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2/2021 Herausgeber: ÖGV Einzelpreis EUR 10,– Jahresabo EUR 36,–

Das Magazin für die Zukunftskraft Genossenschaft

ZUKUNFT GENOSSENSCHAFT Warum Kooperation hilft, die Grenzen der Digitalökonomie zu überwinden Seite 6

RETAIL BANKING Wohin die Reise im Vertrieb geht und was das für die Filiale der Zukunft bedeutet

HOMEOFFICE Die neuen Regeln für flexibles Arbeiten im Überblick: Das müssen Unternehmen jetzt beachten

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EDITORIAL

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Genossenschaften als Plattformen Sharing Economy, Projektökonomie, digitale Plattformen und Netzwerke sind heute hochaktuelle Konzepte, erfunden wurden sie aber schon vor 170 Jahren – mit der Rechtsform der Genossenschaft. In der digitalen Welt tun sich neue Chancen für kooperatives Wirtschaften auf.

„Wer nicht groß ist, der muss schlau sein“, hat Genossenschaftsforscherin Theresia Theurl bei einer hochkarätig besetzten Talkrunde anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums der österreichischen Nachrichtenagentur APA als Genossenschaft erklärt. Schlau sein heißt in Zeiten des Wettbewerbs mit Digitalgiganten: kooperieren, effiziente Lösungen entwickeln, Innovationen umsetzen und dadurch letztlich gemeinsam am Markt und im Wettbewerb erfolgreich sein. Beim APA-Talk, über den wir in diesem Heft ausführlich berichten, wurde aufgezeigt, wie Genossenschaften als Zusammenschlüsse von kleinen und mittelständischen Unternehmen die Grenzen der Digitalisierung überwinden und aus dem „The winner takes it all“-Schema ausbrechen können. Die Ideen reichen von regionalen Drehscheiben bis zu genossenschaftlichen Cloud-Lösungen. Dem neben der Digitalisierung zweiten wichtigen Zukunftsthema widmen wir in diesem Heft ebenfalls wieder breiten Raum: Wir berichten in einer neuen Serie über erfolgreiche Praxisbeispiele von genossenschaftlicher Nachhaltigkeit und bringen die Ergebnisse einer großen Nachhaltigkeitsstudie, die wir

auch im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt haben. Als „Vermächtnis von Corona“ bleibt eine neue Arbeitswelt, die viel mehr als vor der Krise auf flexiblem Arbeiten beruht. Die Bundesregierung trägt diesem Trend mit neuen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung. Unsere Rechtsexperten haben sich das Regelwerk für die Arbeit im Homeoffice genau angesehen und fassen die wichtigsten Punkte für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in diesem Heft zusammen. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre und einen schönen Sommer – am besten einen wie damals!

Günther Griessmair Chefredakteur

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INHALT

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PRAXISKRAFT 06 Digitalökonomie Wie kooperatives Wirtschaften dabei hilft, die Grenzen des Möglichen zu überwinden 10

Reichhaltig nachhaltig Neue Praxisserie: So vorbildlich handeln Genossenschaften schon heute

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Retail Banking Wohin die Reise im Vertrieb geht und was das fürs Filialkonzept der Zukunft bedeutet

20 Digitale Roadmap Bettina Fattinger über effiziente Prozesse, neue Plattformen und Community-Spirit 22 Ideen, die zünden Management-Tipps für kreative Ideenentwicklung in Unternehmen

WISSEN

TIPPS & SERVICE

26 Große Umfrage So denkt Österreich wirklich über das Zukunftsthema Nachhaltigkeit

38 Homeoffice Die neuen Regeln für flexibles Arbeiten im Überblick

28 Der Aufsichtsrat Seine Schlüsselrolle als Erfolgs faktor und Aktivposten für Genossenschaften

41 Kommentar Arbeitsminister Martin Kocher über die Perspektiven des Homeoffice-Modells

32 Expertentagung Bühne frei für innovative genossenschaftliche Ideen und Lösungen


INHALT

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26 FREIZEIT

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FIX IM BLICK

42 Reisebericht Auf den Spuren der Maya und Azteken in Mexiko

52 Volksbanken-Verbund Großer Erfolg für die jüngsten Werbekampagnen

66 Buchtipps

48 Kunst als Investment Der Ökonom John Maynard Keynes und sein bisher wenig bekanntes Talent

59 Volksbank Steiermark Gelungene Umstellung auf neues Servicekonzept

36 Infografik Volksbank-Studie: Österreichs Unternehmer in Zeiten von Corona

65 Brauerei Murau Projekt zur Förderung der regionalen Wertschöpfung

70 cooperativ abonnieren

71 Neues von gestern

IMPRESSUM cooperativ – Das Magazin für die Zukunftskraft Genossenschaft 2/2021 149. Jahrgang DVR 0048577 MEDIENINHABER (VERLEGER) Österreichischer Genossenschaftsverband // Schulze-Delitzsch, Löwelstraße 14, A-1010 Wien, Tel: +43 (0) 1 313 28-0, Fax: +43 (0) 1 313 28-450, weitere Informationen zum Medieninhaber nach dem MedienG: www.genossenschaftsverband.at HERAUSGEBER Österreichischer Genossenschaftsverband // Schulze-Delitzsch CHEFREDAKTEUR Günther Griessmair REDAKTION Daniela-Monica Essler, Hermann Fritzl, Peter Haubner, Hans Hofinger, Markus Rothenbach, Wolfgang Schmidt, Anton Schmoll, Peter Weiß ARTDIRECTOR Daniel Dobernig LAYOUT-DESIGN Reichl und Partner COVERFOTO Ludwig Schedl DRUCK Berger, Horn KONTAKT redaktion@oegv.volksbank.at Gezeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder. Gender-Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir die maskuline oder feminine Sprachform. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts.

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Grenzen überwinden durch kooperatives Wirtschaften Um genossenschaftliche Antworten auf die großen Herausforderungen der Digitalökonomie ist es im Mai bei einer hochkarätig besetzten Talkrunde der Austria Presse Agentur gegangen, die heuer ihr 75-jähriges Bestehen als Genossenschaft feiert. Bricht ein neues kooperatives Zeitalter an? Text: Günther Griessmair Fotos: APA/Ludwig Schedl

„Gäbe es die Genossenschaft noch nicht, dann müsste man sie heute erfinden“, ist Clemens Pig, geschäftsführender Vorstand der APA und Gastgeber der Online-Veranstaltung „Zukunft Genossenschaft“, überzeugt. In der Talkrunde – neben dem APAChef nahmen auch Digitalisierungs- und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Genossenschaftsforscherin Theresia Theurl und ÖGV-Präsident Franz Reischl teil – führte er seine These auch gleich näher aus. „Die digitale Transformation bringt besonders kleine und mittelständische


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Unternehmen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und bedroht ganze Wertschöpfungsketten“, so Pig über die geänderten Rahmenbedingungen des Wirtschaftens. Er hob besonders drei Einflussfaktoren hervor: die disruptive Technologieentwicklung in Richtung Cloud Computing, die von einigen wenigen globalen Playern geprägte digitale Ökonomie und das stark veränderte Konsumverhalten der Nutzer und Kunden. Zu alle diesen Themenfeldern biete die Genossenschaft mit ihrem Wirtschaftsmodell die richtigen Antworten:

» Kooperation ermögliche auch kleineren Unternehmen die Entwicklung von digitalen Dienstleistungen, die für den Einzelnen zu aufwendig, zu komplex, zu teuer und auch zu riskant wäre. » Sharing sieht Pig als das Erfolgs rezept im Wettbewerb mit den Digital riesen und ihrer Maxime „The winner takes it all“. Die Genossenschaft sorge dafür, dass die Wertschöpfung bei den Mitgliedern, den Partnern und Kunden verbleibe. » Als digitale Plattformen und Öko systeme könnten Genossenschaften dem neuen Nutzerverhalten, bei dem Demokratisierung, Mitbestimmung und Hoheit über die Daten im Vordergrund stünden, besser als jede andere Unter nehmensform gerecht werden. Die APA als unabhängige Genossenschaft im Eigentum österreichischer Medien mit ihrem vielfältigen Leistungsangebot zum Nutzen der Mitglieder sei der beste Beweis für dieses genossenschaftliche Potenzial. Sein Resümee: „Genossenschaften sind Gemeinschaftsunternehmen mit Mitgliedern, die sich am Markt zwar oft als Konkurrenten begegnen, aber durch das kooperative Geschäftsmodell die Grenzen der Digitalisierung gemeinsam überwinden können. Daher bin ich ein Fan dieser Rechtsform.“ ERFOLGSREZEPT FÜR DIE DIGITALÖKONOMIE Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen an der Uni

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Münster, die für ihre Keynote zugeschaltet war, brachte das Erfolgsrezept der Genossenschaft in der digitalen Welt so auf den Punkt: „Wer nicht groß ist, der muss dafür schlau sein. Und schlau ist, wer mit anderen kooperiert.“ Die Genossenschaft biete den organisatorischen Rahmen, um die vielen Kleinen erfolgreich zu etwas Großem zusammenzuschließen. „Damit bietet sie die Vorteile der Größe, ohne deren Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Die Vielfalt innerhalb der Genossenschaft bleibt erhalten, Mitglieder können voneinander lernen, Innovationen schaffen APA-Chef Clemens Pig: und gleichzeitig die RisiMit dem kooperativen Geschäftsmodell kön- ken für den Einzelnen reduzieren“, fasste Theurl nen Kleine die Grenzen der Digitalisierung zusammen. Sie sieht überwinden. die Genossenschaft als „Fortsetzung des eigenen Unternehmens, betraut mit speziellen Aufgaben“. Als Alleinstellungsmerkmal gegenüber den großen Kapitalgesellschaften führte Theurl insbesondere auch das Konzept des „MemberValue“ an – „cooperativ“ berichtete bereits mehrfach darüber. Diesen Wert sieht sie als „nutzerorientiertes, sympathisches Gegenstück“ zum Shareholder Value. Damit ist gemeint: Weil es keine externen Investoren gibt, kommt der Erfolg des Genossenschaftsunternehmens stets den Mitgliedern zugute – in Form von konkreten Leistungen, Dividenden und nachhaltiger Orientierung. DIE GESCHÄFTSMODELLE DER ZUKUNFT

Professorin Theresia Theurl: Genossenschaftliche Plattformen machen die Nutzer von reinen Leistungsbeziehern zu Eigentümern.

Das alles mache die Genossenschaft besonders attraktiv als Gesellschaftsform für die digitale Zukunft. Theurl

nennt explizit drei große Betätigungsfelder: » Genossenschaftlich organisierte digi tale Plattformen als Antwort auf Google, Amazon & Co würden die Nutzer von reinen Leistungsbeziehern zu Miteigentümern machen und dafür sorgen, dass die Gewinne nicht an externe Investoren abfließen. Als mögliche Beispielszenarien nannte Theurl ein genossenschaftliches Uber, bei dem die Fahrer oder auch die Fahr gäste Eigentümer der Plattform seien, aber auch genossenschaftliche Strea ming-Plattformen oder regionale Dreh scheiben. » Ein attraktives Modell speziell für die neue Projektökonomie seien gemein schaftlich organisierte digitale Ser vices. Freischaffende Programmierer oder Berater könnten sich dabei zu einer Genossenschaft zusammen schließen, die Vehikel zur Einkommens erzielung sei. Vorteil: Die Projektpartner bleiben eigenständig, nutzen aber zugleich in der Kooperation die sich gegenseitig ergänzenden Fertigkeiten. » Ebenfalls ein Erfolgsrezept sei die Auslagerung digitaler Teile der Wertschöpfungskette in eine Genos senschaft. Mittelständische Unter nehmen etwa könnten so von digitalen Lösungen profitieren, für deren Um setzung es sonst eine gewisse Größe brauche. Theurl: „Will ich mich in eine Cloud einkaufen, bei der ich als Nutzer keine Kontrolle habe? Oder will ich die Cloud lieber selber entwickeln und kontrollieren?“ Als Vorteile der genossenschaftlichen Cloud-Lösung sieht Theurl auch gemeinschaftlich genutzte Daten- und Informationspools etwa in Gewerbe und Handel. Das alles, schloss Theurl, sei aber noch keine Garantie für den wirtschaftlichen Erfolg. Für diesen brauche es auch unternehmerisch denkende Mitglieder, das frühzeitige Erkennen von Trends und Entwicklungen, die Fähigkeit, sich ständig weiterzuentwickeln, ohne das eigene Alleinstellungsmerkmal aus den Augen zu verlieren, und eine Spezialisierung etwa auf bestimmte Branchen oder Regionen, um die Genos-


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senschaft klar von den Digitalgiganten zu differenzieren. EINE RECHTSFORM, DIE SICH NEU ERFINDET Die abschließende Podiumsdiskussion moderierte „Presse“-Chefredakteur Rainer Novak, der sich selbst als Genossenschafter outete – er ist Aufsichtsratsmitglied bei der APA. Dabei ging es auch um die notwendigen Rahmenbedingungen für die „Zukunft Genossenschaft“ und um die Frage: Wie wird die Rechtsform attraktiver für die junge Generation? Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck zeigte sich zuversichtlich: „Genossenschaften sind nicht alt, sondern sehr frisch. Sie sind gerade dabei, sich in der Digitalökonomie neu zu erfinden.“ Es gehe um Sharing Economy, Plattformen, Cloud-Lösungen und Crowdfunding – das seien durchwegs junge Themen. Die Politik unterstütze gern bei den notwendigen Rahmenbedingungen, wenngleich das Genossenschaftswesen in Österreich bereits sehr gut verankert sei. Dem stimmte ÖGV-Präsident Franz Reischl zu: „Es ist in Österreich relativ einfach, eine Genossenschaft zu gründen, auch dank der Unterstützung der Verbände. Mit ihrer Expertise beraten und begleiten sie die Genossenschaften. Und dank der Revision, die auch als Risikomanagement fungiert, ist diese Rechtsform besonders krisenfest.“ Er räumte aber auch ein: „Wir leiden teilweise unter der historischen Begrifflichkeit, auch wenn viele unserer Genossenschaften schon in der digitalen Wirklichkeit angekommen sind.“ Ein Grund dafür sei vielleicht „die sympathische Zurückhaltung“ von Genossenschaften, die oft eher ihre Mitglieder ins Rampenlicht rücken würden. Ob es ein „Rebranding“ des Genossenschaftsbegriffs brauche, wollte Moderator Novak noch wissen. „Nein“, meinte dazu die Genossenschaftsforscherin Theurl. An ihrem Institut habe man lange über einen alternativen Begriff nachgedacht, aber keiner decke die Breite und Vielfalt der Genossenschaft angemessen ab. Der

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck: Genossenschaften sind gerade dabei, sich in der Digitalökonomie neu zu erfinden. Rat der Expertin: „Ich vermittle meinen Studenten zuerst die Leistungen und Inhalte des Genossenschaftsmodells, auch anhand konkreter Beispiele, dann erst den Begriff.“ APA-Chef Pig ergänzte: „Vielleicht gelingt es uns ja, einen so klaren Konnex herzustellen, warum Kooperation gerade in der Digitalisierung sexy ist, dass die Genossenschaft wieder zur Kultmarke wird.“ Dem Gastgeber im APA-Pressezentrum gehörte auch das Schlusswort: „Die Grün-

ÖGV-Präsident Franz Reischl: Verbände beraten und begleiten die Genossenschaften mit ihrer Expertise. dungsidee von Genossenschaften ist über 150 Jahre alt, aber sie scheint mir moderner und zukunftsfähiger denn je. Würde die APA heute neu gegründet, dann sicher wieder als Genossenschaft, wahrscheinlich mit einem noch breiteren Auftrag. Wir sind jedenfalls für die nächsten 75 Jahre bestens gerüstet.“ g

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Serie: So nachhaltig wirtschaften Genossenschaften REICHHALTIG


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Nachhaltigkeit ist aktuell in aller Munde. Doch was steckt wirklich hinter dem Begriff? Wann kann ein Unternehmen als nachhaltig bezeichnet werden? In einer neuen Serie stellen wir nachhaltiges Wirtschaften in allen seinen Facetten vor und berichten über Erfolgsbeispiele aus der genossenschaftlichen Praxis.

Text: Barbara Pogacar und Stefan Resetarits Fotos: iStockphoto.com, Volksbank Vorarlberg, Brauerei Murau, Eisfabriken

Wenn von Nachhaltigkeit die Rede ist, dann kursieren zahlreiche verschiedene Definitionen. Gerade im Wirtschaftsleben wird der Begriff gern im Sinne des eigenen Unternehmens (um-)interpretiert. Rechtlich wird zur Abgrenzung häufig die Kurzform ESG verwendet, die aus den drei Nachhaltigkeitskomponenten Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung) abgeleitet ist. » Unter Umwelt fällt in diesem Zusam menhang unter anderem die Erzeugung von emissionsarmer oder gar -freier Energie etwa durch Sonnen- oder Windenergie, die regionale Nutzung von Land zur Gewinnung von Nah rungsmitteln (Biobetriebe mit kurzen Lieferwegen) oder der Schutz von Ökosystemen und der Artenvielfalt. » Die soziale Komponente des Begriffs Nachhaltigkeit kann sich etwa über die Schaffung von leistbarem Wohnraum

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für sozial benachteiligte Menschen, die Achtung von Arbeitnehmerrechten oder die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (flexible Arbeitszeiten, Betriebskindergärten) äußern. Zur guten Unternehmensführung können die Förderung von Diversität

die biologische Gemüseerzeugung durch Großkonzerne nachhaltiger oder der konventionelle regionale Familienbetrieb? Um als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit im EU-Sinn zu gelten, müssen künftig jedenfalls negative Auswirkungen auf alle drei ESG-Aspekte vermieden werden. EU-INITIATIVEN ZUR NACHHALTIGKEIT

Die Volksbank Vorarlberg hat sich schon früh den Nachhaltigkeitszielen verpflichtet

Die Brauerei Murau ist für ihr Engagement mit dem Umweltmanagement-Preis ausgezeichnet worden

im eigenen Unternehmen, Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung und Korruption, die Achtung von Daten schutz oder Steuerehrlichkeit gezählt werden. Die genannten Beispiele illustrieren, dass Nachhaltigkeit mehrdimensional zu verstehen ist, die Übergänge oft fließend sind und die Beurteilung eines „nachhaltigen Unternehmens“ immer vom Betrachter abhängt. So kann ein Betrieb etwa starke Gewerkschaften fördern und sich in der Mitarbeiterbildung einsetzen, jedoch einen verheerenden ökologischen Fußabdruck aufweisen. Vielfach scheiden sich die Geister: Ist etwa

Die Bestrebungen der EU zur Nachhaltigkeit waren in den letzten Jahren intensiv, aufgrund der Dringlichkeit des Klimawandels jedoch vor allem auf die ökologische Komponente fokussiert. Im Lichte der sozialen Nachhaltigkeit hat die Kommission nun auch einen Plan für eine soziale europäische Wirtschaft veröffentlicht. Die Genossenschaft wird dabei explizit als soziale Rechtsform angeführt, weil das Wesensmerkmal, einen Teil der Gewinne wieder in die Organisation oder eine soziale Sache zu investieren sowie eine partizipative und demokratische Form zu pflegen, dauerhaftes Unternehmertum fördere, heißt es. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass der ÖGV in einem Begleitdokument als „sozialer Schlüsselakteur in Österreich“ angeführt wird. Über die letzten Jahre wurde durch Experten ein Kennzeichnungssystem (EUTaxonomie) für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten ausgearbeitet, welches noch weiterentwickelt und erweitert werden soll. Damit will man sicherstellen, dass die Bedeutung nachhaltigen Wirtschaftens grundsätzlich einheitlich ist sowie klaren, wissenschaftlich untermauerten und wirkungsvollen Kriterien folgt. So stimmt die Wissenschaft überein, dass sich das Klima durch das Wirken des Menschen mit besorgniserregender Geschwindigkeit erwärmt. Das Übereinkommen von Paris stellt einen großen Durchbruch in der internationalen Klimapolitik dar: Es verfolgt das Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „deutlich unter zwei Grad“ zu begrenzen und eine Beschränkung auf 1,5 Grad anzustreben. Finanzmittelflüsse sollen mit diesen Klimazielen in Einklang gebracht werden. Die EU hat sich hohe Ziele gesteckt: Bereits 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990


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halbiert werden und Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent sein. GENOSSENSCHAFTEN ACHTEN HEUTE SCHON AUF DIE UMWELT Doch Nachhaltigkeit im Umweltbereich ist nicht nur Zukunftsmusik, sie wird vielfach heute schon gelebt. Oft sind Genossenschaften und Genossenschaftsbanken dabei Vorreiter, wie ein Blick auf die Aktivitäten der ÖGV-Mitgliedsunternehmen zeigt. Die Volksbank Wien etwa legt jedes Jahr einen ausführlichen Bericht vor, in dem sie ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit genau dokumentiert, ebenso die Volksbank Vorarlberg, die zudem auch beim Thema nachhaltige Geldanlage Vorreiter ist. Auch die Brauerei Murau ist bemüht, sorgsam mit den Ressourcen der Umwelt umzugehen: Gebraut wird ausschließlich mit rückverfolgbaren Rohstoffen aus österreichischer Herkunft, die strengen ökologischen Regeln entsprechen. Schon seit 2010 trägt sie dafür das AMA-Gütesiegel. 2014 hat die Brauerei auf vollständig CO2neutrale Bierproduktion umgestellt. Es werden somit keine fossilen Brennstoffe mehr zur Bierherstellung verwendet, stattdessen setzt die Brauerei Murau auf Biomasse. Zudem darf sie als einzige Brauerei in Österreich das Hundertwasser-Umweltzeichen „Mehrweggebinde für Getränke“ führen – ihr Mehrweganteil liegt bei über 90 Prozent. Die Brauerei Ried setzt ebenfalls auf Nachhaltigkeit. Eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach liefert jährlich 200.000 kWh Strom für Produktion und Kühlung, damit werden 40 Tonnen CO2 eingespart. Im Vorjahr wurde zudem das Eiswasserbecken erneuert. Dieses Aggregat ähnelt einem großen Durchlaufkühler und produziert mit Hilfe eines Kältemittels Eis, das zur Kühlung der Würze und der Gärtanks benötigt wird. Der neue Speicher fasst bis zu sieben Tonnen Eis und gewährleistet ein gleichmäßiges Abschmelzen und damit eine effiziente Versorgung mit Kälteenergie. Die Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen setzen genauso auf erneuerbare Energie: Sie haben eine der größten innerstädtischen Fotovoltaikanlagen Wiens in

Betrieb genommen. So entsteht täglich Energie für zwei Millionen Eiswürfel aus der Kraft der Sonne. Mehr als zwei Megawatt pro Sonnentag liefert die Anlage auf dem Dach. Seit 2020 verfügen die Eisfabriken auch über sechs Bienenstöcke, die Honig für Kunden und Mitarbeiter liefern. Schon früh auf das Thema Nachhaltigkeit im Umweltbereich hat die Vorarlberger Allmenda gesetzt. Im Rahmen von Bürgerbeteiligung werden nachhaltige Projekte unterstützt und finanziert. Dazu zählen Fotovoltaikanlagen auf Dächern von öffentlichen Einrichtungen oder Betriebsanlagen und auch die finanzielle Unterstützung von Imkern bei der Vorfinanzierung der Grundausstattung. Mit der Holzwärme Bad Goisern und der Biowärme Güttenbach zählen auch zwei Biomasseheizwerke zu den ÖGV-Mitgliedsgenossenschaften. Sie versorgen die umliegenden Gebäude mit erneuerbarer Energie in Form von Wärme aus Hackschnitzeln. Für den Kampf gegen Umweltverschmutzung durch Plastikmüll setzt sich die Neugründung AcoZystem ein. Die kompakten Pyrolyseanlagen der Genossenschaft können überall auf der Welt autark und dezentral Plastikmüll recyceln und diesen unabhängig von der Art des Kunststoffs in seine ursprünglichen Kohlenstoffbestandteile zerlegen. Bereits vor Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes wurde eine Vielzahl an vielversprechenden Projektideen im Rahmen des Gründerservices für Energiegemeinschaften in der Rechtsform der Genossenschaft an den ÖGV herangetragen. Über die Umsetzung der ersten Projekte werden wir in einer der nächsten Ausgaben informieren. Auch Ihre Genossenschaft engagiert sich im Bereich Nachhaltigkeit? Dann schreiben Sie uns, wir berichten gerne im Rahmen unserer Serie darüber. g

Die Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen erzeugen Strom für die Eisproduktion aus Solarenergie

Barbara Pogacar ist Leiterin der Abteilung Beratung, Betreuung und Koordination für die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften im ÖGV. E-Mail: b.pogacar@ genossenschaftsverband.at

Stefan Resetarits ist Mitarbeiter im Bereich Bankenregulierung der ÖGV-Interessenvertretung. E-Mail: stefan. resetarits@oegv.volksbank.at

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DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Unterschiedliche Kundentypen erfordern heute differenzierte Vertriebsstrategien – persönlich, digital oder einen Mix aus beidem.

