Emil Orlik. Das druckgraphische Werk. Holzschnitte. Band 1

Page 1

Emil Orlik Das druckgraphische Werk I Holzschnitte

Das druckgraphische Werk

Emil Orlik I Holzschnitte
Peter Voss-Andreae Birgit Ahrens Herausgegeben von Texte von

Vorwort 6

Einführung 8

Holzschnitte 18

Biographie 196

Einzelausstellungen 210

Ausstellungsbeteiligungen 212

Abkürzungsverzeichnis 219

Standorte 220

Literatur 223

Verzeichnis der Portraitierten Band IV 627

Inhalt

Vorwort

Eine Reihe von Ausstellungen in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass das Interesse an den Arbeiten Emil Orliks gewachsen ist. Das spiegelt sich auch in den Auktionen wider.

Orlik war vielseitig: Maler, Zeichner, Graphiker in allen Techniken, Bühnenbildner und Kostümgestalter, Plakatkünstler, Buchgestalter und -illustrator, Exlibris-Künstler und vieles andere mehr. Es gibt eigentlich nichts, was er nicht gemacht hat, immer getrieben von großer Neugier auf alles ihm Fremde. Bei der Vielzahl der druckgraphischen Blätter Orliks ist es schwierig, sich halbwegs einen Überblick zu verschaffen. Bislang halfen die Lagerkataloge der Galerie Glöckner (Köln), nach denen üblicherweise zitiert wird. Ein Werkverzeichnis gibt es bislang nicht.

Vor Jahren habe ich mich daher entschlossen, ein Werkverzeichnis der druckgraphischen Arbeiten Orliks in Angriff zu nehmen, nicht ahnend, auf welches Abenteuer ich mich eingelassen habe. Vom anfänglichen Zettelkasten bis zur Datenbank war ein langer und beschwerlicher Weg. Die Einrichtung einer Website in Deutsch und Englisch (www.orlik-online.de) hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. Auf diese Weise haben wir von

vielen uns bislang unbekannten Blättern Kenntnis erhalten. Der Austausch mit Sammlern und Institutionen auf diesem Kommunikationsweg war ein großer Gewinn für beide Seiten.

Ich hoffe und wünsche mir, dass diese Arbeit eine Lücke schließt und dem Sammler, Auktionator, Händler und anderen am Werk Orliks Interessierten eine Orientierungshilfe sein wird.

Mein ganz herzlicher Dank gilt Dr. Birgit Ahrens, einer ausgewiesenen Orlik-Kennerin –sie wurde mit einer Arbeit über »Orlik und das Theater« promoviert –, die mich von Anbeginn meiner Beschäftigung mit dem Werkverzeichnis tatkräftig und sachkundig unterstützt und die Texte geschrieben hat. Frau Ahrens hat unermüdlich und auf phantasievolle Weise die abgelegensten Quellen erschlossen. Ohne sie wäre dieses Werkverzeichnis nicht zustande gekommen.

Ebenso herzlich danke ich Professorin Ellen Sturm-Loeding, die uns Licht gebracht hat in den Dschungel der verschiedensten druckgraphischen Techniken, mit denen sich Orlik, der ewige Experimentierer, immer wieder auseinandergesetzt hat. Vieles, was wir erfahren haben, war für Frau Ahrens und mich Neuland.

6

Die Unterstützung durch Museen, Archive und Bibliotheken ist uns in reichlichem Maße zuteilgeworden. Für ihre Hilfe danke ich herzlich Dr. Eva Bendová (Nationalgalerie Prag), Dr. Karoline Feulner (Landesmuseum Mainz), Aoki Kanae (Museum of Modern Art Wakayama), Dr. Setsuko Kuwabara (Berlin), der ich unter anderem besonders für die Übersetzungen aus dem Japanischen danke, Dr. Agnes Matthias (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Benita Plesch (Leidschendam/NL), Angela Rietschel (Kupferstichkabinett Dresden), Dr. Nina Schleif, Dr. Sebastian Schmidt und Michael Kotterer (Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg), Michaela Sidenberg, M. A. (Jüdisches Museum in Prag), Mgr. Dita Tajzichová (Nationalgalerie Prag) und Barbara Wolff (The Albert Einstein Archives at The Hebrew University of Jerusalem).

Mein besonderer Dank gilt auch den privaten Sammlern, welche die Arbeit durch ihren Rat gefördert und eine Vielzahl an Photos und anderem Material zur Verfügung gestellt haben: Darrel C. Karl (Potomac, Maryland/USA); Jörg von der Laage (Aachen), Dr. Eugen Otto und Heinrich Scheffer (Wien) und Patrik Šimon (Prag).

Bei aller Freude über die Hilfe, die mir durch private Sammler zuteilgeworden ist, soll nicht unerwähnt bleiben, dass uns nach dem Tod des Sammlers der Zugang zu der wohl größten und wichtigsten Orlik-Sammlung in privater Hand leider verwehrt blieb. Dieses Werkverzeichnis hätte sehr viel früher abgeschlossen werden können, wenn uns diese Sammlung zur Verfügung gestanden hätte. So waren wir gezwungen, Zeit und Kraft kostende Umwege zu gehen, um an das Material zu kommen.

Ich danke Peter Kemna (Hamburg) und David Bassenge (Berlin) für ihre tatkräftige Hilfe. Ebenso danke ich Dr. Jochen Meyer (Marbach), der uns durch vielerlei einfallsreiche Recherchen auf entlegene Quellen hingewiesen hat. Professor Dr. Wilhelm Hornbostel und Bernd Schultz (Berlin) sei herzlich gedankt für ihre Beratung und mitfühlende Begleitung. Christoph Irrgang (Hamburg) gilt mein besonderer Dank für die Besorgung des größten Teils der photographischen Arbeiten. Gisbert Poppe und Hendrik Sommerfeld (Hamburg) danke ich für IT-Beratung und die Einrichtung der Website.

Mein großer und herzlicher Dank gilt Dr. Petra Kruse, Kai Reschke, Uta Courant und Lothar Steffens, denen Projektleitung, Lektorat, Gestal-

tung und Lithographie oblag. Es war eine Freude und Beruhigung, die Arbeit in ihren Händen zu wissen und zu sehen, dass sie mit dem Herzen dabei waren. Ich bin dankbar für ihre Ratschläge, die der Arbeit in jeder Hinsicht gutgetan haben.

Schließlich danke ich von Herzen meiner Frau für ihre stets mitfühlende, mitdenkende und fürsorgliche Begleitung während all der Jahre, die mich diese Arbeit in Anspruch genommen hat.

Einführung

Chronologie Um das umfangreiche druckgraphische Œuvre von Emil Orlik zu ordnen, wurde es zur besseren Übersicht nach Techniken in vier Bände aufgeteilt:

Band 1: Holzschnitte

Band 2: Radierungen (1891–1915)

Band 3: Radierungen (1916–1930)

Band 4: Lithographien.

Innerhalb der Bände sind die Werke chronologisch geordnet. Erscheint ein Motiv in zwei verschiedenen Techniken, werden entsprechende Verweise auf Band und Nummer gegeben. Im 3. Band sind als Appendix Orliks druckgraphische Versuche innerhalb der Künstlergruppe SPOG [Akronym für Slevogt, Pankok, Orlik, Grünberg] chronologisch aufgeführt und mit einem Einführungstext näher erläutert.

Datierung Bei der Datierung wurde jeweils das Jahr des beschriebenen Blattes übernommen, weitere Datierungen, die sich aus den verschiedenen Standorten ergaben, sind in Klammern gesetzt. Bei undatierten Blättern, zu denen es keinerlei Anhaltspunkte gab, sind stilistische und technische Merkmale sowie Motivwahl für eine zeitliche Eingrenzung herangezogen worden. Daraus ergaben sich dann ungefähre zeitliche Einschätzungen wie z. B.: um 1913, vor 1913, nach 1913, 1913 ?, 1913–1915, 1920er-Jahre. Für die zeitliche Einordnung waren Ausstellungs- und Auktionskataloge hilfreich, auch Inventarnummern, die das Jahr der Bestandsaufnahme führen, Briefe und biographische Zusammenhänge. Daraus ergab sich für die Holzschnitte mit wenigen Ausnahmen ein Zeitrahmen von 1896 bis 1908, für die Radierungen die Jahre 1891 bis 1930 und für die Lithographien eine Zeitspanne von 1895 bis 1932. Daran ist erkennbar, dass Orlik mit der Radierung begann, Lithographie und Holzschnitt folgten in kurzem Abstand. Den Holzschnitt gab er 1908 wieder auf, während er mit Radierung und Lithographie bis zum Lebensende gearbeitet hat.

Bei den Mappenwerken kommt es vor, dass die Datierung einzelner Blätter vom Erscheinungsjahr der Mappe abweicht. Entsprechend wurden diese Blätter einzeln, ihrer Datierung nach, in die Chronologie eingefügt und nochmals, dann im Mappenzusammenhang, aufgeführt. Als Beispiel sei die Mappe »Kleine Holzschnitte« genannt, die erst 1920 erschien, deren Blätter aber bereits zwischen 1896 und 1899 entstanden. Dann gibt

es Mappen, die beide Techniken, Radierung und Lithographie, beinhalten. Entsprechend wurden die vom größeren Mappenzusammenhang technisch abweichenden Blätter nochmals einzeln in die Chronologie der jeweiligen Technik aufgenommen.

