HAND&WERK KUNST UND VISIONEN

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Mit einem Präsent der Kunsthandwerker:innen bereitet man Freude mit gutem Gewissen


Die Zeit des Schenkens naht ... und damit auch viel Grübelei, womit man geliebten Menschen eine Freude bereiten könnte. Meine Empfehlung: Schenken Sie mit Herz und mit Mehrwert! Unsere Betriebe erfüllen vielerlei Wünsche und spannen den Bogen von Tradition zu Zeitgeist. Werte, die Menschen heutzutage bewegen, wie Individualität, Handwerk, Regionalität und Nachhaltigkeit, werden in jedem unserer Berufszweige gelebt und gepflegt.
Das Handwerk birgt mannigfaltige Aspekte der Nachhaltigkeit – vom verantwortungsvollen Umgang mit den verwendeten Materialien bis zum werterhaltenden Know-how wie Reparatur oder Restauration.
Aus Alt mach Neu! Ob nun die Goldschmiedin ein altmodisches Schmuckstück durch meisterliche Umarbeitung in etwas Neues verwandelt, der Uhrmacher einem tickenden Erbstück neues Leben einhaucht oder die Buchbinderin aus der geliebten AsterixSammlung einen ledergebundenen Band zaubert – nachhaltiger kann man kaum Freude bereiten. Instrumente müssen, ebenso wie mechanische Uhren, regelmäßig serviciert und gepflegt werden. Vielleicht darf es auch ein neues Mundstück für das Blasinstrument sein? All‘ das lässt sich schenken.
Viele Erzeuger:innen kunstgewerblicher Gegenstände treffen wir vor dem Fest noch auf den zahlreichen Adventmärkten in ganz Österreich an, wo wir ihre liebevoll von Hand gefertigten Erzeugnisse erwerben können.
Ich wünsche Ihnen allen eine schöne und erfolgreiche Vorweihnachtszeit.
Ihr
04 l NA CHHALTIG FREUDE SCHENKEN
Univ.-Prof. Mag. art. Hans Stefan Moritsch und Designerin Lena Zach M. A im Interview
07 l GESCHENKE
Handwerk bedeutet nachhaltiges Schenken – zeitlose Schätze statt Wegwerfware
08 K UNSTGEWERBE
Christina Refle stellt aus Wollfilz liebevolle Preziosen und Lebenskleider her
10 l SILBER SCHMIED:INNEN
Der letzte traditionelle Silberschmied in Wien – Jean-Paul Vaugoin über sein Handwerk
12 l UHRENREPARATUR
Hans Mikl über sein Handwerk und die zeitlose Freude daran
14 INSTR UMENTENBAUER:INNEN Hochwertige Blasinstrumente von Thomas Votruba
16 BUCHBINDEREI
Christian Flieger schafft mit Kreativität Vertrauen
18 l EVENT -NACHBERICHT
Von der Schmuckstars-Gala 2024 bis zum Uhr macher:innentreff
19 EVENT -VORSCHAU
Inter nationaler Bucheinbandwettbewerb, Vinyl & Music Festival und Schmuckstars-Awards 2025
IMPRESSUM
Medieninhaber/Herausgeber: Die Landesinnung Wien der Kunsthandwerke, Straße der Wiener Wirtschaft 1, 1020 Wien, Österreich. Produzent/Hersteller:Fa. Christian Lerner, Löwengasse 45/5, 1030 Wien. Druck: Bauer Druck & Medien GmbH. Gedruckt in Österreich. Coverfoto: Stefan Joham. Redaktion: Ines B. Kasparek, Claudio Honsal, Irmie SchüchSchamburek, Michaela Hocek. Lektorat: Textfein e. U.
Art-Direktion: Eva Schreiber-Urthaler, Kabane 13 Medienagentur GesmbH.


Im Interview mit Univ.-Prof. Mag. art. Hans
Stefan Moritsch und Designerin Lena Zach M. A. zeigt sich, dass Kunsthandwerk zu verschenken viele emotionale und nonverbale Aspekte transportieren kann.

TEXT MICHAELA HOCEK
Was ist das Vitale an Handwerk und warum wird es gerne geschenkt?
Hans Stefan Moritsch: Vielleicht, dass handwerkliche Produktion (noch) ein höheres Maß an Individualität erlaubt. Im Unterschied zu industriell gefertigten Produkten. An der Uni überlegen wir uns, wie handwerkliche Produktion in Zukunft aussehen und wie sie ökonomisch funktionieren kann. Wir bewegen uns an der Schnittstelle zwischen Handwerk und Design und entwickeln Impulse, um das Überleben der Handwerker:innen und Designer:innen zu sichern. Dazu gehört z. B., sich bewusst mit Technologien zu beschäftigen, weil sie das Handwerk nicht obsolet machen, sondern verändern. Die Frage nach neuen Materialien bringt recycelte Ressourcen wie Holz, das mineralisch gebunden ist, oder Pilze als biobasierte Werkstoffe in die Entwicklung. Neue Gestaltungsmöglichkeiten schaffen ökonomisch sinnvolle Nischen für produzierende Gestalter:innen, wo sie nicht mit Industrieprodukten aus aller Welt in Konkurrenz stehen.

Lebendiges Handwerk gab es, gibt es und wird es auch in Zukunft geben.
Hans Stefan Moritsch
Der Mensch möchte authentische, langlebige, nachhaltige und hochwertige Produkte, u. a. um sich nicht dem schlechten Gewissen hingeben zu müssen, zur Müllbelastung der Welt beizutragen.
Lena Zach: Das Schenken ist ein emotionaler zwischenmenschlicher Akt. Er ermöglicht es uns, Zuneigung, Wertschätzung und Verbundenheit nonverbal zu kommunizieren, und diese Aussage kann mit einem sorgfältig gewählten handwerklich produzierten Objekt potenziert werden. Das Handwerk und heute vor allem das Kunsthandwerk, da es noch häufiger nicht auf die maschinelle Massenproduktion zurückgreift, begleiten den Menschen seit der kognitiven Revolution. Es ist ein tief in uns verankertes immaterielles Kulturerbe. Daher erlebt der Mensch eine sinnstiftende Wertsteigerung gegenüber dem Objekt. Wer was als wie wertvoll erachtet, liegt im Auge des oder der Betrachter:in, dennoch können wir uns einig sein, dass jedes kunsthandwerklich geschaffene Objekt Träger der Identität des Erzeugenden ist und dadurch eine individuelle Note erhält. Fabrikate aus maschineller

