volk gewählt. Hier stellen sich normati-

ve und theoretische Probleme der Demokratie: Wann ist der Demokratie genug? Soll der Wille des Volkes tatsächlich eins zu eins abgebildet werden? Mit Roger Köppel teile ich normalerweise nur eines: die Liebe zu den Zeitungen. Doch diesmal schätzt der Chefredaktor der Weltwoche die Situation richtig ein und spricht von einer „kritischen Entwicklung“. Nationalsozialistische, rassistische und faschistische Parteien gehören verboten. Und zwar besser früh als spät. Das Problem in unserer Demokratie ist nämlich, dass alle starken Parteien bei Verboten mitbestimmen können. Eine starke Partei kann also nicht mehr verboten werden und hat freien Weg. Jetzt können wir noch reagieren. * Anonym ist aktiver Politiker, Anfang 20, lebt und schreibt in Zürich.

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* Anonym ist aktiver Politiker, Anfang 20, lebt und schreibt in Zürich.


Hintergrund

5 9. Ausgabe, Juni 2011

Wählen statt Werken {Text} Marco Büsch

Kürzlich war ich an einer Podiumsdiskussion zum Thema «Medien und Politik». Neben anderen waren auch Cédric Wermuth und Kurt Imhof (dieses Lachen allein war den Besuch wert!) als Gäste vertreten. Man diskutierte über den Einfluss der Medien auf die Politik und sprach davon, dass die Politiker mittlerweile immer einen Skandal brauchen, damit sie überhaupt in den Medien erscheinen, wie zum Beispiel das Rauchen eines Joints an einer Mitgliederversammlung (bravo, Cédric!). Und das alles nur wegen diesen bösen, bösen Gratisprintmedien, welche nur noch «human interests» in ihr Blatt packen, statt knallharten politischen Fakten Platz einzuräumen. Andererseits wurde dann auch konstatiert, dass man dem Volk geben müsse, was es wolle, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Überhaupt sei das Volk politisch desinteressiert und gehe auch kaum mehr abstimmen, was fatal sei in einer direkten Demokratie. Das war der Startschuss für ein kleines Volks-Bashing. Unter anderem wollten sich die Menschen nicht mehr richtig politisch informieren, die Partei mit den meisten Plakaten würde den Wahlkampf machen, aber eigentlich gehe eh nur eine Minderheit wirklich wählen. Irgendwann wurde die Runde geöffnet für Fragen und Anregungen aus dem Plenum. Eine junge Frau machte die einzig richtige Bemerkung, die zu machen war: Warum sollte das Volk politisch interessiert sein, wenn es nicht mal wisse, um was es überhaupt gehe? Wir lernen in der Schule rechnen, damit wir wissen, wie viel Bier wir mit einem der

gelben Nötli kaufen können (4-6, je nach Bier). Wir lernen schreiben, damit wir auf Facebook total lässige Statusnachrichten hinterlassen können («bin ihn der Statt shobben»). Wir lernen lesen, damit wir per Facebook mitbekommen, wer jetzt mit wem wieder eine Beziehung hat («es ist kompliziert»). Wir lernen sogar Französisch, nur damit die welschen Ex-Fussballer im Sportstudio dann gebrochen deutsch zu uns sprechen und wir sie nicht verstehen («Sie spiele die Ball in den Tief!»). Aber was wir nicht lernen ist, wie man einen Stimmzettel korrekt ausfüllt,

«Ich hatte zwar in der Sekundarschule keine Stunde politischen Unterricht, aber im Gymnasium dafür eine ganze Woche Staatskunde. Eine ganze Woche!» wie man panaschiert oder kumuliert. Wir lernen nicht, welche Aufgaben Nationalräte oder Bundesräte zu erfüllen haben, was «die dort oben» überhaupt mit unseren Steuergeldern machen. Aber pardon, das stimmt so natürlich nicht. Ich hatte zwar in der Sekundarschule keine Stunde politischen Unterricht, aber im Gymnasium dafür eine ganze Woche Staatskunde. Eine ganze Woche! Wir waren sogar eine Stunde im Bundeshaus und durften den Nationalräten beim

Zeitunglesen zuschauen! Megageil! Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob die Politiker uns eigentlich für politisch uninteressiert halten wollen, damit sie uns besser lenken können. Der schwarze Peter liegt jedenfalls ganz sicher nicht beim Volk, sondern bei den Politikern, die dem Sport, der Handarbeit, dem Werken, dem bildnerischen Gestalten und der Hausarbeit eine höhere Priorität zuschreiben als vielleicht ein bis zwei Stunden Staatskunde pro Woche. Der jetzige Zustand ist unhaltbar: Die Staatskundewoche ist eine reine Alibiübung und weckt in keinem Schüler ein politisches Interesse, höchstens ein Feriengefühl. Man kann viel klagen über primitive Abstimmungsplakate und sensationsgeile Berichterstattung, aber wenn der Mensch früher nie gelernt hat, wie er mit diesen Dingen umzugehen hat, so wird er es auch später nicht können. So wie die wenigsten sich selber Lesen beibringen können. Politisches Interesse entsteht durch politisches Wissen, weshalb ich mindestens eine Stunde Staatskunde pro Woche in öffentlichen Schulen fordere, um das Problem mit dem so genannten Demokratiedefizit endlich mal an der Wurzel anzupacken. Ich hoffe, ich bekomme jetzt für diese Aussagen keine Morddrohungen von erzürnten WerklehrerInnen, natürlich ist auch euer Fach sehr wichtig. Nur weiss ich lieber, wie man richtig abstimmt als wie man beim Laubsägen am wenigsten Laubsägeblätter kaputt macht (nicht zu viel Druck geben, das Blatt vorher gut einspannen). Ich bitte um Verständnis, vielen Dank. •

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Hintergrund

6 9. Ausgabe, Juni 2011

Die freie Schulwahl {Text} Sven A. Johannson

Das Schulsystem der Schweiz ist genauso einfach wie praktikabel. Die Kantone und Gemeinden finanzieren die Schule mit öffentlichen Geldern und ermöglichen so allen Kindern den Zugang zu Bildung. Die öffentliche Schule bietet einen Lehrplan, der einer möglichst breiten Masse von Kindern gerecht werden sollte. Da die öffentlichen Schulen immer enger strukturiert und immer einheitlicher organisiert werden, bleibt den Lehrpersonen nicht mehr genügend Raum, um auf die individuellen Stärken und Schwächen der Schüler einzugehen. Um diese Mängel zu beheben, braucht es Alternativen zur öffentlichen Schule. Es gibt Kinder, die vom Durchschnitt abweichen und deshalb eine andere Form von Aufmerksamkeit benötigen (zum Beispiel hochbegabte, lernschwache Schüler oder solche mit einem schwierigen sozialen Umfeld). Auch diese Kinder haben das Recht auf eine Bildung, von der sie maximal profitieren können. Die Situation muss also so angepasst werden, dass die Eltern, frei von finanziellen