Titel Zu jedem Blatt wurden alle ermittelten Titel aufgeführt. Hilfreich gerade für die frühen Arbeiten war der Katalog der ersten Einzelausstellung in Brünn 1900, den Orlik selbst bearbeitet hat. Nur selten hat er seine druckgraphischen Blätter mit handschriftlichen Titeln versehen, wie beispielsweise bei den Radierungen »Der kranke Hund«, »aus Bulac«, »aus Bulak (Kairo)« [zwei unterschiedliche Schreibweisen für einen Titel], die »österr. Munitionskolonne an der serbischen Grenze« oder »Mittagsrast der Slowaken«; diese sind dann mit einem * gekennzeichnet. So waren es vor allem Ausstellungskataloge, Abbildungstitel in Zeitschriften, manchmal Vorzeichnungen wie »Studie für die Würfler 1896 im Pan« oder Briefe, die als Quelle dienten. Bei den radierten Portraits sind oft die Namen in der Platte angegeben, seltener Titel wie »Wenzel der Posaunist«, »Blind« oder »Erinnerung an Große Zeit«. Vor allem bei den Radierungen werden Titel genannt, während bei den Holzschnitten und Lithographien neben Namen, Orten oder Datierungen nur wenige, von Orlik benannte Titel vorkommen. Doch es gibt Ausnahmen: Für die Lithographie »Ausblick aus meinem Atelier in Prag« verwendete Orlik auch den Titel »Blick aus meinem Atelier in Prag«. Als Haupttitel wurde ersterer genannt, alle weiteren in Klammern aufgeführt. Der Holzschnitt mit dem Titel »Mädchen und Weidenbaum« wird zweimal handschriftlich von Orlik am Blattrand vermerkt und auch in einem Brief erwähnt, entsprechend wurde er als Haupttitel übernommen.

Techniken

Holzschnitt Am 26. Oktober 1901 verfasste Orlik in Berlin einen Text »Anmerkungen über den Farbenholzschnitt in Japan 1900«, ein gutes halbes Jahr nach seiner Rückkehr aus Japan. Die Erinnerung an das Gesehene und Gelernte war noch frisch, obwohl er gleich einschränkt: »Es ist nicht möglich, in diesen Zeilen ein Bild der ganzen Technik zu geben und auch nicht Zweck derselben.« (zit. n. Orlik 1902, S. 31).

8
Orlik am Radiertisch im Berliner Atelier Photo Marta Wolff 1909

Er schrieb, dass er bei Holzschneidern und Druckern in Japan in die Lehre gegangen sei, um wie ein Geselle sein Handwerk zu lernen. Obwohl ihm das Verfahren einfach erschien, räumte er doch ein, dass es gewisse Praktiken und Handgriffe gibt, deren Kenntnis nötig ist.

gingen wir an die Arbeit. […], und als der Stichel der Hand und dem Willen zu gehorchen begann – da machten wir […]: je einen Farbenholzschnitt. […], ich den ›Anarchisten‹.« Doch auch in diesem Text wird die Terminologie nicht klar unterschieden.

Holzschneider in Japan. Mit Tusche gezeichneter Briefkopf an Max Lehrs, Tokio 15.6.1900

Er verwies auf die in Japan übliche Arbeitsteilung beim Herstellen eines Farbholzschnitts und dass Holzschneider und Farbendrucker nur ein Werkzeug des Malers sind, so wie es Orlik in seinen drei Farbholzschnitten »Der japanische Maler Kanô Tomonobu«, »Japanischer Holzschneider« und »Japanischer Drucker« dargestellt hat. Gleichzeitig beklagte er den Niedergang des japanischen Farbenholzschnitts zu einem Reproduktionsverfahren, geradeso wie es mit dem Holzstich in Europa geschah. Er kritisierte die »Begriffs- und Wortverwirrung«, die sich mit dem Wort Holzschnitt verbindet, und klärte darüber auf, das in Hirnholz (Buchsbaum) mit dem Stichel Holzstiche gestochen und in Langholz mit dem Schneidemesser Holzschnitte geschnitten werden. Diese begriffliche Klarstellung übernimmt Orlik nicht für seine Mappe »Kleine Holzschnitte«. Vier erhaltene Druckstöcke aus Hirnholz (Buchsbaum) und eine nähere Untersuchung der Blätter durch den Sammlungsleiter Graphik, Dr. Sebastian Schmidt, und den Papierrestaurator Michael Kotterer M. A. im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg geben Grund zur Annahme, dass es sich um Holzstiche handelt. Im Vorwort zur Mappe »Kleine Holzschnitte« beschrieb Orlik im September 1920 seine ersten Versuche im Holz [um 1896]: »Ein uns bekannter Holzschneider – besser gesagt Holzstecher, ›Xylograph‹ – schenkte einige Stückchen Buchsbaumholz, drei ausrangierte Stichel und gab eine kurze Anweisung zur Handhabung des Werkzeuges und zur Anfertigung von Handdrucken mit dem Falzbein. Sogleich

Dennoch, bei aller Kritik, war es Orlik ein Bedürfnis, »diese, seltsame, köstliche graphische Kunst«, den künstlerischen Reiz der Technik in seiner »einfachen Wesenheit« zu erhalten und »eine verloren gegangene Kunstübung neu zu beleben.« (zit. n. Vorwort »Kleine Holzschnitte«). Orlik avancierte in Wien zum »Wanderapostel des modernen Holzschnitts« (zit. n. Kuzmany 1908, S. 70), nach seinem Vorbild wurden im Katalog zur berühmten XIV. Ausstellung der Wiener Secession 1902 nur Originalholzschnitte gezeigt.

Orliks Interesse am Holzschnitt beginnt um 1896 und setzt sich bis 1908 kontinuierlich fort. Dann markieren zwei Holzstiche um 1912, zu denen jeweils ein Holzstock existiert, einen Zeitsprung, auf den das als Holzstich ausgeführte Exlibris für Carl Ludwig Elias (nach 1913) folgt. Die letzten Arbeiten in dieser Technik sind dann das Exlibris für Klaus Hauptmann (1916) und das Frontispiz im Buch Aus dem Jenseits. Offenbarungen einer Seele von Casper S. Yost (1921).

Radierung Unter dem Oberbegriff Radierung (Tiefdruck) wurde unterschieden in Strichätzung, also Linien und Flächen (Aquatinta/ Vernis mou), die mit Säure geätzt wurden, und Kaltnadel, bei der ohne Säure die Linie nur mit der Nadel geritzt und die Fläche mit Sandpapier, Wiegemesser (Mezzotinto/Schabkunst), Kornroller (Roulette/Moulette/Mattoir), Dreikantschaber und Polierstahl bearbeitet

wurde. Eine kleine Anzahl von Drucken wurde schon ab 1892 in beiden Techniken mit Strichätzung, teilweise Aquatinta und Kaltnadel, ausgeführt. In seiner Skizze »Aus meinem Leben« schrieb Orlik: »Zur gleichen Zeit besuchte ich auch als Hospitant die Radierschule des alten F. L. Raab [eigentlich Johann Leopold Raab 1825 Schwaningen bei Ansbach–1899 München]; ich hatte die Anfangsgründe der Radierkunst schon vorher zu erforschen gesucht; bei Raab lernte ich manches hinzu, erschien aber bald in seinen Augen als ›wilder Gast‹, da ich allerlei Technisches (Aquatinta, Kaltnadel usw.) versuchte, das der alte Mann nicht kannte und, beengt durch den Bann seiner Tradition, nicht geübt wissen wollte.« (zit. n. Orlik 1924, S. 52–53). Bereits mit Beginn seines Studiums der Malerei an der Münchner Akademie im Oktober 1891 beschäftigte sich der 21-jährige Orlik mit der Radierung. Sein »Erster Versuch«, eine Strichätzung, datiert von 1891 und markiert den Beginn seiner Radiertätigkeit. Sie existiert wohl nur in zwei Exemplaren, wurde schon in seiner ersten Einzelausstellung in Brünn als Katalog Nr. 1 gezeigt und 1900 in die von Max Lehrs angelegte Orlik-Sammlung im Dresdner Kupferstichkabinett aufgenommen. Dargestellt sind ein Landschaftsmotiv mit Viadukt und Burgturm, eine Figurenstudie sowie drei Männerköpfe, noch ungelenke Versuche, eine Signatur in der Platte erscheint seitenverkehrt, die Orlik aber als solche akzeptiert und ausstellt. Zwischen diesem ersten Radierversuch und den letzten Arbeiten um 1930 liegen viele Portraits, wie das bekannte Bildnis von Gustav Mahler (1902), die historischen Portraits von Michelangelo (1911), Bach (1915), Leibniz (1916) und Beethoven (1921) sowie berühmter Zeitgenossen wie Max Klinger, Gerhart Hauptmann, Max Slevogt, Ferdinand Hodler, Leopold Graf Kalckreuth, Albert Einstein, Hermann Bahr und Wilhelm von Bode. Hinzu kommen Landschaftseindrücke, Städteansichten und Figurenstudien von seinen Reisen unter anderem nach Japan, Ägypten, Ceylon, Korea, China, New York, Paris, London, Prag und Wien.