Massenfertigung können dieser Essenz nicht nachkommen. Warum ist und bleibt Weihnachten die wichtigste Zeit für Kreative? Zach: In unserer sehr schnelllebigen Zeit voller Onlinegutscheine und virtueller Treffen schafft die Weihnachtszeit Raum für Besinnung, Rückzug und Zeit für Freund:innen und Familie. Sie weckt Erinnerungen und fördert den Wunsch und oft auch die gefühlte Verpflichtung, seine Wertschätzung mit einem Geschenk mitzuteilen. Dieses Konvolut an Anforderungen bringt uns dazu, über unser Gegenüber nachzudenken, um genau das richtige Objekt mit der passenden Botschaft zu schenken. Die Wahl fällt hier vermehrt auf das kunsthandwerkliche Produkt, da es viel mehr kommuniziert als „das habe ich noch schnell gekauft“. Mittlerweile ist auch der Trend in Richtung des bewussten und nachhaltigen Einkaufens bei uns angelangt.
Moritsch: Möglicherweise, weil beim Schenken nicht in erster Linie der Preis im Vordergrund steht und man den Wert für Produkte aus handwerklichen Kleinserien nicht auf „geizhals.at“ vergleichen kann. In Bezug auf Nachhaltigkeit müssen Konsument:innen bereit sein, sich zu informieren. Es ist ein Riesenthema, das auch von den Student:innen eingefordert wird, wenn es auch mitunter zweischneidig ist: Der Verkauf eines Objekts soll nicht abhängig von einer vorhergehenden stundenlangen Aufklärung sein. Der bewusste Kauf dauerhafter Objekte, die auf besondere Weise produziert sind, ist eine komplexe Angelegen-
Kunsthandwerklich geschaffene Objekte sind Unikate, welche durch ihre Einzigartigkeiten glänzen.
Lena Zach
Anemo – Anchor Emotion Jewelry. Eingebettet in ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit einem Kreislaufkonzept zur Förderung der regionalen Gold- und Silberschmied:innen. Verbunden wird das Schmücken mit Emotionen und zeigt auf, dass nachhaltige und kreislauffähige Konzepte zu einer Wertsteigerung auf mehreren Ebenen führen können.

Identitätsträger im 21. Jahrhundert. In der Formensprache eines üblichen Siegelrings wurde ein funktionsfähiger QR-Code eingesetzt, der durch seine Erhabenheit auch als Stempel oder Siegel verwendet werden kann.


Rollsiegelring im 21. Jahrhundert. Das Übergeben von Kontaktinformationen durch das Siegeln als persönliche Geste vor Ort.
heit, die bei entsprechender Wertschätzung ihren Preis wert ist. Ist Kunsthandwerk nicht oft auch „leiser Luxus“?
Moritsch: Gutes Handwerk ist in vielen Bereichen Luxus. Wir sollten daran arbeiten, dass handwerkliche Produktion auch wieder für normal verdienende Menschen erschwinglich wird. Dazu können meiner Meinung nach vor allem Bildung, Politik und technologische Entwicklungen einen Beitrag leisten. Unser Studiengang ist hier ein Positivbeispiel. Bildungspolitische Themen werden angesprochen, nicht „nur“ Schönes produziert. Meiner Meinung nach steckt die Zukunft des Handwerks in der weiteren Stärkung der Verbindung von Akademie und Handwerk und dem Agieren auf Augenhöhe. Beide wissen sehr viel, beides wiegt gleich schwer. Wie wichtig ist Ihren Kund:innen Nachhaltigkeit im Design und beim Schenken?
Zach: Generell besteht der Wunsch, nicht nur ein Produkt zu erwerben, dass Freude bereitet, sondern einen positiven Einfluss auf die Umwelt und die Gesellschaft mit sich bringt. Das Verantwortungsbewusstsein beim Konsum ist greifbar geworden und das gilt es, im Unternehmer:innentum umzusetzen. Als Designer:innen haben wir die Verantwortung, schonend mit unseren Ressourcen umzugehen und dieses Prinzip in Gestaltung und Umsetzung zu realisieren. Ein wichtiges Schlagwort ist hier die Kreislaufwirtschaft – das Erzeugen von geschlossenen Kreisen unserer Ressourcennutzung, um einen höheren Mehrwert und geringeren Verbrauch zu ermöglichen. Dies ist als einzelner Be-
trieb leider schwer umzusetzen, dennoch ist das Bewusstwerden wichtig, um dies auch in den Unternehmensentscheidungen einzubeziehen und authentische, transparente Antworten auf Fragen der Konsument:innen geben zu können, denn genau hier fällt die Entscheidung: „Ist es nur Green Washing oder nicht?“ Es geht auch darum, regionale, umweltfreundliche und langlebige Materialien zu nutzen, und dies soll sich sowohl beim Produkt selbst als auch in der Verpackung und bei den Werbematerialien widerspiegeln. Es gilt das Prinzip: Umso nachhaltiger das Präsent ist, desto mehr Wert wird dem Objekt zugeschrieben.
Was bedeutet „nachhaltig schenken“ für Sie persönlich?
Moritsch: Ich versuche, Verlegenheitsgeschenke zu vermeiden. Zach: Ich persönlich bin sehr froh, zu erleben, welche Bewegungen das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile ermöglicht hat. Wir denken neu und anders, dies öffnet Kreativen, wie ich eine bin, Tür und Tor. Es ist an der Zeit, dass wir uns ernsthaft darüber Gedanken machen, ob unsere Konzepte des Schenkens noch aktuell sind oder Schenken schon nachhaltig ist, wenn das Produkt ressourcenschonend produziert wurde. Ich denke, dass es hier noch unentdeckte Konzepte und Möglichkeiten gibt, und es liegt an uns Designer:innen, diese zu erforschen und auf dem Markt zu positionieren. Persönlich wünsche ich mir einen noch stärkeren Zusammenhalt in der österreichischen Wirtschaft, vor allem auf Ebene der KMU, denn gemeinsam können wir mehr bewegen und uns mit unseren einzigartigen, nachhaltigen und hoffentlich auch bald kreislauffähigen Konzepten am Weltmarkt behaupten.
Hans Stefan Moritsch ist Produktdesigner und Univ.-Prof. an der New Design University St. Pölten, wo er seit 2013 den Studiengang Design, Handwerk & materielle Kultur / Manual & Material Culture leitet. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Verbindung von Theorie und Praxis in der Designausbildung und Übergänge zwischen gestaltungsbezogenen dualen und tertiären Bildungsmodellen.
Lena Zach entdeckte bereits in der Kindheit ihre Leidenschaft für das Gold- und Silberschmiedehandwerk. Nach ihren Studien an der NDU St. Pölten und FH Salzburg arbeitet sie als leitende Marketingmanagerin und bringt ihre Erfahrung in Design, Handwerk und Management in strategische Projekte ein.