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Die Filiale als physische Präsenz vor Ort ist dabei für Genossenschaftsbanken nach wie vor ein wesentliches Differenzierungsmerkmal gegenüber reinen Online-Anbietern.

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Allerdings braucht es ein neuartiges Raumerlebnis und ein innovatives Beratungserlebnis, um die Attraktivität zu steigern.

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Der gezielte Einsatz moderner Technik und innovativer Beratungstools mit Visualisierungsmöglichkeiten kann nicht nur das Erlebnis, sondern auch die Qualität der Filialberatung signifikant steigern.


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Die Zukunft des Retail Banking Die Bankenbranche ist im Umbruch, vor allem das Retail Banking erlebt gravierende Veränderungen. Was das für die verschiedenen Vertriebskanäle – von Filiale bis online – bedeutet, analysieren wir in einem zweiteiligen Artikel. Zum Auftakt geht es um das Filialkonzept der Zukunft. Text: Anton Schmoll Foto: Volksbank Vorarlberg/Marcel Hagen

Die neu gestaltete Filiale der Volksbank Vorarlberg in Götzis

Veränderungen hat es bei Banken auch in den letzten Jahrzehnten immer wieder gegeben. Doch noch nie waren die Intensität des Wandels und die Veränderungsgeschwindigkeit so hoch wie heute. Man gewinnt den Eindruck, dass derzeit kein Stein auf dem anderen bleibt. Viele Faktoren kommen zusammen: » Das Zinsumfeld bleibt auf absehbare Zeit schwierig, der Druck auf die Margen ist somit hoch. » Die regulatorischen Anforderungen nehmen zu. » Der Wettbewerb ist intensiver denn je, Vergleichsportale erhöhen den Druck zusätzlich. » Neue Player auf dem Markt greifen in Teilen die Geschäftsmodelle der etablierten Banken an. » Gesellschaftliche Trends sowie der demografische Wandel führen zu

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einem geänderten Kundenverhalten. » Die digitale Transformation, die sich in der Corona-Pandemie noch beschleu nigt hat, mischt die Karten neu. Diese teils disruptiven und tiefgreifenden Veränderungen stellen auch Genossenschaftsbanken vor große Herausforderungen. Der moderne Bankvertrieb muss dem digitalen Lifestyle Rechnung tragen. Es wird daher zukünftig nicht reichen, bestehende Angebote und Vertriebskonzepte zu überarbeiten und weiterzuentwickeln. Vielmehr sind ein völlig neuer Zugang zur Welt der Kunden sowie ein innovatives und tragfähiges Geschäftsmodell gefragt. VERÄNDERTE CUSTOMER JOURNEY

aufnahmen im Servicecenter. Wesentlich häufiger – nämlich sieben- bis zehnmal im Monat – erfolgt ein Online-Zugriff auf die Kontodaten, über mobile Endgeräte wird gar 20- bis 30-mal monatlich zugegriffen. HANDLUNGSFELDER EINES ERFOLGREICHEN VERTRIEBSMODELLS Bei der Neugestaltung der Vertriebsbank sind zunächst die einzelnen Handlungsfelder zu definieren, die für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell notwendig sind. Dabei ist zu beachten: Erst durch das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente wird der optimale Vertriebserfolg erreicht. Es ist wie bei einem Mosaik, das auch mehr ist als ein wahllos zusammengewürfelter Haufen von Steinchen. Nur durch das sinnvolle Aneinanderfügen der verschiedenfarbigen Mosaiksteine ergibt sich ein vollendetes Bild. Die hier vorgestellte Vertriebskonzeption ist ein System mit bestimmten Elementen (Bausteinen), zwischen denen vielfältige Beziehungen bestehen. Die Abbildung auf dieser Seite bietet einen Überblick über das Gesamtsystem des Vertriebsmodells, das sich in der Praxis bewährt hat.

Kundenzufriedenheit und damit die Kundenbindung wird maßgeblich davon beeinflusst, wie der Kunde seine Bank insgesamt erlebt. In diesem Zusammenhang spielt die sogenannte Customer Journey eine wichtige Rolle. Dieser Prozess ist durch verschiedene Phasen und Berührungspunkte gekennzeichnet: Aufmerksamkeit, Informationssammlung, Beratung, Antrag, Abschluss, Transaktion und After Sales. In Abhängigkeit vom konkreten Bedarf – ob einfache Überweisung oder komplexe NEUE ANSÄTZE DER Finanzierung – und von der jeweiligen KUNDENSEGMENTIERUNG Situation – ortsgebunden oder mobil – werden von den Kunden unterschiedliche Den typischen Privatkunden gibt es nicht. Zugangswege und Kanäle in Anspruch Denn jeder Kunde hat seine ganz spezielle genommen. Bei der Kanalnutzung sind in Finanzsituation und individuelle Erwartunden letzten Jahren deutliche Veränderungen. Eine wichtige Voraussetzung bei der gen festzustellen. Zahlen belegen das eindrucksvoll: Stand früher der stationäre Vertrieb im Zentrum, kommt der durchschnittliche Kunde heute nur mehr ein- bis zweimal pro Jahr in die Filiale zu einem Beratungsgespräch. Die SB-Zonen in den Geschäftsstellen werden durchschnittlich zwei- bis viermal pro Monat besucht. Ähnlich verhält es sich bei den telefonischen Kontakt- Die Elemente des Vertriebsmodells


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Neuausrichtung des Vertriebs ist daher eine adäquate Kundensegmentierung. Die üblicherweise verwendeten Segmentierungskriterien wie Einkommen oder Vermögen müssen im Hinblick auf die Omnikanal-Strategie ergänzt werden. Privatkunden unterscheiden sich heute zunehmend durch ihre individuellen Präferenzen in Bezug auf die Kanalnutzung. Somit bildet das Kanalnutzungsverhalten ein wesentliches Segmentierungskriterium. Es ergeben sich daraus folgende Kundentypen: » Filialkunde: Dieser Typus nutzt über wiegend die Filiale und SB-Geräte. » Hybrider Kunde: Die mit Abstand größte Gruppe bilden jene Kunden, die situationsbezogen mehrere Kanäle nutzen – etwa online für einfache Überweisungen, aber bei komplexeren Themen wie Baufinanzierung persön liche Beratung in der Filiale. » Online-Kunde: Dieser Kundentypus nutzt für seine Bankgeschäfte nahezu ausschließlich den digitalen Kanal. Unterschiedliche Kundentypen erfordern differenzierte Vertriebsstrategien. Die Zugangswege für die Kunden müssen auf deren spezifische Bedürfnisse hin ausgerichtet werden: » Persönliches Banking: persönliche Interaktion von Kunde und Berater (z.B. in der Filiale) » Digital-persönliches Banking: technik gestützte Kommunikation zwischen Kunde und Bankmitarbeiter (z.B. Tele fonat mit dem Kundenservicecenter) » Digitales Banking: ausschließlich tech nik-basierte Interaktion (z.B. Online Banking)

Die verschiedenen Vertriebskanäle im Überblick

SYSTEMATISCHE VERNETZUNG DER KANÄLE Eine Genossenschaftsbank muss erreichbar sein, wo und wann der Kunde sich das wünscht. Um diesen veränderten Kundebedürfnissen und -anforderungen besser zu entsprechen, ist es wichtig, dass die zuvor dargestellten Vertriebswege nicht isoliert nebeneinander stehen. Der moderne Bankenvertrieb ist daher gekennzeichnet von der Weiterentwicklung vom Multichannel- zum Omnichannel-Management. Während beim Multikanal-Ansatz jeder Kanal für sich isoliert betrachtet und entwickelt wurde, geht es beim Omnikanal-Ansatz darum, dass alle Kanäle systematisch miteinander vernetzt werden. Die Kunden können dann zu jeder Zeit situationsbedingt und bedarfsorientiert zwischen den unterschiedlichen Kanälen ohne Informationsverluste wechseln. Durch diese Kundenzentrierung kann das Kundenerlebnis spürbar optimiert werden. Aus vertrieblicher Sicht ist wichtig, dass jeder Kontaktpunkt auf dem Kundeninteraktionspfad wertvolle Informationen für weitere Cross-Selling-Ansätze liefert. Mit jedem Kontakt an den zahlreichen Customer-Touchpoints erfährt die Bank mehr über ihre Kunden und deren Verhalten. Ein digitales Ökosystem in der Bank macht es dann möglich, ein individuelles Kundenprofil aufzubauen. Das schafft wiederum die Basis für eine ganzheitliche Beratung sowie für das automatisierte Generieren individualisierter Angebote. VERÄNDERTES ROLLENPROFIL DER FILIALE „Die Filiale ist tot, es lebe die Filiale!“ Mit diesem Spruch lässt sich die derzeitige Diskussion um die Zukunft des stationären Vertriebs am besten zusammenfassen. Tatsächlich standen bei den Retailbanken die Filialen lange im Zentrum des Vertriebs. Doch durch den technischen Fortschritt und mit

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zunehmender Digitalisierung des Bankgeschäfts ging die Frequenz der Kundenbesuche kontinuierlich zurück. Parallel zu dieser Entwicklung kam es zu zahlreichen Filialschließungen: Gab es in Österreich im Jahr 2000 noch fast 5.500 Bankstellen (Hauptanstalten und Filialen) so sank diese Zahl zuletzt auf knapp 4.100. Das bedeutet einen Rückgang um rund 25 Prozent – oder anders formuliert: Jede vierte Bankstelle wurde geschlossen. Ist die Bankfiliale also ein Auslaufmodell? Keineswegs. Die Filialen als physische Präsenz vor Ort sind nach wie vor ein wesentliches Differenzierungsmerkmal gegenüber reinen Online-Anbietern. Aufgrund ihrer Werte wie Regionalität und Kundennähe sind Zweigstellen gerade für Genossenschaftsbanken sichtbare Markenbotschafter. Sie erfüllen auch wichtige Funktionen für das Beziehungsmanagement, für die Beratung vor Ort und als Brücke zur digitalen Welt. Und: Auch in Zeiten des digitalen Wandels wird es im Leben eines Menschen immer wieder Situationen geben, in denen eine kompetente und persönliche Beratung wichtig ist. Dazu zählen etwa der Kauf einer Immobilie, die Vorsorge für das Alter oder Umbruchssituationen wie Scheidung und Erbfall. Entscheidungen zu diesen Themen will man nicht am Telefon oder per Internet treffen. Dazu braucht es intensive Gespräche mit einem Berater, der einem hilft, die nächsten 20 bis 25 Jahre finanziell zu planen. Somit wird die Filiale auch in Zukunft ein bedeutender Vertriebsweg bleiben. Allerdings: Im Hinblick auf die radikal veränderten Rahmenbedingungen ist für die traditionelle Filiale eine Neuinterpretation ihrer Funktionen erforderlich. EMOTIONALES RAUMKONZEPT SCHAFFT WOHLFÜHLATMOSPHÄRE Sowohl das Selbstverständnis der stationären Vertriebsform als auch das Erscheinungsbild werden sich signifikant verändern müssen. Das Rollenprofil muss an die geänderten Anforderungen der Kunden angepasst werden, der Filialbesuch

muss einen spürbaren Mehrwert bieten. Um den veränderten Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, gilt es, die Attraktivität des stationären Vertriebs spürbar zu steigern. Der Bankbesuch soll wieder zum Erlebnis werden. Das erreicht man einerseits durch ein neuartiges Raumerlebnis und andererseits durch ein innovatives Beratungserlebnis. Neben der Beratungsqualität spielt für die Kundenzufriedenheit der Wohlfühlfaktor in einer Bankfiliale eine nicht zu unterschätzende Rolle. Als Stätte der Begegnung muss sie daher mehr bieten als einen Kassenraum mit einer konventionellen Bank-, Büround Transaktionsatmosphäre. Durch eine geschickte Raumaufteilung, ansprechendes Filialdesign, verschiedene Gestaltungselemente sowie bestimmte Materialien soll eine Wohlfühlatmosphäre erreicht werden. Der subtile Einsatz von Musik sorgt für eine angenehme LoungeStimmung und baut Distanz ab. Überflüssige Barrieren, die früher das Erscheinungsbild einer Geschäftsstelle geprägt haben, sollte es künftig nicht mehr geben. Durch den Wegfall trennender Elemente entsteht ein offener Raum. Diese offene Architektur macht die sprichwörtliche „Nähe zum Kunden“ sofort erlebbar. NEUE ARBEITSWEISEN Auch die Arbeitsweise in einer modernen Filiale ist im Wandel. Die Mitarbeiter müssen völlig anders agieren und anders arbeiten als die „Bankbeamten“ in der Vergangenheit. In etlichen Filialkonzepten haben sie keinen festen Arbeitsplatz mehr. Der eigene Schreibtisch, das eigene Ablagesystem mit der gewohnten Anordnung oder die gewohnte „eigene Ecke“ gibt es nicht mehr. Vielmehr sind die Berater im offenen Raum unterwegs, gehen aktiv auf die Kunden zu und fragen deren Wünsche und Erwartungen ab. Damit sie sich flexibel bewegen können, werden sie mit mobilen Endgeräten wie Laptop oder Tablet ausgestattet. Per Videokonferenz können auswärtige Ansprechpartner wie etwa Produktspezialisten aus der Zentrale kurz-


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fristig zugeschaltet werden. Für Kunden wird das Gefühl, individuell behandelt zu werden, immer wichtiger. Dabei beginnt Individualität bereits bei der Wahl der Beratungsumgebung. Die Gespräche finden daher idealerweise nicht mehr ausschließlich am Schreibtisch des Beraters statt, vielmehr entscheidet der Kunde in Abhängigkeit vom Thema über die Umgebung: direkt an der Kaffeebar bei schnellen Serviceleistungen, in bequemen, semidiskreten Sitzmöbeln bei kurzen Gesprächen oder in innovativ eingerichteten Beratungszimmern, wenn das Anliegen Diskretion verlangt.

sätze die Kundengespräche interessanter und lebendiger. Und ganz wichtig: Für den Kunden wird durch diesen Prozess sichtbar, dass die empfohlenen Produkte nach seinen Präferenzen und nicht unter Ertragsgesichtspunkten der Bank ausgewählt werden. Diese Kombination aus einer strukturierten, digitalisierten und interaktiven Gesprächsführung macht das Beratungsgespräch somit zu einem echten Erlebnis. Mit dem richtigen Mix aus persönlichem Gespräch und dem Einsatz moderner Präsentationsmittel erreicht man eine maximale Wirkung im Verkauf.

BERATUNGSERLEBNIS SCHAFFEN

OFFLINE- UND ONLINEWELT BESSER VERNETZEN

Die Beratung sollte in Zukunft so gestaltet sein, dass der Kunde bei der Erarbeitung der Lösungen für seine Finanzbedürfnisse aktiv eingebunden ist. Eine kundenorientierte Navigation und interaktive Kommunikation sind dabei wesentliche Erfolgsfaktoren eines professionellen Beratungsgesprächs. Eine intensive Interaktion kann dadurch erreicht werden, dass der Kunde Eingaben selbst vornimmt. Dies ist beispielsweise durch Berateroberflächen mit Touch-Funktion möglich. So könnten bei der Anlageberatung durch die Eingabe unterschiedlicher Kundenwünsche bezüglich Anlagedauer oder Risikoneigung sofort verschiedene Veranlagungsalternativen simuliert werden. Vor allem bei technikaffinen Kunden kann die Kundenkommunikation auch durch den Einsatz von Tablets professioneller gestaltet werden. Vielfältige Visualisierungsmöglichkeiten machen das Kundengespräch lebendiger. Der entscheidende Vorteil von Tablets liegt aber in der Nutzbarkeit der Sensorik: Sachverhalte, die sich ein Kunde selbst auf dem iPad oder Surface „begreiflich“ macht, indem er den eigenen Zeigefinger nutzt, werden besser verstanden und länger behalten. Der gezielte Einsatz moderner Technik und innovativer Beratungstools hilft somit, die Beratungsqualität und das Beratungserlebnis in der Filiale signifikant zu stärken. Gleichzeitig werden durch solche An-

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Voraussetzung für ein positives Kundenerlebnis ist weiters ein optimales Wechselspiel zwischen der physischen und der virtuellen Welt. Die verschiedenen Vertriebskanäle müssen daher vollständig vernetzt sein, damit für den Kunden ein reibungsloser Kanalwechsel ohne Informationsverlust möglich ist. Durch diesen kanalübergreifenden Ansatz kann der Kunde entscheiden, welchen Touchpoint er wann und wie wählt. So kann er etwa für eine geplante Baufinanzierung online recherchieren, offene Fragen am Telefon klären und einen auf dem Handy begonnenen Vorgang nahtlos in einem persönlichen Gespräch in der Filiale fortsetzen. Dabei muss gewährleistet werden, dass jene Daten, die der Kunde bereits im Internet eingegeben hat, vom Berater im persönlichen Gespräch wieder abgerufen werden können. Aber auch der umgekehrte Weg ist denkbar: Wenn sich der Kunde im Beratungsgespräch noch nicht für einen der angebotenen Produktvorschläge entscheiden kann, sollte für ihn der Abschluss auch später im OnlineBanking bequem möglich sein. In der nächsten Ausgabe lesen Sie den zweiten Teil dieses Beitrags. Dabei geht es um die Vertriebskanäle Kundenservicecenter, Videoberatung und digitale Bank. g

Anton Schmoll ist Bankentrainer, Lektor an der Fachhochschule für Bank- und Finanzwirtschaft sowie Fachbuchautor. E-Mail: anton.schmoll@aon.at

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Die digitale Roadmap der Volksbanken Zeitsparende und effiziente Prozesse, kundenorientierte Plattformen und ein kreativer CommunitySpirit: Wie die digitale Reise im Volksbanken-Verbund geplant wird und wohin sie führt. Text: Bettina Fattinger Fotos: Volksbank Wien

Digitalisierung bedeutet mehr als nur die Umwandlung von analogen Informationen in digitale Formate. Der Volksbanken-Verbund setzt auf konkrete Schwerpunkte und kontinuierliche Transformation. In die digitale Positionierung bezieht die Volksbank auch genossenschaftliche Grundwerte mit ein. Die Verbindung von Filiale und Online ist dabei kein Widerspruch, sie entspricht den Erwartungshaltungen vieler Kunden, die flexibel in der Beratung wie auch in der Abwicklung ihrer finanziellen Geschäfte sein wollen. Die Volksbanken ermöglichen daher mit dem „hausbanking“ ein modernes Online-Banking und zahlreiche Customer-Self-Services, aber auch individuelle Beratung und einen umfangreichen persönlichen Support.

HAUSBANKING IST MEHR ALS INTERNET-BANKING Die Bankgeschäfte online oder über eine App zu erledigen, ist längst Standard. Differenziert wird heutzutage über das Kundenerlebnis: Es geht darum, wie einfach Zahlungen erledigt werden können – die hausbanking-App der Volksbanken liegt hier auf Platz eins im Kundenvotum –, wie rasch Anforderungen umgesetzt werden oder wie unkompliziert ein Änderungsservice funktioniert. Der „digitale Einkaufswagen“ im hausbanking bietet daher mehr als nur reinen Online-Zahlungsverkehr. Er umfasst unterschiedliche Produkt- und Serviceaufträge, die Kunden flexibel, unabhängig von Banköffnungszeiten und bedarfsorientiert durchführen können. Die Kundenakzeptanz der Online-Services hat sich seit 2019 laufend gesteigert, allein Vorjahr konnte die Nutzung um rund 85 Prozent erhöht werden. Weiter ausgebaut wird auch die Verarbeitung der Aufträge über Robotics – mit Mai 2021 lag die automatisierte Abwicklungsquote bereits bei 40 Prozent. Dies bringt nicht nur eine Effizienzsteigerung für die Bank, sondern durch den Wegfall von Anreisezeit und zeitnahe Umsetzung auch einen


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bereich auf- und ausgebaut und wo immer möglich auch direkt im hausbanking verankert. DIGITALE TRANSFORMATION BEWUSST BEGLEITEN

Zeitgewinn und mehr Komfort für die Kunden. ONLINE-ONBOARDING: EINFACH KUNDE WERDEN Seit 2017 widmen sich die Volksbanken der Modernisierung und Digitalisierung von Standard-Kundenprozessen. So kann ein Online-Girokonto über eine „end-toend“ digitalisierte Strecke innerhalb von wenigen Minuten eröffnet werden. Die Zugangsdaten für das hausbanking werden direkt im Prozess angelegt, und nach erfolgreicher Videolegitimation kann sofort auf das Konto zugegriffen werden. Kunden können den Online-Prozess jedoch auch abbrechen und in der Filiale fortsetzen. Ein nahtloses Kundenerlebnis ist die Zielsetzung, daher wird der Ablauf ständig verbessert und erweitert. Als ergänzendes Service zur Kontoeröffnung ist der Online-Kontowechseldienst anzusehen. In enger Zusammenarbeit mit einem Fintech-Partner stehen so innerhalb kürzester Zeit alle notwendigen Daten für den Kontowechsel zur Verfügung. Lastschriften können einfach und zeitsparend übernommen werden. Alle ausgewählten Zahlungspartner werden über den Wechsel informiert, und auch die Kontoschließung bei der abgebenden Bank kann online initiiert werden. Gemeinsam mit den strategischen Produktpartnern des Volksbanken-Verbundes werden weitere Online-Prozesse im Kredit-, Versicherungs- sowie Veranlagungs-

Die Änderungen in den Kundenprozessen, Geschäftsbereichen und im Vertrieb bedürfen jedoch gezielter Maßnahmen, um die Mitarbeiter darauf vorzubereiten, sie bei der praktischen Umsetzung zu begleiten und auch das digitale Bewusstsein nachhaltig zu stärken. Die Volksbanken setzen dabei auf interne Maßnahmen durch Bildung und Förderung spezieller Communitys sowie auf eine enge Zusammenarbeit mit der Volksbank Akademie bei der Ausbildung der Mitarbeiter. Im Vorjahr wurden „digitale Botschafter“ in den Filialen ausgebildet, um einerseits als erste Anlaufstelle bei Fragen und Wünschen von Kunden lösungsorientiert zu unterstützen und anderseits intern als Multiplikatoren mit gezieltem Know-howTransfer zu fungieren. Heuer wurden darauf aufbauend seitens Digitalisierungsabteilung mehrere „Online-Roadshows“ zu wichtigen Themen veranstaltet, um die Neuerungen live vorzustellen und direkt auf Fragen und Anregungen reagieren zu können. Enormen Zuspruch fand Anfang Mai die Roadshow zu den Produkt- und Serviceaufträgen im hausbanking. Im Rahmen von drei Terminen konnten innerhalb weniger Tage rund 1.200 Mitarbeiter erreicht werden. Die nächsten virtuellen Meetings werden Themen rund um E-Signing und Videoberatung behandeln. Die Community der Digital Executives umfasst wiederum interessierte Mitarbeiter aus allen relevanten Geschäftsbereichen der Volksbank Wien und beschäftigt sich mit Trends und Zukunftsthemen der Digitalisierung und wie diese in der Bank zielgerichtet aufgegriffen werden können. So wird die Landkarte der digitalen Fähigkeiten ständig weiter ausgebaut. g

Bettina Fattinger leitet den Bereich Digitalisierung in der Volksbank Wien.