In der Radierwerkstatt. Einfärben der Radierplatte mit einem Ledertampon. Mit Tusche gezeichneter Briefkopf an Max Lehrs, [Berlin], 7. Juli 1920

Auf einem Photo von Marta Wolff (1871 Berlin–1942 Theresienstadt), der Schwester des Publizisten und Chefredakteurs des Berliner Tageblatts, Theodor Wolff, ist Orlik im Arbeitskittel 1909 am Radiertisch zu sehen (Abb. S. 9). Er wendet sich seitlich direkt dem Betrachter

10
Einführung

zu, vor ihm der Radiertisch mit Kupferplatte, auf der wiederum sein rechter Arm liegt, in der Hand hält er wohl eine Radiernadel. Schräg über dem Tisch ist ein mit Transparentpapier bespannter Rahmen vor dem Fenster aufgehängt, der diffuses Licht erzeugt, um die Arbeitsspuren auf der Platte besser sehen zu können. Eine Arbeitssituation, die Orlik auch auf einer Postkarte an Max Lehrs vom 4. Juni 1909 aus Berlin zeichnet mit dem Hinweis: »Beginne wieder zu radiren. jetzt vollende ich eine Platte nach der Neuerwerbung: Frauen Bildnis von Rogier van der Weyden. einen Probedruck für Sie habe ich zurückgelegt.« (zit. n. ASV, S. 54). Es handelt sich um das »Bildnis einer Frau mit Flügelhaube nach Rogier van der Weyden«, 1909, eine Strichätzung mit Mezzotinto und Roulette in drei Zuständen und einem Probedruck. So ist anhand des Photos und der Postkarte gut nachzuvollziehen, wie Orlik gearbeitet hat.

Die Radierungen nehmen im Werkverzeichnis den größten Raum ein und sind chronologisch geordnet auf zwei Bände verteilt. Die als Appendix im 3. Band aufgeführten SPOG-Drucke aus der Zeit 1920–1928 verdeutlichen nochmals Orliks Experimentierfreude, die von Raab kritisiert, von Josef Grünberg jedoch herausgefordert wurde. Orlik stand im Gebrauch der druckgraphischen Techniken allen Neuerungen und experimentellen Versuchen aufgeschlossen gegenüber. Als ständig Lernender zeichnete er sich auf diesem Gebiet als exzellenter Handwerker und Meister der Graphik aus.

Lithographie Das Steindruckverfahren wird von Orlik neben den bereits erwähnten Motivgattungen vor allem für die angewandte Graphik, Plakate, Exlibris, Einladungskarten und Mappenwerke verwendet. Die Steine sind meist mit Kreide und Tusche bezeichnet und teilweise mit dem Dreikantschaber bearbeitet. Bei einigen Drucken wird auch die Spritztechnik angewandt, wenn Tusche mit einem Pinsel oder einer Bürste über ein gitterförmiges rechteckiges Handsieb gerieben wird oder mit dem Sprühgerät fein punktierte Flächen entstehen.

Die Mappe »Slevogtiana« (1928), zum 60. Geburtstag von Max Slevogt erschienen, führt im Titel den Zusatz »zwölf Steinzeichnungen«, von denen als Besonderheit fünf Blätter auf Gelatine radiert wurden. Die Radierplatte wurde

dann mit Fettfarbeeingeriebenundvermutlich als Umdruck auf den Stein übertragen, dort weiter bearbeitet und vom Stein gedruckt. So beschrieb es Oskar Loerke, nach Gesprächen mit Orlik, in seinem Vorwort zur Mappe, wobei er die Experimentierlust Orliks besonders betonte. Ein weiteres Blatt aus der Mappe »Handstudie« (1917) wurde im Stein bezeichnet »mit der Glastafel«, das heißt, Orlik zeichnete die Umrisslinien von Slevogts Hand auf eine Glasscheibe und übertrug diese vermutlich auf Umdruckpapier, um sie dann auf den Stein zu übertragen und zu drucken. Den sogenannten Glastafelapparat verwendete Orlik auch für Portraits, um eine möglichst realitätsgetreue Darstellung zu erreichen. In einem Zeitungsartikel zum Besuch von Orlik 1924 in New York schrieb Helen Appleton Read dazu: »In his portraits of people Orlik employs the almost forgotten glass method used by A. Dürer. He places a pane of glass between himself and the sitter and draws the outline of the model as he sees him through the glass on the glass itself. This gives him an exactness of proportions which accounts for the amazing likenesses which he gets. He then transfers the outlines to paper.« (zit. n. Read, S. 84).

Farben Im Mehrfarbendruck wird von mehreren Farbplatten nacheinander in mehreren Druckdurchgängen gedruckt. Ein Beispiel ist der Handdruck des Holzschnitts »Mädchen beim Brettspiel« (1905), der von sechs Farbstöcken gedruckt wurde und am Blattrand noch die Spuren der einzelnen Farbplatten zeigt. Ein ebenso aufwendiger, in Japan entstandener Holzschnitt mit neun Farbplatten ist »Beim Chion-in in Kyoto« (1900), von dem Kuwabara annimmt, dass Orlik nicht alle Farbplatten selbst geschnitten hat, sondern sich Hilfe von einem japanischen Holzschneider holte. Für den Holzschnitt »Heimkehr« (1906) wurde beispielsweise die schwarze Konturplatte auf ein halbtransparentes Papier gedruckt und umgedreht auf einen Papierbogen geklebt und dieser rückseitig handkoloriert als Entwurf für die Farbgebung auf dem Holzstock. Dieser Entwurf kam aber nie zur Ausführung und ist ein Unikat.

Viele Lithographien zeichnete Orlik direkt und seitenverkehrt auf den Stein. Mit der Umdrucklithographieerleichterte er sich das Verfahren, indem er seitenrichtige Zeichnungen auf den Stein übertrug, die dort dann seitenverkehrt erschienen und in einer Auflage seitenrichtig gedruckt werden konnten. Viele ursprünglich gezeichneten Portraits aus den Sammlungen »95 Köpfe von Orlik« und »Neue 95 Köpfe von Orlik« konnten so im Umdruckverfahren übertragen werden, wobei das Original, die Zeichnung auf dem Umdruckpapier, zerstört wurde. Auch für die Mappe »Brest-Litowsk« mit 60 Portraitkarikaturen wurde dieses Verfahren angewandt.

Der Portraitholzschnitt »Max von Gomperz« (1905/1906) wurde erst von der Schwarzplatte gedruckt, dann von zwei Farbplatten die wasserlöslichen und mit Nori [Reispaste mit Reisstärke und Reismehl] geschmeidig gemachten Farben nach japanischer Manier mit dem Pinsel aufgetragen und gedruckt. An den schwarzen Konturlinien der Jacke, die teilweise über den unteren Stockrand hinausgehen sowie am Auftrag des Hintergrunds sind die Pinselspuren des Farbauftrags zu erkennen. In der Anwendung der Farben stellt Orlik hier einen direkten Bezug zum japanischen Farbholzschnitt her. Auch für die Lithographien lässt sich ein Beispiel anführen, das für den »Mädchenkopf« von 1896 die einzelnen Farbsteine nachweist und die Darstellung in die jeweiligen Farben separiert. So verteilen sich die Farben Rotbraun, Olivgrün, Blau und Weiß auf die Steine Rotbraun (a), Weiß (b), Blau (c) und Olivgrün (d) und ergeben dann im Zusammendruck die farbige Darstellung [nachvollziehbar in den Zustandsdrucken].

In einem Brief an Marie von Gomperz vom August 1909 berichtete Orlik von der farbigen Lithographie »Rutta Tutta« (1909), die er in 3 ½ Tagen vollendet hatte und für die er acht Steine (Farbplatten) benötigte. Häufig erscheint auch der Hinweis Passmarken (Passkreuze), das sind Markierungen auf dem Druckträger, die als Hilfsmittel für das genaue Übereinanderdrucken der Farben dienen. Für die aquarellierte

Das Lithographieren. Orlik zeichnet direkt auf den Stein. Mit Tusche gezeichneter Briefkopf an Max Lehrs, Prag, 20. Januar 1899

Kreidelithographie »Liebesgaben an unseren Vater« (1914) zeichnete Orlik Farbproben in Gelb, Rot und Blau am Blattrand zur Kontrolle.

Die Bezeichnung »à la poupée«beschreibt bei Radierungen dagegen ein Verfahren, bei dem nur von einer Druckplatte mit mehreren Farben gedruckt wird, das heißt, die Farben werden partiell mit einem Tupfer oder Tampon auf die Druckplatte aufgetragen und dann in einem Durchgang gedruckt. Diese Technik hatte Orlik vor allem bei den neun Radierungen aus der Mappe »Aus Japan« angewandt. Wenn Farben mit der Hand aufgetragen wurden, heißt es entsprechend »handkoloriert«, »koloriert« oder »aquarelliert«. Die Farbnennung ist beschreibend und nicht codiert.

Maße Höhe mal Breite in cm. Gemessen wurden die Platten- beziehungsweise Stockränder bei Radierungen und Holzschnitten sowie die Darstellung bei Lithographien und Zeichnungen. Sind bei Radierungen und Holzschnitten zwei Maße angegeben, dann ist erst das Motivmaß und dann das Plattenmaß vermerkt. Blattgrößen werden gesondert mit »Blgr « gekennzeichnet, ebenso Durchmesser »Dm.«.