Am 8. und 9. März 2025 findet in der Ottakringer Brauerei wieder das beliebte Vinyl & Music Festival statt. Neben einem Schallplatten- und CD-Markt wird es auch einen IndieLabel-Markt geben. Weitere Highlights sind der Wiener Instrumente Salon, Liveacts und ein Music-Quiz. www.vinyl-music.at

Pflichtermin in der Ottakringer Brauerei für alle Musikliebhaber:innen: der Wiener Gitarrenbauer, Sänger und Gitarrist von „The Makers“, Adam WehselySwiczinsky, MADA-Guitars.
TEXT MICHAELA HOCEK
Die Bundesinnung der Kunsthandwerke lädt wieder alle Lehrlinge und Lehrbetriebe herzlich zur Teilnahme am Lehrlingswettbewerb für Auszubildende im Buchbinderhandwerk aus Österreich, Deutschland und dem heurigen Gastgeberland Schweiz ein. Zusätzlich nehmen die österreichweit eingereichten Wettbewerbsarbeiten in einer eigenen Wertung als Einreichungen am österreichischen Bundeslehrlingswettbewerb teil. Die Teilnahme stellt eine Gelegenheit für alle Lehrlinge dar, ihre Kreativität und ihr bereits erlerntes Können zu zeigen. Reinhold Ploschnitznig, Vor-
sitzender der Berufsgruppe Buchbinder, ergänzt: „Zusätzlich möchten wir als Innung durch diesen Wettbewerb die Freude am Erlernten fördern und durch die Möglichkeit des gemeinsamen Austausches in der Branche den Auszubildenden und ihren Lehrbetrieben einen Mehrwert bieten.“
Einsendeschluss der Arbeiten ist Anfang April 2025, prämiert wird Mitte Mai in Zürich. Neu ist, dass die Teilnahmegebühr der österreichischen Teilnehmer:innen zur Gänze durch die Bundesinnung übernommen wird.

Für Mitglieder der Berufsgruppen Gold- und Silberschmied:innen, Uhrmacher:innen und Erzeuger:innen kunstgewerblicher Gegenstände in der WKW gibt es folgende Kategorien:
• Schmuckstück des Jahres
• Gold- & Silberschmiede des Jahres
• Publikumsstar 2025
• Uhrenwerkstätte des Jahres
• Kunstgewerblicher Modeschmuck des Jahres
• Publikumsstar Kunsthandwerker:innen
• Webstar 2025
• Lehrling des Jahres
Das Thema für das Schmuckstück
des Jahres 2025 lautet: From Austria. With Love.
Die Anmeldephase läuft bis 28. Februar – per E-Mail an: nominierung@schmuckstars.com. Danach folgen die geheime JuryPunktevergabe und das OnlinePublic-Voting. Die Finalist:innen werden am 16. April bekannt gegeben. Die Teilnahme ist kostenlos und eine großartige Möglichkeit für Juwelier:innen und Goldschmied:innen, österreichweit Aufmerksamkeit zu erzielen, die in einer exklusiven Galanacht in Wien ihren Höhepunkt findet.
Detaillierte Anmeldeunterlagen finden Sie hier:
In ihrem Atelier fertigt Christine Refele liebevoll ihre kunsthandwerklichen Teile aus Wollfilz an.

Ein Blick hinter die Kulissen – von Christine Refles Leidenschaft, den Art Advent Weihnachtsmarkt mit ihren kunsthandwerklichen
„Lebenskleidern“ zu bereichern.
TEXT IRMIE SCHÜCH-SCHAMBUREK
Was darf man bitte unter „Lebenskleidern“ verstehen?
Christine Refle: Ich verarbeite bei meiner Marke Lebenskleider reinen Wollfilz zu Accessoires, die uns lieb und wert sind – Täschchen für Laptops, Brillen, sowie Allzwecktäschchen, um Kleinigkeiten aufzubewahren, Schlüsselanhänger, fingerlose Handschuhe sowie kurze Röcke aus Softshell. Als Standlerin weiß ich genau, wo es Frauen gerne warm haben und wie praktisch Bewegungsfreiheit für die Finger ist, während Handfläche und Handrücken warm bleiben. Inspiration für meine „Wiener Einkaufshandschuhe“ war meine steirische Großmutter, die früher immer Pulswärmer gestrickt hat, damit es beim Puls schön warm ist. Auch meine Handschuhe zielen darauf ab. Aus den Filzresten stanze ich
Streudeko, also kleine Herzen, Sterne und Ähnliches, als dekorative Tischzierde oder Christbaumschmuck.
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Refle: In meiner Jugend war ich eigentlich eher eine Handarbeitslegasthenikerin, aber an der „Knödelakademie,“ der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe, wie sie damals hieß, habe ich dann meine Liebe zum Nähen entdeckt und bin anschließend in Wien in die Modeschule Siebeneichenstraße gegangen. Nach meiner Gesellen- und Meisterprüfung habe ich beruflich vorerst einen anderen Weg eingeschlagen und mich schließlich 2010 mit meinen Lebenskleidern selbstständig gemacht. Ich wollte wieder kreativ arbeiten und habe meine Leidenschaft zur Berufung

In allen erdenklichen Farben gibt es die Produkte zu kaufen. Von Handschuhen über Taschen bis zu den sogenannten Lebenskleidern.

