Toni_Stadtmagazin – April 2020

No. 4 April 2020

Toni wohnen, leben, arbeiten – ESSEN

Kultur

Folkwang Museum als „Museum des Jahres“ ausgezeichnet

Mit Aussicht Anpacken für den Schellenberger Wald

Essen engagiert Essener Bürger setzen sich für die Gemeinschaft ein

Dein

NEUES Stadtmagazin

Inhalt 02

Inhalt

06

04 Marktplatz

Wir alle sind Toni! Heute: Guido Wir stellen unseren Chefredakteur vor.

06 Stadtgeschichten Essen engagiert

Mit jeder Menge Herzblut, Idealismus und frischen Ideen engagieren sich Menschen in Essen für andere und die Gemeinschaft.

14 Im Quartier

Gemeinsam durch die Krise

Mitarbeiter des Alfried-Krupp-Heims sind in Corona-Zeiten im unermüd­ lichen Einsatz.

14

16 Neustart

Mit feiner Nadel und buntem Faden

Ekaterina Haak bestickt ramponierte Kleidung mit zauberhaften Motiven.

18 Kulturhauptstadt

PACT Zollvereins WerkStadt Begegnungsort in Katernberg bietet ein künstlerisches Angebot für Bürger und baut Barrieren ab.

16

22 Kultur

Folkwang Museum ist „Museum des Jahres“ Deutschlands Kunstkritiker haben das Museum Folkwang in Essen zum ­„Museum des Jahres“ gewählt.

24 Heimatgrün Achtsam anziehen

In einem Zehn-Wochen-Programm führt die Green-Fashion-Expertin ­Dominique Ellen van de Pol aus Rüttenscheid mit ­ihrem Guide „Achtsam Anziehen“ zum nachhaltigen Kleiderschrank.

18

26 Mit Aussicht

Frisch verwurzelt im Schellenberger Wald

Eine Heisinger Bürgerinitiative pflanzt 800 Bäume, um die Lücken von Sturmtief „Ela“ zu schließen.

28 Ungewöhnlich Bärenstarke Unikate

Norman Bärenbrinker lädt mit seinem ­Laden „Kommabei“ zum Reinkommen ein.

Liebe Essenerinnen und Essener,

30 Original

Mit großem Herz im Ehrenamt

Titel: Sascha Michaelis; Fotos: Sascha Michaelis (1, 5), Dominik Asbach, Ekaterina Haak, Christoph Sebastian, Ralf Schultheiß

Der ehemalige Polizist Uwe Klein engagiert sich für schwer kranke Kinder.

jeden neuen Tag wünsche ich mir, Ihnen sagen zu können: Genießen Sie den Frühling, treffen Sie sich mit Ihren Freunden, feiern Sie mit Ihren Verwandten, insbesondere den Älteren. Aber wir erleben in Essen gerade eine bisher nie dagewesene Situation.

Es gibt für jeden von uns enorme Einschränkungen im öffentlichen und privaten Leben.

Aber diese Einschränkungen sind wichtig, damit wir die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen.

Und: Wir müssen vor allem besonders gefährdete Personen vor einer Ansteckung mit dem Virus schützen.

Ich bin stolz, dass sich bereits sehr viele von Ihnen an die klaren Regeln halten und appelliere: Bitte bleiben Sie weiterhin zu Hause. Meiden Sie soziale Kontakte. Reduzieren Sie Ihren Alltag auf das Nötigste. Solange wie nötig.

28 Impressum Herausgeber Markt1 Verlagsgesellschaft mbH Freiheit 1, 45128 Essen Telefon 0201 1095195 E-Mail info@markt1-verlag.de Chefredaktion Guido Schweiß-Gerwin Redaktion Petra Lapps Silja Mannitz Nicole Nawrath Heike Reinhold

Mitarbeit Diana Ringelsiep Britta Rübsam Art Direction Maike Kawik Grafik Sascha Michaelis Schlussgrafik Sigrid Herffs Anzeigen Bettina Walter Telefon 0201 1095100

Ich weiß, wie schwierig diese Situation für jeden von uns ist. Was ich deshalb umso beeindruckender finde ist, welche große Hilfsbereitschaft die Essenerinnen und Essener beweisen. Auch darauf bin ich sehr stolz.

Unter „Essen hält zusammen“ bieten viele Bürgerinnen und Bürger ihre Hilfe an, in den sozialen Medien, über Kirchengemeinden, über Vereine oder einfach als Nachbarschaftshilfe im Stadtteil.

Dafür danke ich Ihnen sehr.

Bitte bleiben Sie gesund!

Ihr Thomas Kufen

„An manchen Tagen weiß ich gar nicht genau, ob ich Toni oder Guido bin. Ich arbeite seit 2006 in Essen und verbringe hier täglich mehr Zeit als an meinem Wohnort im Sauerland. Mit Toni haben wir einen langjährigen Plan in Essen und für Essen realisiert. Nach Magazinen für die Kulturhauptstadt und nach Heimatgrün für die Grüne Hauptstadt haben wir mit Toni jetzt einen Titel, der zeigt, wie lebenswert Essen ist, wie jung und jetzt wie engagiert. Wir haben diese Ausgabe schon im vergangenen Jahr geplant, ohne zu wissen, wie aktuell die Themen Engagement und Solidarität zum Zeitpunkt des Erscheinens sein werden. Folgen Sie dem Rat unseres Oberbürgermeisters Thomas Kufen. Schützen Sie sich und andere und bleiben Sie solidarisch. Dank unserer Herkunft ist das Teil unserer DNA, denn wir alle sind Toni.“

04

Von Essenern über Essener für Essener: Toni ist Lokalmatador, unabhängig und immer unterwegs. Folgt uns und lernt eure Stadt neu kennen.

toni.magazin

#datisessen

Zuhause ist, wo man alt wird und jung bleibt.

Fotos: Roger Richter Photography, AdobeStock/jackfrog, Thaut Images

Marktplatz

Wir alle sind Toni! Heute: Guid�

Helferteams versorgen Risikogruppen

Rubrik

#wirbleibenzuhause RWE verkauft virtuelle Tickets Mit einer ungewöhnlichen Aktion versucht Rot-Weiss Essen Verluste zu reduzieren: Der Fußballclub verkauft virtuelle Eintrittskarten für ein fiktives Spiel und hofft auf Fan-Unterstützung.

Es gibt einige Institutionen, Vereine und Initiativen, die Hilfe an Menschen vermittelt, die während der Corona-Epidemie Unterstützung brauchen.

So zum Beispiel die evangelische Kirche.

Die Corona-Krise führt derzeit in Essen zu vielen Solidaritätsaktionen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben sich zusammengeschlossen, um Risikogruppen mit Lebensmitteln zu versorgen oder wichtige Botengänge zu übernehmen.

Es geht vor allem um Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen. Hinter dem „Helferteam für Essen“ beispielsweise steckt Michael Druen. Der 33-Jährige leitet hauptamtlich das Ehrenamtsmanagement bei der evangelischen Kirche in Essen und hat die Gruppe gegründet. Über die Facebook-Gruppe „HelferTeam für Essen“ finden interessierte Helfer zueinander und tauschen Informationen aus.

In mehreren evangelischen Gemeinden haben sich eigene Teams gebildet, zum Beispiel in Holsterhausen, Kettwig, Kray und Steele. Hilfsbedürftige und Helfer können sich bei Michael Druen melden (Mail: michael.druen@evkirche-essen.de; Telefon mobil 0176 58884702). Weitere Infos unter www.kirche-essen.de

Als erster Fußballclub in Deutschland will Rot-Weiss Essen ein virtuell ausverkauftes Stadion melden. Der Regionalligist verkauft virtuelle Tickets für das Spiel „Rot-Weiss Essen gegen Corona“. Ziel der Aktion sei es, rund 20.000 Tickets abzusetzen. Angeboten werden auch virtuelle Bratwürste und Bier. Einen kleinen Teil der Einnahmen, insgesamt fünf Prozent, will der Verein an die Stadt und ihre Helfer spenden. Sollte die Regionalliga-Saison doch noch mit Zuschauern fortgesetzt werden können, werden die virtuellen Eintrittskarten, Bratwürstchen und Bier gegen reale Alternativen eingetauscht. Virtuelle Tickets kosten zwischen neun und 25 Euro. Eine virtuelle Bratwurst kostet 2,50 Euro, ein Bier vier Euro. Tickets, Bratwürste und Bier können im Onlineshop unter shop.rot-weiss.de erworben werden.