Bezeichnungen Einträge »in der Platte«, »im Stein« oder »im Stock« sind als solche gekennzeichnet. Das können Signaturen »Orlik«, »Emil Orlik«, »Gerhart Hauptmann« oder »Alex Zemlinsky« sein, Monogramme »OE«, »EO«, Vierfachmonogramm »OE«, Jahreszahlen, Altersangaben mit dem lateinischen Zusatz »AETATIS SUAE« [seines Alters], »A D« [Anno Domini – im Jahr des Herrn], ein Datum, Namen von Dargestellten, Titel, Orte, »s/l« [seinem lieben], Wappen, Zitate, Remarquen [Ätzprobe am Plattenrand].

Bemerkungen Hier werden die außerhalb des Drucks befindlichen handschriftlichen Signaturen, Monogramme, Datierungen, Nummerierungen, Probedrucke, Zustände, Widmungen, Korrekturen von Orlik genannt.

Hinzu kommen handschriftliche Druckersignaturen beispielsweise von Otto Felsing Berlin, Bemerkungen von Sammlern, Sammlerstempel, Stempel der Druckerei Koshiba in Tokio, Stempel von Orlik, der ovale Nachlassstempel »Orlik« in Rot und Grün, Trockenstempel zum Beispiel von »PAN« oder »VORM« [Verein für

Originalradierung München], handschriftliche Bezeichnungen von fremder Hand und Auflagen. Außerdem wurden zum Blatt erläuternde Briefzitate angeführt, Zitate aus Literatur, Tageszeitungen oder Zeitschriften, auch Vorworte in Mappenwerken sowie Verweise auf vergleichbare Werke mit entsprechender Literatur und Ausstellungen gegeben. Erläutert werden auch Orte, Bauwerke und Ereignisse, die für die Darstellung bedeutsam sind. Ebenso Übersetzungen, zum Beispiel aus dem Japanischen [wir danken Frau Dr. Setsuko Kuwabara] oder aus dem Tschechischen bei Texten, Anmerkungen, Worten oder einzelnen Buchstaben. Des Weiteren werden Hinweise von Fachkollegen aufgenommen, die Antworten beispielsweise zu Fragen der Datierung oder des Titels gegeben haben. Genannt werden zudem Vorlagen, vor allem bei den Portraits, auf die sich die Werke beziehen.

Portraits und Biographien Das Portrait nimmt als Gattung in Orliks graphischem Werk einen großen Raum ein und ist in allen Techniken vertreten. So manches unbekannte Bildnis konnte identifiziert werden, wie das von Adolph Hoffmann, bestätigt von Astrid Schmiechen, einer Urahnin des Dargestellten, Vicki Baum, Berta Franzos, Lothar BriegerWasservogel und Alois Grünwald, oder in der Zuschreibung korrigiert werden, wie das fälschlich mit Bernhard Pankok betitelte Holzschnittportrait von Carl Müller, das radierte Portrait von Carl Heinrich Becker, der für Ferdinand Sauerbruch gehalten wird, oder die vermeintlichen Portraits von Arturo Toscanini, die aber Siegfried Ochs darstellen. Doch bleiben trotz aller Recherche Unbekannte zurück, die nicht zu ermitteln waren. Die vielen von Orlik mit Messer, Stichel, Radiernadel, Kreide und Tusche erfassten Persönlichkeiten sind durch ergänzende Biographien in ihrer Darstellung vertieft worden. Für die historischen Portraits von Schopenhauer, Nietzsche, Bach, Beethoven, Michelangelo nutzte Orlik teilweise Photographien und Gemälde als Vorlagen. Hinzu kommen Photographien oder Photoserien, die Orlik selbst von Zeitgenossen wie Albert Einstein, Max Slevogt oder Asta Nielsen aufgenommen hat und die als Vorlagen für deren Portraits oder auch Mappenwerke (»Slevogtiana«) genutzt wurden. Aus den Portraitbänden »95 Köpfe von Orlik« (1920) und

»Neue 95 Köpfe von Orlik« (1926) fanden einige der gezeichneten Konterfeis als Umdrucklithographien Eingang in die Graphik. Ein Kaleidoskop von Persönlichkeiten aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, ein »Who is Who« der Gesellschaft, nicht immer ganz ernst gemeint, aber charakteristisch.

Max Osborn schreibt im Vorwort des ersten Bandes: »Orlik zeichnet Dich? Sieh Dich vor. Junge, Junge, es kommen Sachen heraus -Sachen! Von denen Du vielleicht selbst nichts weißt. […] Dennoch: keine Angst. Er zerstampft Dich nicht. Er warnt nur gleichsam: Achtung, ich weiß was von Dir.« (zit. n. Orlik 1920, S. 9). Vielen der Portraitierten ist Orlik persönlich begegnet, hat Freundschaften geschlossen, manche fürs Leben. Die Biographien zur Portraitgalerie beleuchten auch jüdisches Leben in Deutschland vor und nach 1933, die Schicksale im Exil und zeigen die dramatischen Verluste auf, die bis heute nachwirken.

Signaturen Die meisten druckgraphischen Arbeiten von Orlik sind signiert. Wenn nicht anders angegeben, sind die Signaturen »Emil Orlik«, »emil Orlik«, »E. Orlik«, »Orlik« und das Monogramm »EO« mit Bleistift rechts unterhalb des Drucks oder rechts unten am Blattrand ausgeführt. Bei fraglichen Signaturen sind diese mit »[Signatur ?]« gekennzeichnet. Darüber hinaus gibt es Portraits, die neben Orliks Signatur auch von den Dargestellten signiert wurden, wie beispielsweise Gerhart Hauptmann, Max Slevogt, Alexander Zemlinsky, Alexander Moissi, Wilhelm Furtwängler, Hermann Stehr und Hans Meid.

Zustandsdrucke, Druck- und Farbvarianten Vor allem die Radierungen sind durch Zustandsdrucke in ihrer schrittweisen Entstehung dokumentiert. Soweit bekannt, wurden alle Zustände zum finalen Druck aufgeführt, auch wenn manchmal der Standort unbekannt ist, eine Abbildung fehlt, die Beschreibung lückenhaft ist oder nur ein Verweis aus einem Auktionskatalog zitiert wird. Zugunsten der Vollständigkeit wurden diese Auslassungen in Kauf genommen. Das Portrait von Albert Einstein (1923) ist in einem 1., 2., 3. und 5. Zustand nachgewiesen, die Orlik bis auf den 5. Zustand »eigenh.« [eigenhändig] gedruckt hat, den 1. Zustand nur in einem einzigen Abzug. Der 3. Zustand wurde mit einer Schablone gedruckt,

12
Einführung

um den Motivausschnitt zu verändern. Aus einem Auktionskatalog von Gutekunst und Klipstein in Bern 1938 ist bekannt, dass es in der Sammlung Heinrich Stinnes insgesamt sieben Zustände des Portraits gab. Der 6. Zustand konnte als Abbildung in einem Ausstellungskatalog nachgewiesen werden, der 4. und 7. Zustand fehlen. Zu den Zustandsdrucken kommt noch ein Probedruck vor der Schrift [ohne den Namen des Dargestellten in der Platte] hinzu, der unverkäuflich und Eigentum Orliks war. An dieser, wenn auch lückenhaften Abfolge von Zuständen ist beispielhaft zu verfolgen, wie Orlik sich dem Portrait erst nur in Kaltnadel, dann in Kaltnadel mit Roulette und Polierstahl angenähert hat. Ein weiteres, durch eine Zustandsfolge gut dokumentiertes Bildnis ist »Michelangelo« (1911), der allein den 1. Zustand in einem 1., 2., 3., 5., 8. und 9. Druck nachweist, ergänzt durch einen 3. und 4. Zustand, den Orlik schon als Probedruck bezeichnet. Die Entstehung des Blattes zog sich über einen Zeitraum von Januar [erste Erwähnung] bis November 1911 hin, »frei nach dem Bildnis M. A. in Florenz Schabkunst (vorgeätzt)«, wie Orlik unterhalb des finalen Drucks notierte. Zustände und 30 Exemplare wurden in Paris bei oder von Vernon gedruckt.

Erhaltene Radierplatten und Holzstöcke Nach unseren Erkenntnissen haben sich nur vier Kupferplatten und vier Holzstöcke aus Buchsbaum erhalten. Die Kupferplatten »Portraitkopf Max Slevogt en face«, 1926 [Kupferplatte verstählt], und »Liegender weiblicher Akt in erotischer Pose«, 1912, befinden sich in der Privatsammlung Hamburg, zwei verstählte Kupferplatten »Japanerin im Winterkleid« (1920/1902) und »Kleiner Akt mit Blumen« in der Privatsammlung Aachen. 2019 wurden von der Platte »Japanerin im Winterkleid« etwa 20 Nachdrucke für das Büchel-Museum Rote Burg Aachen angefertigt. Verstählung bezeichnet eine elektrolytische Beschichtung der Kupferplatte mit einer dünnen Stahlschicht, um höhere Auflagen bei gleichbleibender Qualität drucken zu können und die eigentliche Druckplatte zu schützen. Auch werden bessere Kontraste beim Druck erzielt und die Farbe lässt sich leichter in die Platte wischen. Die vier Holzstöcke befinden sich im Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg. Es sind die Kontur- und Tonplatte zum

»Altkleider-Händler« (1899), Blatt 22 der Mappe »Kleine Holzschnitte«, sowie »Eselreiter vor der Stadt« und »Feluke am Nilufer«, beide um 1912 datiert. Der verwendete Buchsbaum (Hirnholz) ist sehr hart, wurde quer zur Faser gestochen und vor allem für Holzstiche genutzt. Diese sehr widerstandsfähige Oberfläche konnte, ähnlich wie im Kupferstich, mit Sticheln bearbeitet werden und ermöglichte differenzierte Tonabstufungen (Tonstich) und feinste Details in der Darstellung.

