Pastellmalerei vor 1800

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I N D E N B AY E R I S C H E N S TA AT S G E M Ä L D E S A M M LU N G E N

PASTELLMALEREI VOR 1800


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I N D E N B AY E R I S C H E N S TA AT S G E M Ä L D E S A M M LU N G E N

Mit Beiträgen von Bernd Ebert, Ulrike Fischer, Elisabeth Hipp, Herbert Wilhelm Rott und Xavier Salmon

PASTELLMALEREI VOR 1800

Herausgegeben von Elisabeth Hipp


Die Publikation dieses Buches wurde durch die Museumsstiftung zur Förderung der Staat­lichen Bayerischen Museen und die Karl Thiemig-Stiftung zur Förderung von Kunst und Wissenschaft in Bayern ermöglicht. Joseph Viviens Pastelle aus der Staatsgalerie im Neuen Schloss Schleißheim wurden mit U ­ nterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung restauriert.


INHALT

6 Vorwort Bernhard Maaz 11 Pastelle in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen: Anmerkungen zur Sammlung und ihrer Geschichte Elisabeth Hipp 31 Künstlerischer Wettstreit: Joseph Vivien, Rosalba Carriera und Maurice Quentin de La Tour Xavier Salmon 47 Die Technik der Pastellmalerei im 18. Jahrhundert Ulrike Fischer 63 Katalog Bernd Ebert, Elisabeth Hipp und Herbert W. Rott 115 Die Pastell-Porträt-Serie aus der Herzog-Max-Burg Bernd Ebert 136 Literaturverzeichnis 144 Impressum und Abbildungsnachweis


VORWORT

Die Kunst der Pastellmalerei zählt zu den empfindlichsten kulturellen Zeugnissen der Menschheit: Gleich den hauchdünnen venezianischen Fadengläsern kann man Pastelle allenfalls mit äußerster Umsicht transportieren, damit die oft nicht fixierten Farbpartikel sich nicht vom Bildträger lösen, und gleich den Daguerreotypien aus der Frühzeit der Fotografie scheuen sie das starke Licht. Pastelle werden seit jeher unter Glas aufbewahrt, damit sich auf dem Farbstaub kein Staub des Alltags ablagert, der – wir denken an Edmund de Waals siebenten Brief in Camondo (2021) – doch immer auch Zeuge der Historizität und Spur menschlichen Wirkens ist. Die Dimension der Pastelle war seit dem Aufkommen dieser trocken hingehauchten Technik stets von zwei Parametern bedingt, von der technischen Größe der Malgründe – Papier oder Pergament – und der maximalen Produktionsmöglichkeit flachen Glases. Doch die Empfindlichkeit der Pastellmalerei und die Limits ihrer Dimension haben bewirkt, dass jene Künstler und – früh schon – Künstlerinnen, die sich diesem Fach widmeten, eine außerordentliche Sensibilität nicht nur unter kunsttechnischem Aspekt entfalteten, sondern auch gegenüber ihren Motiven. Und das bevorzugte Sujet der Pastellmaler war der Mensch, das Porträt, das Antlitz, um diesen angemessen feinsinnigen Begriff zu benutzen. Aus dieser Sensibilität erwuchs seit dem 18. Jahrhundert eine hohe Kultur der Pastellmalerei, die im Rokoko und der Empfindsamkeit zum Inbegriff von Sensibilität, Sensualismus, Lebendigkeit wurde. Die Alte Pinakothek mit ihrer Filiale in der Staatsgalerie im Neuen Schloss Schleißheim betreut mehr als ein Dutzend Meisterwerke der älteren Pastellmalerei; wichtige Namen sind hier mit frappierend frisch überlieferten Meisterwerken vertreten: Joseph Vivien, Rosalba Carriera, Jean-Étienne Liotard, Maurice Quentin de La Tour. Hinzu kommen selten gezeigte und anonyme Werke. Der ganze Bestand der vor 1800 entstandenen Pastelle einschließlich der deponierten Arbeiten wird in diesem Buch abgebildet und kommentiert; eine primär historisch interessante Porträtserie von 60 Werken wird in einem separaten Verzeichnis aufgelistet. 6


