business im Breisgau

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Wir t scha f t

Mai 2019 Ausgabe Nr. 22

Im Fokus:

Mobilität 2 Milliar

Auto & Logistik

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»Voller Schluck aus der Pulle«

Finanzbürgermeister Stefan Breiter über Freiburgs Rekordhaushalt IT made in Freiburg

Immobilienmarkt

Start-ups

Jobmotoren im Silicon Breisgau

Donnerwetter bei Bodenrichtwerten?

Stippvisite bei Freiburger Gründern



Editorial

Die Aussichten? Heiter bis wolkig. Rekordhaushalte, Silicon Breisgau und Start-ups

Foto: © Johannes Meger

Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert. Lautet ein alter Kämmererspruch. Gute Zeiten herrschen heute. Noch. Die Frage ist, wie lange noch. Trump zuckt nachts im Schlaf wild herum, bedient dabei unbewusst seinen Twitter-Account und buchstabiert was von China, EU, Freihandel no way – und am nächsten Morgen stehen wieder 300 Milliarden zur Debatte. Die Chinesen drohen mit Vergeltungsmaßnahmen, auch mit der EU und mit Deutschland liegt der US-Präsident im Clinch. Sie erinnern sich? BMWs sind eine Gefahr für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika. Das als „unwürdig“ schon euphemistisch beschriebene Schauspiel um den Brexit, die deutlichen Bremsspuren des globalen Wachstums – all das sind keine hellen Strahlen am Konjunkturhimmel. Der britische Ökonom John Maynard Keynes formulierte in den 30er-Jahren die Theorie einer antizyklischen Fiskalpolitik des Staates. Einfach ausgedrückt, soll der Staat in guten Zeiten Geld zurücklegen – in Deutschland kennen ältere Semester das noch als „Konjunkturausgleichsabgabe“ –, um in schlechten durch kräftige Investitionen die Wirtschaft in Schwung zu halten, Arbeitsplätze zu sichern und damit private Haushalte zu stützen. Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen sprudeln seit Jahren kräftig, Rekorde werden von Rekorden abgelöst. Keynes hätte in dieser Zeit Geld zurückgelegt. In

Freiburg haben Gemeinderat und Oberbürgermeister Martin Horn indes beschlossen, trotz Rekordeinnahmen noch einmal bis zu 70 Millionen Euro neue Schulden zu machen. Gefährdet die kleine Großstadt damit ihre Spielräume für schlechtere Zeiten? Auch das haben wir im Interview mit Finanzbürgermeister Stefan Breiter gefragt. Alles andere als schlechte Zeiten erleben die ebenso zahlwie erfolgreichen Softwareschmieden im Silicon Breisgau. Sie sind Jobmotoren und agieren weit über die engen Grenzen von Südbaden hinaus. Irgendwie kurios: Das kleine Freiburg mischt als IT-Standort im Konzert der Großen kräftig mit. Ein Schwerpunkt im Magazin. Und wie in jeder Ausgabe haben wir auch wieder hoffnungsvolle Start-ups besucht. Da gibt es die Mobilfunk-Revoluzzer WEtell, die im Herbst Deutschlands ersten nachhaltigen Tarif auf den Markt bringen wollen. Und da gibt es die Macher hinter der App „Too Good To Go“, die gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln vorgehen wollen. 10 Millionen Tonnen wandern in Deutschland jedes Jahr in den Mülleimer. Es gibt viel zu tun.

Wir wünschen anregende Lektüre. Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige

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Inhalt einmalig: 20 Mal Gold für Waldhaus / Medaillenregen für Ganter-Brauerei / VOBA fördert Lokhallen-Start-up / 30 - 35

Titel

Freiburg hat seinen nächsten Rekordhaushalt. Trotz zwei Milliarden Euro an Einnahmen stehen 70 Millionen neue Schulden zu Buche. Warum Finanzbürgermeister Stefan Breiter das trotzdem generationengerecht findet. 6  - 9

Unternehmen

Expertenbeitrag Wirtschaftsprüfer Mathias Hecht über die möglichen Folgen der Grundsteuerreform

Start-ups

Die Sick AG macht mehr Umsatz, aber weniger Gewinn – weil sie immer mehr in die Forschung stecken muss

5

Strabag und JobRad feiern Grundsteinlegung für Milestone 3

29

Die Allgeier Wohnbau und ihr prall gefülltes Portfolio

41

Immobilienmarkt

Zu Besuch bei den Machern von WeTell und Too Good To Go

Automobil & Logistik 14 - 15

Wie die Streck Transport GmbH mit heißer Ware umgeht 38 Kestenholz legt gute Bilanz vor und investiert 25 Millionen in Deutschland 39

Die Jobmotoren im Silicon Breisgau 16 - 17 Lexware: Mission Zukunft 18 - 19 iXenso: Prämierte Progressivität 20 Continum: Schwerpunkt Sicherheit 21 BadenIT: Digitalisierung made in Freiburg 22 - 23 Leitwerk: Rechenleistung aus der Region 24 United Planet: Das Speedboat des Intranets 26 - 27

Autohaus Schmolck will Rekordmarke knacken und investiert kräftig 40

Schwerpunkt: IT in der Region

Banken

Verbände

Gutachterausschuss legt Marktbericht vor: Villa für 2,5 Millionen

10

Bei den Bodenrichtwerten droht eine dramatische Erhöhung

Warum die IHK Ex-OB Dieter Salomon als neuen CEO verpflichtet hat 28

11

Menschen & Meldungen

Politik

Freiburgs Fraktionen überschlagen sich im gewünschten Gründen neuer Gesellschaften

12

Hummel AG mit Rekordumsatz / Verärgerte Volksbanker / Neuer Chef für Stadiongesellschaft / FWTM verkauft Intersolar North America / Hohe Auszeichnung für HBM & Partner / Weltweit

14

IMPRESSUM business im Breisgau Themenheft 05-2019

Das business im Breisgau-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli

Herausgeber:

chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 | 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 | fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de

Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.) Chefredaktion: Lars Bargmann

36

Die neue Volksbank Breisgau-Markgräflerland investiert 15 Millionen Euro im Gewerbepark Eschbach 42 - 43

Arbeitsmarkt

Das Frühjahr bringt Aufschwung 44 - 45

Fakten bitte

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen

22 - 23

Redaktion: Till Neumann, Philip Thomas, Dr. Stefan Pawellek, Erik Herr Titel: Hannah Karayilan Fotos/Illustrationen: freepik.com, pixelio.de, iStock.com Fotograf: Neithard Schleier Grafik: Hannah Karayilan Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Jonas Stratz (Leitung), Malika Amar, Giuliano Siegel, Gemma Pintor

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Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG Ein Unternehmen der

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.


Unternehmen

Umsatzplus und Gewinneinbruch Durchwachsene Bilanz der Sick AG

Robert Bauer (links) mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Sick-Stand auf der Hannover-Messe.

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Foto: © Sick AG

er Sensorhersteller Sick AG hat seinen Konzernumsatz im vergangenen Jahr um 127 Millionen Euro auf 1,636 Milliarden Euro gesteigert. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) gab dabei um 31 auf 118 Millionen Euro nach. Das berichtete Vorstandschef Robert Bauer (59) unlängst vor Journalisten. Sick wächst außerhalb von Deutschland deutlich stärker als im Heimatmarkt, der um 1,3 Prozent zulegte. Die sich abflachende konjunkturelle Entwicklung habe die Wachstumsdynamik gebremst. Gerade Kunden aus den Bereichen Automotive sowie Intra- und Transportlogistik hätten sich mit ihren Investitionen zurückgehalten. Die Vertriebsregion Europa, Naher Osten und Afrika erreichte ein Umsatzplus von 8,5 Prozent, wobei besonders die skandinavischen Länder die Treiber sind, die verstärkt in Transportlogistik und Prozessautomation, etwa

im Bereich von Schiffsemissionsmessungen, investieren. Das Umsatzwachstum in Nord-, Mittel- und Südamerika betrug 10,1 Prozent. Wesentlicher Treiber dort war die gestiegene Nachfrage aus den USA im Bereich Intra- und Transportlogistik sowie der Öl- und Gasindustrie. Sehr dynamisch zeigte sich das Geschäft in der Region Asien-Pazifik, wo 12,9 Prozent mehr Umsatz gemacht wurden, wo aber Wechselkurseffekte die positive Umsatzentwicklung, vor allem durch den im Vergleich zum Euro schwächer notierenden chinesischen Renminbi, belasteten. Der Gewinn sank auch deswegen, weil Sick an den deutschen Standorten massiv in Forschung und Entwicklung investierte – mehr als 190 Millionen Euro. „Mit dieser gezielten Erhöhung steigern wir im Zuge des Technologiewandels hin zu künstlicher Intelligenz unsere Innovationskraft und sichern somit die Zu-

kunftsfähigkeit“, sagte Bauer. Die bereits sichtbaren Erfolge der Start-up-Initiativen gäben der Weichenstellung Recht: „Sensorintelligenz profitiert von Deep Learning und liefert neue Funktionalitäten für Sensoren.“ Der zweite Grund für den schlankeren Erlös: „Außergewöhnliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit angesichts extremer Engpässe auf den Beschaffungsmärkten.“ So hätten sich die Preise für Kondensatoren verzehnfacht. Der Dritte: Währungsschwankungen, die unterm Strich 44,5 Millionen Euro ausgemacht hätten. Für Bauer bleibt die Sensorik eine Wachstumsbranche. Die zunehmende Industrialisierung der Schwellenländer sowie die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung der industriellen Produktion und der Lieferketten seien die Basis für eine steigende Nachfrage nach den Produkten und Systemlösungen. Dennoch fällt der Ausblick aufs laufende Jahr verhalten aus: Das globale Wirtschaftswachstum stottert, die Risiken aufgrund von Handelsstreitigkeiten nehmen zu. Bauer sieht die Sick AG aufgrund der breiten Branchenpräsenz und ihrer Innovationskraft jedoch aussichtsreich positioniert. Sick beschäftigte Ende vergangenen Jahres mit rund 50 Tochtergesellschaften 9737 Mitarbeiter, 928 mehr als im Vorjahr. In Waldkirch, Reute, Sexau, Buchholz, Denzlingen und Freiburg arbeiten 4200 Menschen. Im April übernahm der Konzern auch noch die zweite Hälfte seines Joint-Ventures in Chile, die bis dahin dem Partner E. i. Schädler y Cía. Ltda gehörte. Zum Kaufpreis wurden keine bib/bar Angaben gemacht.

193 Millionen Euro für die Forschung

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»Großer Schluck aus der Pulle«

Freiburgs Finanzbürgermeister Stefan Breiter über den Rekordhaushalt, neue Schulden und eine Luxusdebatte

Dezernent beim Redaktionsbesuch: Stefan Breiter musste „harte, aber konstruktive“ Gespräche mit seinen Bürgermeisterkollegen führen.

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s war sein erster Doppelhaushalt, den der von der CDU ins Amt gebrachte Freiburger Finanzbürgermeister Stefan Breiter am 9. April verabschiedete. Es ist ein Rekordhaushalt. Er sieht bis zu 70 Millionen Euro an neuen Schulden vor. Warum der 51-Jährige dennoch gut schlafen kann, erzählt er im Gespräch mit Chefredakteur Lars Bargmann. bib: Herr Breiter: Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert. Bei Rekordeinnahmen von mehr als zwei Milliarden Euro stehen dennoch 70 Millionen neue Schulden im Plan. Ruiniert Freiburg heute seine wirtschaftliche Bilanz von übermorgen? Breiter: Wir haben einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt, erfüllen alle Kriterien des Haushaltsrechts und können alle Abschreibungen finanzieren. Insofern nein. Allerdings haben wir

mit 258 Millionen Euro einen sehr hohen Investitionshaushalt, das ist ein großer Schluck aus der Pulle … bib: … einer, an dem sich die Stadt bald verschluckt? Breiter: Freiburg ist bekanntlich eine stark wachsende Stadt und übernimmt als Oberzentrum viele Aufgaben weit über die Stadtgrenzen hinaus für die Region. Der Erhalt und Ausbau der Infrastruktur ist mit wachsenden Kosten verbunden. Vieles an Aufgaben wird in Bund und Land definiert und Freiburg hat keinen unmittelbaren Einfluss darauf, etwa der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. In Berlin beschlossen, in Stuttgart gelobt und teilweise gefördert, in Freiburg umgesetzt und bezahlt. Oder die Staudinger Gesamtschule, die bereits bei meinem Amtsantritt bis zur letzten Türklinke und Lichtschalter geplant war. bib: Nicht wenige hätten gedacht, dass der neue Finanzbürgermeister das Geld noch mehr zusammenhält …

Breiter: Jeder Doppelhaushalt baut sich auf dem vorherigen auf. 80 Prozent der Investitionen sind durch gesetzliche Vorgaben oder politische Entscheidungen vordefiniert. Wir können ja nicht einfach den letzten Bauabschnitt bei der Sanierung des Augustinermuseums stoppen. Ich stelle aber schon die Frage, ob wir beim Niveau unserer Neubauvorhaben immer ganz oben dabei und Vorreiter und Preisträger sein müssen. Es geht mir um die Standards. Die letzten zehn Prozent am Optimum sind meist die teuersten. Reicht grundsolide und zeitnah nicht? bib: Die Bürgermeisterriege hatte anfangs noch einmal 80 Millionen Euro mehr an Investitionen angemeldet … Breiter: ... alles Maßnahmen mit einer gewissen Berechtigung. Dennoch muss man das Wünschenswerte vom Machbaren trennen können. Ich darf Ihnen versichern, es waren harte, aber konstruktive Gespräche ...


Titel

bib: … bei denen was vom Verhandlungstisch fiel? Breiter: Etwa die Sanierung des Lycée Turenne und vieles mehr. bib: Grünen-Chefin Maria Viethen kritisierte in ihrer Haushaltsrede, dass von der Rathausspitze widersprüchliche Botschaften kommen. Auf der einen Seite wird zur Disziplin gerufen, auf der anderen werden neue Stabsstellen geschaffen, Ämter geteilt, auf bereits beschlossene Einnahmen, etwa aus dem Verkauf des Stadtarchivs in der Innenstadt, wird doch wieder verzichtet, Stadtbau-Mieten werden eingefroren … Breiter: Es ist vollkommen legitim, dass ein neuer Oberbürgermeister politische Schwerpunkte setzt. Meine Aufgabe ist es nicht, solche zu verhindern, sondern Lösungswege für die Umsetzung zu suchen. Klar ist, dass Mehrausgaben auf der einen Seite zu Minderausgaben oder Mehreinnahmen auf der anderen Seite führen müssen. Sonst kippt die Waage. Das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ hat oberste Priorität. Es ist für mich und die Dezernenten selbstverständlich, den Oberbürgermeister bei der Umsetzung seiner Ziele mit aller Kraft zu unterstützen. Hierfür benötigen wir mehr Personal. Das Mietmoratorium endet zum 31.12.2019. Beim Thema Stadtarchiv sind wir in intensiven Verhandlungen. bib: Waren Sie von der Antragsflut der Fraktionen, die 460 zusätzliche Kostenblöcke angemeldet hatten, überrascht? Ein Stadtrat erzählte uns, der Gemeinderat habe bei der zweiten Lesung „ein wahres Feuerwerk“ veranstaltet. Auf 8,1 Millionen Euro summiert sich das Feuerwerk. Wie bewerten Sie das? Breiter: Das bewerte ich nicht über die Presse. Allerdings war das Ganze für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Wir haben versucht, gerade im Vorfeld der anstehenden Kommunalwahl, so viel wie möglich der Fraktionswünsche im Haushaltsentwurf abzubilden. Gerade, um die Ausgaben sachlich begründet und nicht politisch motiviert eingeordnet zu bekommen. In meiner Zeit im „Schwäbischen“ war das immer ein gerne angenommenes Agreement. Der Kuchen wurde aus fachlicher und sachlicher Notwendigkeit verteilt und die politischen Gremien haben dies gelobt oder getadelt. Aber der Hunger war gestillt. Zutiefst verwundert hat mich, dass teilweise Erhöhungen von Zuschüssen beschlossen wurden, die weit über die Anträge der antragstellenden Einrichtungen gegangen sind. Das kannte ich bisher so nicht. Auch Mahnungen, dass Mehrausgaben die heute beschlossen werden, an anderer Stelle fehlen – und das dauerhaft –, blieben ungehört. bib: Der politische Druck im Vorfeld der Kommunalwahl war offenbar sehr groß … Breiter: Ja. Sie dürfen davon ausgehen, dass ich meine Schlüsse und Lehren für den nächsten Doppelhaushalt gezogen habe. Es stehen dann ja auch keine Wahlen an. Organe nach der Gemeindeordnung sind der Oberbürgermeister und der Gemeinderat. Letztendlich

tragen diese Organe der Stadt die finanzielle und politische Verantwortung für den Haushalt unserer Stadt. bib: Die FDP kritisierte, dass die anderen Fraktionen „fröhlich noch ein paar Millionen draufgepackt“ haben, die Generationengerechtigkeit bleibe auf der Strecke … Breiter: Ich kann dem nur bedingt widersprechen. Wenn in Zeiten von Rekordeinnahmen Schulden nicht minimiert oder mindestens keine neuen gemacht werden, läuft was schief. Dennoch ist er für mich am Ende generationengerecht, weil wir in Kinderbetreuung und Schulen investieren, weil wir einen Sanierungsstau abarbeiten, weil wir einen Mindeststandard bei der Digitalisierung brauchen. In Zeiten von Niedrigzinsen wäre es auch der falsche Weg, mit gezogener Handbremse zu fahren. Das würde die Bürgerschaft auch nicht verstehen. bib: Es werden Zeiten kommen, wo Sie nicht aus dem Vollen schöpfen können, dann fehlt der Spielraum … Breiter: Für die Stadt Freiburg sind jährliche Investitionen von rund 90 Millionen Euro verträglich. Darüber hinaus kann es nur in Ausnahmefällen gehen, es würde die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt überfordern. Nach Jahren großer Investitionen werden wir auch Verschnaufpausen brauchen. bib: Das Regierungspräsidium (RP) hat unlängst die Stadt Kehl aufgefordert, mit dem nächsten Haushalt ein Investitionsprogramm vorzulegen, das den finanziellen Möglichkeiten der Stadt entspricht. Gab es solche Gesprächsinhalte auch in Freiburg? Breiter: Das sind keine einfachen Gespräche. Aber das RP erkennt unsere strategischen Überlegungen an und ist mit unserem Investitionsprogramm einverstanden. bib: Auch damit, dass immer mehr Eigenbetriebe gegründet werden, um Dinge aus dem Kernhaushalt rauszuhalten? Die Sanierung von Schulen gehört doch nicht in Eigentriebe … Breiter: Im Grundsatz gebe ich Ihnen Recht. Es geht beim Staudinger aber auch um eine schnellere, effektivere Bauabwicklung im laufenden Betrieb. Statt in drei können wir nun in zwei Bauabschnitten bauen. Dies spart Geld. Im RP wird auch gesehen, dass in unseren städtischen Unternehmen zwar investitionsbedingt die Verschuldung steigt, aber auch immens Werte wie zum Beispiel der Wohnungsbestand der FSB geschaffen werden. bib: Der Schuldenberg wird bis 2022 auf 1,6 Milliarden Euro wachsen, 