Hilfsangebote der Stadt Essen Bürgertelefon Das Bürgertelefon der Stadt Essen ist unter der Rufnummer 0201 1238888 montags bis freitags und auch am Wochenende von 8:00 bis 18:00 Uhr erreichbar. Dort können sich Bürgerinnen und Bürger rund um das Thema Coronavirus informieren.

schaftsförderungsgesellschaft mbH, der Essener Unternehmensverband (EUV), die IHK zu Essen und die Kreishandwerkerschaft Essen jeweils eigene Info-Hotlines. Ziel ist, den Unternehmen vor Ort eine Übersicht und erste Informationen zu Themen wie Liquiditätssicherung oder Kurzarbeitergeld zu geben.

Gesundheitsamt Das Gesundheitsamt der Stadt Essen hält aktuelle Informationen rund um das Coronavirus im Netz bereit. www.essen.de/gesundheit/ coronavirus.de.html

EWG – Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Die Hotline der EWG für Essener Unternehmen ist von Montag bis Freitag von 08:00 bis 18:00 Uhr unter der Rufnummer 0201 8202424 erreichbar.

Infohotlines für Unternehmen in Essen Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus stellen kleine und mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Auf Initiative von Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen, schalten deshalb die EWG – Essener Wirt-

Essener Unternehmensverband Die Hotline des EUV ist von Montag bis Freitag von 08:00 bis 18:00 Uhr unter der Rufnummer 0201 820130 erreichbar. Unternehmen können sich hier vor allem zu arbeitsrechtlichen Fragestellungen informieren.

IHK zu Essen Die Hotline der IHK für Unternehmen aus Mülheim, Essen und Oberhausen ist täglich von 08:00 bis 17:30 Uhr unter der Rufnummer 0201 1892333 erreichbar.

Kreishandwerkerschaft Essen Die Hotline der Kreishandwerkerschaft richtet sich speziell an Essener Handwerksbetriebe und ist unter der Rufnummer 0201 3200831 erreichbar: • Montag, Mittwoch und Donnerstag von 08:00 bis 13:00 Uhr, 13:30 bis 16:45 Uhr • Dienstag von 08:00 bis 13:00 Uhr, 13:30 bis 18:00 Uhr • Freitag von 08:00 bis 12:00 Uhr, 12:30 bis 14:00 Uhr

5

Stadtgeschichten

Gemeinsam für den Sport: Jugendwart Gianni, Spielerin Alicia und Trainerin Diana (von links) von der DJK Franz Sales Haus.

06

Essen engagiert Mit jeder Menge Herzblut, Hingabe, Idealismus und neuen Ideen engagieren sich Menschen in Essen für die Gemeinschaft und ihre Stadt. Sie opfern ihre Zeit und setzen ihre Tatkraft ein, um das Leben in Essen für sich und ihre Mitmenschen besser zu machen. Stellvertretend für viele engagierte Essener stellen wir in dieser Ausgabe einen ehrenamtlichen Jugendwart, Mitarbeiterinnen der Bahnhofsmission, den Verein „Clownvisite“, der sich um Kranke kümmert, sowie einen Virologen der Universitätsmedizin Essen vor, der gemeinsam mit chinesischen Wissenschaftlern in Wuhan zum Coronavirus forscht. Ein Interview mit der Leiterin der Ehrenamt Agentur Essen rundet unseren Streifzug ab und sagt, wie jeder von uns ein „Zeitschenker“ werden kann.

07

A

Heike Reinhold

Sport für Menschen mit und ohne Behinderung

Foto: Sascha Fotos: SaschaMichaelis Michaelis

Tischtennis bei der DJK Franz Sales Haus e. V.

Als ehrenamtlicher Jugendwart der Tischtennisabteilung und Jugendtrainer ist Gianni Ducrée immer am Ball: Der Student der Betriebswirtschaft steht selbst seit 2013 bei der DJK Franz Sales Haus e.V. an der Platte. Er hat die Tischtennisabteilung, in der heute rund 250 Menschen mit und ohne Behinderung aktiv sind, mit aufgebaut. Neben acht Herren- und drei Damenmannschaften gibt es Schüler- und Hobbygruppen mit einem großen integrativen Bereich. „Der integrative Gedanke hat mir von vorne herein gut gefallen“, sagt der heute 23-Jährige im Rückblick und ergänzt:

„Es ist schön, wie sich hier der sportliche und der soziale Aspekt vereinen. Dabei steht die Menschlichkeit immer im Vordergrund.“ Gut ein Drittel der Aktiven hat eine Behinderung. Im Umgang der Sportlerinnen und Sportler untereinander ist davon jedoch nichts zu spüren. Gut zehn Stunden in der Woche ist Gianni Ducrée ehrenamtlich für den Verein aktiv. Als nächstes möchte er den Jugendbereich verstärken. Hinzu kommen weitere zehn Wochenstunden, in denen er selbst spielt, zum Teil auch in der 1. Herren, deren Mannschaftsführer er ist.

Ein Höhepunkt im Jahreskalender des Franz Sales Hauses ist das inklusive Tischtennis-Turnier „MitMenschen“. „Das Turnier ist bundesweit einzigartig. An drei Tagen kommen dann bis zu 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit und ohne Behinderung zusammen.

Vom Nachwuchstalent über Verbandsligisten bis hin zum Tischtennis-Veteranen ist alles dabei. Und auch wenn die gemeinsame Doppelkonkurrenz ein sportliches Highlight ist, so steht doch immer die Begegnung im Vordergrund“, erklärt der Student aus Kray. Der Termin für die 12. Auflage des MitMenschen-Turniers steht übrigens auch bereits fest: Tischtennisbegeisterte sollten sich die Tage vom 16. bis 18. Oktober 2020 schon einmal vormerken. www.franz-sales-haus.de

Stadtgeschichten 08

Nicole Nawrath

Lachen macht gesund

W

Die roten Nasen der Clownsvisite e.V.

Wenn die Clowns an der Tür des Krankenzimmers klopfen, dann blicken ihnen strahlende Kinderaugen entgegen. In Essen gehen Clowns regelmäßig im Universitätsklinikum sowie in der Kinderintensivpflege-Einrichtung Bärenfamilie im Giradethaus „auf Visite“. Die Clowns haben jede Menge Fantasie im Gepäck und zaubern den kranken Kindern oder gebrechlichen Senioren ein breites Lächeln ins Gesicht. Für einen kurzen Moment ist alles möglich: Da werden Fantasietorten gegessen, Klettertouren durch den Urwald unternommen oder tolle Partys mit Musik und Gesang gefeiert.

Mit großer Spielfreude, ganz viel Herz und Körperkomik entsteht eine besondere Clowns-Visite, die oftmals auch für Angehörige und Pflegepersonal eine willkommene Abwechslung im Klinikalltag ist. „Die 15 Clowns der Clownsvisite e.V. sind Profis mit ganz viel Herz und spielen in 25 Einrichtungen im Ruhrgebiet. Da kommen im Jahr schon mal über 600 Einsätze zusammen. Sie sind künstlerisch professionell ausgebildet und speziell geschult, um in Kinderkrankenhäusern oder Seniorenheimen zu arbeiten. Das Lachen der Gesundheit förderlich ist, ist medizinisch absolut belegbar“, so Stéphanie Fritz, Geschäftsleitung von Clownsvisite e.V. Mit Einfühlungsvermögen und viel Verständnis für die Situation improvisieren die Clowns in der Regel als Duo vor Ort. Jeder Clown ist im Verein auch ehrenamtlich tätig und unterstützt den Verein je nach Talent und Kenntnis in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Website-Pflege, künstlerischer Leitung oder Controlling. Clownsvisite e.V. wurde 2002 gegründet. Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt und finanziert die Clownsarbeit einschließlich Fortbildungen und Öffentlichkeitsarbeit über Spenden und Beiträge von Stiftungen, Fördervereinen und Einzelpersonen.