Sorgen, die Schule wählen können, deren Philosophie am besten mit der Vorstellung von Erziehung der Eltern und den Bedürfnissen der Kinder übereinstimmt. Mit einer freieren Gestaltung des Unterrichts, wie dies an privaten Schulen möglich ist, kann den Lernenden effektiver geholfen werden. Hochintelligente sowie auch schulschwache Schüler können spezifisch unterstützt

«[...] Kinder haben das Recht auf Bildung, von der sie maximal profitieren können.» und gefördert werden. Privatschulen sind heute wegen der privaten Finanzierung meistens den Kindern aus wohlhabenden Häusern vorbehalten, wodurch diese bevorteilt werden. Dieses Problem muss man mit einer neuen Finanzierungsart beheben. Dazu gibt es verschiedene Ideen. Der neoliberale amerikanische Wirtschaftstheoretiker Milton Friedman beispielsweise ist der An-

sicht, der Staat solle den Eltern für die Kinder Bildungsgutscheine (englisch: voucher) aushändigen, welche dann den Schulen abgegeben und letztere somit bezahlt werden. Diese Methode würde jedoch nur den Wettbewerb unter den Schulen fördern, welcher nicht erwünscht ist. Als besser erachte ich folgende Vorschläge: Die Privatschulen bekommen nach ihrer Anzahl Schüler vom Kanton und den Gemeinden eine finanzielle Unterstützung, wodurch die Schulgelder, die von den Eltern bezahlt werden müssen, erheblich gesenkt werden können. Der zweite Vorschlag ist eine Steuervergünstigung oder –rückerstattung für Diejenigen, die ihre Kinder an einer Privatschule unterrichten lassen. Schliesslich bezahlen bisher alle steuerpflichtigen Personen die öffentliche Schule, selbst wenn sie dieses Angebot nicht nutzen. Der Besuch einer Privatschule sollte aber nicht ganz ohne (finanziellen) Aufwand ermöglicht werden. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass Kinder ohne fundierte Gründe der öffentlichen Schule fernblieben. Das Schweizer Schulsystem soll nicht untergraben, sondern den Individuen angepasst werden. •

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Wenn ja, können Sie sich glücklich schätzen. Doch nicht für jedes Kind stimmt das zugewiesene Schulumfeld. Aber nur Reiche können eine Schule wählen. Das ist ungerecht. Darum freie Schulwahl und somit Chancengerechtigkeit für alle. Die Elternlobby Schweiz setzt sich seit Jahren für die freie Schulwahl, Unterrichts– und Bildungsvielfalt ein, damit jedem Kind sein geeignetes, kindgerechtes Schulumfeld ermöglicht werden kann. Gedanken die auch Sie bewegen? Bei der elternlobby zürich finden Sie ein offenes Ohr! Unterstützen Sie zusammen mit anderen engagierten Menschen unsere gemeinsamen Anliegen zum Wohle der Kinder! Heute Mitglied werden: www.elternlobby.ch Kontakt via Mail: zuerich@elternlobby.ch


Hintergrund

7 9. Ausgabe, Juni 2011

Macht, Geld oder Liebe {Text} Anonym*

Zum Leben braucht der Mensch Macht, Geld oder Liebe. Eines davon reicht, kombiniert ist die Wirkung stärker. Nüchtern betrachtet, wird das Leben durch diese drei Eigenschaften und all ihre Inhalte ausgemacht. Liebe alleine reicht. Für das Leben muss sie zwar bedingungslos sein, aber weder von einer einzigen Person kommen, noch sich steigern. Stetige Liebe von der gleichen, von wechselnden oder von verschiedenen Personen reicht völlig aus. Sie erfüllt, macht glücklich und verleiht dem Leben die Leidenschaft, die notwendig ist, um mit den alltäglichen und ausserordentlichen Herausforderungen fertig werden zu können. Macht und Geld funktionieren, nüchtern und unvoreingenommen betrachtet, in den Grundzügen völlig anders. Das Resultat ist das gleiche wie bei der Liebe. Doch reicht ein bestimmtes Kontingent an Macht oder Geld nicht

aus. Geld und Macht machen glücklich, aber nur, wenn die Menge kontinuierlich gesteigert werden kann. Ein plötzlicher Macht- oder Geldzuwachs reicht nicht aus, wenn der Status

«Eine stetige Steigerung an Geld und Macht erzielen die gleiche Wirkung wie die stete und bedingungslose Liebe.» Quo danach Stillstand bedeutet. Die Macht schafft Glück und Leidenschaft durch ihre Ausübung. Doch da die Muster gleich bleiben, muss sie entweder vermehrt oder abgegeben werden, um an einem anderen Ort wiedererlangt zu werden. Das Geld schafft Glück und Leidenschaft durch den Konsum – oder besser: durch

die Möglichkeit des Konsums. Die Konsummöglichkeiten und der erschwingliche Luxus – in welcher Form auch immer – müssen ständig vermehrt werden. Der Radius muss ausgedehnt werden. Der Rausch und die Leidenschaft des Kaufens und Konsumierens verblassen rasant. Eine stetige Steigerung von Geld und Macht erzielen die gleiche Wirkung wie die stete und bedingungslose Liebe. Letztere gehört mit Sicherheit zu der nobleren Form des Lebens. Die Eigenschaften können miteinander kumuliert und verstärkt werden: Mehr Macht und mehr Geld und mehr Liebe führt zu mehr Glück und Leidenschaft. •

* Anonym ist aktiver Politiker, Anfang 20, lebt und schreibt in Zürich.

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8 9. Ausgabe, Juni 2011

Hintergrund

Strapazin Nr. 103 Release: KOMPLIZEN im Bundeshaus Wiedikon Kalkbreitestr. 33 8003 Zürich

Vernissage am Samstag, 11. Juni 2011 - 20.00 Uhr Live in concert: Captain Moustache & Fredo Ignazio - 21.00 Uhr

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Das Strapazin feiert seine lang ersehnte Nr. 103 - KOMPLIZEN Mit dabei sind Grössen wie JULIA MARTI & MILVA STUTZ NINA WEHRLE & EVELYNE LAUBE MICHAEL HUSMANN TSCHÄNI & PASCAL MIRA TSCHÄNI JAAKKO PALLASVUO & HENNA HYVÄRINEN u.v.a. Neben illustratorischen Leckerbissen spielen ab 21.00 Uhr Captain Moustache & Fredo Ignazio und sorgen für das musikalische Wohl.