Wenn dieser Sammlungsführer kein konventioneller Ausstellungskatalog ist, so erscheint er doch aus Anlass einer Sonderausstellung, die mehrere erfreuliche Anlässe hat. Zwecks Untersuchung und fotografischer Neuaufnahme im Rahmen eines laufenden Projektes zur Erforschung der französischen Gemälde befinden sich die Schleißheimer Pastelle vorübergehend in den Restaurierungswerkstätten in München, wo zudem dringend notwendige Maßnahmen der Konservierung und Restaurierung durch einen Spezialisten vorgenommen werden, für die wir die großartige Unterstützung der Corona-Förderlinie der Ernst von Siemens Kunststiftung erfahren haben und ihrem Generalsekretär Martin Hoernes unseren größten Dank sagen. Diese einmalige Präsenz der Pastelle in den Pinakotheken wird nun genutzt, um sie erstmals gemeinsam mit denen der Alten Pinakothek zu zeigen – und auch in räumlicher Nähe zu den Meisterwerken des 18. Jahrhunderts im Obergeschoss des Hauses. Zum anderen konnte das Pastell Porträt Jean-Baptiste Philippe von Maurice Quentin de La Tour für die Museumsstiftung zur Förderung der Staatlichen Bayerischen Museen erworben und als Dauerleihgabe in die Alte Pinakothek geholt werden. Unser größter Dank gilt hier Fritz Lehnhoff, dessen großzügige Gabe seines so wunderbaren Pastells an die Museumsstiftung die Projekte der Ausstellung und des Sammlungsführers ganz wesentlich inspiriert haben und die wir damit zugleich angemessen feiern wollen. Großen Dank richten wir auch an Maximilian Ring, der die Belange der Museumsstiftung – und eben auch der Museen – in vorbildlicher, umsichtiger Weise vertritt. Das vorliegende Buch ist in einem recht knappen Zeitraum und einer Zeit erschwerter Arbeitsbedingungen entstanden und vermittelt gleichwohl dem Publikum und der Fachwelt in kompakter Weise den aktuellen Wissensstand zu den Werken, ohne als erschöpfender wissenschaftlicher Bestandskatalog gelten zu wollen. Hinsichtlich Format und Umfang knüpft der Band an die Reihe von Sammlungsführern zu den Beständen der Staatsgalerien an, angereichert durch drei Einführungen zur Sammlung und ihrer Geschichte, zur Geschichte der Pastellmalerei in Frankreich und zur Technik der Pastell­ malerei. So soll das Buch das breite Publikum ansprechen und auch jenen Kunstinteressierten einen Zugang eröffnen, die sich erstmals mit dem so faszinierenden Phänomen des Pastells beschäftigen möchten. Am Ende dieser Vorbemerkungen steht ein großer Dank, darunter an die bereits genannten Personen, Fritz Lehnhoff und Maximilian Ring. Ohne die großzügige finanzielle Unterstützung durch die Museumsstiftung zur Förderung der Staatlichen Bayerischen Museen und die Karl Thiemig-Stiftung zur Förderung von Kunst und Wissenschaft in Bayern hätte dieses Buch nicht gedruckt werden können: Ihnen, Herrn Maximilian Ring und Herrn Christian 7


Greiff als Stiftungsvorstand sowie den Mitgliedern des Stiftungsrates, gilt unser herzlichster Dank. Und auch die Ausstellung wäre nicht denkbar gewesen ohne die weit überwiegende Finanzierung durch die Herbert Schuchardt-Stifung in München: Hierfür danken wir deren Initiator, Herbert Schuchardt, und dem Vorstand. Nochmals der Karl Thiemig-Stiftung gilt Dank für die Förderung des Begleitprogramms. Von Herzen sei den Leihgebern gedankt, die es ermöglicht haben, die Ausstellung mit einzelnen wichtigen Werken zu ergänzen: dem Bayerischen Nationalmuseum unter der Leitung des Generaldirektors Frank Matthias Kammel, der Staatlichen Graphischen Sammlung unter der Leitung von Direktor Michael Hering und der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen unter der Leitung ihres Präsidenten Bernd Schreiber sowie den jeweils zuständigen Kuratoren Jens Burk, Kurt Zeitler und Christian Quaeitzsch. Mein herzlicher Dank gilt ferner der Herausgeberin Elisabeth Hipp, Sammlungsleiterin Französische und Spanische Malerei, die das Projekt initiierte und umsichtig leitete, Ausstellung und Buch konzipierte und große Teile der Katalogeinträge sowie eine der Einführungen verfasst hat. Großer Dank geht an Ulrike Fischer, Restauratorin für die Alte Pinakothek am Doerner Institut, die das Projekt mit viel Elan seitens der Gemälderestaurierung betreute und den instruktiven Beitrag zur Technik der Pastellmalerei schrieb, und an Bernd Ebert, Sammlungsleiter Holländische und Deutsche Barockmalerei, der sich in verdienstvoller Weise mit den bislang weitgehend unbearbeiteten Werken deutscher Maler auseinandersetzte und entsprechende Texte beisteuerte. Das ideale wissenschaftliche Zusammenwirken über Sammlungsgrenzen setzte sich fort mit Herbert W. Rott, Sammlungsleiter für Malerei und Plastik 1800– 1850, da er den Text zu dem Arthur Pond zugeschriebenen Lord St. George verfasste. Es freut uns schließlich sehr, dass es gelungen ist, Xavier Salmon, Conservateur général und Direktor des Département des arts graphiques am Musée du Louvre für den im diesem Buch so wichtigen Beitrag zur Geschichte der Pastellmalerei in Frankreich zu gewinnen und damit eine international so renommierte Stimme in unserem Reigen zu wissen. Hilfreich waren Andreas Schumacher, Sammlungsdirektor der Alten Pinakothek, durch seine stete Unterstützung des Projekts, dessen Chancen er früh erkannt hat, die Abteilung Provenienzforschung unter Andrea Bambi, sowie etliche beteiligte Kolleginnen und Kollegen des Doerner Instituts, insbesondere Carola Sauter, die die Restaurierung der Schleißheimer Werke betreut und ihre Dokumentation in die Hände genommen hat, die Leiterin der Abteilung für Gemälderestaurierung, Heide Skowranek, der leitende Restau8