Zu den experimentellen SPOG-Drucken haben sich vier Zinkplatten, drei Porzellanplatten und acht Glasplatten erhalten, alle im Slevogt-Nachlass im GDKE Landesmuseum Mainz.

Im Verhältnis zum umfangreichen druckgraphischen Werk ist die Zahl der erhaltenen Druckplatten und Druckstöcke sehr gering. Lithographiesteine sind nicht erhalten. Um die Auflagen zu begrenzen, wurden oft die Druckträger zerstört, die Lithographiesteine abgeschliffen und möglicherweise mit neuen Motiven bezeichnet. Entsprechend ist auch dem Vertrag mit dem Pallas-Verlag von 1922 zu entnehmen, dass Orlik seine Radierplatte »Nubische Landschaft« (1913) für 14 000 Mark an den Verlag verkaufte und sich verpflichtete, eine signierte und nummerierte Auflage von 125 Abzügen herzustellen. »Die Platte wird nach Abdruck der 125 Drucke abgeschliffen«, fügte Orlik handschriftlich im Vertrag hinzu. Wichtig war der Druck auf Papier und seine Verbreitung, der Druckträger dagegen nur Mittel zum Zweck.

Auflagen Soweit bekannt, wurde die Auflagenhöhe zu jedem Blatt angegeben und entsprechend im Bemerkungsfeld beispielsweise mit »Aufl. 50 Exple.«, »Aufl. 1–50 num. Exple.«, »Aufl. 50 num. Exple.« aufgeführt. Bei Vorzugsdrucken auf Japanpapier kommt auch eine römisch nummerierte Auflage im Gegensatz zur arabisch nummerierten Auflage auf Büttenpapier vor. Diese römische/arabische Nummerierung für Vorzugs- und Normalausgaben wurde vor allem bei Mappenwerken und Buchausgaben vorgenommen, aber auch Einzelblätter können so nummeriert sein. Dagegen ist das Portrait »August Gaul modelliert einen Fischotter« davon abweichend jeweils arabisch für den Druck auf Japan (20 Exple.) und Bütten (84 Exple.) nummeriert. Bei dem lithographierten Portrait von Alexander Zemlinsky

(1921) gibt es zwei verschiedene Auflagenhöhen, je nachdem, ob das Blatt von Orlik und Zemlinsky signiert ist (30 Exple., hier »num. IV/30« oder »XI/30«) oder nur vom Künstler (100 Exple.). Es kommt vor, dass die Auflagenhöhe nicht eindeutig für ein Blatt zum Beispiel mit 1-30 und 1-40 nummeriert angegeben wurde. Orlik nummeriert wie folgt: »1-10«, »No. 1-30/7«, »1-15.3«, »Nor. 5 (1-15)«, »5/15, No. 4/30«.

Auch gibt es Blätter, wie das berühmte MahlerPortrait, für das keine Auflage bekannt ist, aber fast 70 Exemplare nachgewiesen werden konnten. Eine weitere Besonderheit ist die Radierung »Der Schnitter«, die 1897 in einer Auflage von 15 Exemplaren gedruckt wurde, 1916 dann als Nachdruck in einer Auflage von 145 Exemplaren erschien. Es ist wohl davon auszugehen, dass die angegebenen Auflagen nicht immer ausgedruckt wurden. Blätter aus Mappenwerken erscheinen teilweise auch als Einzelblätter, wie das radierte HauptmannPortrait von 1922, Bl. 1 der Mappe »Gerhart Hauptmann’s Bildnis«, das außerhalb der Mappe nochmals in einer Auflage von 100 Exemplaren gedruckt wurde.

Standorte Im Standortverzeichnis sind in alphabetischer Reihenfolge mehr als 200 Standorte aufgeführt. Dazu gehören Museumssammlungen, Bibliotheken, Archive, Galerien und nach ihren Wünschen genannte beziehungsweise namentlich nicht genannte Privatsammler und Privatsammlungen. Manche Sammlungen werden unter einem Kürzel im Werkverzeichnis aufgeführt, wie KKD [Staatliche Kunstsammlung Dresden, Kupferstich-Kabinett], die im Standortverzeichnis dann entsprechend aufgelöst werden. Genannt werden Sammlungen in Deutschland, Europa, Australien, Israel, Japan, Kanada, USA. Über unsere zweisprachige Website www.orlikonline.de ist es gelungen, Kontakt zu Privatpersonen aufzunehmen und auf diesem Wege teils seltene Blätter, Farbvarianten oder ganze Sammlungen für das Werkverzeichnis zu erschließen.

Provenienzen und Nachlass Über Orliks enge Freunde Max Slevogt, Bernhard Pankok, Josef Grünberg und Dr. János Plesch gelangten viele druckgraphische Blätter durch Schenkungen und Ankäufe in deren Nachlässe. Als 1932 am 13. Mai Josef Grünberg, am 20. September

Max Slevogt und am 28. September Emil Orlik starben, ging die Sammlung Grünberg an den befreundeten Arzt Dr. János Plesch und nach dessen Tod 1957 an seine Kinder. Heute befindet sich die Sammlung Grünberg in der Graphischen Sammlung des GDKE Landesmuseum Mainz. Dorthin gelangte auch der graphische Nachlass Max Slevogts [als Dauerleihgabe der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur] mit den Arbeiten der Künstlergruppe SPOG. Laut Kölnischer Zeitung vom 30.9.1932 befand sich ein druckfertiges Buch mit Gesprächen und Erinnerungen des Orlikschen Freundeskreises Slevogt, Plesch, Grünberg und Pankok im Nachlass.

Der langjährige Sekretär Joachim Rágóczy (1895 Bonn–1975 Berlin) war wohl mit Orliks Nachlassverwaltung in Berlin betraut. Ein großer Teil des Nachlasses ging an Orliks Bruder

Hugo Orlik (1861 Prag–1942 Theresienstadt) nach Prag. 1934 veranstaltet die Galerie

Dr. Feigl in Prag eine umfangreiche Gedächtnisund Verkaufsausstellung mit Gemälden, Zeichnungen und Graphik aus dem wohl von Hugo Orlik übernommenen Nachlass seines Bruders. Außerdem schenkte er am 22. Juni 1935 einige graphische Arbeiten der Albertina in Wien. Hugo Orlik wurde am 30. Januar 1942 von Prag nach Theresienstadt deportiert und dort am 2. Juli im Alter von 81 Jahren ermordet. 1933 veranstaltet auch der Kölnische Kunstverein eine Gedächtnis-Ausstellung mit Gemälden und Graphik, hinzu kamen Bühnenentwürfe aus dem Kölner Theatermuseum, die aus dem Nachlass erworben waren, wie es in der Kölnischen Zeitung vom 24. Februar 1933 hieß. Und noch heute befindet sich in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln der größte Bestand von Orliks Theaterarbeiten. Was in den Wirren des Zweiten Weltkriegs mit Orliks künstlerischem Nachlass geschah, sofern er nicht in Museumsbesitz war, bleibt unklar. Ein ovaler Stempel »ORLIK« [einmal auch »Nachlass E. Orlik«] in Rot und Grün, vermutlich ein Nachlassstempel, findet sich auf 41 Blättern; von wem er stammt, ist unbekannt. Vermutlich gelangte nach dem Krieg vieles über den Kunsthandel in Museumsund Privatbesitz, wie die mehr als 2 000 Werke umfassende Orlik-Sammlung im Kunstforum

Ostdeutsche Galerie in Regensburg, die überwiegend aus dem Adalbert Stifter Verein München stammt, ergänzt um Bestände aus

der Künstlergilde Esslingen. Hinzu kam 1964 der Ankauf eines großen Konvoluts graphischer Arbeiten aus dem Antiquariat Gilhofer in Wien. Auch das Jüdische Museum in Prag verfügt über eine umfangreiche Orlik-Sammlung mit Arbeiten aus Orliks Ateliernachlass. Vor allem die gewidmeten Blätter »s. l. Pankok«, aber auch die Totenmaske von Orlik stammen aus dem Nachlass von Bernhard Pankok, der zunächst an seine drei Töchter ging. Heute befindeter sich im Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Einige graphische Blätter von Orlik aus dem Nachlass werden im Stadtmuseum Münster, Pankoks Geburtsstadt, verwahrt.

Literatur In die Bibliographie wurde die im Werkverzeichnis abgekürzt zitierte Literatur vollständig aufgenommen.

Im Werkverzeichnis ist die abgekürzt zitierte Literatur wie folgt gegliedert:

1. Ausstellungskataloge nach Ort und Jahr

2. Ausstellungskataloge der Galerie Glöckner Köln von 1980, 1982, 1992, 2007

3. Autoren, Briefsammlungen (ASV, Rychlik Briefe oder Briefe, Konvolut I, II, III im KOG), Zeitungen und Zeitschriften in alphabetischer Reihenfolge.

