AlpenOrte / AlpineRetreats

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CLAUDIA MILLER

HANNES BÄUERLE

ALPENORTE ALPINERETREATS

über Nacht in besonderer Architektur unique hotel architecture


ALPENORTE

ALPINERETREATS


CLAUDIA MILLER

ALPENORTE

HANNES BÄUERLE

über Nacht in besonderer Architektur

ALPINERETREATS unique hotel architecture

Edition ∂


IMPRESSUM IMPRINT

Autoren Authors: Claudia Miller, Hannes Bäuerle Assistenz Assistance: Sarina Ewert Mit Beiträgen von With contributions by: Thomas Linkel, Jörg Schröder Redaktion Editors: Cornelia Hellstern (Projektleitung Project Manager), Sandra Leitte, Eva Schönbrunner Für die dritte Auflage For the third edition: Steffi Lenzen, Sandra Leitte, Charlotte Petereit Redaktionelle Mitarbeit Editorial services: Samay Claro, Florian Köhler Übersetzung Translation into English: Antoinette Aichele-Platen, München Munich Dr. Yasmin Gründing, Burglengenfeld Korrektorat (Englisch) Proofreading (English): Philip Shelley, Zürich Zurich Stefan Widdess, Berlin Zeichnungen Illustrations: Ralph Donhauser Grafische Gestaltung Graphic design: LINIE ZWEII, Stuttgart Herstellung / DTP Production / DTP: Roswitha Siegler Reproduktion Reproduction: ludwig:media, Zell am See Druck und Bindung Printing and binding: Eberl & Kœsel GmbH & Co. KG, Altusried-Krugzell Papier Paper: Brillanta-Leinen (Umschlag Cover), Profibulk (Innenteil Content)

© 2021, dritte Auflage third edition Detail Business Information GmbH, München Munich detail.de detail-online.com ISBN: 978-3-95553-181-2 (Print) ISBN: 978-3-95553-186-7 (E-Book)

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

This work is subject to copyright. All rights reserved, whether the whole or part of the material is concerned, specifically the rights of translation, reprinting, recitation, reuse of illustrations and tables, broadcasting, reproduction on microfilm or in other ways, and storage in data processing systems. Reproduction of any part of this work in individual cases, too, is only permitted within the limits of the provisions of the valid edition of the copyright law. A charge will be levied. Infringements will be subject to the penalty clauses of the copyright law. Bibliographical information published by the German National Library. The German National Library lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographical data are available on the Internet at http://dnb.d-nb.de.


INHALT CONTENTS

VORWORT PREFACE

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LEBEN UND REISEN IM ALPENRAUM LIVING AND TRAVELLING IN THE ALPS

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ALPINE BAUKULTUR DER ZUKUNFT ALPINE BUILDING CULTURE IN FUTURE

24

HAUS HIRT – HOTEL MIRAMONTE Bad Gastein, Salzburger Land /Salzburg Region (AT)

36

DAHOAM NATURRESIDENCE – DAHOAM CHALET Schenna, Südtirol /Scena, South Tyrol (IT)

44

BERGE Aschau im Chiemgau, Bayern /Bavaria (DE)

50

LAGACIÓ HOTEL MOUNTAIN RESIDENCE St. Kassian, Südtirol /San Cassiano, South Tyrol (IT)

56

WIESERGUT Hinterglemm, Salzburger Land /Salzburg Region (AT)

62

CHETZERON Crans-Montana, Wallis / Valais (CH)

68

AUFBERG Piesendorf, Salzburger Land /Salzburg Region (AT)

74

TANNERHOF Bayrischzell, Bayern /Bavaria (DE)

82

HOTEL SCHLOSS SONNENBURG – PFISTERHAUS St. Lorenzen, Südtirol /San Lorenzo di Sebato, South Tyrol (IT)

88

RIFUGIO GALTÜR Galtür, Tirol / Tyrol (AT) GRÜNER BAUM Glurns, Südtirol /Glorenza, South Tyrol (IT)

96 100

HOTEL PUPP Brixen, Südtirol/Bressanone, South Tyrol (IT)

106

HOCHLEGER CHALETS Zell am Ziller, Tirol/ Tyrol (AT)

112

HOTEL KRONE Au, Vorarlberg (AT)

118

MATTLIHÜS Oberjoch, Bayern /Bavaria (DE)

124

ROMANTIK HOTEL WEISSES KREUZ – ANSITZ ZUM LÖWEN Burgeis, Südtirol/Burgusio, South Tyrol (IT)

128

ALPENCHALET WALCHENSEE Walchensee, Bayern /Bavaria (DE)

136

HOTEL HINTEREGGER Matrei in Osttirol, Tirol/ Tyrol (AT)

140

BRIOL – HAUS SETTARI Barbian-Dreikirchen, Südtirol /Barbiano-Tre Chiese, South Tyrol (IT)

146

HOTEL GAMS Bezau, Vorarlberg (AT)

154

BAD SCHÖRGAU Sarnthein, Südtirol /Sarentino, South Tyrol (IT)

160

HOTEL GASTHOF KRONE Hittisau, Vorarlberg (AT)

166

WALTERSHOF St. Nikolaus, Südtirol /San Nicolò, South Tyrol (IT)

170

FORSTHOFALM Leogang, Salzburger Land /Salzburg Region (AT)

176

MONTE-ROSA-HÜTTE Zermatt, Wallis/ Valais (CH)

180

WEITERE HOTELS FURTHER HOTELS

186

ICONS ICONS

188

ARCHITEKTEN ARCHITECTS

188

BILDNACHWEIS PICTURE CREDITS

189

AUTOREN AUTHORS

190

DANK THANKS

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VORWORT PREFACE

Die Auseinandersetzung mit der Gestaltung von Räumen und mit Materialien ist elementarer Bestandteil unserer täglichen Arbeit als Innenarchitekten und Materialberater. In unserer Freizeit kombinieren wir die Begeisterung für diese Themen mit unserer Leidenschaft für die Berge. Bei der Suche nach Unterkünften in den Alpen mussten wir immer wieder feststellen, dass es nicht einfach ist, Häuser zu finden, die moderne oder zeitlose Architektur, interessanten Umgang mit Materialien und anspruchsvollen gastronomischen Service verbinden – und zudem von einer gewissen Persönlichkeit und Einmaligkeit geprägt sind. Doch während unserer zahlreichen Aufenthalte in den Alpen in den letzten Jahren konnten wir eine ganze Reihe genau solcher Hotels, Ferienhäuser oder Refugien besuchen. Die Arten, wie wir diese entdeckt haben, sind vielfältig: der zufällige Fund online, ein Bericht in einer Fachzeitschrift, ein Tipp von Freunden oder – immer wieder spannend – ein Hotelier, der seine Inspirationsquellen, Vorbilder oder guten Beispiele mit uns teilte. Die hier präsentierte Auswahl zeigt die Unterkünfte, die uns in den letzten Jahren am meisten beeindruckt haben. Die Beschreibung der Projekte widmet sich nur ganz am Rand den sonst üblichen Bewertungskriterien wie Sterne, Kochlöffel etc. Vielmehr haben wir ein besonderes Augenmerk auf die Aspekte gelegt, die uns wichtig sind – Architektur, Innenarchitektur und Materialwahl sowie Geist, Seele und Geschichte der Gebäude 06

und ihrer Betreiber. Wir haben alle vorgestellten Häuser selbst besucht und uns die Gestaltungskonzepte wenn möglich von den Inhabern persönlich erläutern lassen, manchmal waren auch die Architekten mit dabei. Auf diese Weise haben wir viele interessante und oft mutige Geschichten zu hören bekommen. Ziel der Projektauswahl war es, die große Bandbreite aufzuzeigen – vom Neubau über die Kombination von Alt und Neu bis hin zu gelungenen und sensiblen Sanierungen der oft seit mehreren Generationen bewirtschafteten Gebäude. Der Großteil der präsentierten Hotels und Ferienhäuser liegt im Alpenvorland, in Vorarlberg, den Dolomiten und in Tirol. Aufgrund der Dichte der dortigen Objekte ist die Region Südtirol besonders stark vertreten. Im Vergleich zur Größe der Alpen und ihren vielen weiteren Regionen, in denen sich ebenfalls ein hochwertiger eigener Baustil etabliert hat, scheint dies eine kleine Auswahl. Sie rührt zum einen daher, dass sich in eben diesen Gebieten eine große Anzahl besonderer Projekte findet, hat aber vor allem ganz persönliche Gründe, da es uns immer wieder in diese Regionen zieht. Die Schweiz ist nur spärlich vertreten, was sich für uns vor allem durch den starken Franken begründet, der den Urlaub in der Schweiz teuer macht. Manche Schweizer Regionen verzeichnen unter anderem deshalb einen Rückgang an Übernachtungsgäste, daher blieben die Investitionen in neue Häuser und die Sanierung alter Hotels dort in letzter Zeit eher gering.


Considering the design of spaces and working with materials is a central part of our daily work as interior designers and material consultants. In our spare time we combine our enthusiasm for these subjects with our love for the mountains. Looking for places to stay in the Alps, we often found it hard to discover places with modern or timeless architecture, interesting use of materials and discerning gastronomic services, in conjunction with special character and uniqueness. In the past few years however, we were able to visit a whole series of just such hotels, holiday houses or refuges during our numerous stays in the Alps. We found these in all sorts of ways such as accidentally online, through reports in specialist magazines, a tip from friends or – always great – a hotelier willing

to tell us what he or she personally considered to be a source of inspiration, a model facility or good examples of these. The selection presents the places that impressed us most in recent years. Typical assessment criteria such as stars and other ratings only played a marginal role. Instead, we focussed on aspects that are important to us: architecture, interior design and material selection, as well as the spirit, soul and history of the buildings and the people running them. We have been to all the presented places ourselves and whenever possible, talked to the owners (and sometimes even the architects) about the design concepts. The stories we heard were very interesting and often daring accounts of pro-

jects. Our choice aims to illustrate the huge scope of places, which includes new constructions, combinations of new and old, and successful sensitive refurbishments of buildings often run over several generations. The majority of the presented hotels and holiday houses are located in the foothills of the Alps, the Vorarlberg region, the Dolomites and Tyrol. An emphasis is on the South Tyrolean area because of the high density of objects there. This may seem like a small selection taking into account the size of the Alps and its many other regions with examples of high-quality individual construction styles. One of the reasons for this is the fact that so many special projects can be found in the areas considered in 07