Nähere Infos zur Clownsvisite unter: www.clownsvisite.de

Wer Interesse hat, sich einmal die Woche zu engagieren, kann sich unter Tel. 0201 230723 oder per Mail an essen@bahnhofsmission.de bei der Bahnhofsmission Essen melden. www.bahnhofsmission.de 09

Sie hören zu und packen an: Natascha Kalscheuer, Ulrike Peine und Gesa Haase (von links).

Silja Mannitz

F

Ein offenes Ohr und tatkräftige Hilfe

Fotos: Clownsvisite e.V., Sascha Michaelis

Ein Besuch bei der Bahnhofsmission Essen

Für jeden Hilfesuchenden unabhängig von Hautfarbe, Alter, Geschlecht, Religion und Anliegen da sein – nach diesem Ansatz verfährt die Bahnhofsmission Essen. Die 60 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden stehen Menschen mit Behinder­ ung oder Mobilitätseinschränkungen zur Seite, begleiten alleinreisende Kinder, bieten Aufenthaltsmöglichkeiten und kümmern sich um Bedürftige in existenziellen Notlagen. Zu den Personen, die sich bei der Bahnhofsmission engagieren, gehören auch Natascha Kalscheuer und Gesa Haase. Beide studieren Soziale Arbeit an der Universität DuisburgEssen, haben über Praktika zur Einrichtung gefunden und anschließend beschlossen, ehrenamtlich tätig zu werden. Die Studentinnen sind in der Regel einen Tag in der Woche am Hauptbahnhof im Einsatz. „Mir

gefällt das niedrigschwellige Konzept sehr gut“, sagt Natascha Kalscheuer. „Jeder kann sich bedingungslos an uns wenden und wir setzen alle Hebel in Bewegung, um ihm zu helfen. Darüber hinaus macht es einfach Spaß, in diesem Team zu arbeiten.“ Auch Gesa Haase hat sich direkt wohlgefühlt: „Wir haben tolle Chefinnen und es ist natürlich ein schönes Gefühl, anderen Menschen unter die Arme greifen zu können. Wohnungslose etwa sind vielerorts nicht gern gesehen. Bei uns finden sie einen Schutzraum und können so sein, wie sie sind.“ 1897 wurde die Essener Bahnhofsmission gegründet und ist aus dem sozialen Gefüge der Stadt nicht mehr wegzudenken. Die ökumenische Institution wird jeweils zur Hälfte von der Caritas und der Diakonie getragen. Gelebte Kirche am Bahnhof – so beschreibt Leiterin Ulrike Peine das Modell. Dass das so gut funktioniert, ist auch den rund 50 Ehrenamtlichen zu verdanken. „Ich bin extrem stolz auf das wunderbare Team, in dem sich alle so für ihre Arbeit begeistern können“, sagt Ulrike Peine. „Wir haben hier eine gute Mischung aus jungen Mitarbeitern sowie gestandenen Kräften und sind so multikulturell wie diejenigen, die unsere Dienste in Anspruch nehmen.“ Zu den Ehrenamtlichen gehören auch drei Menschen mit Behinderung, die einmal im Monat im Tandem mit einem Partner als Unterstützung für Reisende am Hauptbahnhof tätig sind. Das Modellprojekt „Bahnhof Inklusiv“ ist deutschlandweit einmalig und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Neue Ehrenamtliche sind immer willkommen. Melden kann sich jeder ab 18 aufwärts, der weltoffen ist, Einfühlungsvermögen mitbringt und Lust auf die Arbeit im Team hat.

Stadtgeschichten 10

Prof. Dr. Mengji Lu, Virologe der Universitätsmedizin Essen, sucht mit chinesischen Kollegen in Wuhan nach Therapiemöglichkeiten für Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind.

E

Heike Reinhold

Mediziner der Universität Duisburg-Essen forschen mit chinesischen Wissenschaftlern

Ein Team aus Essener Medizinerinnen und Medizinern und ihren chinesischen Kolleginnen und Kollegen wertet in ihrem Labor in Wuhan Proben und Daten aus, um Therapiemöglichkeiten für Menschen zu finden, die mit dem Coronavirus infiziert sind. Insbesondere wollen die Forscherinnen und Forscher die Reaktion des Immunsystems auf eine Corona-Infektion verstehen. Bereits 2017 wurde das deutsch-chinesische Forschungslabor in Wuhan gegründet. Es entstand aus einer jahrzehntelangen Kooperation zwischen der Universität Duisburg-Essen, dem Universitätsklinikum Essen sowie dem Union Hospital Wuhan.

„Wir arbeiten aktuell am Limit, aber es sind unser Berufsstolz, die Solidarität zu unseren Mitmenschen und der unbedingte Wunsch, die Forschung voranzutreiben, die uns motivieren und den Stress in den Hintergrund rücken lassen“, erklärt Prof. Dr. Mengji Lu. Der Virologe der Universitätsmedizin Essen ist vor Ort in Wuhan im Einsatz und berichtet, dass mit Blick auf die weitere Entwicklung der Pandemie eine große Verunsicherung zu spüren sei. „Um die Herausforderungen zu bewältigen, sind Teamwork und Zusammenhalt sehr wichtig. Wir sind sehr dankbar über die Unterstützung, die uns dabei zuteil wird“, betont der Virologe. Wer die Erforschung des Coronavirus unterstützen möchte, kann spenden.

Die Stiftung Universitätsmedizin Essen hat eine entsprechende Initiative ins Leben gerufen. www.spenden-für-corona.de

Foto: Universitätsmedizin Essen

Gemeinsam gegen das Coronavirus

Fotos: Pascal Skwara, KNSY Fotografie

11

Stadtgeschichten

Helfen möglich machen

12

Zeit ist ein kostbares Gut und in der Regel knapp bemessen.

Dennoch verschenken 43,6 Prozent der Menschen in Deutschland ihre Zeit. Um diese sinnvoll einzusetzen, gibt es in Essen Information, Beratung und Kontakte bei der Ehrenamt Agentur Essen e.V. (EAE). Im Interview bringt uns Janina Krüger, Leiterin der EAE, die Mission der Agentur näher.

das passende Ehrenamt für jeden zu finden, allerdings verstehen wir uns nicht als „Job-Börse“.

Müssen es immer Einzelpersonen sein oder können sich auch Gruppen melden?

Auf jeden Fall. Bei uns melden sich zahlreiche Unternehmen, die sich mit ihren Mitarbeitern engagieren wollen. Es ist für die Teams häufig sehr spannend, sich gegenseitig in einem ehrenamtlichen Kontext zu erleben und dabei ganz neue Talente der Kollegen zu entdecken.

Petra Lapps

Seit wann sind Sie bei der EAE engagiert?

Ich habe die Ehrenamt Agentur 2004 mit ins Leben gerufen, den gemeinnützigen Verein haben wir 2005 gegründet. Aus der Mitte der Zivilgesellschaft, gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Politik wurde diese Einrichtung zur Engagementförderung erfolgreich aufgebaut. Wir greifen gesellschaftliche Veränderungen auf, fördern das Engagement in seiner Vielfalt und unterstützen Menschen dabei, ehrenamtlich aktiv zu werden. Überhaupt glaube ich, es ist das Wichtigste, Menschen aus unterschiedlichen Kontexten zusammenzubringen, die sich ohne uns nie begegnet wären.

Inzwischen ist die EAE sehr gut aufgestellt.

Was passiert, wenn sich Freiwillige melden?

Wir erstellen eine Art Profil der Wünsche, Kompetenzen und Neigungen, geben Tipps, welche Form des Engagements sinnvoll ist und sprechen konkrete Empfehlungen aus. Die Entscheidung liegt aber immer bei dem Freiwilligen selbst. Wir versuchen,

Wie viele „Zeitschenker“ betreuen Sie in der EAE? Wir haben im Jahr rund 1.000 persönliche Beratungen, in unserer Datenbank sind aktuell etwa 1.700 Personen im Vermittlungsprozess erfasst. Mit unseren Ehrenamtbörsen z. B. Essens Ehrenämter (14.–16. Mai in der Rathausgalerie) erreichen wir mehrmals im Jahr hunderte interessierter Essener. Darüber hinaus verzeichnen wir auf unserer Online-Datenbank rund 35.000 Klicks im Jahr. Dort kann man sich selbst das passende Ehrenamt aussuchen. Natürlich geht das auch telefonisch oder per Mail. Wir wollen den Zugang zum Ehrenamt über möglichst viele Kanäle und vor allem einfach gestalten!