rator an der Alten Pinakothek, Jan Schmidt, und natürlich die Direktorin des Doerner Instituts, Eva Ortner: Für ihre stete Unterstützung gilt allen ein herzlicher Dank. Ebenso sind die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung für Museums- und Ausstellungstechnik zu nennen, insbesondere Nele Müller, Dieter Stracke und Diego Villasante, sowie die Fotoabteilung unter Leitung von Haydar Koyupinar, namentlich Sibylle Forster, die die Neuaufnahmen der Werke realisierte. In der redaktionellen Endphase des Buches war der wissenschaftliche Volontär Christopher Haaf eine große Unterstützung. Ihm sei ebenso gedankt wie Stephanie Frombeck, Alexandra Röckel und Ilka Mestemacher, deren im Rahmen des Forschungsprojektes zum Bestand der französischen Malerei erstellte kunsttechnologische Befunde und bibliografische Recherchen auch für dieses Projekt von großem Nutzen waren. Für die Beantwortung zahlreicher Fragen und die Unterstützung während der Erarbeitung des Buches und der Ausstellung überbringe ich hier gerne auch den Dank der Autorinnen und Autoren an Stijn Alsteen (Paris), Peter Axer (München), Ulrike Boskamp (Berlin), Jens Burk (München), Alfred Höck (Salzburg), Peter Husty (Salzburg), Neil Jeffares (London), Nicolas Lesur (Paris), Mirjam Neumeister (München), Andreas Plackinger (Freiburg i. Br.), Christian Quaeitzsch (München), Astrid Reuter (Karlsruhe), Pierre Rosenberg (Paris), Martin Schawe (München), Cécile Tainturier (Paris) und Siegfried Wimber (München). Ich wünsche diesem Buch und seinem so sensiblen wie bestechenden Metier große, langanhaltende Aufmerksamkeit und der Ausstellung sensible, begeisterungsfähige Gäste. Dr. Bernhard Maaz Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

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PASTELLE IN DEN BAYERISCHEN ­S TAATSGEMÄLDESAMMLUNGEN ANMERKUNGEN ZUR SAMMLUNG UND IHRER GESCHICHTE Pastellkreiden werden künstlich hergestellt;1 ihr Name wird häufig von der italienischen Bezeichnung für den Farbteig abgeleitet, aus dem sie geformt werden (pasta).2 Die seit Ende des 17. und im 18. Jahrhundert entstandenen Pastellgemälde, zu denen auch die in diesem Buch dokumentierten Werke zählen, stehen technisch und ästhetisch zwischen den Gattungen der Zeichnung und der Malerei:3 Die trockenen Farben sind zumeist flächendeckend aufgetragen – anders als in älteren Kreidezeichnungen, bei denen farbige Kreiden Akzente setzen, das Papier aber in der Regel sichtbar bleibt (Abb. 1).4 Pastelle der genannten Epoche sind in der Regel keine im Passepartout aufbewahrten Blätter: Im 18. Jahrhundert wird ihr Bildträger zumeist auf einen Spannrahmen gespannt und, wenn es sich um Papier handelt, zuvor auf Leinwand aufgezogen. Sie werden in repräsentativen Zierrahmen ausgestellt, geschützt von Glas, und sind oft in Gemäldegalerien zu finden – dies betrifft auch die Pastelle der Alten Pinakothek –, wobei es durchaus Museen gibt, in denen sie den grafischen Künsten zugerechnet werden.5

Pastelle in München? In der Alten Pinakothek waren lange Zeit keine Pastelle zu sehen. Seit der Eröffnung des Museums im Jahr 1836 aber wurde dort über viele Jahrzehnte das um 1720 in Öl ausgeführte Selbstbildnis Joseph Viviens (1657–1734) ausgestellt, das ihn dabei zeigt, wie er an einem Pastell arbeitet (Abb. 2).6 In ganz besonderer Weise beschreibt der Künstler hier sein Verhältnis zu seinem Auftraggeber: Das begonnene Porträt auf seiner Staffelei zeigt das Profil Kurfürst Maximilians II. Emanuel von Bayern (1662–1726); diesem als lebendem Modell scheint auch der prüfende Blick des Künstlers zu gelten, den zugleich die Betrachterinnen und Betrachter auffangen.7 Viviens Selbstporträt zeigt uns zudem scheinbar beiläufig, wie mit Pastellkreiden gearbeitet wurde, nämlich – wie bei einem Ölbild – an der Staffelei, und ist damit, wie wir auch Ulrike Fischers Text in diesem Band entnehmen können (siehe S. 47), eine 11


1 Ottavio Leoni, genannt Il Padovano, Brustbild einer Dame (Signora Maria Martha Marchesa Cigoli), 1629. Schwarze, rote, braune und weiße Kreide auf blaugrauem Papier, 21 × 15,1 cm. München, Staatliche ­Graphische Sammlung

veritable realienkundliche Quelle. Vor allem aber belegt das Bild, dass es Vivien wichtig war, sich als denjenigen wiederzugeben, der für Max Emanuel in Pastell gearbeitet hat. Die enge Verbindung zu Max Emanuel einerseits und zur Pastellmalerei andererseits hatte Vivien schon einmal in einem anderen, in Pastell ausgeführten Selbstbildnis mit einem Text vor Augen gestellt:8 Das 1699 vollendete Werk in den Florentiner Uffizien (Abb. S. 37) zeigt den jungen Künstler nicht mit Pastellkreiden, sondern mit einem in einem Halter steckenden Stück Naturkreide. Der in der rechten oberen Ecke platzierte Text aber hält die Fortentwicklung der »Malerei in trockenen Farben« als seine besondere Leistung fest und erklärt, dass er das Selbstbildnis als »ewiges Denkmal seiner Leistungen« unter den »Auspicien« Kurfürst Max Emanuels nach Florenz geschickt habe.9 Dabei benennt er Max Emanuel als seinen »Alexander«, in gelehrter Anspielung auf Alexander den Großen und seinen Hofmaler Apelles, dem sich Vivien, der premier peintre des Kurfürsten, also gleichstellt. Tatsächlich blieb Max Emanuel der wohl wichtigste Auftraggeber des Künstlers – und Viviens Rolle für die Entwicklung der Pastellmalerei in Frankreich ist nicht zu unterschätzen, wie etwa Xavier Salmon in seinem Aufsatz in diesem Band 12