VORWORT PREFACE

Regionalität und Materialität In den letzten Jahren ist in vielen Regionen der Alpen ein eigener, neuer Baustil entstanden, der kultiviert und weiterentwickelt wird. Tradition und Moderne werden dabei häufig gekonnt kombiniert und stehen im Dialog zueinander. Die hier vorgestellten Projekte eint, dass sie sich harmonisch in das jeweilige Landschaftsbild und die gewachsenen Strukturen einfügen. Fast durchweg handelt es sich dabei um eher kleinere Häuser. Eine Besonderheit ist sicher die österreichische Region Vorarlberg, hier ist eine unglaubliche Dichte an guter Architektur entstanden. Gespräche mit den dortigen Hoteliers machten einen Grund dafür deutlich: Es wird nach regionalen Kriterien gebaut, mit Handwerksbetrieben, die auf hohem gestalterischem und technischem Niveau arbeiten, und mit einer Gruppe von Architekten, die die Baukultur vor Ort positiv beeinflussen und vorantreiben. Dies gilt häufig auch für die Projekte in den anderen vorgestellten Regionen. Viele der dort verwendeten Baumaterialien haben eine lange Tradition und werden seit Jahrhunderten eingesetzt. Das zugehörige Handwerk zur Be- und Verarbeitung ist in diesen Gegenden immer noch vorhanden. Dabei werden traditionelle Werkstoffe wie Holz, robuste Textilien, Keramik und Putz mit modernen Materialien wie Stahl, Sichtbeton und großen Glasflächen kombiniert (Pfisterhaus, S. 88; Hotel Weisses Kreuz, 08

S. 128). Es entsteht eine Spannung zwischen alt und neu, traditionell und modern, einfach und komplex. Schon aus Gründen des Werterhalts investieren viele Familienbetriebe in gutes Material, soll doch die nächste Generation möglichst ohne Probleme in die Fußstapfen der Eltern treten können. Ein deutlicher Schwerpunkt der Zusammenstellung liegt auf Holzbauten – was nicht verwundert, ist Holz doch ein regional häufig vorkommender Baustoff. Wer schon einmal den angenehmen Duft einer gemütlichen Zirbenstube genossen und die teils aufwendigen Details bewundert hat, der versteht wahrscheinlich, warum Holz bei den ausgewählten Hotels oft eine große Rolle spielt. Dabei kommen unterschiedliche Arten zum Einsatz, die für den jeweiligen Bauzweck optimal geeignet sind, oft werden auch alte Bretter oder Stämme erneut verwendet (Lagació Hotel Mountain Residence, S. 56; Wiesergut, S. 62). Ein Drechslermeister im Sarntal mit eigener Werkstatt hat uns stolz von seinem neu erworbenen eigenen kleinen Sägewerk erzählt. Er hat jetzt die Möglichkeit, das benötigte Holz selbst aufzuschneiden – und das im richtigen Moment. Mit breitem Schmunzeln meinte er, dass er »von dem esoterischen Zeug« nicht so viel halte oder verstehe. Aber die Praxis beim Drechseln seiner kunstvollen Gefäße – in denen im Hotel Bad Schörgau (S. 160) der legendäre Kaiserschmarrn serviert wird – habe ihm gezeigt, dass es sehr wohl einen Unterschied

mache, wann ein Baum gefällt würde und dass der Mond dabei eine wichtige Rolle spiele. Die besondere Ausstrahlung der Alpenhölzer in diesen Fällen können wir nur bestätigen. Und dass Holz dem Anspruch an Nachhaltigkeit und baubiologisch unbedenkliches Bauen gerecht wird, entspricht der Haltung vieler Hoteliers und Gastronomen im Alpenraum. Auch die sonstigen verwendeten Materialien sind bewusst ausgewählt: Naturstein, dessen Oberfläche zuvor einige Praxistests bestehen mussten, vom Rotwein über Lippenstift bis hin zu Putzmitteln (Hotel Gasthof Krone, S. 166); Lehmputz als klimatisch aktive Flächen im Hotel Hinteregger (S. 140); regionaltypische und vor Ort gefertigte Stoffe aus Leinen, Loden oder Baumwolle, die gekonnt und großflächig eingesetzt in den HochLeger Chalets (S. 112) für eine gemütliche Atmosphäre sorgen. Die Auswahl dieser Alpenorte zeigt unseren persönlichen, besonderen Einblick. Es ist die Kombination von gewaltiger Natur mit guter Architektur und Innenräumen mit viel Charme, die uns immer wieder in die Alpen und die vielfältigen Unterkunftsmöglichkeiten dort zieht – und es gibt noch viele weitere zu entdecken!

Hannes Bäuerle, Claudia Miller September 2014


this publication. The main reason however is of a personal nature: we have continued to be drawn to this region over the years. The meagre representation of Switzerland is primarily attributable to the strong Swiss franc, making holidays in Switzerland an expensive affair. Some Swiss regions even report a decline in overnight stays for this reason, resulting in rather less investment in new accommodation and renovation of older hotels in recent times.

Regionality and materiality A new individual construction style has emerged in many regions of the Alps over the past years. Tradition and modernity are often skilfully combined and set in dialogue with each other. All the presented projects share the characteristic of harmonious integration in the particular landscape and existing structures. Most of the establishments included are relatively small. The Austrian Vorarlberg region is very special in this respect, accounting for its multiple representation in the book. One reason for the incredible density of good architecture that has developed there became obvious while talking to local hoteliers: building takes into account regional criteria, makes use of high quality craftsmanship and involves a group of architects influencing and advancing the local building culture positively. This often also applies to projects in the other presented regions. Many of the traditional construction

materials implemented have been used for centuries. The skills required for processing and finishing the materials are still available in these regions. Traditional materials such as wood, raw steel, robust textiles, ceramics, plastering and paint are sometimes combined with fair-faced concrete and large glass surfaces (Pfisterhaus, p. 88; Hotel Weisses Kreuz, p. 128). A tension is created between old and new, traditional and modern, or simple and complicated. For the sake of value retention, many hotelier families also invest in good materials to facilitate a smooth transition to the next generation. There is an unmistakeable emphasis on wooden constructions – which is hardly surprising since wood is a common regional building material. Having experienced the fragrance of a cosy Swiss pine room and admired the frequently elaborate details, it’s not difficult to understand why wood often plays such an important role in the selected hotels. Different types of wood are used to suit the particular purpose and old boards or tree trunks are often used again (Lagació Hotel Mountain Residence, p. 56; Wiesergut, p. 62). A master wood turner with his own workshop in the Sarntal valley proudly told us about his small newly acquired sawmill, which allowed him to cut the wood he needed himself and at the right time. With a broad grin on his face he said that he didn’t really think much of all this “esoteric stuff”. Yet in the course of turning his ornate vessels – in which a legendary sweet dish called “Kaiserschmarrn” is served in Hotel Bad Schörgau (p. 160) – he has found that it does

indeed make a difference when a tree is cut and that the moon also plays an important role in this. We can only confirm the special charisma of alpine wood. The fact that wood also meets the requirements of sustainability and positive building biology – a field of building science investigating the indoor living environment for irritants such as building materials and processes, electromagnetic fields, radiation and indoor air quality – corresponds to the attitude of many active in the hotel and gastronomy business in the alpine region. The other materials used are also selected very carefully: natural stone, tested with regard to resistance to red wine, lipstick or cleaning agents (Hotel Gasthof Krone, p. 166); loam rendering as a climate-regulating surface in Hotel Hinteregger (p. 140); typical regional and locally produced linen, loden or cotton fabrics used generously and effectively in the HochLeger Chalets (p. 112) to create a comfortable and cosy atmosphere. The selection of Alpine retreats offers our own personal insight. It is the magnificence of the mountains in combination with great architecture and charming interior spaces that keeps drawing us back to the Alps and the great variety of places to stay there – and there’s still so many more to be discovered!

Hannes Bäuerle, Claudia Miller September 2014

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LEBEN UND REISEN IM ALPENRAUM LIVING AND TRAVELLING IN THE ALPS

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ALPINE BAUKULTUR DER ZUKUNFT ALPINE BUILDING CULTURE IN FUTURE

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Thomas Linkel

LEBEN UND REISEN IM ALPENRAUM LIVING AND TRAVELLING IN THE ALPS

»Denn hier, wo die Natur allein Gesetze gibet« Albrecht von Haller, Die Alpen, 1729 Die Alpen – das höchste Gebirge Europas, rund 1200 Kilometer lang, zwischen 150 und 250 Kilometer breit. Projektionsfläche für Generationen, Sehnsuchtsort für Millionen, Schauplatz menschlicher Dramen, aber auch faszinierender Höchstleistungen. Das am dichtesten besiedelte Hochgebirge der Welt ist Heimat für die einen, Rückzugsort oder Abenteuerspielplatz für die anderen. In der Mitte der 1990er-Jahre in Kraft getretenen Alpenkonvention haben acht Staaten gemeinsame Ziele zur Entwicklung des Alpenraums formuliert. Neben den bekannten Alpenländern Österreich, Schweiz, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Slowenien und Deutschland hat auch Monaco die Verträge unterzeichnet, obwohl dessen Anteil an den Alpen unter drei Quadratkilometer ausmacht und es über keinerlei bedeutsame Erhebungen verfügt. Die Alpen stellen einerseits den Wirtschafts- und Lebensraum für ihre Bewohner dar, andererseits einen Ergänzungsraum für Millionen von Menschen, nicht nur aus den angrenzenden Ländern. Das heißt, sie dienen nicht nur als Erholungsgebiet, sondern sind auch ökologischer Ausgleichsraum, Transitgebiet und Energiespeicher. Aus diesen Funktionen ergibt sich ein Spannungsfeld ganz unterschiedlicher Bedürfnisse und Erfordernisse. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen spielt der Tourismus eine wichtige Rolle, die die Bewohner und die im touristischen Bereich Beschäftigten mit Leben füllen. Ihr persönliches Engagement, ihre 12

Ideen und Träume zeigen sich nicht nur zum Beispiel. im gastronomischen Service und in Freizeitangeboten, sondern auch in Architektur und Design. Gebäude tragen stets den Charakter ihres Besitzers und ihres Standorts in sich, und viele Reisende suchen in ihren Unterkünften genau das: authentische Architektur, in der sich Geschichte und Kultur, Gegenwart und Zukunft widerspiegeln.

