Nachrichten aus Israel 01/12

Page 20

20 HINTERGRUNDINFORMATIONEN AUS ISRAEL Nachrichten aus Israel • 01/2012

aufklärung

Israels geheimste Geheimdiensteinheit Nach dem Fiasko des Jom-Kippur-Krieges wurde im militärischen Nachrichtendienst eine geheime Einheit errichtet, die eine Wiederholung von 1973 verhindern soll. Jerusalem – Den Israelischen Verteidigungsstreitkräften (IDF) eilt ein hervorragender Ruf voraus. Das gilt für viele Einheiten und Zweige. Beim militärischen Nachrichtendienst war dies allerdings nicht immer der Fall. 1973 wurde Israel vom Jom-Kippur-Krieg überrascht und musste dafür einen schmerzlichen Preis zahlen. Daran trug nicht nur die damalige politische Leitung des Landes schuld, die im Vorfeld zu zögerliche Entscheidungen traf. Auch der militärische Nachrichtendienst verschlief damals im wahrsten Sinne des Wortes alle Anzeichen. Informationen wurden nicht richtig gedeutet oder erst gar nicht weitergeleitet. Israel hat daraus gelernt, dass dem Land so etwas nicht noch einmal passieren darf. Um ein solches Szenario zu verhindern, wurde nach 1973 eine Kontroll-

Versammlungen mit

Norbert Lieth DE 72766 Reutlingen Gemeinschaftszentrum Silberburg, Panoramastrasse 53 Thema: «Zwei Lieder der Bibel und ihre prophetischen Melodien»

n

Fr. 06.01.2012, 10:00

n

Fr. 06.01.2012, 14:00 Herzlich willkommen!

einheit des sogenannten «Aman», des militärischen Geheimdienstes, ins Leben gerufen. Diese Einheit sollte Informationen nicht nur doppelt überprüfen, sondern auch offen für alternative Denkansätze sein. Informationen kann man nämlich durchaus auch unterschiedlich auslegen. Setzt man bei deren Auswertung verschiedene Blickwinkel an, so kann es zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Daher lautet der Leitsatz oftmals: «Das Gegenteil ist eigentlich richtig.» Beim militärischen Nachrichtendienst werden Informationen gesammelt und beurteilt, und daraufhin werden bestimmte Empfehlungen ausgesprochen. Diese Einheit nimmt sich jedoch alles noch einmal vor und betrachtet die Informationen sozusagen «gegen den Strich». Man versucht dabei, über den Tellerrand zu blicken und Unwahrscheinlichkeiten einzukalkulieren. Es werden Szenarien durchgespielt, die auf den ersten Blick nicht sonderlich wahrscheinlich wirken. «Wir müssen eine andere Meinung und Sichtweise auf den Tisch bringen. Uns ist nicht damit gedient, einfach den herkömmlichen und offensichtlichen Ansichten zuzustimmen», sagt dazu der Leiter dieser Abteilung, der nur mit seinem Vornamen Erez bekannt ist. «Ein Fehler könnte für uns einen sehr schmerzlichen Preis zur Folge haben.» In dieser Einheit arbeiten die unterschiedlichsten Spezialisten. In der Öffentlichkeit sind sie nicht bekannt. In Israel weiss man noch nicht einmal, wie viele Mitarbeiter diese Einheit zählt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sie seit rund einem Jahr Überstunden schieben – wegen der nicht enden wollenden Ereignisse im Nahen Osten seit dem «Arabischen Frühling». Hier ein Beispiel für den Arbeitsansatz dieser Einheit: Der militärische Nachrichtendienst der IDF gab – in Einklang mit der Ansicht anderer Nachrichtendienste aus verschiedenen Ländern – im Januar 2011 ein Memo he­ raus, in dem es hiess, dass die Stabilität des Mubarak-Regimes in Ägypten trotz

immer umfassenderer Demonstrationen nicht bedroht sei. Darauf schritt diese Einheit ein. Sie hatte die Szenarien nämlich anderes durchgespielt. Diese Einheit war der Ansicht, dass die Proteste weiter zunehmen und auch dann nicht aufhören würden, wenn es zu Gewalttätigkeiten käme. Daher könnte es durchaus geschehen, so ihr Memo, dass Mubarak gestürzt werden würde. Und die Einheit sollte nur wenige Wochen später ihre Ansicht bestätigt finden. Doch wie wird damit praktisch umgegangen? Erez gibt die Ansichten seiner Einheit in Sitzungen aller Nachrichtendienstler in gehobener Position weiter. «Ich möchte wenigstens erreichen, dass sie ihre Haltung überdenken», sagt Erez. «Im besten Fall werden sie langsam anfangen, auch in alternativen Szenarien zu denken.» Man kann sich vorstellen, dass diese Diskussionen nicht einfach sind. Denn manchmal prallen hier nicht nur Weltbilder oder professionelle Beurteilungen, sondern auch Machtpositionen aufeinander. Dennoch wissen letztlich alle, dass sie zugunsten ihres Landes unbedingt an einem Strang ziehen müssen. Das wichtigste Arbeitsinstrument dieser Einheit ist ihre Fantasie. Erez zieht allerdings den Begriff «aufgeschlossenes Denken» vor. Als Beispiel verweist Erez auf den Misserfolg der US-Nachrichtendienste in Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001. Sie hatten zahlreiche Meldungen über geplante Terroranschläge. Sie hatten mehrmals herausgefunden, dass Flugzeuge eine Rolle spielen könnten. Dennoch fielen auch die namhaftesten Experten aus allen Wolken, als die Anschläge stattfanden. So etwas hatte man sich einfach nicht vorstellen können. Darum hatte man sich trotz Fingerzeige nicht auf ein solches Szenario vorbereitet. «Sich so etwas vorzustellen, genau das ist unsere Aufgabe», meint Erez schlicht und ergreifend. ZL  Kommentar: Will Israel überleben, muss es den besten Geheimdienst und eine der stärksten Armeen unterhalten. Israel


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.