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Ideen entwickeln, die zünden Wer die Zukunft erfolgreich gestalten will, braucht neue Ideen. Andere Ideen. Bessere Ideen. Viele davon. Ideen, die dann auch zur Umsetzung gelangen. Wie ein erfolgversprechender Ideenentwicklungsprozess ablaufen kann. Text: Anne M. Schüller Foto: iStockphoto.com

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Größere Ideenprojekte haben zwei voneinander getrennte Phasen: die Ideenfindung mit einer Kreativgruppe und die Überführung in die Realität mit einer Umsetzungsgruppe.

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Bei der Priorisierung der Ideen geht es darum, Nützlichkeit und potenzielle Nachfrage mit Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen.

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Zu einem möglichst frühen Zeitpunkt sollten potenzielle Kunden als Feedbackgeber hinzugezogen werden, sonst entstehen womöglich Lösungen für Probleme, die gar keine sind.


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Was Unternehmen jetzt am dringendsten brauchen, sind innovative Gedanken und pfiffige Initiativen, um weiterhin attraktiv für die Kunden zu sein. Neuerungen können aber nur dort entstehen, wo es den passenden Nährboden gibt: » die Erlaubnis zum Widerspruch, » ein freizügiges Teilen guter Ideen, » eine ergebnisoffene Lernkultur und » Freiraum zum Experimentieren. Die wichtigste Fähigkeit erfolgreicher Unternehmen ist die ständige Bereitschaft zum Umdenken und Andersmachen. Denn das, was im Markt etabliert und üblich ist, sorgt für Isomorphie: Alles gleicht sich immer mehr an, und das macht die Preise kaputt. Nur das Besondere, Faszinierende, Bemerkenswerte hat eine glanzvolle Zukunft. Das schafft man nicht mit Regelbetrieb, sondern nur mit Regelbruch. So gilt es, gemeinsam mit kreativen Gleichgesinnten gute Ideen zu entwickeln und die jeweils passendsten rasch und agil umzusetzen. Für den Erfolg braucht man viele solcher Ideen. Denn nur, wer viel würfelt, der würfelt am Ende auch Sechser. Störend ist dabei interne Rivalität im Unternehmen. Solange es bonifizierte Einzelziele gibt, will jeder für sich erfolgreich sein. Hingegen hat die in der Sharing Economy sozialisierte junge Generation längst verstanden, wie arm man bleibt, wenn man alles für sich behält, und wie

reich man wird, wenn man teilt. Wenn es zum Beispiel in einer Organisation zehn Vertriebler gibt und alle teilen ihren besten verkäuferischen Tipp miteinander, dann hat jeder seine eigene plus neun weitere exzellente Ideen. Auch das Unternehmen als Ganzes profitiert kräftig davon. Gemeinsam gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte und auf die man allein nicht gekommen wäre. Mit genügend klugen Köpfen löst man jedes Problem. VON DER ENTWICKLUNG ZUR UMSETZUNG Damit am Ende wirklich gute Ideen entstehen, braucht es anfangs eine Prise Verrücktheit, also überzogene, gewagte, kuriose, schrullige, spektakuläre, skurrile Ausgangsideen. Sie sollen unser Denken beflügeln. Verrückte Ideen sind oft auch die Basis für außergewöhnlich gute Ideen. Zudem lernt man nicht nur von guten, sondern auch von schlechten Ideen. Insofern haben größere Ideenprojekte zwei voneinander getrennte Phasen: die Phase der Ideenfindung und die Phase der Überführung in die Realität. Die Zusammensetzung der Gruppe kann dabei variieren: » Die Kreativgruppe besteht aus Men schen, die eine besondere Eignung für Neuanfänge, Übergänge und Vor-

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reitertum haben: Visionäre, Pioniere und Regelbrecher. Sie geben den kreativen Input und entwickeln Vor wärtsdrang. Sie stellen die abwegigs ten Fragen, sie denken das Undenk bare und träumen sich in die schöns ten Luftschlösser rein. Sie sehen in allem Neuen ein Eldorado von Chancen und nicht gleich Gefahr. Für Routinevorgänge und Kleinteiligkeit fehlt diesem Typ Mensch das Talent. Superkreative ziehen oft derart viel „Kick“ aus dem reinen Erfindungs prozess, dass sie die Lust verlieren, sobald es an die Umsetzung geht. » Die Umsetzungsgruppe besteht aus Menschen, die pragmatisch, struktu riert und umsetzungstalentiert sind. Denn in Phase zwei kehrt man auf den Boden der Tatsachen zurück. Man filtert, priorisiert und konzentriert sich auf die wirklich brauchbaren Ideen. Hierbei geht es um Machbarkeit auf hohem Niveau, und das erfordert einen anderen Menschentyp: Rou tiniers, Macher, konstruktive Skeptiker, Detailverliebte. Werden diese jedoch zu früh in ein Projekt einbezogen, ersticken sie jede verrückte Idee schon im Keim. Sie stellen hingegen sicher, dass wirklich an alles gedacht wird und dass das Ganze am Ende auch funktioniert. Bevor es mit der Ideenfindung tatsächlich losgeht, muss das ursächliche Problem verstanden und durchdrungen werden. Also macht man zunächst eine Vorrecherche. Danach formuliert man eine konkrete Frage: „Wie können wir ...?“ Erst dann beginnt die Suche nach Ideen. In dieser Phase werfen die Teilnehmer ihre Einfälle wie bunte Bälle in den Raum, ohne sie zu bewerten. Sie schärfen ihre Gedankenroh-

linge im Austausch und pflegen die Kunst des gemeinsamen Denkens, wodurch sich Geistesblitze auf spannende Weise miteinander verknüpfen. SO GELINGT DIE PRIORISIERUNG DER IDEEN Nach der Ideenfindung folgt die Priorisierung. Dabei kann man sich an den „sechs R“ orientieren: » Ist die Idee relevant für den internen/ externen Kunden? Bringt sie Nutzen? » Ist die Idee revolutionär im Sinne von anders und überraschend neu? » Ist die Idee rasch umsetzbar, zumin dest in einer ersten Probeversion? » Ist die Idee robust, das heißt, hält sie dem Einsatz in der Praxis stand? » Ist die Idee reproduzierbar, lässt sie sich weiterentwickeln oder skalieren? » Ist die Idee rentierlich, kann man also damit (zügig) Geld verdienen? Dies lässt sich in Form einer Entscheidungsmatrix repräsentieren. Dabei geht es, wie die Abbildung rechts zeigt, um die Achsen Nützlichkeit/potenzielle Nachfrage und Machbarkeit/Wirtschaftlichkeit. Was aus Sicht des Kunden maßgeblich ist, hat dabei Vorrang. Erst dann geht es darum, ob und wie man zur Umsetzung in der Lage ist. Ziehen Sie also zu einem möglichst frühen Zeitpunkt potenzielle Kunden hinzu, damit diese als Feedbackgeber fungieren. Oft entstehen Lösungen für ein Problem, das gar keins ist. Man macht zum Beispiel „noch eine App“, weil man es kann – und nicht, weil der Markt sie braucht. Was nicht den Kunden dient, ist Verschwendung. Wie weit entfernt die Anbieter oft von solchen Gedanken sind, zeigt eine Studie


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Mithilfe einer Entscheidungsmatrix zur besten Idee: Nützlichkeit und potenzielle Nachfrage werden mit Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit in Einklang gebracht

von McKinsey: Sie ergab, dass mehr als 40 Prozent der Unternehmen bei der Entwicklung neuer Ideen oder Produkte nicht ein einziges Mal mit dem Endkunden sprechen … g

Literatur zum Thema

Anne M. Schüller Querdenker verzweifelt gesucht: Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt Mit einem Vorwort von Gunter Dueck Gabal Verlag 240 Seiten € 29,90 ISBN: 978-3-86936-998-3

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für Touchpoint-Management und kundenzentrierte Unternehmensführung. Dazu hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Kongressen. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Von LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/18 und von Xing zum Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint-Institut bildet zertifizierte TouchpointManager sowie Orbit-Organisationsentwickler aus. www.anneschueller.de

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ÖGV-Verbandsanwalt Peter Haubner bei der Pressekonferenz in den APA-Räumlichkeiten

So denkt Österreich über Nachhaltigkeit

Text: Günther Griessmair Fotos: APA/Katharina Fröschl-Roßboth

Nachhaltigkeit genießt bei den Österreichern einen hohen Stellenwert, der noch weiter zunimmt, so das Ergebnis einer aktuellen IMAS-Studie im Auftrag des ÖGV. Für Genossenschaften bieten sich damit neue Chancen.

„Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher sind der Meinung, dass Eigenverantwortung und Sicherheit wichtiger werden, 61 Prozent sagen das auch über Nachhaltigkeit“, zitierte ÖGV-Verbandsanwalt Peter Haubner im Rahmen einer Pressekonferenz aus der neuen Studie. Genossenschaften würden die Nachfrage nach diesen Werten mit ihrem Modell des kooperativen Wirtschaftens perfekt abdecken. IMAS-Studienleiter Paul Eiselsberg, der mehr als 1.000 Österreicherinnen und Österreicher befragt hat, kommt zum Ergebnis, dass sich der Wunsch nach einer ökologischeren Wirtschaft und einem

nachhaltigeren Leben durch die Coronakrise sogar noch verstärkt hat. Vor allem bei Frauen und bei Familien mit Kindern ist das Thema Nachhaltigkeit ein starkes Anliegen. Am ehesten assoziieren die Studienteilnehmer mit Nachhaltigkeit spontan den Umweltschutz (34 Prozent). Besonders nachhaltig handeln die Österreicher vor allem bei der Mülltrennung (42 Prozent), dem ressourcenschonenden Umgang mit Wasser (36 Prozent) oder auch der Energienutzung aus erneuerbaren Quellen (28 Prozent). Dass das Thema Nachhaltigkeit facettenreicher ist als der alleinige Begriff des Umweltschutzes, ist nur 56 Prozent der Bevölkerung bewusst.


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Studienautor Paul Eiselsberg: „Die Coronakrise hat den Wunsch nach einem nachhaltigen Leben verstärkt“

NACHHALTIGKEIT BIETET CHANCEN UND SCHAFFT JOBS So nachhaltig handeln die Österreicher in verschiedenen Lebensbereichen

Die Umfrageteilnehmer sehen vor allem die Chancen des nachhaltigen Wirtschaftens: „Für 58 Prozent ist dieses Thema zukunftsorientiert“, so Haubner. Bemerkenswert sei auch, dass bereits knapp 40 Prozent beim Thema Nachhaltigkeit große Möglichkeiten für die heimische Wirtschaft sehen und dass knapp ein Drittel davon ausgeht, dass durch den „grünen Trend“ in Österreich mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können. „Nachhaltigkeit wird auch häufig sehr stark als regional, sympathisch, sozial und pflichtbewusst charakterisiert“, so Haubner. Er sieht in der Studie auch eine Bestätigung für den eingeschlagenen Weg des ÖGV, denn: „Wir haben den Trend hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft früh erkannt und bieten etwa mit der Energiegenossenschaft für alle ein Modell, die Teil der ökologischen Transformation sein wollen.“

GENOSSENSCHAFTEN AUCH IN DER KRISE TRAGFÄHIG Haubner nutzte die Pressekonferenz auch, um eine Corona-Zwischenbilanz aus genossenschaftlicher Sicht zu ziehen: „Die Krise war für Genossenschaften, wie für viele andere Unternehmen auch, eine große Herausforderung. All jene, die schon vor der Krise die Digitalisierung vollzogen und ausgebaut haben, hatten einen klaren Vorteil, andere mussten improvisieren und hatten zu Beginn der Gesundheitskrise Startschwierigkeiten. Generell kann man sagen, dass sich gerade in der Krise das kooperative Wirtschaften als besonders tragfähig erwiesen hat und dass unsere Genossenschaften in Summe sehr gut bzw. gut durch diese Zeit gekommen sind.“ g

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Erfolgsfaktor und Aktivposten:

Die Rolle des genossenschaftlichen Aufsichtsrats Ehrenamtliche erfüllen in der Zivilgesellschaft unverzichtbare Aufgaben. In Genossenschaften sind sie Bestandteil der demokratischen Verfassung und leisten einen wichtigen Beitrag zum organisationsinternen Zusammenhalt. Das zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel des Aufsichtsrats. Doch die Anforderungen an das Amt sind hoch.

Text: Günther Ringle Foto: iStockphoto.com

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

1

Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, die Erfolgs- und Zukunftsfähigkeit des Genossenschaftsunternehmens zu stärken.

2

Gleichzeitig muss er auf die Wahrung der Mitgliederbelange durch den Vorstand hinwirken, er ist „verlängerter Arm“ und Treuhänder der Mitglieder.

3

Der Mangel an Zeit, Fachwissen oder Motivation erschwert in der Praxis oft die Besetzung des Gremiums, zudem ist die Gewinnung von Nachwuchskräften schwierig.

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Als stabilisierender Faktor hat der Aufsichtsrat in der Vergangenheit zur Erfolgsgeschichte genossenschaftlicher Unternehmen beigetragen und bleibt auch künftig unverzichtbar.


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Das Ehrenamt ist als freiwillige, unbesoldet – lediglich gegen Aufwandsersatz – von Repräsentanten der Mitglieder ausgeübte Tätigkeit in Genossenschaftsorganen weit verbreitet. Diese Art solidarischer Mitwirkung ergibt sich aus Vorschriften zur Besetzung der Verwaltungsorgane mit Mitgliedern (Selbstorganschaft) und zur Vergütung der Organtätigkeit. Obwohl im Genossenschaftsgesetz nicht vorkommend, zählt der Begriff „Ehrenamt“ zum genossenschaftlichen Stammvokabular. EHRENAMT ALS IDENTITÄTSMERKMAL Ehrenamtliches Engagement um der gemeinsamen Sache willen hat das Genossenschaftswesen entscheidend geformt. Es ist Ausdruck der demokratischen Organisationsstruktur. Die drei Wesensprinzipien Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung halten die Mitglieder zur aktiven Mitgestaltung ihres Gemeinschaftsunternehmens an. Der Gesetzgeber hat der Ehrenamtlichkeit den Rang eines typprägenden Merkmals der eG-Unternehmensform zugewiesen, das in bewusstem Gegensatz zur Fremdorganschaft der Kapitalgesellschaften steht. Es handelt sich um einen konstitutiven Bestandteil der genossenschaftlichen Identität. In der genossenschaftlichen Praxis manifestiert sich das Ehrenamt vor allem im Aufsichtsrat. Ab einer bestimmten Betriebsgröße ist ein solcher zwingend vorgeschrieben. Zwar könnte auch der von ihm oder der Generalversammlung zu bestellende Vorstand ehrenamtlich tätig sein, doch durch das Hineinwachsen ursprünglich kleiner Primärgenossenschaften in größere Dimensionen und den dadurch gestiegenen Bedarf an unternehmerischen Fähigkeiten sind Ehrenamtliche im Vorstand eine Seltenheit geworden. In der Regel werden Genossenschaften von einem hauptamtlichen Management geleitet. Zu nennen wäre auch noch die Delegiertenversammlung als ehrenamtlich besetztes Organ, das an die Stelle einer Generalversammlung treten kann, allerdings erst ab einer sehr hohen Mitgliederzahl. Die folgenden Erörterungen beziehen sich daher auf den

Aufsichtsrat. Die Mitglieder dieses Kontrollgremiums werden aus der Mitte der Genossenschafter nominiert und von der Generalversammlung gewählt. Die zu erfüllenden Aufgaben sind dem Aufsichtsrat durch Gesetz, Genossenschaftsvertrag und Geschäftsordnung zugewiesen. In seine Tätigkeit ist die Mitgliederbasis mittelbar dadurch eingebunden, dass den Aufsichtsräten aufgetragen ist, stellvertretend für die gesamte Trägerschaft die gemeinsamen Mitgliederinteressen wahrzunehmen. VIELFÄLTIGE FUNKTIONEN DES AUFSICHTSRATS Der Aufsichtsrat hat zum Handlungsziel, durch Ausübung spezifischer Funktionen die Erfolgs- und Zukunftsfähigkeit des Genossenschaftsunternehmens zu stärken und auf die Wahrung der Mitgliederbelange durch den Vorstand hinzuwirken. Von der großen Bedeutung des Aufsichtsrats für Genossenschaften zeugt das weite Aktionsfeld. » Überwachungs- und Beratungsfunk tion: Die bedeutsamste Aufgabe des Aufsichtsrats ist die Überwachung und konstruktiv-kritische Beratung des Vorstands in allen Bereichen seiner Geschäftsführung. Dabei ist dessen Ermessensspielraum als Entscheidungsinstanz zu respektie ren. Der Aufsichtsrat hat sich laufend über die Vorgänge im Genossen schaftsunternehmen zu informieren. Ihm steht es zu, vom Management die für eine ordnungsgemäße Kontroll tätigkeit erforderlichen Auskünfte zu erhalten. Besondere Aufgaben können einem aus der Mitte des Aufsichtsrats gebildeten Ausschuss (etwa Kreditausschuss oder Prüfungs ausschuss) übertragen werden. » Mittlerfunktion: Dem Aufsichtsrat fällt die Rolle eines Bindeglieds zwischen der Mitgliederbasis und dem Manage ment zu. Er ist beauftragter Interes senvertreter der Mitglieder und zugleich in die Machtsphäre der Geschäftsführung eingebunden. Zur Ausübung dieser „Brückenfunktion“ gehört zwingend, den Jahres abschluss, den Lagebericht und die

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Vorschläge zur Gewinnverteilung zu prüfen und darüber der Mitglieder versammlung zu berichten. Ein wesentliches Anliegen muss sein, regelmäßig die Interessenlage im Mitgliederkreis zu erkunden, geprüft an die Leitungsebene heranzutragen und für mitgliederbezogene Ge schäftspolitik einzutreten. Dadurch wird die Verbindung der Mitglieder mit ihrer Genossenschaft gestärkt. » Partizipationsfunktion: Mitglieder des Aufsichtsrats sind angehalten, sich verantwortungsbewusst an der sachgerechten Erledigung der dem Organ zugewiesenen Aufgaben zu beteiligen. Diese Mitwirkungspflicht betrifft insbesondere die Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats, die gewährleistet, in die Meinungs bildung und Beschlüsse involviert und über das Handeln des Vorstands informiert zu sein. An Führungsent scheidungen von grundlegender Bedeutung für die Genossenschaft ist der Aufsichtsrat unmittelbar beteiligt. » Förderfunktion: In die Erfüllung des gesetzlich verankerten Förderauftrags der Genossenschaft ist der Aufsichts rat, dessen Mitglieder selbst auch Adressaten des Förderzwecks sind, insofern einbezogen, als er an der Konkretisierung der Leitmaxime „Mit gliederförderung“ mitwirkt und auf die Sicherung von Mitgliedernutzen des genossenschaftsbetrieblichen Handelns achtet. Ohne dieses Ein stehen für die Förderbelange und für angemessenes Handeln der Ge schäftsführung bliebe der spezifische genossenschaftliche Förderzweck eine abstrakte Formel. » Akquisitionsfunktion: Hinzukommen kann, für die Genossenschaft als „werbendes Sprachrohr“ zu fungieren. Aufsichtsräte, die innerhalb ihres Berufsstandes oder in der Öffentlich keit über ein hohes Ansehen, beson deres Sozialprestige und gute Kontak te verfügen, ziehen als Image- und Werbeträger der Genossenschaft neue Kunden und Mitglieder an. Sie

werden Gelegenheiten nutzen, Außen stehenden zu empfehlen, eine Ge schäftspartnerschaft mit der Genos senschaft einzugehen bzw. die Mit gliedschaft zu erwerben. Diese vielfältig miteinander verwobenen Aufgaben, ebenso ein eventueller Vorbehalt im Genossenschaftsvertrag, wonach bestimmte Geschäfte von besonderer Bedeutung nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats durchgeführt werden können, prägen das Kompetenzgefüge eines Genossenschaftsunternehmens. Daraus erwachsen die organisationsintern an die Tätigkeit des Kontrollorgans gestellten Ansprüche. Vom Aufsichtsrat wird erwartet, dass er als „verlängerter Arm“ und Treuhänder der Mitgliedergesamtheit gemeinsam mit dem Vorstand, jedoch aus gebotener innerer Distanz und als Gegengewicht zu diesem, auf eine erfolgreiche Entwicklung der Genossenschaft hinarbeitet. ANFORDERUNGSPROFIL UND PROBLEMFELDER Die für eine günstige Positionierung am Markt und das Image einer Genossenschaft, die Akzeptanz von Führungsentscheidungen und eine mitgliederbezogene Fördereffizienz wichtigen Funktionen des Aufsichtsrats stellen hohe Anforderungen. Dazu zählen ein ausreichendes Potenzial geeigneter Kandidaten im Mitgliederkreis, deren Wissen über dem Aufsichtsorgan zufallende Aufgaben und ihre Bereitschaft zu aktivem Mitwirken am Gedeihen des Kooperationsunternehmens. Es gilt, Genossenschafter als Aufsichtsräte zu rekrutieren und zu einem leistungsfähigen Gremium zusammenzufügen, das den Anforderungen des Zusammenwirkens mit einem in der Regel professionellen Genossenschaftsmanagement gerecht wird. Gefragt sind Kenntnis der Branchensituation, Fachwissen und betriebswirtschaftliche Erfahrungen, Analysevermögen und Problemlösungsfähigkeiten, persönliche Integrität und Zuverlässigkeit sowie gute Kontakte zum Mitgliederkreis und zu Institutionen des öffent-