Wandel in der Alpenregion Der Begriff »Alpenlook« ruft bei vielen charmante, aber auch kitschige Bilder im Kopf hervor. Sie denken an kuschelige Heimeligkeit im Heidi-Stil oder herzigen Jodel-Schmäh mit einem Schuss Heimatfilm-Ästhetik. Dabei ist es schon lange an der Zeit umzudenken, denn der Alpenraum kann auch anders: modern, geradlinig, umweltbewusst und nachhaltig. Junge Designer, Architekten und Hoteleigentümer bedienen sich der technischen Möglichkeiten und der Formensprache des 21. Jahrhunderts und haben so in den letzten Jahren eine dynamische Variante des bisher bekannten Alpentourismus geschaffen. Doch der Grat ist schmal. Die neue, kreierende Generation will nicht radikal Altes abreißen oder komplett verdrängen, stattdessen ist es ihr ein Anliegen, die traditionellen Werte, Formen, Farben und Charakteristiken in Einklang mit den architektonischen Anforderungen und optischen Neuerungen der heutigen Reiseszene zu bringen. Die Gestaltung zielt auf modernes Wohnen und Leben und hat das Bedürfnis nach guter, funktionaler und ästhetisch

ansprechender Architektur – innen wie außen – im Blick. Dabei kommt es den Baukonzepten zugute, dass diese junge Architektengeneration international ausgebildet und der rege intellektuelle Austausch mit der Welt für sie Normalität ist. Begonnen hat der Wandel der Urlaubsarchitektur im Alpenraum in Südtirol. Ein erstes Leuchtturmprojekt war Anfang der 1970er-Jahre das Seehotel Ambach am Ufer des Kalterer Sees von Othmar Barth, eine zeitlose, moderne Interpretation von Hotelarchitektur (Abb. S. 14). Dann blieb es lange Zeit still, bis schließlich der Bozener Architekt Matteo Thun 2002/03 in der Tourismusszene für großes Aufsehen sorgte, als er das Vigilius Mountain Resort bei Lana entwarf (Abb. S. 15): ein kühnes, wegweisendes Gebäude – lang gestreckt, mit bewachsenem Flachdach, großen Fensterfronten und Lärchenholzfassade, dazu nachhaltig gebaut. Und Thun beließ es nicht dabei, sondern entwickelte gleich im Anschluss die Pergola Residence in Algund. Auch hier setzte er auf klares, minimalistisches Design im Inneren und passte die Außenarchitektur harmonisch der charakteristischen Form der Südtiroler Pergola-Reberziehung an. Viele Hoteliers und Anwohner schüttelten den Kopf, aber mit beiden Bauten gelang es Thun und den Betreibern, neue, architekturaffine Gäste nach Südtirol zu locken. Plötzlich galt die norditalienische Provinz in den Medien nicht mehr als verschlafenes Pensionärsparadies, sondern als angesagte Destination. In den Folgejahren wurden nicht nur viele Hotels und Ferienapartments in modernem Design


RECHTS RIGHT Traditionelle Holzhäuser, Innervillgraten (AT) Traditional timber houses, Innervillgraten (AT)

“For here, where nature rules alone” Translation from Albrecht von Haller’s “Die Alpen” (The Alps), 1729 About 1,200 kilometres long and 150 to 250 kilometres wide, the Alps are the highest mountain range in Europe. A space for projection by generations, a place that millions long to be, a stage for human dramas as well as fascinating all-time records. For some, the most densely populated high-altitude mountains in the world are simply home, while for others they are a place for retreat or adventure. The common aims of development of eight Alpine states were formulated in the Alpine Convention, which entered into force in the mid-1990s. Apart from the more well-known Alpine countries Austria, Switzerland, France, Italy, Liechtenstein, Slovenia and Germany, Monaco – with a share of less than three square kilometres and without any notable elevations – also signed the accords. For its inhabitants, the Alps are an environment to live and do business in, but at the same time the region serves as a complementary space for millions of people. So in addition to fulfilling a recreational function, the Alps provide space for ecological balancing, transit and energy storage. These functions give rise to a range of very different needs and requirements. Tourism, vitalised by the inhabitants and people working in the sector, plays an important role in this context. Their personal commitment, theirideas and dreams are not only apparent in features such as the gastronomic services and leisure activities offered, but also in the 13


LEBEN UND REISEN IM ALPENRAUM LIVING AND TRAVELLING IN THE ALPS

errichtet, sondern auch alte Bausubstanz saniert – sorgfältig, mit Bedacht und trotzdem aktuell interpretiert. Ein Trend, der sich in Vorarlberg fortsetzte und schließlich den restlichen Alpenraum erreichte, wenn auch mit weniger Dynamik. Er beendete eine Zeit, die vom krampfhaften Festhalten an scheinbaren Traditionen und von immer billiger werdenden Reiseangeboten geprägt war. Viele Jahre verschreckten Unterkünfte im Alpenraum den anspruchsvolleren Reisenden. Man wurde entweder erschlagen von Betonbausünden der 1970er-Jahre, verniedlicht in kitschigem Ambiente mit Blümchen-Häkeldecken, oder mit Tischmülleimern und Billigfurnierschlafstatt konfrontiert. Modernes, aufgeräumtes Design – Fehlanzeige. Es bedurfte dem Zurücktreten einer Hoteliersgeneration, die mit ihren Gästen und deren Vorstellungen von Urlaub alt geworden war. Eine neue Gastgebergeneration war notwendig, die sich traute, nach neuen Gästen Ausschau zu halten – Menschen, die im Urlaub nicht von ihren Design- und Wohnvorstellungen ablassen wollen, sondern so, wie sie zu Hause leben und arbeiten, auch ihren Urlaub genießen möchten. Reisenden, die sich in Kurzurlauben erholen und nicht ein Leben lang im immergleichen Hotel für genau zwei Wochen absteigen, Bettenwechsel samstag. Menschen, die Sicherheit durch Flexibilität in Arbeit und Privatleben ersetzt haben und das auch von ihrem Urlaubsgastgeber erwarten. Gäste, die sich nicht mit austauschbarem Pseudodesign zufriedengeben und Bambustrennwände nur in Asien akzeptieren, nicht aber im Alpenchalet auf 1900 Metern Höhe, die in Tirol über 14

einheimischen Schiefer laufen wollen und nicht über chinesischen Padang-Granit. Diese Gäste treffen heute auf selbstbewusste Gastgeber, die sich einerseits ihrer Herkunft bewusst sind, andererseits aber ganz selbstverständlich über das Tal hinausschauen und die so, wie sie auch selbst gern leben und wohnen – ambitioniert und weltoffen –, Wohnraum auf Zeit für andere schaffen. Was entsteht? Was muss gehen? Das Alpenflair und die Gemütlichkeit, Grundpfeiler des traditionellen Alpentourismus, dürfen, nein sollen bleiben, aber Kitsch ist out. Ein allgemeingültiges Tourismuskonzept für den alpinen Raum gibt es heute nicht mehr. Vielmehr versuchen junge Hoteliers und Architekten für jeden Ort und jedes Hotel individuell eine eigene Nische zu finden und überraschen dabei mit innovativen Konzepten. Ausgangspunkt dafür ist die Auseinandersetzung mit dem Vorhandenen, mit den über Generationen gewachsenen Charakteristiken der Alpenregion als Kulturlandschaft, die als Basis für Neues, Kreatives und Modernes dienen. Die Schwierigkeit besteht darin, nicht der Sehnsucht nach kopierter Tradition in die Falle zu gehen. Alpennostalgie ist nach wie vor in – und kann tatsächlich schick sein, wenn sie mit einem Hauch Hochglanzmagazin präsentiert wird.

Entwicklung des Tourismus im Alpenraum In den letzten 150 Jahren wurden die Alpen intensiv touristisch erschlossen, denn ihre landschaftliche

Vielfalt, kulturellen Eigenheiten, klimatischen Verhältnisse sowie ihre Lage im Zentrum Europas bieten dafür hervorragende Voraussetzungen. Die Alpenhotellerie ist als Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor im Alpenraum unverzichtbar, gleichzeitig aber auch ein wichtiges Kulturgut, das eng mit der Geschichte der Region verknüpft ist. Schon ab der Jungsteinzeit wurden die Wege über die Alpen vor allem als Reiseroute genutzt, wie der Fund des Ötzis belegt. Ab dem Mittelalter zogen immer mehr Händler, Pilger, Künstler und Sinnsuchende über die Pässe. Sie betrachteten das wuchtige Gebirge mit Ehrfurcht und vor allem Angst – das Vorankommen war mühsam und oft gefährlich. Die wirkliche touristische »Entdeckung« des Alpenraums erfolgte allerdings erst nach 1800 in der Romantik. Der 1809 von Andreas Hofer angeführte Aufstand der Tiroler gegen Napoleon machte die Alpen auch im Ausland bekannt und rief Achtung hervor. In dieser Zeit verloren die Alpen ihren Schrecken, sie wurden zunehmend als zwar rohe, aber berauschend schöne Naturkulisse wahrgenommen. Im Ausland prägten vor allem Tiroler Wanderhändler, die in Tracht durch die Lande zogen, um ihre Waren zu verkaufen, die Vorstellung von den Alpenbewohnern. Sie verbreiteten das Bild vom traditionellen Alpenländler, das aus den Köpfen der Menschen über Generationen nicht mehr verschwand. Und »dahoam« vor Ort schickte man sich alsbald an, dem Klischee zu entsprechen. Um der


architecture and design. Buildings always display the character of their owners and their location, and many travellers are looking for just that in their holiday accommodation: authentic architecture reflecting history and culture, present and future.

Change in the Alpine region For many, the expression “Alpine look” calls to mind charming as well as kitsch images: Heidi-style scenes with lederhosen and dirndl dresses in a panoramic mountain setting, complete with some yodelling in the background. But a rethink is well overdue, because there is another side to the Alpine area – modern, straight-lined, environmentally aware and sustainable. By making use of 21st century design vocabulary and methods, young designers, architects and hotel owners have created a dynamic version of the old-established Alpine tourism within the last few years. A fine line divides the two. The new creative generation has no desire to push aside or radically tear down all that is old. Instead, the aim is to bring traditional values, designs, colours and characteristics in line with the architectural requirements and

style developments of today‘s travel scene. Designs aim to offer an environment for modern life and living in an attractive, functional and aesthetically pleasing architecture – both inside and out. Building concepts also profit from the international education of the young generation of architects, for whom a global intellectual exchange is normal. The change in the architecture of holiday accommodation initially started in the Alto Adige/South Tyrol region of the Alps. A first landmark project in the early 1970s was the Seehotel Ambach by Lago Caldaro (ill. p. 14) – a modern timeless interpretation of hotel architecture by Othmar Barth. Nothing major happened after that, until Matteo Thun, an architect from Bolzano, caused a stir with his design of the Vigilius Mountain Resort near Lana in 2002/03: a bold, ground-breaking, as well as sustainable elongated structure, with a flat green roof, large window fronts and a larch wood façade (ill. p. 15). Thun didn‘t stop there, but immediately followed this with his Pergola Residence in Algund. Here too, the interior design was clear and minimalistic, while the exterior architecture echoed the characteristic shape of the local South Tyrolean

pergola-style vine training system. Despite much shaking of heads on the part of other hoteliers and local residents, Thun and the hotel operators managed to attract new guests with an interest in architecture to the Alto Adige/South Tyrol region with the two buildings. In the media, the North Italian province was suddenly referred to as a cool destination rather than a sleepy pensioner’s paradise. In the years that followed, many hotels and vacation apartments with modern designs were built, but old building fabric was also carefully renovated with a sensitive interpretation of contemporary style. The trend continued in the Vorarlberg region before finally reaching the rest of the Alpine area, although less pronounced. It ended a period of frantic holding on to apparent traditions characterised by increasingly cheaper travel offers. Accommodation in the Alps scared off the more discerning traveller for years. One was either confronted with sins of concrete construction committed in the 1970s, trivialised with kitsch in the form of crocheted flowery coverlets, or had to put up with table waste bins and cheap-looking veneer bedroom furniture. Modern, uncluttered design was nowhere to be found. Having grown old with their

OBEN TOP Seehotel Ambach, Kaltern (IT) 1973, Othmar Barth Seehotel Ambach, Caldaro (IT) 1973, Othmar Barth RECHTS RIGHT Vigilius Mountain Resort, Lana (IT) 2003, Matteo Thun Vigilius Mountain Resort, Lana (IT) 2003, Matteo Thun