Welche Voraussetzungen muss man als „Zeitschenker“ mitbringen?

Man sollte aufgeschlossen und kommunikativ sein, manchmal auch durchsetzungsfähig. Und im Vorfeld gut überlegen: Will ich im Team arbeiten oder als Einzelperson? Welche Verantwortung traue ich mir zu? Häufig ist man für längere Zeit gebunden, z. B. als Mentor für einen jungen Menschen. Natürlich ist der Ausstieg jederzeit möglich und wir bieten Unterstützung in schwierigen Situationen. Begegnungskompetenz etwa für schwierige Lebenslagen, Krankheit oder

Foto: Sven Lorenz; Illustrationen: Shutterstock/pimchawee, Alex Captain

Gibt es da einen „Mindesteinsatz“, den man erfüllen muss?

Nein, zeitlich muss jeder Interessent selbst einschätzen, was neben Familie, Beruf und Hobbies leistbar ist, aber die meisten Organisationen sind schon an langfristigen Engagements interessiert und möchten Ehrenamtliche binden.

Behinderung; Situationen so annehmen, wie sie sind und einen Perspektivenwechsel vollziehen können, das sind wichtige Eigenschaften.

Wie funktioniert das Zeitschenken ganz ­praktisch?

Nach der Beratung können die Interessenten unsere Empfehlungen ausprobieren und Gespräche mit den Organisationen oder Schnupper­ einsätze vereinbaren. Wir wünschen uns eine Rückmeldung, ob es geklappt hat und stehen jederzeit für weitere Beratung zur Verfügung.

Gibt es eine Zielgruppe, die Sie besonders ansprechen wollen?

Die größte Gruppe der Engagierten stellen Menschen zwischen 21 und 49 Jahren dar. Daher werben wir auch auf Facebook, Twitter und Instagram. Besonders intensiv fördern wir das

Engagement von Kindern und Jugendlichen schon ab dem Grundschulalter, weil wir es sehr wichtig finden, dass sie lernen, wie sie unsere Gesellschaft mitgestalten können.

Haben die „Zeitschenker“ auch Vorteile durch ihren Einsatz?

Engagement stärkt Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Resilienz. Vor allem junge Menschen erleben im Ehrenamt zum ersten Mal, dass sie etwas bewirken können.

Welche Resonanzen erfahren Sie seitens der „Zeitschenker“?

Wir bekommen viele Rückmeldungen von den Freiwilligen: etwa Dankbarkeit für eine gelungene Vermittlung, Erfolgsgeschichten aus der Tätigkeit oder Hinweise zum Umgang mit Freiwilligen in gemeinnützigen Organisationen.

Wie werde ich „Zeitschenker“

Wer Zeit verschenken möchte, kann sich an die Ehrenamt Agentur Essen e.V. wenden (Dorotheenstraße 3, 45130 Essen), per Mail (info@ ehrenamtessen.de) oder telefonisch (0201 8391490) und einen Beratungstermin vereinbaren. Wer sich selbst schlau machen möchte, kann das über die Online-Suche www.ehrenamtessen.de machen und gezielt nach Stadtteilen und Einsatzgebieten suchen. Ein sogenannter „Engagement-O-Mat” der Aktion Mensch hilft sich über das passende Engagement klar zu werden.

Zahlen, Daten, Fakten zum Ehrenamt knapp

50%

EAE:

1.700 Freiwillige

der Deutschen engagieren sich laut Deutschem Freiwilligen Survey (FWS)

in Datenbank erfasst

mehr Frauen

Engagement besonders häufig

leisten ehrenamtliche Arbeit in Essen

bei Sportvereinen, Bewegung, Schulen und ­Kindergärten sowie Kultur, Musik und ­ im sozialen Bereich

14–49 Jahre größte Altersgruppe der Zeitschenker

13

Im Quartier 14

Gemeinsam durch die Krise

Heike Reinhold

Die Corona-Krise verlangt zurzeit vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Pflege- und Altenheimen einiges ab. Gabriele Haack, Einrichtungsleiterin des Alfried-Krupp-Heims in Frohnhausen, berichtet vom Alltag in Corona-Zeiten, von Solidarität und dem unermüdlichen Einsatz ihres Teams.

S

Seit das Coronavirus die Welt in Atem hält, ist auch im Alfried-Krupp-Heim nichts mehr wie es war. „Die Belastungen für meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Pflege- und Hauswirtschaftsbereich sind enorm“, fasst Gabriele Haack zusammen. Neben der Grund- und der Behandlungspflege müssen die Mitarbeiter aus dem Pflegebereich zurzeit vor allem die Ängste und Sorgen von Bewohnern und Angehörigen abfangen. „Die Mitarbeiter trösten Bewohner, die gerade keinen Besuch bekommen, und beruhigen Angehörige am Telefon. Vor allem nach dem plötzlichen Anstieg der Todesfälle in Spanien geht jetzt die Angst um. Da müssen wir trotz Stress beruhigend auf alle einwirken. Zudem tun wir alles, um das Immunsystem unserer Bewohner zu stärken“, erklärt die Einrichtungsleiterin. Auch die Kollegen aus dem Bereich Hauswirtschaft haben zurzeit deutlich mehr zu tun: Sie

bieten neben Obst verstärkt Gemüsesäfte und therapeutischen Manukahonig an.

Mehrfach am Tag werden zudem die Handläufe im gesamten Haus desinfiziert, um mögliche Schmierinfektio­nen zu vermeiden. Der Soziale Dienst tut sein übriges. Die Einsatzbereitschaft ihres Teams sei dabei enorm, die Unterstützung durch die Wohnbereichsleitungen absolut vorbildlich: „Die Kollegen verzichten auf Freizeit und Urlaub und leisten wirklich großartige Arbeit. Ich bin sehr stolz auf

Eine Pflegeauszubildende der GSE mit einem Bewohner.

mein Team“, betont die 63-Jährige, die eigentlich Anfang Mai in den Ruhestand gehen wollte. Die geplante ÜberraschungsAbschiedsfeier musste abgesagt werden. „So lange ich gebraucht werde, stehe ich zur Verfügung. Das bin ich meinen Leuten einfach schuldig“, sagt Gabriele Haack, die bereits seit 1996 mit großem Engagement und viel Herzblut im Alfried-Krupp-Heim im Einsatz ist. Das Pflegeheim zählt zurzeit 148 Bewohner und rund 120 Mitarbeiter. „Und auch unsere Pflegeschüler packen weiter mit an“, stellt die Leiterin heraus.

Foto: Dominik Asbach

Helden des Alltags Auch die Zusammenarbeit mit dem Krisenstab der Stadt Essen sei fantastisch.

Nachdem bei zwei Bewohnern quasi als Zufallsbefund Covid-19 nachgewiesen wurde, habe das Alfried-Krupp-Heim sofort große Unterstützung von städtischer Seite bekommen. Mittlerweile hat das Haus der GSE eine eigene Infektionsstation. „Die Feuerwehr Essen hat mit Material ausgeholfen, vor allem mit Atemschutzmasken. Und gerade erst waren zwei junge Männer hier und haben uns Schutzanzüge gebracht. Wir bekommen Hilfe und Zuspruch von unterschiedlichster Seite. Da sind Nachbarn, die helfen wollen, und Angehörige, die sich bedanken und uns Mut zusprechen“, freut sich Gabriele Haack. Die Helden des Alltags bleiben für sie aber ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die der Sorge um die eigene Gesundheit zum Trotz ihr Äußerstes geben. Dem kann sich auch GSE-Geschäftsführer Heribert Piel nur anschließen: „Mir wird jeden Tag warm ums Herz, wenn die Menschen tapfer ihre Arbeit in den Pflegeeinrichtungen und unseren Wohneinrichtungen machen.