und zum Beruf gemacht.
Wo kann man Ihre Produkte kaufen?
Refle: Bei mir im Atelier, online – allerdings ist meine Website gerade offline, da ich sie erneuere – und auf Märkten. Es macht einen großen Unterschied, ob man nur Produktbilder im Internet sieht oder die Sachen in Realität sehen und natürlich auch spüren und angreifen kann. Anfangs habe ich daher auf relativ vielen Märkten während des ganzen Jahres ausgestellt, doch habe ich leider feststellen müssen, dass sich der Aufwand nicht lohnt. Filz ist eher in der kalten Jahreszeit gefragt. Allerdings habe ich auch Kund:innen, die mich vom Markt kennen und mich bei Bedarf anrufen oder zu mir ins Atelier kommen, wenn sie beispielsweise Geschenke für Freund:innen oder eine neue Laptophülle möchten.
Welche Märkte bespielen Sie zurzeit?
Refle: Momentan bin ich nur am Art Advent am Karlsplatz. Er ist für mich die beste Wahl, da er ein reiner Kunsthandwerksmarkt ist und nur selbst produziertes Kunsthandwerk angeboten wird. Für mich ist wichtig, auf einem Markt auszustellen, auf dem keine minderwertige Handelsware angeboten wird. Mit dieser können wir preislich nicht mithalten. Der Adventmarkt ist biozertifiziert, fair, regional, ökologisch, nachhaltig und legt sehr großen Wert auf Qualität. Jede:r Aussteller:in muss sich vorab einer Jurybewertung stellen, die dann über die Teilnahme entscheidet.
Wer ist denn das typische Publikum auf diesem Weihnachtsmarkt?

Echte Wolle und Leder sind nachhaltige Materialien, und haben ihren Preis. Dafür kauft man ein handgefertigtes Unikat, nachhaltig und regional produziert.
Refle: Abgesehen von den Tourist:innen, die zu Weihnachten in Massen unterwegs sind, suchen die Besucher:innen bei diesem Adventmarkt hochwertige, regionale Waren. Dennoch gibt es immer wieder Diskussionen, dass die Sachen zu teuer sind. Sorry, ich kann logischerweise mit Massenproduktion nicht mithalten, wenn ich in Wien produziere. Das sollte den Kund:innen eigentlich klar sein. Was gefällt Ihnen am Marktgeschäft besonders gut?
Refle: Ich liebe das persönliche und direkte Feedback. Bei Verkäufen über die Homepage gibt es das nicht. Am Markt kommt es zum Gespräch, es rennt der Schmäh, wie man so schön sagt – und es macht natürlich auch Spaß, wenn meine Kund:innen merken, dass meine Taschen etwas Besonderes sind. Es ist cool, wenn sie es wertschätzen, dass ich nur reine Wolle oder echtes Leder verwende und keinen Kunststoff, der ewig braucht, bis er verrottet. Was sind die Vorteile, was die Nachteile am Marktgeschäft?
Refle: Das Weihnachtsmarktgeschäft ist eine sehr komprimierte Zeitspanne. Das hat Vor- und Nachteile. Es ist sehr stressig und es braucht große Liebe zu den eigenen Produkten, um sie so direkt anzubieten. Man ist aber auch Teil einer sehr netten Gemeinschaft. Es gibt natürlich immer wieder kleine Differenzen, aber das ist ganz normal, wenn Menschen zusammenkommen. Ich sitze sonst den ganzen Tag allein in meinem Atelier. Am Weihnachtsmarkt bin ich unter Leuten und genieße das sehr. Ich muss dabei meine Lebenskleider nicht wie eine Marktschreierin anpreisen, die Besucher:innen bleiben bei meinem Stand stehen und interessieren sich für meine Sachen. Das freut mich und bestätigt mir, dass der Impuls meiner späten Berufsumorientierung genau richtig war.
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Er ist der letzte Silberschmied in WienJean-Paul Vaugoin im Gespräch über Tradition, Tischkultur und Nachhaltigkeit.
Die 1847 gegründete Silberschmiede Jarosinski & Vaugoin ist ein Paradebetrieb Wiener Handwerkskultur und eine der letzten Silbermanufakturen in Europa. Seit 2003 führt der studierte Betriebswirt und Quereinsteiger Mag. Jean-Paul Vaugoin den Familienbetrieb in sechster Generation und kann gerade in Zeiten wie diesen eine kleine Renaissance und neue Wertschätzung seines Kunsthandwerks erleben, denn nicht nur gekrönte Häupter kaufen regelmäßig im Traditionsbetrieb im 7. Bezirk ein.
Sie leiten seit 2003 diesen einzigartigen Traditionsfamilienbetrieb. Wie sehen Sie das Traditionsbewusstsein der Kund:innenin Zeiten wie diesen?
Jean-Paul Vaugoin: Wie in vielen Bereichen gibt es auch hier eine große Schere. Einerseits eine Klientel, die sehr viel Wert darauf legt, und den Großteil der Gesellschaft, der gar keinen darauf legt. Das Mittelmaß fehlt. Unsere Klientel ist eher in der oberen Schicht angesiedelt, der


oder die Einkäufer:in von der Mariahilferstraße wird sich kaum zu uns verirren. Für uns als Firma ist das gut, für die Gesellschaft im Allgemeinen nicht so ideal. Dennoch kann ich eine leichte Trendwende beobachten, denn die Wertschätzung für feine Silbergegenstände oder Tafelsilber steigt wieder an.