Hintergrund Kreuzworträtsel

9 9. Ausgabe, Juni 2011

{Idee & Umsetzung} David Thamm

Senkrecht: 2. Spanisch, “gesehen” 5. Gerecht, ausgeglichen (engl. Wort) 6. Lat. “Hauch”,”Luft” (Mrz.) , seelisch wahrnehmbare - geheimnisvolle Schimmer, ähnlich “karmas” 7. In ausgefallener, ungewöhnlicher Weise ansprechend, anziehend, geschmackvoll, reizend 9. Syd Barrett, David Gilmour und Roger Waters sind Musiker dieser Band, Alben: “The piper at the gates of dawn”, “A saucerul of secrets”, “Darkside of the moon” -mit Bildhinweis- 11. Vorname des berühmten italienischen Dichters und polit. Künstler -philosophen “Alighieri” (1265 1321), Werke: “La vita nuova”, “Il convivio” 13. Vorname des schweiz. Erfinders des LSD, (1906 - 2008) in Baden, studierte an der Universität Zürich Chemie, Autor v.:”LSD mein Sorgenkind” -mit Bildhinweis- 16. Zweiter Sohn v. Adam und Eva, der seinen Bruder aus Neid erschlug, hebr. Wort für “Hauch, Vergänglichkeit” 17. Verstorbene und oft unglückliche Prinzessin Englands, (Abk.) 20. Bei Naturvölkern ein “Zauberpriester” der mit Geistern und Seelen v. Verstorbenen, Verbindung aufnimmt, (deutsches Wort) 22. Magische Silbe der Brahmanen die als Hilfe zur Befreiung in der Meditation gesummt wird. Im Yoga gleichwegs sehr geläufiges “Stöhnen” 24. Nachname des Gitarrenvirtuosen, der die amerik. Nationalhymne am Woodstock Festival verzerrt, ironisch - rockte (1942 - 1970) -mit Bildhinweis- 25. Das Chrüter-Zältli schlechthin. “Wer hat`s erfunden”? 28. Ohne dieses schmerzliche Gefühl wäre die Liebespartnerschaft ohne Begierde und Feuer, evtl. aber länger haltbar.”Eifersucht, ist eine ..., die mit Eifer sucht, was ... schafft” -mit Bildhinweis- 29. “Hoselupf” war sein neuster nicht “schlapper” Kinofilmstreich. (Vorname) -mit Bildhinweis- 30. Nachname des Film- Produzenten von “Clockwork orange” 1971 und “Odyssee im Weltraum” 1968 . Man munkelt er habe die erste Mondlandung im Studio inszeniert -mit Bildhinweis- 32. Oper von G. Verdi, Drama von Sheakspeare, König v. Schottland (1040 - 1057), fiel im Kampf gegen Malcom -mit Bildhinweis- 33. Abenteuerl. -fantastischer Film einer grauen Welt von Michael Ende (1973). Ein Mädchen spielt die Hauptrolle -mit Bildhinweis- 36. Abhandlung die eine literarische od. wissenschaftl. Frage, in knapper und anspruchsvoller Form behandelt 38. Dt. Schriftsteller u. Freiherr v. Hannover (1752 - 1796, verfasste 1788 die noch heute sehr bekannten Lebensregeln “Über den Umgang mit Menschen” 39. Wenn im Heimatland das eigene Leben bedroht ist, ersucht und bittet Mann - oder Frau -, um dieses Aufenthaltsrecht in einem anderen Staat Waagrecht: 1. Griech. “Weisheit”, (geläufiger Mädchenname) 3. Letztes wahres Fussballstadion in der Stadt Zürich 4. Liebesgöttin der Griechen -mit Bildhinweis- 8. Initialen des “Titanen” unter den deutschen ex- Torhütern. ( Im WM- Final `02 aber gegen Ronaldo versagt!) 10. Vorname vom besten Freund der Biene Maya -mit Bildhinweis12. Scheinhieb, Vorwand, Ausflucht, Ausrede 14. Zweites engl. Wort, der “dankbaren” Rockband des Gitarristen Jerry Garcia, gegr. 1965, weitere Musiker: Hart, Kreutzmann, Lesh, Alben: “Live Dead”,”Two from the vault -mit Bildhinweis- 15. Veraltetes deutsches Wort für Schiedsrichter 18. Trauerspiel, Bühnenskunst, in der das Drama gestaltet wird und Gegensätze v. Freiheit und Notwendigkeit, Sinn und Sinnlosigkeit aufgezeigt werden -mit Bildhinweis- 19. Bester kanadischer Eishockeyspieler aller Zeiten, trug stets die Nr. 99 auf dem Trikot -mit Bildhinweis- 21. Ehrfurcht einflössender Zürcher Hip- Hoper der ersten und alten Garde. Songs: “Oh Susi”, “Ein König regiert” 23. Chinesischer- mit einem Klöppel geschlagenes Becken, Gong. Wir Schweizer kennen es als bekanntes Joghurt,”Flan” in Vanille od. Schoggi 26. Nachname des wahren Pioniers in Sachen Fussballtrikots - und Schuh Verkaufs in Zürich, Laden -Institution - und Blue Stars Verein - Gründer. Profis gehen bei ihm ein und aus -mit Bildhinweis- 27. Nachname, des franz. Philosophen der den Spruch: “Cogito, ergo sum” (Ich denke, also bin ich) ins Leben ruf. (1596 - 1650) -mit Bildhinweis- 31. “Kermit”, “Gonzo”, “das Krümelmonster” oder “Fozzy”, waren stoffige Handspielfiguren dieser Puppen - Show -mit Bildhinweis- 34. Nur mit grosser Feinsinnigkeit wahrnehmbar, einem sehr feinen Verständnis od. Empfinden zugänglich 35. Das antike Griechenland betreffend, griechisch 37. Griech. Gott des Weines und des Rausches -mit Bildhinweis- 40. griech.: “Betthalter”, ein durch Kastration zeugungsunfähig gemachter Mann

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Kunst - $ - Politik

10 9. Ausgabe, Juni 2011

{Illustration} Samuel Kaufmann

Das Geld, die Politik und die Kunst gehen in die Wirtschaft.