Wir stehen jetzt alle zusammen, um für unsere Bewohner da zu sein. Gemeinsam schaffen wir das.“

Sozialer Dienstleister in Essen seit über 135 Jahren

Die GSE gGmbH ist ein führender Anbieter vielfältiger sozialer Dienste im Essener Stadtgebiet. Zum Leistungsangebot der GSE gehören Wohn- und Pflegeeinrichtungen für Senioren und Pflegebedürftige und betreutes Seniorenwohnen, Wohnheime und ambulant betreutes Wohnen für geistig und psychisch behinderte Menschen, Wohnangebote für Wohnungslose und anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen. www.gse-essen.de

15

Neustart 16

Mit feiner Nadel und buntem Faden Der Lieblingssweater hat ein Loch und Trennungsschmerz macht sich breit.

Dafür hat sich Ekaterina Haak eine praktische und umweltfreundliche Lösung mit Nadel und Faden ausgedacht. Die Essenerin bestickt die ramponierte Kleidung mit zauberhaften Motiven.

D

„Die Idee zum upcycling kam mir ganz spontan. Ich hatte bereits ein wenig mit dem Sticken experimentiert, und ich wollte für dieses tolle und ein wenig angestaubte Handwerk eine neue sinnvolle Anwendung finden. Mir fiel zudem auf, dass einige Kleidungsstücke in meinem Schrank stets liegen blieben, nur weil sie ein paar Schönheitsfehler hatten. In dem Wunsch, die Kleidung zu retten, fing ich an, die Löcher unter meinen textilen Illustrationen zu verstecken“, berichtet Ekaterina, die an der Folkwang Universität der Künste Kommunikationsdesign studiert hat, von den Anfängen.

Da werden neue Logos aus Motiven wie Robben, Hunden, Dinosauriern oder Früchten kreiert.

Pullover mit unzähligen Löchern zieren Stickereien, die Konfetti ähneln. Und große Löcher in Jeans werden zum Beispiel mit bunten Stoffen unterlegt und somit wieder vorzeigbar. Ihr Können vermittelt Ekaterina auch in Stickkursen. Auf Instagram hat die Essenerin bereits über 1.300 Follower und täglich werden es mehr. www.instagram.com/ekaterinahaak/ Infos zu Kursen etc. gibt es unter: www.ekaterina-haak.de

Fotos: Ekaterina Haak

Nicole Nawrath

Rubrik

S P I E L Z E I T 2 020 | 2021 9. S I N F O N I E KO N Z E R T D E R E SS E N E R P H I L H A R M O N I K E R

17

W U NS C H KO NZ E R T mit Götz Alsmann

„Ich hatte bereits ein wenig mit dem Sticken experimentiert, und ich wollte für dieses tolle und ein wenig angestaubte Handwerk eine neue sinnvolle Anwendung finden.“ Ekaterina Haak

Wagner oder Verdi?

Tschaikowski oder Mahler, Beethoven oder Mendelssohn?

Was würden SIE lieber hören, wenn SIE die Wahl hätten?

In unserem Wunschkonzert können nun erstmalig Sie entscheiden, welche Werke live im 9. Sinfoniekonzert erklingen sollen.

Abstimmung ab 31. März 2020 unter www.theater-essen.de 15., 16. April 2021, 19:30 Uhr Philharmonie Essen 19:30 Uhr „Die Kunst des Hörens“ Konzerteinführung mit Götz Alsmann, Robert Jindra und Orchester, 20:00 Uhr Konzert

Tickets T 02 01 81 22-200 www.theater-essen.de

Kulturhauptstadt 18

PACT Zollvereins WerkStadt Britta Rübsam

Ein Ort für Katernberg – ein Ort für die Menschen, die Kunst und offene Ohren

Was in der WerkStadt an der Viktoriastraße 5 in Katernberg passiert, bestimmen die Bürgerinnen und Bürger.

Workshops, Lesungen und Ausstellungen machen die WerkStadt zum Begegnungsort.

Anfahrt

S

H „WerkStadt“ an der

Viktoriastraße 5 Katernberger Markt Linie 107

Linien 173, 183, NE2

Soviel vorweg: Eigentlich ist es kaum möglich, die WerkStadt in Worten zu beschreiben. „Man muss bei uns vorbeikommen, um zu begreifen, was hier passiert“, erzählt Benjamin Melzer, Seele und Projektleiter des Begegnungsortes in Essen-Katernberg. „Ich bin fast jeden Tag hier, seit wir im Sommer 2017 die Türen geöffnet haben. Wir hatten damals nur einen Plan, nämlich keinen zu haben – zumindest nicht im engeren programmatischen Sinn.“ Und weil hier alles im Prozess ist, Impulse von den Menschen aus dem Viertel kommen, lässt sich die WerkStadt nicht einfach so beschreiben.

Einen Versuch ist es dennoch unbedingt wert. Zum einen, weil hier seit der Eröffnung so viele Projekte aus der Taufe gehoben wurden und zum anderen weil der Ort so wertvoll für die Menschen in

Katernberg ist und das Engagement aller dort so groß. Also hören wir doch einmal hin, wie die Verantwortlichen diesen besonderen Raum an der Viktoriastraße im Essener Norden verstehen.

Brückenschlag statt Einbahnstraße: Katernberg – Essen Zollverein „Es ist kein Raum, der als Event-Raum funktioniert – kein Raum, in dem wir allein bestimmen, was passiert“, beschreibt es Ann-Charlotte Günzel, die die Kommunikation für PACT Zollverein und die WerkStadt leitet. „Er schlägt eine wichtige Brücke zu PACT: Wir können hier mit künstlerischen Mitteln ein Angebot machen, in den Stadtteil hinwirken und auf Zollverein andererseits viele Impulse aus dem Stadtteil aufnehmen.“ Benjamin konkretisiert diese Idee anhand eines

Filmprojekts, das die Künstlerin Silke Schönfeld mit Kindern verschiedener Nationen aus dem Viertel umgesetzt hat. „Silke hat über mehrere Monate vor Ort mit den Kindern gearbeitet. Als ihr Film fertig war, bestand sie darauf, die Premiere bei PACT zu feiern. Ich dachte, ‚Oh Gott, das klappt nie‘ – aber alle Kids sind mit ihren Mamas und Papas dort gewesen.“ Das seien die besten Momente, in denen man sehe, wenn etwas funktioniert, was sonst schwer zu schaffen sei: „Wir gehen ja nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Gegend und sagen den Menschen hier, sie sollten doch mal eine Kulturinstitution besuchen. Die haben viele andere Probleme und Vorstellungen von ihrem Freitagabend“, sagt Benjamin und Ann-Charlotte ergänzt: „Umso schöner, wenn wir beobachten, wie immer mehr Leute aus dem Viertel ganz unbefangen zum ‚Tag der offenen Tür‘ zu PACT kommen. Dann kommt der schöne Gedanke auf, dass es vielleicht irgendwann wirklich zu schaffen ist, dass diese Barrieren, mit denen Kunstorte immer zu kämpfen haben, gar nicht erst entstehen.“

Fotos: Christoph Sebastian (1, 3), Dirk Rose (2, 4, 5)

Projekte, Projekte, Projekte „Manchmal sind wir selbst überrascht, was klappt und wie viele Projekte wir in den vergangenen zwei Jahren schon umgesetzt haben. Das zeigt aber natürlich, wie viele Ideen aus der Community bei uns eingehen und wie offen dieser Ort ist. Am Anfang hat das selbstverständlich ein wenig gedauert – und dann hatte es ganz viel mit dem Vertrauen zu tun, dass die Menschen uns gegenüber aufgebaut haben“, berichtet Caroline Wolter, die bei PACT für die Urbanen Beziehungen verantwortlich ist. Und Ann-Charlotte ergänzt: „Und auch damit, dass von Anfang an klar war, dass dieses Projekt dank der Förderung im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser langfristig angelegt sein kann und wir nicht ein Jahr später wieder weg sind.“ Die Leute aus Katernberg kommen auch nicht immer mit konkreten Ideen vorbei – manchmal einfach nur, weil die WerkStadt ein neutraler Ort ist, an