Foto: © Till Neumann, Illustration: © Hannah Karayilan

»Das kannte ich bisher so nicht«

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Titel  300 Millionen fehlen in der Rathauskasse, 1,3 Milliarden bei Beteiligungen und Eigenbetrieben. Können Sie da noch ruhig schlafen? Breiter: Ja. Wenn die Stadtbau für 3100 neue Wohnungen 900 Millionen investiert, dann mehrt sich auch das Vermögen im Konzern Stadt Freiburg. Auch die VAG schafft durch ein modernes Stadtbahnnetz enorme Werte, die allerdings auf dem Markt nicht wirklich platziert werden können. Ebenso bei Schulen. bib: Und beim Bau von neuen Verwaltungsgebäuden im Stühlinger, wo der auf 80 Millionen Euro taxierte zweite Bauabschnitt vor der Tür steht? Breiter: Auch da. Bereits für den ersten Bauabschnitt stand das bisherige Ordnungsamt an der Basler Straße zur Gegenfinanzierung zur Verfügung. Einsparungen für den zweiten BA ergeben sich durch die Minderung von angemieteten Büroflächen der Stadtverwaltung. Gerade mein Dezernat ist in einer hochpreisigen Immobilie am Fahnenbergplatz eingemietet. Ich zahle zukünftig lieber Miete an unseren Eigenbetrieb als an eine Immobiliengesellschaft. bib: Den Freien Wählern fehlt eine Kostenberechnung, wie sich der 50-ProzentBeschluss für sozialen Mietwohnungsbau im Dietenbach und der Verkaufsstopp für städtische Grundstücke finanziell auswirken. Können Sie die liefern? Breiter: Beim Stadtteil Dietenbach werden wir uns verwaltungsintern und mit den Fraktionen noch unterhalten müssen. Da geht es politisch und finanziell um den richtigen Weg. Der 50-ProzentBeschluss für sozial geförderten Wohnungsbau ist bindend. Ich habe aber stets in die politische Diskussion eingebracht, dass die anderen 50 Prozent freifinanzierten Wohnung die Defizite aus dem sozial geförderten Wohnungsbau quersubventionieren müssen. Das ist einfache Mathematik. Wichtig ist auch die Tatsache, dass

nur die Mieten aus den teureren freifinanzierten Mieten in den qualifizierten Mietspiegel einfließen. Dies kann zur Folge haben, dass sich die Mietspiegelmieten dadurch erhöhen. Neben steigenden Bodenpreisen, den ausufernden steigenden Baukosten und Veränderungen am Zinsmarkt sehe ich in dem zwar gut gemeinten 50-Prozent-Beschluss eine weitere Stellschraube für steigende Mietpreise auf dem Gesamtmarkt. bib: Der Freiburger Haushalt plant immer auch mit Einnahmen aus dem Verkauf von Flächen. Breiter: Richtig, da steht für 2019 und 2020 der Erlös von 26 Millionen Euro drin. Wenn wir keine Grundstücke mehr verkaufen, stellt sich die Frage, wie wir das finanzieren? Dankenswerterweise haben die Fraktionen den Beschluss dahingehend modifiziert, dass er nicht für Arrondierungsflächen und schon in der Pipeline liegende Fälle sowie für Gewerbegrundstücke gilt. Und auch nicht für Dietenbach. bib: Aus dem Feuerwerk sprangen auf der anderen Seite auch noch fünf Millionen Euro für eine aktivere Liegenschaftspolitik heraus … Breiter: Was ich sehr begrüße. Wir werden zukünftig Geld in der Kasse brauchen, um verstärkt strategische Grundstückskäufe tätigen und Vorkaufsrechte ausüben zu können. bib: Sind eigentlich 15.000 neue Einwohner im Dietenbach unterm Strich haushaltsneutral? Breiter: Gute Frage, aber: Nein. Die Kommune macht fiskalisch keinen Gewinn. Wir bekommen zwar für jeden Einwohner monatlich rund 1400 Euro, aber die Infrastruktur und Folgekosten sind höher. Auf der anderen Seite stärken 15.000 neue Bürger auch die Wirtschaftskraft der Stadt. Unterm Strich sind wir trotzdem Gewinner. Anderswo ist Schwund, wir wachsen, sind attraktiv, uns geht es doch hervorragend. Wir führen gewissermaßen eine „Luxusdebatte“.

Stellschraube für steigende Mieten

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bib: Als Sportbürgermeister müssen Sie für eine neue Eishalle für den Last-minute-Drinbleiber EHC Freiburg sein. Und sich über den Aufstieg der HSG-Handballerinnen in die Zweite Bundesliga freuen. Als Finanzbürgermeister auch? Breiter: Wenn sich der Sportbürgermeister freut, ist das nicht immer deckungsgleich mit dem Finanzbürgermeister. Auch die SC-Frauen sind erfolgreich (Breiter war beim Pokalfinale gegen Wolfsburg in Köln, d. Red.) und würden ihre Zukunft gerne im Schwarzwaldstadion ausbauen. In den 180 Sportvereinen sind 80.000 Frauen und Männer organisiert und es wird hervorragende Arbeit geleistet. Dies verdient es zu würdigen, zu fördern und zu unterstützen. Hierzu stehe ich uneingeschränkt. bib: Wie soll ein neues, bis zu 30 Millionen Euro teures Eisstadion finanziert werden, wenn schon kein Geld für ein Außenbecken beim Westbad drin ist? Breiter: Diese Frage beschäftigt mich seit Amtsantritt. Gemeinsam mit dem EHC möchte ich für alle langfristige, tragfähige Antworten finden. Auch wenn es nicht einfach wird, werden wir das Ziel erreichen. Das Westbad Außenbecken ist finanziert und wird im Sommer 2022 eröffnet. bib: Der nächste Eigenbetrieb? Oder findet sich ein externer Investor? Breiter: Es darf keine Denkverbote geben. Ich schließe einen Investor nicht grundsätzlich aus. Aber das Gesamtpaket muss stimmen. Freiburg hat eine große Eissporttradition, da geht es bei weitem nicht um die Profis und um den Verein, sondern auch um Breitenund Schulsport. bib: Die Finanzierung wird noch deutlich anspruchsvoller als die des neuen SC-Stadions … Breiter: Da muss man ehrlich sein. Der SC Freiburg kann sich an der Stadiongesellschaft mit 27 Millionen Euro beteiligen und eine dem Stadion angemessene Pacht zahlen.


Der EHC – so sympathisch der Verein auch ist – bekommt einen Betriebskostenzuschuss. bib: Was halten Sie von einer Multifunktionshalle, in der auch Konzerte über die Bühne gehen könnten? Breiter: Kommt Bon Jovi nach Freiburg, weil wir eine tolle Halle haben? In Ludwigsburg haben sie genau das probiert, ohne großen Erfolg. Ich mache beim Bedarf nach einer Multifunktionsarena ein großes Fragezeichen. bib: Die CDU fordert einen Finanzausschuss, um die Finanzen engmaschiger zu erfassen und politisch besser steuern zu können. War das bisher nicht gegeben? Breiter: Es ist kein Geheimnis, dass die Idee aus meinem Dezernat kommt. Bisher beraten wir viele Fragen in der Stadt in Kommissionen und Ausschüssen. Wir reden über alles Mögliche, aber bei den Finanzen nicht in der gewünschten Tiefe. Welche Mittel stehen zur Verfügung und was kann der Haushalt leisten? Ich wünsche mir einen beschließenden Finanzausschuss, der Mittel freigibt, der tief in die Beteiligungen der Stadt einsteigt, der den finanziellen Rahmen für zukünftige Projekte freigibt oder auch nicht, der Finanz- und Leistungsziele der städtischen Gesellschaft definiert. Ein Ausschuss, besetzt mit Expertinnen und Experten, die neben den Fragen der Notwendigkeit und der Standards von Bauprojekten auch und vor allem die finanzielle Leistbarkeit definiert und bestimmt. Nicht selten werden Finanzausschüsse deshalb als Königsausschüsse bezeichnet.

Breiter will einen Königsausschuss bib: IHK-Präsident Steffen Auer sagte unlängst, die Ortenau sei wirtschaftsfreundlich, Freiburg eher nicht. Breiter (nickt): In Stuttgart machen sich die politischen Gremien längst viel mehr Gedanken über die wirtschaftliche Großwetterlage. In Baden-Württemberg hängt jeder vierte Arbeitsplatz mittelbar oder unmittelbar an der Automobilindustrie. Die Frage ist, ob es unseren Flaggschiffen der deutschen Wirtschaft gelingt, bei der Mobilität und Antriebstechnik auf das richtige Pferd zu setzen. Jetzt werden Sie zu Recht sagen, dass Freiburg seit jeher vom Dienstleistungssektor geprägt und Stuttgart weit weg ist. Letztendlich sind wir aber gerade deshalb in hohem Maße von den Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen des Landes abhängig. Ich wundere mich schon, wie wenig in Freiburg die Fragen nach der Herkunft unseres Geldes gestellt werden, wie es verdient wird, sondern eher, wie es am besten ausgeben werden kann. bib: Herr Breiter, vielen Dank für dieses Gespräch.


Immobilien

Goldgräberstimmung bei Verkäufern

Gutachterausschuss legt Immobilienmarktbericht 2018 vor Teures Pflaster: Freiburg kann den steigenden Preisen nur mit Baurechten wirksam begegnen.

D

ie Stadt Freiburg hat im vergangenen Jahr den zweithöchsten Immobilienumsatz seit 1971 erlebt. Der Wert der verkauften Gebäude und Grundstücke ist auf 1,06 Milliarden Euro gestiegen. „Die extrem hohe Beliebtheit hat Auswirkungen auf die Preise“, sagt Finanzbürgermeister Stefan Breiter. Ein Quadratmeter Bauland für ein Mehrfamilienhaus kostet in Freiburg mittlerweile im Schnitt 1647 Euro. Auf dem Güterbahnhof sind nach Informationen des Wirtschaftsmagazins business im Breisgau in einem Fall sogar rund 2500 Euro für einen Quadratmeter gezahlt worden. Die Verkäufer von Baulandflächen sind in Goldgräberstimmung. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 2438 Verkäufe (2017: 2368). 363 neue Eigentumswohnungen wechselten den Besitzer, darunter 79 kleine für Studierende. Keine beindruckenden Zahlen angesichts des Wohnungsmangels. „Wir können gar nicht so schnell bauen und entwickeln wie die Nachfrage es erfordert“, sagte Breiter bei der Vorlage des Berichts Mitte April. „Wir müssen die regionale Zusammenarbeit konsequent verstärken“, sagte am gleichen Abend Oberbürgermeister Martin Horn beim Immo-Forum der Sparkasse Freiburg. Horn bewertete es dort als „Unding“, dass Freiburg und die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen keine gemeinsame Wohnungsbedarfsanalyse haben. Wichtiger wären Baurechte. Aber sowohl das Gebiet Zinklern in Lehen als auch Zähringen-Nord (Horns freudscher Versprecher dazu: „ZähringenNot“) gestalten sich deutlich schwieriger, als Baubürgermeister Martin Haag ursprünglich dachte. Die teuerste Villa ging für 2,553 Millionen Euro über den Tisch, die durchschnittlichen Quadratmeterpreise lagen in dem Segment bei 6600 Euro (Vorjahr: 5420) und sind die am stärksten steigenden. In Emmendingen war das teuerste Anwesen 2,25 Millionen Euro wert. Nach bib-Informationen war dies eine Villa nebst Hubschrauberlandeplatz in Windenreute.

In neuen Wohnungen kostete der Quadratmeter im Schnitt 5314 Euro (der teuerste: 8626), in gebrauchten 3800 Euro (Angaben ohne Tuniberg-Gemeinden und Hochdorf, dort ist es günstiger). Die teuerste Eigentumswohnung kostete 1,544 Millionen Euro, die günstigste gebrauchte 38.900 Euro. Während vor fünf Jahren noch 23 Prozent aller Neubauwohnungen unter 3500 Euro kosteten, gab es im vergangenen Jahr keinen einzigen Verkauf zu diesem Quadratmeterpreis. Sechs Prozent kosteten schon oberhalb von 7000 Euro. Insgesamt war 2018 – allen politisch geäußerten Forderungen zum Trotz – erneut ein Jahr mit steigenden Preisen. Beim Immo-Forum kritisierte Bauträger Uwe Kleiner beim Thema Zweckentfremdung, dass die Stadt selber Wohngebäude mit ihren Behörden zweckentfremde. Das ist auch bei vom Land genutzten Immobilien eine durchaus zutreffende Kritik. WOBAG-Vorstand Klaus Ruppenthal monierte die über das Gesetzliche hinausgehenden energetischen Forderungen in Freiburg, die wie die Bau- und Grundstückskosten zu den Preistreibern zählten. Horn kennt andere Statistiken. Gutachter Frank Pfaff, auch er ist Mitglied im Ausschuss, erzählte von einem Bauwilligen, dem im Baudezernat gesagt worden sei, auf den dafür nötigen Bebauungsplan müsse er zehn Jahre warten. Warum das Dezernat solche Aufgaben nicht extern vergebe? Das blieb unbeantwortet. Während der Volksmund sagt, Freiburg werde immer mehr von Auswärtigen aufgekauft, hält Christian Vogt, Leiter des Vermessungsamts und Vizevorsitzender des Gutachterausschusses, dagegen: Der Anteil Freiburger Käufer lag 1996 bei 48 Prozent, im vergangenen Jahr bei 54 Prozent: „Wir werden nicht von Schweizern, Chinesen und Russen aufgekauft.“ Und auch für die auf der politischen Bühne oft kritisierte Versiegelung Freiburgs enthält der Markbericht eine Zahl: Die besiedelte Fläche in Freiburg umfasst 4222 Hektar. Das sind 28 Prozent der Gesamtfläche. Lars Bargmann

Foto: © Neithard Schleier

Zehn Jahre für einen Bebauungsplan?

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Grundstücksmarkt

Donnerwetter bei Bodenwerten?

Am 1. Juli veröffentlicht der Gutachterausschuss neue Richtwerte

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Foto: © Neithard Schleier

ei den neuen Bodenrichtwerten in Freiburg könnte es nach Informationen des Wirtschaftsmagazins business im Breisgau dramatische Erhöhungen geben. „Kommt drauf an, was dramatisch ist“, weicht Hugo Sprenker, der Vorsitzende des dafür zuständigen Gutachterausschusses, aus. Vor dem 1. Juli will sich das Gremium nicht in die Karten schauen lassen. Nur so weit: „Wir kriegen sicher andere Werte.“ Die Bodenrichtwerte spielen auch bei der Grundsteuerreform keine bescheidene Rolle. Gehen sie nach oben, ziehen die Zinsen für Erbbaugrundstücke und auch die Nebenkosten für die Mieter mit. Maßgeblich für neue Werte sind die Kaufpreise, die der Gutachterausschuss gesammelt hat (siehe Seite 10). Die zeigen zwar auf der einen Seite, dass im Internet oft genug Mondpreise aufgerufen werden, sind aber auf der anderen im vergangenen Jahr erneut gestiegen. In bestimmten Gebieten drastisch. Ein Insider erzählt dem bib, dass in Einzelfällen 80 Prozent Steigerungen herauskommen könnten. In der Stadt Waldkirch sind die Bodenrichtwerte von 2016 bis 2018 im Schnitt um – nur – zehn Prozent gestiegen. Bei den Richtwerten gibt es – je nach Qualität der Fläche (Wald, Acker, Bauland mit geringer oder hoher Ausnutzung) – neben Sachwertfaktoren und ermittelten Liegenschaftszinsen auch einen Marktanpassungsfaktor. Und der kann in der Spitze durchaus bei 1,8, also 80 Prozent über dem Sachwert, liegen. „Wir haben noch keine Werte festgelegt“, sagt Sprenker nur. Im Prinzip sei aber die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank der entscheidende Preistreiber. Weil da-

Güterbahnhof mit Lokhalle im Vordergrund: Paradebeispiel für Bodenrichtwertsteigerungen. durch das Kapital in die Immobilien gezwungen wird und das die Preise treibe. Wenn die Reform der Grundsteuer wie geplant bis zum Ende des Jahres gesetzlich greift und die Bodenrichtwerte in Freiburg am 1. Juli nach oben schnellen, dann ist das Freiburger Rathaus gefordert: Es müsste den Grundsteuer-Hebesatz senken, weil ansonsten die Nebenkosten für die Mieter ebenfalls nach oben schnellen würden – was politsch sicher nicht gewollt ist. Zwar hat die Politik an den Werten durchaus Interesse, eine Einmischung von der politischen Bühne schließt Sprenker für die Großstadt Freiburg aber kategorisch aus. Ob das auch in kleineren Gemeinden so ist? Um professionell Bodenrichtwerte zu ermitteln, muss eine kritische Größe von Kauffällen erreicht werden. Das ist in ländlich geprägten Gebieten längst nicht überall gegeben. Lars Bargmann Anzeige

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Stadtentwicklung

Neue Werkzeuge gegen Wohnungsnot

Fraktionen wollen neue Gesellschaften, Rathaus attackiert Leerstand

Illustration: © iStock,com, bib

K

urz vor den Kommunalwahlen überschlagen sich im Freiburger Rathaus die Ideen, wie günstiger Wohnraum langfristig gesichert werden kann. SPD, Freie Wähler und FDP haben eine neue Baugenossenschaft als

Akteurin beim Bau des Stadtteils Dietenbach vorgeschlagen, die Grünen die Gründung der Gesellschaft „Allmende“, die Erbpachtgrundstücke aufkaufen und bewirtschaften soll. Dass es in der Stadt eine Freiburger Stadtbau und

drei Baugenossenschaften gibt, fällt dabei irgendwie vom Tisch. Oberbürgermeister Martin Horn hat derweil sein Wahlversprechen eingelöst, ein Leerstandskataster erstellen zu lassen. Die Quote beträgt 0,4 Prozent.