2 Joseph Vivien, Selbstbildnis an der Staffelei, um 1720. Öl auf Leinwand, 117,5 × 94,3 cm. München, Bayerische Staats­gemäldesammlungen – Staats­galerie im Neuen Schloss Schleißheim

darlegt (siehe S. 32 f.). So gilt Vivien als einer der Ersten, der Pastellgemälde im großen Format und mit dem Anspruch von Ölgemälden schuf. Ein französischer Künstler und ein bayerischer Kurfürst haben also eine wichtige Rolle in der Geschichte der Pastellmalerei gespielt. Und über beide sind auch die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit dieser Geschichte verbunden. Bereits dadurch erscheint es gerechtfertigt, den Pastellen in der Alten Pinakothek, die dort inzwischen zwar in bescheidener Anzahl, aber doch in teils herausragender Qualität präsent sind, besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen – ebenso wie denen der Staatsgalerie im Neuen Schloss Schleißheim. Will man die Geschichte der Sammlung verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass nicht nur die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Pastelle aus den historischen Wittelsbacher Sammlungen betreuen, sondern auch das Bayerische Nationalmuseum und die Bayerische Schlösserverwaltung, und zwar schon seit langer Zeit. So sind die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen die Nachfolgeinstitution der Zentralgemäldegaleriedirektion, die 1799 gegründet wurde, um die in München und Schleißheim mit den altbayerischen Galerien zusammengeführten wittelsbachischen Gemäldesammlun13


gen aus Düsseldorf, Mannheim und Zweibrücken ebenso zu verwalten wie Ankäufe und später die zahlreichen Zugänge insbesondere der Säkularisa­ tionszeit. Andere Bestandteile des Wittelsbacher Kunstbesitzes unterstanden seit Ende des 18. Jahrhunderts dem Obersthofmeisterstab, einer Hofbehörde, deren Aufgaben nach Ende der Monarchie die Bayerische Schlösserverwaltung übernommen hat.10 Mit der Gründung neuer Museen, so insbesondere des Bayerischen Nationalmuseums im Jahr 1855, wurde die museale Landschaft in München erweitert. Alle genannten Institutionen wie auch der 1923 gegründete Wittelsbacher Ausgleichsfonds bewahren noch heute Pastelle. Zumindest Seitenblicke auf die in diesen Einrichtungen vorhandenen Werke und die gemeinsamen ursprünglichen Sammlungskontexte sind also sinnvoll, wenn wir – allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die Genese des heutigen Konvoluts in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen nachvollziehen wollen. Die Pastelle des 19. und 20. Jahrhunderts werden nicht berücksichtigt.

Pastelle aus den Sammlungen der Wittelsbacher Zum älteren Sammlungsbestand der heutigen Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und damit zu den ersten französischen Pastellen in München gehören einige Werke des bereits erwähnten Joseph Vivien; dabei handelt es sich um die heute in der Staatsgalerie im Neuen Schloss Schleißheim präsentierte Fassung der Bilderserie der Familie des Grand Dauphin von Frankreich – eines Schwagers Kurfürst Max Emanuels –, die der Künstler im Jahr 1700 geschaffen hat, sowie ein undatiertes, vermutlich aber ebenfalls um 1700 entstandenes Bildnis des Kurfürsten (siehe S. 68–81). Diese Werke dürften kurz nach ihrer Fertigstellung zunächst nach Brüssel geliefert worden sein, wo Max Emanuel in jener Zeit residierte (sein eigenes Bildnis wird dort sogar entstanden sein); über die genauen Umstände ihrer dortigen Präsentation ist nichts bekannt.11 Die Bilder zur Familie des Grand Dauphin sind 1729 in der Münchner Residenz nachweisbar (im »Magazin d’en bas sous la salle d’Empereur«), ab 1748 befinden sie sich im Neuen Schloss Schleißheim (im »Pavillon in der oberen Etage«).12 Darüber hinaus gelangten ein Pastellbildnis des 1699 verstorbenen Kurprinzen Joseph Ferdinand (1692–1699) in Ganzfigur (Abb. 3; heute beim Wittelsbacher Ausgleichsfonds)13 und das ebenfalls ganzfigurige Bildnis Max Emanuels von 1706 nach Bayern; Letzteres wurde spätestens 1770 in der Münchner Residenz präsentiert (Abb. 4; Bayerische Schlösserverwaltung).14 Auch in späteren Jahren, als Max Emanuel längst wieder in Bayern Hof hielt, war Vivien wiederholt für den Kurfürsten tätig, es entstanden nun aber 14


3 Joseph Vivien, Joseph Ferdinand Leopold von Bayern (1692–1699), um 1698/99. Pastell, 168 × 123 cm. Wittelsbacher ­Ausgleichsfonds, Berchtesgaden, Schloss

