Debatare #1

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Unabh채ngiges Magazin zur BDK der Gr체nen 2012 in Hannover

Schnittmengen


Was ist ? Nicht Meldung, sondern Meinung. Nicht Tempo, sondern Tiefgang. Nicht monomedial, sondern multimedial: Das ist der Anspruch von Debatare. Debatare ist ein neues Magazin – gemacht von jungen Journalisten. Die junge Perspektive bringt frische Ideen und neue Ansätze in die Berichterstattung. Der kultivierte Streit ist ein zentraler und notwendiger Bestandteil des menschlichen, gesellschaftlichen Lebens. Ohne kritisches Hinterfragen von bestehenden Positionen und den fortwährenden Zwang zur besseren Begründung von Standpunkten fehlen wichtige Motoren für gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fortschritt. In dieser Tradition hinterfragt Debatare und bietet Meinungen und Hintergründe.

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Schnittmengen Der Evangelische Kirchentag in Hannover liegt eigentlich schon sieben Jahre zurück. Aber mit der bekennenden Protestantin Katrin „KGE“ Göring-Eckardt als Teil des neuen Spitzenduos können sich selbst die sonst eher religionsfernen Grünen ein wenig Kirchentagsatmosphäre leisten. Allein, es fehlt der Glaube. Ein großes grünes Banner „Füreinander Eintreten“ begrüßt Mitte November 2012 die Besucher am Eingang des Kongresszentrums. Drinnen geht es mit „Zusammen hält besser“ weiter. Grüne Schals werden gereicht, nur statt „aufstehn, aufeinander zugehn“ klingt „Madsen“ aus den Lautsprechern mit der Zeile „Hier kommt ein ganz normaler Held, ich rette die Welt.“ Das ist das neue grüne Selbstbewusstsein. Nun ja, es sollen halt keine Zweifel aufkommen. Man will regieren, grüne Ideen umsetzen. Und damit irgendwie ja auch die Welt retten. Als Schwerpunkt ihrer 34. Bundesdelegiertenkonferenz wählten die Grünen die Sozialpolitik. Dazu gibt es ein bisschen Europa für’s Herz, ein bisschen „Schutzverantwortung“ für andere Länder, ein bisschen Beschneidung für die Menschenrechtler, ein bisschen Energiewende für die Ur-Grünen, ein bisschen Polemik für alle und viele „Freundinnen und Freunde“. Damit das mit der Weltrettung klappt, braucht man nur noch den richtigen Partner. Einem, mit dem man auf Augenhöhe verhandeln und Politik machen kann. Aber die „Unwörter“ SchwarzGrün hört man höchstens hinter vorgehaltener Hand. Viele grüne Themen, aber auch das Partnerproblem gibt es in diesem Magazin. Wir haben den großen Koalitionspartnertest gemacht: Sollten die Grünen Altes wieder aufwärmen oder lieber eine aufregende neue Beziehung eingehen? Für die Visualästhetiker gibt es ein Bilderrätsel. Welches Stoffmuster hat Claudia Roth noch nie getragen? Und debattiert wird natürlich auch in dieser Ausgabe von Debatare, diesmal über die City-Maut. In weiteren Beiträgen geht es um die Energiewende, grüne Aktivisten in Japan und die Sorgen der Jugendlichen in Griechenland. Und auch über Hannover gibt es Neues zu erfahren. Wir wünschen viel Freude bei der Lektüre! Gregor Landwehr IMPRESSUM Diese Ausgabe von Debatare entstand auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen , die vom 16. bis 18. November 2012 in Hannover stattfand. Herausgeber: debatare – Akademie für neuen Journalismus gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt). Vertreten durch: Gregor Landwehr, Sebastian Serafin. Anschrift: Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, HRB 139826 B, Amtsgericht Berlin-Charlottenburg. Internet: www.neuer-journalismus.de, info@neuer-journalismus.de. Telefon: 030/3993 0212. Fax: 030/3993.0209 Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Barbara Engels, Gregor Landwehr. Redaktion: Adrian Meyer, Dario Sarmadi. Bildredaktion: Jonas Fischer. Layout: Marc Seele. Druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH. Auflage: 5.000 Exemplare. Kooperationspartner: Diese Ausgabe erscheint in Kooperation mit der Stiftung Leben & Umwelt/ Herinrich-Böll-Stiftung.

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Debatte um Beschneidung entzweit die Partei Vorhaut – nein, danke? Die Diskussion um die Beschneidung an Jungen treibt den Grünen Schweißperlen ins Gesicht. „Körperverletzung!" schreien die einen, „Tradition!" die anderen. Ein Blick ins grüne Gewissen.

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aber Deutschland habe die UN-Kinderrechtskonvention un- rechtliche Klarheit zu schaffen, reagierte die s war einmal ein Urteil: Das Kölner Landterschrieben. „Das Wohl des Kindes muss Vorrang vor dem Bundesregierung umgehend. Ein Gesetz­ gericht entschied im Sommer dieses JahRecht auf freie Religionsausübung haben“, sagt Becker. „Der esentwurf erlaubt die Beschneidung, wenn res, dass die Beschneidung von Jungen aus Glaube hat sich ein Stück weit der Gesellschaft anzupassen. sie medizinischen Standards entspricht und nicht-medizinischen Gründen strafbar ist. Wir haben andere Strukturen als noch vor tausend Jahren.“ von den Eltern befürwortet wird. Und was Seitdem schwelt die Debatte innerhalb der sagen die Grünen dazu? Die Beschneidung an grünen Partei. Denn auf dem Spiel stehen Die Beschneidung wird im Judentum traditionell am ach- Jungen sei keine Frage, die per Mehrheitsbezwei essentielle Grundpfeiler ihrer Politik: die schluss in Parteien entschieden werden sollte, Religionsfreiheit der Eltern und das Recht des ten Tag nach der Geburt vorgenommen, im Islam je nach Ausrichtung vom siebten Tag nach der Geburt an bis zum sagte der Bundesvorsitzende Cem Özdemir der Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Ende des Grundschulalters. Dazwischen gibt es etliche Nachrichtenagentur dapd. Die Grünen-Spitze Abweichungen, außerdem gibt es noch solche Eltern, die hat offensichtlich keine Lust, das Thema mit der Die Bundesdelegiertenkonferenz hat gezeigt, ihr Kind unabhängig von der Religion aus hygienischen Basis zu diskutieren. Laut Rene Becker ist wie tief die Grünen in dieser Frage gespalten dem Vorstand eine ausufernde Debatte auf der sind und wie schwer sie zu einer gemeinsamen oder medizinischen Gründen beschneiden lassen. Parteiversammlung unangenehm, so unmittelPosition finden. Gleich sechs Anträge befassten sich mit der Beschneidung an Jungen. Einer kam Die Kölner Richter haben entschieden, das Recht des bar vor den Bundestagswahlen. Kindes auf Selbstbestimmung über das Recht der Eltern von Sergey Lagodinsky – der in der Debatte wohl auf religiöse Kindererziehung zu stellen. Die Beschneiengagierteste grüne Befürworter des Rituals. „Die Beschneidung ist zentral für die jüdische Identi- dung stehe dem Wohl des Kindes entgegen und sei ein Dario Sarmadi tät. Sie ist ein Symbol des Überlebens der Gemein- strafbarer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. schaft, diese Tradition wird über Generationen Es folgte eine gesellschaftliche Debatte, die zeitweise Berlin hinweg weitergeben", erklärt der Rechtsanwalt, absurde Züge annahm. Kinderrechtler und Anwälte der Mitglied der Repräsentantenversammlung der applaudierten dem Gericht, Religionsgemeinschaften Ist beschnitten und aus aller Welt äußerten sich entrüstet und CharlotJüdischen Gemeinde zu Berlin ist. glücklich. te Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden, Ein vehementer Kritiker der Beschneidung ist fragte: „Wollt ihr uns Juden noch?“ hingegen Rene Becker, Grünen-Mitglied aus Düren. Er respektiere zwar die Religionsfreiheit,