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LEBEN UND REISEN IM ALPENRAUM LIVING AND TRAVELLING IN THE ALPS LINKS LEFT Winterstube, berge, Aschau im Chiemgau (DE) 2009, Nils Holger Moormann Winter room, berge, Aschau im Chiemgau (DE) 2009, Nils Holger Moormann RECHTS RIGHT Naturteich, Dahoam Naturresidence, Schenna (IT) 2010, Manuel Benedikter Natural pool, Dahoam Nature Residence, Scena (IT) 2010, Manuel Benedikter

Das Hotel Weisses Kreuz mit dem Ansitz zum Löwen in Burgeis (siehe S. 128) wiederum ist ein gutes Beispiel für einen gelungen Um- und Anbau. Seit acht Jahrhunderten bestimmt die denkmalgeschützte Fassade des im 13. Jahrhundert erbauten Gebäudes das malerische Dorfbild. Über Jahre blieb ein Großteil des Hauses ungenutzt, erst mit der Zeit entdeckte die Besitzerfamilie den Wert des Gebäudes und der original erhaltenen Stuben. 2012 begann sie mit der Renovierung und errichtete einen zeitgemäßen Anbau, der sich nahtlos, aber modern in die bestehende Struktur einfügt. Klare Formen und Linien, viel Glas, Licht, dezente Farben und Kunst stehen im Vordergrund. Im Erdgeschoss gibt es einen Feinkostladen und eine Bar, die wieder Leben in die Dorfmitte bringen. Auch das historische Hotel Gams im Bregenzerwald (siehe S. 154) aus dem Jahr 1648 stellt heute mit den ergänzenden Neubauten eine ähnliche Symbiose aus Tradition und Moderne dar. Das Design verdeutlicht, dass die Zeit hier nicht stehen geblieben ist. Die Inhaber Ellen Nenning und Andreas Mennel schufen außergewöhnliche Raumkonzepte – moderne Materialien und Farben mischen sich mit charmantem Landhausflair. Für die Herberge berge in Oberbayern (siehe S. 50) wurde ein denkmalgeschütztes, aber baufälliges Gebäude auf einem neu erworbenen Grundstück für eine Lagerhalle der Firma Moormann Schritt für Schritt erkundet und freigelegt. Dabei sollte so viel wie möglich von der Substanz erhalten bleiben. Heute ist das Haus eine Unterkunft der besonderen 22


Art mit 16 individuellen Quartieren für Selbstversorger, aber auch der Möglichkeit, das Frühstück in schicken Tütchen direkt vor die Tür geliefert zu bekommen. Das Design ist schlicht, Architektur wie Inneneinrichtung sind mit optischen Akzenten ein moderner Hingucker. Glamouröser ist das Pfisterhaus beim Hotel Schloss Sonnenburg im Südtiroler Pustertal (siehe S. 88), es besticht aber mit ähnlich schlichtem Design in einem gotischen Gebäude aus dem Jahr 1470. Die Architekten Gert Forer und Ursula Unterperting gestalteten das Haus zu einem luxuriösen Refugium um, das Tradition und Moderne verbindet. Bei der Renovierung wurden historische Bauelemente wie die alten Deckenbalken oder die gotische Fassade mit Quaderverputz historisch exakt saniert. Die Felsen, an die das Haus gebaut wurde, sind sichtbar geblieben und geben dem Inneren eine alpine Atmosphäre. Neue Einbauten wie der Stubenofen sind in schlicht-modernem Stil ausgeführt. Das Zusammenspiel von Natur und Alpencharakter, die Persönlichkeit der Gastgeber, der Einsatz natürlicher und regionaler Materialien – mit diesen Zutaten hat sich die moderne Architektur in der Alpenregion geradezu eine Parallelexistenz geschaffen. Sie ist selbstbewusst und wie die Menschen dort zwar von jahrhundertealten Traditionen geprägt, aber nicht davon bestimmt. Man ist auf die Wurzeln ebenso stolz wie auf das moderne Denken und das neue Design – eine Kombination, die einzigartige Tourismusformen geschaffen hat und weiterhin schaffen wird.

in Burgeis (see p. 128) on the other hand, is a good example of a successful conversion and extension. The listed façade of the 13th century building has been dominating the picturesque village square for eight centuries. A large part of the house remained unused for years until the owners began to discover the value of the building and its well-preserved rooms. Renovation work commenced in 2012 and a modern extension fitting seamlessly into the existing structure was built. Clear shapes and lines, lots of glass, light, subdued colours and art are important features. A small bar and a delicatessen on the ground floor bring back life to the centre of the village. Dating back to 1648, the historic Hotel Gams in Bregenz Forest (see p. 154) has become a similar symbiosis of tradition and modernity. The design clearly illustrates that time has not stood still here. The owners Ellen Nenning and Andreas Mennel created extraordinary spatial concepts – modern materials and colours merge in the spacious premises with charming country house flair. In contrast, the berge hostel in Upper Bavaria (see p. 50) was never planned to be what it is now. A listed but derelict building on a plot of land originally bought by the Moormann company to accommodate a warehouse, was explored and uncovered in a step-by-step process, with the aim of retaining as much as possible of the building fabric. Today, the house is a hostel of a special kind, with 16 individual self-catering

accommodation units and an option to have breakfast delivered to the door in attractive little bags. The design is simple, while architecture and interior furnishings are turned into modern accentuated eye-catchers. Although the Pfisterhaus of Hotel Schloss Sonnenburg in the Val Pusteria in Alto Adige/South Tyrol (see p. 88) is more glamorous, it impresses with an equally simple design in a Gothic building dating back to 1470. The architects Gert Forer and Ursula Unterperting turned the house into a luxurious refuge combining tradition and modernity. The refurbishment involved true-to-detail restoration of historical building elements, such as old ceiling beams or a Gothic ashlar-plastered façade. The rocks onto which the house was built are visible inside and impart the interior with an Alpine atmosphere. New built-in elements such as an oven have a plain modern design. The interplay of nature and Alpine character, the personality of the landlords and the use of natural and regional materials – all these factors have given rise to a kind of parallel existence of modern architecture in the Alpine region. One which is self-confident and like the people there, characterised by traditions going back many centuries, but not governed by them. Pride in one’s roots and heritage is coupled with pride in modern thinking and new design – a combination that has produced and will continue to produce unique forms of tourism. 23


Jörg Schröder

ALPINE BAUKULTUR DER ZUKUNFT ALPINE BUILDING CULTURE IN FUTURE

Für das Bauen in den Bergen forderte Adolf Loos »Baue nicht malerisch. Überlasse solche wirkung den mauern, den bergen und der sonne. […] Achte auf die formen, in denen der bauer baut. Denn sie sind der urväterweisheit geronnene substanz. Aber suche den grund der form auf. Haben die fortschritte der technik es möglich gemacht, die form zu verbessern, so ist immer diese verbesserung zu verwenden. […] Sei wahr! Die natur hält es nur mit der wahrheit. Mit eisernen gitterbrücken verträgt sie sich gut, aber gotische bögen […] weist sie von sich. Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine verbesserung bedeuten, sonst bleibe beim alten. Denn die wahrheit, und sei sie hunderte von jahren alt, hat mit uns mehr inneren zusammenhang als die lüge, die neben uns schreitet.«1 Diese Sätze waren – und sind – natürlich eine Provokation. Als Loos sie 1913 schrieb, wurden in den Alpen bereits seit dem Beginn des modernen Tourismus etwa 100 Jahre zuvor Hotels, Chalets, Restaurants, Hütten, Bahnhöfe und natürlich die damit verbundenen Infrastrukturen gebaut. Die Diskussion, mit welcher Haltung neue Strukturen in die Alpen eingefügt werden sollen, ist also heute bereits zwei Jahrhunderte alt. Zu Themen wie Kontextualisierung, Landschaftsbezug oder Regionalität gab und gibt es unterschiedlichste Ansätze wie zum Beispiel den Heimatschutz, die internationale Moderne oder den kritischen Regionalismus. Sie alle nehmen eine bestimmte Position zwischen 24

Moderne und Tradition ein.2 Loos betont in seinen »Regeln« vor allem die Rolle des Verständnisses von Natur und Landschaft in Beziehung zu menschlichen Eingriffen – letztlich sind auch die Hochalpen mit ihrem Wege- und Hüttensystem kulturlandschaftlich geprägt, die Täler sowieso. Inwiefern sich die vorrangig ästhetisch bestimmten Vorstellungen der Stadtbewohner von wilder, selbstbestimmter Natur und der Anspruch an ihre Nutzung zusammenbringen lassen mit lokalen Identitäten, der möglichen kulturellen und wirtschaftlichen Dynamik der Peripherie und den darin vorgefundenen kulturellen, sozialen und auch wirtschaftlichen Werten – das alles sind Fragestellungen, die in Zusammenhang mit der globalen Fokussierung auf Dichte und Nachverdichtung stehen. Der Schweizer Architekt Gion A. Caminada hat neun Thesen zur Stärkung der Peripherie aufgestellt, die eine ganzheitliche Betrachtung des alpinen und randalpinen Siedlungs- und Naturraums postulieren.3 In einer regionalen Sichtweise werden dafür – neben möglichen Impulsen aus der Peripherie oder einer Neuentdeckung von Lebens- und Zeitmustern – vor allem die Veränderungen in der Landwirtschaft und deren zukünftige Ausrichtung im Spannungsfeld zwischen Industrialisierung, der Aufgabe der Berglandwirtschaft und den neuen Perspektiven einer multifunktionalen Agrikultur eine wesentliche Rolle spielen. Dieser Wandel hat großen Einfluss, nicht nur auf das landwirtschaftliche Bauen, sondern auf die Kulturlandschaft insgesamt.

Die wesentliche Provokation von Loos – die Spannung zwischen Tradition und Moderne – ist einerseits beantwortet: Ein Großteil des Bauens in den Alpen steht heute im Zusammenhang mit industrialisierten Fertigungsmethoden. Andererseits lohnt es gerade im Hinblick auf die aktuelle Präsenz von Energiefragen und Ökologie, sich genauer anzusehen, auf welche Weise traditionelles Bauen seit jeher auf die Gegebenheiten wie Topografie, Naturgefahren und Verfügbarkeit von Energie reagiert hat. Mit der Wiederentdeckung dieses Themas macht sich auch das heutige Bauen das zunutze, was man »vernakuläre Intelligenz« nennen könnte. Die Traditionen in den Alpen sind nie ganz verschwunden und heute werden lokale Baumaterialien, Steinbrüche und Sägewerke wiederentdeckt, Handwerkstechniken wieder eingeführt, regionale Wirtschafts- und Stoffkreisläufe erneut etabliert. Einen festgefügten Kodex für traditionelles Bauen gab es nie, dieser entstand als gedankliches Konstrukt erst in den Diskussionen des 20. Jahrhunderts. Über die Jahrhunderte hat sich das Bauen auch hier immer fortentwickelt, durch Fehler und Irrtümer, sich wandelnde Formen und Gestalten, durch die Anpassungen an neue Aufgaben. Und stets weist es einen nahtlosen Bezug zur Gegenwart auf, zur Moderne, zu neuen Technologien.