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Kunst - $ - Politik

11 9. Ausgabe, Juni 2011

Die Macht des Käsekuchen {Text} Marlon Höss-Böttger

„Während des Vietnamkrieges“, sagte Kurt hinterliessen in der Kunstwelt wenig nennensVonnegut in einem Interview aus dem Jahre werten Eindruck. In demselben Jahrzehnt bra2003, „war jeder respektable Künstler in diesem chen die globalen Finanzmärkte zusammen. Die Land gegen den Krieg. Wie ein Laserstrahl ziel- Kunst blieb still. ten wir alle in dieselbe Richtung. Wie sich herausstellte, entsprach die Kraft dieser Waffe un«Die Kunst hatte den elften gefähr derjenigen, wenn ein Käsekuchen von eiSeptember eigentlich schon ner Leiter geworfen würde.“ Die Frage, wie der Vietnamkrieg geenvorausgedacht. Als er dann det hätte, wenn nicht alle Künstler der westlistattfand, war das Ereignis eichen Hemisphäre aufgestanden wären und sich gentlich nur noch eine Bestädarüber empört hätten, lässt sich nur schwer beantworten und bräuchte wohl andere Expertigung dessen, was wir bereits ten als uns. Als ich geboren wurde, waren diese wussten.» Zeiten längst vorbei. Ich stelle jedoch fest, dass die Kunst uns Antworten auf unsere Zeitthemen Slavoj Zizek spricht im Zusammenhang schuldig geblieben ist. Zu Beginn dieses Jahrtausends konnten wir live vor dem Fernseher mit- mit dem elften September über den Einbruch verfolgen, wie zwei der höchsten und symbol- des Realen in unsere Welt. Die Dramaturgie des trächtigsten Gebäude der Welt nach einem An- elften Septembers war schon angelegt, die Bilgriff einstürzten. Menschen sprangen aus den der waren schon vorhanden in unseren Köpfen, obersten Stockwerken in den Tod. Wie soll die es musste nur noch geschehen. Die Kunst hatte Kunst da noch mithalten, wie kann sie ähnlich den elften September eigentlich schon vorausgestarke Bilder produzieren? Der elfte Septem- dacht. Als er dann stattfand, war das Ereignis eigentlich ber und ein Jahrzehnt Krieg gegen den Terror 11:46 boenser_Perspektive_204x130_Layout 1 07.04.11 Seitenur 1 noch eine Bestätigung dessen, was

wir bereits wussten. Wo soll Kunst denn heute noch revolutionär sein: In der Galerie, beim Cüpli an der Vernissage, wo wir uns nach dem dritten Glas irgendwie doch auch ein wenig wild finden? Oder an den Kunstmessen wie der Art Basel, wo Kunstgegenstände als Investitionsobjekte gehandelt werden, eine Analogie zur Finanzkrise, Künstler profitieren in der Krise? Kunst ist, wie die Politik und die Wirtschaft, eine etablierte Grösse. In den geschlossenen Gesellschaften der Galerien, Museen und Messen treffen sich Vertreter aller drei Gebiete. Das Prickeln, das ein Politiker verspüren mag, wenn ein Künstler auf sein Abbild pinkelt, ist wahrscheinlich ausgesprochen milde gegenüber dem erhebenden Gefühl, von tausenden Menschen gewählt oder von Vertretern der Wirtschaft zum Aprés-Ski im Edelhotel in den Bergen eingeladen zu werden. Was bleibt uns also übrig, wenn wir keine Türme in die Luft sprengen wollen, um eine starke Aussage zu machen? Am Besten den Prime Tower in Zürich von oben bis unten mit Farbe bemalen. Am Tag und ohne Bewilligung. Und das Swissmill-Silo gleich dazu. •

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Kultur

14 9. Ausgabe, Juni 2011

Vegikult {Text} Laura Eigenmann

Es gibt die Veganer, die Jeden verabscheuen, der auch nur an Milchschokoladeherzen oder Honigbrote denkt. Ein Vegetarier ist in ihren Augen ein Schwerverbrecher, und Menschen, die Fleisch konsumieren, sind für sie inexistent. In der Sparte Vegetarier gibt es die Vegetarier, die einfach nur Vegetarier sind, um sagen zu können, dass sie Vegetarier sind. Ökologisch ist ja schliesslich ultra in momentan. Doch so wirklich verstehen sie den Zusammenhang zwischen Vegetarismus und Ökologie nicht… Aber wenn im Friday steht, dass Ökos vegetarisch und in sind, dann ist das so. Eine andere Gruppe von Vegetariern isst kein rotes Fleisch und keinen Fisch (obwohl, ab und zu, im Restaurant, da liegt schon ein dünnes Filet drin). Das sind die Semi-Vegetarier und die Pescetarier. Diese Art Vegetarier scheint Geflügel, Meerestiere und Fische nicht als Tiere zu sehen. Sie haben im BioUnterricht wahrscheinlich noch mehr geschlafen als mein Bio-Lehrer während seinem Studium. Den „Ich-ess-schon-Fleisch-aber-nur-sehrwenig“-Typ trifft man auch immer öfter an. Sie sind wohl die Antwort auf das schlechte Gewissen, das von den Vegetariern, die nur Vegetarier sind, um sagen zu können, dass sie Vegeta-

rier sind, verbreitet wird. Dann wären da noch die Normalos. Diese essen Fleisch und äussern sich diskret nie zum Thema Fleisch. Für sie ist Fleisch einfach Fleisch und sie essen es oder essen es nicht. Es stecken keine Hintergedanken hinter ihrem Konsum. Einige von ihnen mögen Tiere, andere mögen sie nicht. Die „Der-

«Doch so wirklich verstehen sie den Zusammenhang zwischen Vegetarismus und Ökologie nicht… Aber wenn im Friday steht, dass Ökos vegetarisch und in sind, dann ist das so» Mensch-braucht-Fleisch-um-keine-Mängel-zuhaben“-Ahnungslosen sind wohl die Unkritischsten von allen, das sind alles Nachschwafler, die sich noch nie ernsthafte Gedanken über ihre Ernährung gemacht haben, teilweise gehören sogar Bio-Lehrer zu dieser Gruppe. Denn jeder Arzt kann bestätigen, dass man mit guten Ersät-

zen überhaupt keine Mangelerscheinungen erleben wird. Die Extremen sind dann die „Ich-liebe-Fleisch-und-könnte-nie-darauf-verzichten“Frauen und die „Ein-richtiger-Mann-isstFleisch“-Männer. Sie haben sich rebellisch gegen den Zeitgeist in unseren westlichen Städten gewehrt. Schade ist nur, dass die Veganer und die Letzteren niemals einen gemütlichen, gemeinsamen Abend ohne giftige Diskussionen (extreme Stimmungskiller) erleben werden. Und es ist ganz offensichtlich, dass die „Ich-liebe-Fleischund-könnte-nie-darauf-verzichten“-Frauen eher auf die „Ein-richtiger-Mann-isst-Fleisch“Männer stehen, allerdings könnte man sich eine solche Frau auch mit einem Normalo vorstellen. Wird es also künftig neue Rassentrennungen geben? Ein Veganer schaut einen Mann mit Gummibärchentüte mit bösem, vernichtendem Blick an, rennt auf ihn zu und erwürgt ihn. Oder: Ein extremes Pärchen sieht, wie ein Semi-Vegetarier die Salami aus seinem Brötchen nimmt und fragen ihn, kurz bevor dieser die Salami in den Müll schmeisst, ob sie dieses gute Stück noch haben könnten. Werden solche Szenen bald Alltagsmusik sein? Schweiz, wappne dich! Bald geht der Fleischkrieg los. •