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Um die erhitzten Gemüter zu beruhigen und


Der Gemächterkampf Ein Kommentar zur Vorhaut

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Ein weiteres unerwartetes Plus des Penis-Hickhacks: Selten ich schlauer, hätte man mich nicht alljährer Griff in die Hose ist für die meisten lich und von klein auf mit Karnevalsmusik dürften sich Muslime und Juden in Deutschland so verbunden Menschen erregender als der Griff in konfrontiert? Ich werde es nie erfahren. gefühlt haben wie in diesen Monaten. In inniger Umarmung die Tasche, es sei denn, man hat eine sehr stellen sie sich dem Shitstorm, den Vorwürfen der Misshandkalte Hand. Irgendwann dürfte die Erregung Wenn wir über die männliche Beschneidung lung ihrer eigenen Kinder, den Beschuldigungen, zeitgeistresisaber auch mal wieder abflauen, sei es durch tent zu sein und menschenfeindlichen Traditionen zu folgen. reden, reden wir über eine religiöse Institudie Überwindung des Höhepunkts, oder weil Dabei sollten sich die Muslime längst benachteiligt fühlen, tion, die im Judentum sogar konstitutiv ist. etwas anderes wichtiger geworden ist. Die Dass diese Tradition heute nicht mehr in der hintergangen gar. Der Auslöser der Debatte war schließlich Grünen sind in dieser Angelegenheit sehr breiten Öffentlichkeit en vogue ist, ist nicht die schiefgegangene Beschneidung eines muslimischen Vierstandhaft. Nach einem Sommer voller Vorjährigen. Inzwischen spricht jeder nur noch über die Juden verwunderlich. Mit gewissen Auflagen darf häute haben sie es geschafft, die Beschneiund überstrapaziert genüsslich den Holocaust als Referenz- man aber auch mal Dinge tun, die nicht zu der dungsdebatte bis in den Hannoveraner Nopunkt. Hier ein Rabbi, da ein Rabbi, dort eine Charlotte Bessergesellschaft des 21. Jahrhunderts passen vember warmzuhalten. Die Zahl der Anträge Knobloch. Der Zentralrat der Muslime hat zwischendurch – zumal die Technologien dieser Bessergesellüber das Contra (und ein bisschen) Pro eischaft es mit sich bringen, dass auch die Entversucht, mit seiner Bestürzung über das Kölner Beschneiner religiös motivierten Hautabtrennung am dungsurteil reinzugrätschen, was aber nicht so sehr inter- fernung der Vorhaut nötigenfalls reparabel ist. kindlichen Penis konkurrierte auf der Bundesessiert hat. Für die Statistiker: Etwa ein Drittel der männ- Demnach ist die Beschneidungsdebatte eine delegiertenkonferenz heftig mit den Vorträgen lichen Weltbevölkerung ist beschnitten, 70 Prozent davon Farce: Sie hüllt die allgegenwärtige Angst vor zur Europapolitik. Wer braucht schon Europa, sind Muslime, ein Prozent Juden. Nein, die Juden wohnen Überfremdung in ein medizinisch-ethisches wenn er eine Vorhaut hat? Kleid, dessen Stil jeder mal gerne kommentiert. nicht alle in Deutschland. Die Kölner haben es vorgemacht: „Kenne mer Irgendwie – liebe Aufgeklärten, BesserchrisKanzlerin Merkel ließ kurz nach der Gerichtsentschei- net, bruche mer net, fott domet.“ ten, Menschenrechtler, Ethiker – habt ihr ja dung verlauten, sie wolle nicht, dass Deutschland das recht. Über Pekuniäres, gerade aus der eigeeinzige Land auf der Welt sei, in dem Juden nicht ihre nen Tasche, wurde wahrlich genug sinniert. Riten ausüben könnten. „Wir machen uns ja sonst zur Endlich wird über Geschlechtsorgane geredet. Komikernation.“ Es mutet in der Tat komisch an – und Endlich wird in unserer mit sexuellen Reizen Barbara Engels da wird’s leider überhaupt nicht witzig, sondern ärüberschwemmten Gesellschaft pragmatisch gerlich – dass Eltern künftig keine unwiderruflichen über Aussehen, Funktionsweise und Hygiene des Berlin Entscheidungen für ihre Kinder treffen sollen. Ich zumännlichen Zipfelchens diskutiert. Dabei lassen mindest bin froh, dass meine Mutter sich frohen Musich Vorhautträger leicht vom Rest unterscheiKommt ganz gut ohne tes für einen Babypuder entschieden hat, um meinen den: Erstere blasen sich auf, als ginge es um die Vorhaut aus. wunden Popo zu versorgen, ohne mich zu fragen. Kastration ihres besten Stücks, Letztere erzähVielleicht habe ich auch ein subtiles Langzeittraulen ungefragt von ihrem Sexualleben mit weniger ma, weil mir Fleisch eingefüttert wurde und ich Haut. trotzdem Schweinchen Babe geschaut habe. Wäre

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Katrin will tanzen

Kaum hat haben die Urwähler Katrin „KGE“ Göring-Eckardt an die Grünen-Spitze katapultiert, muss sie sich allerlei gefallen lassen. Die CDU geht in Person von Kristina Schröder auf Kuschelkurs, auch die SPD nähert sich an. Sie ist aber auch wirklich freundlich, diese KGE.

