business im Breisgau

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Wir t scha f t

November 2023 Ausgabe Nr. 38

Im Fokus:

Start-ups

Käserevoluzzer & Wickelboards

Herkulesaufgabe Wärmewende

Warum es Megainvestitionen braucht, um Energiequellen auf Grün zu stellen Bilanzen

Beim SC Freiburg läuft es nicht nur sportlich gut

Baukrise

HWK-Chef Johannes Ullrich im Interview

Finanzen

Wie am besten in Erneuerbare Energien investieren?



Editorial

Bitte wenden: Wärme­ revolution in Südbaden Gamechanger bei Kleineschholz?

In Freiburg macht die Heizwärme etwa die Hälfte des

Energiehungers aus. Die auf Grün zu schalten, ist gelinde gesagt anspruchsvoll. Etwa die Hälfte des Wärmehungers, rund 100.000 Einwoh­ ner, kann mittelfristig mit umweltfreund­ licheren Wärmenetzen gestillt werden. Allein dafür braucht es 1,5 Milliarden Euro. Die andere Hälfte könnte auf Wärme­ pumpen oder Holzpelletheizungen umstei­ gen. So weit die Theorie. In der Theorie sollte beim Freiburger Neu­ baugebiet Kleineschholz kein einziges Grundstück verkauft werden. Freiburg will ja generell eigene Grundstücke nur noch verleihen. Da man aber ein geliehenes Grundstück nicht be­ leihen kann, gestaltet sich die Finanzierung durch Banken noch schwieriger als nach der Zinswende ohnehin schon. Nun musste sich die Politik der Praxis beugen: Die Ver­

kaufssperre wird gelöst. Das könnte ein Gamechanger bei der Entwicklung werden. Time to change? Nicht, wenn es nach Johannes Ullrich geht. Der Präsident der Handwerkskammer Freiburg wird im kommenden Jahr für eine dritte Amtszeit kandi­ dieren, wie er unserer Redaktion exklusiv erzählte. Im In­ terview ging es dann aber nicht um ihn, es ging um eine historische Krise am Bau und die langfristigen Folgen, die sie verursacht. Wenn nicht schleunigst den politischen Worten auch Taten folgen. Taten lässt der DAX-Konzern Sartorius in Freiburg sprechen. Zur Grundsteinlegung für eine Einhundertvierzig-Millionen-Eu­ ro-Investition im Gewerbegebiet Haid ka­ men 150 Menschen. Oberbürgermeister Martin Horn freute sich über die weitere Stärkung der kleinen Großstadt im Süd­ westen im Bereich der Life-Science-Wirt­ schaft. Was Freiburg da mittlerweile zu bieten hat, ist schon bemerkenswert. Foto: © Neidhard Schleier

D

ie Wärmewende ist eine, salopp formuliert, Wahnsinnsaufgabe. Oder, um es mit den Worten von Robert Brückmann zu sagen, „das größte In­ frastrukturprojekt Deutschlands nach dem Aufbau des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg“. Der Mann muss es wissen, schließlich leitet er das Kompetenzzentrum Kom­ munale Wärmewende.

Wir wünschen anregende Lektüre. Bleiben Sie zuversichtlich. Und wärmewendeoffen. Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur

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Inhalt Finanzwelt

Titel

Expertenbeitrag: Werner Krieger über Investitionen in Fonds mit Erneuerbaren Energien 28

Wenn die Wärmewende in Deutschland gelingen soll, müssen 20 Millionen Gebäude mit 40 Millionen Wohnungen umgerüstet werden. In Südbaden treibt Wärmeplus das Thema voran. Und nimmt 1,5 Milliarden Euro in die Hand. 6-8

Stadtentwicklung

Rathaus mit Rolle rückwärts: Im Frei­burger Neubaugebiet Kleineschholz sollten die Grundstücke nur im Erbbaurecht vergeben werden. Dann prallte Wunsch gegen Wirklichkeit. Nun gibt es sie auch zu kaufen. Ein Gamechanger? 10-11

Frisches Geld für Start-ups: Die Beteiligungsgesellschaft der Freiburger Sparkasse setzt auf InnoGrowth 29

Die 140-Millionen-Euro-Investition: Sartorius baut im Gewerbegebiet Haid ein neues Kompetenzzentrum 18 Die Landentwickler: Die fwi feiert 30 Jahre. Der größte Coup ist der Grund­ stücksdeal mit der Cerdia 20-21

Verbände

Kein Silberstreif am Horizont: wvib stellt Konjunkturbericht vor 13

Den Bogen gespannt: Das neue Projekt „The Bow“ auf dem Güterbahnhof besticht mit herausragender Architektur 22