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15 9. Ausgabe, Juni 2011

Von den Tücken des Alltags {Text} Isozcha

Eine ganze Menge meiner weiblichen Bekannten kauft seit jeher Shampoo, Pflegespülung, Packung, Tönung, Veredler, Spitzencrème, Hair-Repairer und dergleichen bei ihrem Coiffeur bzw. ihrer Coiffeuse. Nur ich nicht. Denn ich schaffte es während mindestens zehn Jahren schlicht nicht, ein solches Geschäft zu passieren, ohne dass mir schwindlig wurde. Schuld daran war der kleine Kunstfehler eines damaligen Meisterfigaros. Irgendwann mal waren genug Haare über die Sache gewachsen. Ich überwand also mein Trauma und liess mir in einem x-beliebigen Coiffeursalon die Spitzen schneiden. Soweit so gut. Es lief alles bestens. Weder wurde ich ohnmächtig noch danach der Punkszene zugeordnet. Zufrieden und mit einer mir wärmstens empfohlenen Pflegespülung in der Tasche fuhr ich nach Hause. Den Kauf der anderen sieben Produkte, die mir der Herr Coiffeurmeister empfahl, verschob ich auf das nächste Mal. Nach einiger Zeit war die elegante Dose leer. Das betrübte mich. Wenn sie auch nix für schwache Geldbeutel war, so brachte sie doch einen echt guten Effekt. Das fand zumindest mein Spiegel. Also griff ich mir eines Tages die leere Packung und machte mich auf, Ersatz zu kaufen. Die ersten drei Salons führten diese

Marke nicht, hätten mir aber zu gern ein qualitativ mindestens so hochwertiges Produkt verkauft. Ich aber blieb hart. Wenn ich mal was gut finde – angefangen beim männlichen Geschlecht bis zum Klopapier –, dann bleib ich ihm auch treu.

«Wenn ich mal was gut finde – angefangen beim männlichen Geschlecht [...] –, dann bleib ich ihm auch treu.» Nach dem vergeblichen Besuch von diversen weiteren Coiffeursalons entschloss ich mich dann doch, den etwas weiteren Weg zu jenem Salon auf mich zu nehmen, der mir das Mittel verkauft hatte. Kaum über der Schwelle, erblickte ich auch schon freudestrahlend meine Spülung. Die Hand befand sich schon in der Luft, als sich eine wagemutige Angestellte zwischen mich und das Verkaufsregal warf. «Kann ich Ihnen helfen?» - «Ich will nur diese Spülung da.» - «Kommen sie erstmal mit!» Ich tripple hinter der Angestellten zum Kassencomputer. Sie schaut mich forschend an: «Name, Vor-

name, Wohnort, Geburtsdatum?» Ich muss sie fassungslos angestarrt haben. Jedenfalls wiederholt sie ihre Frage ein weiteres Mal. Höflich, aber schon ziemlich enerviert sag ich: «Hören Sie, ich will nur das Mittel da kaufen. Sonst nix.» Die Antwort kommt prompt: «Das können Sie ja, aber ich brauch erst Ihre Daten.» - «Warum denn?» - «Würden Sie mir jetzt bitte Ihren Namen sagen!?».- «Nein!!! Ich will nur diese Spülung dort kaufen! Mein Name geht Sie rein gar nichts an!» Zwischenzeitlich schauen drei Viertel der Anwesenden (des übrigens sehr gut besuchten Salons) in meine Richtung. Der Chef eilt zur Kasse. Ich schnauze ihn an: «Auch schon mal was von Datenschutz gehört?» Seine Antwort: «Wir machen das ja nur für Sie. Als Kundenservice sozusagen. Sollten Sie mal vergessen, welches Produkt Sie das letzte Mal gekauft haben…» Ich atme kurz tief durch: «Ach, wissen Sie was: Vergessen Sie es.» Eine Sekunde später steh ich wieder draussen, schmeiss die leere Packung in den nächsten Abfalleimer und steuere die nahegelegene Migros an. Da gibts schliesslich auch solche Sachen. Beim Zahlen fragt die Kassiererin routinegemäss: «Cumulus-Karte?» «Nein! Keine!» •

Expositionen bietet seit dem Frühjahr 2010 Einblicke in das Arbeiten im universitären Kontext. Vornehmlich studentische Beiträge befassen sich mit den unterschiedlichsten Inhalten, analysieren Kulturprodukte, zeigen gesellschaftliche Zusammenhänge auf oder arrangieren theoretische Informationen neu. Expositionen versteht sich als Verweismedium auf Informationen und ihre Träger. Wir wollen Denkanstösse liefern.

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coopération

16 9. Ausgabe, Juni 2011

Das Spiel mit dem Spiel (mit dem Spiel) {Text} Ralph Tharayil

Sie diesen Satz glaubwürdig sagen, ohne dass Sie sich hässlich fühlen?

Was spielen Sie uns vor? Nichts.

Ich weiss es nicht. Ich bin ja nicht hässlich, ich spiel das doch nur. Denken Sie.

Nichts? Ach so, sie meinen welche Szene?

Wie bitte? Danke, die Zeit ist um. Sie kriegen von uns Bescheid.

Ja. Ach so, ja klar.

Aber ich habe noch ein Gedicht vorbereitet.

Also? Die Szene wo Leo DiCaprio im Eismeer erfriert und dann untergeht. Also aus Titanic. Das ist aber keine Szene aus einem Drama. Ach so...also wollen Sie damit sagen, Sie finden Titanic nicht dramatisch oder was? Wir wollen nicht sagen, dass Titanic nicht dramatisch ist. Wir wollen sagen, dass die Szene wo Leo im Eismeer stottert und dann untergeht keine Szene aus einem Drama ist, welches für die Bühne geschrieben wurde. Ach so.

Also? Franz Moor aus Die Räuber von Friedrich Schiller.