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lichen Lebens. Aufgabengerechte Qualifikation darf kein nachrangiges Eignungskriterium sein. Auch sollte auf eine gesunde Altersstruktur geachtet werden. Ein hohes Anspruchsniveau schränkt selbstverständlich den Kreis möglicher Anwärter auf ein Aufsichtsratsmandat ein. Nicht in den Rekrutierungsprozess sollten Mitglieder einbezogen werden, » die im ausgeübten Beruf oder eigenen Betrieb zeitlich stark belastet sind, » bei denen ein Konflikt zwischen Inter essen der Genossenschaft und Eigen interessen nicht auszuschließen ist oder » deren einschlägige Sachkenntnisse, Erfahrungen sowie Fähigkeiten, be deutende unternehmerische Entschei dungen zu beurteilen, sich nicht zu verlässig abschätzen lassen. Diese Gesichtspunkte können es erschweren, ein qualifiziert besetztes und effizient arbeitendes Aufsichtsgremium zu bilden. Weiter eingeengt wird der Bereich des Machbaren, wenn persönliche Umstände geeignete Mitglieder davon abhalten, sich für den Aufsichtsrat zur Wahl zu stellen, wie » absehbarer Mangel an Zeitreserven für eine sorgfältige Ausübung des Ehrenamtes, » Haftungsansprüche an Aufsichtsräte bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht und » als unzureichend eingeschätzte An reize, ein arbeitsintensives Ehren amt zu übernehmen. Wie diese Hinweise zeigen, ergeben sich einschlägige Probleme vor allem aus Mangel an verfügbarer Zeit, unerlässlichen Fähigkeiten oder individueller Motivation potenzieller Aspiranten. Die Gewinnung von Nachwuchskräften für den ehrenamtlichen Einsatz wird damit zu einem zentralen Anliegen und Zukunftsthema der Genossenschaften. In der Trägerschaft vorhandenes Mitwirkungspotenzial ist zu entdecken, zu aktivieren und zu fördern. Um dem anspruchsvoller gewordenen Anforderungsprofil entsprechen zu können, sollten Angebote der Genossenschaftsverbände an Seminaren und

Fachtagungen zur Qualifizierung neuer Aufsichtsratsmitglieder zu Beginn ihrer Mandatsausübung sowie zu regelmäßiger Fortbildung genutzt werden. Wo mit dem Größenwachstum von Genossenschaften die Anforderungen an das Aufsichtsgremium steigen, wäre das Verharren auf dem gegebenen Wissensstand ein Hemmnis für die Weiterentwicklung der genossenschaftsbetrieblichen Wettbewerbs- und Förderungsfähigkeit. AUSBLICK Mit seiner Funktionsvielfalt stellt der Aufsichtsrat ein wichtiges Element unverwechselbarer Genossenschaftsidentität dar. Das dem Wohl der Genossenschaft und ihrer Mitglieder dienende Engagement ist zweifellos ein stabilisierender Faktor, der in der Vergangenheit zur Erfolgsgeschichte genossenschaftlicher Unternehmen beitrug und auch künftig unverzichtbar sein wird. Mit Sorgfalt und Verantwortlichkeit ausgeübt ist dieses Ehrenamt Auftrag und Chance zugleich, auf eine nachhaltige Markt- und Mitgliederorientierung der genossenschaftlichen Unternehmenspolitik hinzuwirken. An den Aufsichtsrat werden hohe Erwartungen gestellt, weshalb für die gewählten Genossenschafter die Ehre der Berufung in dieses Gremium nicht mehr zählen sollte als das, was an Leistungserbringung von ihnen erwartet wird. Das Ehrenamt im Aufsichtsrat ist für Genossenschaften unentbehrlich. Konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vorstand stärkt die Leistungs-, Erfolgs- und Förderungsfähigkeit der Genossenschaft. Aufsichtsräte tragen zur Vitalität größerer Primärgenossenschaften und Bindung des Managements an die Mitgliederebene bei. Angesichts der Funktions- und Machtverschiebung vom Ehrenamt zum professionellen Management ist es für die an den Angelegenheiten ihrer Genossenschaft besonders interessierte Mitgliederteilgruppe wichtig, die Geschäftsführungstätigkeit von einem unternehmensinternen, mit Repräsentanten der Mitgliederbasis besetzten Organ überwacht zu wissen. g

Günther Ringle war lange Jahre Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Genossenschaftsbetriebslehre, an der Universität Hamburg und Mitherausgeber der „Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen“.

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Ideen für ein lebendiges Genossenschaftswesen Von der Landwirtschaft über den Journalismus bis hin zu Energie und Wohnen: Ein neu initiiertes Tagungsformat in Deutschland bietet innovativen genossenschaftlichen Lösungen für die Probleme unserer Zeit eine Bühne. Zum Auftakt gab’s auch einen Streifzug durchs Genossenschaftsrecht und eine neue Initiative der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Text: Holger Blisse Foto: DHSDG

Ein Blick ins digitale Konferenzzentrum

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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In Dresden fand Ende April die Auftaktveranstaltung für eine künftig alle zwei Jahre stattfindende gemeinsame Tagung von SchulzeDelitzsch- und Raiffeisen-Gesellschaft statt.

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Die Rechtsform der Genossenschaft soll damit stärker in den Blick der Öffentlichkeit gerückt, von Kapitalgesellschaften abgegrenzt und für Gründer attraktiver gemacht werden.

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Beispielhaft wurden die Gründungsinitiative MakerCamp, BioBoden sowie Genossenschaften für landwirtschaftliche Flächennutzung, Journalismus, erneuerbare Energien und Wohnen vorgestellt.


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Das fünfjährige Jubiläum der Aufnahme der Genossenschaftsidee als immaterielles Weltkulturerbe nahmen die SchulzeDelitzsch- und die Raiffeisen-Gesellschaft in Deutschland zum Anlass, das gemeinsame Tagungsformat „Genossenschaft leben“ zu initiieren. Die Reihe, die künftig alle zwei Jahre stattfinden soll, startete virtuell und als Präsenzangebot in Dresden. Ziel ist es, die Genossenschaftsidee ins Rampenlicht zu rücken und ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, aber auch für die Umwelt und zu sozialer Verantwortung hervorzuheben. Der Aufwind für die Rechtsform zeigt sich auch in Zahlen: So kam es in den letzten zehn Jahren in Deutschland zur Gründung von rund 1.500 Unternehmen in der Rechtsform der eG. An erster Stelle stehen die Energiegenossenschaften mit rund 850 Gründungen und 200.000 Mitgliedern, darüber hinaus gibt es neue Genossenschaften in zahlreichen anderen Feldern wie bei regionalen Unternehmenskooperationen, für die Vermarktung von Produkten in der Landwirtschaft oder bei Dorfgasthäusern. Zuletzt kam das Thema Digitalisierung hinzu, das Ansatzpunkte etwa für Plattformgenossenschaften oder Datentreuhänder bietet. Die Veranstalter betonen den zeitlosen Ansatz der Genossenschaftsidee: Was früher in unseren Breiten noch stärker existenzielle Züge trug – wie das sprichwörtliche Dach über dem Kopf im Bereich des Wohnens, der Zugang zu (elektrischer) Energie oder auch zu günstigen Krediten – erhält heute zusätzliche Anforderungen wie bezahlbares Wohnen in umweltgerechten Bauten oder Energie aus erneuerbaren Quellen. Daher ging es in den Vorträgen zunächst um Entwicklungen bei der Rechtsform Genossenschaft aus wissenschaftlicher Perspektive, bevor die Gründungspraxis zu Wort kam. GENOSSENSCHAFT IM WANDEL DES GESELLSCHAFTSRECHTS Seinen Einführungsvortrag stellte Hagen Henrÿ, Professor an der Universität Helsinki und Vorsitzender des Cooperative Law Committees des Internationalen Genossenschaftsbundes, unter das Thema „Das Ge-wissen der Ge-nossen – juristisch betrachtet“. Er beleuchtete die Entstehung eines eigenen Rechtsrahmens für Genos-

senschaften, ausgehend von vorindustriellen Genossenschaften über die Regeln der Rochdaler Pioniere (1844) bis hin zum Bezug auf die Empfehlungen der International Labour Organization. Neben der Geschichte des Genossenschaftsrechts widmete er sich dessen Problemen, dem Begriff Solidarität und dem Wissensstand über dieses Rechtsgebiet. Dabei war es ihm ein Anliegen, ausgehend von einer „Verkapitalgesellschaftung“ des Rechts nachzuweisen, wie Vertreter insbesondere der Aktiengesellschaft Merkmale der Genossenschaft für Kapitalgesellschaften in Anspruch nehmen und wie sich damit die Rolle aller Unternehmen im Rahmen einer Corporate Social Responsibility und des Stakeholder-Ansatzes zu einer Orientierung am Gemeinwohl wandelt. Er regte an, den Rechtsbegriff „Betroffener“ einzuführen, um damit einer erweiterten Förderung der Genossenschaft entgegenzuwirken, welche den Begriff des Mitglieds als dem originären Empfänger in Richtung Gemeinwirtschaft bzw. Stakeholder-Ansatz ausufern lässt. Solidarität bedeutet für ihn die Übernahme von Verantwortung für das Ganze ohne die Erwartung einer Gegenleistung. Dabei komme es weniger darauf an zu erklären, warum jemand dies tue, als auf die Tatsache, dass es geschehe bzw. möglich sei. INITIATIVE FÜR NEUE GENOSSENSCHAFTEN Der Innovations- und Changemanager der R+V Versicherung innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe in Deutschland, André Dörfler, stellte die „Initiative für das Wachstum des genossenschaftlichen Ökosystems“ – das MakerCamp Genossenschaften – vor. Als Beitrag zur Erreichung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele sollen bis 2030 mindestens 30.000 Genossenschaften das Leben der Menschen in Deutschland, aber auch in Österreich und Südtirol verbessern. Zudem soll die genossenschaftliche Rechtsform „entstaubt“ werden. Eingebunden sind die genossenschaftlichen Partner innerhalb der FinanzGruppe mit ihrer regionalen Prägung. Dabei kommt den Genossenschaftsbanken eine Schlüsselstellung zu: Sie sollen über das Angebot von Finanzdienstleistungen hinaus ihre Re-

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gion fördern und Partner für möglichst viele regionale Genossenschaften werden. Ihre Mitgliederzahl soll von heute über 18 Millionen auf 30 Millionen anwachsen. Diese erweiterte Vertriebskraft soll in der Folge dazu beitragen, dass auch die R+V selber wachsen kann. Einerseits setzt man auf Unterstützung innerhalb der genossenschaftlichen Organisation, andererseits soll auch die Gründerund Nachhaltigkeitsszene angesprochen und für die genossenschaftliche Rechtsform interessiert werden. Dabei versucht man, die Genossenschaft – im Gegensatz zu den „Unicorns“ in der Startup-Bewegung – als „Zebra“ zu positionieren, was für Verantwortung und Werteorientierung steht. Über einen eigenen Internetauftritt, Veranstaltungen und ein großes Netzwerk wird das Vorhaben bekannt gemacht. ERHALT VON LANDWIRTSCHAFTLICHEN FLÄCHEN Zu einer inzwischen im nationalen Maßstab tätigen Genossenschaftsbank hat sich die GLS Gemeinschaftsbank entwickelt. In ihr war über viele Jahre Uwe Greff, Mitglied des Vorstandes der BioBoden eG, tätig, der die Motivation zur Gründung dieser Genossenschaft aus der GLS Bank heraus im Jahr 2015 damit erklärte, die Nachfolge in der Landwirtschaft unterstützen zu wollen. Dort bleiben viele Betriebe ohne Nachfolger, die Gefahr ist somit groß, dass die Flächen dem Anbau von Lebensmitteln auf Dauer verloren gehen, wenn sie in Bauland umgewidmet und verkauft werden. Auch der Anbau von Pflanzen wie Raps als Grundlage für die Energiegewinnung verdrängt die Lebensmittelproduktion. Das Problem stellt sich heute bereits für die Flächen, die nur Pachtland sind und vom Eigentümer verkauft werden, oder bei Landwirten, die ihren Betrieb verkaufen wollen, aber deren potenzielle Nachfolger nicht über genügend Geld für den Erwerb verfügen. Hier setzt BioBoden mit seinem Konzept an: Flächen werden zu angemessenen Preisen aufgekauft und so auf Dauer für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erhalten. Inzwischen zählt die Genossenschaft über 5.000 Mitglieder, die bisher 41 Millionen Euro Eigenkapital bereitgestellt haben. Seit 2018 schreibt BioBoden schwarze Zahlen. Die Ausschüttung einer Dividende ist aber

nicht geplant, eher wird an Vergünstigungen durch den Direktbezug ab Hof gedacht. Insgesamt befinden sich 4.000 Hektar, die von 71 Partnerhöfen bewirtschaftet werden, im Eigentum der Genossenschaft. Alle Betriebe arbeiten auf Bio-Basis. GENOSSENSCHAFT IM JOURNALISMUS Das Ökosystem Korallenriff, das die Küste schützt, stand Pate für den Namen der Genossenschaft RiffReporter, wie deren Vorstandsmitglied Christian Schwägerl erklärte. Die Genossenschaft wendet sich an selbstständige Journalisten und bietet ihnen verschiedene Möglichkeiten, die Ergebnisse ihrer Recherchen und Texte einem größeren Publikum (entgeltlich) zur Verfügung zu stellen. Dafür steht unter anderem eine Publikationsplattform zu den Themenfeldern Wissen, Umwelt, Technik, Gesellschaft und International bereit. Ein Teil der Erlöse aus dem Verkauf von Nachrichten verbleibt bei der Genossenschaft, um den Betrieb des werbefreien Angebotes zu unterstützen. Derzeit gehören RiffReporter 125 stimmberechtigte Mitglieder an, die je 200 Euro Eintrittsgebühr geleistet und mindestens fünf Anteile zu je 50 Euro übernommen haben. Aktivitäten werden auch durch Mittel verschiedener Stiftungen finanziert. Die GLS Bank ist ein Kooperationspartner. In zwei Jahren will man den Break-even erreichen. ZUSAMMENSCHLUSS FÜR ERNEUERBARE ENERGIEN Gleich zwei Genossenschaften stellte Bernhard Schmidt, Geschäftsführer der Neuen Energien West eG in Grafenwöhr (Bayern), vor. Zur Gründung einer interkommunalen Genossenschaft haben sich 2009 Bürgermeister und Vorstände von Stadtwerken aus vier Städten entschieden. Dabei erwiesen sich gute Erfahrungen aus der Zusammenarbeit im Bereich von Wasserwerken und Kläranlagen als ein Ausgangspunkt. Inzwischen sind zahlreiche Projekte im Bereich erneuerbarer Energien realisiert worden, etwa Fotovoltaikanlagen auf Dächern kommunaler Gebäude wie Rathäuser und Schulen, aber auch auf großen Brachflächen wie einer Mülldeponie. 2019 kam ein Nahwärmenetz und 2021 eine Biogasanlage hinzu.


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Man beteiligt sich auch an der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen und bietet inzwischen den Menschen in der Region, die Mitglieder einer zweiten Genossenschaft sind, Strom aus der gewonnenen Energie mit einem eigenen Tarif an. Dabei handelt es sich um die Bürger-Energiegenossenschaft West eG. Ihre inzwischen etwa 1.700 Mitglieder haben sich mit Anteilen von je 500 Euro beteiligt. Seit 2019 können maximal zehn weitere Anteile pro Jahr gezeichnet werden. Die Genossenschaft plant mit einer Dividende zwischen 2,0 und 4,8 Prozent. Ein wesentlicher Fördervorteil ist Strom, der zu 100 Prozent umweltfreundlich erzeugt wurde. Die Mitgliedschaft wird von den Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie der Sparkasse in der Region vermittelt und kann auch über ein Online-Portal abgeschlossen werden, das zusammen mit dem DGRV und der Universität Kassel entwickelt wurde. GENOSSENSCHAFTLICH WOHNEN IN DRESDEN Zum Abschluss der Tagung wurde ein Beispiel aus der Wohnungswirtschaft gewählt:

Die Wohnungsgenossenschaft Johannstadt eG wurde nach einem Stadtteil in Dresden benannt. Ihre Anfänge gehen auf das Jahr 1902 zurück, 1957 wurde sie zur Arbeiterwohnungsgenossenschaft Fortschritt. Heute gehört ihr ein Wohnungsbestand von 7.781 Einheiten, dem rund 8.000 Mitglieder gegenüberstehen. 2020 war mehr als die Hälfte der neu eingetretenen Mitglieder 40 Jahre oder jünger. Da die meisten Wohnungen in den 1960er bis 1980er Jahren entstanden, liegt ein Schwerpunkt in der barrierefreien Anpassung des Altbestandes und dem Neubau größerer Wohnungen mit vier und mehr Räumen. Die Vertreterversammlung hat mitentschieden, dass die Genossenschaft keine Dividende zahlt, sondern auf niedrigere Mieten setzt und das Ziel verfolgt, bestehende Altschulden abzutragen. So beträgt die Miete trotz zentrumsnaher Lage der Wohnungen 5,67 Euro pro Quadratmeter gegenüber 6,67 Euro im Dresdner Durchschnitt. Nicht zuletzt deshalb und auch wegen des Einsatzes der „Kümmerer“, die bei sozialen Problemen helfen, erreicht die Genossenschaft bei ihren Mitgliedern fast hundertprozentige Zufriedenheitswerte.

Internet-Tipp

Gründungsinitiative der R+V Versicherung: www.makercamp-geno.de Genossenschaft für den Erhalt landwirtschaftlicher Flächen: bioboden.de Genossenschaftliches Angebot im Journalismus: www.riffreporter.de Zusammenschluss für erneuerbare Energien: www.neue-energien-west.de Wohnungsgenossenschaft Johannstadt: www.wgj.de

Literatur zum Thema

Henrÿ, Hagen (2020): Genossenschaftsrecht – international. In: Blome-Drees, Johannes; Göler von Ravensburg, Nicole; Jungmeister, Alexander; Schmale, Ingrid; Schulz-Nieswandt, Frank (Hrsg.): Handbuch Genossenschaftswesen. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

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Holger Blisse ist Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler und unter anderem auf kreditwirtschaftliche, genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert.

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INFOGRAFIK

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Unternehmertum in Zeiten von Corona Die Volksbanken haben in Zusammenarbeit mit dem Gallup-Institut 1.000 Unternehmerinnen und Unternehmer aus ganz Österreich zur Corona-Pandemie befragt. Die Auswertung ergibt ein hoffnungsvolles Bild: Der Großteil der Selbstständigen ist nach wie vor Unternehmer aus Überzeugung und guter Dinge, einen positiven Schub aus der Krise mitzunehmen.

Quelle: Gallup-Unternehmerumfrage im Auftrag der Volksbanken, Zeitraum März/April 2021

Welche Zukunftsvisionen haben Sie für Ihr Unternehmen für die Zeit nach Corona, was sind Ihre Vorstellungen?

Sind Sie auch heute noch lieber Unternehmer als Angestellter?


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Welche der folgenden Werte sind während Corona im Unternehmen wichtiger oder weniger wichtig geworden?

Wie hat sich Ihre persönliche Lebenssituation in Zeiten der Pandemie geändert?

Welche Veränderungen waren positiv?

Welche Veränderungen waren negativ?


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Die neuen Regeln für flexibles Arbeiten DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Homeoffice beruht auf Freiwilligkeit. Es kann weder einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden, noch hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf.

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Bei regelmäßiger Arbeit im Homeoffice ist grundsätzlich der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen.

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Für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht alle verwendeten Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, kann er dem Arbeitnehmer ein steuerfreies Homeoffice-Pauschale von maximal 300 Euro pro Jahr gewähren.

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Die Regelungen zur Arbeitszeit gelten im Homeoffice unverändert, auch der Unfallversicherungsschutz bleibt bestehen.

Das Homeoffice hat während der Coronakrise eine massive Ausweitung erfahren. Und es ist gekommen, um zu bleiben: Viele Firmen und Arbeitnehmer wollen auch in Zukunft weiter auf dieses Modell setzen. Was dabei aus rechtlicher Perspektive zu beachten ist. Text: Johanna Thalhammer und Gerlinde Stumpf Foto: iStockphoto.com


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Die kontinuierliche technologische Weiterentwicklung im Bereich der Digitalisierung beeinflusst auch die Arbeitswelt in starkem Ausmaß und ermöglicht für eine große Anzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein flexibles Arbeiten. Seit Beginn der Coronakrise ist es zu einer enormen Zunahme der Arbeit im Homeoffice gekommen. Viele Unternehmen und Arbeitnehmer wollen auch nach der Pandemie verstärkt auf das Arbeiten von zu Hause bauen. Dafür wurde heuer ein entsprechender rechtlicher Rahmen geschaffen, der beiden Seiten so viel Flexibilität und Planbarkeit wie möglich bringen soll. Der erste Schritt dazu war ein Maßnahmenpaket, das von den Sozialpartnern und der Industriellenvereinigung sowie der Bundesregierung erarbeitet und Ende Jänner veröffentlicht wurde. Schließlich wurde der abgabenrechtliche Teil des Homeoffice-Pakets im Februar im Nationalrat beschlossen und rückwirkend mit 1. Jänner in Kraft gesetzt, der arbeitsund sozialversicherungsrechtliche Teil gilt seit 1. April. Dabei ist eine Evaluierung der Neuregelungen bis Ende 2022 vorgesehen, allenfalls erkannte Verbesserungspotenziale sollen dann umgesetzt werden. Bei den Neuregelungen betreffend Homeoffice handelt es sich um kein eigenes Gesetz, vielmehr wurden einzelne bereits bestehende Gesetze in Hinblick auf die gegenwärtigen Anforderungen novelliert. Geändert wurden insbesondere das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG), das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG), das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und das Einkommensteuergesetz (EStG). Die wichtigsten Neuerungen werden im Folgenden dargestellt.

Nicht erfasst sind hingegen nach dieser Definition jene Fälle, in denen die Erbringung von Arbeitsleistungen abseits der Wohnung erfolgt – etwa in einem öffentlichen Coworking-Space oder an sonstigen öffentlichen Orten wie Parks oder Kaffeehäusern. Vom Arbeitsminister wurde allerdings bereits geäußert, eine Erweiterung der Homeoffice-Regeln auch hinsichtlich dieser RemoteArbeit überlegen zu wollen.

GESETZLICHE DEFINITION

BEREITSTELLUNG DER ARBEITSMITTEL

Arbeit im Homeoffice liegt nach der neuen Begriffsbestimmung im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz dann vor, wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt. Gemeint ist damit nach dem Gesetz auch ein Wohnhaus oder eine Wohnung an einem Nebenwohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten.

VEREINBARUNG VON HOMEOFFICE Arbeit im Homeoffice ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich zu vereinbaren. Es muss also Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien vorliegen. Homeoffice soll weder einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden können, noch soll der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf haben. Für die Vereinbarung ist Schriftlichkeit vorgesehen. Laut Gesetzesmaterialien kann sie auch im elektronischen Weg zustande kommen, etwa über betriebliche IT-Tools, mittels Handysignatur oder per E-Mail. Bereits vor Inkrafttreten des HomeofficePakets bestehende Vereinbarungen werden auf Änderungs- oder Ergänzungsbedarf zu überprüfen sein. Als Basis für die Homeoffice-Vereinbarungen kann eine freiwillige Betriebsvereinbarung dienen. Im Arbeitsverfassungsgesetz wurde dafür als Rechtsgrundlage der neue Tatbestand „Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice“ geschaffen. Darunter ist zum Beispiel die Bereitstellung von Arbeitsmitteln, deren private Nutzung oder eine Regelung zum Kostenersatz zu verstehen. Es besteht aber keine Verpflichtung, eine derartige Betriebsvereinbarung abzuschließen.