Bei mehreren Veröffentlichungen eines Autors, einer Zeitung, Zeitschrift wird immer das älteste Werk beziehungsweise der Jahrgang zuerst genannt, ebenso bei mehreren Ausstellungen an einem Ort. Zeitungen und Zeitschriften werden dann innerhalb eines Jahrgangs nach Nummern oder Heften zitiert.

Mappenwerke Wenn keine Blattfolge vorgegeben ist, wurde eine mögliche, nicht bindende Abfolge festgelegt. Entsprechend diente für die Mappe »Sketches made during the rehearsals of ›The  Miracle‹ conducted by Max Reinhardt 18 Original-Lithographs New York 1924« eine gebundene Ausgabe in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung Köln als Vorlage. Auch für die Mappe »20 Radierungen aus Ägypten« von 1913, die sich vermutlich in einer Privatsammlung befindet, aber nicht eingesehen werden konnte, wurde, auch nach Informationen aus dem KupferstichKabinett Dresden, eine Blattfolge festgelegt, die möglicherweise bei Einsicht der vollständigen Originalmappe, sofern sie nachweisbar ist, korrigiert werden muss. Für die Blattfolge

der Mappe von 1913 wurde eine Konkordanz mit der Ägypten-Mappe von 1922 erstellt. Die Mappe »Studien aus Spanien zehn Original Lithographien von Emil Orlik« erschien im Bruno Cassirer Verlag ohne Jahr. Bisher wurde die Mappe 1928 datiert, doch in der HerbstAusstellung der Akademie der Künste zu Berlin 1925 wurden bereits alle 10 Blätter gezeigt, so dass die Mappe unter Vorbehalt auf 1925 datiert wurde. In der Chronologie sind die Mappen im Jahr ihres Erscheinens aufgeführt, doch wenn einzelne Blätter daraus früher datiert sind, werden sie als Einzelblätter nochmals im Jahr ihrer Entstehung dokumentiert. Ein gutes Beispiel dafür ist die Mappe »Orlik Kleine Holzschnitte 1896–1899«, die erst 1920 erschien, deren 34 Blätter aber alle früher, im genannten Zeitraum, entstanden.

Eine weitere Besonderheit findet sich in der Buchausgabe Tilla Durieux. Spielen und Träumen, in der fünf Radierungen und eine Lithographie enthalten sind, die im zweiten Band der Radierungen erscheinen. Um der Aufteilung des Werkverzeichnisses nach Techniken gerecht zu werden, wird die Lithographie aber nochmals als Einzelblatt im vierten Band der Lithographien aufgenommen. Entsprechend wurde mit der Mappe »Emil Orlik Gerhart Hauptmann’s Bildnis« verfahren, die neben acht Lithographien auch zwei Radierungen enthält, die dann losgelöst von der Mappe nochmals als Einzelblätter im zweiten Band der Radierungen aufgeführt werden.

Für die Mappe »Willem Mengelberg 10  oorsprongelyke lithographieen van Emil Orlik« ist weder ein Erscheinungsjahr noch Ort bekannt, auch eine vorgegebene Blattfolge fehlt. Als Entstehungsjahr wurde 1923 angenommen und eine mögliche Abfolge der Blätter festgelegt.

Drucker Zu den Druckern gehörten Wilhelm Felsing, der unter dem Namen seines Vaters Carl Jacob Otto Felsing (1831 Darmstadt–1878 Berlin) firmierte und mit »OFelsing Berlin gedr.«, »OFelsing Berlingdr.«, »OFelsing berling.«, »OFelsing«, »OF.« oder »F.« signierte und mongrammierte, meist links unterhalb des Drucks. Sein Vater gründete 1875 die HofKupferdruckerei und Nationaler Verlag Otto Felsing in der Moritzstraße 14 in BerlinKreuzberg. 1893 übernahm Wilhelm Felsing die Druckerei, verlegte sie in die Schöneberger Straße 8 und spezialisierte sich auf alle

14
Einführung

Verfahren des Tiefdrucks. In den 1920erJahren befand sich die Kunstkupferdruckerei O. Felsing in der Bismarckstraße 97/98 in Berlin-Charlottenburg und empfahl sich 1921 in einer Anzeige als älteste Kupferdruckerei Deutschlands.

In einem Zeitraum von 1897 bis 1915 sind 44 Radierungen mit der Felsing-Signatur versehen worden, nicht nur vollendete Abzüge, sondern auch Zustandsdrucke. Hinzu kamen die Buchpublikation Tilla Durieux. Spielen und Träumen (1922) und die Mappe »Zuhörer und Zuschauer« (1923).

Ein weiterer Drucker in Berlin war Carl Sabo, der als Graphiker und Drucker 1893 eine Kunst-Kupferdruckerei begründete, die sich anfangs in der Wilhelmstraße 10, dann in der Wilhelmstraße 133 und Wilhelmstraße 131/132 befand. 1908 übernahm Attilio Sabo als Inhaber die Druckerei, 1910 kam Gustav Leßmann als Inhaber dazu. Die Kupferdruckerei bestand bis 1943. Bei Sabo wurden 1917 das Portrait von Max Lehrs gedruckt sowie 1922 die Mappe »Aus Ägypten«. Für einige der in London entstandenen Arbeiten wurde der Radierer und Meisterdrucker Frederick Goulding (1842 Islington, London–1909 London) erwähnt, bei dem Orlik 1898 während seines Englandaufenthalts seine Radierungen »London Girl«, »Die Antipoden« und »Leicester Square« drucken ließ. Goulding assistierte James Abbott McNeill Whistler 1859 beim Drucken seiner Radierungen und war von 1876 bis 1882 Assistent von Alphonse Legros an der National Art Training School. 1877 gründete er seine eigene Druckerei in London. 1890 wählte ihn die Royal Society of Painter-Etchers zum Master Printer. 1895 begann Goulding, auch Lithographien zu drucken.

Am 4. November 1911 schrieb Orlik aus Paris an Marie von Gomperz: »Ich komme soeben vom Drucker (aus der besten Kupferdruckerei von Paris) habe eben Mich. Angelo Drucke gemacht. Ich bin sehr freudig das die Sache so stark geworden ist: sogar der Kupferdrucker Mr Vernan, der die besten Werke der Franzosen u. Engländer druckt hat seinen Chef geholt pour vous l’œvre tres fort!! ich werde noch dort in der Kupferdruckerei 2 bis drei Tage arbeiten da ich die Platte hier bis zu erledigten Drucken bringen will.« (zit. n. Rychlik, Briefe, Nr. 166, S. 84). Auch seiner Schwester Olga

und Schwager Emil Langweil berichtete er am 6. November 1911 nach Prag, dass er einen ganz besonders guten Kupferdrucker gefunden habe und die Arbeit an seiner großen Kupferplatte [Bildnis Michelangelo] umso interessanter wird. In diesem Zusammenhang tauchte der Name Vernon, auch Vernan, auf, entweder der Kupferdrucker oder der Name der Kupferdruckerei. Hier druckte er das »Bildnis Michelangelo Buonarrotti« mit seinen Zuständen sowie die Hodler-Radierungen »Ferdinand Hodler zeichnend« und vermerkte auf einem Passepartout: »Hodler zeichnend. Vernon, Paris gedr.« und »Ferdinand Hodler malend im Freien«, beide von 1911. Außerdem die Radierungen »Die Loge, Paris« und vermutlich auch »Grand Guignol«, beide von 1911, die 1923 Aufnahme in die Mappe »Zuhörer und Zuschauer« fanden und nochmals für die Mappe von Felsing gedruckt wurden. Die frühen Plakate ab 1895 wurden bei Andreas Haase in Prag gedruckt, auch das berühmt gewordene Weber-Plakat 1897 in zwei Farbvarianten. Auf einer Einladungskarte für den Maskenball deutscher Schriftsteller und Künstler 1899 auch als »K. u. K. [k.] Hoflith.« [Hoflithografie/Hoflithographie] A. Haase bezeichnet. In Berlin kamen dann unter anderem die Kunstanstalt Hollerbaum & Schmidt, Weylandt & Bauchwitz beziehungsweise Kunstanstalt Arnold Weylandt, M. W. Lassally und Hermann Birkholz dazu.

Verlage Genannt werden die Verlage mit Ort und Erscheinungsjahr. Es sind hauptsächlich Berliner Verlage wie Neue Kunsthandlung, Bruno Cassirer, Erich Reiß, Amsler & Ruthardt, Eigenbrödler Verlag, Otto von Holten, Rembrandt-Verlag, Propyläen Verlag, Pallas'Verlag, von dem auch ein Verlagsvertrag vom 1. Mai 1922 vorliegt, in dem Orlik seine Radierplatte »Nubische Landschaft« verkaufte. Aber auch bei A. Haase in Prag als Hofbuchdruckerei, B. G. Teubner, E. A. Seemann und Erich Weibezahl in Leipzig, im Bruckmann Verlag München oder im Verlag der Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst in Wien erschienen Mappenwerke und druckgraphische Arbeiten. Vier Mappenwerke, »Aus Japan« (1904), »20 Radierungen aus Ägypten« (1913), »Aus meinem Leben« (1918) und »Portraits mit Hut« (1930), gab Orlik im Eigenverlag heraus.