Moment...versuchen Sie es mit weniger Pathos. Aber ich hab doch noch gar nicht richtig angefangen. Versuchen Sie es. Okay. Wer nichts... Naja, viel besser war das ja nicht unbedingt. Versuchen wir es mal anders. Stellen Sie sich vor, sie seien nicht hässlich, intrigant und verblendet, sondern gutaussehend, friedliebend und offenherzig. Wie würde dieser Satz dann klingen? Also, ich bin ja nicht hässlich und intrigant... Ja, natürlich nicht Sie. Wir reden jetzt von der Rolle, von Franz Moor. Ach so. Also? Ich weiss nicht wie ich das machen soll. Der ist doch hässlich und so. Dann spielen Sie ihn mal hässlich. Okay. Wer nichts fürchtet ist nicht weniger mächtig, als der, den alles fürchtet. Naja, okay, das ist eine Variante. Fühlen Sie sich denn hässlich? Nein. Sie haben doch gesagt, dass nicht ich hässlich bin, sondern Franz Moor. Naja, unsere Frage ist, wie Sie diesen Satz dann sagen können? Wie können

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Ja? Aber das tut mir jetzt echt Leid, aber das kann ich nicht so auf mir sitzen lassen. Das beschäftigt mich jetzt gerade sehr.

Wir verstehen ihren Wortwulst nicht. Ach hören sie doch auf! Sie wissen genau was ich meine. Sie führen sich auf wie eine Kompanie von arroganten Hungerkünstlern, verlangen die ungeheuerlichsten Sachen und man kann euch einfach nicht genügen. Man kann einfach nicht!!

Besser. Also los! Wer nichts fürchtet ist nicht weniger mächtig...

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Naja, nein, dafür ist jetzt definitiv keine Zeit mehr. Ach so, aber...

Was denn? Dass sie so mit mir umspringen, Wie mit einem Tier, das sie jagen wollen und dem armen Vieh noch fünf Minuten Vorsprung geben, um es dann noch genüsslicher abschlachten zu können.

Ja. Haben Sie eine Alternative vorbereitet? Ja, zum Glück.

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Ein richtiges oder haben Sie einfach Bushido auswendig gelernt? Haha, sehr lustig. Ein richtiges von Hölderlin.

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Jetzt beruhigen Sie sich mal wieder, ja! Sie haben mir gar nichts vorzuschreiben. Ich beruhige mich, wenn ich Bock hab mich zu beruhigen. Aber jetzt hätte ich grad Bock Ihnen ein Stück Scheisse da zu lassen, so als Souvenir. Damit sie mal ihre verdammten Glotzer aufmachen mit denen der liebe Gott sie doch so wohlwollend ausgestattet hat. Aufmachen, reinlassen, rezipieren und DANN sprechen! Hm, gar nicht so schlecht. Ja, das mögt ihr wieder. Scheisse fressen und so Zeugs, Ihr verdammten Fäkalschakalen. Nein, nein. Das ist wirklich gut. Das funktioniert, das ist facettenreich. Sie spielen nicht mehr, sie gehen auf. Sie tun das, was richtige Schauspieler tun. Sie geben nicht mehr nur vor, sie sind es. Es heisst alles, es heisst genau richtig, es heisst jawohl! Was? Na, das was Sie da rumbrüllen. Das ist ganz gut. Noch einmal werden wir es Ihnen nicht sagen (lachen). Ach ihr seit doch perverse Mistkerle. Wenn man nett ist mit euch erntet man nur Verachtung, aber kaum werdet ihr beleidigt wollt ihr noch mehr Peitschenhiebe. Das ist schön. Wir nehmen sie. Ich will euch aber nicht. Tschüss. (Ab).

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coopération

17 9. Ausgabe, Juni 2011

EDITED - Ein ehrlicher Nachruf auf einen Bühnenkünstler [ Musikempfehlung: Tom Waits: Mule Variations ] {Text} Michael E. Graber

[ disclaimer poem ] Der nachfolgende Text ist frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit tatsächlich lebenden Personen ist rein zufällig. Ich habe dich ja nur sterbend gekannt, also flüchtig gewissermassen. Aber was bist du gestorben! Lange und ausführlich hast du uns was vorgestorben. So ganz ohne Tamtam war bei dir nicht. Ruhe und Frieden war nie was für dich. Und das muss man dir lassen. Du hast dich immer ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stellen gewusst. Selbst als du kaum noch stehen konntest. Du warst nie weniger als grossartig, oder zumindest herausragend oder sonstwie ausufernd. Du hast die Gemüter erhitzt. Man hasste oder liebte dich. Eine dritte Wahl hast du uns nicht gelassen. Aber wenn man an einem verregneten Samstagmorgen auf diesem gottverlassenen Friedhof steht, verschwimmt das alles. Wie ich das immer heimlich gehasst habe. Diese Gefallsucht, diese kindische Gier nach Aufmerksamkeit. Wie ich das immer heimlich bewundert habe. Halb tot hast du noch die Welt aus den Angeln zu hebeln gesucht. Halb tot hast du es uns noch allen gezeigt. Und jetzt bist du ganz tot. Also so richtig, ganz und gar und ohne Zugabe. Und mir ist unwohl dabei. Also beim Gedanken an dein Gedenken, an deine Gedenkfeier, an die ganzen Feiern, die zu deinem Gedenken und zu deinen Ehren und Würden abgehalten werden. Überall. Für Leute, die dich auch nicht kannten und von Leuten, die dich zeitlebens heimlich beneidet haben. Aber man soll ja nicht schlecht von den Trauernden sprechen. Oder waren es die Toten? Man verwechselt das immer so leicht. Bei Beerdigungen. Wenn die Lebenden zu und mit den anderen Lebenden über die Toten sprechen und so tun, als ginge es um sie, die Toten, aber eigentlich geht es doch eben genau um die anderen. Aber die Toten kümmert das wenig. Selbst dich, du alte Rampensau, kümmert es, tot wie du bist, nicht. Und tot bist du. Und endlich mal ruhig. Und wir übrigen heulen. Und schreien. Und schweigen dann wieder betreten. Weil da kein anderer ist, weil du da irgendwo zur Seite weg eine einsame Spitze gebildet hast und weil es an solchen, wie bekanntlich an allen Spitzen, immer einsam sei. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen schweigen wir dann eben doch nicht. Wir schreiben und sprechen, weil man ja nicht einfach schweigen kann, weil man ja doch etwas sagen muss, über die guten Zeiten und auch die schlechten und wie das alles war und wie betroffen uns das jetzt macht und wie schockiert wir alle sind. Alle. Ohne Ausnahme. Absolut. Vodka. Product Placement. Leerlauf. Dead End. Hui, da bin ich jetzt aber weggedriftet. Da ist meine Aufmerksamkeit auf die schiefe Bahn gelangt. Soviel Aufmerksamkeit. Du liebe Güte, was soll man da eigentlich noch sagen? Allerorts wurdest du dieser Tage beigesetzt und gefeiert, zur Not auch in deiner Abwesenheit. Das heisst in der Abwesenheit deiner Reste. Hat man dir nie gesagt, dass Reste kausal mit schlechtem Wetter verbunden sind? Man hat dich also zu Grabe getragen, dich Einzigartigen, mit allen Ehren und Blumen, die man sich denken kann, und die Nachrufer standen sich da in Scharen gegenseitig auf den Füssen herum. Sie hatten auch alle schon ihre Rednerpulte mitgebracht, ihre kleinen Medienkanzeln, von