Die neue Baugenossenschaft soll mithelfen, den Beschluss für 50 Prozent oder 3250 soziale Mietwohnungen im Dietenbach umzusetzen. Dabei sollen die künftigen Bewohner auch das nötige Kapital bringen – bei einer 80-Quadratmeter-Wohnung können das schnell mehr als 40.000 Euro werden. Ob das Modell die finanziellen Mittel der Berechtigten übersteigt, ist offen. „Für jene möglichen Mitglieder, die das könnten, ist das Konzept nicht interessant. Und jene, für die das Konzept interessant ist, können es nicht“, kritisierte der Genossenschaftsexperte Burghard Flieger in einem Interview mit der BZ. „Man muss die Rahmenbedingungen prüfen, ob da am Ende tatsächlich bezahlbarer Wohnraum entsteht“, sagt Marc Ullrich, Vorstandsvorsitzender des Bauverein Breisgau. „Wo der Mehrwert einer solchen Genossenschaft liegt, kann ich im Moment noch nicht nachvollziehen“, so die Vorstandsvorsitzende der Familienheim Freiburg, Anja Dziolloß. Zudem sollen Institutionen und Unternehmen Eigenkapital aus Mitteln der betrieblichen Altersvorsorge zur Verfügung stellen, um preiswerte Mitarbeiterwohnungen zu fördern. Das Konzept ist von André Heuss vorgelegt worden, der genossenschaftliche Konzepte bereits in Freiburg und München umgesetzt habe. Das breite Spektrum zum Beschaffen von Eigenkapital unterscheide diese Genossenschaft von den bisher tätigen. Das

Rathaus solle die nötigen Grundstücke – oder Erbbaurechte – an die Freiburg-Genossenschaft verkaufen und diese auch kontrollieren – ohne selbst zu investieren. Eine Konkurrenz zur Stadtbau oder den drei bereits in Freiburg bestehenden Baugenossenschaften soll die FG nicht sein. Die Grünen unterstützten den Antrag, hatten sich aber zuvor schon eigene Gedanken gemacht. Sie wollen eine

und Bund erwerben. Finanziert durch langfristige Bankdarlehen. Zins und Tilgung sollen durch die Erbpachteinnahmen aufgebracht werden. Woher das nötige Kapital kommt, blieb zunächst offen. Ebenso wie die Frage, ob das Regierungspräsidium Freiburg als Aufsichtsbehörde bei der Konstruktion mitspielt. Die Stadtbauspitze wollte sich zu den Plänen nicht äußern. Auch die Verwaltung gibt sich agil: Horn hat „sein“ Leerstandskataster vorgestellt und weitere Aktivitäten gegen Zweckentfremdung angekündigt. Im Leerstandskataster sind aktuell 118 Datensätze gelistet. Damit liegt die statistische Leerstandsquote bei 0,4 Prozent. Dies entspräche rund 500 Wohnungen. Darin enthalten seien aber auch solche, die wegen Bewohnerwechseln, Sanierungsarbeiten oder Umzügen nur vorübergehend leer sind. Sollte aber eine leere Wohnung als zweckentfremdet juristisch fassbar sein, etwa weil sie länger als sechs Monate unbewohnt ist, will die Verwaltung gegen die Eigentümer vorgehen. Zunächst flattert denen ein Brief des OB ins Haus. „Illegalen Leerstand und illegale Ferienwohnungen dulden wir nicht“, so Horn. Beim Baurechtsamtschef Holger Ratzel bindet das Kataster eine Vollzeitstelle. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Aufwand lohnt. Eigentumsrechte sind hierzulande ein hohes Gut. Lars Bargmann

»Grundstücke der Spekulation entziehen« neue städtische Gesellschaft gründen, die Erbpachtgrundstücke kauft und mit den Erbbauzinsen Infrastrukturprojekte unterstützen soll. Der Gemeinderat hatte im November beschlossen, dass das Rathaus keine Grundstücke mehr verkaufen darf. Mit einigen Ausnahmen (siehe Interview ab Seite 6). Dadurch fehlen im städtischen Etat allein in diesem und im nächsten Jahr 26 Millionen Euro. Fraktionschefin Maria Viethen sagte bei einem Pressegespräch, dass so ein Großteil Freiburger Grundstücke „auf Dauer der Spekulation“ entzogen werden könnte – ein weiterer Baustein gegen die Kostensteigerungen auf dem Wohnungsmarkt. Den Antrag zur Gründung wollen die Grünen im Herbst stellen. Auch diese Gesellschaft soll auf dem Dietenbach Flächen von Stadt, Land

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od To Go Fotos: © Too Go

Essen vor der Tonne retten: Mehr als eine Million  Menschen nutzen das Angebot in Deutschland.

Teilen statt Tonne App „Too Good To Go“ rettet Lebensmittel

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und 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Das Start-up „Too Good To Go“ will das ändern. Per App können Gastro-Betriebe Reste zum kleinen Preis anbieten. Millionen nutzen das. Auch in Freiburg. Das business im Breisgau hat den preisgekrönten Service getestet. App runterladen, Stadt auswählen, Angebote checken. Der Start ist einfach. Mehr als 20 Betriebe sind für Freiburg vertreten. Es gibt Sushi, Brötchen, Döner oder Fischgerichte. Wir entscheiden uns für das Café „Barista Davide“ in der Innenstadt. Da gibt’s von 17.30 Uhr bis 18 Uhr Croissants, Brownies, Muffins oder Cookies. 2,50 Euro kostet eine Portion. Wir bestellen gleich zwei. Mit ein paar Klicks ist das Essen reserviert und per PayPal bezahlt. Ein lustiges Strichmännchen strahlt auf dem Display: „Du hast gerade Essen davor gerettet, weggeworfen zu werden“, steht darüber. Was genau man später bekommt, erfahren wir erst vor Ort. 17.45 Uhr. Barista Davide. Adriano Conforto steht an der Theke, es ist kurz vor Ladenschluss. „Heute gibt’s Käse- und Apfelkuchen, ausnahmsweise sind keine Croissants übrig“, sagt der Deutsch-Italiener. Das Essen packt er in die mitgebrachten Tupperdosen (ausdrücklich erwünscht) und bestätigt auf meinem Handy die Übergabe. „So, das war’s schon“, sagt Corrente. Was er eingepackt hat, wäre sonst möglicherweise im Müll gelandet. „Wir sind seit einem halben Jahr dabei“, erzählt Geschäftsführer Davide Corrente. Die Idee hinter der App findet er „fantastisch“. Es gehe bei ihm zwar nicht um große Mengen, aber immerhin.

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„So schmeiße ich nichts mehr weg“, sagt der 28-Jährige. Ein bis drei Portionen gehen bei ihm so täglich über die Theke. Zum halben Preis. Schade findet er nur, dass das Angebot manchmal ausgenutzt werde, um billig an Essen zu kommen. Es könne passieren, dass er tagsüber alles verkaufe. Dann gingen Kunden trotz ihrer Bestellung leer aus. Bezahlen müssen sie dann nicht. „Manchmal meckern sie trotzdem“, sagt Corrente. Dabei sei es doch gut, wenn alles wegkomme. Der Betrieb „Beckesepp“ ist mit gleich fünf Filialen dabei. „Absolut gut“, findet Bezirksleiter Daniel Schätzle die Idee. Auch er schmeißt dadurch weniger weg. Am Anfang sei er skeptisch gewesen. Doch bei den Filialen in Freiburg laufe es super. Ein bis drei Tüten mit Backwaren im Wert von zehn Euro gingen täglich pro Filiale über die Theke. Nur in Kirchzarten und St. Peter sei die Nachfrage schwach. Auch Abendessen gibt’s bei „Too Good To Go“. Zum Beispiel bei den „Sushi Rollers“. „Ich habe früher alles, was vom Vortag übriggeblieben ist, weggeschmissen oder Freunden gegeben“, sagt Geschäftsführer Azat Yildirim. Am Ende des Tages lande zu viel im Müll. Die App sei da eine gute Lösung. Nur manchmal gebe es Schwierigkeiten. Zum Beispiel, wenn Kunden keinen Fisch oder ausschließlich Veganes möchten. Dann müsse er das Essen doch wieder entsorgen. „Zum Glück passiert das nicht so oft“, erzählt der 27-Jährige. Till Neumann

Info – Too Good To Go

Neun Millionen Kunden nutzen die App europaweit, informiert Too Good To Go. In Deutschland seien 2800 Partnerläden in rund 400 Städten vertreten. Eine Million Kunden habe man hier. Laut Pressestelle sind dadurch international mehr als 13 Millionen Mahlzeiten gerettet worden. Gestartet ist die Firma 2015 in Dänemark. Im April gab’s für das Konzept den Preis „Zu gut für die Tonne“ im Bereich Digitalisierung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.


Start-up

Mobilfunk-Revoluzzer

Drei Freiburger wollen nachhaltigen Telefontarif anbieten

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Foto: © Till Neumann, Illustrationen: © WEtell

mweltschonend telefonieren, das will das Start-up „WEtell“ ermöglichen. Mehr als 180.000 Euro haben die drei Freiburger mit Crowdfunding eingesammelt. Das Interesse am wohl ersten „konsequent nachhaltigen Mobilfunktarif“ scheint da. Wie es weitergeht, erzählt Andreas Schmucker dem business im Breisgau. Im Oktober könnte es richtig losgehen. Drei Leute im Freiburger „Kreativpark“ haben eine Idee, die ganz schön einschlägt: Sie wollen als „WEtell“ einen nachhaltigen Mobilfunktarif auf den Markt bringen. Ihr Versprechen: neue Standards bei Klimaschutz, Datenschutz, Fairness und Transparenz. Wie kann das klappen im umkämpften Mobilfunkmarkt? „Wir wollen zeigen, dass auch konsequent nachhaltige und soziale Unternehmen absolut wettbewerbsfähig sein können“, sagt Andreas Schmucker. Der 34-Jährige sitzt in einem Café und erzählt von der Vision, die er mit Alma Spribille und Nico Tucher seit Februar 2018 verfolgt. Sie waren Kollegen beim Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme und haben sich gesagt: Wir wollen etwas ändern. Nicht nur den Stromanbieter und die Bank wechseln. Sondern auch den Mobilfunktarif. Da sie kein passendes Angebot fanden, hieß es: selber machen. Mit 100 Prozent erneuerbaren Energien soll ihr Tarif betrieben werden. Geschäftspartner werden angehalten, selbst auf Ökostrom zu setzen. Versteckte Kosten soll es keine geben. Mit den Einnahmen soll der Bau von Solaranlagen finanziert werden. Die Kundendaten dürfen nirgendwo sonst verwendet werden. Auch nicht ano-

Setzen auf Transparenz:    Andreas Schmucker, Alma     Spribille und Nico Tucher.

nymisiert. Firmenfahrten werden bevorzugt mit dem Zug gemacht. Rund 180.000 Euro sind bis Ende März beim Crowdfunding zusammengekommen. „Das ist cool“, sagt Schmucker. Das Ziel sei sportlich gewesen, um 20 Prozent habe man die Hürde übertroffen. Bei der Kampagne verkauften sie mehr als 1200 Gutscheine für ihren Mobilfunktarif. Kunden werden oft an der Nase herumgeführt, sagt Schmucker. Kleingedrucktes und versteckte Kosten gebe es bei ihnen nicht. Um das umzusetzen, brauche es nun Geldgeber oder Investoren. Ein solcher wolle handfeste Belege für das Potenzial. Mit der Kampagne sei der vorerst erbracht. „Der Erfolg gibt uns viel Hoffnung“, sagt Schmucker, der in der Solarbranche arbeitet. Die Wahrscheinlichkeit, es jetzt zu schaffen? „90 Prozent“, sagt Schmucker ohne zu zögern. Support bekommen die drei von Alnatura und den Elektrizitätswerken Schönau (EWS). „WEtell unterstützen wir ganz bewusst, weil für wirksamen Klimaschutz die Transformation

des Energiesystems nicht ausreicht“, sagt EWS-Vorstand Alexander Sladek. Er ist überzeugt: Immer mehr Menschen sind potenziell bereit, für den Klimaschutz wirklich aktiv zu werden. Nachhaltige Produkte hätten dadurch Chancen am Markt – auch wenn sie teurer sind als die Konkurrenz. Im Idealfall soll „WEtell“ im Oktober an den Start gehen. 10.000 Kunden braucht es, um die Kosten zu decken. 50.000 Kunden sollen es in drei Jahren sein. Sie haben die Wahl zwischen vier Tarifen. Von 10 bis 40 Euro, monatlich kündbar. Wer jetzt schon unterstützen will, bekommt im Shop einen Gutschein. Der ist ab Marktstart 24 Monate gültig. Die Zahlen stimmen Schmucker optimistisch. Es gebe 130 Millionen Simkarten in Deutschland. Und rund eine Million Kunden, die bereit seien, für nachhaltige Dienstleistungen mehr zu zahlen. Tendenz steigend.

Till Neumann

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IT in der Region

Boombranche mit Personalsorgen

Bitkom fordert Digitalisierungsoffensive des Bundes

Fachkräfte gesucht: In der IT-Branche gibt es aktuell mehr als 80.000 offene Stellen.

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ie Digitalisierung der Arbeitswelt beschert der IT-Branche weiter steigende Umsätze. Nach Angaben des Digitalverbands Bitkom wird der Markt für IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik in diesem Jahr um 1,5 Prozent auf 168,5 Milliarden Euro zulegen. Schwergewicht dabei ist die Informationstechnologie. 40.000 neue Jobs würden bis Ende des Jahres geschaffen. Damit würden in Deutschland dann 1,174 Millionen Menschen in der Branche beschäftigt sein.

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„Die Digitalisierung treibt den Markt und ist ein Garant für mehr Arbeitsplätze“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Die Geschäfte von Software-Häusern und IT-Dienstleistern laufen besonders gut. In diesen Bereichen entstehen mit Abstand die meisten Jobs.“ Die Informationstechnik ist weiter der wichtigste Wachstumstreiber und baut ihre Bedeutung als größter Teilmarkt der Branche unbeirrt aus. Die Umsätze steigen laut Bitkom-Prognose dieses Jahr um 2,5 Prozent auf 92,2 Milliarden Euro. Am stärksten wächst das Soft-


ware-Segment, bei dem ein Plus von 6,3 Prozent auf 26 Milliarden Euro erwartet wird. Bei dem Boom spielen auch viele Unternehmen in der Region mit – egal ob Lexware, Virtual Identity, Oxid eSales, Jedox, re-lounge, die Leitwerk-Gruppe, kühn & weyh, Paragon, badenIT, Inxmail, Continum, iXenso oder United Planet. Was aber auch auf fast alle zutrifft: Die Suche nach guten Mitarbeitern. Nach einer aktuellen Bitkom-Studie waren in Deutschland Ende vergangenen Jahres schon 82.000 Stellen für IT-Experten unbesetzt. Ein Jahr zuvor waren es 55.000. Damit legte die Zahl der leeren Schreibtische in nur zwölf Monaten um fast 50 Prozent zu. „In der Bitkom-Branche sind in den vergangenen fünf Jahren mehr als 150.000 Jobs entstanden“, sagt Berg. „Die Job-Bilanz könnte noch besser aussehen, gäbe es ausreichend Fachkräfte. In Zukunft wird sich dieses Problem weiter zuspitzen.“

Auch im Silicon Breisgau stehen die Zeichen auf Expansion. Nicht nur Lexware oder United Planet suchen Leute. Die Haufe Group hat schon Entwickler-Büros in Rumänien und Spanien eröffnet, um dort Zugriff auf Programmierer und Entwickler zu be-

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Die IT-Experten wollen beim Lohn richtig hinlangen kommen. Personalsorgen in der regionalen IT-Szene gab es schon vor fünf Jahren, als der Technologieverband Baden-Württemberg: Connected (bwcon) meldete, in der IT-Branche (und Medienunternehmen) seien im Südwesten mehr als 41.000 Menschen beschäftigt, 18.000 allein in Freiburg. Einer Bitkom-Umfrage unter 800 Geschäftsführern und Personalchefs zufolge beklagen derzeit rund 82 Prozent der Unternehmen einen Mangel an IT-Spezialisten. Zudem würden

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sie im Schnitt fünf Monate brauchen, um eine vakante Stelle neu zu besetzen. Eine Verbesserung der Situation sei nicht in Sicht, eher schon, dass die Lage sich weiter zuspitzt, was knapp 60 Prozent der Befragten mutmaßen. Und: Die Kandidaten wissen, dass sie begehrt sind: Die Lohnvorstellungen und das Budget der Unternehmen klaffen teils weit auseinander. Wenn es nach Bitkom-Chef Berg geht, muss Deutschland seine Schulen „endlich ins digitale Zeitalter führen, junge Menschen für die Berufe der Zukunft begeistern, Anreize für digitale Weiterbildung setzen und die Zuwanderung ausländischer IT-Spezialisten erleichtern.“ Informatik sollte ab der fünften Klasse zum Pflichtfach werden, Englisch ab der ersten Klasse Standard sein: „Mehr und bessere digitale Bildung ist der Schlüssel zum digitalen Erfolg.“ Und zu mehr Fachkräften in dieser boomenden Branche.

Lars Bargmann

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* Angestellte und Selbstständige | ** Prognose Quelle: Bitkom, Bundesagentur für Arbeit, BNetzA

Bitkom prognostiziert 40.000 neue Arbeitsplätze in der IT-Branche: Erwerbstätige nach Segmenten (in Tausend) chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 17


IT in der Region

Mission Zukunft

Lexware begleitet eine Million Kunden beim digitalen Wandel

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ie Haufe Group, zu der Lexware zählt, ist das Flaggschiff der IT-Firmen in der Region. Sie hat insgesamt 2000 Beschäftigte, 1200 allein in Freiburg, womit sie der größte private Arbeitgeber in der Stadt ist. Mit mehr als einer Million Kunden setzte sie im vergangenen Geschäftsjahr 366 Millionen Euro um, ist für die Software-Lösungen von Lexware zigfach ausgezeichnet worden und dennoch im Silicon Breisgau agil wie ein Garagen-Start-up. Die größte Herausforderung in den nächsten Jahren? „Wir müssen weiter die Gegenwart unserer Kunden erfolgreich begleiten, aber gleichzeitig schon die Zukunft antizipieren, das Unausgesprochene manifestieren“, sagt Geschäftsführer Jörg Frey.

500.000 Selbstständige, Freiberufler, kleinere oder mittlere Unternehmen und noch einmal 500.000 Private nutzen heute schon die Software-Anwendungen von Lexware. lexoffice, faktura + auftrag, lexbizz, buchhalter, büro easy, business, reisekosten, anlagenverwaltung, lohn + gehalt – die Lösungen hören auf viele Namen, es eint sie ein Credo: alles so schnell wie möglich, so simpel wie möglich, so benutzerfreundlich wie möglich und so aktuell wie möglich. Ändert sich das Steuergesetz, wird das sofort in die Software programmiert. Der heutige Marktführer wurde 1989 gegründet und feiert mithin jetzt sein 30-jähriges Bestehen. Große internationale Ambitionen hat Lexware dabei nicht: 4,2 Millionen Unternehmen zählen allein in Deutschland zur Zielgruppe. Die vielen Alleinkämpfer, Haufe-Campus: Allein in Freiburg     arbeiten 1200 Menschen  für das Unternehmen.

