concerti Ausgabe West Februar 2018

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Rezensionen

Kontraste

Gegensätze

Schätze

Rachmaninow: Die Glocken & Sinfonische Tänze Chor & Symphonieorchester des BR Mariss Jansons (Leitung) BR Klassik

Weinberg: Violinkonzert, Kabalewski: Klavierfantasie & Cellokonzert B. Schmid (Violine), C. Huangci (Klavier), H. Krijgh (Cello), ORF Radio SO Wien, C. Meister (Ltg). Capriccio

Korngold: Symphonische Serenade op. 39 & Streichsextett op. 10 NFM Leopoldinum Kammerorchester Hartmut Rohde (Leitung) cpo

Rachmaninows auf einem Gedicht von Edgar Allan Poe basierenden, die Stationen des menschlichen Lebens reflektierenden Glocken beziehen ihren Reiz aus Kontrasten der pathetisch deklamierenden Solostimmen mit dem für die Entstehungszeit durchaus experimentellen, von Mariss Jansons wunderbar geschmeidig in den Klang eingebundenen, hochexpressiven Chorsatz. Große Gelassenheit herrscht dagegen bei der Wiedergabe der Sinfonischen Tänze. Hier werden die Melodielinien und Tanzrhythmen mit eher leichter Hand und großer Liebe zum Detail modelliert. (AF)

Das ORF Radio-Symphonieorchester vereint mit Kabalewski und Weinberg zwei politisch vollkommen unvereinbare Komponistenpersönlichkeiten und führt so mit einfühlsamem Orchesterspiel die erstaunliche Bandbreite russischer Nachkriegsmusik vor. Benjamin Schmid zeigt sich mit geradezu störrischer Introvertiertheit und fast magischer Eleganz als idealer Interpret des Weinberg-Konzertes, Claire Huangci hat die Virtuosität und Leichtigkeit für die Schubert-Paraphrase von Kabalewski, und Harriet Krijgh spielt das Cello-Konzert mit viel Enthusiasmus und schönem Ton. (EW)

Hartmut Rohde hat mit dem NFM Leopoldinum Orchestra aus Breslau zwei Schätze von Korngold geborgen. Die Symphonische Serenade aus den Vierzigerjahren verbindet Vitalität, Leichtigkeit und suggestive Klangfülle. Aus der Zeit als Wunderkind hingegen stammt das frühe Streichsextett, hier als Fassung für Streichorchester. Beides glänzend eingespielt: Unaufhörlich glühend, mit sorgsam gestalteter Phrasierung, klarer Linienführung und einer ausgefeilten dramaturgischen Anlage – und ohne sich in den lukullisch schwelgerischen Emotionen zu verlieren. Absolut souverän! (EW)

Feuer und Emphase

Liebes- und Sinneslust

Koloraturen und Rasanz

Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 R. Strauss: Burleske Joseph Moog (Klavier), Deutsche Radio Philharmonie, Nicholas Milton (Leitung) Onyx

La dolce vita – Arien, Madrigale & Concerti von Monteverdi Dorothee Mields (Sopran) Lautten Compagney deutsche harmonia mundi

Händel Arias Franco Fagioli (Countertenor) Il Pomo d’Oro Zefira Valova (Leitung) Deutsche Grammophon

Die Burleske von Richard Strauss gilt als eines der schwersten Klavierkonzerte. Immer wird die Interpretation zur Gewissensentscheidung: Farb­ rausch oder Mäßigung? Joseph Moog lässt sich langsam in die schwierigen Akkordbrechungen hineintreiben, dann gewinnt er neben der Deutschen Radio Philharmonie mehr Feuer und Emphase. Die feinen Klangreliefs und Modulationen von Johannes Brahms scheinen Joseph Moog und den ihn am Pult umschmeichelnden Nicholas Milton besser zu liegen. Nachtmahre bleiben bei dieser nebelmilden Einspielung außerhalb des Gesichtsfeldes. (RD)

Mields und die Lautten Compagney unter Leitung von Wolfgang Katschner, der auch Laute und Theorbe spielt, haben sich auf „La dolce vita“ ausschließlich Werke Claudio Monteverdis vorgenommen. Diese interpretieren sie mit aller Delikatesse und höchster Sinneslust, die den Hörer nicht wieder loslässt. Doch nicht nur weltliche Liebeslust wird beschworen, sondern auch Gottvater und seinem Sohn wird gehuldigt – mit gleicher Intensität und Farbigkeit. So kann das wohl nur ein italienischer Komponist in Töne setzen. Den deutschen Interpreten gelingt eine kongeniale Darbietung. (SN)

Es ist schwer zu entscheiden, was man an Fagioli mehr bewundert: Die Rasanz, mit der er sich das Repertoire der Kastraten und Rossinis heroische Mezzopartien erschließt, oder wie er Arien aus Giulio Cesare, Rinaldo und Imeneo aus Künstlichkeit in eine selbstverständliche Natürlichkeit zurückführt. Bronzene Farben glimmen aus den Rezitativen. Koloraturen in den höchsten Lagen durchmisst Fagioli mit männlicher Rundung und hat noch die Reserven, um auf die ihn mehr fordernden als schonenden Musiker zu reagieren. Eines der hörenswertesten HändelAlben der letzten Jahre. (RD)

20 concerti Februar 2018

Weitere Rezensionen finden Sie auch unter www.concerti.de


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