4 Joseph Vivien, Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern, 1706. Pastell, 215 × 146 cm. Bayerische ­Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München, Residenz

zumeist Ölbilder. Eine mögliche Ursache dafür lässt sich dem Nachruf auf Vivien im Mercure de France entnehmen: Dort wird vermerkt, der Künstler habe sein letztes Hauptwerk, die Allegorie auf die Wiedervereinigung Kurfürst Max Emanuels mit seiner Familie,15 wegen der besseren materiellen Beständigkeit in Öl ausgeführt.16 Tatsächlich werden auch andere praktische Gründe eine Rolle gespielt haben, so erscheint ein Pastell mit den ungeheuren Maßen dieses Bildes (533 × 644 cm) undenkbar, gab es doch gewiss kein Schutzglas in dieser Größe. Möglicherweise aber hatte die bessere Haltbar- und Transportierbarkeit bereits den Ausschlag dafür gegeben, dass Vivien auch andere Bildnisse für Max Emanuel in Öl ausgeführt hatte.17 Während also die Pastelle Viviens aus der Sammlung Max Emanuels den Ursprung der (alt-)bayerischen Pastellsammlung markieren, gelangten Arbeiten des Künstlers auch auf anderen Wegen nach München, so etwa ab 1799 aus der von Kurfürst Karl III. Philipp von der Pfalz (1661–1742) begrün15


5 Rosalba Carriera, Allegorie der Musik. Pastell, 62,2× 55,6 cm. München, Bayerisches Nationalmuseum

deten und von Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (1724–1799) ausgebauten Mannheimer Galerie. Zu diesen Werken gehört das späte Selbstbildnis Joseph Viviens im Pastell (siehe S. 84 f.) sowie sehr wahrscheinlich auch das Bildnis eines Mannes in Husarenuniform (siehe S. 82 f.), das heute ebenfalls als Werk Joseph Viviens gilt und das, Helmut Börsch-Supan zufolge, vermutlich identisch ist mit einem Pastell, das im Inventar der Mannheimer Galerie von 1780 als Werk von Maurice Quentin de La Tour (1704–1788) geführt wurde.18 Diesem Inventar zufolge wurden beide Bildnisse gemeinsam mit weiteren Pastellen im 9. Zimmer der Mannheimer Galerie präsentiert; im selben Raum waren Ölgemälde ähnlichen Formats zu sehen.19 Geht man davon aus, dass die Werke in der Reihenfolge ihrer Hängung inventarisiert wurden, dann bildete Viviens Selbstbildnis das Zentrum einer Pastellgruppe: Auf der einen Seite wurde es flankiert von der Allegorie der Musik von Rosalba Carriera (1675–1757; heute im Bayerischen Nationalmuseum; Abb. 5),20 einem Pastell, 16


6 Maria Molin nach Rosalba Carriera, Allegorie der Poesie. Pastell, 62 × 51 cm. München, Bayerisches Nationalmuseum

das Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716) um 1712 direkt von der Künstlerin in Venedig erworben hatte.21 Carrieras Pastell könnte bereits in den 1730er-Jahren nach Mannheim gelangt sein, als auch andere Kunstgegenstände aus Düsseldorf dorthin überführt worden waren, vielleicht aber auch erst 1758 im Zuge der Verlagerung der Düsseldorfer Galerie während des Siebenjährigen Krieges.22 Auf der anderen Seite, spiegelbildlich zu Carrieras Werk, hing neben Viviens Selbstbildnis die Allegorie der Poesie einer Künstlerin namens »Madame Mollin«, eine Kopie nach einem inzwischen verschollenen Dresdener Original Carrieras, die sich heute im Bayerischen Nationalmuseum befindet (Abb. 6).23 Hinzu kamen vier weitere Kopien von der Hand der »Madame Mollin« (heute ebenfalls im Bayerischen Nationalmuseum) nach Rosalba Carrieras Serie der Vier Elemente,24 deren Originale noch heute zur Dresdener Gemäldegalerie gehören,25 sowie, an anderer Stelle im Raum, das bereits genannte Porträt eines Mannes in Husarenuniform und ein als 17


Werk von La Tour verzeichnetes Damenbildnis, das Börsch-Supan mit einem von ihm ebenfalls Vivien zugewiesenen Porträt der Gräfin Arco (um 1660– 1717) im Bayerischen Nationalmuseum identifiziert hat.26 »Madame Mollin« ist möglicherweise mit der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts tätigen venezianischen Malerin Maria Molin aus dem Umkreis oder der Nachfolge Rosalba Carrieras identisch.27 Zur Auftragsgeschichte der Mannheimer Carriera-Kopien ist nichts bekannt. Was das Selbstbildnis Viviens und das Bildnis eines Mannes in Husarenuniform anbelangt, so vermutet Helmut Börsch-Supan, dass beide Werke ebenso wie das erwähnte Bildnis der Gräfin Arco ursprünglich aus der Sammlung des Kurfürsten und Erzbischofs von Köln Clemens August I. (1700–1761) stammen, eines Sohnes Max Emanuels, für den Vivien ebenfalls tätig war.28 Wie der Katalog zur Versteigerung von dessen Nachlass zeigt, besaß Clemens August außerdem eine ganze Reihe weiterer Pastelle, neben den genannten etwa auch Werke von Rosalba Carriera sowie ein Bilderpaar von Jean-Étienne Liotard (1702–1789).29 Wie sehr er die Pastellmalerei offenbar schätzte, mag sich auch darin zeigen, dass er sich von Rosalba Carriera porträtieren ließ.30 Auch wenn sammlungsgeschichtlich kein Zusammenhang mit den Werken der Staatsgemäldesammlungen besteht, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass andere Werke Rosalba Carrieras bereits im 18. Jahrhundert nach München gelangten – gemeinsam mit heute Marie Catherine de Silvestre (1680–1743) zugeschriebenen Werken (siehe etwa Abb. 7) brachte sie die sächsische Prinzessin Maria Anna (1728–1797) anlässlich ihrer Eheschließung mit dem bayerischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph (1727–1777) im Jahr 1747 nach Bayern.31 Die Pastelle Carrieras und Silvestres befinden sich noch heute in der Münchner Residenz; während sie 1770 im Rosen- und Lilienkabinett hingen,32 sind sie zum großen Teil seit 1867 im von König Ludwig II. (1845–1886) umgestalteten sogenannten Puille-Kabinett zu sehen. 33 Die Mannheimer Pastelle wurden nach ihrer Überführung nach München zunächst in Nymphenburg schriftlich erfasst und dann 1802 vom Galerie­ inspektor Johann Georg Dillis (1759–1841) in einer Übernahmeliste inventarisiert, offenbar aber zunächst nicht ausgestellt.34 1805 verzeichnet der Galeriedirektor Johann Christian von Mannlich (1741–1822) in seinen gedruckten Katalogbänden zwar einige Pastelle aus der Familienserie Viviens in der Schleißheimer Galerie,35 dokumentiert jedoch keine Pastelle in der Hofgartengalerie. Stattdessen verweist er im biografischen Registereintrag zu ­Rosalba Carriera außer auf zwei ihr zugeschriebene Ölgemälde in der Hofgartengalerie auf Werke in einem »Katalog der Miniatur-, Schmelz- und Pastel-Gemälde«,36 der aber wohl nie erschienen ist. Eine größere Anzahl kleinformatiger Gemälde, Elfenbeine und ähnlicher Kostbarkeiten, darunter auch 18