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Freelancer, Start-ups, kleine oder mittlere Unternehmen spielen eine gewichtige Rolle in der deutschen Wirtschaft, ihnen kann Lexware Bürokratie abnehmen, damit sie sich aufs Wesentliche konzentrieren können. „Die Lexware-Lösungen schaffen Transparenz in der Buchhaltung und erlauben die schnelle Kontrolle und Auswertung von Informationen. Das trägt zu einer enormen Kostenersparnis bei“, sagt etwa der Freiburger Gastronom Jörg Dattler vom gleichnamigen Schlossberg-Restaurant. „Zeit kostet Geld und Lexware hat wirklich mehr Zeit gebracht. Zig stupide Arbeiten fallen weg“, so Christof Bühler von Bus Bühler in Emmendingen. „Mit Lexware ist die Kundenbetreuung viel effektiver geworden, und wir haben mehr Zeit, um individuell auf die Kunden einzugehen“, erklärt Myriam Sorgenfrei von der Spielgalerie Hamburg. Es gibt ganze Abteilungen und Teams, die prozessorientiert die Software-Lösungen technisch und inhaltlich auf dem aktuellen Stand halten. Andere sind wie Brutkästen, dringen wie ein Start-up in neue Horizonte vor, entwickeln innovative Lösungen in der Cloud, arbeiten dabei eng mit dem Kunden zusammen – oder tun sich in Co-Creation-Labs mit anderen Unternehmen und Playern zusammen, um gänzlich neue Lösungen zu suchen, von denen selbst die Kunden noch nicht wissen, dass sie sie morgen brauchen können. „Wir müssen aber auch schon an Übermorgen denken. Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt extrem verän-


Fotos: © Haufe Group, Illustration: Hannah Karayilan

Erst denken, dann programmieren: Taskboard im Lexware-Style. dern, und unser Produktportfolio muss sich immer weiter ausdifferenzieren. In diesem Umfeld wollen wir unsere Kunden begleiten und befähigen, erfolgreich ihre Zukunft zu gestalten. Das ist unsere Mission“, so Frey. „Es hat ja auch niemand bei Steve Jobs angerufen, mit dem Wunsch, ein iPhone samt iTunes und Appstore zu entwickeln. Was die Menschen damals wollten, war lediglich ein besseres Telefon.“ Schon 2012 schuf das Unternehmen daher eine eigene Innovationsabteilung mit Teams, die auf einer Art grünen Wiese neue Lösungen für Kleinunternehmer erarbeiten, mit eigenen Methoden, autonom und ohne klassische Topdown-Hierarchien, ziemlich losgelöst vom Rest der Organisation. So ist etwa die Cloud-Buchhaltungslösung lexoffice entstanden. Alle buchhalterischen Prozesse werden darin vollautomatisiert und über Schnittstellen mit relevanten Partneranwendungen verbunden. Die Entwickler haben das Programm dabei auch direkt mit Kunden entwickelt: 800 Anwender konnten ein Jahr lang ihre individuellen Bedürfnisse direkt in die Entwicklung einfließen lassen. Auch heute noch können Anwender ihre Bedürfnisse, Ideen und Anregungen ans EntwicklerTeam von lexoffice kommunizieren. Die Einreichungen werden von anderen Usern gerankt, fließen in ein internes

Backlog und werden nach Priorisierung umgesetzt und wieder vom Kunden bewertet. So entwickelt sich lexoffice agil und kundenzentriert immer weiter. Mit einem wachsenden Angebot an Dienstleistungslösungen bildet lexoffice den kompletten digitalen Prozess des Unternehmens passgenau ab. Und wird damit zum Beziehungsmacher für Unternehmer – zu ihren Kunden, zu ihrem Steuerberater und zukünftig auch zu ihrer Bank. Lexware verfolgt eine konsequente Cloudstrategie, in der digitalisierten und zunehmend vernetzten Welt sind Insellösungen von gestern. Es brauche vielmehr kompakte und komplexe „Ökosysteme“ und vollautomatisierte Prozesse rund um den Unternehmensalltag. Und das gehe reibungslos nur in der Cloud. Lexware ist für seine Lösungen von Fachmagazinen zigfach ausgezeichnet worden, allein im laufenden Jahr schon ein halbes Dutzend Mal. „Wir freuen uns, dass wir kontinuierlich alle relevanten Vergleichstests gewinnen. Was aber wirklich zählt, ist die Zufriedenheit unserer Kunden“, sagt die für Public Relations zuständige Nicole Packhaeuser. Und diese würde regelmäßig mit Hilfe eines Net Promoter Scores gemessen. In Freiburg schlägt das Herz von Lexware. Hier hat die ­Haufe Group erst im vergangenen Jahr im Gewerbegebiet Haid einen Neubau mit Raum für weitere 500 Arbeitsplätze errichtet. Unternehmensbüros gibt es aber auch in Barcelona oder im rumänischen Timişoara, wo Entwickler und Programmierer sitzen. „Das ist unsere verlängerte Werkbank“, erzählt Frey. Auch Berlin hat jetzt einen neuen Lexware-Drehort: Dort beteiligten sich die Freiburger unlängst am Start-up Kontist, der eine App für Bankgeschäfte von Freiberuflern entwickelt hat, die auch Vorhersagen über Steuerbelastungen macht – wenn gewünscht nach jeder Transaktion. „Das passt wunderbar zu unseren Themen“, sagt Frey. Man könnte auch sagen: Das ist die Ausweitung des Spielfelds, auf dem ­Lexware Zukunft in die Finger nimmt. Zu den Anteilseignern gehört übrigens auch die Lego-Familie. Lexware will Unternehmern Werkzeuge in die Hand geben, die verlässliche Daten für geplante Investitionen ausspucken – in Personal, in neue Maschinen oder Dienstleistungen. Ein weites Feld: Zwei Drittel der Zielgruppe arbeite Lars Bargmann noch mit Word und Excel. chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 19


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IT in der Region

Prämierte Progressivität iXenso bringt Mensch und Maschine ins digitale Zeitalter

Foto: © iXeno

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n einem klassischen Konzern arbeitet Thomas Kleiner schon seit 20 Jahren nicht mehr. „Das war mir damals schon zu unflexibel“, erinnert sich der Gründer von iXenso heute in seinem Freiburger Büro. Seitdem habe sich im Zuge der Digitalisierung und digitalen Transformation extrem viel getan – oft zu Ungunsten solch unbeweglicher Betriebe, die zu lange an traditionellen Strukturen und veralteter Technik festgehalten hätten.

Legt Wert auf eine flache Hierarchie: Thomas Kleiner, CEO von iXenso.

Damit es nicht noch mehr werden, will Kleiner die gewachsene Kluft zwischen IT und Unternehmensführungen schließen. Das beginne schon bei der Diskussion zum „papierlosen“ Büro. Denn vieles in der Arbeitswelt sei noch heute langsam, bürokratisch und papiergebunden: Unterlagen müssten noch händisch geprüft, genehmigt, kopiert und schließlich auch verteilt werden. „Durch den hohen manuellen Aufwand verstreichen Fristen“, sagt der 54-Jährige, der durch intelligente Klassifizierung und schnellen digitalen Eingang direkt in ein ECM-System dem Briefträger oft zuvorkommt. Nicht umsonst ließe ein führender Einzelhändler in Deutschland Steuerbescheide der Filialen über Lösungen der iXenso laufen. Die Verwandlung von Papier in Einsen und Nullen schaffe auch Platz. Vielen Unternehmen ginge dieser schlichtweg aus. „Wir sprechen hier über ganze Hallen voll mit Aktenschränken“, sagt der Spezialist. Um andere Unternehmen ins digitale Zeitalter zu führen, musste Kleiner aber zuerst seine eigene Firma zukunftssicher machen. „Heute verbinden wir das Beste aus zwei Welten.“ Konzernstrukturen würden bei iXenso durch Start-upCharakter und flache Hierarchien auf-

gebrochen. Dazu käme größtmögliche Transparenz sowie Vergünstigungen für seine Angestellten: „Neben KitaPlätzen und E-Bikes legen wir auch viermal im Jahr unsere Zahlen offen – auf die wir mittlerweile in Echtzeit via SAP Cloud zugreifen können – damit jeder weiß, wo wir stehen und wo wir hinwollen.“ Damit dürfte auch jeder der mehr als 80 Mitarbeiter im Unternehmen den Gewinn des renommierten Telekom DigitalX Preises mitbekommen haben, den Kleiner Anfang Mai für Digitale Prozesse und Organisation in Stuttgart überreicht bekam. „Wir haben viel Erfahrung gesammelt, sowohl in Bezug auf die Organisationsform als auch bezüglich der geeigneten und finanziell tragbaren technischen Plattform. Dieses Know-how geben wir nun an Unternehmen weiter, auch in Bezug auf den Wandel hin zu digitalen Produkten“, kommentiert Kleiner. Diese seien die Zukunft: „Autos werden bald nicht mehr gekauft werden, verdient wird ausschließlich an der Buchung und den digitalen Services.“ Mit diesem Konzept hätten Streaming-Dienste den Musikmarkt bereits umgekrempelt. Um in solch umkämpften Märkten eine schnelle Entscheidungsfindung zu

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garantieren, arbeitet iXenso mit organisatorischen Xells. Sogenannte ServiceOwner verantworten Kernprozesse des Unternehmens, Business Developer werden mit allen notwendigen Kompetenzen wie Budget und Mitarbeiterverantwortung ausgestattet und finden sich in diesen Xells zusammen. „Ab diesem Zeitpunkt agieren meine Kollegen bereits eigenverantwortlich“, sagt Kleiner, der an so entstandenen Arbeitszellen bei Bedarf auch gerne unten andocke. Voraussetzung für diese Vernetzung und Zellteilung seien einheitliche Kernprozesse als gemeinsame Arbeitsgrundlage, beispielsweise in Form einer Business Suite. „Diese Plattform muss davor unbedingt definiert sein und vorzugsweise bereits in der Cloud laufen“, betont er.

»Aus einem Tanker werden viele Schnellboote« Die dadurch gewonnene Agilität zahle sich aus: „Aus einem Tanker werden so viele Schnellboote.“ Längst nicht jede Firma sei diesem wirtschaftlichen Wellengang und rasanten Tempo der digitalen Transformation gewachsen, oft liefen die unterschiedlichsten Applikationen in einem Haus und sogar aneinander vorbei. Die wenigsten Firmen würden alle Stränge in einer Suite zusammenführen und alle Geschäftsprozesse dort abbilden. Die Gefahr, auf dem Markt überholt zu werden, sei damit hoch: „Kreative Zerstörer wie unter anderem Airbnb greifen klassische Hotels an und überlegen, wie sie es digital besser machen können.“ Erst mal auf den Plan getreten, sei es für die althergebrachten Unternehmen oftmals schon zu spät. Philip Thomas


IT in der Region

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Schwerpunkt Sicherheit

Continum verbindet sichere Rechenzentren mit Cloud-Dienstleistungen

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Illustrationen: © freepik.com, hk

igene Rechenzentren für unternehmenskritische Daten und die Cloud als virtueller Werkzeugkasten: Die Continum AG aus Freiburg bietet sichere und flexible IT-Lösungen für Mittelstand und Global Player. „Heutzutage muss man keine IT mehr kaufen, Rechenpower lässt sich unkompliziert mieten“, sagt Julian Sayer, Vorstand bei Continum. Viele der Kunden kommen aus dem Mittelstand. Aber auch Unternehmen wie Lufthansa, die Sick AG und MTU betreuen der Diplom-Ingenieur und sein Team. Abstriche in Punkto Datensicherheit mache das dreißigköpfige Team in der fünften Etage des Freiburger Hauptbahnhofs nicht. „Sicherheit ist unser Schwerpunkt“, sagt Sayer. Die Liste der entsprechenden Zertifikate ist lang. Sogar der Payment Card Industry Data Security Standard (PCI-DSS) hängt bei Continum an der Wand. Damit können auch sensible Kreditkarteninformationen verarbeitet werden. „Dazu bedarf es extrem hoher Sicherheitsanforderungen, nur wenige Betreiber sind dazu überhaupt in der Lage“, betont der Ingenieur. Um dieses Level zu halten, werde Continum jährlich durch externe Dienstleister auditiert. Unternehmenskritische Applikationen wie Online-Shops oder Waren-Wirtschaftssysteme seien im Hause Continum somit gut aufgehoben. Die dazu notwendige Rechenleistung ließe sich jederzeit bedarfsgerecht anpassen: „Nach oben decken

wir alles ab.” Ein Beispiel für einen zufriedenen Kunden ist der Hockenheimring. Dieser zahle für die IT-Infrastruktur nur das, was er tatsächlich verbrauche. So herrsche auf der Internetseite der Rennstrecke das gesamte Jahr kein außergewöhnlicher Verkehr. Um aber den rapide steigenden Klickzahlen zum Formel1-Rennen gerecht zu werden, geben im August auch die Server Vollgas. Nach dem Ansturm werde dann die Leistung samt Kosten zurückgefahren. Neben eigenen Rechenzentren bietet Continum auch Cloud-Dienstleistungen, um aufwendige Applikationen wie Crashtestsimulationen zu berechnen. „Wir verstehen uns als Anwalt des Kunden und begleiten unsere Kunden in die Cloud“, sagt der 52-Jährige. Die meisten Clouds stammten von amerikanischen Unternehmen wie Amazon, Microsoft und Google. Dort würden Geschäftskunden ihre Daten aber ein Stück weit aus der Hand geben und dadurch Unsicherheiten entstehen. Damit der Wolkenbruch ausbleibt und Klienten nicht im Regen stehen, unterstützt Continum diese auf dem Weg in die Cloud und durch Hosting in den eigenen Rechenzentren in Karlsruhe und Freiburg. Diese würden nach strengen deutschen Gesetzen geführt. „Wir sitzen praktisch auf den Daten“, sagt Kristina Ettrich-Schmitt von Continum und deutet auf das untere Stockwerk, in dem sich eines der Rechenzentren befindet. Bei Trump wisse man schließlich nie, ob über dem Teich nicht doch mal ein Türchen geöffnet wird. pt Anzeige

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Digitalisierung made in Freiburg

baden IT vernetzt die Region mit neuem Rechenzentrum und Glasfaser aus eigenem Hause

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Fotos: © badenIT

loud, Big Data, IT-Services. Die Digitalisierung hat viele Gesichter. badenIT aus Freiburg führt alle wichtigen Dienstleistungen nicht nur sicher, sondern auch auf eigenen Datenleitungen zusammen. Seit der Gründung 1997 ist das Unternehmen auf 105 Mitarbeiter gewachsen und bietet dank eines neuen Rechenzentrums noch mehr sichere Infrastruktur für zahlreiche Mittelständler. „Ich bin überzeugt davon, dass wir die Digitalisierung selbst in die Hand nehmen müssen, um unsere Lebensräume darin auch zu gestalten“, sagt Peter Lais, Geschäftsführer von badenIT. Dazu brauche es die richtige IT-Infrastruktur als ein stabiles Grundgerüst. „Wenn der Keller nicht trocken ist, können die Zimmer darüber auch nicht gut sein“, erklärt er.

Als Grundversorger biete badenIT die Basis für digitale Strategien seiner Geschäftskunden. „Um Bits und Bytes brauchen unsere Kunden sich nicht zu kümmern“, sagt er.

»Wir sind kein anonymer Konzern « Zu diesen Kunden zählen unter anderem die städtischen Gesellschaften, der Verlag Herder, Schafferer und Haufe. Auch internationale Betriebe vernetzt badenIT. Bei Bedarf sogar bis nach Singapur und Mexiko. Viele der Geschäftsführer kenne Lais persönlich. Selbst Kunden wie die Freiburger Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner vertrauen baden IT. „Dann musst du gut sein. Unsere Kunden wissen, dass wir ihre Daten

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niemals herausgeben. Wir sind kein anonymer, transatlantischer Konzern, sondern behalten alles bei uns in unseren Rechenzentren in der Region“, sagt Lais. Die ihm anvertrauten Einsen und Nullen lässt er dabei quasi nie aus den Augen: Ein im März eröffnetes, knapp drei Millionen Euro teures Rechenzentrum kann der Geschäftsführer von seinem Büro aus sehen. Das 250 Quadratmeter große Datencenter ist durch den anerkannten Tier 3+ Standard ausgezeichnet, der hohe Datenverfügbarkeit rund um die Uhr garantiert. Wichtig ist Lais neben sicherer und zuverlässiger Technik sowie der Anbindung zum firmeneigenen Glasfasernetz auf getrennten Trassen auch ein nachhaltiger Aspekt: Eine begrünte Außenwand des Komplexes soll jährlich bis zu einer Tonne Kohlenstoffdioxid binden. Mit freier und direkter sowie


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IT in der Region

»Private Firmen können verkauft werden, wir sind morgen noch hier«

Ganz schön grün: Die Green-Wall am neuen Rechenzentrum von badenIT soll jährlich rund eineTonne CO2 binden.

indirekter Kühlung erreiche das Rechenzentrum zudem eine hohe Energieeffizienz. „Wir haben das grünste Rechenzentrum hier“, sagt Lais. Mit dem neuen Rechenzentrum solle Südbaden noch besser vernetzt werden. Auch Kommunen werden in dieses Netz eingewoben. Damit das gelingt, lässt badenIT Glasfaser verlegen, um Breitbandanbindungen zu ermöglichen. Zusammen mit dem Spezialisten Stiegeler IT in einigen Gebieten auch bis in private Haushalte. Denn Lais verfolgt große Pläne: „Wir wollen der regionale Ansprechpartner Nummer Eins sein.“ Als hundertprozentige Tochtergesellschaft der badenova könne man das durch den Ausbau von schnellen Glasfaserleitungen aus eigenem Hause auch vorantreiben. Die Voraussetzung für die digitale Arbeit sei, neben gegebener Kundennähe, in Freiburg auch perspektivisch ideal: „Wir haben hier eine gute Uni mit tollen Mathematikund Informatikfakultäten.“ Neben der Technik entwickelte man auch das eigene Portfolio ständig weiter. Neu seien sogenannte Data-Lakes, also Datenspeicher, die Rohdaten in großen Mengen aufnehmen und für Analysen nutzbar machen können. „In Daten steckt unglaublich viel Platz für Innovation und Optimierung“, sagt Lais.

Zu diesem Angebot gehöre auch ein Höchstmaß an Sicherheit, das durch jährliche Audits bestätigt werde: „Sowohl unsere Prozesse als auch unsere Rechenzentren sind sicher, mehrfach zertifiziert, TÜV-geprüft und absolut stabil.“ Grund sei die Infrastruktur hinter der Hardware: „Unsere Server stehen sozusagen in einem Hochsicherheitstrakt.“ Erst 2014 eröffnete badenIT ein Datacenter in der Ferdinand-Weiß-Straße. Es sei wie alle Rechenzentren des IT-Anbieters rund um die Uhr personell überwacht und durch zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen wie Alarmanlagen gesichert. Darüber hinaus seien sensibelste Sensoren zur Brandund Wassermeldung im Komplex verbaut und mit einer Direktmeldeeinrichtung zur Freiburger Feuerwehr versehen. Saft bekämen die Platinen aus zwei unterschiedlichen Umspannwerken und sogar für den Fall eines Stromausfalls stünden zwei unabhängige Dieselgeneratoren bereit. „Das ist komplett ausfallsicher. Selbst wenn in Freiburg mal das Licht ausgeht, unsere Rechenzentren laufen weiter“, sagt Lais. Auch vor wirtschaftlichen Ausfällen seien seine Kunden gefeit: „Private Firmen können verkauft werden. Wir sind morgen noch hier.“ Philip Thomas chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 23


IT in der Region

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Rechenleistung aus der Region Leitwerk setzt auf neues Rechenzentrum in Appenweier

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b Juli im Gewand der Novellus Holding AG und ab Herbst mit neuem Rechenzentrum: Die Leitwerk AG vernetzt mehr als 300 regionale Betriebe mit Baden und der ganzen Welt. „IT ist erwachsen geworden”, sagt Marco Andreano, Technischer Leiter bei Leitwerk. Der gewachsene Sprössling in Form von Hard- und Software fresse Firmen heute schnell alle Haare vom Kopf: „Rechenleistung braucht eine starke Infrastruktur, die durch geschultes Personal auch instandgehalten wird.” Das könnten Betriebe entweder selbst stemmen oder in die Hände von Profis geben. „Wir bieten genau diese Plattform”, sagt der 37-Jährige. Auf Wunsch auch mit individueller Beratung und auf Kundenwünsche zugeschnitten – dabei aber nie kleinteilig: „In einigen Unternehmen ist es leider üblich, IT von der Pike bis zum Nutzer individuell aufzubauen. Aber das ist zu fehleranfällig.“ Bei einem Auto rede man schließlich auch nicht

Neue Hardware: Im Herbst eröffnet Leitwerks neues Rechenzentrum. über Räder und Reifen. „Eine gewisse Basis wird einfach vorausgesetzt. Wir sprechen hier über Getränkehalter und vielleicht die Form des Lenkrades”, erklärt Andreano. Natürlich seien bei Leitwerk auch die Airbags des sprichwörtlichen Flitzers serienmäßig: „Wir sind Experten in Sachen Datensicherheit, unsere Cloud funktioniert nach der

Foto: © Leitwerk

deutschen Datenschutzgrundverordnung. Damit bleibt alles bei uns und in der Nähe des Kunden”, sagt Andreano. Er betont: „Wir sind kein anonymer Konzern, sondern ein regionaler Anbieter und gehen hier nicht weg.” Ein Beleg dafür steht ab Herbst auf dem Leitwerk-Campus in Appenweier. Dann soll dort ein neues Rechenzentrum ans Netz gehen. pt

Fesenmayr und Marondo investieren Anteilswechsel bei Oxid E-Sales

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er Freiburger E-CommerceSpezialist Oxid eSales AG hat einen neuen Anteilseigner: Die Münchner Beteiligungsgesellschaft Marondo übernimmt Anteile von der LBBW Venture Capital, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft BadenWürttemberg (MBG). Zudem baut der Mitgründer und CEO der Oxid eSales AG, Roland Fesenmayr, seine eigene Beteiligung aus.