Bei regelmäßiger Arbeit im Homeoffice ist grundsätzlich der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen. Damit sind etwa die erforderliche Hardware, Software und Datenverbindung gemeint. Es kann aber auch vereinbart werden, dass die digitalen Arbeitsmittel vom Arbeitnehmer bereitgestellt werden,

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dann sind vom Arbeitgeber die angemessenen und erforderlichen Kosten – allenfalls pauschaliert – zu tragen. DATENSCHUTZ UND ARBEITSZEIT Im Homeoffice gelten dieselben datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie im Büro. Es sind also dieselben Fragestellungen wie etwa Auflagen und Vorgaben zur sicheren Verwahrung von Zugangsdaten und Passwörtern oder von digitalen Geräten sowie von Datenträgern zu berücksichtigen und zu lösen. Auch das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz kommen weiterhin uneingeschränkt zur Anwendung. Bei diesen beiden Gesetzen ist es zu keinen Änderungen gekommen. Es gelten also auch hier dieselben Regelungen wie am Arbeitsplatz im Büro. HAFTUNG, ARBEITNEHMERSCHUTZ UND UNFALLVERSICHERUNG Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz sieht gewisse Haftungserleichterungen für Arbeitnehmer vor. Durch die Neuregelung sollen auch Schäden an im Homeoffice verwendeten digitalen Arbeitsmitteln oder abgespeicherten Arbeitsergebnissen erfasst werden, die durch Personen, die mit dem Arbeitnehmer gemeinsam im Haushalt leben, herbeigeführt wurden. Im Arbeitsinspektionsgesetz wurde ausdrücklich festgehalten, dass das Arbeitsinspektorat kein Betretungsrecht für Wohnungen von Arbeitnehmern im Homeoffice hat. Ein Betreten mit Zustimmung des Arbeitnehmers soll weiterhin zulässig sein, auf Verlangen darf daher der HomeofficeArbeitsplatz vor Ort besichtigt werden. Zu den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes im Zusammenhang mit Homeoffice wurden vom Arbeitsministerium neue Leitfäden als Hilfestellung für die Praxis erarbeitet. Durch Neuregelungen im ASVG wurden bereits vorhandene vorübergehende Sonderbestimmungen zum Unfallversicherungsschutz bei Homeoffice ins Dauerrecht übergeführt. Es soll eine Gleichbehandlung von Homeoffice mit der Beschäftigung direkt im Unternehmen sichergestellt werden. Neben Arbeitsun-

fällen, die sich im Zusammenhang mit der Beschäftigung im Homeoffice ereignen, sind auch Wegunfälle erfasst, das sind zum Beispiel Unfälle vom Homeoffice aus auf dem Weg zum Arzt, beim Einkauf des Mittagessens im Supermarkt oder auf dem Weg zur Kinderbetreuungseinrichtung oder Schule. STEUERRECHTLICHE ASPEKTE Die steuerrechtlichen Regelungen für die Homeoffice-Tätigkeit gelten seit 1. Jänner, sie sind vorerst bis zum 31. Dezember 2023 befristet. Die Zurverfügungstellung digitaler Arbeitsmittel wie Computer, Bildschirm, Drucker, Handy oder die erforderliche Datenanbindung durch den Arbeitgeber stellt demnach kein steuerpflichtiges Entgelt dar. Für den Fall, dass keine oder nicht alle verwendeten digitalen Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Homeoffice-Pauschale gewähren. Dieses Homeoffice-Pauschale beträgt maximal drei Euro pro Homeoffice-Tag für maximal 100 Tage pro Kalenderjahr. Das höchste steuerfreie Pauschale beträgt somit 300 Euro im Jahr. Leistet der Arbeitgeber weniger als drei Euro pro Tag an Homeoffice-Pauschale, kann der Arbeitnehmer den Differenzbetrag zwischen dem steuerfrei erhaltenen Pauschale und dem Maximalbetrag in der Veranlagung geltend machen, sofern ein steuerlich zu berücksichtigendes Arbeitszimmer nicht vorliegt. Allfällige Aufwendungen des Arbeitnehmers für digitale Arbeitsmittel (insbesondere Computer und Zubehör) sind um die Summe aus einem steuerfrei gewährten Homeoffice-Pauschale zu kürzen. Neben dem Homeoffice-Pauschale können Arbeitnehmer zusätzlich Kosten für die Ausstattung ihres außerhalb eines Arbeitszimmers gelegenen Arbeitsplatzes mit ergonomisch geeignetem Mobiliar bis zu einer Höhe von 300 Euro pro Jahr geltend machen. Voraussetzung dafür ist, dass zumindest 26 Tage im Jahr ausschließlich zu Hause (im Homeoffice) gearbeitet wird. Davon sind Schreibtische, Drehstühle und dazugehörige Beleuchtungskörper erfasst, sofern sie durch den


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Arbeitnehmer am Arbeitsplatz in seiner Wohnung verwendet werden. Übersteigen die Anschaffungs- und Herstellungskosten insgesamt den Höchstbetrag von 300 Euro, kann der Überschreitungsbetrag innerhalb des Höchstbetrages bis zum Kalenderjahr 2023 geltend gemacht werden. Die Regelung gilt auch rückwirkend für Anschaffungen im Jahr 2020 bis maximal 150 Euro, wenn zumindest 26 Tage im Jahr ausschließlich zu Hause gearbeitet wurde. Ist die Veranlagung für 2020 bereits erfolgt, so gilt die Beantragung der Werbungskosten als rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 295 BAO. FAZIT Die neuen Regelungen bringen wichtige Klarstellungen für das Arbeiten im Homeoffice. Wesentlich ist dabei, dass flexibles Arbeiten weiterhin der Zustimmung beider Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – bedarf. Mit dem Homeoffice-Pauschale wurde ein Modell gefunden, das den Aufwendungen für Arbeitsmittel auch steuerlich Rechnung trägt. Ob Optimierungs- und Anpassungsbedarf besteht, wird die Zeit zeigen, eine Evaluierung wurde ja bereits in Aussicht gestellt. g

Johanna Thalhammer ist Expertin für Arbeitsrecht in der Rechtsabteilung des ÖGV. E-Mail: johanna.thalhammer@ oegv.volksbank.at

Gerlinde Stumpf ist Leiterin der Abteilung Bilanz und Steuer im ÖGV. E-Mail: gerlinde.stumpf@ oegv.volksbank.at

Internet-Tipp

Das Arbeitsministerium bietet hilfreiche Leitfäden fürs Arbeiten im Homeoffice zum Downloaden an: www.bma.gv.at/Services/News/Leitfaden-Homeoffice.html

Statement PERSPEKTIVEN DES HOMEOFFICE-MODELLS Durch die Corona-Pandemie hat Homeoffice stark an Bedeutung gewonnen. In Spitzenzeiten haben rund 40 Prozent der Beschäftigten von zu Hause gearbeitet. Eine vom Arbeitsministerium bei OGM in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass sowohl Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Tätigkeit im Homeoffice zufrieden sind und sich auch in Zukunft ein bis zwei Tage pro Woche Homeoffice wünschen. Zudem gibt eine Mehrheit von 59 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, dass bei einem künftigen Arbeitsplatz die Möglichkeit von Homeoffice für sie wichtig ist. Homeoffice ist also für Beschäftigte und Betriebe attraktiv – und soll auch in der Zeit nach Corona attraktiv bleiben. Daher haben wir nach intensiven Verhandlungen im Frühjahr ein Homeoffice-Maßnahmenpaket geschnürt und die Rahmenbedingungen für das Arbeiten von zu Hause weiterentwickelt. So wurde sichergestellt, dass Homeoffice auch weiterhin auf freiwilliger Basis zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite vereinbart werden kann und gleichzeitig genügend Raum für individuelle Lösungen auf betrieblicher Ebene bleibt. Die arbeitsrechtlichen Regelungen werden von Änderungen im Sozialversicherungs- und Steuerrecht flankiert: So wurde die Möglichkeit geschaffen, Ausgaben im Zusammenhang mit Homeoffice steuerlich abzusetzen, teilweise auch rückwirkend für 2020. Bei Unfällen, die im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice passieren, sind Beschäftigte nunmehr klar unfallversichert. Im kommenden Jahr sollen diese Maßnahmen evaluiert werden. Schon jetzt ist klar: Homeoffice wird uns auch nach der Pandemie im Arbeitsleben weiter begleiten. Die fortschreitende Digitalisierung in Kombination mit der Corona-Pandemie hat den Trend hin zu flexiblem und mobilem Arbeiten verstärkt.

Martin Kocher Bundesminister für Arbeit

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Auf den Spuren der

Maya und Azteken

Für die Azteken der Ursprung der Welt: Die imposante Ruinenstadt Teotihuacán


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Mexiko ist weit mehr als blaue Karibikstrände. Es sind vor allem die unzähligen Stätten alter Kulturvölker, die eine Reise zum unvergesslichen Erlebnis machen. Beeindruckend sind auch die vielfältigen Landschaften sowie die Artenvielfalt der Fauna und Flora.

Text und Fotos: Anton Schmoll

Schnell kommen wir außer Atem. Bedächtig setzen wir Schritt für Schritt auf den großen Steinstufen. Wir befinden uns beim Aufstieg zur Plattform der 63 Meter hohen Sonnenpyramide von Teotihuacán. Die imposante Ruinenstadt im Einzugsgebiet von Mexiko City zählte zwischen 100 und 600 n. Chr. zu den größten Metropolen der Welt. In dieser Zeit wohnten hier bis zu 250.000 Menschen. Als die Azteken im 14. Jahrhundert die verlassene Stadt entdeckten, waren sie überzeugt, den Ursprung der Welt gefunden zu haben. DAS REICH DER AZTEKEN Die Azteken nannten sich selbst „Mexika“ und gaben so dem Land seinen heutigen Namen. Nach jahrhundertelangem Herumirren ließen sie sich dort nieder, wo gemäß der Prophezeiung ein Adler auf einem Kaktus eine Schlange verzehrt.

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Über dem ehemaligen Palast von Moctezuma II. wurde später der Palacio National errichtet. Hauptattraktion im Inneren sind die monumentalen Wandgemälde des mexikanischen Künstlers Diego Rivera. Diese Murales erzählen die tragische Geschichte Mexikos – von den vorspanischen Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Im linken Bogen finden wir auch einen ÖsterreichBezug: Kaiser Maximilian aus dem Haus Habsburg-Lothringen. Das Gemälde zeigt seine Exekution im Jahr 1867. Er war der jüngere Bruder von Kaiser Franz Joseph und wurde auf Betreiben von Napoleon III. 1864 als Kaiser von Mexiko inthronisiert. FASZINIERENDE MAYA-STÄTTEN Tief im Dschungel zeugen Relikte von der Hochkultur der Maya

Pyramide in Chichén Itzá: Die Architektur symbolisiert den Maya-Kalender

Dieses Symbol findet man heute noch im Staatswappen Mexikos. Auf einer großen Insel im Texcoco-See gründeten die Azteken 1325 ihre Hauptstadt Tenochtitlán. Die spanischen Eroberer unter Hernán Cortés waren nicht nur von der Größe der Stadt beeindruckt, sondern auch ob ihres Reichtums und ihrer perfekten Organisation. Diese Bewunderung hinderte die Spanier jedoch nicht daran, Tenochtitlán bald dem Erdboden gleichzumachen. Im August 1521 fiel die Stadt in die Hände von Cortés. Auf der zerstörten Azteken-Hauptstadt erbauten die Spanier nun Mexiko Ciudad.

Vor den Azteken gab es aber noch andere großartige Kulturen: Neben Olmeken, Zapoteken und Mixteken sind es vor allem die beeindruckenden Leistungen der Maya, die uns in Staunen versetzen. Teilweise tief im Dschungel erheben sich die imposanten Tempelpyramiden und Paläste ihrer faszinierenden Kultur. Bei jeder dieser Stätten entdecken wir neue Aspekte dieser Hochkultur. Eines ihrer wesentlichen Merkmale ist die Schrift: Das System der Maya bestand aus mehr als 800 Glyphen (Bildzeichen). Diese konnten sowohl Begriffe als auch einzelne Silben repräsentieren, ähnlich wie die Hieroglyphen der alten Ägypter.


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In Palenque befindet sich die Pyramide der Inschriften. Aus den hier eingeritzten Hieroglyphen konnten die Forscher viele Erkenntnisse über die Maya gewinnen. 1949 gab es noch eine sensationelle Entdeckung: Nach dreijähriger Arbeit standen die Archäologen vor dem mächtigen Sarkophag des berühmten Königs Pacal I. im Inneren der Pyramide. Er hat ein Gewicht von 15 Tonnen und ist mit einer fünf Tonnen schwere Grabplatte bedeckt, die reich verziert ist.

KOLONIALSTÄDTE – SYMBOLE DER MACHT Die spanischen Eroberer haben später ihren Machtanspruch in gewaltigen Bauten manifestiert. Mexikanische Städte sind fast immer gleich aufgebaut: Im Zentrum befindet sich der Zocalo. An diesem Platz steht mindestens eine große Kirche, rundherum reihen sich diverse Cafés und

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Bunter Festumzug in Oaxaca, wo die Nachfahren der Zapoteken und Mixteken leben

KALENDER AUS STEIN In keiner anderen frühen Kultur wurde die Zeit so genau gemessen wie bei den Maya. Selbst bei Bauwerken stellten sie ihre astronomischen Fähigkeiten unter Beweis. Das berühmteste Beispiel dafür ist Chichén Itzá, eine Ruinenstätte auf der Halbinsel Yucatán. Staunend stehen wir vor dem majestätischen Castillo de Kukulcán mit seinen ausgewogenen Proportionen. Die Architektur dieser Pyramide symbolisiert den Maya-Kalender: Aus jeder Himmelsrichtung führt eine Treppe mit 91 Stufen empor. Zählt man die oberste Plattform dazu, ergibt das genau 365 – die Tage des Jahres, die von den Astronomen der Maya schon genau berechnet werden konnten. Am 21. März und am 21. September – bei der Tag-und-Nacht-Gleiche – wird durch die Sonneneinstrahlung eine spezielle Schattenbildung auf die Treppenstufen projiziert. Dies erweckt den Eindruck, als ob die „gefiederte Schlange“ die Stufen der Pyramide hinabgleiten würde. Sie verkörpert den Gott Kukulcán, dem der Tempel gewidmet ist.

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Restaurants. So auch in Puebla. Gegründet wurde die Stadt 1531 unter dem Namen Puebla de los Angeles. Der Legende nach erschien dem Bischof von Tlaxcala im Traum ein Engel und wies ihn an, hier die Stadt der Engel zu errichten. Engel schmücken heute als Figuren die schmiedeeiserne Umzäunung des Vorplatzes der Kathedrale. Im Park am Zocalo reiht sich ein Schuhputzer an den nächsten. Während der Schuhbesitzer bequem im Sessel sitzend seine Zeitung liest, wird sein Schuhwerk fein säuberlich gereinigt und poliert. Berühmt ist Puebla aber auch für seine Talavera-Kacheln, mit denen viele Gebäude verziert sind. Ein originelles Beispiel ist das „Zuckerbäckerhaus“. Seine reichlich aufgetragene weiße Stuckdekoration erinnert sehr an eine Schlagoberstorte. PULSIERENDES LEBEN IN OAXACA In einem Tal der Sierra Madre de Sur im Süden Mexicos liegt auf etwa 1.500 Metern Höhe Oaxaca. Die Einwohner sind meist Nachfahren der Zapoteken und Mixteken. In vielen Gassen strahlen uns bunte Häuser mit schmiedeeisernen Fenstergittern entgegen und vermitteln Lebensfreude. Wir schlendern durch die Altstadt und tauchen in das Treiben der farbenfrohen Märkte ein. Berühmt ist diese Region für Kakao und Schokolade. Die Maya kannten den Kakaw-Baum schon um 500 v. Chr. Der belebende Trunk war aber nur der Herrscherschicht vorbehalten und diente

Wanderung durch Wälder aus mannshohen Riesenkakteen


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Straßenszene in San Cristóbal: Frauen kommen aus den umliegenden Dörfern zum großen Mercado Municipial

Krokodile genießen das Bad in der Sonne

obendrein als Zahlungsmittel. Vor allem am Abend, wenn Häuser und Straßen beleuchtet sind, entfaltet Oaxaca seinen vollen Charme. Völlig überraschend sind wir auf einmal mitten in einem bunten Umzug. Zu lautstarker Musik mit vielen Trommlern ziehen riesige Figuren durch die Straßen, Frauen tanzen beschwingt mit ihren bunten Röcken. ALTE RITUALE LEBEN WEITER Neben dem Bundesstaat Oaxaca hat die Region Chiapas den größten indigenen Bevölkerungsanteil. So erleben wir in der Stadt San Cristóbal de las Casas einen interessanten Mix von kolonialer Vergangenheit und indigener Gegenwart. Jeden Morgen strömen aus den umliegenden Dörfern die Frauen mit ihren bunten Trachten herein, um auf dem großen Mercado Municipial ihre Produkte zu verkaufen. Die Landbevölkerung in dieser Region besteht fast ausschließlich aus Maya, die ihre Traditionen bis heute bewahrt haben. Sie sprechen ihre eigene Sprache und verehren ihre alten Götter, auch wenn sie längst katholisch geworden sind. In Dörfern rund um San Cristóbal leben unterschiedliche Maya-Ethnien. Ihr reli-

giöses Zentrum ist das Dorf San Juan Chamula. Dort leben die uralten Rituale auch heute noch weiter. Rund um den Hauptplatz stehen große, mit Pinienzweigen geschmückte Kreuze. Ihre Ähnlichkeit mit dem christlichen Kreuz ist allerdings zufällig. Denn es handelt sich um den kreuzförmigen Weltenbaum der Maya. Die katholische Kirche ist Johannes dem Täufer geweiht. Der bunt verzierte Bau ist allerdings bloß Fassade für uralte Traditionen. Hier wird lebendiger Synkretismus praktiziert – die Vermischung der alten Maya-Bräuche mit Ritualen des katholischen Glaubens. Es gibt keine Kirchenbänke, der Boden ist mit Kiefernnadeln und Reisig bedeckt. Hunderte Kerzen flackern, ihr gespenstisches Licht fällt auf die Figuren der Heiligen, die hier die Rolle der alten Maya-Gottheiten übernommen haben. Inmitten dichter Copal-Rauchschwaden werden uralte Maya-Rituale zelebriert. Die Menschen bringen Opfergaben in Form von Weihrauch und hochprozentigem Schnaps dar. Hühner werden für Beschwörungsrituale geschlachtet und über brennende Kerzen geschwenkt. REICHTUM DURCH AGAVEN Eine Pflanze bescherte den Spaniern lange Zeit großen Reichtum: die Sisal-Agave. Aus deren großen, schwertförmigen Blättern wurden hanfartige Fasern gewonnen, die zu Seilen, Säcken, Teppichen oder Hängematten verarbeitet wurden. Der Name „Sisal“ stammt von der gleichnamigen kleinen Hafenstadt nördlich von Merida, von wo aus die begehrten Produkte in die ganze Welt exportiert wurden. In der Nähe von Merida fühlen wir uns auf der aus dem 18. Jahrhundert stammenden Hacienda Sotuta de Peón in die Zeit der Sisal-Barone zurückversetzt. Die prächtigen Villen zeugen vom einstigen Reichtum der Plantagenbesitzer. Arbeiter erklären uns die verschiedenen Verarbeitungsprozesse von der Faser der Agavenpflanze bis zum Endprodukt. Am Beginn der spanischen Kolonialzeit war da noch sehr viel Handarbeit, die von indianischen Tagelöhnern verrichtet wurde. Ihr karger Lohn stand im krassen Gegensatz zum Reichtum der Besitzer. Später wurden immer mehr Maschinen aus Europa eingesetzt.


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Neben viel Geschichte und Tradition gibt es auch jede Menge Naturerlebnisse: So ist die Region um Zapotitlán Salinas berühmt für die einzigartigen Kakteen-Wälder. Hier befindet sich der Jardin Botanico „Helia Bravo Hollis“. Wir wandern durch mannshohe Riesenkakteen. Ein besonderes Gewächs ist der Elefantenfußbaum. Er kann Wasser speichern und bis zu neun Meter hoch werden. Auch das Essen versetzt uns in Staunen: In den Kakteenwäldern findet Küchenchef Antonio Diaz sämtliche Zutaten für seine außergewöhnlichen Kakteenkreationen wie Shrimps in Safransauce mit Tetechas. MIT DEM BOOT UNTERWEGS Nicht nur das Land, sondern auch das Element Wasser bietet uns so manches Naturspektakel. Im Bundesstaat Chiapas erleben wir ein Naturwunder, das der mächtige Río Grijalva in den Fels gegraben hat: den Cañón del Sumidero. Die Schlucht ist 25 Kilometer lang und wird von bis zu 1.000 Meter hohen Steilwänden eingerahmt. Die Entstehung begann vor rund 35 Millionen Jahren zeitgleich mit dem Grand Canyon in den USA. Bei einer Bootstour sehen wir viele spektakuläre Felsformationen und kleinere Höhlen. In der Nähe des kleinen Fischerdorfes Celestun liegt das Naturschutzgebiet Reserva de la Biósfera Ría Celestún. Dort am Golf von Mexiko unternehmen wir eine weitere Bootsfahrt. Gemächlich tuckern wir entlang der dichten Mangrovenwälder. Der Bootsführer schaltet den Motor aus, geräuschlos nähern wir uns der Hauptattraktion: einer Kolonie rosaroter Flamingos. Die grazilen Vögel stolzieren im seichten Wasser umher auf der Suche nach Nahrung. Diese besteht vorrangig aus kleinen Krebsen und Kieselalgen, die die lachsrote Färbung des Gefieders bewirken.

Flamingos im Naturschutzgebiet Reserva de la Biósfera Ría Celestún

U-Bahn-Netz. An einigen Stellen sind die Decken eingebrochen und haben so riesengroße Löcher als Zugang zu den unterirdischen Kalksteinhöhlen geschaffen. Yucatán ist übersät von mehr als 1.000 dieser Cenoten, die zwischen 15 und 80 Meter tief sind. Die Maya benutzten sie als Brunnen zur Trinkwassergewinnung. Die Cenoten spielten aber auch eine wichtige Rolle in ihrer Mythologie. Sie hielten dort Zeremonien für Chaac, den Regengott, ab. In manchen heiligen Cenoten wurden lebendige Menschen für die Götter geopfert sowie wertvolle Gegenstände aus Gold, Silber und Edelsteinen hineingeworfen. Die Maya betrachteten die Cenoten als Tor zur Unterwelt. Für uns sind sie ein Tor in eine andere Welt und eine Tauchattraktion, wie wir sie nie zuvor erlebt haben: Durch einen schmalen Eingang tauchen wir ab in eine komplett dunkle, mit Wasser gefüllte Tropfsteinhöhle. Wir schweben im glasklaren Wasser und sehen im Schein unserer Lampen die bizarren Formationen der Stalaktiten und Stalagmiten. Und wenn dann noch durch einen Spalt Sonnenlicht in die Höhle kommt, entstehen spektakuläre Lichteffekte. Plötzlich erspähen wir im Schein des Lichtkegels alte Tonscherben. So begegnen wir auch unter Wasser der Maya-Kultur.