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denen sie dir allerlei nachrufen konnten, allerlei Rufe nachsenden können, allerlei hinterher rufen konnten, wie Bauarbeiter einem schönen Paar Beine, pietätvoll verpackt mit Schleife, Kranz und Karte, als Nachsendung ins Nachleben. Vor lauter geschulterten Rednerpulten ist da leider gar keine Schulter mehr frei um deinen Sarg darauf zu tragen. Zu viele Statisten, zu viele Menschen, die Abschied nehmen wollen und zwar gut sichtbar, so dass später keiner sagen kann, sie wären nicht da gewesen und hätten sich nicht artig verabschiedet, wie es sich gehört. Und so reden und kondolieren und erinnern sich alle kreuz und quer durcheinander. Das kann passieren inmitten der ehrlichen Trauer. Ein unbedeutender Regiefehler, ein klein wenig schlecht inszeniert. Wenn du es sehen könntest, du würdest die Bühne stürmen – noch ein letztes Mal. Wie ein Brathähnchen müsstest du im Grab rotieren, wenn du es sehen könntest. Nachdem du dein Sterben so kunstvollendet in Szene gesetzt hast, hat die zweite Garde deinen allerletzten Auftritt für dich gesetzt und zwar in den Sand. Der sterbende Schwan war aber auch nicht deine beste Rolle, also nicht die Rolle deines Lebens, gewissermassen. Die Sterberei hat einfach etwas zu lange gedauert, dieses Abschiednehmen, dieses letzte Aufbäumen, die Tränen, die herzerschütternde Ehrlichkeit, das Unvermeidliche und die Unausweichlichkeit, das kann nur so lange dauern. Irgendwann ist es genug. Irgendwann ist es vorbei. Irgendwann hat das ganze Prozedere sich in gewisser Weise und dich auf alle Fälle überlebt. Alles ganz rührend, ganz wunderbar. Herzergreifend, aber würdevoll. Da kann man nur hoffen, selber in Ruhe und Frieden sterben zu dürfen, ganz leise, ohne dass es einer merkt. Einfach tot umfallen, am liebsten beim Tanz auf dem Vulkan. Wegen des kurzen Wegs zur Kremation. Umsichtig sterben. Was kann man mehr verlangen? Ausserdem haben die Leichenfledderer so kaum eine Chance. Die Schweine, die elenden. Alles Aasgeier. Besonders die Katholiken. Was sind Heilige anderes als Reliquienreservoire? Ekklesiastische Organspender, gewissermassen. Als Heiliger wirst du über den ganzen Kontinent verteilt, in kleinen Teilen. Also du nicht. Ein Heiliger warst du bei Leibe nicht. Nur im Geiste. Deswegen wird auch nicht kein Körper gefleddert, sondern dein Werk. Dein ganzes Werk wird jetzt überall gezeigt und bewundert. Nur dein Werk, nicht keine Knochen. Das ist so viel zivilisierter. Alles Aasgeier, akademische. Das muss doch der Horror für jeden grossen Mann sein. Da schuftest du dein Ganzes Leben lang, damit dein Ruhm dich überlebt und dann wirst du doch zu dem reduziert, was die Geschichtsschreibung daraus macht. Aber vielleicht ist es dir jetzt egal, was wir hier tun. Vielleicht sagst du schon den Seraphinen, wo sie stehen sollen. So einer wie du kommt sicher in den Himmel und sei’s, zum donnern helfen. Gehab dich wohl und ruh in Frieden.

Die Beiträge «Das Spiel mit dem Spiel (mit dem Spiel)» und «EDITED - Ein ehrlicher Nachruf auf einen Bühnenkünstler» stammen aus der aktuellen Ausgabe des Basler Kunst- und Literaturmagazins LASSO zum Thema Schauspiel. dieperspektive bedankt sich bei den Autoren und MacherInnen des LASSO für die wunderbare LASSO Nr.2 Ausgabe. www.lassomagazin.ch info@lassomagazin.ch

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Kreatives

18 9. Ausgabe, Juni 2011

{Illustration} Gian Steiner www.gians-faerberei.ch

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Kreatives

19 9. Ausgabe, Juni 2011

«Nei! Du...!» {Text} Apachenkönig Huntin Bear

Also jetzt mal unter uns. Nur du und ich. Wir zwei. Der Leser, das bist du, und ich, ich bin der Text. Hast du deinen After auch geschlossen, weil du für deine Völlerei leiden möchtest und damit gegen den Welthunger protestierst und so guten Gewissens allen NGOs sagen kannst: „Nei, sorry...“ Hast du dir ein Lächeln in dein Gesicht getackert, damit auch alle, und ich meine wirklich alle, emotional Minderbemittelten glauben, du magst sie? Hast du nicht auch die Nase gestrichen voll von all den Häschmirnochlimünz-Typen, die aber sowas von unbedingt jetzt genau aber sofort dringend die Abgründe deiner Geldbörse, ich betone Börse, weil du und ich reicher als Stein sind, wollen, und falls nein, auch eine Zigarette nehmen? Dann ist es Zeit für Risiken und Nebenwirkungen. Frage deinen Geldbeutel

Hochparterre AZ dieperspektive

«Hast du deinen After auch geschlossen, weil du für deine Völlerei leiden möchtest und damit gegen den Welthunger protestierst.»

verdattert an und sagst: „Entschuldigen Sie, aber ich spreche kein Deutsch.“ (Du darfst die Sprache natürlich der Gelegenheit anpassen, so wie ein Paar Schuhe.) -Falls du schlagfertig bist, kontere. Aber sei vorsichtig! Es gibt nur eine Chance! Die muss sitzen! Ein Gleichnis: Er: „Häsch mir echt drü Frankä sechzig fürs Zugbillet?“ - Du: „Nö. Aber häsch du mir echt zwei Franke? - Er: „????????“ - Du: „*grinsgrimasse*“ und SIEG mit Beckerfaust!