Erschienen in Hier werden hauptsächlich Zeitschriften, Buchpublikationen und Mappenwerke genannt, in denen das jeweilige druckgraphische Blatt als Original publiziert wurde. Hinzu kommen Sonderhefte, Programmhefte, Jahresgaben, Jahresmappen, Vereinsgaben oder Vorzugsausgaben von Büchern und Mappenwerken, denen originale druckgraphische Arbeiten beigegeben wurden. Außerdem eine als Heft gestaltete Menükarte zum 50. Geburtstag von Paul Cassirer 1921 mit originalgraphischen Arbeiten sowie ein für den B. G. Teubner Verlag gestalteter Künstlerischer Wandschmuck [Lithographien] für Haus und Schule. Bei Zeichnungen, die zur jeweiligen Graphik in Bezug stehen, werden, soweit bekannt, die Skizzenbücher genannt.

Wichtige Museums- und Privatsammlungen

Aachen: Privatsammlung mit Büchel-Museum

Rote Burg

Berlin: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett; Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek; Stiftung Stadtmuseum

Dresden: Staatliche Kunstsammlung Dresden, Kupferstich-Kabinett

Hamburg: Privatsammlung

Mainz: GDKE Landesmuseum

Potomac, Maryland, USA: Darrel C. Karl Collection

Prag: Nationalgalerie; Jüdisches Museum; Kunstgewerbemuseum; Sammlung Patrik Šimon

Regensburg: Kunstforum Ostdeutsche Galerie

Wien: Albertina; Sammlung Dr. Eugen Otto

Reproduktionen Originalgraphik zeichnet sich dadurch aus, dass der Druckstock im Hochdruck (Holzschnitt), Tiefdruck (Radierung) und Flachdruck (Lithographie) von Künstlerhand bearbeitet ist. Ein Klischee ist dagegen im Hochdruck eine photomechanisch oder manuell hergestellte Druckform aus Metall, die mit einer lichtempfindlichen Schicht versehen wird, auf die das zu druckende (originale) Motiv mittels Negativfilm belichtet wird. Ähnliches geschieht beim Lichtdruck, einem Flachdruckverfahren, dessen Druckform eine plane Glasoder Metallplatte ist, auf die eine lichtempfindliche Schicht aus Chromatgelatine aufgebracht wird, um das Motiv als photographisches Negativ auf die Platte zu belichten. Danach wird die Platte in Wasser getaucht, die Chromate werden ausgewaschen, eine weitere Belichtung

wird dadurch verhindert. Dabei bildet sich das sogenannte Runzelkorn, an dem fertige Lichtdrucke unter der Lupe zu identifizieren sind.

Klischees und Lichtdrucke wurden vorwiegend für gebrauchsgraphische Arbeiten verwendet. Orlik hat sich nicht gescheut, diese Reproduktionsverfahren für seine Arbeit zu verwenden, sie als solche auch zu benennen (siehe den Kombinationsdruck »Maler, Holzschneider, Drucker«) und zu signieren. Die strikte Trennung zwischen Original- und Reproduktionsgraphik hat Orlik nicht vollzogen und sich neuen Formen der Verbreitung geöffnet. Entsprechend wurden bei den Exlibris, der Vollständigkeit halber, auch die Klischees und eine Heliogravüre (ähnlich wie ein Lichtdruck, nur als Tiefdruckverfahren entwickelt) im Werkverzeichnis aufgenommen. Ebenso der als Holzschnitt ausgeführte »Mummenschanz«, das Februarblatt für den Ver Sacrum-Kalender von 1903, der nur noch als Klischee, in einer Auflage von 500 Exemplaren gedruckt, nachgewiesen werden konnte. Hinzu kommen Klischees von Illustrationen auf Mappendeckeln, Einladungs- und Korrespondenzkarten sowie Titelblätter. Für die Zeitschriften PAN und Dekorative Kunst wurden das bekannte WeberPlakat von 1897 und das Plakat für das »Ensemble Gastspiel von Mitgliedern des Deutschen Theaters zu Berlin Wien« 1899 nach den Lithographien reproduziert, ebenso die Radierung »Moderne Chinesinnen« in der Zeitschrift Styl (1923). Auch der Kombinationsdruck auf einem Bogen »Maler, Holzschneider, Drucker«, den Orlik selbst als »Lichtdruck von den Originalholzschnitten« bezeichnete, erschien in der Zeitschrift Die Graphischen Künste. Die vom Original abweichenden, verkleinerten Klischees ermöglichten hohe Auflagen und damit eine größtmögliche Verbreitung.

Ausstellungen Das Ausstellungsverzeichnis der Einzel- und Gruppenausstellungen wurde nach Jahr, Ort, Titel der Ausstellung und Ausstellungsdauer, soweit bekannt, gegliedert. Einzelausstellungen zu Lebzeiten des Künstlers sind von 1900 bis 1929 nachgewiesen und nach seinem Tod von 1932 bis 2021, Gruppenausstellungen 1894–1932 und 1933–2021/22. Der überwiegende Teil der Ausstellungen fand in Deutschland statt, vor allem in Berlin, München, Dresden und Leipzig. Im Ausland waren

es Prag, Brünn und Wien vor Paris, Brüssel, Amsterdam, London, Manchester, Edinburgh, Zürich, Stockholm, Kopenhagen, Budapest, Zagreb. In den USA fanden Ausstellungen in New York City, Pittsburgh, Boston, Cincinnati, Cleveland, Philadelphia, San Francisco statt, in Japan waren Tokyo, Yokohama und Kobe Ausstellungsstationen. Orlik entwickelte zeit seines Lebens eine rege Ausstellungstätigkeit, bedingt auch durch seine Mitgliedschaften im Verein Deutscher Bildender Künstler in Böhmen, der Wiener und Berliner Secession sowie der Freien Secession und im Deutschen Künstlerbund. Er war auf den Weltausstellungen in Paris 1900, Brüssel 1910 und San Francisco 1915 vertreten sowie auf der von Gustav Klimt initiierten Kunstschau in Wien 1908 und 1909. Hinzu kamen internationale Ausstellungen in Rom, Zagreb, Pittsburgh, aber auch in Leipzig, im Münchner Glaspalast und in der Kunsthalle Mannheim. Er nahm regelmäßig an der Deutschen Kunst-Ausstellung in Baden-Baden teil und nach seiner Wahl zum Mitglied der Preussischen Akademie der Künste in Berlin an deren Frühjahrs-, Sommer- und Herbstausstellungen. Er stellte im Kunstsalon Paul Cassirer und bei Fritz Gurlitt in Berlin aus, im Kunst Salon Gustav Pisko, der Galerie Miethke und Hugo Heller in Wien und war bei Emil Richter und Ernst Arnold in Dresden vertreten. Im Prager Künstlerhaus Rudolfinum war er neben Gruppenausstellungen auch mit mehreren Einzelausstellungen präsent. Ein weiterer wichtiger Ausstellungsort war das Mährische Gewerbe-Museum in Brünn, wo 1900, unter der Leitung von Julius Leisching, seine erste Einzelausstellung mit Katalog, selbstentworfenem Plakat, Einladungskarte und CorrespondenzKarten mit zehn unterschiedlichen OrlikMotiven, typographisch bezeichnet »Aus der Orlik-Ausstellung des Maehrischen GewerbeMuseums«, stattfand – ein wahrer Werbefeldzug für die Ausstellung. 1902 folgte die zweite Ausstellung mit japanischen Arbeiten, begleitet von einem Vortrag über »Kunst und Kultur in Japan«. Entsprechend seiner ersten Einzelausstellung entwarf Orlik weitere Plakate und Einladungskarten für Ausstellungen, an denen er beteiligt war, und erlangte bereits über diese Ankündigungen Aufmerksamkeit für sein Werk. 1910 hatte Orlik gleich drei Ausstellungen in Frankfurt am Main, für die er ein Plakat entwarf: im Kunstverein, im Kunstgewerbe-

museum und in der Galerie Voigtländer & Tetzner, die seine Graphik zeigte und dazu noch einen Katalog publizierte. So schrieb er denn auch an Marie von Gomperz am 10. Februar 1910 aus Berlin: »Seit ein par Tagen bin ich wieder in Berlin – mitten drinnen in allerlei Arbeit und Gethue, wozu ich Vorbereitungen von Ausstellungen und dergleichen rechne.« (zit. n. Rychlik, Briefe, Nr. 86, S. 50). Orlik hatte zwei Assistenten, ehemalige Schüler, Adolf Propp (1882 Memel–1956 ?), den er in einem Brief an Marie von Gomperz 1909 als seinen Famulus bezeichnete, und Joachim Rágóczy, der ab 1919 als Sekretär und Drucker bis zum Tod von Orlik 1932 für ihn tätig war. Beide waren unverzichtbare Helfer unter anderem bei der Bewältigung der vielen Ausstellungen, die Orlik beschickte.

Briefe Wichtige Quellen für die Erschließung des graphischen Œuvres und der Biographie Orliks waren die Korrespondenzen mit dem Kunsthistoriker und Förderer Max Lehrs (1855 Berlin–1938 Dresden) in Dresden und Marie von Gomperz (1870 Wien–1940 Brünn), der jüngsten Tochter des Bankiers und Mäzens Max von Gomperz in Wien. Erhalten sind nur die zum großen Teil bezeichneten und bedruckten Briefe und Karten von Orlik, die Antwortschreiben der beiden Briefpartner dagegen sind verloren. Der Briefwechsel mit Marie von Gomperz umfasste die Jahre 1902–1927, während die Briefe an Max Lehrs in einem Zeitraum von 1898 bis 1930 geschrieben wurden. Sie werden in drei Konvoluten als Dauerleihgabe des Adalbert Stifter Vereins München im Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg verwahrt.