Alpine Baukultur Im Alpenraum vereinen sich einzigartige Natur- und Kulturlandschaften mit unverwechselbaren regionalen Bauformen, die durch jahrhundertelange


On the subject of building in the mountains, Adolf Loos said “Do not build in a picturesque manner. Leave such effects to the walls, the mountains and the sun. […] Pay attention to the forms in which the locals build. For they are the fruits of wisdom gleaned from the past. But look for the origin of the form. If technological advances made it possible to improve the form, then always use this improvement. […] Be true! Nature only tolerates truth. It copes well with iron truss bridges, but rejects Gothic arched bridges […]. Have no fear of being chastised as outdated. Changes in the old building techniques are only allowed when they mean an improvement on them, otherwise remain with the old. For even if it is hundreds of years old the truth has more connection with our innermost feelings than mendacity, which paces alongside us.”1 These sentences naturally were – and are – provocative. When Loos wrote them in 1913, construction of hotels, chalets, restaurants, huts, train stations and associated infrastructure had already been going on in the Alps since modern tourism began 100 years earlier. The discussion about the attitude towards addition of new structures in the Alps is therefore already two hundred years old. Various approaches – such as homeland protection, international modernism or critical regionalism – to subjects like contextualisation, relation to landscape or regionalism existed and still exist. They all adopt a specific stance between modernity and tradition.2 In his “Rules”, Loos particularly emphasises the role of understanding nature and

OBEN TOP Traditionelle alpine Architektur, Selva di Cadore, Belluno (IT) Traditional Alpine architecture, Selva di Cadore, Belluno (IT)

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ALPINE BAUKULTUR DER ZUKUNFT ALPINE BUILDING CULTURE IN FUTURE LINKS LEFT Stiva da morts (Totenstube), Vrin (CH) 2005, Gion A. Caminada Stiva da morts (Wake Room), Vrin (CH) 2005, Gion A. Caminada RECHTS RIGHT Beispiele für Siedlungsstrukturen: Streusiedlung in den Nordalpen (1), ursprüngliches Straßendorf mit großen Neubaugebieten (2), peripherer ursprünglicher Siedlungskern (3), dichter Siedlungskern mit Erweiterungen in der Landschaft (4) Examples of settlement structures: Dispersed settlement in the northern Alps (1), original linear village with large new-build areas (2), peripheral original nucleus of settlement (3), dense nucleus of settlement with extensions in the landscape (4)

Anpassung an die geografischen und klimatischen Bedingungen entstanden sind. Sie tragen heute wesentlich zur Attraktivität der Alpen als Lebensund Freizeitraum bei. Um dieses kulturelle Erbe zu erhalten und weiterhin nutzen zu können, muss es mit den Herausforderungen und Bedürfnissen der Gegenwart in Einklang gebracht werden. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist es, die Prinzipien der regionalen traditionellen Architektur zu verstehen, anzuwenden und weiterzuentwickeln. Alpine Baukultur lässt sich als ganzheitliches Konzept verstehen, das auch Infrastrukturen mit einschließt. Es setzt traditionelles und modernes Bauen in ein sinnvolles Verhältnis und bringt vor allem die beteiligten Akteure und die Öffentlichkeit in einen Dialog, wie der Raum der Alpen in Zukunft aussehen soll. Alpine Baukultur lebt von regionalen Differenzen, von Überschneidungen, Einflüssen, Eingefügtem, Weitergeführtem. Das im Rahmen des Alpenraumprogramms der Europäischen Union geförderte Projekt »AlpHouse«4 zum Beispiel berücksichtigt spezielle Aspekte des Themas der alpinen Baukultur. Auf Grundlage einer Analyse regional unterschiedlicher Potenziale und Herausforderungen an die Baukultur entwickelten die Projektpartner im Zuge des Bildungsprojekts Fortbildungsveranstaltungen für Bauherren, Handwerker, Architekten, Fachplaner und politische Entscheidungsträger. Ziel des Projekts »AlpHouse« ist es, ein Qualitätsbewusstsein für die Renovierung alpiner Bauten zu fördern. Es soll aufzeigen, wie sich traditionelle Bauformen und Siedlungsstrukturen erhalten und gleichzeitig ihre Energieeffizienz 26


1 Andelsbuch/ Vorarlberg (AT)

2 Kuchl/ Tennengau (AT)

landscape in relation to human interventions – the cultural landscape of even the High Alps, not to mention the valleys, is after all shaped by its system of paths and huts. The extent to which primarily aesthetically based conceptions of urbanites of wild and self-determined nature and the entitlement to use it can be reconciled with local identities, possibly existing cultural and economic dynamics of the periphery and the inherent cultural, social and economic values – all these are issues connected to a global focus on density and densification. The Swiss architect Gion A. Caminada proposed nine theses for strengthening the periphery, which postulate a holistic consideration of settlement areas and natural open space in and around the Alps.3 From a regional point of view, a particularly important role will be played by changes in farming and the future orientation of this in the controversial setting encompassing industrialisation, the activity of Alpine farming and new perspectives of multifunctional agriculture – in addition to possible impulses from the periphery or a new discovery of lifestyle and time patterns. This change not only has a major impact on agricultural building, but on the cultural landscape as a whole. On one hand, the response to the essential provocation by Loos – the tension between tradition and modernity – is clear: most of today’s building in the Alps is associated with industrial manufacturing methods. On the other hand and especially in view of the current relevance of energy and ecology issues, it is well worth taking a closer look at the way in which traditional building has always reacted

3 Chiuro/ Valtellina (IT)

to topographical conditions, natural hazards and the availability of energy. With the renewed discovery of this topic, contemporary building is also in a position to make use of what one could call “vernacular intelligence”. The traditions of the Alps never disappeared completely, as illustrated by rediscovery of local building materials, quarries and saw mills, reintroduction of craftsmanship skills and re-establishment of regional economic and material cycles. A prescribed code for traditional building never existed as such, but only came about as a theoretical construct in the course of 20th century discussions. The art of building continued to develop over the centuries, through trial and error, changing forms and designs, and through adaptations to new tasks. And yet there is always a seamless relation to the present; to modernity and to new technologies.

Alpine building culture In the Alpine region, unique natural and cultural landscapes contain distinctive regional types of constructions that have come to exist through centuries of adaptation to geographic and climatic conditions. They are a considerable factor contributing to today’s attractiveness of the Alps as a living and leisure environment. Preservation and continued use of this cultural heritage requires bringing it in line with contemporary challenges and requirements. An important prerequisite for this lies in the understanding, application and further development of the principles of traditional regional architecture.

4 Saou/ Val de Drôme (FR)

Alpine building culture can be comprehended as a holistic concept that also includes infrastructure. It puts traditional and modern building in an expedient relation, furthermore it engages both the parties involved and the public in a dialogue about what Alpine space should look like in the future. Alpine building culture thrives on regional differences, overlaps, influences, insertions or progressions. Special aspects of Alpine building culture are taken into consideration, for example, in the “AlpHouse”4 project supported by the European Union’s Alpine Space programme. Based on an analysis of regionally varying potentials and challenges of building culture, the partners of the educational project developed training events for house builders, craftsmen, architects, planners and political decision-makers. The objective of the “AlpHouse” project is to promote quality awareness in the renovation of Alpine constructions. It is intended to show how traditional construction types and settlement structures can be preserved in conjunction with simultaneous improvement of their energy efficiency and ecological balance. The project aims to contribute towards sustainable, usage-relevant preservation and further development of Alpine architecture. Special focus is placed on the subjects described below.

Building culture and energy ivwV i VÞ Extreme climatic and topographical conditions and limited space for settlement have always 27


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CHETZERON Crans-Montana, Wallis/Valais (CH)

Inhaber Owner: Sami Lamaa www.chetzeron.ch Architekten Architects: Ambroise Bonvin, Actescollectifs Architectes Region Region: Crans-Montana, Wallis Crans-Montana, Valais Lage ü. N. N. Altitude above sea level: 2112 m Typ Type: Hotel Hotel Zimmeranzahl Number of rooms: 16 Baujahr / Baumaßnahme Year of construction / Construction work: 2009/2014 (Umbau Conversion) Material Material: Beton, Stein, Holz Concrete, stone, wood Konstruktion Construction: Umnutzung Conversion Besonderheiten Special features: Ehemalige Gondelstation Former mountain station

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In der ehemaligen Bergstation einer stillgelegten Gondelbahn mitten im Skigebiet Crans-Montana wurde dieses Hotel geschaffen. Die besondere Lage auf einem Plateau auf 2112 Metern eröffnet einen 360-Grad-Rundblick in die höchsten Schweizer Berge des Wallis. Die ursprüngliche Liftstation wurde 1960 erbaut und 2003 stillgelegt, weil vis-àvis eine neue Anlage gebaut wurde. Das Refugium ist heute nur noch zu Fuß von Crans-Montana, über die nahegelegene neue Gondelstation, im Winter auf Skiern oder im Sommer über die Forststraße erreichbar. Die Zufahrt ist ausschließlich dem hoteleigenen Geländewagen erlaubt. Der Inhaber, Sami Lama, ist in dieser Region zu Hause, seines Zeichens Hotelier und begeisterter Skifahrer, der nach der Stilllegung die Idee hatte,

diese skelettartige industrielle Betonstruktur zu einem Hotel und Restaurant umzubauen. Zumal oberhalb von 1600 Metern in der Schweiz kein neues Hotel mehr gebaut werden darf. In Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Architekten, die die Ideen des Bauherrn aufgegriffen und verstanden haben, wurde das funktionale Bauwerk umgedacht. Planer und Bauherr haben sich auf ein ungewöhnliches Gebäude eingelassen und ehrgeizig dessen Umnutzung verfolgt, bei der die ursprüngliche Nutzung als Gondelstation noch ablesbar ist. Der erste Bauabschnitt startete 2008 mit der Renovierung und Erweiterung des bestehenden Restaurants. Auf die Freigabe des zweiten Bauabschnitts mit der Erweiterung zum Hotel wartete der Inhaber insgesamt fünf Jahre. Vollständig fertiggestellt


LINKS LEFT Ansicht Chetzeron View of Chetzeron RECHTS RIGHT Fassadenansicht, Schnitt Facade view, Section UNTEN BELOW Rezeption in der ehemalige Gondelhalle Reception in the former gondola hall

Situated right in the middle of the Crans Montana skiing area, this hotel used to be the mountain station of a no longer operational cable car service. Its unique location on a plateau at an altitude of 2,112 m offers a 360-degree panorama of Switzerland’s highest peaks in the Valais region. Built in 1960, the former cable car station was put out of service in 2003, when it was replaced by a new facility facing it. The retreat can be accessed from Crans Montana via this new cable car station, followed by a stretch on foot – in winter on skis or in summer along a forest road. Access by car is restricted to the hotel’s own cross-country vehicle. The owner, Sami Lama, is at home in this region. As a hotelier and avid skier, it was his idea to turn this skeleton-like industrial concrete structure into a hotel and restaurant after the building was abandoned, especially as it is now prohibited in Switzerland to build hotels above an altitude of 1,600 m. The functional construction was redesigned in collaboration with a local architects’ office, which understood and incorporated the ideas of the owner. Both the owner and the architects engaged with this unusual building and zealously supervised its conversion – with the original use as a cable car station still legible. The first building phase, encompassing the renovation and extension of the existing restaurant, commenced in 2008. Five years elapsed before the owner was given the go-ahead for the second building phase, involving an extension to create a hotel. Rooms, function areas, outdoor pool and wellness facilities were finally completed in the summer 69