-Am einfachsten schneidest du eine Grimasse, eine lustige. Aber so richtig lustig. (Falls du nicht kreativ oder lustig genug bist, darfst du auch Bilder googeln und üben vor dem Spiegel.) -Oder du klatschst spontan so richtig laut in deine Hände und sagst: „Hoppla!“ oder „es gibt kein Sandwich!“ -Du kuckst die entsprechende Person

Dieser Weg wird leichter sein. Dieser Weg wird nicht steinig und schwer. Nicht mit vielen wirst du dir einig sein, aber das ist es so verdammt wert! Sei einfach schlauer als Xavier Naidoo. Sei wertvoll! Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie keine Zeitungsbeilage und fragen Sie nicht den Autor, aber Ihren Psychiater. •

oder Psychiater. Er wird dir zustimmen! Dich ermuntern! Dich anflehen, es zu tun! Wie das geht?

14.4.2011

9:26 Uhr

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Wenn der Appetit beim Essen kommt, dann kommt der Hunger beim Lesen.

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Kreatives

20 9. Ausgabe, Juni 2011

{Fotos} UMBRELLA KID

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Reisen

21 9. Ausgabe, Juni 2011

Der gebaute Alltag {Text & Foto} Jon Bollmann

Warum fühlen wir uns in der Altstadt wohler als in der Neubausiedlung am Stadtrand? Was zieht uns in die engen, unübersichtlichen Gassen mit ihren schuhfeindlichen Pflastersteinen und weg von den lichtdurchfluteten Einfallstrassen mit den zeitgemässen Gebäuden? Warum bezahlen wir horrende Mieten, um in einer kleinen Mansarde im Zentrum zu logieren, anstatt für das gleiche Geld eine topmoderne Loft in einer Grossüberbauung zu beziehen? Vermutlich wegen der Patina, den versteckten Geschichten, dem Leben. So erzählen die verwinkelten Gässlein vom kontinuierlichen Wachstum und vom Alltag der vormaligen Bewohner, evozieren romantische Bilder zufrieden arbeitender Menschen (die Weggengasse!) und wecken mit Ornamenten und Verzierungen Träume von eleganten Zeiten, als die Städter in schönen Kleidern durch die herausgeputzten Gassen flanierten. In Zeiten, in denen ein Haus kein Denkmal an die eigene Tüchtigkeit mehr darstellt, sondern

ein Renditeobjekt, das möglichst günstig gebaut und möglichst teuer verkauft werden soll, bleibt kein Platz mehr für Ecken, Kanten und Verzierungen. Wohnhäuser, Siedlungen und sogar ganze Quartiere werden in einheitlichem Stil überbaut, damit die Kosten sinken und der Profit steigt. Wenn die Journalisten von Transhelvetica in der Schweiz unterwegs sind, um Geschichten nachzujagen, dann halten sie die Augen offen für solche und andere Gegebenheiten. Sie machen sich Gedanken zu allem, was sie in ihrem Alltag umgibt, hinterfragen Installationen und wundern sich über Abläufe, welche auf längst überholten Voraussetzungen basieren. Warum sitzen alle technischen Installationen, Signalisationen und Markierungen auf Kandelabern, deren Design sich vollumfänglich nach der Funktion richtet und das Auge erblinden lässt? Warum werden für die Installation von Licht und Stromkabeln ganze Strassenzüge zugeschnürt wie in den Bildern von Nobuyoshi Araki? Warum werden Gebäude aus Aluminium

und Glas gebaut, wenn doch jeder entzückt die Kamera zieht, sobald er ein wild überwuchertes Wohnhaus sieht? Es ist ein anstrengendes, aber wichtiges Unterfangen, den Alltag nicht alltäglich zu nehmen, ihn zu hinterfragen und Luftschlösser zu bauen aus Ideen, wie das Leben in unserer rasch wachsenden Umwelt bewahrt werden kann. Wohlüberlegte Architektur kann diese Problematik bei den Hörnern packen und Umgebungen schaffen, in denen die neuesten technischen Errungenschaften den Alltag erleichtern und trotzdem Platz bleibt, in dem sich das Leben entfalten kann. Wie beispielsweise am Zürcher Limmatplatz, dessen Tramstation aus Beton durchbrochen wird von Bäumen, in denen Vögel nisten und welkende Blätter Feuerwerke in den Himmel schiessen.

Jon Bollmann, Herausgeber von Transhelvetica, dem Schweizer Magazin für Reisekultur (www.transhelvetica.ch)

Transhelvetica Schweizer Magazin für Reisekultur

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artikel@dieperspektive.ch

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OBJETCOMBINÉ Bei “objet combiné” werden 100 verschiedene subjektive Textpassagen mit einem Alltagsgegenstand kombiniert. Die Wechselwirkung einer wörtlichen Momentaufnahme und einem gefundenem Objekt lassen einen Augenblick der Überraschung entstehen. Unter dem Blick des Betrachters werden Assoziationen freigesetzt und eigene emotionale Bezüge geschaffen. Die Objekte variieren vom Sticker bis zum Schmuckstück und erhalten ihre Wertigkeit durch das Zusammenspiel mit den 100 handgefertigten und bedruckten Unikaten aus Stoff.

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LITTLE FRIENDS “little friends” von so’design sind kleine, farbige Freunde, die überall aufgehängt werden können. Von Hand gehäkelt oder aus Textilien vernäht und bedruckt ist jedes ein Einzelstück. Hinter so’design steckt Sonia Both, eine Schweizer Designerin, welche in Zürich lebt und arbeitet. Fasziniert von Stoffen, erstellt sie fröhliche und farbige Objekte her.


„Ich höckle amigs nochli det weni nachem SuntigsJoggä en Zopf chauf.“

„Diä Cornetti-Canellas sind ja wüki sehr fein!“

„Diä neuä Pizzabröttli hani soo gärn! mmh!“

„Min Sunntigsbrunch isch Dank em Artos immer de Hit.“

„Hesch recht gha dʻCanolli-Siziliani sind wüki meega guet.“

„Wennʻs dussä so warm isch nimi en Caffe Frappé mit iis. Isch zum KULT avanciert!“


Pontresina {Idee, Umsetzung & Foto} Johannes Willi www.whatdoyouwant.ch Aus dem aktuellen LASSO zum Thema Schauspiel

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Sämtliche Beiträge dieser Zeitschrift, stammen von Leserinnen und Lesern. Sie sind, so nimmt die Redaktion an, Produkt der Fantasie, des kreativen und interessierten Geistes und des selbstständigen und kritischen Denkens. Sie (die Beiträge) repräsentieren zu 100% die Gefühls- und Stimmungslage der Zürcherinnen und Zürcher, Baslerinnen und Basler, Winterthurerinnen und Winterthurer, Bernerinnen und Berner. (dieperspektive erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)


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