Mit großem Stolz präsentiert Firmenchef Mag. Jean-Paul Vaugoin eines seiner 200 Silber-Tafelbesteck-Sets.
Sie sind Magister der Betriebswirtschaften und als Quereinsteiger zum Silberschmied geworden. Haben
Sie diese Entscheidung je bereut?
Jean-Paul Vaugoin: Nach dem überraschenden Tod unseres Vaters haben wir drei Brüder in jugendlicher Naivität beschlossen, das Unternehmen weiterzuführen. Seit 2005 führe ich den Betrieb alleine. 2019 habe ich die Meisterprüfung als Gold- und Silberschmied sowie Juwelier abgelegt. Bereut habe ich diesen Entschluss nie,
im Gegenteil. Ich habe hier das Glück, unglaublich interessanten Menschen zu begegnen, und gehe jetzt in meinem Beruf voll auf. Sie produzieren hier das, was gefragt ist. Was ist das denn zurzeit?
Jean-Paul Vaugoin: Egal, wie exotisch es anmutet, wir produzieren alles, was Kund:innen wünschen. Alles ist machbar, es ist nur eine Frage des Preises. Das Spektrum reicht vom silbernen Kochlöffel über das Bonsai-Besteck, den silbernen HendlhaxnHalter oder einen BH aus Silber im Gaultier-Style bis hin zu 200 verschiedenen Tafelbestecken. Außerdem, wir produzieren pro Jahr einige neue Produkte in Kooperation mit Künstler:innen, wie Ernst Fuchs oder Interior-Fashion-Designer:innen, wie dem USShootingstar Rick Owens. All das erregt natürlich Aufmerksamkeit in den Medien und macht uns international bekannt. Unser täglich Brot ist aber immer noch das Einsetzen einer neuen Klinge in ein Silbermesser um 35 Euro und ähnliche Reparaturen oder Taufbecher und Hochzeitslisten. Das bringt uns eine gewisse Kontinuität, denn nur selten bestellt jemand eine komplette Palastausstattung.
Apropos Palast. Ihr Betrieb wird ja auch als die ‚Silberschmiede der König:innen‘ bezeichnet. Beliefern Sie immer noch Königshäuser?
Jean-Paul Vaugoin: Wir hatten das Glück, sowohl für das englische Königshaus als auch für das von Katar oder Malaysia, Oman und Dubai immer wieder zu liefern. Es handelt sich zwar nicht immer um Großaufträge, aber es ehrt uns dennoch sehr. Wie steht es um die feine Tischkultur bei Normalsterblichen in Österreich?
Jean-Paul Vaugoin: Ja, vor allem seit der Pandemie, in der die Leute Zeit hatten, Sachen zu ordnen, und vieles auf Dachböden oder in Schränken gefunden haben, das sie jetzt restaurieren oder reparieren lassen. Ganz nebenbei haben viele auch wieder erkannt, dass ein schöner Kerzenleuchter auch Wertanlage und Investment ist. Heute wird wesentlich bewusster gekauft als vor 20 Jahren.
Jean-Paul Vaugoin: Das Bewusstsein kommt allmählich wieder zurück, wie immer in Krisenzeiten. Ein Silberbesteck war immer ein Alltagsgegenstand und sollte verwendet werden. Die Menschen essen zusehends wieder gerne, gut und schön! Ihre Firma ist ja nicht nur eine Manufaktur in Familienbesitz, sondern grundsätzlich ein Vorzeigebetrieb, was Nachhaltigkeit anlangt. Jean-Paul Vaugoin: Regionaler und nachhaltiger geht es kaum. Unser Drechsler für Rahmen ist im 18. Bezirk, der Glaser ist in der Zieglergasse, das Silber kommt per Fahrradboten von der Ögussa in der Gumperdorferstraße und produziert wird ausschließlich hier bei uns. Sehr wichtig ist mir auch das Faktum des nachhaltigen Services. Egal ob eine Kund:in ein großes Tafelservice kauft oder Manschettenknöpfe um 200 Euro, er oder sie ist König:in und wird bestens beraten. Wir wollen unsere Kund:innen kennen! Weihnachten ist für Sie High Season. Bemerkt man auch hier eine nachhaltige Trendwende bei der Kundschaft?
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Uhrmachermeister Hans Mikl im Gespräch über die Nachhaltigkeit mechanischer Zeitmesser und die zeitlose Freude daran.
Worauf sind Sie als Uhrmacher spezialisiert?
Hans Mikl: Einerseits verkaufen wir technisch interessante, preislich vernünftige, neue mechanische Zeitmesser, andererseits reparieren und restaurieren wir mechanische Uhren. Das umfasst hundert Jahre alte Taschenuhren ebenso wie moderne Armbanduhren. Wir sind eine klassische Werkstätte mit dem Nachhaltigkeitsgedanken beim Restaurieren.
Weshalb restaurieren Sie ausschließlich mechanische Zeitmesser?
Mikl: Das hat zwei Gründe: Erstens sind wir auf mechanische Uhren spezialisiert und zweitens können Quarzuhren oder elektronische Uhren nicht längerfristig repariert werden. Das ist so wie beim Handy oder Fernseher. Im Gegensatz zu Komponenten bei mechanischen Uhren kann man irgendwelche Chips und Platinen nicht nachmachen. Selbst für eine zweihundertfünfzig Jahre alte Taschenuhr können wir immer noch alle Teile anfertigen, ganz gleich, ob sie beschädigt oder verschlissen sind.
Verkaufen Sie auch Vintage-Uhren?
Mikl: Ja, wir haben immer wieder Vintage-Modelle im Sortiment, je nachdem, wie viel Zeit wir für die Restaurierung unserer eigenen Zeitmesser haben. Denn jede Uhr wird von uns zuerst restauriert, bevor wir sie verkaufen.
Welche Preisrange decken Sie mit diesem Angebot ab?
Mikl: Durchschnittliche Reparatur- oder Restaurationspreise liegen bei zirka fünfhundert bis eintausend Euro, aufwendigere Restaurationen können bei uns aber bis zu mehreren Tausend Euro kosten.
Wie viele unrestaurierte Zeitmesser haben Sie zirka auf Lager?
Mikl: Etwa 600 Stück. Das ist Fluch und Segen zugleich. Da es kaum noch Uhrmacher:innen und Uhrmachermeister:innen gibt, die sich vor allem mit Vintage-Uhren beziehungsweise mit den speziellen Reparaturen und Restaurierungen beschäftigen, haben wir sehr viele Aufträge. Wir bekommen aus ganz Österreich und Deutschland, eigentlich aus ganz Europa Aufträge. Wir haben ei-