7 Marie Catherine de ­Silvestre, Maria Josepha von Sachsen (1731–1767), 1740. Pastell, 58 × 45 cm. Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München, Residenz

die Mannheimer Pastelle und zwei weitere Pastellgemälde eines Mitglieds der Malerfamilie Urlaub sowie von Franz Andreas Schega (1711–1787) – die beide nicht aus Mannheim stammten – wurden 1811 dann in das neu gegründete Kunstkabinett im Theatinergebäude übernommen,37 das unter Dillis’ Ägide eingerichtet wurde. Wenn die Pastelle dort tatsächlich gezeigt wurden – was sich nicht nachweisen lässt –, machten sie nur einen ganz kleinen Teil des Bestandes aus. Prominenter waren die Konvolute von Elfenbeinen und Miniaturen; auch die Handzeichnungssammlung fand dort vor­übergehend ihren Ort.38 Ein Teil der im Königlichen Kunstkabinett bewahrten Objekte wurde bereits 1817/18 in die Herzog-Max-Burg verlegt und gelangte schließlich, offenbar nach einer Zwischenstation im Erdgeschoss der Alten Pinakothek, ab 1844 in eine neue Institution: die Vereinigten Sammlungen.39 Dass die 1811 in das Kunstkabinett verlagerten Pastelle weiterhin zu diesem Konvolut gehörten, erscheint zweifelhaft, in den Katalogen der Vereinigten 19


Sammlungen jedenfalls werden keine Pastelle aufgeführt.40 1860 wurden die Mannheimer Pastelle zusammen mit weiteren Werken von der Zentralgemäldegaleriedirektion an das neu gegründete Bayerische Nationalmuseum – wohl zunächst als Leihgabe – abgegeben.41 Zahlreiche Rätsel hinsichtlich ihrer Entstehung, ursprünglichen Funktion und Herkunft weist eine wohl gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstandene Folge von sechzig Pastellbildnissen der Wittelsbacher Fürsten und ihrer Familien auf, die erst 1844 nach dem Tod der Königin Karoline von Bayern (1776– 1841) ebenfalls aus der Herzog-Max-Burg in den Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gelangte (siehe S. 115–135). Die Serie zeigt keine herausragenden Einzelwerke, doch in ihrer Gesamtheit erschien sie offenbar attraktiv genug, um in der 1898 neu gegründeten und von der Zentralgemälde­ galeriedirektion eingerichteten Staatsgalerie in Burghausen im »Fürstensaal« großenteils in zweiter Reihe direkt unterhalb der Decke präsentiert zu werden.42 Der damalige Direktor Franz von Reber (1834–1919) rechtfertigte die Präsentation der »künstlerisch unerheblichen« Werke 1909 in einem Artikel gegenüber erfolgter »Beanstandung« mit dem didaktischen Wert und der dekorativen Funktion der Serie.43 Zwei Pastellbildnisse Kurfürst Karl Theodors und seiner Gemahlin, die Maße und Herkunft mit den Werken der Serie teilen, in der die Dargestellten bereits durch Bildnisse vertreten waren, wurden in Burghausen separat präsentiert und 1925 als Dauerleihgaben an das Bürgermeisteramt in Neustadt an der Weinstraße verliehen; sie gingen im Zweiten Weltkrieg verloren.44 Aus der Herzog-Max-Burg schließlich stammt auch ein auf das Jahr 1767 datiertes Bildnis Katharinas der Großen von Joseph Lander (1725–1790) (siehe S. 106–108); von diesem Künstler befindet sich ferner ein weiteres Pastell, ein Bildnis Kurfürst Max’ III. Joseph (1727–1777), in den Beständen der Bayerischen Schlösserverwaltung.45 Ein frühes Pastell, das sich im Bestand der Staatsgemäldesammlungen erhalten hat, kam 1804 mit einem Konvolut anderer Werke aus Schloss Neuburg an der Donau nach München46 (siehe S. 66 f.). Wie dieses kleine auf Pergament ausgeführte Bildnis in die Neuburger Sammlung gelangt ist, entzieht sich unserer Kenntnis.47 Dieser erste, gewiss unvollständige Überblick zeigt: Pastelle waren in den Sammlungen der Wittelsbacher und damit auch in den Beständen der Zentralgemäldegaleriedirektion durchaus vorhanden, wenn auch natürlich nicht vergleichbar etwa mit dem großen Dresdner Pastellkabinett, das sich der ausgeprägten Vorliebe Kurfürst Friedrich Augusts II. von Sachsen (als König von Polen August III.; 1696–1763) für die Werke Rosalba Carrieras verdankt. Die Besonderheit der Werke wurde offenbar wahrgenommen und wirkte sich teilweise auch auf die Art ihrer Präsentation aus. Wenngleich im 19. Jahr20