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Als Spitzenkandidatin für die BundestagsGöring-Eckardt ist im Gegensatz zu den meisten grünen Fühatrin Göring-Eckardt ist ruhig, argurungskräften Mitte 40 und nicht Mitte 50. Sie wächst im Kreis wahl klingt das mittlerweile anders. KGE mentiert sachlich, sieht adrett aus und Gotha auf, heiratet früh einen Pfarrer, mit dem sie zwei Söhne will den Hartz-IV-Satz erhöhen und Sankist sehr nett. Die Frau, die nicht wie ein hat. Sie studiert Theologie ohne Abschluss, ist in der DDR in der tionen für Arbeitslose abschaffen. Ja, das Kriegsverbrecher heißen wollte und daher ist die gleiche Frau, nur knapp zehn Jahre kirchlichen Opposition aktiv. Über das Bündnis 90 landet sie bei den Doppelnamen wählte, die bekennende später. Dabei spricht sie immer wieder von den Grünen, schafft es 1998 in den Bundestag, wird ParlamenProtestantin, Präses der Synode der Evantarische Geschäftsführerin, 2002 dann Fraktionsvorsitzende. Werten und Tugenden wie Anstand und gelischen Kirche in Deutschland, ist einfach Als Rot-Grün die Bundestagswahl 2005 verliert, wird sie zur Ehrlichkeit. „Die bürgerliche Koalition hat durch und durch nett. diese einfach vergessen.“ Als engagierte ProVizepräsidentin des Bundestages gewählt. testantin mit ansehnlichem Amt in der EvanEben diese Mischung aus Freundlichkeit Für ihre Vorstellungsrede als Spitzenkandidatin in Hannover gelischen Kirche ist es eine ihrer leichteren und Langweiligkeit. Katrin Göring-Eckardt hat Göring-Eckardt einen dunklen Hosenanzug gewählt. Sie Übungen, die CDU moralisch in Frage zu stelist unter Politikern wie Hannover unter den sagt, dass die Grünen in der Mitte angekommen sind. Aber len. Davon können die Grünen profitieren. deutschen Städten: So schön gewöhnlich, so natürlich nicht bewegungslos. „Wenn wir in der Mitte der durchschnittlich, so ordentlich, dass sich jeGesellschaft angekommen sind, dann, um einen nächsten Neue Parteimitglieder sollen her, KGE will die der irgendwie mit ihr identifizieren kann. großen Aufbruch zu wagen“, beeilt sie sich zu sagen. Da- Leute vom Hocker reißen. „Dann bleibt kein Die grünen Parteimitglieder wählten KGE mit mit ja nicht der Eindruck entsteht, mittig hieße etabliert Groove ungetanzt“, sagt sie. Man glaubt es ihr. überraschendem Vorsprung zur Spitzenkanund angepasst. Abgrenzen und überbieten, das ist ihr Mot- Fast. Sie will, sagt sie, zuhören, laut reden und didatin. Manch einer in der Partei wunderte to, wenn es um politische Gegner geht. Die Merkel-CDU, leise, aber auf keinen Fall in „Politiksprech“ sich. Aber viele der Mitglieder, die nicht undas macht sie überdeutlich, ist für sie Zwang, die Grünen abdriften, eben nicht so wie alle anderen. Am bedingt auf Parteiveranstaltungen anzutreffen bedeuten Offenheit. Die SPD, das sei alte Industrie- und Ende ihrer Rede auf dem Parteitag will sie die sind, sind eben auch nette Menschen. Hände nach oben reißen, um zu jubeln. Bei dieBasta-Politik, bei den Grünen werde zugehört. sem zögerlichen Versuch erinnert sie unweigerBeim Parteitag in Hannover will Göring-Eckardt keine Zweifel aufkommen lassen. Das Gerede Es sind einleuchtende Abgrenzungen, die Göring- lich an Angela Merkel. Eckardt da trifft, und gleichzeitig sind es unsichere. um eine schwarz-grüne Koalition weist sie von Denn KGE hat sich in den vergangenen Jahren ein bisssich. „Es gab viele Reaktionen auf meine Wahl chen verhalten wie das berühmte Fähnchen im Winde. als Spitzenkandidatin neben Jürgen Trittin, aber die härteste war die von Kristina Schröder.“ Die 2004 hatte sie als Fraktionsvorsitzende die Grünen auf CDU-Familienministerin hatte verlauten lassen, Gregor Landwehr Hartz-IV-Linie gebracht, auf einem Sonderparteitag sie sehe Gemeinsamkeiten zwischen den von ihr 2003 lobte sie, dass im Arbeitslosengeld II mehr von und KGE vertretenen Forderungen. So schwebt Tübingen grüner Grundsicherung enthalten sei, als man auf denn „Schwarz-Grün“ wie ein Unwort über der den ersten Blick sehe. „Die Vorschläge zu Hartz III Hannoveraner Veranstaltung. Die größtmöglichsFindet KGE auch ganz und Hartz IV liegen auf dem Tisch. In ihren Grundte Distanz zur CDU wurde bei jeder Gelegenheit nett. zügen werten wir die Gesetzentwürfe als Erfolg“, betont: „Liebe CDU, wir wollen eure Wählerinnen lobte sie. Die Arbeitsmarktreform sei „mutig“ und und Wähler, die haben auf uns gewartet“, sagt Gö„notwendig“. ring-Eckardt. Aber zusammen regieren, das wolle man nicht. Die CDU sei zu wenig weltoffen.

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Koalitionspartnercheck: Sind wir ein gutes Paar? Und wenn ja: Wie lange? Woran man erkennt, ob man zusammen passt, und wie lange die Beziehung hält.

Schwarz-Grün: Der Zauber des Neuen Am Anfang gibt es immer diesen Zauber des Neuen, des Besonderen. Der ist sogar noch stärker, wenn man schon sehr lange ein Auge aufeinander geworfen hat. Wenn man sich attraktiv findet, aber nie den Mut hatte, es auszusprechen. Kommt man dann endlich zusammen, ist es so, als ob ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung geht. Hach, die Grünen! Ohhh, die CDU! Alles ist einfach unbeschreiblich schön. Doch die Erfahrung zeigt: Die rosa Wolken tragen nicht lange. Irgendwann kriselt es bei allen. Liebe ist Arbeit, Arbeit und nochmal Arbeit. Doch wer gerne an die Schmetterlinge vom Anfang zurückdenkt, hat gute Chancen. Denn Studien zufolge haben Paare, die sich an ihr Kennenlernen gerne erinnern, langfristig stabile Beziehungen.

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Rot-Grün: Was lang zurückliegt, wird selten gut Eine lange zurückliegende Beziehung wieder aufzugreifen, ist nicht ohne Risiko. Denn beide haben zwischendurch andere Partner kennengelernt, die Grünen mit dieser, die SPD mit jener Partei geflirtet – vielleicht sind sie sogar eine ernsthafte Beziehung eingegangen. Bei einem Revival wird dann schnell verglichen. Große Enttäuschungen drohen, wenn die hohen Erwartungen auf die harte Realität treffen. Das kann gut gehen, kann aber auch in einer Katastrophe enden. Generell gilt: Beziehungen auf die Warmhalteplatte zu schieben, ist keine gute Idee. Es gibt schließlich einen guten Grund, warum man beim ersten Mal Schluss gemacht hat. Manche Dinge ändern sich eben wirklich nie, so traurig das auch sein mag.

Schwarz-Gelb: Krisen stärken die Liebe Nach vier Jahren kommt eine Beziehung in die kritische Phase. Man hat sich aneinander gewöhnt, kennt die Macken des anderen und ist manchmal nicht mehr so aufmerksam wie am Anfang der Beziehung. Dass das Liebesleben nach Jahren einschläft, der Partner manchmal nur noch nervt – ist das der Grund, Schluss zu machen? Nicht immer. Das ist die Realität in vielen Deutschen Ehen. Und schließlich kann es doch sein, dass man die Krise gemeinsam durchstehen muss, und dann ist alles wieder gut oder vielleicht sogar noch besser. Es gilt: Durchstandene Krisen stärken die Liebe.

Schwarz-Gelb-Grün: Das gefährliche Dreieck Ein Dreier ist verlockend, aber schwierig. Einer zieht immer den Kürzeren, fühlt sich benachteiligt oder ist eifersüchtig. In einem Dreierverhältnis können die Konstellationen ständig wechseln – das macht ein stabiles Gefüge fast unmöglich. Langzeitbeziehung ausgeschlossen. Wenn man etwas für die Zukunft sucht, ist man hier an der falschen Stelle. Das Konfliktpotential ist so hoch, dass man irgendwann nur noch nach Jamaika flüchten will, um bei einer guten Zigarette seinen Liebeskummer zu vergessen.

Illustration: Valentin Czisch

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Kämpft fßr bessere Lebens­bedingungen in Athen: Maria Peteinaki.

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Maria wehrt sich Die junge griechische Grüne Maria Peteinaki koordiniert in Athen die Arbeit verschiedener Graswurzel-Initiativen. Sie packt die Dinge lieber selbst an, anstatt über Parteipolitik zu streiten.

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hr lächelndes Gesicht verschwindet beinahe unter dem Berg aus schwarzen Locken, als sie sagt, dass sie auf all das Gerede über parteiinterne Politik, über Wahlkampf und Parlamentswahlen keine Lust hat. Und dass aus ihr wahrscheinlich nie eine nationale Politikerin wird. „Ich bin nicht gut darin“, sagt Maria Peteinaki, „deswegen bin ich auch lieber in den Athener Graswurzel-Bewegungen aktiv.“