Tauchgang in den Cenoten, einem riesigen zusammenhängenden Höhlensystem

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EINTAUCHEN IN DIE UNTERWELT Der krönende Abschluss und das größte Naturhighlight sind für uns zweifelsohne die Cenoten. Dabei handelt es sich um das größte zusammenhängende Höhlensystem der Welt, das vor Tausenden Jahren entstanden sind. Es verläuft wie ein

TIPP: TONBILDSCHAU MEXIKO Montag, 15. November 2021 Beginn: 19 Uhr Alpenverein Austria, Rotenturmstraße 14, 1010 Wien Anmeldung: anton.schmoll@aon.at

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Reich durch Kunst: Der Fall Keynes Nicht erst seit Corona haben die volkswirtschaftlichen Rezepte von John Maynard Keynes wieder Hochkonjunktur. Dass der Ökonom auch ein erfolgreicher Aktienspekulant war, ist bekannt. Weniger bekannt ist seine Leidenschaft für bildende Kunst als Investment. War er auch als Sammler erfolgreich, und wenn ja, was können wir von ihm lernen?

Text: Hermann Fritzl Fotos: Wikimedia

John Maynard Keynes als Graffiti auf einer Hauswand in Lissabon

Der Kunstmarkt macht derzeit mit Sensationspreisen auf sich aufmerksam: 70 Millionen US-Dollar für eine digitale Kopie im Auktionshaus Christie‘s, für nichts als eine Bilddatei, allerdings verschlüsselt und damit fälschungssicher mit NFT-Technologie. Die Abkürzung steht für Non Fungible Token, eine Technik aus dem Bereich Blockchain und Kryptowährungen. Der Unterschied zwischen dem Original und der Kopie ist einzig und allein dieser Token. Eine Zeitenwende? Dirk Boll, einer der Prä-

sidenten von Christie‘s, stellt schon die Frage, ob physische Ausstellungen, Auktionen und Messen bald der Vergangenheit angehören werden. Vielleicht sogar das Werk als körperliches Objekt? Doch noch ist es nicht so weit. Und Kunst als Investment floriert auch ohne Bits und Bytes: Untersuchungen, die die Kunstpreisentwicklung bis ins 17. Jahrhundert auf Basis von Auktionsergebnissen zurückverfolgen, zeigen, dass nach Inflation ein jährlicher Ertrag von 1,5 Prozent erwartet wer-


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den kann. Ökonomen haben Kunstindizes entwickelt, die aber letztlich fern der Kunstmarktrealität sind, da sie nur Auktionspreise berücksichtigen. Tatsächlich wird rund die Hälfte der Marktumsätze durch Händler und Galerien gemacht, die in den Indizes nicht berücksichtigt sind. DER SAMMLER UND INVESTOR KEYNES Im Unterschied zu Aktien- und Anleihenindizes kann in Kunstmarktindizes nicht investiert werden, sie sind also hypothetische Portfolios. Das Kunstportfolio von John Maynard Keynes ist für eine genaue Betrachtung aus mehreren Gründen interessant: Es handelt sich um ein reales Portfolio, es gibt aufgrund eigener Aufzeichnungen des Ökonomen genaue Daten zum Erwerb, Keynes hat bei Auktionen, Händlern und Galerien erworben, also über alle Distributionskanäle des Kunstmarktes, und schließlich sind verschiedene Bewertungszeitpunkte vorhanden, nämlich in den Jahren 1946, 1959, 1981, 1988, 2000, 2013 und 2019. Keynes hat das Sammeln von Kunst schon sehr früh als Investmentmöglichkeit verstanden. Er erwarb seine Kunstwerke zwischen 1917 und 1945 und vermachte die gesamte Sammlung schließlich dem King‘s College in Cambridge. Die Werke hängen zum Teil heute noch dort, der Hauptteil

aber im Fitzwilliam Museum, ebenfalls in Cambridge. Keynes hatte für seine Sammlung insgesamt 13.000 Pfund ausgegeben, 2019 wurde der Marktwert mit 76 Millionen Pfund geschätzt. Damit verzeichnet sein Portfolio einen realen Ertrag von 6,1 Prozent pro Jahr, womit es nur um 0,2 Prozent unter dem jährlichen Ertrag eines Kapitalmarktinvestments liegt. Der große Ökonom interessierte sich seit seinen frühen Zwanzigern für bildende Kunst, 1911 wurde er Mitglied der Contemporary Arts Society, für die er als Kunstkäufer tätig war. Inwieweit er bei dieser Tätigkeit mit OPM (other people‘s money) experimentieren konnte und daraus abgeleitet Wissen und Netzwerke für seine eigene Privatsammlung nutzte, ist bisher nicht untersucht. Er kaufte für sein Privatportfolio in zwei Wellen, unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg mit den Tantiemen aus seinem Bestseller „Die ökonomischen Konsequenzen des Friedens“ und in den 1930er Jahren mit Profiten aus seinen Währungs- und Aktienmarktinvestments. EIN PORTFOLIO MIT CEZANNE, PICASSO & CO Ein Netzwerk, das Keynes bei seiner Sammeltätigkeit ganz wesentlich unterstützte, war die Bloomsbury Group, ein Kreis von Intellektuellen, Künstlern und Kunstkritikern. Diese drängten ihn vielfach zu Käufen,

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Im Fitzwilliam Museum in Cambridge hängt heute ein Großteil der Keynes-Sammlung

WENIGE WERKE ENTSCHEIDEN ÜBER GESAMTERFOLG

Hermann Fritzl ist Autor mehrerer Theaterstücke und zahlreicher Artikel über Reisen und zu verschiedenen Aspekten der Finanzindustrie. Zuvor war er im Bereich Volksbanken-Marketing und PR sowie als Volksbanken-Ombudsmann für den ÖGV tätig. Er studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaft, Philosophie und Kunstgeschichte. Derzeit schreibt er an einer Masterarbeit über Extremrisikosport.

hielten allerdings seine Einschätzung von Kunstwerken und Künstlern für „bedauerlich schlecht“. Sie bemängelten, dass er oft mit einer „unbegründeten Autorität“ sprach und hielten etwa einen vom ihm erworbenen Cezanne für „das schlechteste Gemälde, das dieser Künstler je gemalt hat“. Zu Keynes‘ erweitertem Umfeld zählte auch Picasso. Er lernte den Maler bereits 1919 bei einer Party kennen und kaufte von ihm vier Gemälde. Picasso malte auch mehrfach die russische Balletttänzerin Lydia Lopokova, die spätere Frau von Keynes. Im Wesentlichen kaufte Keynes Impressionisten, Postimpressionisten und von seinen Künstlerfreunden aus der Bloomsbury Group – insgesamt 135 Werke. Die Hälfte der Gesamtausgaben entfiel auf zwei Bilder von Cezanne, die zehn teuersten Arbeiten machten 80 Prozent seines Investments aus. Das Portfolio enthält auch eine Performance-Rakete, ein Werk, das Keynes um 1,50 Pfund kaufte, laut aktueller Markteinschätzung ist es mittlerweile 20 Millionen wert. Insgesamt steigt und fällt der Marktwert des Keynes-Portfolios mit der Wertschätzung von einigen wenigen Künstlern wie Braque, Cezanne, Matisse, Picasso und Seurat.

Ein interessanter Vergleich: Der Pensionsfonds der britischen Bahn kaufte 1974 als Hedge gegen die Inflation 2.506 Kunstwerke um 41 Millionen Pfund und verkaufte diese 2003 um 170 Millionen, was einem realen jährlichen Ertrag von 3,7 Prozent entsprach, also deutlich unter jenem von Keynes. Die Analyse von den wenigen anderen Kunstsammlungen, über die detaillierte Daten verfügbar sind, zeigt wie bei Keynes, dass weniger als zehn Prozent der Werke für über 75 Prozent des Wertes der jeweiligen Sammlung ausschlaggebend sind. Bei Keynes sind es ganze fünf von 135 Werken, beim Pensionsfonds 202 von 2.506. Allerdings: Welche Werke die PerformanceRaketen sein werden, ist im Vorhinein schwer abschätzbar. In den letzten 50 Jahren waren das die „großen Namen“, also die Künstler, die sich über einen längeren Zeitraum zu einer Marke entwickelt haben, zumeist weiße Männer wie Picasso oder Warhol. Ob das so bleiben wird, ist fraglich. Denn mit vermögenden Sammlern aus Lateinamerika, Asien und Afrika werden neue Sammelmoden mit neuen Künstlern und Kunstrichtungen neuen Reichtum schaffen. Laut Dirk Boll hat sich auch die Distribution schon radikal verändert: „2020 erreichte Christie‘s schon 41 Prozent der Neukunden durch Online-only-Auktionen.“ Der Zeitenbruch hat auch am Kunstmarkt begonnen. g


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ÖGV

Neues aus dem Team Vivien Abaza unterstützt als studentische Mitarbeiterin den Bereich Finanzmarkt der ÖGV-Interessenvertretung. Die 21-jährige Wienerin studiert internationale Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Bartosz Domagalski verstärkt als Anwendungsbetreuer die IT-Abteilung des ÖGV. Der 27-jährige Wiener hat das Studium der transkulturellen Kommunikation an der Uni Wien absolviert. Nebenbei studiert er noch Informations- und Kommunikationssysteme an der FH Technikum. Erste Berufserfahrung sammelte er bei KPMG.

Wolfgang Hainzl ist neuer Revisor in der Prüfungsabteilung Kredit. Der 49-jährige Grazer hat den Universitätslehrgang zur Ausbildung von Exportkaufleuten an der WU Wien und das Studium Agrarökonomik an der Universität für Bodenkultur absolviert. Er war bereits als Genossenschaftsrevisor beim Raiffeisenverband Steiermark tätig.

Ulrike Prötzner unterstützt als Sachbearbeiterin das Projektmanagement in der ÖGV-Anwaltschaft. Die 55-jährige Salzburgerin und studierte Betriebswirtin war jahrelang in der ÖVAG im Bereich Finanzmärkte sowie als Abteilungsleiterin für Treasury-Relationship- und Ordermanagement tätig.

Hans Bock, Leiter der Prüfungsgruppe Ost in der Bankenrevision des ÖGV, feierte am 1. Juli sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Wir gratulieren!

Besuch in Murau Mit einer Jubiläumsurkunde im Gepäck hat ÖGVVerbandsanwalt Peter Haubner (re.) im Frühjahr die Genossenschaftsbrauerei Murau besucht. Im Gespräch mit dem geschäftsführenden Vorstand, Josef Rieberer (li.), ging es unter anderem um die Themen Nachhaltigkeit und Regionalität, die in der Brauerei vorbildlich gelebt werden. Vor 110 Jahren haben Bürger der Region sich zur Genossenschaft zusammengeschlossen, um den seit 1495 bestehenden Brauereibetrieb zu übernehmen – der Beginn einer großen Erfolgsgeschichte.

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Volksbanken-Verbund

Werbung, die überzeugt Nach einer sehr erfolgreichen Imagekampagne zum Thema Erfolg haben die Volksbanken im Frühjahr auf Plakaten zum persönlichen Beratungsgespräch eingeladen. In der neuesten Kampagne geht es ums hausbanking. Der Winterkampagne mit der Botschaft „Erfolg fängt an, wo man vertraut“ – „cooperativ“ berichtete – sind im Sujet-Test des Focus-Instituts überragende Werte attestiert worden: Der TV-Spot erzielte einen Bekanntheitswert von 46 Prozent, was deutlich über dem Banken-Benchmark von 36 Prozent liegt. Bei den Imagekriterien wurde er von den Befragten als sehr auffällig und modern beurteilt, besonders hoch ist auch die Markenerinnerung. Sogar noch besser fielen die erhobenen Werte für das OnlineSujet aus. Für viel Aufmerksamkeit sorgte auch eine österreichweite Plakatkampagne der Volksbanken: In der zweiten März-Hälfte warb Testimonial Andreas Goldberger für das persönliche Jahresgespräch mit den Volksbank-Beratern. Das Sujet mit der Botschaft „Ihre Hausbank ist persönlich für Sie da“ war auf insgesamt 740 Plakatflächen im Umkreis der Volksbank-Filialen von Wien bis Vorarlberg zu sehen. Wolfgang Layr, Leiter Kommunikation und Marketing der Volksbank Wien, über die Hintergründe: „Als Hausbank für Unternehmer und unternehmerisch denkende Privat-

kunden steht die Volksbank für kompetente, persönliche Beratung. Das Sujet unserer Außenwerbeoffensive zielt auf den Vertriebsschwerpunkt des Jahresgesprächs ab, bei dem die Beraterinnen und Berater in der Region gezielt auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden eingehen und mit ihnen gemeinsam den jährlichen Finanzcheck durchführen.“ Seit Mitte Juni läuft nun eine Kampagne zum Thema hausbanking, bei der neben Andreas Goldberger auch Thomas Morgenstern als Testimonial zum Einsatz kommt. Die zentrale Aussage lautet: „So vielfältig wie Sie. Das hausbanking der Volksbank.“ Auch Thomas Morgenstern bestaunte die Plakatkampagne mit Andreas Goldberger – im Bild mit Barbara Bleier-Serentschy, Wolfgang Layr (beide Volksbank) und Gabriela Subasic (EPAMEDIA)

Das Key Visual der neuen Sommerkampagne der Volksbanken

Auszeichnung für Kundenservice Kundennähe und Vertrauen existieren bei den Volksbanken nicht nur auf dem Papier, sie werden auch tagtäglich von den Volksbank-Beratern gelebt. Dieser Meinung sind offenbar auch die Kunden: Beim „BranchenMonitor“, den die ÖGVS/Gesellschaft für Verbraucherstudien gemeinsam mit dem Magazin „News“ regelmäßig erhebt, belegen die Volksbanken heuer Platz eins beim Kundenservice in der Kategorie „Filialbanken“. Gratulation zu diesem Erfolg!

Foto: EPAMEDIA/Katharina Schiffl

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Volksbank Wien

Starkes Bekenntnis zur Nachhaltigkeit In ihrem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht bekennt sich die Volksbank Wien dazu, nachhaltiges Handeln und Wirtschaften noch stärker im Kerngeschäft zu verankern.

Foto: Matthias Heschl

Der Nachhaltigkeitsbericht 2020 wurde wie im Vorjahr in Übereinstimmung mit den Standards der Global Reporting Initiative erstellt und stellt zudem den jährlichen Fortschrittsbericht gemäß UN Global Compact dar. Der Bericht zeigt auf, dass Nachhaltigkeit und Regionalität für die Volksbank Hand in Hand gehen. Dazu erklärt Generaldirektor Gerald Fleischmann: „Unser regionales Geschäftsmodell hat sich im herausfordernden Umfeld 2020 bewährt. Die Nähe zu den Kunden hat es uns ermöglicht, schnell und flexibel auf deren Bedürfnisse einzugehen und individuelle Hilfe zu leisten. Und so bleiben wir auch in diesen besonderen Zeiten ganz bewusst Regionalbank.“ Im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts hebt die Volksbank auch die großen Fortschritte bei der Digitalisierung hervor. „Dieser Trend wird sich auch längerfristig fortsetzen und dazu beitragen, dass wir unsere Geschäftstätigkeit nicht nur effizienter, sondern auch ressourcenschonender durchführen können“, so der Generaldirektor, der

auch erklärt: „2020 haben wir umfangreiche Schritte eingeleitet, um die Nachhaltigkeitsstrategie der Volksbank Wien auf den gesamten Volksbanken-Verbund auszurollen.“ Dazu wurde ein eigenes Strategieteam gebildet, und in allen Volksbanken wurden Nachhaltigkeitsverantwortliche nominiert. Was nachhaltiges Handeln für die Volksbanken bedeutet, ist klar definiert: Sie wirtschaften regional auf Basis genossenschaftlicher Werte, übernehmen Verantwortung für das langfristige Wohlergehen der Kunden und Mitarbeiter und handeln umwelt- und klimabewusst. Umgesetzt wird die Nachhaltigkeit in vier Teilprojekten mit mehr als 100 Arbeitspaketen: Es geht um Organisation und Regulatorik, um Ökologie und Soziales, Produkte und Services sowie um Kommunikation, Stakeholder und Schulungsmaßnahmen. Generaldirektor Fleischmann hält fest: „Nachhaltigkeit ist Zukunftsfähigkeit. Nur, wer maßgebliche gesellschaftliche, ökologische und wirtschaftliche Trends im Auge behält und dementsprechend agiert und reagiert, ist fit für die Zukunft.“ Den Nachhaltigkeitsbericht 2020 der Volksbank Wien finden Sie zum Downloaden unter: www.volksbankwien.at/cr-bericht

Monika Bäumel, Leiterin des Bereichs Kommunikation in der Volksbank Wien und Nachhaltigkeitsverantwortliche im Volksbanken-Verbund

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Volksbank Wien

Erneute Auszeichnung als Leitbetrieb Die Volksbank Wien wurde 2019 erstmals als Leitbetrieb ausgezeichnet, nun erhielt sie die Rezertifizierung. Die Bank wurde für ihren nachhaltigen Unternehmenserfolg, ihre soziale und ökologische Verantwortung sowie für ihre starke Ausrichtung auf den Standort Österreich gewürdigt. Als Exzellenzplattform der heimischen Wirtschaft zertifizieren die Leitbetriebe Austria Unternehmen, die in der österreichischen Wirtschaft besonders vorbildhaft operieren. Überreicht wurde die Urkunde Anfang Juni in der Zentrale der Volksbank Wien. Generaldirektor Gerald Fleischmann zeigte sich erfreut: „Die Rezertifizierung als österreichischer Leitbetrieb bestätigt einmal mehr unsere starke Ausrichtung auf den Standort Österreich und unser Ziel, die regional nachhaltige Hausbank des Landes zu sein. Die Auszeichnung, aber auch das vergangene Jahr haben uns gezeigt, wie gut unser regionales Geschäftsmodell funktioniert. Denn die Nähe zu unseren Kundinnen und Kunden ermöglicht es uns, stets schnell und flexibel auf ihre Bedürfnisse einzugehen.“ Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin der Leitbetriebe Austria, fügte hinzu: „Besonders gepunktet hat die Volksbank Wien im diesjährigen Bewertungsprozess mit ihren umfassenden CSR-Maßnahmen, die zeigen, dass Nachhaltigkeit und Regionalität fest im Geschäftsmodell der Volksbank verankert sind.“

Foto: Alexander Felten

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Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien, und Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin der Leitbetriebe Austria

Digitaler Unternehmerdialog Der Umgang mit der Corona-Pandemie, die aktuelle Zinsentwicklung, die wirtschaftliche Lage, die Risikostrategien und Erwartungen der Banken, aber auch die künftige Rolle der Nachhaltigkeit waren Themen, über die die Volksbank Wien ihre Kommerzkunden im Rahmen eines Unternehmerdialogs infor-

mierte. Rund 180 Teilnehmer waren bei der Online-Veranstaltung dabei. Es referierten Generaldirektor Gerald Fleischmann, Volksbank-Förderexperte Stefan Tauchner, Nachhaltigkeitsexpertin Nicole Schillig sowie die Geschäfts- bzw. Kommerzkundenleiter Judith Schrammel und Thomas Rhein.


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Auszeichnung mit „Prix de Fonds“ Für ihren vorbildlichen Beitrag zum nachhaltigen Vermögensaufbau der Kunden hat die Volksbank Wien den „Prix de Fonds 2021“ in Gold von Union Investment erhalten. Der Preis wurde bereits zum 25. Mal vergeben. Generaldirektor Gerald Fleischmann und Bernhard Bregesbauer, Bereichsdirektor Filialen, nahmen die Auszeichnung im Beisein aller Regionaldirektoren von Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender Union Investment, und Bernd Schrott, Vertriebsdirektor Österreich Union Investment, entgegen. „Besonderer Dank gilt unseren Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb, die durch ihre exzellente Beratung diese Auszeichnung ermöglicht haben. Dieser Preis gebührt ihnen“, so Bregesbauer.

100-Jahr-Jubiläum in Purkersdorf Vor 100 Jahren ist der Grundstein für die heutige Volksbank in Purkersdorf als vertrauensvoller Partner in der Region gelegt worden. Drei Tische und Sessel, ein Trennpult, ein Aktenschrank und eine WertheimKassa waren die ursprüngliche Ausstattung in dem kleinen Bankraum. 1954 ist die Bank an den Hauptplatz übersiedelt (Bild), 2003 wurde das Gebäude umfassend modernisiert. „Unser Service hat also eine lange Tradition. Selbstverständlich verbinden wir es heute mit modernstem Banking“, so Filialleiter Stefan Seidel, der heuer auch sein 15-jähriges Jubiläum bei der Volksbank feiert. Wir gratulieren!

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Volksbank Wien

Energieberatung in der Region Baden An sechs Volksbank-Standorten in der Region Baden haben heuer bereits zum dritten Mal die Energieberatertage stattgefunden – wenn auch unter strengen Corona-Vorsichtsmaßnahmen. Kosteneffiziente Heizung und Kühlung, aber auch die optimale Dämmung sind wesentlich für den Klimaschutz und noch wichtiger für die eigene Geldbörse. Volksbank-Regionaldirektor Martin Heilinger ist daher nicht nur die kompetente Beratung der Kundinnen und Kunden bei klassischen Bankthemen, sondern auch zu Energiefragen ein großes Anliegen. Die Energieberatung mit dem Land Niederösterreich wurde diesmal von Gerhard Los übernommen, der sein Wissen als Bau-, Energie- und Mobilitätsberater weitergab. „Es ist wichtig, sich bereits in der frühen Planungsphase mit Energiethemen auseinanderzusetzen. Beim Neubau beginnt

das schon mit der Ausrichtung des Hauses, der Gebäudegeometrie und der Anordnung der Räume. Sobald der Entschluss zum Bau oder zur Sanierung gefasst wird, ist der optimale Zeitpunkt, eine Energieberatung in Anspruch zu nehmen“, rät der Experte. Wichtig sei auch, sich über Förderungen zu informieren: Das Land Niederösterreich biete großzügige Beiträge an, welche sowohl die Einmalkosten als auch die Zinsbelastung reduzieren oder gar neutralisieren. Regionaldirektor Heilinger: „Förderungen verbinden Klimaschutz mit finanziellen Zuwendungen und sollten im Eigeninteresse und im Interesse des Planeten sowie der Zukunft unserer Kinder genutzt werden.“ Marc Ivankovits, Wohnbauexperte der Filiale Baden, ergänzt: „Mit der unabhängigen Beratung durch das Land und dem Fachwissen unserer Wohnberater ermöglichen wir Bauinteressenten, ihren Wohntraum optimal zu verwirklichen.“

V. l. n. r.: Die Kunden Barbara und Christoph Barfuss, Volksbank-Wohnbauexperte Marc Ivankovits, Energieberater Gerhard Los und Regionaldirektor Martin Heilinger


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Neueröffnung der Filiale in Pernitz Nach dreimonatigem Umbau erstrahlt die Volkbank-Filiale in Pernitz seit Mai in neuem Glanz. Der modern ausgestattete Standort verfügt nun über eine großzügige Selbstbedienungszone mit Ein- und Auszahlungsgeräten, Indoor-Bankomat, Kontoauszugsdruckern samt Überweisungsfunktion, Münzrollenspender und Münzzählautomaten sowie über sechs Beratungszimmer, einen Servicearbeitsplatz und mehrere Kundenparkplätze. „Schon beim Betreten der modernisierten Räumlichkeiten spürt man, dass hier Menschen mit Menschen umgehen, Bankberater für alle Kundenbelange greifbar sind und der Kunde im Vordergrund steht“, so Filialleiter Thomas Krenn über den gelungenen Umbau. Im Rahmen einer kleinen

Eröffnungsfeier vor der Filiale fanden sich Vertreter der Gemeinde und Kirche sowie der Volksbank ein – unter anderem kamen Rainer Borns, Vorstandsdirektor der Volksbank Wien, Viktor Strebinger, Vorstandsdirektor der VB Niederösterreich Süd eG, Aufsichtsrat Josef Schönthaler, Bernhard Bregesbauer, Bereichsleiter Filialen der Volksbank Wien, Regionaldirektorin Andrea Kovacs-Wöhry und Wirtschaftskammer-Bezirksstellenobmann Erich Panzenböck. Für die Kunden gab es beim Glücksrad Goodies und Gutscheine aus der Region zu gewinnen. Damit unterstützte die Volksbank die regionale Wirtschaft in Pernitz. Auch der Umbau wurde großteils von regionalen Unternehmen ausgeführt.