Eine schöne, mechanische Uhr, die man beispielsweise zur Sponsion bekommt, kann man auch mit 60 Jahren noch tragen. Bei elektronischen Zeitmessern oder Smartwatches ist das nicht möglich.
Mechanische Zeitmesser sind für die Ewigkeit gebaut. Solange es Uhrmacher:innen mit entsprechendem Know-how gibt, können sie auch noch Hunderte Jahre später repariert oder restauriert werden.
Ein regelmäßiges Service ist bei mechanischen Uhren essenziell, um größere Reparaturen vorzubeugen. Die Intervalle hängen von der Art der verwendeten Öle, den Komplikationen des Werks und der Trageintensität ab.
nen riesigen Fundus an alten Ersatzteilen und wir haben die Möglichkeiten, fehlende oder kaputte Ersatzteile anzufertigen. Dadurch bleibt kaum Zeit, um unsere eigenen Uhren, die wir eigentlich verkaufen wollten, zu restaurieren. Wie relevant sind mechanische Uhren als Geschenke?
Mikl: Das ist bei uns ein großer Anteil. Mechanische Uhren als Geschenk, ganz gleich ob neu oder vintage, haben einen besonderen Symbolwert – durch die Handwerkskunst, ihre Qualität sowie Zuverlässigkeit und auch durch ihre Langlebigkeit. Das begeistert viele Menschen und daher sind sie bereit, für eine schöne, mechanische Uhr mehr zu bezahlen. Wobei es dabei nicht nur um den tatsächlichen Preis geht, sondern um ein wirklich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Mechanische Uhren werden oft zu besonderen Anlässen verschenkt, etwa zur Firmung, zum Geburtstag oder zu Weihnachten – und oft beschenken sich unsere Kund:innen auch selbst. Der Anteil von Vintage-Uhren beträgt dabei zirka zwanzig bis dreißig Prozent. Die meisten Kund:innen haben eine VintageUhr geerbt oder gekauft und lassen sie für sich selbst herrichten, etwa zwanzig Prozent meiner Kund:innen verschenken sie. Was macht mechanische Uhren zu nachhaltigen Weihnachtsgeschenken? Mikl: Mechanische Zeitmesser sind für die Ewigkeit gebaut.
Zurzeit haben wir in unserer Werkstatt einen zweihundertfünfzig Jahre alten Zeitmesser – der funktioniert immer noch. Eine mechanische Uhr kann man immer reparieren oder restaurieren. Man kann alle Teile nachbauen, ersetzen und alle Ersatzteile praktisch unbegrenzt lagern. Sie sind ein Statement gegen die Wegwerfgesellschaft, benötigen wenig Ressourcen bei der Herstellung – und sie erhalten eine traditionelle, nachhaltige Handwerkskunst im Herzen Europas. Vintage-Uhren verlieren zudem nicht an Wert – und jede neue, mechanische Uhr kann im Laufe der Zeit zu einer Vintage-Uhr werden. Diese Zeitmesser sind wie ein Goldbarren. Es spielt keine Rolle, ob sie heute restauriert und verkauft werden oder nächstes Jahr. Im Gegenteil, sie werden üblicherweise sogar immer mehr wert und sie bereiten ihren Besitzer:innen vom ersten Tag an Freude.
WIENER UHRMACHER
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Thomas Votruba ist Instrumentenbauer und fertigt als einer der Letzten im Land hochwertige, handgefertigte Blasinstrumente.
Die Instrumenten-Manufaktur Votruba produziert seit 1875 in nun fünfter Generation im Familienbetrieb Blechblasinstrumente in höchster Qualität und von Weltrang. Egal ob Trompeten, Posaunen, Baritone oder ausgefallene Stücke, wie eine römische Lure, das zehnköpfige Expert:innenteam in der Werkstatt am Lechenfelder Gürtel macht es möglich, jeden Wunsch zu erfüllen. Die Preisspanne für die in Handarbeit gefertigten, hochwertigen Blasinstrumente beginnt bei 3.000 Euro für eine Trompete und ist nach oben offen. Rund sechzig neue Musikinstrumente werden pro Jahr angefertigt und alle sind sie bekannt für ihr ganz typisches Wiener Klangbild. Nicht nur Wiener Orchester wie die Philharmoniker gehören zum treuen Kund:innenstamm, selbst Jazz-Legende Miles Davis hat das Reparaturservice der Votrubas schon in Anspruch genommen ...

Ihre Firma wurde 1875 gegründet, ist in fünfter Generation im Familienbesitz. War es für Sie klar, in die Fußstapfen der Vorfahr:innen zu treten?
Thomas Votruba: Es war für mich und meinen Bruder von Anfang an klar, dass wir das Familienunternehmen übernehmen werden. Da wir hier im Haus auch gewohnt haben, habe ich ab dem dritten Lebensjahr sehr viel Freizeit in der Werkstatt verbracht. 1999 habe ich dann die Meisterprüfungen gemacht, denn der Beruf des oder der Musikinstrumentenerzeuger:in splittet sich ja bei uns in die Bereiche Holz- und Blechblasinstrumente auf, daher musste ich beide machen.
Ich nehme an, Sie haben auch die Musikschule besucht?
Thomas Votruba: Ich habe ursprünglich Trompete gelernt und bin dann auf Bariton umgestiegen. Alle unsere Mitarbeiter:innen spielen ein Instrument, denn ich denke, sonst kommt man erst gar nicht zu unserem Beruf. Man sollte das Instrument, das man produziert, natürlich auch selbst ausprobieren können. Privat spiele ich immer wieder mal bei meiner Heimatblasmusikkapelle in Muthmannsdorf bei der Hohen Wand. Welche Instrumente produzieren Sie hier in Ihrer Manufaktur?
Thomas Votruba: Wir bauen an Instrumenten vor allem



In bester Qualität und mit feinsten Materialien werden pro Jahr um die 60 neue Blechblasinstrumente von der Trompete über die Piccolo-Trompete bis zum Flügelhorn gebaut.
Ausstellungsstück: Stolz präsentiert
Thomas Votruba ein 199 cm hohes Kontrabass-Saxophon aus dem Jahr 1926.
Trompeten, Flügelhörner, Posaunen und Baritone, wobei der Produktionsprozess so aussieht, dass wir die von Spezialist:innen gefertigten Einzelteile wie Schaltstücke und Ventile einkaufen und zusammenbauen. Die Rohre werden hier gebogen, gelötet, gewalzt oder gezogen und dann verbinden wir die Teile in Handarbeit. Am Blech gearbeitet wird bei uns mit den Buntmetallen Messing, Goldmessing und Neusilber. Die Fertigung eines Instrumentes benötigt je nach Aufwand und Größe bis zu
60 Arbeitsstunden.
Sie sind in Wien mittlerweile ja der einzige Blasinstrumentenbauer. Was ist das Besondere an Votruba-Instrumenten?
Thomas Votruba: Sicherlich sind es die höchsten Qualitätskriterien und die Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren, aber wir haben in Wien auch einen ganz eigenen Klangstil, der uns von anderen unterscheidet. Dieses ‚Wiener Klangbild‘ unserer Instrumente wird ausschließlich von österreichischen Orchestern verwendet und kommt sonst nirgendwo auf der Welt zum Einsatz. Versorgen Sie auch prominente Musiker:innen mit Ihren Instrumenten?
Thomas Votruba: Nun, viele Philharmoniker:innen und Symphoniker:innen werden von uns betreut. Aber, auch viele be-