Generation verloren“, sagt Maria Peteinaki im Anschluss an den sie verschiedene lokale Bürgerinitiativen Workshop. Kurz danach hält Katrin Göring-Eckardt, die frisch geim Stadtteil Psirri. So half sie etwa, ein alwählte Spitzenkandidatin der Grünen, in der Haupthalle eine umtes Theater als alternatives Kulturzentrum jubelte Ansprache an die Delegierten. Von mehr Europa ist darin wiederzubeleben. Und sie unterstützte eine die Rede, von einer sozialeren, besseren und ökologischeren Ge- Initiative für Urban Gardening auf dem Gesellschaft. „Wir müssen uns fragen“, ruft Göring-Eckardt in die lände einer antiken Ruine. Die Initiativen Menge, „wie geht es eigentlich denen, die ganz draußen sind?“ füllen mittlerweile vielerorts die Lücken, die der Staat aufgrund der Sparmaßnahmen zuMaria Peteinaki musste noch als 30-Jährige von ihren Eltern rückgelassen hat. unterstützt werden, weil sie nach ihrem Uniabschluss erstmal arbeitslos war. Doch im Moment ist sie glücklich: Seit einigen Leider werden diese Lücken auch von einer Maria Peteinaki, 32, ist Mitglied einer Partei, Monaten steht sie als selbstständige Architektin auf eigenen anderen Bewegung vermehrt gefüllt, einer bedie in Griechenland in der BedeutungslosigBeinen. „Niemand glaubt mir, dass ich einen Job habe“, sagt sie unruhigenden Bewegung. In vielen Stadtteilen keit wabert. 0,88 Prozent der Stimmen erhielund lacht laut. Sowieso lacht sie oft. Sie sagt, sie habe sich dieAthens sind es nicht linke oder grüne Bürgeten die Grünen bei den vergangen Parlaments- sen Sommer sogar als glücklichste Person auf Erden gefühlt: rinitiativen, die den Anwohnern das Leben in wahlen im Juni 2012. Einen Monat zuvor, in der „Ich habe den tollsten Freund und außerdem viel Arbeit.“ der Krise erleichtern, sondern die neonazistierfolglosen ersten Parlamentswahl, waren sie Unter ihren Bekannten ist sie damit eine Exotin. Sie kenne sche Partei Chrysi Avgi („Goldene Morgendämmit 2,93 Prozent noch knapp an der Drei-Prokeinen Architekten, der nicht arbeitslos sei. Die Freunde, die merung“). Deren Mitglieder verteilen kostenzent-Hürde gescheitert. „Es ist ein Desaster.“ die finanziellen Möglichkeiten haben, eröffnen in der Not los Essen an arme Bürger und behaupten, dass eine Bar, denn die laufen in der Krise bestens. „Die Leute sie die Gegend vor Verbrechern beschützen. In Desaströs ist auch die Lage der griechischen wollen sich betrinken und alles vergessen.“ Wahrheit verprügeln die Neonazis ImmigranJugend. Über diese berichtete Maria Peteinaki ten auf öffentlichen Plätzen und hetzen gegen den grünen Delegierten auf deren Konferenz in Lange Zeit hat sich Maria Peteinaki nicht für Politik in- Homosexuelle. Laut Umfragewerten ist Chrysi Hannover im Rahmen eines Workshops. Im grüteressiert. Doch die Unruhen von 2008 in Athen haben Avgi mittlerweile die drittbeliebteste Partei Grienen Rollpulli sitzt sie in einem der Nebensäle auf sie zur Aktivistin gemacht. „Das war ein Weckruf für chenlands. „Diese Neonazi-Bewegung macht mir einem Holztisch, sie spricht auf Englisch – viel zu mich.“ Freunde und Familie finden es noch immer selt- viel mehr Angst, als es die Krise jemals könnte“, schnell und viel zu leise – während neben ihr ein sam, dass sie sich politisch engagiert. Denn Politik ist bei sagt Peteinaki. Diesmal lächelt sie nicht. Beamer nackte Zahlen an die Leinwand strahlt: den griechischen Bürgern mittlerweile verhasst, keiner Mehr als 30.000 Obdachlose leben derzeit in vertraut den Politikern noch. „Aber wenn wir die Politik Adrian Meyer Athen. 25 Prozent Arbeitslosigkeit. 55 Prozent Juanderen überlassen, können sie damit machen, was sie gendarbeitslosigkeit – ein trauriger Rekord. wollen“, sagt Maria Peteinaki. Sie spricht nicht gerne Hamburg über die großen politischen Visionen und lässt keine Wer kann sich in Deutschland schon vorstellen, Floskeln von der Leier. Während sie ihre Geschichte Glaubt als was es bedeutet, wenn alle Freunde mit Univererzählt, zupft sie sich verlegen am Ohrläppchen oder Schweizer noch an sitätsabschlüssen arbeitslos sind, wenn sogar wippt mit dem Stuhl. Ihrer Partei gegenüber ist sie die Demokratie. 35-Jährige noch bei ihren Eltern wohnen müssen überraschend kritisch. Die würden viel zu viel reden, und es 300.000 Familien gibt, die von der Renanstatt einfach mal zu handeln. Darum nimmt sie te ihrer Großeltern leben. „Wir haben eine ganze die Dinge selbst in die Hand. In Athen koordiniert

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Fotos: PR

DEBA

Brauchen wir d

Pro Dr. Anton „Toni“ Hofreiter Dr. Anton „Toni“ Hofreiter ist Biologe und seit 2005 für die Grünen im Deutschen Bundestag. Er ist Vorsitzender des Verkehrsausschusses.

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iele Kommunen drohen am täglichen Verkehr zu ersticken. Lärm, Pendlerpauschale und hohe Grundstückspreise in der Stadt lassen immer mehr Menschen in die Vororte ziehen, mit dem Auto zur Arbeit fahren und im Stau stehen. Gleichzeitig hat kaum eine Stadt noch genug Geld, um ihre Straßen und Brücken in einem ordentlichen Zustand zu halten. Alle bisherigen Maßnahmen, die diese Probleme lösen sollten, waren erfolglos. Die City-Maut erscheint nun als ein Mittel, das den Verkehr begrenzen und lenken und dabei Geld für die klammen Finanzsäckel einspielen kann. Diese Maut ist kein Allheilmittel. Im intelligenten Zusammenspiel mit dem Ausbau des ÖPNV, mit Tempolimits und guten Fahrradverleihsystemen kann sie jedoch die erwünschte Wirkung entfalten und die Städte und vor allem die Menschen, die dort wohnen, entlasten. Beispiele aus anderen Ländern zeigen: Nach Einführung der City-Maut sind Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung gesunken, der Verkehr ist flüssiger geworden und die Unfall-

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zahlen sind zurückgegangen. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität ist enorm gestiegen. Viele haben Angst, dass der Einzelhandel unter einer City-Maut leiden könnte – aber mal ehrlich, wer kauft schon gern zwischen laufenden Motoren und stinkenden Autos ein? Übrigens: Die EU hat ausgerechnet, dass jedes Jahr bis zu 310.000 Europäer an Erkrankungen sterben, die durch Feinstaub verursacht werden. Sie empfiehlt ausdrücklich die City-Maut. Wir wollen keine Stadt zwingen, eine solche Maut einzuführen. Aber wir wollen die Rahmen­ bedingungen schaffen, damit jede Kommune für sich selbst entscheiden kann, ob sie eine Maut einführt oder nicht und wie diese gestaltet sein soll. Nicht zu vergessen: Eine gute City-Maut erfordert einen zuverlässigen Datenschutz. Deshalb müssen bei der Planung die zuständigen Datenschutzbeauftragten mit einbezogen werden. Last but not least kann eine City-Maut nicht einer Kommune ohne die Beteiligung der Bürge-

rinnen und Bürger übergestülpt werden. Akzeptanz wird es nur geben, wenn die Menschen, die die Regelung betrifft, also auch die Pendler aus der Region, recht­ zeitig informiert und eingebunden werden. Die City-Maut kann eine Stadt lebens- und liebenswerter machen und eröffnet kommunale Gestaltungsspielräume. Sie ist allerdings kein Selbstzweck und nur in einem intelligenten Gesamtpaket mit einer frühzeitigen Beteiligung der Bürger sinnvoll. Bei der Debatte um die Maut geht es nicht darum, Autofahrer zu bestrafen, sondern darum, effiziente Lösungen für die Probleme, die der Autoverkehr mit sich bringt, zu finden. Eine gute Informationspolitik für die breite Bevölkerung ist in jedem Fall unerlässlich für eine fundierte Diskussion über die City-Maut.

Hinter Wer mit dem Auto in die Innenstadt fährt, muss dafür eine Gebühr bezahlen. Das ist, kurz gesagt, das Prinzip, das hinter der City-Maut steckt. Einige Großstädte wie London oder Singapur haben solch eine Maut eingeführt, um das Verkehrsproblem in der Innenstadt in den Griff zu bekommen. Weniger Autos in der Stadt und mehr Geld in der Kasse, lautet die offizielle Rechnung. Das eingenommene Geld kann dann in die Infrastruktur wie beispielsweise den Nahverkehr oder Fahrradwege fließen.