Bilanzen

Start-ups

Die Freiburger Messe lässt die Frage nach einem Nachfolger für den geschassten Messechef Daniel Strowitzki noch offen. Und bilanzierte mit 23,2 Millionen Euro Umsatz 12 Der SC Freiburg legt die nächste Rekordbilanz vor: Der Verein schraubte seinen Umsatz von 115 auf 175 Millionen Euro. Nur noch fünf Clubs haben höhere TV-Einnahmen 14-15

Bauen & Immobilien

Handwerkskammerchef Johannes Ullrich im Interview über die Krise am Wohnungsmarkt und die politische Performance in Berlin 16-17

Wolferie: Die Käserevolutionäre aus Freiburg

23

Für die ganz Kleinen: Warum zwei junge Männer das Wickelboard erfunden haben

24

Wie der Freiburger Verein Futur F Gründe­rinnen fördern will

25

Unternehmen in der Region Jubiläum: Kaisers Gute Backstube feiert 75 Jahre – und will dem Handwerk treu bleiben 26-27

Themenheft 11.2023 Das business im Breisgau-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli

Arbeitsmarkt

Halbherziger Herbstaufschwung: Die Freiburger Arbeitsagentur bilanziert einen mäßigen Oktober 32 Wanted: Azubis. Bundesweit sind aktuell 73.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. In Südbaden fehlen fast 800 Lehrlinge.

Euroairpoirt überflügelt Vorjahr / Alte Wache verkauft Wein in neuen Schläuchen / JobRad gewinnt Deutschen Nachhaltigkeitspreis / Sick AG und Endress+Hauser gründen Joint Venture / Biopulver insolvent / Streik bei Eris­ mann / Nexwafe investiert 70 Millionen Euro / Disch gewinnt Deutschen Solarpreis / 19. Messe Marktplatz Arbeit Südbaden 34-36

Fakten bitte

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen 38

18

Chefredaktion: Lars Bargmann

Ein Unternehmen der

Redaktion: Philip Thomas, Till Neumann, Pascal Lienhard, Jennifer Patrias

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme.

Autoren: Mathias Hecht, Werner Krieger Titelcollage: Sven Weis, © freepik

Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de

Anzeigen: Marion Jaeger-Butt, Nathalie Braun, Martin Beiermeister

Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)

Druck: Hofmann Druck, Emmendingen

Fotos: iStock.com, Pixabay, freepik.com Grafik: Sven Weis, Julia Neininger Lektorat: Beate Vogt

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33

Menschen & Meldungen

26-27

10-11

IMPRESSUM business im Breisgau

Expertenbeitrag: Mathias Hecht über Wohl und Wehe des Wachstums­ chancengesetzes 30

Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.



Titel

Herkulesaufgabe Wärmewende

Allein Badenova investiert 1,5 Milliarden Euro

W

Illustration: © freepik

enn die Wärmewende in der Bundesrepublik Deutschland gelingen soll, müssen 20 Millionen Gebäude mit 40 Millionen Wohnungen umge­ rüstet werden. Eine Herkulesaufgabe. Robert Brückmann, Leiter des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewen­ de (KWW), sagte unlängst der Deutschen Presseagentur, dass die Wärmewende „das größte Infrastrukturprojekt Deutschlands nach dem Aufbau des Landes nach dem Zwei­ ten Weltkrieg“ sein wird. In Südbaden treibt vor allem die Badenova-Tochter Wärmeplus das Thema voran. Und will allein dafür 1,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen. Das Freiburger Rathaus hat den Masterplan Wärme Freiburg 2030 erstellen lassen. Und zählt bundesweit zu den aktivs­ ten Kommunen. Politische Zielvorgabe von Bürgermeisterbank und Ge­

meinderat ist, dass Freiburg bis 2035 klimaneutral sein soll. Der Countdown läuft. Aktuell verbraucht die Stadt mit ihren Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben 6 | chilli | business im Breisgau | 11.2023

jährlich rund 1900 Gigawattstunden Wärme. Das ist etwa die Hälfte des kompletten Freiburger Energiebedarfs. 54 Prozent kommen aus dem Verbrennen von Erdgas, 22 Prozent fließen durch Fernwärmeleitungen – die auch überwiegend mit fossilen Energieträgern angeheizt wer­ den –, 17 Prozent aus Ölöfen, nur 7 Prozent aus Erneuer­ baren Energien, etwa Biomasse und Umweltwärme. „Da die Wärme noch zum größten Teil auf Basis fossiler Brennstoffe erzeugt wird, ist dieser Bereich zentral für die Erreichung der Klimaschutzziele“, heißt es im 126-seitigen Masterplan. „Wir können künftig etwa die Hälfte der Wärmemenge von Freiburg mit Wärmenetzen erschlie­ ßen“, sagt Wärmeplus-Geschäftsführer Klaus Preiser. Die Kapazität soll von aktuell 250 Megawatt auf ein Terrawatt erhöht werden. Dazu müssen insgesamt fast 90 Kilometer neue Leitungen verlegt werden. Das ist etwa die Strecke von Freiburg nach Singen am Bodensee. Wenn es nach Plan läuft, soll die Wärme bis 2035 komplett auf Grün geschaltet werden: 51 Prozent aus klimaneutraler