kannte Namen aus der volkstümlichen Musik. Und, einmal hat sogar Miles Davis unser Service in Anspruch genommen, weil er vor einem Wien-Konzert Probleme mit seiner Trompete hatte. Wir konnten den Fehler beheben. Was war das ausgefallenste Instrument, das Sie je produziert haben?
Thomas Votruba: Der Nachbau einer römischen Lure nach Originalplänen für einen Butterwerbefilm. Ihre Instrumenten-Manufaktur arbeitet sehr nachhaltig. Inwiefern?
Thomas Votruba: Wir sind ein Wiener Handwerksbetrieb, die Instrumententeile kommen hauptsächlich aus Deutschland. Die Lebensdauer ist lange, nicht so, wie bei mancher Billigware aus Asien, die wir gar nicht anbieten, weil es Wegwerfprodukte sind. Zusätzlich bieten wir das Service, dass man ein neues Instrument kauft und, wenn der:die Kund:in nicht zufrieden ist oder der oder die Schüler:in den Musikunterricht nicht fortsetzt, wir das Instrument innerhalb von zwölf Monaten um zwei Drittel des Kaufpreises wieder zurücknehmen. Allerdings kommt das äußerst selten vor. Werden zu Weihnachten viele Instrumente verschenkt?
Thomas Votruba: Ja, wir haben neben den permanenten Reparaturen, die unser Hauptgeschäft ausmachen, zwei Verkaufshöhepunkte im Jahr: einerseits den Schulbeginn im Herbst und natürlich Weihnachten, wo dann womöglich ein neues Blechblasinstrument unter dem Christbaum liegt.
WIENER INSTRUMENTENBAUER
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Wie der Verlobungsring ins Buch kam, ist nur eine der emotionalen Geschichten, die Buchbinder Christian Flieger aus seinem Berufsalltag erzählen kann.
Die Buchbinderei als Kunsthandwerk hebt sich von Massenprodukten vor allem durch persönliches Einwirken ab –sowohl vonseiten der Menschen, die spezielle Wünsche haben, als auch von den Fachkundigen, die diese mit Freude umsetzen.
Welche Produkte der Buchbinderei sind beim Thema „Nachhaltig schenken“ am beliebtesten?
Christian Flieger: Am beliebtesten sind Notizbücher und Fotoalben, die aus 100 % recyceltem oder FSC-zertifiziertem Papier oder Karton gefertigt sind. Obwohl wir hier natürlich extrem auf unsere Lieferant:innen angewiesen sind. Es ist immer wieder schön, zu sehen, dass unsere Kund:innen Geschenke bei uns finden, die in der Haptik ihren Wünschen entsprechen.
Welche Hintergrundgeschichte ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Flieger: Für einen Kunden haben wir ein aufwendiges, faden-

Jahrzehntealte Buchstaben oder individuell angefertigte Logos, sogenannte Prägeklischees, verleihen Geschenken eine individuelle Note.

geheftetes Buch inklusive Druck gefertigt. Im vorderen Teil war die Liebesgeschichte zwischen ihm und seiner Freundin festgehalten, teilweise mit original Chat-Nachrichten und vielen Bildern vom Kennenlernen bis zu den späteren gemeinsamen Reisen. Ab dem zweiten Drittel des Buchkerns war der Platz für eine besondere Überraschung reserviert. Wir haben in die Mitte der restlichen Seiten ein Loch gestanzt, in dem ein Verlobungsring versteckt wurde.
Damit der Heiratsantrag mit Buch gelingt, haben wir uns gerne einige Male mit dem Kunden zusammengesetzt. Bei der Herstellung hat alles reibungslos funktioniert. Beim Heiratsantrag glücklicherweise auch. Nach der Übergabe des Buches an seine Freundin hat der junge Mann uns noch freudig mit den Worten „Sie hat ‚Ja‘ gesagt!“ angerufen. Er war überglücklich und hat sich vielmals bedankt. Solche Projekte machen extrem viel Spaß. Das Finanzielle und die Arbeitsstunden rücken hierbei oft in den Hintergrund. Vor den Festtagen suchen uns Menschen oft auch mit alten Büchern –z. B. dem Kochbuch der Oma mit all ihren handschriftlichen Notizen – auf. Wenn es sich reparieren lässt, übernehmen wir das sehr gerne. Ist eine Restauration nötig, gibt es andere Expert:innen dafür. Welche Möglichkeiten für maßgeschneiderte Produkte gibt es?
Flieger: Grundsätzlich fertigen wir alle Produkte maßgeschneidert für unsere Kund:innen, und versuchen – auch aus technischer Sicht –, alle Wünsche, die an uns herangetragen werden, zu erfüllen: ob ein Gästebuch für Hochzeiten oder ein Notizbuch für die Weltreise, eine spezielle Prägung oder eine Magnetverschlussbox. Gerade



zu Weihnachten merken wir, dass hier gerne auf Qualität und Kreativität gesetzt wird. Hochsaison haben jetzt Fotoalben in vielen Ausführungen. Firmen ehren ihre Mitarbeiter:innen gerne im Rahmen von Weihnachtsfeiern und benötigen dafür geprägte Mappen. Mit welchen Spezialwünschen wird am meisten Freude bereitet?