In deutschen Großstädten wie Berlin, Köln und Stuttgart wird das Thema immer wieder diskutiert. Diese Städte seien jedoch von ihrer Struktur her nicht vergleichbar mit Metropolen wie Shanghai oder Singapur, entgegnen Kritiker. Auch fallen Kosten an, um die Gebühr zu kassieren, insbesondere für Ticketautomaten und Kontrollkameras. Auch auf rechtlicher Ebene gibt es unterschiedliche Auffassungen zu der Einführung


ATTE

die City-Maut?

Contra Ulrich Klaus Becker ADAC-Vizepräsident für Verkehr und Rechtsanwalt in Schleswig.

rgrund der Maut. Laut dem Deutschen Städte- und Gemeindebund fehlt bislang eine gesetzliche Grundlage für eine derartige Gebühr. Solch ein Gesetz könnte beispielsweise auf Landesebene eingeführt werden. Konkrete Planungen in diese Richtung gibt es bislang jedoch nicht. Und auch im Bundesverkehrsministerium steht es nicht auf der Agenda.

Beziehen Sie Stellung zum Thema City-Maut. Dazu einfach online gehen und mitdebattieren.

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ein. Die City-Maut ist unsozial und fördert eine Zwei­ klassengesellschaft. Sie ist absolut ineffizient, weil die hohen Kosten der Mauterfassung einen Großteil der Einnahmen verschlingen. Als „Insellösung“ hilft sie bestimmt nicht, die kommunalen Finanzprobleme zu lösen. Viele Befürworter der Maut überschätzen die positiven Auswirkungen der Maut auf die Verkehrsverhältnisse und die Umwelt deutlich, aber unterschätzen die negativen Effekte etwa auf die örtliche Wirtschaft und auf durch Ausweichverkehr belastete Gegenden. Die täglichen Verkehrsspitzen würden kaum abgebaut, da der Flexibilität der meisten Arbeitnehmer durch betriebliche und vor allem familiäre Notwendigkeiten enge Grenzen gesetzt sind. Die vielen Fortbewegungsmittel in der Innenstadt, wie zum Beispiel das Fahrrad, sind für Pendler aufgrund der Entfernungen meist keine Option. Vor allem im ländli-

chen Raum fehlen echte Alternativen zum Auto. Der ÖPNV ist in der Fläche oft nicht ausreichend. Deshalb kann die Lenkungswirkung einer City-Maut auch nur gering sein. Ganz davon abgesehen, dass die innerstädtischen Anwohner wohl kaum eine Maut akzeptieren würden. Die City-Maut ist nicht geeignet, um die mit dem Verkehr verbundenen Umweltprobleme wie lokale Belästigungen durch Luftschadstoffe und Lärm in den Griff zu bekommen. Dies gilt erst recht für globale Klimarisiken. Kostet das Fahren in den Innenstädten Geld, wird es Ausweichreaktionen geben, durch die noch mehr Kraftstoff verbraucht werden könnte. Nicht zuletzt gibt es zahlreiche Probleme mit dem Datenschutz, die gegen die Einführung der City-Maut sprechen. Viele Menschen empfinden die starken Steigerungen der Mobilitätskosten als existenzbedrohend. Im Zeitraum 1995 bis März 2012 sind die Kosten für Erwerb und Unterhalt eines Autos gemäß des Kraftfahrer-Indizes um mehr als die Hälfte gestiegen, die Kraftstoff­

preise sogar um 120 Prozent. Die nominalen Lebenshaltungskosten insgesamt stiegen dagegen „nur“ um 29 Prozent an. Angesichts explodierender Mieten vor allem in Großstädten wird die Verteuerung der Mobilität auch zur sozialen Frage. Aus der Sicht des ADAC gibt es viel wirksamere Alternativen zur City-Maut, die den Verkehr verbessern, ohne die Menschen mit weiteren Belastungen zu gängeln. Bessere Effekte auf die Umweltund Verkehrssituation lassen sich durch intelligente Verkehrsführung (z.B. „grüne Welle“), optimiertes Parkraummanagement und bessere Kombinierung von ÖPNV, Individualverkehr, Radfahren und Zufußgehen erzielen. Daneben sind ein leistungsfähiger ÖPNV sowie attraktive und sichere Verbindungen im Fußgänger- und Radverkehr für eine Entlastung der Straßen dringend erforderlich. Die Innenstädte müssen mit dem PKW zu bezahlbaren Preisen erreicht werden können, denn zu einer lebendigen Stadt gehört auch ein stadtverträglicher Autoverkehr.

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Dr. Philipp Schmagold, 33, wohnt in Kiel und ist Projektentwickler im Bereich Windenergie. Seit 2005 ist er Mitglied bei B端ndnis 90/Die Gr端nen.

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„Ich habe keine Angst mich lächerlich zu machen“ Philipp Schmagold ist ein bekanntes Gesicht bei den Grünen. Seine politischen Ziele reichen vom Rauchverbot in Autos mit Kindern bis hin zur Abschaffung der Zeitumstellung. Dabei scheut er sich nicht davor, seinen Parteifreunden auf die Nerven zu gehen.

Herr Schmagold, Sie fordern in einem Antrag auf der Bundesdelegiertenkonferenz die Abschaffung der Zeitumstellung. Viele ihrer Parteikollegen lachen darüber. Können Sie das verstehen?

gibt so viele Sachen, die mich stören, die ich verändern will. Ich nerve gerne viele Menschen mit vielen Themen.

Haben Sie denn Frau Göring-Eckardt gewählt?

Sie investieren viel Zeit in Ihre politische Arbeit. Wie bringen Sie das mit Familie und Beruf in Einklang?

Das möchte ich nicht sagen. Alles in allem sind Sie also zufrieden mit dem Kurs der Grünen?

Ich weiß, dass einige das Thema lächerlich Ich teile mir meine Zeit gut ein. Ich kann viel von Zuhause arbeiten und dort über viele Probleme nachdenken. Zwar habe ich finden. Aber das ist doch das Problem: EtabJa, aber wenn sich die Basis der Partei mehr eine Familie, aber die Zeit nehme ich mir. Und meine Familie lierte Politiker haben Angst, sich mit solchen per Internet beteiligen könnte, wäre ich Nischenthemen lächerlich zu machen. Diese versteht das. noch zufriedener. Man muss alle Grünen höAngst habe ich nicht. Auch wenn ich mit meinem Vorstoß die Leute nerve, muss ich so ein Sind Sie manchmal frustriert, dass nicht alle Ihre politi- ren, auch solche, die nicht auf Parteitreffen anwesend sein können. schen Ideen Erfolg haben? Thema anpacken. Warum ist Ihnen das so wichtig? Die Zeitumstellung führt dazu, dass wir unausgeschlafen sind. Wir begehen mehr Verkehrsunfälle, bringen uns bei der Arbeit in Gefahr und schaden unserer Gesundheit.

Ach, ich bin hartnäckig. Ich muss mich einfach daran gewöh- Das heißt im Klartext, dass Sie als Basisnen, dass nicht alles auf Zuneigung in der Partei stößt. Davon mitglied mehr Einfluss haben möchten? abgesehen mache ich meine Arbeit gerne. Ich kann Debatten anstoßen. Und wenn ich Glück habe, dann begeistern sich Im Prinzip ja. Aber ich bin kein klassischer Mann von der Basis. Ich stelle viele Anträge bei andere dafür. den Bundesdelegiertenkonferenzen. Ich kenne die etablierten Strukturen. Wie sind Sie eigentlich zu den Grünen gekommen?

Nehmen wir an, die Partei entscheidet sich dafür, eine einheitliche Zeitrechnung einführen zu wollen – auf europäischer Ebene ist so etwas doch nicht durchsetzbar.