hundert in den Gemäldesälen der Pinakothek keine Pastelle zu sehen waren, so blieben sie doch in der Schleißheimer Galerie präsent; dorthin gelangte zeitweise auch ein Anfang des 19. Jahrhunderts von König Maximilian I. Joseph (1756–1825) erworbenes, von Vivien ausgeführtes Pastellbrustbild Max Emanuels.48

Pastelle in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen seit 1909 Im Jahr 1909 wurden Viviens Selbstbildnis und sein Bildnis eines Mannes in Husarenuniform durch Direktor Hugo von Tschudi (1851–1911) aus dem Baye­ rischen Nationalmuseum in die Alte Pinakothek überführt, um das im Rahmen der umfassenden Neukonzeption der Sammlung neu eingerichtete französische Kabinett zu bereichern.49 Die übrigen Mannheimer Pastelle verblieben im Bayerischen Nationalmuseum und gehören heute zu den dortigen Beständen. Der 1923 im Zuge der vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Bayerischen Staat und dem vormaligen Königshaus gegründete Wittelsbacher Ausgleichsfonds erhielt 1924 und 1925 Pastelle zugewiesen, die zuvor die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verwaltet hatten; zu ihnen gehören das heute in Schloss Berchtesgaden präsentierte Ganzfigurenbildnis des 1699 im Alter von sechseinhalb Jahren verstorbenen Joseph Ferdinand von Bayern (Abb. 3), das zeitweise gemeinsamen mit anderen Pastellen Viviens im Neuen Schloss Schleißheim gezeigt worden war,50 und das oben erwähnte Brustbild Max Emanuels.51 Bis zur Auslagerung während des Zweiten Weltkriegs verblieben die beiden Mannheimer Pastelle Viviens in der Alten Pinakothek, wobei das Bildnis eines Mannes in Husarenuniform schon 1936 nicht mehr ausgestellt war. Nach dem Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Gebäudes, das 1957 neu eröffnet wurde, waren sie dort zunächst nicht in die Dauerausstellung integriert, stattdessen wurde anfangs Viviens Bildnis von Kurfürst Max Emanuel aus Schleißheim (siehe S. 68 f.) gezeigt.52 Viviens spätes Mannheimer Selbstbildnis war bis 1951 zunächst in der Staatsgalerie in Regensburg zu sehen, zwischenzeitlich hing es in Schleißheim und seit Ende der 1980er-Jahre wieder in der Alten Pinakothek; das Bildnis eines Mannes in Husarenuniform hingegen wurde zunächst in der Staatsgalerie Bamberg und seit 1972 in der neu konzipierten Ansbacher Staatsgalerie präsentiert und ist erst seit 2017 wieder in der Alten Pinakothek ausgestellt. Die Präsentation der Pastelle in der Alten Pinakothek hat sich gegenüber früheren Jahren deutlich gewandelt. Nicht zuletzt aufgrund einer Reihe gewichtiger Dauerleihgaben kann inzwischen eine geschlossene Gruppe von 21


Pastellgemälden gezeigt werden: So gehören zwei der drei Pastelle Maurice Quentin de La Tours (siehe S.100–102, S.104 f.) und das Frühstück von JeanÉtienne Liotard (siehe S. 94–96) zu jenen Werken, die die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank seit den 1960er-Jahren gezielt erworben hat, um in der Alten Pinakothek Lücken im Sammlungsbereich der Malerei des 18. Jahrhunderts zu schließen. 1976 gelang der Ankauf eines Gemäldes von Rosalba Carriera aus ehemaligem Dresdener Museumsbestand, womit auch diese wichtige Protagonistin der Pastellmalerei des 18. Jahrhunderts in der Alten Pinakothek vertreten ist (siehe S. 86 f.). 2006 wurde vom Pinakotheks-Verein das Bildnis des heute Arthur Pond (1701–1758) zugeschriebenen Lord Saint-George erworben (siehe S. 90–92). Den jüngsten Zuwachs stellt das Bildnis des Jean-Baptiste Philippe von Maurice Quentin de La Tour dar (siehe S.98 f.), das die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen als Leihgabe der Museumsstiftung zur Förderung der Staatlichen Bayerischen Museen aus der Stiftung von Fritz Lehnhoff annehmen durften. Mit diesem Bild von außergewöhnlicher Leuchtkraft repräsentieren nun drei Werke den großen französischen Meister der Pastellmalerei in der Alten Pinakothek. – Die um 1700 entstandenen Werke Viviens hingegen sind nach wie vor in der Staatsgalerie im Neuen Schloss Schleißheim ausgestellt. Auch wenn bedeutende Protagonisten der Gattung, etwa Anton Raphael Mengs (1728–1779) oder Jean-Baptiste Perronneau (um 1715–1783), nicht vertreten sind, handelt es sich damit in der Zusammenschau aller, einschließlich der deponierten, Werke bei den Pastellen der Staatsgemäldesammlungen um ein vielschichtiges und vielfältiges Konvolut, das in diesem Buch nun vollständig vorgestellt wird. Während im Katalogteil die Bilder jeweils im Einzelnen besprochen werden, umreißt der Aufsatz von Xavier Salmon einen historischen Rahmen zur Einordnung auch der Münchner Pastelle von Vivien, La Tour und Carriera. Ulrike Fischer erläutert in ihrem Beitrag kunsttechnologische Aspekte der Pastellmalerei hauptsächlich anhand von Werken der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Beide Texte heben die praktischen Vorzüge und die besondere Eignung der Pastellmalerei insbesondere für Porträts hervor. Dieser Aspekt soll nun abschließend mit leicht abgewandelter Fragerichtung auch hier in den Blick genommen werden – insbesondere um zu zeigen, dass zum Verständnis kunsthistorischer Zusammenhänge ein heterogener Sammlungsbestand von Vorteil sein kann.