CHETZERON Crans-Montana, Wallis/Valais (CH)

Stromerzeugung und eine Pelletanlage für Heizung (auch den Pool) und sommerliche Kühlung mit Wärmerückgwinnung tragen zur gelebten und notwendigen autonomen Versorgung bei. Die Wasserversorgung wird durch den neuen ChermignonStausee sichergestellt. Die eigentliche Struktur des Gebäudes mit den industriellen Stützen und Unterzügen aus Stahlbeton stammt aus der ursprünglichen Gondelstation und ist erhalten geblieben. In der ehemaligen Einfahrt befindet sich jetzt eine große Halle, die zweigeschossig verglast wurde und einen atemberaubenden Ausblick auf die umliegenden Berge bietet. Trotz des großen Volumens strahlt die Halle eine warme Atmosphäre aus, was in wesentlichen Teilen an der neu eingefügten Struktur der rhythmisch angeordneten Holzlamellen 72

liegt. Die ebenfalls heimische Walliser Eiche und der regionale Stein sind die zentralen Materialien in den Zimmern. Mit großzügigen Fensterfronten, in die Sitznischen integriert sind, wird der Fokus auf den großartigen Ausblick auf die umliegenden Berge gelenkt. Insgesamt sind die Materialität und Farbigkeit sehr reduziert und der umliegenden Natur entlehnt. Die Ausführung der Um- und Einbauten wurde nahezu komplett von regionalen Handwerkern ausgeführt. Bei den Holzarbeiten waren zum Beispiel mehrere Handwerker aus dem Ober- und Mittelwallis im Einsatz. Auffallend sind die Bekleidungen der Wände und Betten, allesamt Arbeiten aus Vollholz mit handwerklich hochwertigen gezinkten Eckverbindungen. Ein Designansatz, der sich im ganzen Hause wiederfindet, wurde von den

Lärchennadeln und Schneekristallen abgeleitet. Als Hommage an die Veränderung der Natur im Wechsel der Jahreszeiten finden sich teils organische und geometrische Muster auf den verschiedenen Materialitäten wieder. Die Ausrichtungen der insgesamt 16 Zimmer, die sich auf drei Etagen verteilen, bietet unterschiedliche Panoramen. Bei der Ausrichtung nach Osten fällt der Blick mit der aufgehenden Sonne auf das Oberwallis bis zum Simplonpass. Bei den Zimmern mit 180-Grad-Rundumsicht sind die berühmten fünf Viertausender zu sehen. Gen Süden und Westen hat der Gast den unvergesslichen Blick bis nach Frankreich mit dem Mont Blanc und der untergehenden Sonne.


LINKS LEFT Zimmer mit 180-Grad-Blick Room with a 180-degree view RECHTS RIGHT Sitznische, Junior Suite Seating alcove, Junior Suite

to providing the necessary autonomous energy supply. The supply of water is safeguarded by the new artificial Lake Chermignon. The actual structure of the building, composed of industrial supports and joists made of reinforced concrete, originates from the cable car station and has been retained. The former lift entrance area has been turned into a large hall glazed over 2 storeys, offering a breathtaking view of the surrounding mountains. Despite its large volume, the hall has a warm atmosphere, which is largely attributable to the added structure of rhythmically arranged wooden slats. Local oak from the Valais region as well as regional stone are also key materials in the rooms. Generous window fronts with integrated seating alcoves provide a fantastic view of the surrounding mountainscape. The overall materiality and colour scheme are very much reduced and based on the nature outside. Almost all of the conversion and interior construction work was carried out by local craftspeople. Several craftspeople from the Upper and Central Valais area were, for example, engaged for the woodwork. The wall and bed claddings are particularly impressive – made entirely of solid wood with exquisitely worked, dovetailed corner joints. A unifying design feature found all over the building is inspired by larch needles and snow crystals. Organic and geometric patterns decorate the variety of materials used – a homage to how nature changes in the course of the seasons. Various different panoramas are revealed from a total of 16 rooms on three floors facing different directions. Orientation to the east offers a view of the rising sun across the Upper Valais all the way to the Simplon Pass. The famous five four-thousanders can be admired from rooms with a 180-degree panorama view. Towards the south and west, visitors can enjoy an unforgettable view all the way to France, with the Mont Blanc and the setting sun. 73


07 AUFBERG Piesendorf, Salzburger Land/Salzburg Region (AT)

Inhaber Owner: Berta & Andrea Unterberger Dürnberg 266, A – 5721 Piesendorf www.aufberg.at Architekten Architects: meck architekten (Aufberg 1113); meck architekten gmbh, Axel Frühauf, Andreas Meck (Aufberg 1110) Region Region: Pinzgau, Salzburger Land Pinzgau, Salzburg Region Lage ü. N. N. Altitude above sea level: 1110 m / 1113 m Typ Type: Zwei Ferienhäuser mit je zwei Wohnungen Two holiday houses, each with two apartments Baujahr/Baumaßnahme Year of construction/Construction work: 2008 (Neubau New Construction Aufberg 1113), 2012 (Neubau New Construction Aufberg 1110) Material Material: Holz, Stein, Glas Wood, stone, glass Konstruktion Construction: Holzrahmenbau Timber frame construction Besonderheiten Special features: Besitzerinnen sind Mutter und Tochter, Heizung über Erdwärme Owners are mother and daughter, heating uses ground source heat

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Tradition und Moderne – Mutter und Tochter. Zwei unterschiedliche Gebäude, geprägt durch die zwei Bauherrinnen, geplant vom selben Architekten, einem langjährigen Gast im Gasthof der Familie Unterberger. Die Ferienhäuser, deren Name »Aufberg« sich aus der Ortschaft Aufhausen und dem Familiennamen der Inhaber zusammensetzt, liegen am Hang inmitten der Hohen Tauern, der Blick geht gen Süden, auf Gletscher und Täler. Berta Unterberger, seit 30 Jahren Vollblutwirtin und Gastgeberin mit Herz, suchte zuerst nur einen Platz für sich selbst, für »später«. Einen Ort, der Ruhe, Zeit für Gedanken und Raum für Gelassenheit bieten sollte. Von ihrem »Spatzen-« und »Schwalbennest«, wie die Wohnungen im Auf-

berg 1113 nun heißen, hatte sie sehr genaue Vorstellungen: Rundumblick, geerdet, schwebend wie ein Vogel und stark, ein bisschen wie sie selbst – so das Briefing an den Architekten Andreas Meck. Berta Unterbergers Handschrift ist in dem Gebäude allgegenwärtig. Dennoch war sie überrascht, als das erste Modell, das sie in der Hand hielt, einer »Zündholzschachtel« glich. »Und jetzt bin ich ganz verliebt in das Haus. Ja, es ist mein jüngstes Kind«, sagt sie heute. Eine Mauer mit vertikaler Betonschalung aus sägerauem Lärchenholz führt den Gast ins Haus, der Sockel trägt einen dunkel lasierten, horizontal verschalten Lärchenholzbau. Dieser ist zum Hang hin geschlossen, im Süden, wo er sich zur Landschaft öffnet, kragt ein Balkon weit aus.


Tradition and modernity – mother and daughter. Two different buildings – characterised by two individuals yet planned by the same architect, a regular at the Unterberger’s guest house for many years. The Aufberg holiday houses are situated on a slope in the midst of the High Tauern mountain range, with a southern view of glaciers and valleys. The word “Aufberg” is a combination of the place name “Aufhausen” and the owners’ family name “Unterberger”. Initially, Berta Unterberger – an innkeeper and landlady with all her heart for 30 years – was merely looking for a place for herself for “later”, somewhere quiet and peaceful, a place for thought and serenity. She had a very clear idea of what her Sparrow’s Nest (“Spatzennest”) and Swallow’s Nest (“Schwalbennest”) apartments in Aufberg 1113

were to be like and briefed the architect Andreas Meck accordingly: with a 360° view, solidly grounded, floating like a bird and strong – a little bit like herself. Berta Unterberger’s signature is all over the building. Yet she was surprised with the close resemblance of the first model that she held in her hand to a matchbox. “And now I am completely in love with the house. It’s like my youngest child,” she says today. A wall covered with concrete formwork made of vertical rough-sawn larch wood boards leads the guest into the house. The base carries a construction clad with dark varnished horizontal larch wood. Closed towards the slope, the structure opens up to the landscape towards the south and extends in a prominently protruding balcony.

LINKS LEFT Dachaufsicht der beiden Aufberg-Häuser Roof plan of the two Aufberg houses OBEN TOP Ansicht der beiden Aufberg-Häuser View of the two Aufberg houses UNTEN BOTTOM Lageplan Site plan

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AUFBERG Piesendorf, Salzburger Land/Salzburg Region (AT)

»Die Namen erklären meine Liebe zur Freiheit«, sagt Berta Unterberger über die Wohnungen im Aufberg 1113. Den Mittelpunkt des Hauses bildet auf beiden Geschossen der Kamin. Das Spatzennest im Erdgeschoss mit 47 Quadratmetern ist introvertiert, der Blick nach draußen ist gerahmt wie ein Bild an der Wand. Es verfügt über einen Patio, einen mit grauem Loden ausgekleideten Alkoven. Der in verschiedenen, großformatigen Mosaiken verlegte Fußboden aus Hartgneis ist so unkonventionell wie die Bauherrin. Er musste dreimal verlegt werden, die ersten beiden Male war das Format der Platten zu klein. Im Obergeschoss liegt das Schwalbennest mit 73 Quadratmetern – extrovertiert, offen, mit Rundumblick von Osten nach Westen und einer frei schwebenden Terrasse. Vorherrschende Materialien 76

sind hier Glas und gekalkte Holzböden. Die Inneneinrichtung ist ein Mix aus persönlichen und neuen Gegenständen: Die Kissen im Alkoven sind aus vererbtem Bauernleinen der Familie genäht, die Tischplatte in der Wohnung im oberen Geschoss ist eine alte Tür vom Taxhof, dem im Tal gelegenen Gasthof der Familie. Das Bild am Eingang des Aufberg 1113 – »Alles geht von der Mitte aus« – steht sinnbildlich für die Haltung der Besitzerin. “The names reflect my love of freedom,” says Berta Unterberger about the Aufberg 1113 apartments. A chimney structure forms the centre of the house on all floors. The Sparrow’s Nest with an area of 47 square meters on the ground floor is introverted; the outside view is framed like a picture on a wall.