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Volksbank Salzburg

Generalversammlung mit sozialem Engagement Unter strengen Corona-Auflagen, mit eigener Teststraße und im kleinstmöglichen Rahmen hat Ende April die Generalversammlung der Volksbank Salzburg im Pitter Event Center stattgefunden. In seinem Rückblick berichtete Generaldirektor Andreas Höll über ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Jahr 2020: Trotz der vielen Einschränkungen durch die CoronaPandemie sei das Ergebnis erfreulich. Nach den Wahlen und Beschlussfassungen bedankte sich die Volksbank bei Kommerzialrat Simon Kornprobst: Er begleitete die ehemalige Volksbank Friedburg-Straßwalchen und später die Volksbank Salzburg in verschiedenen Funktionen – zuletzt als Mitglied des Aufsichtsrats. In Anerkennung seiner Leistungen und seines Engagements für die Volksbank überreichte ihm ÖGVVorstand Robert Makowitz die SchulzeDelitzsch-Medaille in Gold.

Zum Abschluss der Generalversammlung drehte sich alles um das soziale Engagement der Bank: Das Diakoniewerk Salzburg erhielt eine besondere Spende in Form eines neuen Autos für das Projekt „Diakonie.mobil“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Initiative pflegen hilfsbedürftige Menschen zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung.

Generaldirektor Andreas Höll (re.) bei der Übergabe der Autospende an das Diakoniewerk Salzburg

Livestream aus dem bankeigenen Studio Mitte Mai ist erstmals eine Online-Veranstaltung via Livestream aus dem hauseigenen „Fernsehstudio“ der Volksbank Salzburg über die Bühne gegangen. Die Video- und Lichttechnik der Bank wurde aufgrund des Entfalls von Präsenzveranstaltungen nicht gebraucht und eignete sich bestens als Basis für ein Studio mit Greenscreen-Technik. Zur Premiere war Tom Ganschow – Vertriebsdirektor von Union Investment Austria – zu Gast und referierte zusammen mit Sandra Schmidbauer, stellvertretende Leiterin der Abteilung Vertriebsmanagement, zum Thema Immobilienfonds.

Sandra Schmidbauer (Volksbank-Ver triebsmanagement) im Studio (li.) und auf Sendung (re.)


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Testangebot direkt in der Bank Seit Anfang April gibt es für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Firmenzentrale der Volksbank Salzburg die Möglichkeit, sich direkt in der Bank auf Corona testen zu lassen. Gelungen ist das vor allem dank des Engagements der Abteilung Personalmanagement und zweier Mitarbeiter, die als freiwillige Rettungssanitäter in der Stadt Salzburg seit Jahrzehnten Dienst versehen. Beide wurden schon lange vor dem Start der betrieblichen Teststraße als Tester ge-

schult und brachten daher viel Erfahrung mit. Das Angebot wird von der Belegschaft – vor allem seit den Lockerungen im Mai – sehr gerne angenommen. Einen weiteren Beitrag zur Pandemiebekämpfung leistet die Volksbank Salzburg mit einem betrieblichen Impfprogramm, das zusammen mit der Wirtschaftskammer Salzburg initiiert wurde – auf diesem Weg konnten bereits zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft werden.

Volksbank Steiermark

Die Volksbank Steiermark modernisiert ihre Filialen unter dem Motto „Noch mehr Service für unsere Kunden“. Zwei Filialverbünde wurden im Mai und Juni bereits erfolgreich umgestellt. Das Konzept sieht neben dem neuen Berufsbild Servicemanager auch bauliche Maßnahmen für moderne Servicezonen in allen Filialen vor. Mit dem Umbau zählen ein Servicepult, ein „Hausbankerl“ und ein digitaler Infopoint zur Kernausstattung jeder Filiale. Die Ausrollung erfolgt in Etappen und wird im ersten Quartal 2022 flächendeckend abgeschlossen sein. Service beginnt dann bereits beim Betreten der Filiale mit einem Empfang durch den Servicemanager. Als „Empfangschef“ hilft er den Kunden bei den SB-Geräten, unterstützt als digitaler Botschafter und nimmt Telefon- und Terminvereinbarungen vor.

„Unsere Kunden sind begeistert, weil in den Servicezonen nicht SB-Geräte dominieren und man sich nicht selbst überlassen ist, sondern unser Servicemanager zur Seite steht, wenn Automaten nicht auf Anhieb selbsterklärend sind“, bilanziert Filialverbundleiter Manfred Reithofer nach dem Start in Gleisdorf und Weiz. Mit dieser Umstellung hat auch die klassische Kassa ausgedient. Bei Transaktionen, die vom Kunden nicht über ein SB-Gerät durchgeführt werden können, bietet der Servicemanager die passende Lösung. Dieser Helfer ist in größeren Filialen Montag bis Freitag von 8.30 bis 12.30 Uhr und von 14.30 bis 16.30 Uhr anzutreffen, in kleineren Filialen vormittags. Ergänzend stehen das Kundenservicecenter, das hausbanking und die SerServicemanagerin Verena Prem mit Manfred Reithofer, Filialverbundleiter Gleisdorf-Weiz vicezone zur Verfügung.

Foto: Volksbank Steiermark

Umstellung auf modernes Servicekonzept


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Volksbank Vorarlberg

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksbank Vorarlberg zeigen sich solidarisch mit Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, und helfen rasch und unbürokratisch: Am 10. Mai verließ ein Kleintransporter mit Sachspenden die Bankzentrale in Rankweil in Richtung der FrauenNotwohnung des ifs Vorarlberg. Frauen, die aufgrund von häuslicher Gewalt aus ihrem Zuhause fliehen müssen, können oft nur wenige persönliche Gegenstände mitnehmen. Umso wichtiger ist es, dass diese Frauen und ihre Kinder danach we-

nigstens mit notwendigen Dingen wie Hygieneartikeln, Bettwäsche und Spielzeug ausgestattet werden. „Hier haben unsere Mitarbeiter angesetzt und fleißig gesammelt sowie eingekauft. Der gesellschaftliche Förderauftrag, der uns als regionale Genossenschaftsbank prägt, wird auch von unseren über 250 Angestellten ernst genommen und gelebt“, freut sich Gerhard Hamel, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Vorarlberg. So konnten viele Sachspenden an Anja Natter, Leiterin der ifs-FrauenNotwohnung, übergeben werden, die sich herzlich für die Unterstützung bedankte.

Foto: Michael Siblik

Spende für Frauen in Not

Übergabe der Spenden: Lara Hanslik (Volksbank), Anja Natter (ifs) und Mirjam Pfundt-Kempkes (Volksbank)

Exklusive Gewinne für Premium-Mitglieder

Foto: Michael Siblik

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Wolfgang Walter, Bereichsleiter Privatkunden, und Jochen Auer, Leiter der Filiale Vorderland, bei der Überreichung des Hauptpreises an die langjährige Kundin und Miteigentümerin Klaudia D. aus Röthis

Unter dem Titel „Gut für Sie. Gut für die Region.“ hat die Volksbank Vorarlberg ein exklusives Gewinnspiel für Premium-Mitglieder gestartet: Einen Monat lang wurde per wöchentlichem Newsletter eine Gewinnfrage gestellt. Für die richtigen Antworten winkten Einkaufsgutscheine von Skinfit und des Biolebensmittelhändlers „…natürlich Bio“, VIP-Karten für ein Spiel des SCR Altach und Verwöhngutscheine mit Wellness und Dinner des Alpencamping Nenzing. Als Hauptpreis wurde ein Fondssparer im Wert von 500 Euro inklusive kostenloser Depotführung für ein Jahr verlost. Für alle Basic- oder Nicht-Mitglieder bestand vor Aktionsstart die Möglichkeit, Anteile für

eine Premium-Mitgliedschaft – ab zehn Geschäftsanteile zu je 15 Euro – zu erwerben oder aufzustocken, um ebenfalls teilnehmen zu können. Die Bilanz: Insgesamt wurde im Aktionszeitraum neben den üblichen Mitgliederzeichnungen ein Nettozuwachs von rund 13.000 Euro an Geschäftsanteilsvolumen verzeichnet. Profitiert haben auch die Kooperationspartner der Aktion: „Entsprechend dem genossenschaftlichen Grundgedanken wollten wir unseren regionalen Partnern eine Plattform für ihre Produkte und Leistungen bieten“, so Gerhard Hamel, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Vorarlberg.

Filiale Lustenau wird zur regionalen Plattform Mit der Umwandlung ihrer Bankfilialen in Kommunikationsplattformen beschreitet die Volksbank Vorarlberg neue Wege in der regionalen Bankbranche. Sie schafft damit Orte, die zum Netzwerken einladen und gleichzeitig hohe Service- und Beratungsqualität bieten. Um dieses Konzept umzusetzen, erhielt nun auch die Filiale in Lustenau ein modernes Refresh mit einem offenen Foyer, das auch Platz für einen Loungebereich bietet. So wird die Bank wieder etwas Alltägliches – ein Treffpunkt in der Region, der den Kunden der Volksbank Vorarlberg einen Mehrwert bietet. Die umgestaltete Filiale lässt sich auch für Veranstaltungen oder als Raum für Kunst und Kultur nutzen. Nach dem Standort am Marktplatz in Dornbirn und in Götzis ist dies bereits die dritte Bankstelle, die auf das neue Konzept umgestellt wurde. Alle Projekte wurden mit regionalen Handwerksbetrieben realisiert.


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Volksbank Tirol

Großes Interesse an Online-Anlage-Forum Als Hausbank möchte die Volksbank Tirol gerade in diesen Zeiten für ihre Kunden da sein und sie bestmöglich unterstützen. Sie setzt dabei auch stark auf Kommunikation. Daher fand am 18. Mai bereits das dritte digitale Anlage-Forum statt. anker im Portfolio sein. Ein entsprechender Anteil an Sachwertanlagen gehöre als wichtiger Baustein in ein gut strukturiertes Vermögen, erläuterte Marc Harms, Mitglied der Geschäftsführung von Union Investment Austria. „Der österreichische Immobilienmarkt zeigte sich bisher sehr krisenresistent, und auch die dauerhaft niedrigen Zinsen beflügeln die Nachfrage nach Immobilien weiter“, so Harms. „Unsere Anlagespezialisten können Ihnen

Foto: MEro

Bei der Online-Veranstaltung in Kooperation mit Union Investment erhielten die rund 400 interessierten Teilnehmer Informationen zum Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage, außerdem wurde der österreichische Immobilienmarkt aus der Anlegerperspektive beleuchtet. Umweltschutz, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit rücken zunehmend in die Gedankenwelt der Anleger und prägen immer stärker ihr Handeln. Johannes Böhm, verantwortlich für die Bereiche ESG-Integration im Rentenmanagement, ESG-Daten und Green Bonds bei Union Investment, bot via Live-Zuschaltung aus Frankfurt interessante Einblicke, wie Nachhaltigkeit im Einklang mit der Vermögensveranlagung stehen kann. Was Nachhaltigkeit für die Volksbank Tirol bedeutet, erläuterte Regionaldirektor Josef Tratter, der auch als Moderator durch den Abend führte: „Die Volksbank Tirol ist eine rein österreichische Bank, die nahezu ausschließlich am österreichischen Markt tätig ist und keine ausländischen Aktionäre hat. Erfolgreiche Kooperationen mit nachhaltigen Produktpartnern und kurze Wege durch die Ausrichtung in der Region machen sie zur regional nachhaltigen Bank. Unsere Aktivitäten sind auf langfristigen, stabilen Erfolg ausgerichtet. Der Mensch, sei es als Mitarbeiter, als Kunde oder als Bewohner unserer Region, steht für uns im Mittelpunkt.“ Auch Investments in Immobilien können in herausfordernden Zeiten ein Stabilitäts-

Volksbank-Regionaldirektor Josef Tratter (li.) und Marc Harms, Mitglied der Geschäftsführung von Union Investment Austria, freuen sich über ein gelungenes Digital-Event

derzeit exklusiv ein begrenztes Kontingent von Immobilieninvestments unseres Partners Union Investment anbieten“, ergänzte Volksbank-Regionaldirektor Tratter.


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Volksbank Akademie

Auszeichnung für „Hausbank“-Lernformat Neuerlicher Erfolg für die Volksbank Akademie beim internationalen E-Learning-Award: Nach den Siegen in der Kategorien „Blended Learning“ im Jahr 2018 und „Virtual Reality“ im Jahr 2019 setzte sich die Aus- und Weiterbildungseinrichtung der Volksbanken beim diesjährigen Wettbewerb im Bereich „Learning Experience“ durch. „Die neue Auszeichnung ist der beste Beweis dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn wir innovative digitale Lernmethoden mit den Volksbank-Kernwerten Regionalität, Kundennähe und Vertrauen kombinieren“, so Barbara Czak-Pobeheim, Geschäftsführerin der Volksbank Akademie. Von der Jury ausgezeichnet wurde das Projekt „Hausbank der Zukunft“, das von der Volksbank Akademie, den Volksbanken, dem ÖGV und dem E-Learning-Dienstleister CREATE.21st century gestaltet wurde. Dabei handelt es sich um ein periodisches Lern-

und Informationsmedium, das den VerbundMitarbeitern über die zentrale Lernplattform Moodle bereitgestellt wird. Mit zwei neuen Schulungen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Genossenschaft hat der Volksbanken-Verbund bereits die nächsten Schulungsprojekte in Angriff genommen, wobei hier die Teilnahme für alle Angestellten verpflichtend ist. „Es ist mir ein persönliches Herzensanliegen, dass alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unsere Werte und Unternehmenskultur nicht nur kennen und verstehen, sondern auch verinnerlichen und sich untereinander dazu austauschen“, so Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien.

Immo-Contract

Verkauf an Soravia-Tochter Adomo Die Immo-Contract, vor 30 Jahren als Immobilienbüro im Volksbanken-Verbund gegründet, wird verkauft. Neuer Eigentümer ist die Adomo Beteiligungs GmbH, eine Tochtergesellschaft der Soravia-Gruppe. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien, sieht diesen Schritt als konsequente Fortsetzung der Strategie des Volksbanken-Verbundes: „Wir konzentrieren uns auf die Kundenberatung, bei der unsere Kundennähe und das langjährige Vertrauen die Erfolgsbasis sind. Im Produktbereich setzen wir vielfach auf bewährte Partner wie Union Investment, TeamBank und ERGO. Nun ergibt sich die Chance, ge-

meinsam mit Adomo die Produktpalette im Immobilienbereich weiterzuentwickeln.“ Mit dem Deal wurde eine Zusammenarbeit beschlossen, bei der die Volksbank-Kunden durch schnellen und direkten Zugang zu einem noch größeren Angebot und zusätzlicher Expertise profitieren sollen. Neuer Geschäftsführer der Immo-Contract wird Sascha Haimovici, der langjährige CEO des Adomo-Maklerunternehmens IVV. Für Adomo ist der Kauf der Immo-Contract ein wegweisender Deal: „Gerade unsere Investoren-, Immobilien- und Bauträgerprodukte wie Bauherrenmodelle der Soravia-Gruppe können künftig verstärkt auch Kundinnen und Kunden der Volksbanken angeboten werden“, so CEO Matthias Wechner.


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ERGO

Innovative Schwerpunkte, Kampagnen und Produkte Viel Neues gibt es beim VolksbankenPartner ERGO: Die fondsgebundene Lebensversicherung „ERGO fürs Investment“ ist erfolgreich gestartet, ebenso eine große Werbekampagne. Und noch bis Ende Juli läuft eine Hilfsaktion für Österreicher in Not. Mit dem Thema „Vermögensweitergabe und Generationenvorsorge mit Lebensversicherungen“ wurde ein Schwerpunkt für die Zielgruppe 50+ gestartet. Lebensversicherungen punkten hier mit Steuervorteilen und dem namentlichen Bezugsrecht im Ablebensfall, wodurch das Kapital nicht in die Verlassenschaft fällt und sofort zur Verfügung steht. Dazu gab es ein gemeinsames Online-Event mit der Volksbank Wien. Der Talk mit Andreas Wolfertsberger (Vertriebsleiter Kooperation Volksbanken der ERGO) und Notar Clemens Fritsch unter der Moderation von Helmut Wurian (Volksbank Wien) war ein voller Erfolg. Erfolgreich gestartet ist auch „ERGO fürs Investment“, eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Einmalprämie, lebenslanger Laufzeit und ohne Gesundheitsfragen. Das Produkt wartet mit einer Top-Fondspalette von Union Investment auf. Im Mai und Juni war ERGO zudem mit einer großen Plakat- und Online-Kampagne in Österreich präsent. Besondere Eyecatcher waren ein Megaboard an der Wiener Votivkirche und eine im ERGO-Look gestaltete Straßenbahn. Und schließlich unterstützt ERGO auch die gemeinsame Initiative des ORF und sechs führender Hilfsorganisationen „Österreich hilft Österreich“. Ziel ist es, jene Menschen, die sich aufgrund der Coronakrise in einer

Notlage befinden, durch Spenden abzusichern und finanziell zu unterstützen. Noch bis 31. Juli spendet ERGO für jede abgeschlossene Lebens-, Unfall- und „Sonderklasse nach Unfall“-Versicherung mit laufender Prämie zehn Euro an „Österreich hilft Österreich“. Die Kunden zahlen nichts extra, tun aber mit ihrer Vorsorge nicht nur sich selbst, sondern auch Menschen in Not etwas Gutes. Mehr Informationen zur Hilfsaktion gibt es auf helfen.at/projekte.

Gemeinsames Online-Event zur Vermögensweitergabe mit der Volksbank Wien

ERGO unterstützt die Aktion „Österreich hilft Österreich“

ERGO im Großformat an der Fassade der Wiener Votivkirche

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CIBP

Neuer Präsident gekürt Die Internationale Volksbankenvereinigung (CIBP) hat einen neuen Präsidenten: Marco Aurélio Almada (Bild), CEO der brasilianischen Sicoob-Gruppe, wurde vom Exekutivkomitee für die nächsten drei Jahre an die Spitze gewählt. Der bisherige Präsident, Alain Declercq, bleibt der Vereinigung als Vize erhalten. Sicoob ist mit über 3.400 Filialen und mehr als fünf Millionen Mitgliedern der zweitgrößte Finanzdienstleister des südamerikanischen Landes.

APA

Clemens Pig und Karin Thiller an Spitze bestätigt

Foto: APA/Hans Klaus Techt

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Die APA-Gremien haben die Funktionsperioden von Clemens Pig, Vorsitzender der Geschäftsführung und geschäftsführender Vorstand, sowie Karin Thiller, Geschäftsführerin, erneut verlängert. Pig (46) wurde damit bis 2026 und Thiller (60) bis 2024 in der Unternehmensführung der genossenschaftlichen Nachrichtenagentur bestätigt. APA-Vorstandsvorsitzender Hermann Petz und Aufsichtsratsvorsitzender Alexander Wrabetz bezeichnen die Wiederbestellung als folgerichtigen Schritt: „Die APA-Führung hat das Unternehmen bereits in den vergangenen Jahren mit strategischem Weitblick und Innovationskraft konstant durch die bewegten Zeiten des digitalen

Wandels geführt. Wir freuen uns, die APA als wichtigen Nachrichten- und Technologieprovider sowie als neutrale Plattform für medienübergreifende Zusammenarbeit weiterhin in den Händen von Clemens Pig und Karin Thiller zu wissen.“ Pig und Thiller zeigten sich anlässlich ihrer Wiederbestellung erfreut: „Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen. Die APA hat einen tollen, innovativen Spirit. Wir freuen uns, gemeinsam mit dem hervorragenden APA-Team die digitale Transformation der NachrichtenagenturGruppe weiterhin voranzutreiben und so die redaktionelle und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Unternehmens auch zukünftig sicherzustellen.“


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INSIDER

Brauerei Murau

Gerste aus regionaler Landwirtschaft Einen wichtigen Rohstoff für Bier stellt die Braugerste dar, die für die Genossenschaftsbrauerei Murau bisher zur Gänze in Niederösterreich angebaut wurde. In Zukunft kann Murauer Bier einen Teil der benötigten Gerste aus dem heimischen Murtal beziehen. Dieser Meilenstein in Sachen Nachhaltigkeit und regionaler Wertschöpfung wurde durch den Saatbauverein Murboden gemeinsam mit der Brauerei Murau gelegt, die in enger Kooperation mit zwölf Landwirten, Lagerhaus, Landwirtschaftskammer und dem Malzhersteller Stamag für einen ökologischen Kreislauf sorgen: Die Zirkulation beginnt mit der Aussaat, Pflege und Ernte durch die Landwirte, welche die Braugerste dem Lagerhaus liefern, das sie wiederum nach rund zweimonatiger Lagerung zur Stamag transportiert, damit dort die Braugerste zu Malz verarbeitet wird. Da bei der Bierherstellung in Murau sogenannte Treber abfallen, die zur Verfütterung an Milchkühe verwendet werden, schließt

sich der Kreislauf mit der Düngung am Feld der Landwirte. Ziel des Braugerstenprojekts im Murtal ist es, in fünf Jahren 300 Hektar Braugerste anzubauen. „Mit diesem innovativen Projekt können wertvolle Synergien geschaffen und genutzt werden, die eine nachhaltige Stärkung für die Region und die Brauerei bedeuten“, freut sich der geschäftsführende Murauer-Vorstand, Josef Rieberer. „Die Vorteile dieser Kooperation liegen auf der Hand: Landwirte werden gestärkt, Transportwege verkürzt, Lieferantenstrukturen gesichert, Identität gefestigt – und das Geld bleibt in der Region“, erklärt der Obmann des Saatbauvereins Murboden, Karl Grantner. „Die Brauerei Murau ist nicht nur die erste grüne Brauerei Europas, sie setzt mit dem innovativen Braugerstenprojekt auch ein weiteres starkes Zeichen für mehr Nachhaltigkeit und Regionalität“, zeigt sich Nachhaltigkeits-Landesrat Hans Seitinger davon begeistert, dass in Zukunft noch mehr Zutaten für das Murauer Bier aus der Region kommen.