dem sie über ihre Wünsche, das Leben und Probleme sprechen und sich treffen können. Oft entsteht auch einfach nichts daraus – und auch dafür sei die WerkStadt da. In anderen Fällen entstehen Projekte, wie das der Essener Künstlerin Clarisse Akouala, die im Rahmen der Ausstellung „Solid Skills“ im Sommer 2019 mit Besuchern vor Ort arbeitete. „Sie hat an einem der hier stattfindenden Näh-Workshops teilgenommen und kam eines Tages her und erzählte mir, was sie künstlerisch so macht. Wo geht das sonst? Woanders hat niemand drei Stunden Zeit, nur um zuzuhören. Und das ist das, was diesen Ort ausmacht und von diesen Geschichten gibt es etliche“, erzählt Benjamin begeistert von seiner Arbeit. Aus der Erzählung eines syrischen Jungen, der später DJ werden wollte, wurde die große Musik- und Medienakademie „Sound on“ bei PACT. Aus der Kontaktaufnahme einiger Studierender der Folkwang-Uni entstanden 3D-DruckWorkshops, aus der Idee einer Nachbarin Näh-Nachmittage. Es gab Möbelbau-Workshops, die große Ausstellung „Solid Skills“, ein riesiges Sommerfest, bei dem sich die ganze Nachbarschaft eingebracht hat, es gibt Vorlesungen und Lesungen, zu denen sogar die Menschen aus dem Essener Süden in den Norden der Stadt kommen, da ist die Schreibwerkstatt mit dem Autor Pascal Bovée, aus der ein kleines Buch mit Geschichten der Jugendlichen hervorging, oder das Kunstprojekt „Polyphone Parolen“ mit Katharina Pelosi, bei dem ein Hörspiel mit Mädchen und Frauen aus dem Stadtteil entstand. „Wären hier kein grundsätzliches Engagement aller Akteure und sehr viele Liebe vorhanden, dann würde dieser Ort nicht funktionieren“, fasst es Ann-Charlotte zusammen und Caroline versprachlicht es bildlich: „Die Leute, die hier im Viertel aktiv sind – auch die Leute aus dem Arbeitskreis ,Kunst und Soziales‘, aus dem die WerkStadt hervorgegangen ist – sind mit viel persönlichem Engagement bei der Sache. Bereits bevor wir die Türen aufgesperrt haben, war ein dichtes Geflecht, ein Wurzelwerk vorhanden, das hier in der WerkStadt nun einen Ort hat, zu sprießen und aufzublühen.“

19

Im Quartier 20

„Communicating the city“ Den Studierenden der Universität DU/E bietet sich in Kooperation mit der Hochschule Amsterdam im aktuellen Wintersemester 2019/2020 mit dem Se­ minar „Communicating the City“ die Möglichkeit des praxisnahen Studierens.

Die Erstsemester untersuchen beispielhaft die Außenwirkung des Welterbes Zollverein und eines großen Essener Autohauses. Was verbinden Bürger und Touristen mit den Unternehmen und Institutionen der Stadt Essen? Was stiftet Identität und macht Lebensgefühl und Attraktivität aus? Ziel des Seminars ist es, mit theoretischen, methodologischen und kommunikationspraktischen Analysen Ansätze für die Kommunikationsarbeit der Zukunft zu liefern. Parallel befasst sich die niederländische Partneruniversität mit Institutionen der Stadt Amsterdam. Die Ergebnisse sollen in einem Vortrag auf Zollverein von beiden Universitäten präsentiert werden.

Im Blogseminar befassen sich die Erstsemester-Studierenden um Lea Jacobi (li.) und Jacqueline Ruffen mit der Stadt Essen.

RUHR MUSEUM AUF ZOLLVEREIN IN ESSEN

www.ruhrmuseum.de

Fotos: Stefan Funke, Hendrik Rathmann

Studierende der Universität Duisburg/Essen kommunizieren für und mit Essen.

„MitMach-AGs“ nominiert Ehrenamt Agentur Essen e. V. führt Grundschüler an das Ehrenamt heran

E LT E R CO -W UNES REIN E ZO L LV

Die e t s n schö e h c e Z t l e W r e d rein.d e v l l o z w w w.

e

Die Initiative bringt Schülerinnen und Schülern der Essener Grundschulen das Thema Ehrenamt näher. In MitMach-AGs vermittelt das Team der Ehrenamt Agentur Essen kindgerecht die Grundlagen des gemeinnützigen Engagements und gesellschaftlicher Verantwortung. Gemeinsam konzipieren die Schulkinder kleine Projekte, mit denen sie sich im Umfeld der Schule aktiv einbringen können.

Neben dem Nutzen für das Gemeinwohl steht bei diesem Konzept vor allem die Aneignung sozialer Kompetenzen im Mittelpunkt. Bislang konnten bereits rund 400 Kinder vom Angebot der MitMach-AGs profitieren. Das Projekt ist im Rennen um den Engagementpreis NRW 2020, welcher unter dem Motto „Jung und engagiert in NRW“ steht. 132 Vereine, Stiftungen und Bürgerinitiativen haben sich beworben. www.engagiert-in-nrw.de

© Foto: Jochen Tack / Stiftung Zollverein

Urkundenübergabe in der Ehrenamt Agentur Essen e. V. (v.l.n.r. Andreas Kersting, Leiter des Referates für Bürgerschaftliches Engagement in der Staatskanzlei NRW, Janina Krüger, Geschäftsführerin der Ehrenamt Agentur Essen e. V. (EAE), Angie Landes, Projektleitung Ehrenamt Agentur Essen e. V. (EAE), Stefan Ast, Leiter der Kommunikation der Nordrhein-Westfalen-Stiftung)

21

BE

Kulturhauptstadt 22

Folkwang Museum ist „Museum des Jahres“ Deutschlands Kunstkritiker haben das Museum Folkwang in Essen zum „Museum des Jahres“ gewählt.

D

Heike Reinhold

Die deutsche Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes AICA begründete die Entscheidung damit, dass das Haus immer wieder seine bedeutende Sammlung mit aktuellen Sonderausstellungen verbinde. Der neue Direktor des Museum Folkwang,

Peter Gorschlüter, habe das Haus auch dadurch attraktiver gemacht, dass anstellen der üblichen chronologischen Hängung eine thematische Präsentation zu sehen sei, bei der neben der Kunst zugleich auch archäologische und ethnologische Stücke

Stadt der Menschen.

Stadt der Wirtschaft.

590.000 Einwohner

23.500 Unternehmen

neun

der hundert umsatzstärksten deutschen Unternehmen

1,5 Mio.

Messebesucher pro Jahr

1,6 Mio.

Gästeübernachtungen

5,1 Mio.

Foto: Giorgio Pastore

Einwohner in der Region

gezeigt werden. Besondere Publikumsnähe stellt das Essener Museum durch den von der Krupp-Stiftung ermöglichten freien Sammlungs-Eintritt und eine gelungene, mehrsprachige Website unter Beweis. www.museum-folkwang.de

23

Heimatgrün 24

Heike Reinhold

Achtsam Anziehen In einem Zehn-Wochen-Programm führt die Green Fashion-Expertin Dominique Ellen van de Pol mit ihrem Guide „Achtsam Anziehen“ zum nachhaltigen Kleiderschrank. Schätze aus zweiter Hand, Tauschpartys und viele Tipps zum bewussten Konsum machen Lust auf eine modische Abenteuerreise.

E

„Achtsam Anziehen – Nachhaltigkeit im Kleiderschrank“ ist der Titel des Ratgebers von Dominique Ellen van de Pol aus Essen-Rüttenscheid.

Ein Schrank voller Klamotten und dennoch nichts anzuziehen? Die eine oder andere kennt dieses Gefühl nur zu gut. Die Rüttenscheiderin Dominique Ellen van de Pol macht Schluss mit Schränken voller lieblos zusammengewürfelter Klamotten. In ihrem Ratgeber „Achtsam Anziehen“ entlarvt sie unbewusste Konsummuster und Schnäppchenfallen. Dem planlosen Kleiderkauf setzt sie Alternativen für den nachhaltigen Modekonsum entgegen und zeigt auf, dass Kleiderlust und Klimaschutz einander nicht ausschließen müssen.

Shopping-Diät mit hohem Spaßfaktor „Bei vielen ist das Thema Nachhaltigkeit noch nicht im Kleiderschrank angekommen. Dabei gibt es viele Wege zu nachhaltigen Kleiderquellen“, erklärt die Modeexpertin. Nach ihrem Mode- und

Textilstudium in Reutlingen, Antwerpen und Indonesien absolvierte sie einen Master im Bereich Markenkommunikation, Trendforschung und Modetheorie. Mit ihrem Buch möchte sie Lust machen auf einen bewussteren Konsum und einen achtsamen Umgang mit dem, was da ist. „In erster Linie geht es um eine Bewusstseinsänderung.