Fesenmayr wird damit hinter Marondo zweitgrößter Aktionär. „Ich freue mich, mit Marondo einen starken Investor gewonnen zu haben, der nicht nur IT- und Software Background mitbringt, sondern auch international über große Erfahrung verfügt“, heißt es in einer Pressemitteilung. Neben Marondo hält auch die IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt Anteile. Oxid eSales befände sich 16 Jahre nach der Gründung in Freiburg auf einem „sehr profitablen Wachstums-

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kurs“. In diesen und in noch mehr Internationalität wollen Marondo und IBG mitinvestieren. Oxid eSales bietet Shop-Software, die in die Webseite der Kunden eingebettet wird, Käufe abwickeln kann und es so Händlern ermöglicht, im Internet bessere Geschäfte zu machen. Die Shop-Software ist eigenen Angaben zufolge mehr als eine halbe Million Mal heruntergeladen worden. Das Unternehmen beschäftigt derzeit bib 80 Menschen.


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THS Consulting GmbH Unternehmens-IT Die THS Consulting GmbH ist ein Full-Service-Anbieter für Unternehmens-IT. Gegründet im Februar 2018 durch Thomas H. Spothelfer. Mit ihm verfügt THS Consulting über mehr als 25 Jahre IT-Erfahrung in internationalen Großprojekten. „Wir verstehen uns als Partner bei der Digitalisierung des Geschäftsmodells und stehen für intelligente Lösungen in der Beratung, Entwicklung und Umsetzung mit maximalem Mehrwert für das Geschäft unserer Kunden“, betont Thomas Spothelfer, Geschäftsführer der THS Consulting GmbH mit Sitz in Lahr.

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IT in der Region

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Das Speedboat des Intranets United Planet digitalisiert 5000 Kunden

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Fotos: © United Planet

ie ist eine der erfolgreichen Softwareschmieden im kleinen Freiburg, die mit ihren Lösungen Unternehmen in der großen weiten Welt versorgt: Die United Planet GmbH, geführt von Katrin Beuthner und Manfred Stetz, heimste seit ihrer Gründung vor mehr als 20 Jahren zahlreiche Preise ein, setzte zuletzt knapp zehn Millionen Euro um, beschäftigt 100 Menschen, veranstaltet eigene Kongresse und will international weiter wachsen. Die Zauberformel an der Schnewlinstraße 2 im Business-Xpress heißt Intrexx. Ein Kunstwort. Was sich dahinter verbirgt? Eine Low-Code-Development-Plattform: „Möglichst wenig Programmierarbeit, möglichst viel visuelle Unterstützung“, erklärt Beuthner. Selbst der – programmiertechnisch ahnungsfreie – Autor dieser Zeilen könne damit nach kurzer Einarbeitung eine Applikation entwickeln. Keep it simple ist das Motto. „Vor drei Jahren wusste ich kaum, was ein Intranet kann, heute programmiere ich die meisten Anwendungen selbst“, sagt etwa Ulrike Berger, die Leiterin der Alexander Bürkle-Akademie. Mit Intrexx könne sie Anregungen

Aktueller Standort: UP belegt mehrere Etagen im Business-Xpress am Hauptbahnhof.

sofort selber umsetzen, statt lange auf Dienstleister zu warten: „Das gefällt mir.” Intrexx ist so etwas wie das Speedboat unter den Intranet-Anbietern. „Wir haben Projekte, die dauern nur ein paar Tage“, sagt Beuthner. Es gebe aber durchaus Unternehmen, die noch mit beiden Beinen in der analogen Welt stehen, bei denen die Digitalisierung erst ganz langsam startet und durchaus auch zu einem größeren Projekt werden kann. Intrexx bietet auch Social Intranet und mit Intrexx Share auch eine Social Business Plattform, die das Erfolgsprinzip von Facebook nutzbar machen will. Newsfeeds statt E-Mail, schnelle, simple Kommunikation statt Meetings, virtuelle Arbeitsräume statt Konferenztische. Alle Daten sind dabei auf dem geschützten Firmenserver oder wahlweise auch in der Cloud. Intrexx läuft auf Java, ist also provider- und plattformunabhängig. So gibt es auch keine Probleme mit bereits bei den Firmen verwendeten Programmen. Das Beratungs- und IT-Marktforschungshaus ISG Information Services Group hat beim jüngsten „ISG

Provider Lens Germany 2018 – Social Business Services & Solutions“ United Planet bereits zum fünften Mal als „Social Business Leader“ ausgezeichnet. Damit behaupteten die Freiburger ihren Platz als führende Anbieter für Social Enterprise Networking Suites. Ein Jahr zuvor hatte die „Experton Group/ISG“ United Planet in einer anderen Studie als führender Lösungsanbieter für den Digital Workspace ausgezeichnet. Die noch wertvollere Auszeichnung ist für Beuthner und Stetz aber, dass das größte internationale Marktforschungsinstitut Gartner United Planet in den Quadranten für Horizontale Portale aufgenommen hatte. „Das war schon eine große Ehre, als eines von zwei deutschen Unternehmen (das andere war SAP, d. Red.) dort gelistet zu sein.“ Mit solchen Preisen behauptet sich United Planet im Kreis der Global Player neben Microsoft, IBM oder Salesforce als mittelständischer deutscher Anbieter – made in Freiburg. Zu den bekannten Kunden in der Region zählen neben Alexander Bürkle etwa die Zahoransky AG, Hekatron, die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg oder auch das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg. „Das Intrexx-Projektmanagement bietet Funktionen, die wir uns früher immer gewünscht haben. Dadurch profitieren wir von deutlichen Arbeitserleichterungen und sind sehr zufrieden“, so Monika Steiert, die das Sachgebiet Projektarbeit leitet. Auch Böhringer Ingelheim, die Stadtverwaltung Sindelfingen, TUI oder die Frankfurter Sparkasse setzen auf Intrexx. „Die Frankfurter brauchten ein neues Intranet, haben uns angerufen und gefragt, was wir können“, erzählt Beuthner. Offenbar

Im Kreis der Global Player


Menschen: Katrin Beuthner und Manfred Stetz leiten das Unternehmen, in dem ein kostenloser Kaffeeautomat für die Belegschaft zu den Selbstverständlichkeiten zählt. einiges. „Bei vielen Intranetlösungen benötigt man gleich ein hohes Budget und es bleibt dennoch wenig Spielraum für Anpassungen. Mit Intrexx bekommt man ein flexibles Unternehmensportal schneller, günstiger und schöner hin”, so Petra Geisperger, die Gruppenleiterin Interne Kommunikation bei der Sparkasse. „Wir passen uns eben an den Kunden an und nicht der Kunde an unsere Software“, sagt Stetz. Jeder Kunde soll das machen können, was er will, und nicht, was Intrexx will. Kunden gibt es mittlerweile rund 5000 – quer durch alle möglichen Branchen. Ein Beleg für die enorme Flexibilität von Intrexx. Stetz und Beuthner wollen das Unternehmen künftig noch internationaler ausrichten. Dabei gibt es schon heute Partner in Frankreich und Finnland, Rumänien und Russland, Italien und Irland, Österreich und Schweiz, Bulgarien und Tschechien, aber auch in den USA oder Australien. Diese Partner durchlaufen einen Ausbildungsund Zertifizierungsprozess und können dann bei den Kunden vor Ort genauso arbeiten und installieren wie die Freiburger bei ihren Kunden. Die Kunden kaufen Intrexx entweder einmalig und schließen einen Wartungsvertrag ab, oder nutzen die Mietvariante. Sie entwickeln entweder selber mit den Bausteinen oder lassen entwickeln. Die vielfältige Nutzungslandschaft der Software präsentiert United Planet alle zwei Jahre beim eigens kreierten Digitalisierungskongress „Portal Visions“ im Freiburger Konzerthaus. Zu dem kommen bestehende oder künftige Kunden – das sind dann jeweils rund 400 Köpfe. Die anschließende Party im Freiburger Jazzhaus ist obligatorisch. Digitalisierung meint nicht nur die Optimierung von Arbeitsabläufen, sondern fordert zum Teil auch tiefgreifende Veränderungen von Geschäftsmodellen – ist aber dafür auch eine Chance für Innovationen, für die der Kongress Denkanstöße und Lösungsansätze bietet. Denn dort plaudern Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen aus dem Nähkästchen, geben in mehr als 30 Vorträgen Einblicke in ihre Digitalisierungs-Projekte, in die Themen Digital Workplace, Social Intranet, B2B-Portale oder auch Industrie 4.0. Im vergangenen Jahr zeigte Hekatron, wie man als Mittelständler ein „Mindset“ für die Digitale Transformation ent-

wickelt. Die Sick AG präsentierte Industrie 4.0 als Bindeglied zwischen IT und Industrie. Und die Caritas Wien zeigte, wie Digitalisierung die Zusammenarbeit zwischen mehreren tausend Mitarbeitern verbessert. Industrie 4.0 oder das viel zitierte Internet der Dinge (IoT) sind ebenfalls zentrale Zukunftsthemen. „Mit Intrexx können die Unternehmen Zustände ihrer Maschinen oder Sensoren überwachen und visualisieren, Verschleißteile finden, bestellen und beispielsweise den Einkauf informieren“, erläutert Stetz. United Planet hat sich Industrie 4.0 früh zu eigen gemacht, mit Intrexx Industrial eine eigene, effiziente Lösung für Industrie 4.0-Projekte erarbeitet und wurde schon 2017 als „Industrie 4.0-Leuchtturmprojekt“ von der baden-württembergischen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut beim Wettbewerb „100 Orte für Industrie 4.0 in Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. Intrexx Industrial ermöglicht auf Basis einer digitalen Vernetzung die Entstehung einer automatisierten Produktion. „Die Software verbindet Menschen, Maschinen und Produkte miteinander, sodass vielfältige Synergien entstehen“, erklärt Stetz. Sie ermöglicht, zu jeder Zeit von jedem Ort auf Produktionsdaten zuzugreifen, quasi eine Momentaufnahme der Produktion zu erstellen, Plan- und Ist-Werte zu vergleichen und somit Fehler zu vermeiden und Ausfallzeiten zu minimieren. Das eingesetzte Kapital rentiere sich in der Regel bereits im ersten Jahr. In dieser Zeit wird aus analog digital und aus kompliziert ganz einfach. In den Firmenräumen geht es familiär zu: In einer Ecke steht ein Kicker, in der Cafeteria sitzen zwei Mitarbeiter, die Chefs werde mit einem freundlichen Nicken begrüßt, Firmenhund Max schaut nur kurz hoch und döst dann weiter. Wenn Weihnachten vor der Tür steht, dann geht es nicht um Kundengeschenke, sondern dann stimmen Mitarbeiter darüber ab, welcher sozialen Einrichtung Geld gespendet wird – im hauseigenen Social Intranet. „Dreamwork durch Teamwork“ steht auf einem Banner. „Das steht da nicht nur“, sagt Stetz, „das ist unsere DNA.“ Lars Bargmann

Menschen und Maschinen verbinden

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Verbände

Neuer Kammerdiener zu schnell im Kreuzfeuer der Kritik Die Entscheidung von IHK und Dieter Salomon verdient Respekt

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Illustration: © Hannah Karayilan

ieter Salomon (58) wird neuer Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK). Mit Alwin Wagner (31) bekommt Freiburgs Alt-OB erstmals in der Kammergeschichte einen Stellvertreter zur Seite gestellt. Vom Herrscher zum Diener: Dieter Salomon macht in diesen Tagen eine Metamorphose durch. Sicher ist es überraschend, dass sich der von Martin Horn aus dem Amt gedrängte ehemalige Rathauschef überhaupt auf einen solchen Posten beworben hat. Er rief zuvor bei IHK-Präsident Steffen Auer an, ob dieser seine Bewerbung ernsthaft prüfen werde. Auer rief sodann bei Horn an und berichtete von Salomons Vorstoß. Unter 120 Bewerbern machte der Ex-OB dann das Rennen um den gut dotierten, aber längst nicht überall goutierten Job. Salomon bringe sämtliche Anforderungen mit sich, begründete Auer unlängst vor Journalisten die Entscheidung. Er ist politisch gut vernetzt, nicht zuletzt in Stuttgart und Berlin, „kann Türen öffnen“, habe Wirtschaft studiert, sei ein „gescheiter Kopf“, ein Experte der

IHK

Neues Spitzenduo: Dieter Salomon (l.) und sein Vize Alwin Wagner. öffentlichen Verwaltung, habe grenzüberschreitende Erfahrungen und sei ein „sehr guter Redner“. Das Allerwichtigste aber: „Er hat richtig Lust auf den Job und will seine Rolle wahrnehmen.“

»Er kann Türen öffnen« Das Rollenverständnis wird beim Gelingen wohl die größte Rolle spielen. Salomon und Auer bringen die Positionen der Vollversammlungen unters Volk, vielmehr: als Lobbyisten auf die politische Bühne. Auch wenn Salomon selbst das nicht als politisches Comeback einschätzt: „Ich werde nicht einmal Politik durch die Hintertür machen.“ Die Kammer hat mit dem bisherigen Hauptgeschäftsführer (HGF) Andreas Kempff einen erfahrenen Spielmacher

Foto: © IHK

an einen anderen Verein abgegeben. Ob Salomon auf dieser Position nun eine Verstärkung oder erst einmal ein Perspektivspieler ist, wird sich zeigen. Die Entscheidung der Kammer – vor allem als doppelte mit dem HGF in spe, Alwin Wagner, ist sehr nachvollziehbar. Volkes Stimme zeigte sich, nachdem die BZ die Personalie bekannt gemacht hatte, im typischen Reflexmodus: Filz, Versorgung ausgeschiedener Politiker, Qualifikation Vitamin B. Kritik – oder eher: Unverständnis – an der Entscheidung von Salomon ist durchaus verständlich. Aber wenn sich der Ex-OB nun mal so und auch das Rennen für sich entschieden hat, verdient der neue Kammerdiener auch Respekt. Er verzichtet für den Job auf fast eine halbe Million Euro an Versorgungsleistungen. Er hätte es auch einfacher haben können, als nun den Kopf wieder hinzuhalten. Und er wird sicher nicht sanfter bewertet als sein Vorgänger, der „aus privaten Gründen“ die Kammer wechselte.


Unternehmen

Kempff warfen wichtige Menschen in der Stadt durchaus mal arrogantes Verhalten vor. Ende 2017 hatte er sich mit der IHK bei einem Projekt zur Förderung von Digital Hubs in Baden-Württemberg (mit Projektpartnern wie der Handwerkskammer, der Universität Freiburg, der Hochschule Offenburg, den Wirtschaftsregionen Ortenau und Südwest, der FWTM, bw-con, Klimapartner Oberrhein und anderen) kurz vor Abgabe des Förderantrags nach ein paar Sätzen aus der Runde verabschiedet. „Alle Anwesenden waren völlig perplex und not amused“, erinnert sich ein Beteiligter. Salomon war arrogantes Verhalten im OB-Wahlkampf vorgeworfen worden. Jetzt aber macht er anderen Eindruck: „Ich kann nützlich sein.“ – „Der Hauptgeschäftsführer hat die Aufgabe, den Präsidenten gut rauszubringen.“ – „Ich fühle mich der Raumschaft verpflichtet.“ So spricht Salomon heute. Wenn das sein neues Rollenverständnis ist, ist das nicht zu kritisieren, sondern beachtlich. Auch das Rollenverständnis der Kammer an sich steht auf der Tagesordnung. Zusammen mit Prognos erstellt die IHK derzeit eine große Regionalstudie, die Erkenntnisse über die künftigen Handlungsfelder bringen soll. Die IHK, sagt der Präsident, müsse sich von einer „bürokratischen Organisation zu einer mitgliederorientierten Kammer“ entwickeln. Man kenne die großen Betriebe, die kleinen und mittleren aber weniger. Für Salomon sind es gerade die Familienbetriebe, die Mittelständler, die gefördert werden müssen. Die Wirtschaft in Südbaden müsse mehr „mit einer Stimme sprechen“, sagt Auer. Dazu würde auch die IHK Hochrhein-Bodensee zählen. Sicher ein zu beackerndes Feld für die neue Doppelspitze der Kammer. Die Digitalisierung ein drittes. Auer bekräftigte auch seinen Wunsch nach einer baulichen Erweiterung in Freiburg, wo die Lage „weniger wirtschaftsfreundlich sei“ als etwa in der Ortenau. In Freiburg gibt es zudem Vorbehalte gegen die Neubaupläne auf dem Crash-Areal oder der Faulerpalette (wir berichteten). „Die Stadtverwaltung hat unsere Pläne im Auge“, drückte sich Auer aus. Der ehrenamtliche Präsident Auer, der vielstimmig für sein äußerst aktives Wirken gelobt wird, wird die IHK satzungsgetreu im Jahr 2021 verlassen. Salomons Arbeitspapier läuft bis Mitte 2024. Ob dann Wagner, der in der IHK eine steile Karriere hingelegt hat, sein Nachfolger wird, ist offen. Das entscheidet dann – wie bisher – die 50-köpfige Vollversammlung, die sich drei Mal im Jahr trifft. Über das konkrete Abstimmungsergebnis bei der Wahl schwieg sich Auer ebenso aus wie über die Bezüge von Salomon. Bei der IHK in Essen kassiert der Chef 172.000 Euro. Im Jahr 2017 verdiente die siebenköpfige Führungsebene der Freiburger Kammer 767.175 Euro. Lars Bargmann

Baustart für JobRad Strabag startet mit Milestone 3

Foto: © STRABAG Real Estate

Bitte lächeln: Martin Haag, Carsten Brosch (Züblin), Martin Horn, Holger Tumat, Sandra und Ulrich Prediger, Martin Lauble und Strabag-Geschäftsführer Rainer Maria Schäfer bei der Grundsteinlegung. Der Grundstein ist gelegt: Die Strabag Real Estate GmbH hat mit dem Bau des Milestone 3 an der Bahnhofsachse begonnen. Einziehen wird im Herbst 2020 die JobRad GmbH. Die Strabag wird das fünfgeschossige Gebäude an einen institutionellen Anleger verkaufen. Nach bib-Informationen für mindestens 30 Millionen Euro. „Das ist ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung an der Businessmeile“, sagte der Freiburger Strabag-Bereichsleiter Martin Lauble. Baubürgermeister Martin Haag: „Wir bauen hier ein gutes Stück Freiburg.“ Oberbürgermeister Martin Horn nannte JobRad „unser erfolgreichstes Start-up, ein ganz besonderes Unternehmen“. Nicht zu Unrecht: Der Dienstradanbieter hat derzeit 15.000 Arbeitgeber mit mehr als zwei Millionen Beschäftigten unter Vertrag, wächst im Eiltempo, ist mit rund 250 Mitarbeitern auf vier Standorte verteilt, und der Gründungsgeschäftsführer Ulrich Prediger weiß heute auch noch nicht, wie lange die 7000 Quadratmeter Nutzfläche das Wachstum überhaupt beherbergen können: „An diesem innenstadtnahen Standort haben wir aber auch künftig noch Expansionsmöglichkeiten.“ Bis zu 320 Arbeitsplätze bietet der Neubau. Über den Mietpreis hüllten sich Lauble und Prediger in Schweigen. Im Milestone 3 – das der Generalunternehmer Ed. Züblin im hohen ökologischen Standard nach DGNB-Gold erstellt – wird es neben Büroflächen auch ein Mitarbeiter-Restaurant, ein öffentliches Fahrradcafé sowie anmietbare Tagungs- und Veranstaltungsräume geben. Zu den festen Nutzern für diese zählt etwa die International Christian Fellowship (ICF). bar chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 29


Menschen und Meldungen

1,6 Millionen Euro für die Umwelt

Fünf Innovationspreise

BZ zeichnet Jobmotoren aus SÜDBADEN. Die Badische Zeitung und ihre Partner haben beim diesjährigen Jobmotor-Wettbewerb sieben Firmen ausgezeichnet, die 2018 prozentual und absolut die meisten Mitarbeiter eingestellt haben. Seit 2006 haben die teilnehmenden Firmen 16.307 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. Heuer gewonnen haben „Sauter – grün erleben“, Pfizer Deutschland, das Markgräfler Hotel Alte Post, Erdrich Umformtechnik, die EMV AG und Höfler & Stoll Architekten. Ein Sonderpreis ging an die Heiliggeistspitalstiftung.