Geliebte Bücher werden zum Reparieren gebracht, bevor sie auseinanderfallen.
Die Anleimmaschine ist ein profanes, aber immens wichtiges Gerät, um Papier und Leinen perfekt zu verbinden.
Flieger: Oft sind die Kund:innen von den Möglichkeiten überrascht, mit denen wir die Bücher auf dem Umschlag mit unseren Prägelettern aus unterschiedlichsten Schrifttypen personalisieren können. Es freut uns, dass wir Menschen damit beeindrucken können. Ein Upgrade, das übrigens weniger kostet, als man meinen möchte, und viel hermacht. Worauf sind Sie spezialisiert?
Flieger: Aus dem Feedback der vergangenen Jahre können wir sagen: Unsere Kund:innen schätzen die gute Beratung und die Flexibilität, die wir bei den Aufträgen anbieten können. Was ich oft bei Telefonaten mit meinen Lieferant:innen vermisse, ist eine Lösung oder ein gewisser Wille, etwas zu schaffen, auch wenn es unmöglich scheint. Davon lassen wir uns allerdings nicht aufhalten. Ich
glaube, dass unsere Kund:innen spüren, dass wir versuchen, Alternativen zu finden, um das Produkt anfertigen zu können. Da wird vielleicht schnell ein Muster angefertigt, damit aus der Theorie etwas entsteht, was man angreifen und vorzeigen kann. Das stärkt das Vertrauen in uns – und es macht immer wieder aufs Neue Spaß, wenn es funktioniert und daraus ein Auftrag wird. Ich denke, dass das etwas Spezielles ist, was mich und vor allem meine beiden Mitarbeiter:innen auszeichnet.
QR-Code einscannen und andere Buchbinder:innen in Wien entdecken
TEXT INES B. KASPAREK

Rund 80 Uhrmacher:innen nahmen am diesjährigen „Wibmer Kreis“ vom 27. bis 29. September in

Zum 29. Mal fand Ende September das alljährliche Treffen österreichischer und Südtiroler Uhrmacher:innen statt. Der renommierte Uhrmachermeister und Großuhren-Spezialist Peter Wibmer hatte diesen Kreis vor knapp drei Jahrzehnten zum intensiven fachlichen Austausch ins Leben gerufen – frei nach dem Motto: „Weniger Konkurrenz, mehr Miteinander“. 2024 kümmerte sich seine Tochter, Therese Wibmer, um Organisation und Rahmenprogramm des „Wibmer Kreises“, der diesmal in Wien über die Bühne ging. Insgesamt fanden sich rund 80 Teilnehmer:innen in der Bundeshauptstadt ein, um vom großen Wissen Peter Wibmers und vom gegenseitigen Austausch zu profitieren.
Das Programm startete am Freitag mit einem geselligen Beisammensein in der Gösser Bierklinik. Am Samstag und Sonntag standen Besuche des Wiener Uhrenmuseums und der Berufsschule der Wiener Uhrmacher:innen samt Vortrag zum Thema Fälschungen und Restauration von Großuhren von Peter Wibmer auf dem Programm. Es folgten eine Stadtrundfahrt sowie eine Führung durch die Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums mit Schwerpunkt auf die sehenswerte Automaten-Sammlung. Obwohl das gesellige Beisammensein am Samstag bis spätabends gedauert hatte, traf man sich am Sonntag noch zu einem geführten Stadtspaziergang durch Wiens kleinste Gassen.

Monika Jaroszkiewicz wurde von WKWInnungsmeister
Wolfgang Hufnagl (r.) und Thomas Hovezak, WKWBerufsgruppensprecher Kunsthandwerk, herzlich beglückwünscht.


Impressionen vom gemeinsamen Mittagessen im Kunsthistorischen Museum.

Zukunftsweisende Uhrenwerkstätte: „Die Zeitmesserin“ Birgit Domandl mit Schmuckstars-Moderatorin Silvia Schneider auf der Bühne des Kursalons Wien.
Seit 2019 nominieren die Initiatoren der „Schmuckstars“ Vertreter:innen der Uhrmacherei, der Goldschmiedekunst und neuerdings auch des Kunsthandwerks und zeichnen die Engagiertesten unter ihnen aus. Die Entscheidungen fallen mit freundlicher Unterstützung eines breiten, branchenaffinen Publikums sowie einer hochkarätigen Fachjury. Alle Finalist:innen waren zur glamourösen Schmuckstars-Gala am 21. Juni im Kursalon Wien geladen, wo die Gewinner:innen gebührend gefeiert wurden. 2024 haben Betriebe aus der Bundeshauptstadt wieder besonders erfolgreich abgeschnitten.
5 Awards für das Kunsthandwerk in Wien
Uhrenwerkstätte des Jahres
Die Zeitmesserin / Birgit Domandl & Team
Gold- und Silberschmiede des Jahres
Atelier Teje / Teje Waidmann
Trauringspezialist:in des Jahres
EH / Elisabeth Habig
Kunstgewerblicher
Modeschmuck des Jahres
Urban Grid Bangle von VerSTEINert / Monika Jaroszkiewicz
Publikumsstar
Tulpenregen von Sparkling Spirit / Evelyn Rillé
Bilder und Videos von der Schmuckstars-Gala 2024 finden Sie unter schmuckstars.com/gala-nacht, auf Facebook sowie Instagram #schmuckstars.official.
Zeitlose Schätze statt Wegwerfware – Kunsthandwerkliche Œvres lokaler


Ein handgemachtes Fotoalbum – nach individuellen Vorstellungen gefertigt - verwahrt wertvolle Momente des Lebens (Der Buchbinder). Ebenso langlebig: eleganter, handgefertigter Schmuck aus dem Juwelieratelier (Heldwein) sowie feine, restaurierte, mechanische Vintage-Zeitmesser (Ro&Ro Uhrmacherhandwerk). Sie bereiten auch noch nachkommenden Generationen Freude – ebenso wie Musikinstrumente. Diese können auch gemietet werden, um die eigene Virtuosität spielerisch zu erkunden und so ein neues Talent zu entdecken (Musikhaus Wien). Lokal handgemachter Modeschmuck ist nicht nur ein Style-Statement, sondern auch ein Statement gegen die Wegwerfkultur (Lara Lici Jewellery).
Die hier gezeigten Weihnachtsgeschenke sind eine kleine Auswahl von Produkten kunsthandwerklicher Wiener Betriebe aus dem WKO Firmen A-Z. Im WKO Firmen A-Z finden Sie alle Mitglieder der WKW Kunsthandwerke.




Die Gold- & Silberschmied:innen zaubern aus Omas Schätzen zeitgeistigen Schmuck zur Hochzeit, für die Enkelkinder, zur Taufe, zum Weihnachtsfest und vielem mehr.