Dabei bin ich nicht mit dem erhobenen Zeigefinger unterwegs. Ein nachhaltiger Umgang mit Mode kann so viel Spaß machen“, ist die 38-Jährige überzeugt. Das modische Selbsterfahrungsprogramm basiert auf einer zehnwöchigen ShoppingDiät und ist in einzelne Wochenmodule gegliedert.

Dabei geht es zum Beispiel um die Gründe, die es uns so schwer machen, einem gezielten Kaufanreiz zu widerstehen. Kleine Übungen erleichtern den Einstieg ins Thema. „Wer alle drei bis sechs Monate seinen Kleiderschrank durchsortiert, weiß, was

vorhanden ist. Mit diesem Wissen ist es leichter, beim Einkauf gezielt vorzugehen und neue Kleidung achtsam auszuwählen“, rät Dominique Ellen van de Pol. Von Kleidungsstücken, die dem Besitzer kein gutes Gefühl geben, sollte man sich besser trennen, ist die Modeexpertin überzeugt.

Und wer massenhaft alte Schätzchen sein eigen nennt, erfährt im Buch, wie sich diese zeitgemäß umstylen lassen. „Nachhaltigkeit in der Mode ist viel mehr als nur auf Ecofaire-Labels zu achten“, betont die Mutter einer kleinen Tochter und wirbt für Leihmode, Tauschevents und ein kreatives Upcycling: „Wer Lust auf was Neues hat, sollte einfach mal im Second-Hand-Laden stöbern oder eine Kleidertauschparty mit Freundinnen veranstalten. Das ist oft besonders günstig und macht obendrein auch noch extrem viel Spaß.“

Tipps und Tricks für den Alltag

Foto: Joel M. van de Pol; Illustration: Dominique Ellen van de Pol

Spannende Fakten und praktische Tipps zum Klimaschutz runden das Werk der Essenerin ab. „Das Thema Nachhaltigkeit spielt nicht nur beim Kauf von Kleidung eine Rolle, sondern auch bei ihrer Pflege. Mit kleinen Veränderungen lässt sich zum Beispiel beim Waschen der Energieverbrauch

etwa um die Hälfte reduzieren“, weiß Dominique Ellen van de Pol. Zahlreiche Checklisten, Fotogra­ fien und eigene Artworks der 38-Jährigen sorgen dafür, dass der Slow-Fashion-Ratgeber einfach Spaß macht: „Ich will niemanden belehren, sondern nur Impulse geben. Wer sich darauf einlässt, erkennt vielleicht, wie viel er hat und dass nachhaltiger Konsum auch ohne das Gefühl von Verzicht möglich ist.“ Das Buch ist in der Papeterie Petersen und der Mayerschen Buchhandlung in Rüttenscheid sowie über das Internet erhältlich. www.dominique-vandepol.com

So viele schöne Klamotten! Zuschlagen oder standhaft bleiben – das ist hier die Frage.

Angesichts starker Kaufanreize ist Widerstand oft nur schwer möglich.

25

Mit Aussicht 26

Frisch verwurzelt im Schellenberger Wald Sturmtief „Ela“ wütete an Pfingsten 2014 mit aller Wucht auch in Essen. Die Unwetterfront riss eine mächtige Schneise in den Schellenberger Wald.

Dank der Heisinger Bürgerinititative wurden nun weitere 800 Bäume gepflanzt, um die Lücken von „Ela“ zu schließen.

Nicole Nawrath

Bei der Pflanzaktion dabei: der Heisinger Henner Höcker.

A Valentin Bresemann, Johan Kolacek und Jonas Lange (v.l.) von der Landschaftsgärtnerei Bredenbrücher pflanzen Traubeneichen im Schellenberger Wald.

An die Gewitterfront des Tiefdruckgebietes „Ela“ erinnert sich Henner Höcker von der Heisinger Bürgerschaft nur zu gut: „Als dieser dunkle, massive Sturm auf Essen zurollte, hatte das wirklich apokalyptische Ausmaße. Da nahmen nicht nur Häuser und Gärten in der Nachbarschaft massiven Schaden. Im Schellenberger Wald konnten sogar 160 Jahre alte Bäume der Kraft von Ela nicht standhalten. Ich habe bis heute noch das Knirschen und Krachen der umfallenden Bäume im Ohr“, erinnert sich der Heisinger. Der Sturm „Ela“, der am Abend des 9. Juni 2014 über Essen hinwegfegte, ist eines der schlimmsten Sturm-Ereignisse der Stadtgeschichte und vernichtete rund elf Prozent des Baumbestandes. Er bescherte der Feuerwehr rund 3.000 Einsätze in drei Tagen, brachte dem Werdener „Pfingst Open Air“ ein abruptes Ende und zerstörte zahlreiche Pkw, die unter umstürzenden Bäumen geparkt waren.

Kaum war das Sturmtief vorbeigezogen, startete die Heisinger Bürgerschaft einen Spendenaufruf in der Bevölkerung. „Für die Bürger hier in Heisingen ist der Wald ein Stück Heimat. Spaziergänger, Hundebesitzer, Jogger und die ortsansässige Gastronomie, alle schätzen den schönen Schellenberger Wald so sehr, so dass mit der Unterstützung der lokalen Webegemeinschaft und der Ortspolitik insgesamt eine fünfstellige Summe zusammenkam“, blickt der Essener mit Stolz zurück. Das ist nun sechs Jahre her. Der Spendenaktion für den Wald folgten bereits zwei Pflanzaktionen in 2016 und 2018. Eichen, Walnuss, Esskastanie und Feldahorn wurden mit Unterstützung des Heisinger Garten- und Landschaftsbauers Birger Bredenbrücher in die Erde gebracht. „Ich erinnere mich leider noch zu gut an meinen ersten Gang durch den zerstörten Wald. Für mich als Unternehmer hier aus dem Stadtteil war es völlig selbstverständlich, von der ersten Stunde an mit anzupacken“, zeigt sich Birger Bredenbücher motiviert und rückte auch bei der dritten Nachpflanzung in diesem Jahr direkt mit drei Auszubildenden an. Nun haben weitere 400 Eichen und 400 Winterlinden eine Chance, wieder zum stattlichen Stadtwald heranzuwachsen.

Luthien. / photocase.de

Zarte Pflänzchen schlagen ihre Wurzeln

27

Fotos: FUNKE Foto Services/Kerstin Kokoska

Artenvielfalt und Naturschutz Mit Arbeit und Sachverstand begleitet wurden die Pflanzungen ebenfalls vom Forstbetrieb „Grün und Gruga“ und Förster Tobias Hartung. „Wie schon bei den Pflanzaktionen zuvor, haben wir darauf geachtet, dass die Baumarten mit dem Klimawandel gut zurechtkommen sollen. Außerdem haben wir bewusst morsche Bäume als Lebensraum für Insekten im Wald belassen, quasi als kleine Hotels“, so Hartung. In den ersten zwei bis drei Jahren nach der Pflanzung wird der Baum-Nachwuchs gepflegt und zum Beispiel von Brombeergestrüpp befreit. Dann sind die Bäume auf sich gestellt. „Geduld ist auf jeden Fall auch im Schellenberger Wald gefragt. Es braucht ein paar Jahrzehnte, bis der Wald wieder so ausschaut, wie wir ihn in Erinnerung haben“, blickt Hartung in die Zukunft. Darauf freuen sich alle beteiligten helfenden Hände um Henner Höcker von der Bürgerschaft sehr. „Die Spendengelder sind nun aufgebraucht, aber gemeinsam haben wir viel geschafft“, strahlt Höcker.

Als i-Tüpfelchen der gelungenen Aktion wird eine Infotafel am Aussichtspunkt Korte Klippe aufgestellt, die den kommenden Generationen das Engagement der Heisinger Bürger veranschaulichen wird.

Langeweile?

17.000 Veranstaltungen 200 Locations KIR. Alle Kulturveranstaltungen in der Metropole Ruhr auf einen Blick!

Und für alle, die selbst was mieten wollen, alle Infos zur passenden Location.

www.kulturinfo.ruhr

Ungewöhnlich 28

Bärenstarke Unikate Norman Bärenbrinker setzt auf individuelle Eigenkreationen, nachhaltige Materialien und eine gute Nachbarschaft. Denn der Name seines Ladens ist Programm: „Kommabei“ lädt zum Reinkommen und Mitmachen ein.