Ganz einfach: ich wollte klassische grüne Themen bewegen, die Energiewende mitgestalten und eine ökologische Landwirtschaft fördern.

Und Ihr Traum-Koalitionspartner: Rot oder Schwarz? Rot.

Bei der Atomkraft haben wir doch gesehen, dass so etwas geht. Da haben wir unsere Meinung aus einer Nische in die Mitte der Gesellschaft getragen. Der Antrag war einer von insgesamt sechs Anträgen, die Sie zu sehr unterschiedlichen Themen gestellt haben. Sollten Sie sich nicht besser auf einen Bereich konzentrieren?

Hat sich die Partei in den vergangenen Jahren verändert? Nicht wirklich. Wir haben zwar Katrin Göring-Eckardt zur Spitzenkandidatin gekürt, aber das heißt nicht, dass die Partei weiter nach rechts gerückt ist. Es war eine Entscheidung für Frau Göring-Eckardt als Person.

Dario Sarmadi Berlin Wünscht sich mehr Querdenker bei den Grünen.

Nein. Ich bin ein politisch denkender Mensch. Es

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Schwarz-Grün wäre für mich eine Option ... ... wenn die Konservativen zu Sozialdemokraten werden. Leo Neydek, 55, Koblenz

... nur auf meinem Grabstein. Klaus Rüther, 62, Osnabrück

... – sorry, aber da krieg ich Magenkrämpfe. Wie soll ich denn dann im Sommer in Kreuzberg für die Grünen Wahlkampf machen? Taina Gärtner, 47, Berlin-Kreuzberg

... wenn die Konservativen grün werden. Yvonne Stalder, 17, Goch

... – never ever. Die Grundwerte stimmen einfach nicht überein, z.B. wenn’s um Drogenlegalisierung geht. Silke Kolwitz, 43, Berlin

... auf der Kommunalebene. Auf der Bundesebene niemals. Die CDU hat viel gelernt, ist aber immer noch zehn bis 20 Jahre zu spät dran. Karin Peucker-Göbel, 51, Herzogenaurach

... wenn’s die CSU nicht gäbe. Ich habe aber auch keine Lust auf Rot-Grün – das wäre das größere Desaster. Stefan Koeck, 38, Stralsund, mit Rahel, 2

... wenn die CDU der kleinere Koalitionspartner ist. David Krystof, 17, Goch

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Die Mutter der Muster Claudia Roth ist nicht nur für ihre politischen, sondern auch für ihre stofflichen Exzesse bekannt. Doch auch sie setzt dem Rausch Grenzen. Nicht alle Muster auf dieser Seite haben schon einmal mit Roths Haarfarbe konkurriert. Welche Muster hat Claudia schon einmal getragen?

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Auflösung: 1. Auf der BDK 2010 in Dortmund. 2. Gardine. 3. Bei der Verleihung des Deutschen Filmspielpreises 2012. 4. Gardine. 5. 2005 in Berlin. 6. Gardine 7. Pressebild 2012. 8. Gardine.

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Schlüsseltechnologien für die Energiewende basieren auf modernen Hochleistungsstählen für neue Kraftwerke, eine effizientere Erzeugung und Speicherung regenerativer Energien und für den erforderlichen Netzausbau. Die Stahlindustrie ist mit neuen, leistungsfähigen Erzeugnissen Impulsgeber für Innovationen in der Energietechnik. Um die Chancen nachhaltigen Wirtschaftens auch künftig nutzen zu können, bedarf es in Deutschland einer international wettbewerbsfähigen Stahlindustrie. Ihre Lösungen für eine erfolgreiche Energiewende dürfen nicht durch einseitige politische Belastungen gefährdet werden. Eine Initiative von ArcelorMittal • Benteler • BGH Edelstahlwerke • Buderus Edelstahl • Deutsche Edelstahlwerke • Dillinger Hütte • Dörrenberg Edelstahl • Feralpi Stahl GMH Gruppe Georgsmarienhütte • Hüttenwerke Krupp Mannesmann • Max Aicher Unternehmensgruppe • Saarstahl • Salzgitter • Stahlwerk Thüringen • ThyssenKrupp

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Top-Tweets Sven Giegold @sven_giegold Wie hast Du es, liebe @_kge_ , so schnell geschafft, Grüne Kirchentagsschals herzustellen und alle zum Mitsingen zu bringen? #bdk12

Bruno Kramm @BrunoGertKramm #BDK12 Wenn #Özdemir „liebe Freundinnen und Freunde“ zum gefühlten Tausendsten Mal in der gleichen Rede sagt, klingt das wie eine Drohung

Michael König @michikoenig Soundtrack zum grünen Urwahl-Video: „Ich rette die Welt“ (Madsen). Drunter machen sie es nicht. #bdk12 Sven Lehmann @svenlehmann Früher: „Macht kaputt, was Euch kaputt macht.“ - Heute: „Erhaltet das, was Euch erhält.“ - Zwei Botschaften, eine Partei: #Grüne!#BDK12

Christoph Hickmann @ChHickmann Offene Fragen zum Wandbild bei Grünen- #BDK12: Was macht Batman auf der Wiese?

Jan Frederik Wienken @jan_wienken @Isarmatrose Polizei findet 350 Kilogramm Marihuana:http://j.mp/TPmG1o. Oh nein @gruene_jugend Party fällt aus! #BDK12

Jens König @kingsize66 #Özdemir schwäbelt schon wieder kalkuliert. „Das koscht Geld.“ Das koscht Nerven!

Jens König @kingsize66 wenn ich jedes mal trinken würde, wenn cem özdemir „freundinnen und freunde“ sagt, läge ich längst unterm tisch. #bdk12 #gruene

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Nächster Halt: Hannover Nirgendwo hält der ICE-Zug öfter als in Hannover. Aber lohnt es sich überhaupt, auszusteigen? Ein paar Hannover-Fakten zum Kennenlernen. • Die höchste Erhebung Hannovers ist die Müllhalde im Stadtteil Misburg. • Jedes Jahr werden 70 Liter rote Farbe auf den Boden der Innenstadt gepinselt. Damit wird der Rote Faden erneuert, auf dem man zu 36 Sehenswürdigkeiten geführt wird. • Hannovers berühmtester Massenmörder Fritz Haarmann – auch „Der Werwolf“ genannt – tötete in den 1920er Jahren 24 Jungen und verkaufte ihr Fleisch an das benachbarte Hotelrestaurant. • Deutschlands erste CD, erste Glühbirne, erste Rechenmaschine und der erste Kleinwagen wurden in Hannover produziert. • Im Neuen Rathaus fährt der weltweit einzige Bogenaufzug in einer 15-Grad-Kurve die Kuppel hinauf. • Der Maschsee, Hannovers Wahrzeichen, wurde von den Nazis in den 1930er Jahren ausgehoben. Gerüchte kursieren, dass auf dem Grund des Sees ein riesiges Hakenkreuz eingelassen sei. • Der 52-zackige Leibnizkeks wurde von Hermann Bahlsen in Hannover erfunden. • Hannover ist die grünste Stadt Deutschlands: Rund 40 Prozent der Stadt besteht aus Grünflächen. • Der ehemalige Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) war knapp 35 Jahre im Amt und ist damit Deutschlands dienstältester Bürgermeister. • Der Hausmeister des Neuen Rathauses verhinderte im Zweiten Weltkrieg dessen Sprengung, indem er die Nazis mit Schnaps abfüllte und sie in den Keller einsperrte. • Die Eilenriede ist mit 650 Hektar Europas größter Stadtwald und doppelt so groß wie der New Yorker Central Park. • Das Magazin Der Spiegel wurde in Hannover gegründet. • Der Mittellandkanal führt durch Hannover und ist mit 325 Kilometern die längste künstliche Wasserstraße Deutschlands.