LINKS LEFT Ansicht Aufberg 1113 View of Aufberg 1113 LINKS UNTEN LEFT BOTTOM Entwurfsskizze Aufberg 1113 Design sketch of Aufberg 1113 RECHTS RIGHT Küche und Essbereich in der Wohnung Schwalbennest im Obergeschoss des Aufberg 1113 Kitchen and dining area in the apartment Swallow’s Nest on the upper floor of Aufberg 1113 UNTEN BELOW Grundriss Erdgeschoss (unten) und Obergeschoss (oben) Aufberg 1113 Ground (bottom) and first (top) floor plans of Aufberg 1113

It has a patio and a sleeping alcove lined with grey loden fabric. The floor composed of various largeformat hard gneiss mosaics is as unconventional as Berta. It had to be laid three times, because the format of the slabs turned out to be too small the first two times. The Swallow’s Nest on the upper floor offers 73 square metres of space – extroverted and open with a 180° view from east to west and a free floating terrace. Predominant materials are glass and limewashed wooden floors. Interior furnishings are made up of a mixture of new and personal objects: the cushions in the sleeping alcove are sewn from the family’s inherited traditional linen, and the table top in the upper floor apartment is an old door from the Taxhof, the family’s guest house in the valley. The picture near the entrance of Aufberg 77


09 HOTEL SCHLOSS SONNENBURG – PFISTERHAUS St. Lorenzen, Südtirol/San Lorenzo di Sebato, South Tyrol (IT)

Inhaber Owner: Gunther Knötig Sonnenburg 38, I – 39030 St. Lorenzen San Lorenzo di Sebato www.sonnenburg.com, www.pfisterhaus.com Architekten Architects: forer unterpertinger architekten Region Region: Pustertal, Südtirol Val Pusteria, South Tyrol Lage ü. N. N. Altitude above sea level: 831 m Typ Type: Schlosshotel, Ferienhaus Castle hotel, holiday house Zimmeranzahl Number of rooms: 38 (Schloss Castle), zwei Schlafzimmer two bedrooms (Pfisterhaus) Baujahr/Baumaßnahme Year of construction/Construction work: 1470/1970 – 2003, 2009 – 2013 (Umbau Schloss Conversion of castle); 2010 – 2013 (Umbau Pfisterhaus Conversion of Pfisterhaus) Material Material: Granit, Lärchenholz, Schwarzstahl, Loden Granite, larch wood, black steel, loden fabric Konstruktion Construction: Stein Stone Besonderheiten Special features: Steinfragmente der alten Klosteranlage, historische Gartenanlagen, 38 Meter tiefer, funktionierender Ziehbrunnen Stone fragments of old convent complex, historical garden grounds, 35-metre-deep functioning drawing well

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Der Hügel, auf dem die Sonnenburg thront, ist seit mehr als 4000 Jahren besiedelt. Wenn man hier oben steht, lässt sich auch nachvollziehen warum, denn es bietet sich ein beeindruckender Rundblick von 360 Grad auf mächtige Bergriesen bis in die Dolomiten hinein. Ist der Besitzer vor Ort, begibt man sich bei einer Führung durch die Schlossanlage mit ihm auf eine spannende Geschichtsreise. 1039 wurde die Sonnenburg als Kloster für adelige Fräulein gestiftet und in der Folge mit reichen Gütern und Besitzungen ausgestattet. Über 500 Höfe gehörten damals zum Kloster. Die geschichtliche Verbindung zu den teilweise noch existierenden Höfen wird heute wiederbelebt, indem einige von ihnen die Küche des Hotels mit regionalen Spezialitäten beliefern. 1785 säkularisierte der österreichi-

sche Kaiser Josef II. die Sonnenburg. Aufgrund gescheiterter anderer Nutzungsoptionen, zum Beispiel als Kreisamt, Gefängnis oder Messingfabrik, wurde sie aber verkauft und als Steinbruch verwendet und verkam im 19. Jahrhundert zur Ruine. 1965 kaufte Karl Knötig, der Vater des heutigen Betreibers, die Sonnenburg von der Gemeinde St. Lorenzen mit der Auflage, sie zu renovieren und zu erhalten. Von 1970 bis 2003 wurde der heutige Baukomplex unter Aufsicht des Denkmalamts erforscht, gesichert, ausgegraben, instand gesetzt und auf alten Fundamenten teilweise wieder neu errichtet. Damit die Finanzierung und als wichtige Bedingung für den künftigen Erhalt auch eine Nutzung gewährleistet sind, richtete Knötig einen Hotelbetrieb mit 80 Betten ein.


LINKS LEFT Ansicht der Schlossanlage View of castle complex RECHTS RIGHT Gotischer Flur mit Kreuzgratgewölbe Gothic corridor with groin vaulting

Evidence of human settlement on the hill on which the Castel Badia (the Italian name of the Sonnenburg) is located, dates back 4000 years. Looking down from there, it’s quite obvious why: the 360° view of gigantic mountains all the way to the Dolomites is astounding. If the owner happens to be there, you can look forward to a very interesting tour of the castle grounds with him. In 1039, the Sonnenburg became a convent for aristocratic ladies and the endowment included a wealth of properties and possessions. Over 500 farms belonged to the convent in those days, some of which still exist today. The old connection has been revived in the sense that several of these farms supply the hotel kitchen with regional specialities. In 1785, the Sonnenburg was secularised by Marie Antoinette’s brother, the Holy Roman Emperor Joseph II. After a series of failed alternative uses – as a regional administrative office, a prison or brass factory for instance – the castle was finally sold. After being used as a quarry, it was no more than a ruin in the 19th century. Karl Knötig, the father of the present owner, bought the castle from the municipality of St. Lorenzen with the conditional requirement to renovate and maintain it. A lot of work was carried out under the supervision of the office for preservation of historic buildings between 1970 and 2003, including preliminary exploratory work, excavation, securement, repair and rebuilding structures on the old foundations. Knötig set up a hotel with 80 beds – a suitable usage for safeguarding the necessary financing and for fulfilment of the long-term maintenance 89


HOTEL SCHLOSS SONNENBURG – PFISTERHAUS St. Lorenzen, Südtirol/San Lorenzo di Sebato, South Tyrol (IT)

OBEN TOP Schießscharten als Fenster im Wohn-/Essbereich des Pfisterhauses Arrow slits as windows in living/dining area of Pfisterhaus RECHTS RIGHT Grundrisse Pfisterhaus Floor plans of Pfisterhaus GANZ RECHTS FAR RIGHT Küche im Pfisterhaus mit rußgeschwärzter Decke Kitchen in Pfisterhaus with soot-blackened ceiling

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Seine Besonderheit verdankt das Pfisterhaus vor allem der spürbaren Geschichte sowie den vielen Details. Historische Bauelemente wie die alten Deckenbalken oder die gotische Fassade mit Quaderverputz sind detailgetreu saniert. Die erst beim Umbau entdeckten Schießscharten wurden restauriert und verglast. Damit sich die schmalen Öffnungen als Ausguck nutzen lassen, steht der zuerst hier geplante Esstisch nun an einer anderen Stelle. Im unteren Geschoss ist dank der Freilegung des Kreuzgratgewölbes mit seinem massiven Mittelpfeiler die ursprüngliche Form des großen Raums wieder erlebbar. Ebenso sind die Felsen, an die das Haus gebaut wurde, sichtbar belassen. Sie sorgen in den Räumen für eine behagliche, alpine Atmosphäre.

as a room divider as well as a sculpture. What makes the Pfisterhaus so special is its obvious history and numerous details. Historical building elements, such as old ceiling beams or the Gothic façade with ashlar plastering, were all restored true to detail. The arrow slits discovered during conversion were renovated and glazed. In order to allow the narrow openings to be used as lookouts, the originally intended position of the dining table was changed. The former appearance and atmosphere of the large room on the lower floor has been reinstated by exposure of the groin vaulting with its massive central support structure. The intentional visibility of the rocks onto which the house was built, creates a snug alpine atmosphere in the rooms.


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15 MATTLIHÜS Oberjoch, Bayern/Bavaria (DE)

Inhaber Owner: Alexander Geißler Iselerstrasse 28, D – 87541 Oberjoch/Bad Hindelang www.mattlihues.de Architekten Architects: Vitalarchitektur Hans-Peter Meyer Region Region: Oberallgäu, Bayern Oberallgäu, Bavaria Lage ü. N. N. Altitude above sea level: 1200 m Typ Type: Biohotel Organic hotel Zimmeranzahl Number of rooms: 12 Baujahr/Baumaßnahme Year of construction/Construction work: 2010 (Erweiterung Extension) Material Material: Holz, Lehm Wood, loam Konstruktion Construction: Holzmassivbau Solid timber construction Besonderheiten Special features: Bei der Herstellung der Massivholzfertigteile vollständiger Verzicht auf Metall- und Klebeverbindungen Completely without any metal and glued connections in the production of the solid timber prefabricated elements

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Mitten im Skigebiet, am Fuße des Iselers mit fantastischem Blick auf die umliegenden Berge, steht das Holzhotel Mattlihüs. Der Bauherr, gelernter Koch mit Sterneerfahrung und Feng-Shui-Ausbildung, hat nach langjähriger Führung des elterlichen Hotels seine eigene Philosophie in einem komplett aus Holz errichteten Erweiterungsbau umgesetzt. Sein Ziel war es, baubiologische Aspekte und gesundheitsfördernde Materialen zu kombinieren sowie das Gebäude mit einem Architekten und Handwerkern aus der Gegend zu errichten. Die Kubatur des entstandenen Baus entspricht der regional typischen Architektur mit überstehendem Satteldach und vorgehängten, aber geschützten Balkonen. Neu- und Altbau bilden eine L-Form, in deren Winkel der neue Eingang liegt.

Alexander Geißler spricht bei mit seinem »neuen« Mattlihüs von »Einstofflichkeit«, womit er meint, dass der gesamte dreigeschossige Wohnbereich oberhalb des eingegrabenen Sockelgeschosses in Holzmassivbauweise errichtet ist. Sowohl im Rohals auch im Ausbau kam Holz mit tragender, dämmender und gestalterischer Funktion zum Einsatz, wobei die Massivholzfertigteile völlig ohne Metalle und Klebeverbindungen produziert wurden. Die raumseitigen Oberflächen sind roh belassen, an den Lärchenschindeln der Fassade wird sich mit den Jahren die Witterung ablesen lassen. Herausforderungen waren die hohen statischen Anforderungen durch Schneelasten sowie für Brand- und erhöhten Schallschutz. Dennoch konnte der Neubau in nur sieben Monaten umgesetzt werden.