Badenova unterstützt Klimahelden

Foto: © Badenova

FREIBURG. Die Technologiestiftung BioMed Freiburg und das Medizintechnikunternehmen Stryker haben, unterstützt von der Sparkasse FreiburgNördlicher Breisgau, zum 14. Mal die mit je 2000 Euro dotierten Freiburger Innovationspreise vergeben. Ausgezeichnet wurden die Unternehmen Chap Assistance, CorTec, Dotscene, Glassomer und Mondas von Stiftungsvorstand Hanna Böhme, dem Leiter des Freiburger Stryker-Werks Christoph Gerber, Oberbürgermeister Martin Horn und dem Sparkassen-Vorstandsvorsitzenden Marcel Thimm. „Die Fähigkeit, immer wieder neue innovative Produkte, Prozesse und Methoden hervorzubringen, ist eine Keimzelle des technischen Fortschritts und Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung“, sagte Böhme. Thimm ergänzte: „Die Innovationsfähigkeit und Innovationskraft mittelständischer Unternehmen in unserer Region bilden die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg und sichere Arbeitsplätze.“ Deshalb unterstütze die Bank innovative Unternehmen, um den Standort Freiburg weiter zu stärken. „Es ist uns eine besondere Freude, der technologischen Kompetenz und Innovationsfreude in der Region Freiburg zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen“, so Gerber.

Erstmals wurden die Projekte mit einem Klimaheldpreis öffentlich prämiert. SÜDBADEN. Schon im 19. Jahr investiert der Energiedienstleister Badenova AG drei Prozent seines Jahresgewinns in die Förderung von innovativen Klimaund Umweltschutzprojekten. In diesem Jahr erhalten aus diesem – in der Energiewirtschaft einmaligen – Fonds 16 Pionierideen rund 1,6 Millionen Euro. Seit 2001 wurden 256 Projekte mit insgesamt 29 Millionen Euro unterstützt. Dies hat Folgeinvestitionen in Höhe von 126 Millionen Euro ausgelöst. „Es gibt kein anderes Unternehmen in ganz Baden-Württemberg, das eine vergleichbare Summe aus seinem Gewinn jährlich für die Förderung von privaten und kommunalen Klimaund Umweltprojekten bereitstellt“, so Badenova-Vorstand Mathias Nikolay.

Die Palette der Preisträger reicht vom Cowfunding, bei dem eine OnlinePlattform zur Direktvermarktung von regionalen ökologischen Fleischprodukten aufgebaut werden soll, über die Umsetzung eines öffentlichen Hochleistungs-Ladesystems für Elektrofahrzeuge in Freiburg bis hin zu Praxis- und Feldversuchen, bei denen die Auswirkungen einer regenerativen Landwirtschaft auf den Humusaufbau und damit die CO²-Bindung im Boden untersucht wird. Für den nächsten Klimaschutzpreis können sich Privatpersonen, Vereine, Firmen oder Kommunen noch bis zum 31. Oktober bewerben. bar

32 Millionen für Friz

Schell bestätigt

FREIBURG. Die L-Bank investiert 32 Millionen Euro in ein Freiburger Innovationszentrum (Friz). Das gab die Vorsitzende des Verwaltungsrats, die aus Freiburg stammende Finanzministerin Edith Sitzmann, bekannt. Das Büround Laborgebäude soll 13.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche haben und auf dem Campus der Technischen Fakultät am Flugplatz entstehen.

STUTTGART. Hanns-Georg Schell wurde bei der Wahl zum Verwaltungsrat des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) am 6. Mai erneut als Vertreter Südbadens bestätigt. Schell ist geschäftsführender Partner der Freiburger Niederlassung der Bansbach GmbH, einer Wirtschaftsprüfungsund Steuerberatungsgesellschaft mit insgesamt 350 Beschäftigten.

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Menschen und Meldungen

FWTM verkauft Teil der Intersolar FREIBURG. Die Freiburg Management und Marketing International (FMMI), eine Tochter der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) und der Solar Promotion GmbH aus Pforzheim, zieht die Reißleine und verkauft die Intersolar North America an die amerikanische Firma Diversified Communications (DC). Der US-Ableger leidet unter Besucher- und Ausstellerschwund und bringt Verluste. Die Messe fällt in diesem Jahr ins Wasser und soll im nächsten nicht mehr in San Francisco stattfinden. Die FMMI erwartet wegen des US-Geschäfts für 2019 ein Minus in Höhe von 650.000 Euro. Neben der Intersolar Europe, die weiter gut läuft, gibt es Ableger in Brasilien, Dubai, Indien und Mexiko.

Über die goldenen DLG-Medaillen für die Brauerei Ganter freuen sich der technische Leiter Christoph Krebs (rechts) und Foto: © Britt Schilling Braumeister Lukas Teuber.

Neuer Chef für Stadiongesellschaft

Ganter gewinnt Gold

FREIBURG. Der Gemeinderat hat mit Michael GedeonGöbel einen neuen Geschäftsführer für die Stadion Freiburg Objektträger GmbH & Co. KG (SFG) gewählt. Er tritt die Stelle zum 1. Juni an und wird damit Nachfolger des in den Ruhestand gegangenen Reinhard Zähringer. Gedeon-Göbel ist Leiter der Abteilung Steuern in der Stadtkämmerei und wird seine Tätigkeit als Geschäftsführer nebenamtlich ausführen. Die beiden anderen Geschäftsführer der SFG, Jochen Tuschter vom Amt für Projektentwicklung und Marcel Boyé vom Sportclub Freiburg, bleiben im Amt.

FREIBURG: Die Ganter-Brauerei hat beim jüngsten DLGWettbewerb zwei Gold- und vier Silbermedaillen gewonnen. In der Kategorie der Craft-Biere holte „Wodan“ erneut Gold, dicht gefolgt von „Magisch Dunkel“ mit Silber. Gold gab es auch fürs „Freiburger“ und jeweils Silber fürs Pilsner, Urtrunk und Export. „Die hohen Auszeichnungen für unsere Biere machen uns nicht nur glücklich und stolz, sondern sind der objektive Beweis, dass sie mit besten Rohstoffen nach optimaler Rezeptur gebraut werden“, freut sich Geschäftsführer Detlef Frankenberger. Anzeige


Kolumne

Menschen und Meldungen

Von Dienstautos und Gutscheinarten

Fotos: © privat

Der Freiburger Steuerberater Erik Herr ist ein Routinier im Geschäft. Sein Sohn Nico Herr ist nun als frischgebackener Steuerberater und Mitgeschäftsführer in die Kanzlei gekommen. Erfahrung trifft Newcomer. Für die bib-Leser berichten sie über Nützliches und Kurioses, Aktuelles und Steuerbares.

Foto: © Waldhaus

Schickt per Mail immer „feingehopfte Grüße“: Dieter Schmid im Sudhaus. Das Ende des Firmenwagens für den als Minijobber angestellten Ehepartner? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat unlängst ein Arbeitsverhältnis nicht anerkannt, bei dem die Vergütung des Minijobs überwiegend aus dem 1-Prozent-Anteil für die Privatnutzung eines PKW bestand, da hierbei der Gesamtaufwand für das Fahrzeug nicht im Verhältnis zur Arbeitsleistung des Arbeitnehmers stünde. Allerdings ist dies nicht das Ende des Firmenwagens für Minijobber, da der BFH darauf hinweist, dass eine Anerkennung möglich ist, wenn etwa eine Kilometerbegrenzung oder eine Zuzahlung für Privatfahrten über einem bestimmten Kilometerlimit vereinbart wird und dadurch der Gesamtaufwand im angemessenen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht. Die neue Unterscheidung von Gutscheinen: Seit Jahresbeginn gelten die neuen Absätze 13-15 des § 3 UStG, die die sogenannte Gutschein-Richtlinie der EU in nationales Recht umsetzen. Durch diese Neuerungen müssen künftig Gutscheine in zwei Arten unterteilt werden: die Einzweck- sowie die Mehrzweck-Gutscheine. Dabei bedeutet Einzweck, dass bereits beim Kauf des Gutscheins feststeht, welcher Umsatzsteuersatz (19 oder 7%) bei der Einlösung fällig wird und somit bereits beim Kauf die Umsatzsteuer (USt) ans Finanzamt abgeführt werden muss. Um einen Mehrzweck-Gutschein handelt es sich nach dem Gesetzeswortlaut, wenn „es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt“. Bei dieser Art wird die USt erst bei Einlösung fällig. www.herr-stb.de

20 Mal Gold in Folge WALDHAUS. Die Privatbrauerei Waldhaus hat für ihr Diplom Pils zum 20. Mal in Folge die höchste Auszeichnung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft erhalten. Die Goldmedaille. Das sei weltweit einmalig. Die Qualitätsprüfung durch die DLG gilt als härtester Biertest weltweit. „Wir sind unheimlich stolz, dass wir es nun schon über viele Jahre schaffen, unsere qualitative Spitzenstellung zu halten, ja sogar auszubauen“, sagt Brauereichef Dieter Schmid. Neben dem Diplom Pils wurden auch zehn

weitere Bierspezialitäten mit neun Goldund einer Silbermedaille von der DLG ausgezeichnet. Mittlerweile darf sich die Privatbrauerei über 500 verliehene nationale und internationale Auszeichnungen freuen. Die Biermanufaktur verwendet als eine der letzten Brauereien Deutschlands ausschließlich deutsche Aroma-Naturhopfendolden für ihre Biere. „Manche meinen vielleicht, dies sei eine unnötige Marotte von uns. Wir meinen, dass nur das Beste gerade gut genug für unsere Kunden ist“, so Schmid.

Neuer Kongress

Neue WVIB-Studie

KIRCHZARTEN. Vom 3. bis 6. Oktober findet der Kongress „Wirtschaft und Spiritualität“ erstmals in Kirchzarten bei Freiburg statt. Bis zum 30. Juni gibt es einen Frühbucherrabatt. Vertreter erfolgreicher Unternehmen und hochkarätige Berater (etwa von McKinsey & Company, Uniklinikum Freiburg, GLS Bank, Lufthansa und Weleda), bekannte Lehrende, Kreativitätsforscher, Philosophen und Coaches (etwa Franz Alt, Claus Eurich, Joachim Faulstich, Thomas Hübl) werden in Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden als Impulsgeber für eine mitmenschlichere Unternehmenskultur mit Teilnehmenden in Austausch kommen. Mehr Infos: freiburger-forum.com, facebook.com/ wirtschaftundspiritualitaet.

FREIBURG. Digitalisierung, Automatisierung, Vernetzung – die deutsche Autoindustrie steht vor großen Herausforderungen. Das ist ein Ergebnis einer Studie, die die wvib Schwarzwald AG bei der Prognos AG beauftragt hatte. Deutschland brauche innovationsfreundlichere Bedingungen: bessere Straßen und Schienen, Breitband- und Mobilfunkausbau, mehr Geld für Bildung und Forschung. „Geht es ums Erkennen von Trends und Innovationen, haben die Unternehmen schon immer ein besseres Händchen gehabt als der Staat“, so wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer. Das müsse in Zeiten der „konzernfixierten Industriestrategie“ von Wirtschaftsminister Peter Altmaier häufiger betont werden.

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Menschen und Meldungen

Hummel AG mit Rekordumsatz

SolidarEnergie prämiert Sanwalds

DENZLINGEN. Die weltweit operierende Hummel AG hat im vergangenen Jahr 73,4 Millionen Euro eingenommen und den Umsatz damit um knapp zwei Millionen Euro auf ein neues Rekordhoch gesteigert. Das Unternehmen stellt elektromechanische Komponenten wie Kabelverschraubungen und Rundsteckverbinder sowie Heizungszubehör her. „Das ist ein gutes Ergebnis, denn das gesamtwirtschaftliche Umfeld hat sich im Verlauf des Jahres 2018 doch etwas eingetrübt“, sagte der Vorstandsvorsitzende Holger Hummel. Die Kunden kommen aus den Branchen Automation, Maschinen- und Anlagenbau, Sensortechnik oder dem Energiesektor. Stärkster Auslandsmarkt mit einem Anteil von fast zehn Prozent des Gesamtumsatzes ist China, gefolgt von USA/Kanada, Italien und Frankreich. Das China-Geschäft legte um acht Prozent zu, Italien und Frankreich brachten fast zehn Prozent Zuwachs. Hummel beschäftigt weltweit 603 Mitarbeiter (2017: 544), an den Standorten in Denzlingen und Waldkirch arbeiten 378 (2017: 331) Beschäftigte. Die Tendenz ist weiterhin steigend.

FREIBURG. Der diesjährige „Preis der SolidarEnergie“ geht an Traudel und Heiner Sanwald. Am 14. Mai bekamen sie die mit 3000 Euro und einem Nießbrauch an einem Rebstock im Kaiserstuhl dotierte Auszeichnung im Vorderhaus in der Fabrik an der Habsburgerstraße überreicht. „Wir zeichnen die Sanwalds für ihr Lebenswerk aus, die beiden haben ein richtiges großes Herz und machen so vieles“, begründete Fabrik-Geschäftsführer Martin Wiedemann die Wahl. Der Preis wird vom Verein „SolidarEnergie“ vergeben. Die Erlöse aus der Erzeugung umweltfreundlichen Stroms werden dabei durch Spenden der Volksbank Freiburg und der EWS Schönau aufgestockt. Unter den insgesamt elf geförderten Projekten sind OFF – Obdach für Frauen Freiburg, die Internationale Teestube Schallstadt, das Lastenvelo Freiburg, die Vereine Bildung für Alle, Südwind und zeug und quer, das Kinder- und Jugendzentrum Weingarten, die friga Sozialberatung in der Fabrik, der Caritasverband für den Landkreis Lörrach, das Greenmotions Filmfestival und die Bücherei St. Martin in Hochdorf. Insgesamt wurden 13.150 Euro vergeben. Traudel und Heiner Sanwald stellen eigene Räume für kulturelle oder soziale Projekte zur Verfügung, das Kulturaggregat etwa profitiert davon, aber auch Obdachlose.

Ebner rückt in Vorstand TODTNAU. Die Zahoransky AG hat ihren Vorstand erweitert. Seit dem 1. April ist Winfried Ebner (58) drittes Vorstandsmitglied.

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Menschen und Meldungen

VOBA unterstützt Start-up

Thorsten Bannwarth, Carlo Schöll und Alexander Vogel in der Lokhalle. Foto: © Klaus Polkowski

Mediaberater für Print/Digital (m/w/d) unbefristet, in Vollzeit

zum nächstmöglichen Zeitpunkt gesucht. Als regionaler Zeitschriftenverlag publiziert die chilli Freiburg GmbH Special-Interest-Titel für Endverbraucher und Fachpublikum: B. Zettis findefuchs, f79, Stadtmagazin chilli, Business im Breisgau, Bauen &Wohnen, FREIBURG GEHT AUS, Lust auf REGIO Der Verlag repräsentiert die Magazin-Sparte der BZ.medienGruppe und bildet die Vielfalt der Medienlandschaft in Südbaden ab – mit innovativen Ideen und anspruchsvollen Inhalten. Ihre Aufgaben Sie beraten Kunden über die vielfältigen Werbemöglichkeiten in unseren Medien und sind zuständig für den Verkauf unserer Anzeigen und anderer Werbeformate. Sie werben eigenständig Neukunden, betreuen Bestandskunden und erstellen individuelle Angebote. Ihnen obliegt die Pflege und Betreuung unserer Kundendatenbank, zudem recherchieren Sie auch neue Geschäftspartner. Sie erstellen selbständig Angebote, verhandeln Konditionen und wickeln Ihre Aufträge vollumfänglich selbst ab.

Die BZ.medien Gruppe verbindet hochwertigen Journalismus und zukunftsorientierte Medien-Dienstleistungen. Die unabhängige, familiengeführte Unternehmensgruppe beschäftigt derzeit rund 800 Mitarbeiter.

Ihr Profil Sie haben Erfahrung im Anzeigenverkauf, als Mediaberater*in oder Vertriebler*in. Sie sind ebenso kontaktfreudig wie argumentationsstark und besitzen ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, ein sicheres Auftreten und den Willen, Ihre Verkaufserfahrung für unsere Medien einzusetzen. Ihre Eigeninitiative, sowie positive Ausstrahlung machen es Ihnen leicht, unsere Kunden zu überzeugen. Sie beherrschen die deutsche Sprache in Wort und Schrift und können sicher mit den angewandten Office-Programmen umgehen. Idealerweise blicken Sie auf eine kaufmännische Ausbildung zurück oder verfügen als Quereinsteiger über fundierte Kenntnisse und Erfahrungen im Verkauf.

Unsere Leistungen Wir bieten einen abwechslungsreichen, interessanten und verantwortungsvollen Arbeitsplatz in einem Unternehmen, in dem Ihre Leistung wertgeschätzt wird. Es erwartet Sie ein aufgeschlossenes, kreatives und nettes Team, in dem Teamgeist und Kollegialität großgeschrieben werden. Wir Die chilli Freiburg bieten ein ansprechendes Vergütungssystem (Festeinkommen GmbH wurde 2006 und erfolgsbasierte Provision). Ihr Arbeitsplatz in der Alten gegründet und hat Lokhalle zählt zu den schönsten Standorten Freiburgs.

