Immobilien Am Ende des Bieterverfahrens waren die Familie Prinz-Zaiss, die Familie Boedeker und die von Wunderlich übriggeblieben. Die Entscheidung über den Verkauf der einstigen Villa Dietler, die Mitte der 30er Jahre in den Besitz der Familie Gottlieb kam, fiel am 11. November in einer Sitzung des Kuratoriums, dem unter anderem der frühere Dompfarrer Erich Wittner oder Alt-Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg angehören. Boedeker und Prinz-Zaiss hatten bis dahin 3.000.111 Euro geboten, Wunderlich „deutlich mehr“, sagt Behrens. Er habe Norman Wunderlich bereits „vor über einem Jahr“ mal angerufen, als es noch die Idee gab, aus der Villa mit ihren 676 Quadratmetern Wohnfläche ein Boutique-Hotel zu machen. Wunderlich hat da Erfahrungen, mischte beim Gasthaus Schiff mit, beim Hotel-Restaurant Der Kaiser, ist auch in Frankreich in der Hotelbranche unterwegs. „Wir hätten aber mindestens eine Million Euro investieren müssen“, sagt Behrens. So ließ der Stiftungsvorstand um Behrens und Anita Stilz den Plan wieder fallen. Wer daraus und aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (Behrens: „Haben zwei Aktionäre einer Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung?“) nun aber Begünstigung eines Bewerbers konstruieren wolle, solle sich vor Augen halten, dass es auf der anderen Seite tatsächlich eine Geschäftsbeziehung zum Makler der anderen beiden Bewerber gab. Derlei Mutmaßungen hätten also eher für die Mitbewerber gesprochen. Am 10. November erschien dieser Makler sowohl mit den Eheleuten Prinz-Zaiss als auch mit Boedekers in der Kanzlei von Stilz und Behrens. Der Vorstand war eigenen Angaben zufolge „völlig verblüfft“, dass beide Interessenten zeitgleich
erschienen, denn es habe ja „nie zur Debatte gestanden“, dass das Haus an eine Bietergemeinschaft verkauft werde. Vielmehr habe es gegolten, einen Käufer zu finden, der das Kulturdenkmal erhalten, baulich nicht verändern und die drei Etagen auch nicht aufteilen will. Zumindest merkwürdig ist aber, dass in einer Mail vom 28. Oktober von der Kanzlei an den Makler die Frage gestellt wird, ob „ggf. nur eine Wohnung gekauft werden soll“ und wenn ja, welche und zu welchem Preis. Wenn es ein Informationsdefizit gegeben habe, dann aufseiten des Maklers, findet Stilz.
» das ist Frei erfunden « Stiftungsvorstand Anita Stilz In dieser Sitzung boten beide Parteien, die den Termin zunächst nur zum Kennenlernen gedacht hatten, spontan und je einzeln die 3.000.111 Euro an. „Der Vorstand hat dann gefragt, ob dieser Preis nur für die Villa oder auch für das hintere Gartengrundstück gelte, das womöglich noch bebaut werden kann“, sagt Nicolas Schill, der die Boedekers anwaltlich vertritt. Wenn es eine Baureserve gäbe, würde man, wenn noch möglich, das Angebot noch einmal nachbessern. „Dies wurde vom Vorstand bejaht“, schreibt Schill in einem Brief ans Regierungspräsidium (RP), der Rechtsaufsicht für Stiftungen. „Das ist frei erfunden“, entgegnet Stilz. „Für mich waren die 3.000.111 Millionen das letzte Angebot“, so Behrens. Im Übrigen sei das RP über jeden Schritt informiert worden. Dem chilli liegt ein Schreiben der Behörde vor, wonach die Vergabe aus ihrer Sicht rechtmäßig gewesen ist.
Am Morgen des 12. November hatte Behrens den Makler dann per Mail darüber informiert, dass ein Verkauf an seine Kunden nicht klappen würde, weil ein anderer Bieter einen höheren Kaufpreis geboten habe. Der sprach mit seinen „fassungslosen“ Kunden, die bis dahin von einer Nachbesserungsmöglichkeit ausgegangen waren. Am Abend schickten sie neue Angebote an den Vorstand, beide in Höhe von 3,3 Millionen Euro. Doch da war die Entscheidung schon gefallen. Der Makler will wissen, dass die Familie Wunderlich 3,075 Millionen Euro geboten habe. Damit hätte die Stiftung auf 225.000 Euro verzichtet. Diese Zahl verneint Behrens. Wunderlich selbst wollte sich dazu gegenüber dem chilli nicht äußern. Die Villa sei für private Zwecke erworben worden. Außerdem könne man noch nicht von einem Kauf sprechen. Es gebe noch offene Fragen. Nach chilli-Informationen hatte es rund 20 Interessenten gegeben, darunter Architekten und durchaus stadtbekannte Persönlichkeiten. Mit dem Erlös aus dem Verkauf will die Stiftung nun jedenfalls noch stärker als bisher den Erhalt des Münsters fördern. In den Jahren 1997 bis 2011, so Stilz, habe Ellen Gottlieb-Schramm rund 560.000 Euro gespendet. Sie zählte mit einer Einlage in Höhe von 50.000 Mark auch zu den Gründungsstiftern der Stiftung Freiburger Münster. Die 2007 gegründete Ellen GottliebStiftung sei anfangs mit 307.000 Euro ausgestattet worden und habe seit 2012 rund 118.000 Euro fürs Münster aufgebracht. Nun soll jedes Jahr ein „sechsstelliger Betrag“ aus den Kapitaleinkünften der Stiftung dem „schönsten Turm der Christenheit“ zukommen.
Lars Bargmann chilli | bauen & wohnen | 02.2016 | 5