Diana Ringelsiep

L

L

Liebevoll gestaltete Postkarten, Turnbeutel aus recycelter Biobaumwolle und fair produzierte Kleidungsstücke – das Sortiment des kreativen Einzelhändlers besticht vor allem durch handgefertigte Unikate. Seit November 2018 ist Norman Bärenbrinker an der Gemarkenstraße in Holsterhausen zu finden. „Die meisten Motive zeichne ich selbst“, erklärt der Ladeninhaber und zeigt auf einige der ausgestellten Taschen und Kunstdrucke, auf denen heimische Wildtiere zu sehen sind. „Klassische Kollektionen sind mir persönlich zu schnelllebig. Ich hänge an meinen Motiven und ziehe es daher vor, sie gelegentlich zu überarbeiten, anstatt sie auszurangieren.“ Die Idee zum ­eigenen Label entsteht an einem feucht-fröhlichen Abend vor fünf Jahren, als er spontan mit einem Freund beschließt, eine Siebdruckmaschine zu kaufen. „Wir glaubten damals, dass YouTube die dreijährige Ausbildung zum Medientechnologen für Siebdruck ersetzen könne“, lacht der 40-Jährige rückblickend. „Tatsächlich haben wir anschließend ein halbes Jahr lang die alten Laken meiner Oma bedruckt, bis wir die ersten vorzeigbaren Ergebnisse erzielten.“

Fotos: Sascha Michaelis

Selbstverständlich nachhaltig Das Konzept der beiden geht auf. Fortan verkaufen die Selfmade-Designer ihre Unikate im Internet sowie auf Kunst-, Design- und Handwerksmärkten in der Region. „Kommabei“ ist geboren. Als sein Kollege aussteigt, weil er Vater von Zwillingen wird, führt Bärenbrinker das Vorhaben alleine fort. „Ich habe 15 Jahre im Einzelhandel gearbeitet, acht Jahre davon als Geschäftsführer in einem Graffiti­ laden“, berichtet der gebürtige Borbecker. „Die Eröffnung eines eigenen Ladenlokals war daher der nächste logische Schritt für mich.“ Inzwischen ist „Kommabei“ aus dem Gemarkenviertel nicht mehr wegzudenken. Für seine Produkte verwendet er ausschließlich vegane Farben, fair gehandelte Rohware und Biobaumwolle aus kontrolliert ökologischem Anbau. Dass er für diesen Ansatz immer besonders gelobt wird, findet der Gründer bedenklich: „Es ist traurig, dass die Wirtschaftlichkeit in unserem System wichtiger ist als Umweltschutz und fairer Handel. Es sollte für alle Hersteller selbstverständlich sein, ökologisch zu arbeiten und Giftstoffe aus dem Kreislauf fernzuhalten.“

29

Anfahrt „Kommabei“ an der Gemarkenstraße 102 H Gemarkenplatz

Linie U17 H Holsterhauser Platz

Gemeinsam umdenken Neben seinen Eigenkreationen hat er auch Produkte anderer Labels im Angebot, die für Nachhaltigkeit, Fairness und soziales Engagement stehen – denn Umweltschutz ist für den Selbstständigen ein Gemeinschaftsprojekt. Seinen Standort nutzt er deshalb auch über die regulären Öffnungszeiten hinaus, um Menschen zusammenzubringen und zum Austausch anzuregen. „Zum einen biete ich Workshops an, in denen Gruppen von bis zu fünf Personen ihre eigenen Textilien bedrucken können und so einen Einblick in das nachhaltige Siebdruckhandwerk erhalten“, erklärt der Geschäftsführer. „Zum anderen lade ich regelmäßig zur ‚Schaufensterbühne‘ ein, um den Stadtteil bei Konzerten, Lesungen und Poetry Slams zusammenzubringen.“ Norman Bärenbrinker hat sich mit „Kommabei“ einen Traum erfüllt, von dem nicht nur sein Umfeld, sondern auch die Umwelt profitiert. Dennoch möchte der werdende Vater nicht den Moralapostel spielen. „Ohne vorwurfsvoll klingen zu wollen: Ich glaube, dass jeder einen kleinen Beitrag im Alltag leisten kann. Oft reicht es schon, einfach mal kurz nachzudenken, bevor ­ man zur Plastiktüte greift.“ www.kommabei.de

Linie U17 Linie 101 / 106 SEV 106

Uwe Klein war 43 Jahre bei der Essener Polizei: auf Streife, beim SEK, über 20 Jahre als Leiter der Pressestelle und zuletzt als Leiter der Führungsstelle in der Polizeiinspektion Süd. Ehrenamtlich engagiert sich der 67-Jährige für schwer kranke Kinder.

Nicole Nawrath

Was macht für Sie Essen aus?

Ich habe die strukturelle und kulturelle Vielfalt Essens durch meinen Streifendienst kennenlernen dürfen, bei dem ich in allen Stadtteilen unterwegs war. Hinzu kommen die großartigen kulturellen Angebote, wie das zum schönsten Museum des Jahres gekürte Museum Folkwang.

Was kennzeichnet für Sie einen richtigen Essener?

Ich bin als zugereister Gelsenkirchener in den letzten 50 Jahren mit Haut und Haar Essener geworden. Zugegeben: Beim Fußball schlägt mein Herz noch für meine Geburtsstadt. Ich finde, man kann den

Essener in keine Schablone pressen und das ist auch gut so, denn genau das macht seine Vielfältigkeit aus.

Ihr Engagement in Essen – welches Projekt liegt Ihnen am Herzen?

Ich engagiere mich mit meiner Frau bereits seit 15 Jahren im Ronald McDonald Haus in der Gruga für schwer kranke Kinder. Begonnen habe ich als Fotograf.

Heute mache ich alles, was anfällt, erledige auch die Einkäufe und mache Hausführungen. Was mir am meisten am Herzen liegt, sind die Gespräche mit den kleinen Patienten aus ganz Europa und ihren Eltern. Da habe ich das Gefühl, als Zuhörer helfen zu können.

Verraten Sie uns Ihre Lieblingsplätze in Essen?

Auch wenn mich manche belächeln, es sind tatsächlich unsere Friedhöfe. Ich mag den kleinen Bergfriedhof in meinem Fischlaken, aber auch die großen wie den Parkfriedhof oder den Südwestfriedhof, die sind wirklich wunderschön. Der Friedhof der Krupps in Bredeney gefällt mir ebenfalls, da er soviel Stadtgeschichte vermittelt.

Sie fotografieren leidenschaftlich gern.

Was sind Ihre liebsten Motive in Essen?

Eigentlich liebe ich es am meisten, Menschen zu fotografieren. Da gebe ich mein Wissen auch gern an die Kinder weiter, die ich ehrenamtlich begleite.

Aber hier im Essener Süden fallen mir natürlich mit dem Baldeneysee und dem Motorradtreff Haus Scheppen viele Motive quasi vor die Füße.

McDonalds Kinderhilfe in Essen

Das Essener Ronald McDonald Haus wurde 2005 nach dem letzten Architekturentwurf des Künstlers Friedensreich Hundertwasser eröffnet. Es ist ein Zuhause auf Zeit für Familien mit schwer kranken Kindern, die im Universitäts­ klinikum Essen behandelt werden. www.mcdonalds-kinderhilfe.org

Foto: Niklas Wurster

Original 30

Mit großem Herz im Ehrenamt

HELLES KÖPFCHEN MIT ANGST IM DUNKELN SUCHT LIEBEVOLLEN STROMANSCHLUSS.

.de

Rubrik 32

Jetzt wechseln!

Ich will den Wandel!

Wir haben unser Angebot verbessert!* Steigen Sie jetzt um auf Bus und Bahn, zum Beispiel mit dem vergünstigten 30-TageTicket. Denn damit ist ein weiterer Monat für Sie kostenlos. Infos auf: jetztwechseln.ruhrbahn.de

Bin unterwegs. *Bitte beachten Sie den geänderten Fahrplan in den Schulferien.

Modellstadt Essen