So manche Graphik taucht als Briefkopf in der Korrespondenz wieder auf, wie der Holzstich »Mecheln«, 1898, der in einer Farbvariante auf eine Postkarte an Max Lehrs vom 27. Juli 1899 aus Prag gedruckt wurde, oder die »Koreanische Tänzerin«, 1922 in einem Brief vom 24. Juli 1922 aus Berlin an Max Lehrs, ein eigenhändiger Probedruck »einer neuen Art Radierung (Aquatinta)«, wie Orlik schrieb. Hinzu kamen gezeichnete Motive, wie der mit Feder und Aquarell ausgeführte »Schlossbrunnen in Karlsbad«, der Orliks Aufenthaltsort im August 1899 bekannt gab, und im Brieftext mit der Erwähnung von »Holzklötzchen« [bezieht sich wohl auf ein Buchsbaumbrett,

16
Einführung

das für den Holzstich aus einzelnen Holzwürfeln zusammengeleimt wird], die er mitgebracht hatte, Bezug auf die mögliche Entstehung des gleichnamigen Holzstichs nahm. Auch das mit Feder gezeichnete Portrait von »Karl Frenzel 80 Jahre alt« auf einer Postkarte aus Berlin vom 3. XII. 1907 an Max Lehrs verband er mit dem Hinweis auf die Kaltnadel: »den Druck sollen Sie baldigst zu sehen bekommen.« So gab Orlik auf diesem Wege kleine Kostproben seiner aktuellen Arbeit an Max Lehrs weiter.

Darüber hinaus vermitteln die Briefe ein sehr lebendiges und sprechendes Bild des Menschen und Künstlers Emil Orlik, geben Auskunft über seine Arbeit, seine Reisen, Begegnungen und Freundschaften, berichten von Stimmungen, Krankheiten, aber auch von kulturellen und zeitgeschichtlichen Ereignissen. An vielen Stellen im Werkverzeichnis wird aus diesen Briefen zitiert, um Entstehung und Datierung von graphischen Arbeiten zu verdeutlichen und um auf Ausstellungen, Publikationen und vergleichende Werke hinzuweisen. So konnte mit Orliks Worten, seinem Sprachwitz und oft humorvollen Formulierungen das Werkverzeichnis der Druckgraphik bereichert und lebendiger gestaltet werden.

In diesem Sinne »Herzlichste Grüsse Ihr OE«. (zit. n. Rychlik, Briefe, Nr. 7, S. 11).

Mittlere Spalte:

Signaturen von Emil Orlik 1892–1930

Rechte Spalte:

Figurenstempel OE, 1901

Monogramm OE, 1902

Vierfach Monogramm OE, 1902

Nachlassstempel in Rot

Nachlassstempel in Grün

H 1 Der Anarchist 1897 (1898)

Holzstich, Stichel und Schneidewerkzeug in Schwarz, Rotbraun (FV: Schwarz, Dunkelbraun/Schwarz)

14,2 × 10,8 cm

DER ANARCHIST VORSICHT OE im Stock

Bemerkungen sign. Orlik

dazu Probedruck in Schwarz, Monogramm OE im Stock, sign. Orlik, in der Mappe erster veröffentlichter Holzschnitt

Standorte

Privatsammlung Hamburg (Einzelblatt, sign. Emil Orlik 98.I., der Schriftzug »DER ANARCHIST« im Stock ohne Tonplatte); KOG (307, sign. Orlik); Kunstmuseum Reutlingen (10192-01, sign. Orlik); NGP (R 28026, sign. Orlik, R 207122); MoMA (300337725.1); JMB (2002/153/1); JMP (079.658/1, 073.131/1); Privatsammlung

München (sign. Emil Orlik 97, handschriftliche Widmung: »E. v. Berlepsch [Hans Karl Eduard von Berlepsch-Valendas 1849 St. Gallen/Schweiz–1921 München, Architekt, Maler] in freundlicher Wertschätzung 9. I. 98«, l. u. am Blattrand bez. »I. Druck des I. Holzschnittes«)

Literatur

Berlin 1963, 80; Berlin 1970, 100; Berlin 1980/II, 260; Berlin 1982, 15; Brünn 1900, 137; Duisburg 1970, 186; Esslingen 1971, 16; Hamburg 1970 II, 33; Hamburg 1982, 11; Krefeld 1901, 152; Prag 1902, 229 d; Regensburg 2012, 45; Stuttgart 1963, 19; Glöckner 1980/38, 2007/41,1; Heidegger 1; Kemna I, S. 12; Matsche 16, S. 39, S. 22; Otto, Abb. S. 13; Rychlik III/35; Schütte, S. 20; Voigtländer-Tetzner 71

Erschienen in Mappe »Kleine Holzschnitte«, Blatt 1

H 1 a Der Anarchist 1897 (1898)

Holzstich und Schneidewerkzeug in Schwarz (FV: Schwarz, Grau)

12,7 × 10,7 cm

DER ANARCHIST VORSICHT OE im Stock

Bemerkungen sign. u. dat. Orlik 98

Abdruck von der Konturplatte

Einzelblatt außerhalb der Auflage

Standort

KKD (A 1898-540, Abb., A 1900-372, sign. Orlik)

18

H 2 Kleiner Kopf (Kleines Köpfchen)

1897

Holzstich in Schwarz

3,5 × 3,5 cm

Monogramm OE im Stock

Bemerkungen sign. Orlik

Standorte

Privatsammlung Hamburg; KOG (1087, sign. Orlik, bez. Probedruck, 298, sign. Orlik, im Passepartout, betitelt »Kleiner Kopf«); Kunstmuseum Reutlingen (10192-02, sign. Orlik); NGP (R 28027, R 207289); LBI New York (78.714, sign. Orlik); MoMA (300337725.2); JMB (2002/153/2); KKD (A 1898-542); JMP (079.658/2, 073.131/2)

Literatur

Berlin 1970, 101; Berlin 1980 II, 69, 70; Brünn 1900, 136; Duisburg 1970, 189; Esslingen 1971, 14; Hamburg 1970 II, 34; Hamburg 1974, 19; Krefeld 1901, 151; Glöckner 1980/39, 2007/41,2; Heidegger 2; Kemna I, S. 13; Matsche 32; Schütte, S. 20; Voigtländer-Tetzner 72

Erschienen in Mappe »Kleine Holzschnitte«, Blatt 2

H 3 Signum E O (E. O. Marke; Monogramm)

1897

Holzstich in Schwarz (FV: Gold)

4,8 × 4,3 cm

Initialen E O im Stock

Bemerkungen

sign. Orlik

Ob der Holzschnitt als Exlibris konzipiert wurde, ist unklar (vgl. Scheffer 90.2)

»Sich selbst hat er unzählige Male abkonterfeit. Unter anderem für eine Hausmarke als Raucher, welcher eilend ein grosses E und O schiebt.« Abb. betitelt »Tabackmarke von Emil Orlik« (zit. n. Leisching 1900 I, S. 155)

Standorte

Privatsammlung Hamburg (2 Exple., sign. Orlik); JMP (073.131/15, 079.658/18); KOG (280.1, sign. Orlik, 280.2, sign. Orlik); ÖNB (E-18271, sign. Orlik 1897, bez. »f. Fr. Schl.« [möglicherweise Friedrich Schläger]); Kunstmuseum Reutlingen (10192-15, sign. Orlik); NGP (R 28040, R 167539, R 207305, R 207287); MoMA (300337725.15); JMB (2002/153/18); KKD (A 1911-444, sign. Orlik); GM (7768); KB (5176,16); Museum Meermanno, Den Haag (SD 12790); Privatsammlung Aachen (2 Expl., einmal sign. Orlik); Sammlung Dr. Eugen Otto, Wien (sign. Orlik)

Literatur

Bad Hersfeld 1982, 132; Berlin 1963, 65; Berlin 1970, 148; Berlin 1980 II, 76, 77; Berlin 1994, 16 (Abb.); Brünn 1900, 225, Abb. S. 30; Prag 2004, Umschlaginnenseite vorn; Glöckner

1980/55, 1992/65, 2007/41,15; Hamburg 1970 II, 70; Hölscher, Nr. 3, S. 29; Heidegger 15; Kemna I, S. 16; Leisching 1900 I, Abb. S. 155; Matsche 17; Otto, S. 148; Scheffer 90.2; Singer 1904/05, Abb. S. 379; Schütte, S. 21; Schutt-Kehm 1, S. 284; Smetana, Abb. S. 20; Voigtländer-Tetzner 315

Erschienen in Mappe »Kleine Holzschnitte«, Blatt 15

H 3 a Signum E O (E. O. Marke; Monogramm) (ohne Abb.)

1897 (1900, Prag, 20.1.)

Holzstich in Gold

3,9 × 3,4 cm

Bemerkungen

Brief an Max Lehrs, Prag, 20. Jan. 99 [sic]

Probedruck

Standort

KOG (20934, Briefe, Bd. 1)

Literatur

ASV, S. 112; Matsche 17

20
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.