DER TÜV-GEPRÜFTE SPRITSPAR-RECHNER IST DA! ANZEIGE

Jeder Autofahrer hat sie, doch nur wenige wissen wirklich über sie Bescheid: die Reifen. Dabei lohnt es durchaus, bei der Wahl der Reifen genauer hinzuschauen. Denn mit den richtigen Reifen lässt sich richtig sparen. Reifen weisen signifikante Qualitätsunterschiede auf, die sich bei entscheidenden Fahreigenschaften bemerkbar machen. So sind Billigreifen zwar günstiger in der Anschaffung, erreichen jedoch häufig deutlich schlechtere Werte in puncto Sicherheit oder Kraftstoffeffizienz. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die verwendeten Gummimischungen. Damit Reifenkäufer spritsparende und sichere Reifen künftig auf einen Blick erkennen können, schreibt die Europäische Union ab November für alle Autoreifen ein Label vor, das die Qualitätsund Leistungseinstufung erleichtert. Die neue EU-Kennzeichnung funktioniert im Prinzip wie bei Kühlschränken und Waschmaschinen: je effizienter der Reifen, desto besser die Einstufung.

VON EXPERTEN ENTWICKELT: DIE LANXESS SPRITSPAR-APP LANXESS – Erfinder und weltgrößter Hersteller synthetischer Hochleistungskautschuke – hat zusammen mit Experten der Technischen Universität München den TÜV-zertifizierten Spritspar-Rechner entwickelt. Der Spritspar-Rechner zeigt Ihnen schnell und einfach, wie viel Sie mit „Grünen Reifen“ sparen können – auf Ihrem Smartphone, Tablet oder im Internet. Verfügbar in verschiedenen Sprachen. Der TÜV-geprüfte Spritspar-Rechner ist Teil der LANXESS Spritspar-App, die darüber hinaus diverse zusätzliche Features bietet: Informationen über das neue EU-Reifenlabel, einen Parkzeit-Alarm, eine Service-Erinnerung und Infos zu „Grünen Reifen“.

Das neue EU-Reifenlabel

Wenige Angaben reichen, um das persönliche Sparpotenzial zu berechnen.

PERSÖNLICHES SPARPOTENZIAL BERECHNEN Mit dem TÜV-geprüften Spritspar-Rechner sehen Sie anhand Ihrer konkreten Verbrauchsdaten, wie unterschiedlich sich die verschiedenen Reifenklassen auf Ihren Geldbeutel auswirken. Mit wenigen Eingaben berechnen Sie, wie viel Geld, Sprit und auch CO2-Emissionen Sie mit Reifen einer bestimmten Klasse sparen können. Sie erfahren, ab wann sich ein Reifen für Sie rechnet. Und was Sie sonst noch tun können, um sparsamer unterwegs zu sein. Einfach, schnell und jederzeit verfügbar.

BEISPIEL GEFÄLLIG? Wie sehr sich spritsparende Reifen für Autofahrer rechnen, wird anhand eines einfachen Beispiels deutlich: Bei einem Benzinpreis von 1,60 Euro pro Liter kann ein Wagen, der pro Jahr 15.000 Kilometer fährt und sieben Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer verbraucht, mit Reifen der Effizienzkategorie B im Vergleich zu F-Reifen 135 Euro Spritkosten pro Jahr sparen. Die zusätzliche Investition von 20 bis 50 Euro pro „Grünem Reifen“ ist also in weniger als zwei Jahren wieder eingefahren. Und auch die Umwelt profitiert von „Grünen Reifen“: Wären alle Autos weltweit damit ausgestattet, könnten jährlich bis zu 20 Milliarden Liter Kraftstoff und 50 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.

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Advertorial

Die Stiftung Leben und Umwelt F

rau Steinhoff, sie sind seit 1997 Geschäftsführerin der „Stiftung Leben & Umwelt / Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen“. Sie sind eine Grünen-nahe Stiftung, machen Sie also grüne Politik?

ma „Hochinklusiv“. Also grob gesagt dem verbunden und bekommen von der Berliner Stiftung Mittel. Und wir bekommen auch Geld vom Land Niedersachsen. Dadurch Thema Inklusion. Im nächsten Jahr wird der Fokus bei uns Behinderung sein. Es wird in können wir politische Bildung mit höherer Regionalrelevanz Kooperation mit der Aktion Mensch Filmanbieten. Eins unserer Schwerpunktthemen ist Mobilität, aber vorführungen geben, etwa über eine Frau, auch mit dem Thema Endlagerung beschäftigen wir uns sehr die Poetry Slam mit Gebärdensprache macht. intensiv. Ebenfalls haben Frauen- und Geschlechterdemokratie-Themen einen hohen Stellenwert, gerade in Niedersachsen. Außerdem planen wir eine Konferenz zum Diese Frage liegt vielen auf den Lippen. Aber Thema Gewalt an behinderten Frauen. das beschreibt unsere Aufgabe, auch rechtWarum ist das hier so wichtig? Das sind ja nicht unbelich gesehen, gar nicht. Die Bildungswerke Unsere erste Veranstaltung im Januar wird im dingt Themen, die man vor allem in Niedersachsen verder politischen Erwachsenenbildung haben Rahmen der Reihe „Frauengeschichte. Vororten würde. die Aufgabe, parteinahe politische Bildungshang auf für ...“ stattfinden. Dabei erzählen arbeit für eine allgemein grün interessierte Es gibt in Hannover, einer sehr offenen Landeshauptstadt, interessante Frauen aus ihrem (politischen) Öffentlichkeit anzubieten. Wir machen definichts, was nicht möglich ist. Die Kommunalpolitik ist hier Leben. Im Januar wird Annelie Buntenbach zu nitiv keine Politik, sondern politische Bildung. ihrem Leben, Wirken und zu ihrer Frauengesehr offen, vor allem bezüglich schwul-lesbischer Themen. Dies passiert sicherlich auf der Grundlage der schichte befragt. jeweiligen Parteipolitik, aber auch oft auch Woher kommt diese Offenheit? quer dazu. Information Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Ich bin sicher, dass das vor allem an der langjährigen guten Präsenz und dem guten Wahlergebnis der Grünen liegt. Aber auch daran, dass in der kommunalen VerwalWir machen keine Veranstaltung mit einer Partung inzwischen viele Grüne arbeiten. Und es hat auch tei. Aber wir dürfen Veranstaltungen mit einzelnen Parteimitgliedern durchführen. Wir laden viel damit zu tun, dass sich sehr viele gute und wichtige Menschen in der Stadt dafür einsetzen. Unter anderem beispielsweise Abgeordnete als Expertinnen ein, unsere Stiftung. aber es ist wichtig, dass die Veranstaltungen unter unserer Regie laufen. Das ist die Parteinähe. Was planen Sie für das kommende Jahr? Wir beschäftigen uns mit vielen Themen, die die Partei auch beschäftigen. Eins unserer größeren Themen ist Europa. Wir verWie sieht die Zusammenarbeit mit der anstalten eine Studienreise nach Irland und einen Workshop für Jugendliche aus grenznahen Ländern, Böll-Stiftung in Berlin aus? um miteinander daran zu arbeiten, dem Thema Europa mehr Sexappeal zu verleihen. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat 16 eigenständige Bundesweit arbeiten wir gemeinsam an dem TheLandesstiftungen. Wir sind über einen Vertrag

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Greencampus umfasst verschiedene Weiterbildungsangebote. Veranstaltet werden Seminare, bei denen Handwerkszeug ehrenamtlich aktiven Menschen vermittelt wird. Im kommenden Jahr gibt es eine Seminarreihe speziell für unter 30-Jährige.

Zur Internetseite der Stiftung Leben & Umwelt

http://www.slu-boell.de/


Grün gegen Grün Bürgerinitiativen gegen Windräder, Demos gegen Biogasanlagen, Kritik an Pumpspeicherkraftwerken: In vielen Regionen regt sich deutlicher Widerstand gegen den Ausbau erneuerbarer Energien. Wird die Energiewende für die Grünen zum Dilemma?