V. l. n. r.: Karl Grantner (Saatbauverein Murboden), Wolfgang Angeringer (Landwirtschaftskammer), Landesrat Johann Seitinger, Bauernbunddirektor Franz Tonner, Murauer-Geschäftsführer Josef Rieberer, Karl-Heinz Hölzl (Lagerhaus) und Murauer-Vorstand Franz Sampl

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BUCHTIPPS

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Buchtipps Johannes P. Gruber Österreichisches Kartellrecht Manz, 3. Auflage 1.532 Seiten € 280,– Das Kartellrecht stellt ein äußerst umfangreiches und komplexes Rechtsgebiet dar und ist in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens zu berücksichtigen. Die dritte Auflage der Großen Gesetzausgabe „Österreichisches Kartellrecht“ von Johannes P. Gruber bietet eine umfassende aktualisierte Übersicht über die bisherige kartellrechtliche Rechtsprechung. In der Neuauflage werden vor allem das Kartellgesetz 2005 (inklusive KaWeRÄG 2017 und VKI-Finanzierungsgesetz 2020), das Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetz sowie Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und die Verordnung (EG) Nr 1/2003 dargestellt. Inhalt des Werkes sind auch das Handbuch zur Kronzeugenregelung der Bundeswettbewerbsbehörde und die EU-Fusionskontrollverordnung. Die lückenlose Aufbereitung der relevanten Judikatur und Literatur zum Kartell- und Wettbewerbsrecht seit 1952 ermöglicht ein sehr präzises Arbeiten bei der praktischen juristischen Tätigkeit. Die Neuauflage enthält über 5.500 Leitsätze. Die detaillierten Gliederungen zu jeder Bestimmung erleichtern ein rasches Auffinden der passenden Entscheidungen, weitere Hilfestellungen bieten das klar strukturierte Stichwortverzeichnis und Hunderte Querverweise. Zudem finden sich viele wertvolle Anmerkungen des Autors zu den Leitsätzen. Johanna Thalhammer

Klaus Hübner, Herbert Houf (Hrsg.) Handbuch Musterschriftsätze für Steuerberater Manz, 2. Auflage 862 Seiten € 218,– Im Zuge der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeiten ergeben sich zahlreiche Berührungspunkte mit unterschiedlichen Behörden. Von der Anzeige der Tätigkeit über allfällige Änderungen bis hin zu Bescheidbeschwerden spannt sich der Bogen der schriftlichen Kontakte mit den verwaltungsbehördlichen Institutionen. Dabei ist in vielen Fällen nicht nur der sachliche Inhalt von Bedeutung, sondern auch der


BUCHTIPPS

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formelle Aufbau. Das vorliegende Handbuch behandelt in 16 Kapiteln die Themen Steuern (Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer, Umgründungssteuerrecht, Internationales Steuerrecht), Vereine im Abgabenrecht, Arbeits- und Dienstverträge sowie Sozialversicherung einschließlich Verfahrensrecht. Dabei werden alle Schritte rund um die Einhebung der Abgaben, die ordentlichen Rechtsmittel und sonstige Maßnahmen, das Finanzstrafrecht und das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof dargelegt. Die jeweiligen Mustertexte sind mit den gesetzlichen Verweisen und umfassenden theoretischen Erläuterungen versehen, sodass eine Anpassung an den jeweiligen Einzelfall leicht möglich ist. Franz Groß

Jan Wilhelm Kapitalgesellschaftsrecht – Mit Grundzügen des Kapitalmarktrechts De Gruyter, 5. Auflage 882 Seiten € 39,95 In einem genossenschaftlichen Verbund ist als Rechtsform sehr oft bei Zentralinstituten die AG, bei Tochtergesellschaften die GmbH anzutreffen. Das in fünfter Auflage vorliegende Studienbuch von Jan Wilhelm, emeritierter Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Passau, erlaubt wertvolle Einblicke in das Recht der Kapitalgesellschaften innerhalb des deutschen Privatrechts, das für Österreich aufschlussreiche Analogien bietet. Nach zwei unter anderem rechtssystematisch, rechtsgeschichtlich und mit Bezug zum europäischen Recht einführenden Kapiteln folgen Gründung, Schutz des Vermögens und Kapitalmaßnahmen. Die Mitgliedschaft leitet zum Kapitalmarktrecht und der Stellung von Aktionär und Aktie im Markt über. Fragen zu Gesellschafterverantwortung, Corporate Governance und Shareholder Value schließen sich an und eröffnen die Analyse der Organe. Weiters sind eigene Kapitel der KGaA, dem Konzernrecht und der Rechnungslegung gewidmet. Der wie ein Gesetzeskommentar mit Randnummern bezifferte Text schließt mit der Beendigung der Gesellschaften sowie ihrer Umwandlung und bietet ein Entscheidungs- und ein Sachregister. Holger Blisse

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BUCHTIPPS

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Buchtipps Bettina Sabara Rechtsratgeber: Ein Kind kommt LexisNexis, 5. Auflage 228 Seiten € 38,– Seit vielen Jahren stellt „Ein Kind kommt“ einen sehr praxisorientierten und verlässlichen Rechtsratgeber auf dem Markt für alle Fragen vom Beginn der Schwangerschaft über die Karenz und Elternteilzeit bis hin zur Bildungskarenz und zu finanziellen Ansprüchen dar. Das Werk bietet auf kompakte Weise Ausführungen zu allen Aspekten dieser Themen. Auch in der aktuellen Auflage finden sich zahlreiche Praxistipps, Beispiele und Checklisten. Diese erleichtern sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer den Umgang mit diesem Rechtsgebiet. Zudem enthält das Buch Musterformulare für den Schriftverkehr mit Behörden sowie die wichtigsten Gesetzesauszüge. Der Ratgeber wurde mit der fünften Auflage wieder auf den neuesten Stand gebracht, die gesetzlichen Änderungen der letzten Jahre sowie interessante und praxisrelevante Entscheidungen der Gerichte wurden berücksichtigt – so zum Beispiel der neue § 1a Väterkarenzgesetz, wonach Väter nunmehr einen Anspruch auf Freistellung anlässlich der Geburt eines Kindes haben („Papamonat“). Eine weitere Neuerung ist die Anrechnung der Karenzzeiten auf sämtliche dienstzeitabhängigen Ansprüche für Geburten seit dem 1. August 2019. Johanna Thalhammer

Reinhard Bayer, Andrea Bayer GBG – Grundbuchsgesetz Linde 568 Seiten € 98,– Die vorliegende Entscheidungssammlung mit Praxisanmerkungen zum Grundbuchsgesetz und den thematisch zugehörigen Gesetzen bildet eine sinnvolle Ergänzung zu den am Markt befindlichen Kommentaren und Lehrbüchern. Zu jedem Paragrafen finden sich Anmerkungen der Autoren und die aktuellsten Entscheidungen zur gesetzlichen Bestimmung. Dies stellt einen großen Vorteil etwa gegenüber der Entscheidungssammlung der Arbeitsgemeinschaft der Grundbuchsrechtspfleger dar, welche chronologisch ge-


BUCHTIPPS

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ordnet ist. Mehr als 1.700 Entscheidungen zum Grundbuchsrecht der letzten zehn Jahre haben die Autoren im Buch erfasst. So können die mit Grundbuchsfragen befassten Juristen und Praktiker schnell und effizient feststellen, ob es zu dem von ihnen zu beurteilenden Sachverhalt ähnlich gelagerte Sachverhalte gibt, die bereits vom OGH oder einem der Landesgerichte beurteilt wurden. Christiane Lewisch

Wolfram Hitz, Florian Schrenk Homeoffice-Gesetz inklusive Erwägungsgründe Facultas 140 Seiten € 20,– Unmittelbar nach Veröffentlichung des neuen HomeofficeGesetzes ist die vorliegende Gesetzessammlung von Wolfram Hitz und Florian Schrenk erschienen. Das Werk beinhaltet sämtliche für das Homeoffice relevanten gesetzlichen Neuregelungen (AVRAG, ArbVG, DHG, ArbIG und ASVG), weiters auch maßgebliche Auszüge etwa aus ABGB, AZG, ARG, ASchG und EStG. Enthalten sind außerdem der Initiativantrag zum neuen Homeoffice-Gesetz samt Erläuterungen, die Mustervereinbarung der Sozialpartner und FAQs. Den Autoren eine systematisch übersichtliche Darstellung der Gesetze inklusive deren Erwägungsgründe sowie weiterer Hilfestellungen, die zu diesem frühen Zeitpunkt vorhanden waren, gelungen. Im Anschluss an diese Übersicht findet man die vom Arbeitsministerium veröffentlichten Leitfäden für mobiles Arbeiten und ergonomisches Homeoffice. Dana Schilling

Thomas Zäuner 1x1 der Immobilienverwaltung – Von der Liegenschaftsübernahme bis zur Abgabe Linde, 2. Auflage 228 Seiten € 34,– Gerade in Zeiten, in denen der Trend zur Veranlagung in Sachvermögen und insbesondere Liegenschaftsvermögen stetig zunimmt, gewinnt auch das Wissen um eine solide Im-

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ABO-BESTELLUNG

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Abo-Bestellung

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Herr

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Straße / Hausnummer

mobilienverwaltung an Bedeutung. Das vorliegende Buch stellt die wichtigsten Schritte von der Verwaltungsübernahme über die laufende Verwaltung bis hin zur Abgabe bzw. Übergabe dar. Penibel genau wird auf alle Vorbereitungshandlungen wie etwa die Bestandserhebung im Grundbuch inklusive aller Verträge eingegangen. Es folgen die vertragliche Übernahme der Verwaltung und die praktische Übernahme von Daten und Unterlagen der vorhergehenden Verwaltung. Es fehlen auch nicht jene Punkte, die zu beachten sind, wenn eine Liegenschaft erstmalig in die Verwaltung übernommen wird. Der Hauptteil beschäftigt sich mit allen wesentlichen Teilen der laufenden Verwaltung. Bestandsverträge werden in allen rechtlichen und gebührenrechtlichen Facetten beleuchtet. Die laufenden Verträge und deren Wartung kommen dabei nicht zu kurz. Auch das Verhältnis zum Wohnungseigentümer, die Themen Leerstand, Streitigkeiten, Liegenschaftsänderungen, Haustechnik und Buchhaltung finden sich in den Erläuterungen. Der Anhang enthält nützliche Musterformulare wie Mietvertrag nach ABGB, Übergabeprotokoll, Umbauvereinbarung, Prekarium oder Rücknahmeprotokoll. Das Buch gibt in kompakter und übersichtlicher Gliederung alle wichtigen und wiederkehrenden Aufgaben aus der Sicht einer Immobilienverwaltung wieder. Der Aufbau bildet aber auch für Eigentümer alle wichtigen Prozesse ab, die von der Überprüfung der Liegenschaft vor Erwerb, der tatsächlichen Eigentumsübertragung und der folgenden Verwaltung bis hin zu einer allfälligen Übertragung etwa durch Verkauf reichen. Franz Groß

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NEUES VON GESTERN

Damals vor 100 Jahren So wie der ÖGV selbst blickt auch sein Verbandsmagazin auf eine lange Tradition zurück: Beide gibt es – wenn auch unter anderem Namen – seit 1872. Der Vorgänger des „cooperativ“ hieß „Die Genossenschaft“. Für die Rubrik „Damals vor 100 Jahren“ öffnen wir unsere Archive und blicken zurück. Wir bringen Wissenswertes, aber auch Schmankerl von anno dazumal. 1920 hatte die Gewerbe- und Genossenschaftsbank AG eine Kapitalerhöhung von sechs Millionen Kronen beschlossen. Angesichts der anhaltenden Inflation erwies sich dieses Volumen aber rasch als unzureichend. Auf Initiative des niederösterreichischen Gewerbevereins sollte die nächste Hauptversammlung daher die Erhöhung des Aktienkapitals um weitere 60 Millionen Kronen beschließen, um das Institut für die verstärkte Zusammenarbeit mit den vielen Genossenschaften des Allgemeinen Verbandes zu stärken. Diese wurden zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung aufgefordert und erhielten ihre Subskriptionseinladung mit den besten Empfehlungen der Anwaltschaft. Das Gewerbeförderungsamt sucht einen Experten im Fachgebiet Genossenschaftswesen

Als Literatur empfahl die Redaktion der „Genossenschaft“ die Ausführungen von Ernst Ruzicka, der für ein Ende der Kronenwährung plädierte. Unter dem Titel „Durch Abwertung zur Konsolidierung“ argumentierte er, dass eine sofortige Abwertung der Währung automatisch zu einem neuen volkswirtschaftlichen Gleichgewicht von Ein- und Ausfuhren führe, und verwies auf Parallelen zum Staatsbankrott von 1811. Er stellte sich damit gegen politische Wunschvorstellungen, die Währungsturbulenzen auf andere Weise zu beenden. Aus dem Ausland wurde berichtet, dass Polen ein neues Genossenschaftsge-

setz verabschiedet hatte, das im Kern an das deutsche Gesetz angelehnt war. Das polnische Regelwerk hatte aber auch interessante Abweichungen: Eine Behörde, namentlich der Genossenschaftsrat, sollte das Genossenschaftswesen vorantreiben, den Verbänden das Revisionsrecht verleihen und die Regierung bei gesetzlichen Vorhaben beraten. Die Genossenschafter hafteten nur gegenüber der Genossenschaft mit ihrer Einlage. Die bisher beim Amtsgericht geführte Mitgliederliste wurde durch eine am Sitz der Genossenschaft aufliegende Liste ersetzt. Außerdem durften Genossenschaften in Liquidation nach Abzug aller Verbindlichkeiten nur noch die einbezahlten Beträge und eine begrenzte Dividende ausschütten, der Rest musste gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden. Bestehende Genossenschaften hatten fur die Anpassung zwei Jahre Zeit. Das magistratische Bezirksamt sprach gegenüber dem Ersten Wiener Consumverein eine Strafe wegen Ofenputzens aus, da es sich dabei um eine gewerbliche Tätigkeit handle, wofür die Genossenschaft keine Konzession habe. Der Consumverein legte Rekurs ein und erhielt vor dem Wiener Landesgericht Recht. Ausschlaggebend für die Richter war, dass der Verein ausschließlich Mitgliedergeschäft betrieb und somit eine Selbstversorgung unter Unternehmern vorlag und die Genossenschaft diverse Haushaltswaren herstellen und verkaufen durfte, wobei die Instandhaltung derselben inbegriffen war. In der nächsten Ausgabe von „Damals vor 100 Jahren“ berichten wir über das Finanzund Währungsprogramm für den Wiederaufbau Österreichs sowie über einen diesbezüglichen Vortrag des Ökonomen Ludwig von Mises. Markus Rothenbach

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BEILAGE BILANZEN

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Volksbanken Holding e Gen, Bilanz zum 30. Juni 2020 mit Gegenüberstellung der Vorjahreszahlen in tausend Euro (T €) Aktiva:

A.

Anlagevermögen I.

B.

Finanzanlagen 1 . Beteiligungen Umlaufvermögen I.

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1 . sonstige Forderungen und Vermögensgegenstände davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr

II.

Guthaben bei Kreditinstituten

Stand am 30.6.2020 €

Stand am 30.6.2019 T€

100.176.295,00

60.776

500,00 0,00

0 0

113.535,60

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100.290.330,60

60.843

Volksbanken Holding e Gen, Bilanz zum 30. Juni 2020 mit Gegenüberstellung der Vorjahreszahlen in tausend Euro (T €) Passiva:

A.

Eigenkapital I. Gesamtnennbetrag der Geschäftsanteile 1 . Grundkapital II. Gewinnrücklagen 1 . andere Rücklagen (freie Rücklagen) III.

Bilanzgewinn davon Gewinnvortrag € 0,00; Vorjahr: 0 T€

Stand am 30.6.2020 €

Stand am 30.6.2019 T€

6.374.244,54

6.410

54.308.276,28

54.308

39.025.188,16 99.707.708,98

4 60.722

56.000,00

12

B.

Rückstellungen 1 . sonstige Rückstellungen

C.

Verbindlichkeiten 1 . sonstige Verbindlichkeiten davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr

414.285,58 0,00 414.285,58

22 22 0

davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr

0,00 414.285,58

22 0

112.336,04 100.290.330,60

88 60.844

D.

Rechnungsabgrenzungsposten 1 . sonstige


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BEILAGE BILANZEN

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Volksbanken Holding e Gen, Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2020/19 mit Gegenüberstellung der Vorjahreszahlen in tausend Euro (T€)

1.

Sonstige betriebliche Erträge a) Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen b) übrige

2.

Sonstige betriebliche Aufwendungen a) übrige Zwischensumme aus Z 1. bis 2. Erträge aus Beteiligungen Erträge aus der Zuschreibungen von Finanzanlagen Zwischensumme aus Z 4. bis 5. Ergebnis vor Steuern Ergebnis nach Steuern = Jahresüberschuss Jahresgewinn Bilanzgewinn

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

2020/19 €

2019/18 T€

8.000,00 224.988,61 232.988,61 0,00 0,00 0,00

2 243 245 0 0 0

-611.800,45 -378.811,84 4.000,00 39.400.000,00 39.404.000,00 39.025.188,16 39.025.188,16 39.025.188,16 39.025.188,16

-246 -1 4 0 4 3 3 3 3

Gesetzesverweis § 22 Abs. 2 GenG

Volksbanken Holding eG

Mitgliederstand, Geschäftsguthaben, Haftsumme (Anzahl bzw. in €) Nominalbetrag eines Geschäftsanteils

0,02 € Wert GA 1,00 Haftung einfache

Stand * 30.06.2019

ausscheidend

Stand ** 1.7.2019

Zugang

Abgang

Stand 30.06.2020

davon ausscheidend

davon verbleibend

37

4

37

0

4

33

0

33

320.485.908

1.773.687

320.485.908

0

1.773.687

318.712.221

0

318.712.221

Gesamtnennbetrag der Geschäftsanteile

6.409.718

35.474

6.409.718

0

35.474

6.374.244

0

6.374.244

darauf entfallende Haftsumme

6.409.718

35.474

6.409.718

0

35.474

6.374.244

0

6.374.244

Gesamtnennbetrag der Geschäftsanteile

6.409.718

35.474

6.409.718

0

35.474

6.374.244

0

6.374.244

0

0

0

0

0

0

0

0

6.409.718

35.474

6.409.718

0

35.474

6.374.244

0

6.374.244

Zahl der Mitglieder Zahl der Geschäftsanteile

ab: verrechnete Verluste mit den Geschäftsguthaben(‐) Summe Geschäftsanteile (lt. Passivseite der Bilanz) ab: eingeforderte, ausstehende Einlagen (lt. Aktivseite der Bilanz) Geschäftsguthaben

0

0

0

0

0

0

0

0

6.409.718

35.474

6.409.718

0

35.474

6.374.244

0

6.374.244

*) entspricht Stand Eröffnungsbilanz des Folgejahrs **) Stand Eröffnungsbilanz abzüglich Abgang der ausscheidenden Geschäftsanteile nach der 2 Jährigen Kündigungsfrist Der Abgang von 11 Mitgliedern beruht auf Fusionen (inkl. Korrektur Vorjahre) und ausscheiden von Organmitgliedern GA = Geschäftsanteil


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BEILAGE BILANZEN

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Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 2019/2020 Die Volksbanken Holding e.Gen. hält seit 6.7.2015 43,21% am Grundkapital und am stimmberechtigten Kapital der immigon portfolioabbau ag i.A. (ehemalige Österreichischen Volksbanken-Aktiengesellschaft „ÖVAG“). Der Zweck der Genossenschaft ist der Erwerb und insbesondere die Verwaltung der Aktien der immigon portfolioabbau ag i.A. (ehemalige Österreichischen VolksbankenAktiengesellschaft). Durch die einheitliche Stimmrechtsausübung für die Genossenschafter in der Hauptversammlung der immigon portfolioabbau ag i.A. wurde dem Genossenschaftszweck entsprochen. Die Genossenschaft umfasst per 30. Juni 2020 33 Mitglieder. Von den vier Mitgliedern, welche ihre Geschäftsanteile gekündigt haben, sind die Auseinandersetzungsguthaben (Aktien der immigon portfofoliabbau ag i.A. und der VB Wien AG) per 1.7.2020 fällig. Eine Übertragung der zugeordneten Aktien auf die ausgeschiedenen Mitglieder erfolgt nur unter der Bedingung, dass die damit verbundenen Verpflichtungen der Genossenschaft gegenüber der Republik Österreich von diesen Mitgliedern anteilig übernommen werden. Der vorläufige Verpflichtungsbetrag iHv. €°414.285,58 wurde im Jahresabschluss berücksichtigt. Die Erträge der Genossenschaft resultieren im Wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen in Höhe von € 224.988,61, Dividenden in Höhe von € 4.000,00 sowie aus der Auflösung von Rückstellungen im Ausmaß von € 8.000,00. Die Beteiligung an der immigon portfolioabbau ag i.A. wurde auf Basis des vorliegenden Bewertungsgutachtens und unter Berücksichtigung der Verpflichtung gegenüber der Republik Österreich um € 39.400.000,00 aufgewertet. Auf die Aktien der immigon portfolioabbau ag i.A. und der VB Wien AG wurde im Geschäftsjahr keine Dividende ausgeschüttet; von der VB Regio Invest AG erhielt die Genossenschaft eine Dividende iHv € 4.000,00. Die Sachaufwendungen iHv € 232.988,60 wurden durch die im Geschäftsjahr eingehobenen Mitgliedsbeiträge iHv € 337.324,65 zur Gänze abgedeckt. Der darüberhinausgehende Betrag wurde für das nächste Geschäftsjahr abgegrenzt. Der Aufwand für den Verpflichtungsbetrag der ausgeschiedenen Mitglieder findet in der Aufwertung der Beteiligung an der immigon portfolioabbau ag i.A. Deckung. Der ausgewiesene Bilanzgewinn soll iHv € 4.000,00 gemäß Satzung (Durchleitungsverpflichtung der Dividende der VB Regio Invest AG) an die VB Beteiligungsges.m.b.H. (VBBG) ausgeschüttet, und der Restbetrag von € 39.021.188,16 in die freie Rücklage eingestellt werden. Die Genossenschaft wird auch in Zukunft die Interessen der Mitglieder im Rahmen der Beteiligungsverwaltung (insbesondere der immigon portfolioabbau ag i.A.) bündeln und geschlossen nach außen hin vertreten. Wien, am 30. Oktober 2020 Der Vorstand Volksbanken Holding eGen

Dr. Rainer Kuhnle

Dr. Richard Ecker

Betr. oec. Gerhard Hamel

Mag. Markus Hörmann

Johannes Jelenik

DI Monika Cisar-Leibetseder

Mag. Andreas Höll

Ergebnisverwendungsbeschluss: Der ausgewiesene Bilanzgewinn soll iHv € 4.000,00 gemäß Satzung (Durchleitungsverpflichtung der Dividende der VB Regio Invest AG) an die VB BeteiligungsgesmbH. (VBBG) ausgeschüttet und der verbleibende Betrag von €°39.021.188,16 in die freie Rücklage eingestellt werden.


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