LINKS LEFT Ostansicht des Erweiterungsbaus East elevation of extension building RECHTS RIGHT Treppenaufgang zum Gaubenzimmer Stairs to dormer window room

The wooden hotel Mattlihüs is situated right in the middle of a skiing area at the foot of the “Iseler” mountain, with a fantastic view of the surrounding mountains. After many years of managing his parent’s hotel, Alexander Geißler, who is a professional chef with star-level experience and feng shui training, decided to realise his own philosophy in an extension building constructed completely of wood. The combination of building biology aspects with health-promoting materials was one priority, while using a regional architectural firm and local craftsmen to create the building was another. The shape of the construction corresponds to the typical architecture of the region, with a protruding gable roof protecting the attached balconies. A new entrance is enclosed by the L-shape created by the old and new building. When Alexander Geißler talks about his “new” Mattlihüs, he uses the term “single materiality”. With this he means that the entire three-storey living area above the semi-basement integrated in the hillside is a solid wood construction. Wood was used both for the envelope and finishing work, fulfilling load-bearing, insulating and design-related functions, without resorting to metals or glued joints. While the original state of the wooden surfaces is retained in the rooms, the larch wood shingles on the outer façade will show signs of weathering over the years. Challenges included structural aspects taking into account snow loads, as well as fulfilment of fire protection and sound insulation requirements. The new construction could nevertheless be realised within a period of only seven months. 125


MATTLIHÜS Oberjoch, Bayern/Bavaria (DE)

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In der Umgebung des auf 1200 Metern Höhe gelegenen Hotels lassen sich die klare, reine Luft und die herrliche Natur genießen. Auch in den Innenräumen ist das Erleben der Natur sehr intensiv. Fichte und Zirbe prägen nicht nur optisch die Räume, auch ihr Geruch ist allgegenwärtig. Die naturverbundenen Inhaber betreiben ihr Haus konsequent nachhaltig, zum Beispiel mit Regenwasser für Toilettenspülungen und Brauchwasser oder Strom aus regenerativen Quellen. Auch baubiologische Aspekte finden Berücksichtigung, darunter etwa die Feldfreischaltung in allen Schlafräumen, atmungsaktive Wände, die die Feuchtigkeit


LINKS LEFT Galeriezimmer Gallery room LINKS UNTEN LEFT BELOW Schnitt Section RECHTS RIGHT Grundriss des Erweiterungsbaus mit neuer Rezeption Floor plan of extension building with new reception

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regulieren sowie gesunde Materialien, frei von Chemie und Ausdünstungen. Die Küche mit biologischen und regionalen Produkten sowie Kräutern aus dem eigenen Garten ergänzt diese Bestrebungen perfekt. Tipps: Spaziergang mit der Gastgeberin, die auf Kräuter- und Heilpflanzenkunde spezialisiert ist Hindelanger Klettersteig für Sportliche Genusswanderer kaufen Käse auf der Sennalpe, der direkt vor Ort verspeist immer am besten schmeckt!

Clear pure air and uplifting nature can be enjoyed in the surroundings of the hotel situated at an altitude of 1200 metres. The intense experience of nature doesn’t stop there though, but continues inside Mattlihüs. Spruce and Swiss pine not only dominate the rooms visually, but also by their fragrance. The owners are close to nature and run the hotel in a consistently sustainable manner: rainwater is used as service water and to flush toilets and electricity obtained from regenerative sources is utilised. Building biology related aspects are also taken into account, such as bedrooms free from electromagnetic pollution, breathable walls that regulate mois-

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ture and healthy emission-free natural materials. This is rounded off perfectly by the restaurant’s use of organic and regional products as well as herbs from the hotel garden. Tips: Take a walk with the landlady, a specialist in herbs and medicinal plants The via ferrata “Hindelanger Klettersteig” for climbers More leisurely hikers can buy cheese at the alpine hut “Sennalpe”, which tastes best right there! 127


19 BRIOL – HAUS SETTARI Barbian-Dreikirchen, Südtirol/Barbiano-Tre Chiese, South Tyrol (IT)

Inhaber Owner: Johanna Fink von Klebelsberg I – 39040 Barbian-Dreikirchen Barbiano-Tre Chiese www.briol.it Architekten Architects: Hubert Lanzinger (Briol), bergmeisterwolf architekten (Haus Settari) Region Region: Eisacktal, Südtirol Valle Isarco, South Tyrol Lage ü. N. N. Altitude above sea level: 1310 m Typ Type: Gasthaus Guest house (Briol), Ferienwohnungen Holiday apartments (Haus Settari) Zimmeranzahl Number of rooms: 13 (Briol), 4 Ferienwohnungen holiday apartments (Haus Settari) Baujahr/Baumaßnahme Year of construction/Construction work: Briol 1898/1928 (Umbau Conversion); Haus Settari 1913/2013 (Umbau Conversion) Material Material: Holz, Stahl Wood, steel Konstruktion Construction: Mauerwerk Masonry Besonderheiten Special features: Von April bis Oktober geöffnet, nur zu Fuss oder mit dem Geländefahrzeugtaxi erreichbar Open from April to October, only accessible by foot or off-road taxi

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Das Gasthaus Briol muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes erarbeiten: eineinhalb Stunden Fußmarsch, das Gepäck wird transportiert. Dort angekommen, gibt es keine Rezeption, kein Fernsehen, Radio oder Internet, kein fließendes Wasser in den Zimmern, die Duschen auf der Etage. Was macht dennoch den Zauber des Hauses aus? Mit Sicherheit das vom Maler und Künstler Hubert Lanziger zuletzt 1928 umgebaute Gebäude am Hang, einsam und ruhig gelegen mit einem Rundumblick auf die Dolomiten, speziell auf Sella, Schlern und Langkofel. Und dann die herzliche, tradierte örtliche und familiäre Verbundenheit der Wirtin Johanna, Urenkelin der ersten Wirtin Johanna. Seit den letzten Eingriffen am Haus vor fast 90 Jahren durch den Schwiegersohn der Besit-

zerin zu dieser Zeit, Hubert Lanziger, hat sich am Briol kaum etwas verändert. Dessen Änderungen waren mutig, er entfernte das dem damaligen schweizerischen Landhausstil entsprechende Satteldach und ersetzte es durch ein Pultdach, das gegenläufig zum Hang positioniert ist. Durch die dreiseitig hochgezogene Fassade mit Lärchenverkleidung im Obergeschoss wird die Dachform nahezu verdeckt. Im Süden unterbrechen laubenartig vorgesetzte zweigeschossige Balkonlogen die kompakte kubische Gesamtform. Einzigartig ist wahrscheinlich das 1928 ausgeführte ovale Schwimmbecken auf einer von Lärchen umstandenen Wiese, das mit Quellwasser gespeist wird und das erste öffentliche Schwimmbad Südtirols gewesen sein soll.


LINKS LEFT Haus Briol mit dem Schwimmbecken House Briol with swimming pool OBEN TOP Flur im Haus Briol Corridor in House Briol

It takes an effort to get to the guest house Briol: one and a half hours by foot – luggage is transported. On arrival, guests will find that there is no reception, no TV, no radio, no internet, no running water in the rooms, and showers are provided on each floor. So what’s the magic of this place? Definitely the building, last renovated in 1928 by painter and artist Hubert Lanziger. The quiet and secluded mountainside location offers a 360-degree view of the Dolomites, specifically of Sella, Sciliar and Sassolungo. And then of course the hearty, typically local friendly manner of the landlady Johanna, granddaughter of the first landlady Johanna. Briol has hardly changed since the latest interventions on the house carried out almost 90 years ago by the son-in-law and owner at the time. The alter-

ations made by Hubert Lanziger were bold: he removed the existing gable roof, which was in the style of a Swiss country house and replaced it with a shed roof with an incline opposite to the mountain slope. The shape of the roof is practically hidden by the façade extending over the top on three sides and clad with larch wood in the upper storey area. Two-storey loggia-style balconies interrupt the compact overall cubic shape in the south. A unique feature is the oval outdoor swimming pool built in 1928 fed with spring water and situated in the midst of a meadow populated by larch trees which was probably the first public swimming pool in South Tyrol. Solar collectors on the roof ensure a supply of hot water. Although the rooms have no heating, there is 147


BRIOL – HAUS SETTARI Barbian-Dreikirchen, Südtirol/Barbiano-Tre Chiese, South Tyrol (IT) LINKS LEFT Ansicht Haus Settari View of House Settari RECHTS RIGHT Gemeinschaftsraum im Haus Settari Common room in House Settari RECHTS UNTEN RIGHT BOTTOM Grundriss Erdgeschoss Haus Settari Ground floor plan of House Settari

Für Konzerte, Lesungen oder sonstige Veranstaltungen gibt es im Briol einen Musikraum mit einem Flügel. 2013 wurde das zum Briol gehörende, 1913 errichtete Haus Settari renoviert, ehemals war es das Wohnhaus der Urgroßmutter Johanna. Die Zimmer sind nach den Kindern benannt, die zu deren Zeit ihre Kindheit dort verbracht haben. Das ebenfalls nur zu Fuß erreichbare dreigeschossige Gebäude mit Satteldach und auf drei Seiten vorgesetzten Balkonen steht auf 1100 Metern und damit ca. 200 Höhenmeter unterhalb des Haupthauses Briol. Die Brixner Architekten bergmeisterwolf haben den umfassenden Umbau geplant und ausgeführt. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss befinden sich nun vier Ferienwohnungen mit jeweils zwei Schlafräumen. Die Zimmer selbst wurden bedachtsam saniert, die Kassettendecken und Möbel sind noch original aus den 1920er-Jahren erhalten. Jede Ferienwohnung verfügt über einen oder zwei großzügige, überdachte Balkone sowie ein gemütliches Erkerzimmer mit umlaufender Eckbank, die zum Lesen und Gedanken schweifen lassen einlädt. Die Entscheidung, das Haus mit mehr Komfort, sprich Heizung und Bädern, auszustatten und zudem auf jedem Geschoss einen gemeinsamen Aufenthaltsraum mit Bibliothek und Kamin einzurichten, machte eine grundlegende Grundrissänderung erforderlich. So erreicht man die Schlafräume der Ferienwohnungen jetzt vom Gemeinschaftsraum aus durch eine eingestellte Kücheneinheit. Die Eingriffe sind bewusst sichtbar ausgeführt. Fichte und Schwarzstahl dominieren in den deutlich 150


the kitchen at mealtimes. There are no curtains, pictures, cushions or other knick-knacks, while everything really essential is provided. The luxury is the room itself here, light-flooded and simple, but in no way sparse. A music space with a grand piano can be used for concert, readings or other events. Built in 1913, Settari, the house in which the great-grandmother Johanna used to live, was renovated in 2013. The rooms are named after the children who spent their childhood there. Also only accessible by foot, this three-storey building has a shed roof and balconies attached on three sides. It is located at an altitude of 1,100 meters, which is about 200 metres below the main building Briol. The architects bergmeisterwolf based in Bressa-

none planned and executed the extensive conversion. Four holiday apartments with two bedrooms each are accommodated on the ground and first floors. The rooms themselves were carefully renovated and the original coffered ceilings and 1920s furniture retained. Each holiday apartment has one or two generously sized covered balconies, as well as a cosy bay window room with corner seating, ideal for reading or reflection. The decision to equip the house with more comfort, i.e. heating and bathrooms, and to provide a common room with library and fireplace on each floor, necessitated a change in the basic layout. Interventions are intentionally clearly visible. Sleeping rooms of the holiday apartments can now be accessed from the common room through an 151


WEITERE HOTELS FURTHER HOTELS ICONS ICONS ARCHITEKTEN ARCHITECTS BILDNACHWEIS PICTURE CREDITS AUTOREN AUTHORS DANK THANKS 184

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