20 festangestellte Mitarbeiter. Interessiert? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung mit Der Verlag Gehaltsvorstellungen und nächstmöglichem Eintrittstermin. publiziert jährlich 43 Magazine.

chilli Freiburg GmbH, Personalabteilung Paul-Ehrlich-Str. 13, 79106 Freiburg personalabteilung@chilli-freiburg.de

34 | chilli | business im Breisgau | 05.2019

FREIBURG. Die Volksbank Freiburg unterstützt das Digitalisierungs-Start-up „bächle & spree“ mit einem JahresStipendium im Kreativpark Lokhalle. Ein ganzes Jahr lang profitiert Jungunternehmer Carlo Schöll von der Infrastruktur und dem Gründer-Netzwerk im Grünhof-Kreativpark. Die Volksbank Freiburg finanziert dem 39-jährigen Freiburger einen Vollzeit-Arbeitsplatz im dortigen CoworkingSpace. Schöll unterstützt derzeit zehn Kommunen in der Region bei ihrem digitalen Wandel. „Für uns war immer klar, dass Berlin nur eine Etappe ist. Wer aus Freiburg kommt, will immer zurück, oder?“, so Schöll. Das Stipendium betrachtet er als großen Glücksfall, denn der Kreativpark Lokhalle ist für ihn der „place to be, was Digitalisierung in Südbaden betrifft“. „Unsere regionale Gründerszene ist der Mittelstand von morgen“, erklärt Alexander Vogel, Bereichsleiter Firmenkunden der Volksbank Freiburg. Auf das Lokhallen-Stipendium der Volksbank hatten sich zahlreiche Gründungswillige und Jungunternehmer beworben. „Für ‚bächle & spree‘ haben wir uns entschieden, weil das Unternehmen einen nachhaltigen Mehrwert für die Region bringt“, so Thorsten Bannwarth, der bei der Volksbank Freiburg unter anderem Gründer und Start-ups berät.

Erste Chefin LAHR. Petra Dzialoschewski (53) hat die Geschäftsführung der Fotolitho GmbH Medienservice übernommen. Damit ist sie die erste Frau auf diesem Posten, seit das Unternehmen 1974 gegründet wurde.

Volksbanker verärgert STAUFEN. Die Volksbank Staufen kehrt dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV) den Rücken. Vorstand und Aufsichtsrat sind verärgert, weil der BWGV der Bank in einem Prüfbericht schwerwiegende Mängel vorwirft. Vorstandschef Erhard Stoll wertet den Prüfbericht als Druckmittel, um die Bank zu einer Fusion zu bewegen. Dafür gebe es keinen Grund.


Menschen und Meldungen

Hohe Auszeichnung für HBM

Foto: © PRG LEA

Preis für Vaddi

Preisträger mit Künstler: Marc Oßwald (l.) mit Dieter Thomas Kuhn

FREIBURG. Die Kanzlei HBM Hecht Bingel Müller & Partner wurde mit dem Siegel „Deutschlands Beste Wirtschaftsprüfer für den Mittelstand 2019“ ausgezeichnet. In der vom Manager-Magazin und der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung mbH initiierten Evaluierungsrunde haben HBM die strengen Auswahlkriterien voll erfüllt und führen seither das begehrte Siegel. Um in den exklusiven Kreis aufgenommen zu werden, können sich die Unternehmen

nicht bewerben, sie werden nach einer Befragung von rund 1000 Führungskräften zur Teilnahme eingeladen. „Besonders stolz sind wir darauf, dass die Bewertung unserer Kanzlei durch unsere Mandanten so hervorragend ausgefallen ist“, so HBMPartner Bernhard Tecklenborg. Die Kanzlei erreichte bei Branchenkenntnissen, Team- und Umsetzungsfähigkeit sowie Kreativität weit überdurchschnittliche Werte. Die HBM-Gruppe beschäftigt in Freiburg derzeit 35 Mitarbeiter. Anzeige

FREIBURG. Der diesjährige Deutsche Live Entertainment Award (LEA) für den „Besten Örtlichen Veranstalter“ geht an Vaddi Concerts. Das von Marc Oßwald und Frithjof Pils geleitete Unternehmen hat seinen Sitz auf dem Freiburger Güterbahnhof und in Tübingen. Der LEA hat sich zu einer der bedeutendsten Kulturauszeichnungen entwickelt. Mit dem Preis ehren die Veranstaltungswirtschaft und ihre beiden großen Verbände erstmals nicht nur allein die darbietenden Künstler, sondern vorrangig die am Erfolg maßgeblich beteiligten Veranstalter, Manager, Agenten und Spielstättenbetreiber. Die 2017 gegründete Vaddi Concerts GmbH ist eine Tochter der Medusa Music Group, die zur MDAX-notierten CTS Eventim AG & Co. KGaA gehört.

Schwarzwaldmilch baut in Titisee FREIBURG/TITISEE. Nach Recherchen der BZ baut die Molkerei Schwarzwaldmilch die schon lange angekündigte eigene Käserei in Titisee. Der Standort soll in unmittelbarer Nachbarschaft zum Badeparadies und der Zentrale des Messtechnik-Herstellers Testo sein. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Freiburg will den Standort am 24. Mai bekannt geben. Schwarzwaldmilch verkauft bislang Biokäse, der zwar mit Schwarzwaldmilch, aber in einer Käserei im Allgäu hergestellt wird. chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 35


Steuerpolitik

Die Kommunen sind gefordert

Mathias Hecht über Sinn und Unsinn der Grundsteuerreform

U

m die Grundsteuerreform wird weiter heftig gerungen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im April 2018 die Grundsteuer in der bisherigen Form für verfassungswidrig erklärt hatte, muss die Bundesregierung bis zum Jahresende eine Neuregelung finden. Den Verantwortlichen ist entschlossenes Handeln zu empfehlen, denn wenn bis dahin kein neues Gesetz in Kraft tritt, fällt die Steuer ersatzlos weg und den Kommunen gehen jährlich 14 Milliarden Euro verloren. Allein in Baden-Württemberg sind es 1,7 Milliarden Euro. Die Finanzminister von Bund und Ländern verständigten sich Anfang Februar über erste Eckpunkte für die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts. Der Kompromiss beruht auf einem vom Bund favorisierten wertabhängigen Modell auf Basis durchschnittlicher Nettokaltmieten, beinhaltet aber auch Ansätze eines Flächenmodells – das vor allem die CSU in Bayern fordert. Demnach knüpft die Bemessungsgrundlage für Wohngrundstücke an die durchschnittlichen Nettokaltmieten an. Ausnahmen sind vorgesehen bei Mieten, die von der durchschnittlichen Miete um mehr als 30 Prozent abweichen. Soweit für gemischt genutzte Grundstücke sowie Geschäftsgrundstücke weder tatsächlich vereinbarte Mieten vorliegen, noch ortsübliche ermittelt werden können, ist anstelle des Ertragswertverfahrens ein vereinfachtes Sachwertverfahren anzuwenden. Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund und Boden sind weiter-

hin die (bisherigen) Bodenrichtwerte. Die Finanzverwaltung kann ergänzende Vorgaben zur Bestimmung der Bodenrichtwertzonen machen, und die Gutachterausschüsse der Kommunen können Bodenrichtwertzonen zu noch größeren Zonen zusammenfassen. Das Baujahr ist für die Ermittlung des Grundstückswerts ein notwendiger Bewertungsparameter. Für ältere Gebäude genügt in der Steuererklärung die Angabe: Erbaut vor 1948. Für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) wird ein Ertragswertverfahren eingeführt. Die Grundsteuer B betrifft alle sonstigen Grundstücke und Immobilien. Die Kommunen können zudem optional eine Grundsteuer C auf unbebaute baureife Grundstücke erheben. Die Reform soll, so Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), aufkommensneutral sein. Zudem sollen die Mehrbelastungen für die Steuerzahler nicht wesentlich steigen. Der Bund rechnet damit, dass die Kommunen, die sich aufgrund der neuen Bewertungsgrundlagen ergebenden höheren Grundstückswerte für Eigentümer und Mieter, letztere sind über die Umlage der Grundsteuer auf die Mietnebenkosten indirekt belastet, über niedrigere Hebesätze ausgleichen werden. Allerdings sind sie hier unabhängig. Gerade in Schwarmstädten wie Freiburg werden sich durch die Reform höhere Messbeträge ergeben. Um der Gefahr einer steigenden Steuerlast vor allem in solchen Ballungszentren zu begegnen, wurde nachträglich eine Regelung in das Eckpunktepapier aufgenommen, nach der für bestimmte Wohnungen (etwa für den sozialen Wohnungsbau oder für

Foto: © ns

Werden Schwarmstädte noch teurer?

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Mathias Hecht ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gesellschafter bei der Hecht Bingel Müller & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg. www.hbm-partner.de kommunale und genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften) die Steuermesszahl abgesenkt werden soll. Die Reformpläne werden dennoch nicht zu Unrecht stark kritisiert. Zum einen bestehen am jetzigen Entwurf verfassungsrechtliche Bedenken, weswegen Scholz einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ zufolge vor der weiteren Beratung des Entwurfs Verfassungsrechtler hinzuziehen möchte. Zum anderen wird die Gefahr steigender Mehrbelastungen für den Steuerzahler als hoch eingeschätzt, da der Gesetzgeber keinen Einfluss und damit auch keine Garantien dafür habe, dass die Kommunen tatsächlich die höheren Grundstückswerte durch sinkende Hebesätze ausgleichen werden. Die Kommunen sind hier gefordert, ihre Werkzeuge nicht zum Nachteil der Mieter einzusetzen. Zudem wird das gesamte Modell, bei dem 36 Millionen Grundstücke und Gebäude neu bewertet werden müssen, für zu bürokratisch gehalten. bar


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Logistik

Heiße Ware

Streck Transport legt Augenmerk auf brandgefährliche Lithium-Akkus

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Fotos: © Philip Thomas

b Smartphone, E-Bike oder Digitalkamera: In vielen elektronischen Geräten steckt heutzutage ein Lithium-Ionen-Akku. Nicht umsonst, denn die kleinen Kraftpakete haben eine enorme Energiedichte: Während Autobatterien mit Schwefelsäure auf 35 Wattstunden pro Kilo Gewicht kommen, leisten Lithium-Ionen pro Kilo satte 600 Wattstunden. Bei unsachgemäßem Transport birgt das allerdings auch Risiken, wie auf dem aktuellen Workshop der Streck Transportgesellschaft mbH mit Sicherheitsabstand zum Publikum demonstriert wurde. „Schäden an Lithium-Ionen-Zellen sind schwer zu erkennen – bis sie sich entzünden und es lichterloh brennt“, sagt Thomas Winter, Gefahrgutbeauftragter von Streck Transport, auf der gut besuchten Informationsveranstaltung. Erst mal entstanden, sei einem Lithium-Brand praktisch nicht mehr beizukommen. Um ein brennendes Elektroauto wie beispielsweise einen Tesla zu löschen, brauche es laut Winter 14.000 Liter Wasser – knapp fünfmal so viel, wie ein durchschnittlicher Feuerwehrwagen an Bord hat. Schuld sei die hohe Energiedichte, die Lithium-Akkus auch zu einem begehrten Transportgut machen: „Das ist ein Riesenmarkt. Um den ganzen Globus sind Milliarden von Lithium-Ionen-Zellen unterwegs.“ Nur bei korrekEmpfindliche Elektronik: Bereits eine kleine Delle im Gehäuse kann zu einem Brand führen.

tem Umgang sei die Sicherheit auf allen Transportwegen gegeben. „Die meisten Batterien werden allerdings nicht richtig gehandhabt“, sagt der 58-Jährige. Zwar gebe es Bußgelder, die seien allerdings zu niedrig und obendrein nicht durchdacht. So unterscheide das Gesetz beispielsweise nicht zwischen einem Verstoß bei einer einzigen Batterie und einer ganzen Palette. „Beim Transport können enorme Kräfte bis zu 6G auftreten“, erklärt Winter. Hinzu kämen Stöße und Druck durch darüberliegende Ladung. Auch deswegen seien die Hersteller verpflichtet, ihre Batterien zu testen und einen Prüfbericht zu erstellen. Nach der Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2020 müssen diese Papiere auf jedem Transport beiliegen. Bereits jetzt müssen Verpackungen von Lithium-Ware Stürze aus einer Höhe von 1,2 Metern aushalten. „Ohne dass sich die Akkus auch nur ein Stück bewegen“, betont Winter. Schließlich seien die beiden unterschiedlich geladenen Pole im Inneren der Batterie bloß durch eine mikrometerdünne Membran getrennt. Bereits kleinere Stöße könnten das chemische Gleichgewicht empfindlich stören. Was passieren kann, wenn Vorschriften missachtet und Batterien nicht fachgerecht transportiert werden, demonstrierte der ausgebildete Pyrotechniker wenige Minuten später, als er auf einem gesicherten Grill eine handelsübliche Powerbank mit einem Nagel eindellte. „Die Oberfläche muss nicht einmal durchstoßen werden, ein Schlag reicht bereits aus“, sagt der Experte. Was seine Zuschauer nicht sehen: Unter der Beule kocht der Elektrolyt bereits. Schnell staut sich die Wärme und bahnt sich schließlich sprudelnd ihren Weg an die Oberfläche. Winter protokolliert mit einem Thermometer die Temperatur: „75 ... 90 ... 130 ...“ Nach einer knappen Minute misst Winter hinter einer Rauchfahne 350 Grad. Bis zu 800 Grad seien möglich. Angesichts solcher Werte ist sich Winter seiner Verantwortung bewusst. Philip Thomas


Mobilität

Kestenholz steigert Absatz und Umsatz Visualisierung: © Kestenholz

Mercedes-Händler trotzt dem Dieselskandal

Neubau in Bad Säckingen: Acht-Millionen-Euro-Investition

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ie Kestenholz-Gruppe hat im vergangenen Jahr an fünf Standorten in Südbaden 2724 neue und 2450 gebrauchte Mercedes verkauft und insgesamt 212,4 Millionen Euro umgesetzt. Ein Plus zum Vorjahr um 11,8 Prozent oder 22,4 Millionen Euro. Das sagten Thomas Kestenholz und Volker Speck, die das deutsche Geschäft des Basler Handelsunternehmens verantworten, unlängst vor Journalisten.

Nutzfahrzeughändler Grossjohann übernommen hat. Das Geschäft läuft trotz Dieselskandal gut, der Absatz von Gebrauchten l­egte um satte 20 Prozent zu. Auch die Beschäftigtenzahl wuchs um 26 auf 431, 25 davon sind in Ausbildung. Bis 2025 will das Unternehmen das 2018 bereits gestartete Investitionsprogramm abarbeiten: Gut 25 Millionen sind verplant, sieben wurden bereits in Weil am Rhein investiert, in Bad Säckingen, wo gerade mit dem Neubau begonnen wird, rechnen die Chefs mit etwa acht Millionen. Fast zehn Millionen sollen in Freiburg investiert werden, wo der Verkauf komplett umgestaltet und eine neue Nutzfahrzeuglounge entstehen soll. Zu den Zahlen in der Schweiz, wo die Gruppe vier Standorte betreibt, macht das Unternehmen keine Angaben. Spk Anzeigen

Die Familie Kestenholz hatte die Mercedes-Standorte Freiburg und Bad Säckingen im Februar 2016 vom DaimlerKonzern gekauft, weitere Niederlassungen gibt es in Lörrach, Weil am Rhein und Efringen-Kirchen – wo die Gruppe den

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Automobil

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Die 2000er-Marke durchbrechen

Autohaus Schmolck investiert in Emmendingen und Müllheim

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ahrscheinlich hätte man sich bei Schmolck in Emmendingen 2015 nicht träumen lassen, dass die Ergänzung ihrer Angebotspalette durch die Marke Škoda ein solcher Erfolg werden würde. Die Idee, die Marke aus dem VW-Konzern mit anzubieten, war den Geschäftsführern Bernhard Schmolck und Jürgen Henninger gekommen, als sie registrierten, dass Firmeninhaber und leitende Angestellte zwar den Schmolck-Service für Fahrzeuge mit dem Stern schätzten, aber diese Premium-Wagen eben nur von der Führungsebene gefahren wurden – nicht von Außendienstlern, Abteilungs- oder Baustellenleitern, Logistikchefs. Es fehlte eine „aufstrebende Marke als Ergänzung“.

Pascal Schmolck (Prozessmanagement), Michael Berger (Betriebsleiter), Bernhard Schmolck (Inhaber und Geschäftsführer), Jürgen Henninger (Geschäftsführer) und Alexander Fliegauf (Verkaufsleiter ŠKODA) freuen sich über die Eröffnung des neuen ŠKODA-Betriebs in Müllheim (v.l.). Foto: © Schmolck

„Wie wäre es, wenn wir unseren Schmolck-Service mit einer VolumenMarke kombinieren würden“, überlegten die beiden, und als dann VW an sie herantrat mit der Frage, ob man sich vorstellen könnte, Škoda zu vertreiben, sagten sie zu. „Škoda ist eine pfiffige Marke, sozusagen im Volumen-Segment die Spitze, mit toller, moderner Technik, günstigem Preis und wirklich guter Modellpalette.“ Und dazu dann der Schmolck-Service: Inspektion, Wartung, Reparatur mit genauen Zeitangaben und kurzen Standzeiten, Miet- oder Ersatzwagen während der Werkstattphase, Fuhrparkbetreuung – eben alles, was sonst Mercedes-Fahrer als selbstverständlich ansehen. Bei Škoda steigen allgemein die Marktanteile, bei Schmolck wurde das tschechische Automobil zum Renner: „In Südbaden“, so Jürgen Henninger nicht ohne Stolz, „fahren mehr

Leute Škoda als in den meisten Teilen der übrigen Republik.“ In zwei Jahren schaffte es Schmolck, den Marktanteil in seinem Gebiet von 2,5 auf 6,5 Prozent zu steigern. Was nicht nur an den „simply cleveren“ Wagen liegen dürfte, sondern auch am Schmolck-Credo von Zuverlässigkeit und Termintreue – aus dem sich dann Kunden- und Markentreue entwickelt. Im Dezember 2018 wurde in Emmendingen der Spatenstich für ein neues Škoda-Autohaus getätigt (wir berichteten), Ende 2019 soll es fertig sein, die Autos dann auch in einer hellen, modernen Atmosphäre präsentiert werden. Doch der Neubau in Emmendingen ist längst nicht alles, was bei Schmolck und Škoda „geht“. Seit dem 1. April verkauft Schmolck mit acht Mitarbeitern auch in Müllheim Škodas: Dort wurde ein leerstehendes Autohaus im Gewerbegebiet Klein-feld-

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ele gepachtet. Rund 400.000 Euro steckt das Unternehmen in den Standort – in Infrastruktur, Werkstatt und Verkaufsfläche. Allerdings soll bis in drei Jahren auch hier ein Neubau Škoda repräsentieren. „Škoda hatte zwischen Freiburg und Lörrach keinen Vertriebspartner, wir sind von der Marke begeistert und mit ihr erfolgreich – da lag es nahe, an unserem Müllheimer Standort auch diese Marke anzubieten.“ Schmolck hat Erfolg – und kann es belegen: rund 400 Škoda wurden bisher im Schnitt pro Jahr verkauft – mit Gebrauchtwagen sogar 700. Diese Absatzmenge kam hinzu, das heißt, der Mercedes-Absatz hat nicht abgenommen. Ergebnis: 2018 verkaufte Schmolck insgesamt, an allen Standorten, gut 1900 Autos. Und setzt alles daran, in diesem Jahr die 2000er-Marke zu durchbrechen. Stefan Pawellek


Projektentwicklung

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Pralles Portfolio

Die aktuellen Projekte der Allgeier Wohnbau

Vier Bauvorhaben, eine Handschrift: Zwei Mehrfamilienhäuser an der Filibachstraße in Zähringen, zwei an der Kirchzartener Straße in Littenweiler, eins an der Reutebachgasse in Zähringen und fünf Häuser an der Reinhold-Schneider-Straße in der Gundelfinger Ortsmitte.