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eutschland schaltet um. In den vergan- „Die Leute im Widerstand vor Ort sind zwar laut, aber in der Minderheit“, sagt Fell. Er vermutet, dass die Proteste gegen den genen zwei Jahren stieg der Anteil der Ausbau der erneuerbaren Energien orchestriert seien, maßgeberneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland von 17 auf 25 Prozent. lich durch die Lobbyisten der Initiative Neue Soziale MarktwirtFür die Grünen noch viel zu wenig. Katrin schaft. „Was glauben sie, wer sonst das ganze Land mit Plakaten Göring-Eckardt ermahnte Umweltminister zupflastert? Das kostet Millionen.“ Peter Altmaier: „25 Prozent sind 75 Prozent Auf der Internetseite warnt die Initiative vor steigenden zu wenig!“ Strompreisen und staatlich gelenkter Stromerzeugung. Die Obwohl die Grünen geschlossen hinter der Schuld gibt der Verband der Umlage für erneuerbare EnerEnergiewende stehen, nehmen sie nicht jedes gien (EEG-Umlage), die jeder Privatverbraucher mit der moneue Energieprojekt einfach so hin: Sie set- natlichen Stromrechnung bezahlen muss. Hans-Josef Fell hat das EEG mitverfasst und gibt zu, dass es mittlerweile einige zen sich für Mindestabstände bei Windrädern Fehlentwicklungen aufweist. Diese seien jedoch Schwarzein, wehren sich gegen Stauseen, die die Natur Gelb zuzuschreiben und „müssen korrigiert werden“. zu stark beeinträchtigen, und gegen Biogasanlagen in Wasserschutzgebieten. Ob für Biogasanlagen auch Lebensmittel angebaut oder sie Solche juristischen Details dürften Windkraftgegner kaum interessieren. Denn mit der Zahl der Windkraftprojekte nur mit Bioabfällen betrieben werden sollen, wächst auch die Zahl der Bürgerinitiativen, die sich gedarüber wird parteiintern noch debattiert. gen Windparks vor ihrer Haustüre und die „Verschandelung“ der Natur wehren. Sie formieren sich auf WebseiIn der Gemeinde Hotzenwald in Baden-Württemberg kämpfen Bürgerinitiativen seit Mo- ten wie windwahn.de oder windkraftgegner.de. Über 80 Bürgerinitiativen aus Deutschland haben sich bereits naten gegen ein geplantes Pumpspeicherkraftdem Europäischen Netzwerk gegen Windkraftanlawerk. Während der Kreisverband der Grünen in gen (EPAW, www.epaw.org) angeschlossen. Die SpreWaldshut gegen das Kraftwerk ist, sprach sich cherin Jutta Reichardt sagte gegenüber dem Spiegel, der grüne Landesumweltminister Franz Untersteller dafür aus. Die Energiewende schafft es, sie sei sogar krank geworden wegen der mehr als 120 Natur- und Landschaftsschützer gegen Klima- Windräder, die im Umkreis von wenigen Kilometern um ihr Grundstück im schleswig-holsteinischen Neuschützer aufzubringen und ideologische Grenendorf-Sachenbande lärmen. Reichardt war früher zen zu verwischen. Kämpft am Ende Grün gegen Mitglied im Naturschutzbund und im BUND, sie unGrün? terstützte einst sogar die Grünen und demonstrierte Der energiepolitische Sprecher der Bundestags- gegen das AKW Brokdorf. Doch jetzt fühlt sie sich enteignet, ihr Grundstück habe durch die Windräfraktion der Grünen, Hans-Josef Fell, winkt ab: der massiv an Wert verloren. „Wir sehen kein Dilemma. Wir haben klare Konzepte, die über Jahre gewachsen sind.“ Im Übrigen sei die Energiewende gesellschaftlicher Konsens.

Fo t o

: CC Pap a Li ma Whi s ke y

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Adrian Meyer Hamburg Ist an einem Stausee aufgewachsen, ohne Windräder.

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Sitzblockade gegen die alten Herren In Japan haben Umwelt­aktivisten und Atomkraft­gegner eine Grüne Partei gegründet. Damit beginnt der Kampf gegen ein verkrustetes System – wie im West-Deutschland der 1970er Jahre.

Zur Internetseite der japanischen Grünen.

http://greens.gr.jp/ Foto: Greens Japan

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auch soziale Gerechtigkeit und Frauenrechte sind wichtige lachbildschirme, Smartphones, ElektroAnliegen. „Da können wir viel von den Grünen in Deutschautos – in Sachen Technologie ist Japan land lernen. Besonders wenn es darum geht, unsere Arbeit dem Rest der Welt oft einen Schritt voraus. In zu strukturieren“, sagt Hasegawa. der Politik ticken die Uhren dagegen langsamer: Grauhaarige Herren in schwarzen AnzüMalte Spitz, zuständig für die internationale Koordinatigen dominieren das nationale Parlament, nur on bei den deutschen Grünen, sieht Parallelen zwischen jeder zehnte Sitz gehört momentan einer Frau. der Situation in Japan und der in Deutschland vor rund Korruption ist ein anhaltendes Problem. Ein35 Jahren. „Damals haben wir auch versucht, verkrustete einhalb Jahre nach der Atom-Katastrophe in Strukturen in Politik und Gesellschaft zu durchbrechen.“ Fukushima fährt die Regierung landesweit zwei stillgelegte Reaktoren wieder hoch. Grüne Politik zu machen ist in Japan nervenaufreibend Das neue Gegengewicht zum politischen Estab- – und vor allem teuer. Satte eine Million Euro kostet die Zulassung zu den Parlamentswahlen. Eine Hürde, an der lishment heißt seit diesem Sommer „Midori no kleine Parteien schon oft gescheitert sind. Zur vorgezoTo“, eine neugegründete grüne Partei. Ihre rund genen Parlamentswahl im Dezember werde die neue tausend Mitglieder wollen Japan modernisieren grüne Partei deshalb noch nicht antreten, sagt Uiko Haund den alten Männern den Kampf ansagen. Die Co-Vorsitzende Uiko Hasegawa ist nach Deutsch- segawa. Wie viele der Mitglieder ist sie erst seit dem land gekommen, um sich mit den deutschen Kol- Atomunglück in Fukushima politisch aktiv. „Es geht legen auszutauschen. Die zierliche 31-Jährige mit ein Ruck durch unser Land. Deshalb werden wir versuchen, zur Oberhauswahl im nächsten Jahr das nötidem braven Gesichtsausdruck nimmt regelmäßig ge Geld für die Wahl aufzutreiben“, so Hasegawa. „Bis an Sitzblockaden und Menschenketten teil. Ihre Ziele: Atomkraftwerke abschalten, den Anteil der dahin gehen wir lautstark auf die Straße, um unseren erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung Forderungen Ausdruck zu verleihen.“ erhöhen und den CO2-Ausstoß verringern. Doch

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Jede Woche mobilisieren die japanischen Grünen gegen die Politik im Land. Doch nicht nur gegen die Regierung. „Wenn die liberale Oppositionspartei nächstes Jahr an die Macht kommen sollte, dann werden noch mehr Atomkraftwerke gebaut. Das müssen wir verhindern“, sagt Hasegawa. Wie ihre deutschen Kollegen setzt sie jedoch nicht auf Gewalt. Friedlicher Protest, getragen von jungen Müttern und ihren Kindern – damit will sie die Wende einleiten. „Die deutschen Grünen haben es vorgemacht. Das können wir auch."

Dario Sarmadi Berlin Kann sich Japaner immer noch nicht beim Demonstrieren vorstellen.


Mein Spruch für den Bundestagswahlkampf 2013 lautet ... ... fuck gender, be yourself! Joel Keilhauer, 20, München

... kein grüner Zweig für die Schwarzen! Maike Pfuderer, 46, Stuttgart

... Schluss mit dem Militarismus! Friedrich Bode, 72, Rotenburg/Wümme

... Basisdemokratie kommt an! Kathrin Hannen, 21, Berlin

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Irrwege zum Koalitionsgl端ck

Illustration: Valentin Czisch

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