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IMPRESSUM

Bayerische Staatsgemäldesammlungen Generaldirektor: Bernhard Maaz Herausgeberin: Elisabeth Hipp Redaktion: Elisabeth Hipp, Christopher Haaf Autorinnen und Autoren: Bernd Ebert (BE), Ulrike Fischer, Elisabeth Hipp (EH), Herbert W. Rott (HWR), Xavier Salmon Übersetzung aus dem Französischen: Felix Mayer Lektorat: Andrea Schaller, Leipzig Umschlaggestaltung, Layout und Satz: Edgar Endl, booklab GmbH, München Reproduktionen: Lanarepro, Lana (Südtirol) Druck und Bindung: Elbe Druckerei Wittenberg GmbH Verlag: Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München Lützowstraße 33, 10785 Berlin www.deutscherkunstverlag.de Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston www.degruyter.com Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München ISBN 978-3-422-98900-9 Dieses Buch erscheint zur Sonderausstellung »Vive le pastel! Pastellmalerei von Vivien bis La Tour«, München, Alte Pinakothek, 7. Mai – 23. Oktober 2022.

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Umschlagabbildung: Inv.-Nr. HUW 6 (Detail; siehe S. 100 ff.); Frontispiz: Inv.-Nr. HUW 30 (Detail; siehe S. 94 ff.); S. 4: Inv.-Nr. 14444 (Detail; siehe S. 86 f.); S. 10: Inv.-Nr. 53 (Detail; siehe S. 13); S. 30: Inv.-Nr. GST 25 (Detail; siehe S. 98 f.); S. 46: Inv.-Nr. 9058 (Detail; siehe S. 84 f.); S. 62-63: Inv.-Nr. 2307 (Detail; siehe S. 80 f.); S. 73: Inv.-Nr. 2306 (Detail; siehe S. 70 ff.); S. 93: Inv.-Nr. FV 16 (Detail; siehe S. 90 f.); S. 97: Inv.-Nr. HUW 30 (Detail, siehe S. 94 ff.); S. 103: Inv.-Nr. HUW 6 (Detail; siehe S. 100 ff.); S. 109: Inv.-Nr. 4320 (Detail; siehe S. 106 ff.); S. 120: Inv.-Nr. 4432 (Detail; siehe S. 122) Abbildungsnachweis: © bpk / RMN – Grand Palais / Michèle Bellot: S. 34 (Abb.1), S. 36; Jean-Gilles Berizzi: S. 34 (Abb. 2); Gérard Blot: S. 42 © bpk / Hermann Buresch: S. 52 © Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut Dresden: S. 41 © Stadtmuseum Düsseldorf: S. 118, Abb. 4 (Inv.-Nr. C 40); Abb. 5 (Inv.-Nr. C 41) © Florenz, Le Gallerie degli Uffizi, Gabinetto Fotografico: S. 37 © Bayerisches Nationalmuseum München: S. 16 (Inv.-Nr. R 6697, Walter Haberland), S. 17 (Inv.-Nr. R 6696, Bastian Krack) © München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen / Fotoarchiv: SW-Abbildungen S. 121-135; Sibylle Forster: Umschlagabbildung, Frontispiz, S. 44, 46, 62–63, 67, 69, 71, 73, 75, 77, 79, 81, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 99, 101, 105, 107, 111, 113, 121, 122, 132, 134, 135; Haydar Koyupinar: S. 91, 114; Nicole Wilhelms: S. 10, 13 © München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Doerner Institut, Ulrike Fischer: S. 48, 49, 51, 54, 55, 56, 57, 58, 59; Jens Wagner: S. 53 © München, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen; Rainer Hermann / Maria Scherf: S. 15 (Abb. 4); Maria Scherf / Andrea Gruber: S. 19 © München, Staatliche Graphische Sammlung: S. 12 (Inv.-Nr. 1323 Z) © München, Wittelsbacher Ausgleichsfonds: S. 15 (Abb. 3) Rouen, Musée des Beaux-Arts; © C. Lancien, C. Loisel / Réunion des Musées Métropolitains Rouen Normandie: S. 38 Saint-Quentin, Musée des Beaux-Arts Antoine Lécuyer; © RMN – Grand Palais, cliché: Mathieu Rabeau: S. 43 © Speyer, Historisches Museum der Pfalz: S. 116 (Foto: Peter Haag-Kirchner), 117 (Abb. 2 und 3; Fotos: ehrenamtliche Mitarbeiter:innen)


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