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Fotos/Visualisierungen: © Allgeier Wohnbau

eit 1972 ist die Allgeier Wohnbau GmbH & Co. KG aus Gundelfingen als Familienunternehmen am Markt und errichtet Wohnungen in Freiburg und Umgebung. In zweiter Generation führt Alexander Vonalt die Firma, die momentan an insgesamt 120 Wohnungen im Raum Freiburg arbeitet. „Wir legen viel Wert auf eine gute Lage sowie eine gute Ausstattung. Dabei legen wir vermehrt das Augenmerk auch auf den Sicherheitsaspekt im Umfeld der Stadt“, so Vonalt. Zu den Standards gehören zum Beispiel Aufzüge, Fußbodenheizung, elektrische Rollläden, ausgewählte Keramik sowie hochwertige Bodenbeläge. Aber auch Videogegensprechanlage, Wohnungseingangstüren mit Dreifachverriegelung sowie abschließbare Fenster im Erdgeschoss sind wichtig für den jungen Geschäftsführer. Darüber hinaus soll auch die Zugänglichkeit der Häuser für Unbefugte erschwert werden. Derzeit ist das Unternehmen mit einigen Projekten am Markt: In Gundelfingens Ortsmitte, an der ReinholdSchneider-Straße, entstehen fünf kleine Mehrfamilienhäuser auf einer beruhigten Anhöhe. In jedem Haus sind fünf großzügige Wohnungen mit großen Balkonen und ausgewählter Ausstattung in der Größe von 75 bis 130 Quadratmetern vorhanden. Bereits 80 Prozent des begehrten Bauvorhabens ist verkauft. Die Fertigstellung ist für Anfang 2020 geplant.

Im schönen Wildtal werden – inmitten von viel Grün – vier Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohnungen renoviert – ein Bezug ist hier auch kurzfristig möglich. An der Kirchzartener Straße im Freiburger Stadtteil Littenweiler befindet sich der dritte Bauabschnitt im Innenausbau; insgesamt stehen dort 22 Wohnungen von 66 bis 140 Quadratmetern zum Verkauf. Die meisten Wohnungen sind auch hier bereits weg. Aber einige der naturnahen Wohnungen im Dreisamtal sind noch zu haben. Die Fertigstellung ist hier Ende des Jahres geplant. In der Reutebachgasse startet Vonalt gerade ein neues Projekt: Mitten in Zähringen entsteht ein kleines Mehrfamilienhaus mit sechs großzügigen Wohnungen mit 108 bis zu 140 Quadratmetern. Das Stadtteilzentrum mit vielen Einkaufsmöglichkeiten liegt nur wenige Gehminuten entfernt, hier gibt es auch einen direkten Straßenbahnanschluss in die Innenstadt. Ein weiteres Bauvorhaben in Zähringen startet ebenfalls noch dieses Jahr. In der Fillibachstraße entstehen zwei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohnungen (71 bis 120 Quadratmeter) in ruhiger Halbhöhenlage, in einem gewachsenen Wohngebiet. Obwohl nahe am Grünen gelegen, sind alle wichtigen Einrichtungen – vom Bäcker bis zum Zahnarzt – fußläufig zu erreichen, ebenso die Stadtmitte per Straßenbahn. Weitere Projekte plant die Allgeier Wohnbau aktuell etwa in Littenweiler, Herdern und Heuweiler. Stefan Pawellek chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 41


Bereit, Zukunft zu gestalten Der VBBM gelingt die Fusion und auch eine gute Bilanz

Volksbank-Neubau, die erste:    Im Herzen das Atrium.

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ie Volksbank BreisgauMarkgräf lerland (VBBM) hat eine robuste Bilanz fürs Geschäftsjahr 2018 hingelegt und die Fusion aus den vorherigen Banken Breisgau-Süd und Müllheim durchaus beispielhaft bewerkstelligt. Wächst da zusammen, was zusammengehört? Wer sich mit dem Vorstandsvorsitzenden Norbert Lange und dem Vizevorstandsvorsitzenden Jörg Dehler an den Tisch setzt, bekommt das Gefühl: ja. „Es war eine Fusion auf Augenhöhe“, sagt Dehler im für sechs Millionen Euro unlängst frisch bezogenen Erweiterungsbau an der MaxImmelmann-Allee 17 im Gewerbepark Breisgau. Dort stehen nun zwei neuwertige Gebäude mit insgesamt 4100 Quadratmetern Büroflächen zur Verfügung. Rund 1000 Quadratmeter sind im Neubau an Dritte vermietet. 291 Menschen arbeiten heute für die VBBM, die bisher getrennt verantworteten Standorte sind beibehalten worden, einige verkleinert, einige zu SB-Filialen umfunktioniert. Die Digitalisierung der Kundschaft macht auch keinen Halt

im VBBM-Gebiet, das sich von Bad Bellingen bis nach Burkheim, von den Schwarzwaldhöhen bis an den Rhein erstreckt. Regionalzentren gibt es in Müllheim und Bad Krozingen, Hauptfilialen in Breisach und Neuenburg. „Die Wege für unsere Kunden sind nicht länger geworden“, sagt Lange. Die neue Firmenzentrale bietet sehr moderne, flexible Arbeitswelten, auch für größere Teams. Seit Mitte Januar sitzt das Immo-Center im Gewerbepark (siehe Infobox). Das ServiceCenter konnte neue Räume beziehen. Insgesamt investierte die Bank von

2015 bis heute mehr als 15 Millionen Euro in den Standort. Während früher Kunden der Volksbank Müllheim am Telefon oft genug bei einem Dienstleister landeten, sprechen sie jetzt – auf Badisch – mit den 15 hauseigenen ServiceCenter-Mitarbeitern. Diese erledigen viele Aufträge direkt am Telefon oder wissen genau, mit welchem Ansprechpartner sie verbinden müssen. 105 Menschen arbeiten im Gebäude mit der Nummer 15, das nicht zuletzt über ein raumgreifendes Atrium verfügt, in dem auch hauseigene Veranstaltungen für Mitarbeiter oder bestimmte

Neubau, die zweite: ServiceCenter und Immo-Abteilung in einem Haus.

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Banken

Die Immo-Abteilung der VBBM

Fotos: © VBBM, Partner AG

Auch die Immobilienspezialisten der VBBM sind in den Neubau Max-Immelmann-Allee 17 eingezogen. Das sechsköpfige Team um Bereichsleiter Armin Rudolph vermittelte im vergangenen Jahr 49 Objekte mit einem Gesamtwert von 16,4 Millionen Euro. Aktuell haben die Immobilienexperten 25 Angebote im Portfolio und bereiten den Vertrieb von mehreren Neubauvorhaben vor.

Zielgruppen gemacht werden können. „Früher mussten wir dafür auch mal ein Bürgerhaus oder andere Flächen anmieten, heute können wir das hier vor Ort machen“, erzählt Lange. Wie unlängst, als mal eben Vertreter von 45 Musikvereinen zum Stelldichein kamen – und je 1000 Euro an genossenschaftlicher Unterstützung mit nach Hause nehmen durften. Gut 100 Banker arbeiten in der Nummer 15, 36 nun im frisch bezogenen Neubau, dessen Räume – darunter auch anmietbare für Konferenzen oder Tagungen – mit vielen Bildern aus der Region akzentuiert sind und auch auf heimische Namen hören. Die restliche Belegschaft arbeitet in den insgesamt 18 Filialen (siehe Infobox). 69.000 Privatkunden hat die fusionierte Bank, davon leben 55.000 im Verbreitungsgebiet. Die restlichen 14.000 sind verteilt über das ganze Bundesgebiet und das angrenzende Elsass. Die Fusion, sagen die Vorstände, habe sehr viele Vorteile gebracht: Man konkurriert nicht mehr um Azubis oder Fachkräfte, man geht gemeinsam auf die Suche. Das Produktportfolio ist breiter geworden, weil die Bank mit einer Bilanzsumme von nun knapp zwei Milliarden Euro eine kritische Masse überwunden hat. Die neue Größe macht auch Ausbildungsgänge möglich, die zwei kleinere Institute nicht angeboten hätten. Etwa im Bereich IT. Und sie hievt das Institut in den Kreis der größten regionalen Arbeitgeber mit noch besseren sozialen Leistungen – etwa einer Mitgliedschaft beim Firmenfitness-Anbieter Hansefit oder Zuschüssen für die Kinderbetreuung. „Die erfolgreiche Positionierung am Markt ist uns dank der Bündelung von Beratungskompetenz in unseren Regionalzentren schnell gelungen. Gleichzeitig arbeiten wir intensiv an unserem Leistungspaket zum digitalen Banking und haben die telefonischen Serviceleistungen und die Erreichbarkeit verbessert“, betont Jörg Dehler. Die Synergieeffekte seien schnell „deutlich spürbar“ und trügen zur Effizienzsteigerung, Kostenreduzierung und zur Stärkung der Marktposition bei. Die ist durchaus an den Bilanzzahlen ablesbar: Das Kreditgeschäft legte kräftig zu, mit 242 Millionen Euro Neugeschäft stieg das Kundenkreditvolumen um fast sieben Prozent auf 1,31 Milliarden Euro. Die VBBM trotzte auch dem Niedrigzinsumfeld und

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steigerte den Zinsüberschuss sogar leicht, derweil sie die Erlöse aus dem Provisionsgeschäft deutlich verbesserte. Nach Bildung von Rücklagen, dem Bewerten von Risiken und dem Aufstocken des Eigenkapitals auf 198 Millionen Euro blieben unterm Strich 3,1 Millionen Euro an Jahresüberschuss. Daraus soll eine Dividende in Höhe von 4,25 Prozent an die gut 38.500 Mitglieder der Bank ausgeschüttet werden. Und auch die Kommunen im Verbreitungsgebiet profitieren: von mehr als sechs Millionen Steuerzahlungen. Für Vorstandschef Lange ist die VBBM „bestens vorbereitet, um die Zukunft zu gestalten und den zunehmenden Herausforderungen des Wettbewerbs, der Regulatorik und der unaufhaltsam fortschreitenden Digitalisierung zu begegnen“. Lars Bargmann

Führungsquartett: Matthias Engist, Karin Ortlieb, Norbert Lange und Jörg Dehler (v.l.) bilden den Vorstand der Bank.

VBBM-Bilanz-Box 2018 Betreutes Kundenvolumen 3,31 Milliarden Euro Bilanzsumme 1,84 Milliarden Euro Kundeneinlagen 1,99 Milliarden Euro Kundenkredite 1,32 Milliarden Euro Zinsüberschuss 34,4 Millionen Euro Provisionsüberschuss 12,5 Millionen Euro Personal- & Sachkosten 27,41 Millionen Euro Steuern 6,17 Millionen Euro Jahresüberschuss 3,1 Millionen Euro** Eigenkapital 198 Millionen Euro CIR 64,11 Filialen 35 (davon 17 SB) Mitarbeiter 291 (davon 15 Azubis) ** Nach Bewertung und Rücklagenbildung

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Arbeitsmarkt

Frühjahrsaufschwung

Illustrationen: © freepik.com, Hannah Karayilan

I

n Freiburg sowie den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen waren im vergangenen April 12.113 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet, 554 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank um 0,2 Punkte auf insgesamt 3,3 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit bleibt mit 2,2 Prozent auf dem niedrigen Wert vom Vorjahr. „Wir registrieren für April deutlich weniger Arbeitslose“, sagt die stellvertretende Leiterin der Agentur für Arbeit Freiburg, Theresia Denzer-Urschel. Gleichzeitig meldeten die Betriebe und Verwaltungen zahlreiche

Arbeitslosenquote

Stellenangebote. „Der Arbeitsmarkt ist weiter sehr stabil. Ich gehe nicht davon aus, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändert“, so DenzerUrschel. Vom Frühjahrsaufschwung profitierten nahezu alle Berufsgruppen, vor allem aber die Bau-, Gastronomie-, Verkaufs- und Logistikjobs. Auch in produzierenden Berufen gab es entgegen trüber Konjunkturprognosen mehr neue Arbeitsverträge als Kündigungen. Im April meldeten sich 3.451 Personen (neu oder erneut) arbeitslos, das waren 96 weniger als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig fanden 3.994 Menschen neue Jobs, 192 mehr als im

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44 | chilli | business im Breisgau | 05.2019

Vorjahreszeitraum. In nahezu allen Regionen des Agenturbezirks hat sich die Zahl der Arbeitslosen verringert. Lediglich im Elztal blieb die Zahl mit 574 Arbeitslosen (+38) und 2,4 Prozent nahezu unverändert niedrig. Nach Kreisen ergibt sich folgendes Bild: In Freiburg sind zum Stichtag 5.869 Arbeitslose gemeldet (-43), die Quote liegt unverändert bei 4,8 Prozent. Im Breisgau-Hochschwarzwald sind 3.825 ohne Job (-300), die Quote liegt bei 2,6 Prozent (-0,2), und im Landkreis Emmendingen gibt es 2.419 Arbeitslose (-211), was eine Arbeitslosenquote von 2,5 Prozent (-0,3) bedeutet. Die gesamte Region liegt da-


verschafft Arbeit

sinkt auf 3,3 Prozent

Sinkende Zahlen: Im April traten in Freiburg, Emmendingen und dem Breisgau-Hochschwarzwald 12.113 Menschen den Gang zum Amt an.

mit unterm Bundesdurchschnitt von 4,9 Prozent. Aber auch deutschlandweit sank die Arbeitslosenzahl im April um 0,2 Prozentpunkte oder 72.000 auf rund 2,23 Millionen. Mit der Arbeitslosenzahl sank im Vergleich zum A ­ pril 2018 auch die Zahl der beim Amt gemeldeten offenen Arbeitsstellen: In Freiburg waren es im April 5.352. Gegenüber März ein Rückgang von 145. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 73 Stellen weniger. Im Gebiet Breisgau-Hochschwarzwald waren 2.016 Arbeitsplätze bekannt, gegenüber März ist das ein Rückgang von 57. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es dort 76 Stellen weniger. In Emmendingen waren 984 Arbeitsstellen gemeldet, 20 mehr als im März. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es dort 84 Stellen weniger. In Freiburg kommen damit 2,3 Arbeitslose auf eine gemeldete Arbeitsstelle, in Emmendingen sind es statistisch 2,5 und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald 1,9 Arbeitslose. Am wenigsten ausgeglichen ist das Verhältnis in Freiburg im Bereich Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit (4,6), wie auch in Emmendingen mit 7,2. Im Breisgau-Hochschwarzwald gab es im Bereich Geisteswissenschaften, Kultur und Gestaltung 5,2 Arbeitslose pro Arbeitsstelle. Die Zahl der Unterbeschäftigten ohne Kurzarbeit liegt weiter deutlich über der der Arbeitslosen. Die Freiburger Arbeitsagentur verzeichnete 17.181, 3,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 habe der Beratungsbedarf an Kurzarbeit immer wieder mal zugelegt, wenn sich für die Konjunktur Risiken abzeichneten, etwa zum Höhepunkt der EuroSchuldenkrise oder wenn politische oder Handelskonflikte aufkeimten.

Für Denzer-Urschel ein normaler Vorgang: „Das zeigt, dass die Unternehmen bei der Beschäftigungssicherung kein Risiko eingehen. Angesichts drohender Fachkräfteengpässe, die in den Augen der Unternehmen schwerer wiegen, möchte niemand qualifiziertes Personal wegen vorübergehender Schwankungen in der Auftragslage verlieren.“ bib/pt Anzeige

chilli | business im Breisgau | 05.2019 | 45


Fakten

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner in Baden-Württemberg (BW) in 2017 (in Euro) ��������� 24.552 Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern in 2017 (in Euro)  �������� 19.190 Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner in BW in 2005 (in Euro)  ���������������������������������������� 19.512 Einkommensmillionäre je 10.000 Steuerzahler in Freiburg im Jahr 2015  ����������������������������������������������������������������� 6 Einkommensmillionäre je 10.000 Steuerzahler in Baden-Baden im Jahr 2015 �������������������������������������������������������� 20 Einkommensmillionäre je 10.000 Steuerzahler in Emmendingen im Jahr 2015 ����������������������������������������������������� 3,4 Einkommensmillionäre je 10.000 Steuerzahler in Heidelberg im Jahr 2015  �������������������������������������������������������� 14,6 Listen für die Kommunalwahl in Freiburg im Jahr 1965  ���������������������������������������������������������������������������������������� 5 Listen für die Kommunalwahl in Freiburg im Jahr 1989  ���������������������������������������������������������������������������������������� 9 Listen für die Kommunalwahl in Freiburg im Jahr 2019  �������������������������������������������������������������������������������������� 18 Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 1999 (in Prozent)  ������������������������������������������������������������������������������� 42,8 Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 2019 (in Prozent)  ������������������������������������������������������������������������������� 51,4 Primärenergieverbrauch in BW im Jahr 1997 (in Mio. Megawattstunden)  ����������������������������������������������������������� 439 Primärenergieverbrauch in BW im Jahr 2017 (in Mio. Megawattstunden)  ����������������������������������������������������������� 395 Treibausemissionen in BW im Jahr 1990 (in Mio. Tonnen CO²)  ����������������������������������������������������������������������� 89,1 Treibausemissionen in BW im Jahr 2017 (in Mio. Tonnen CO²)  ����������������������������������������������������������������������� 78,7 Bevölkerung in BW im Jahr 1997 (in Mio.)  ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 10,4 Bevölkerung in BW im Jahr 2017 (in Mio.)  �������������������������������������������������������������������������������������������������� 11,02 Landesmittel für die Betreuung unter 3-jährige Kinder im Jahr 2009 (in Mio.)  ������������������������������������������������������� 73 Landesmittel für die Betreuung unter 3-jährige Kinder im Jahr 2018 (in Mio.)  ����������������������������������������������������� 932 Geldumsätze bei Immobilienverkäufen in Freiburg im Jahr 2013 (in Mio. Euro)  �������������������������������������������������� 730 Geldumsätze bei Immobilienverkäufen in Freiburg im Jahr 2018 (in Mio. Euro)  ������������������������������������������������ 1063 Anzahl der Kauffälle von Immobilien in Freiburg im Jahr 2013 ������������������������������������������������������������������������ 2530 Anzahl der Kauffälle von Immobilien in Freiburg im Jahr 2018 ������������������������������������������������������������������������ 2438 Preis für eine Kilowattstunde in Deutschland im Jahr 1998 (in Cent)  ��������������������������������������������������������������� 17,11 Preis für eine Kilowattstunde in Deutschland im Jahr 2018 (in Cent) ��������������������������������������������������������������� 27,80 Kosten für einen Liter Milch im Bundesdurchschnitt 1998 (in Cent)  �������������������������������������������������������������������� 81 Kosten für einen Liter Milch im Bundesdurchschnitt 2018 (in Cent)  �������������������������������������������������������������������� 69 Preissteigerung für einen halben Liter Bier zwischen 1998 und 2017 (in Prozent)  ��������������������������������������������������� 30 Zeit, die ein Arbeitnehmer arbeiten musste, um sich einen halben Liter Bier zu leisten im Jahr 1998 (in Min.)  ���������� 14 Zeit, die ein Arbeitnehmer arbeiten musste, um sich einen halben Liter Bier zu leisten im Jahr 2017 (in Min.)  ���������� 12

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Lars Bargmann / Idee: brandeins




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