Titel

2023

nach 2030

7%

17%

9%

51%

54%

40%

22%

Erdgas

Fernwärme (überwiegend fossil)

Erdgas

Fernwärme (ohne fossile)

Heizöl

Biomasse und Umweltwärme

Heizöl

Biomasse und Umweltwärme

Solarthermie

Solarthermie

Wärmeversorgung heute und übermorgen: Aktuell liegt der Anteil der Erneuerbaren an der Wärme in Freiburg bei sieben Prozent. 2030 sollen die Erneuerbaren die Häuser komplett mit klimaneutraler Wärme versorgen. Fernwärme, 27 Prozent aus Umweltwärme, 13 aus Biomasse und 7 aus solaren Quellen. An zwei umweltfreundlicheren Wärmenetzen wird derzeit gearbeitet. Im Westen und im Süden der Stadt. Das südliche Netz mit Heizzentralen an der Staudinger Gesamtschule, im Vauban und ab Mitte November auch bei der Schwarzwald­ milch kann etwa 30.000 Menschen versorgen. Allein hierfür liegt die Investitionssumme bei 160 Millionen Euro. Tief im Westen sind es bis zu 70.000. Allein die Abwärme von Cerdia kann rechnerisch 15.000 Menschen versorgen. Mehr als fünf Millionen Kilowattstunden Wärme oder etwa 500.000 Liter Heizöl wurden viele Jahre lang in die Luft geblasen. Heute wird damit das Europapark-Stadion, die Messehallen, mehrere Verwaltungsgebäude, ein For­ schungsinstitut und ein Autohaus beheizt. Ans noch auszu­ bauende Wärmenetz West soll auch der neue Stadtteil Dietenbach angehängt werden. Die Neubauquartiere Klein­ eschholz und Metzgergrün kommen ans südliche Netz. Im Osten fühlen sich die Bürger hingegen abgehängt. „Wir brauchen für die Wärmeleitungen auch Platz in der Stra­ ße, wenn der nicht da ist, können wir da auch nichts rein­ legen. Wasser, Abwasser, Strom, Gas und Kommunikation sind bereits im Boden“, so Preiser. Unter der Kaiser-Joseph-Straße kommen die Leitungsbauer von Westen her gar nicht durch. Auch in weniger dicht be­ siedelten Gebieten, etwa bei den Tuniberg-Gemeinden, müssen dezentrale Lösungen her, etwa Wärmepumpen 

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Titel

oder Holzpelletsheizungen. Angedacht, aber zeitlich den, sind sie in Hannover schon weiter: Dort können Immo­ noch in weiter Ferne, sind Wärmeverbünde im Südwesten, bilienbesitzer auf der städtischen Homepage heute schon im Osten und im Norden. Dort, wo es machbar ist. Die nachschauen, womit in ihrer Straße künftig geheizt werden Herdermer Hanglage gehört da allerdings sicher nicht soll. Das darunterliegende Wärmekataster hat der Versorger dazu. Überhaupt sind Villenviertel eher keine Adresse für Enercity schon 2017 erstellt. Freiburg ist die nicht die einzige teure Wärmenetze. Kommune, die die Wärmewende weit vor der gesetzlichen Mitte November nahmen Badenova und Vertreter der Verpflichtung, Wärmepläne aufzustellen, angegangen ist. Schwarzwaldmilch eine neue Heizzentrale auf dem Fir­ Eine spannende Frage: Was passiert, wenn in der Straße X 86 Häuser an der Fernwärme an­ mengelände in Betrieb. 4,83 Mega­ geschlossen sind, aber zwei Häu­ watt Wärme, die bisher in die ser partout an ihrer Gasleitung Atmosphäre geblasen wurden, wer­ hängen wollen? den nun domestiziert und bringen heißes Wasser für Heizungen und Auf dem Weg zu grüner Wärme Bäder für 3500 Menschen. Kli­ spielt die Tiefengeothermie die maneutral. Jährlich 3000 Tonnen Hauptrolle, die mal 40 Prozent CO2 werden dadurch gespart. 16,5 Anteil liefern soll. Das Potenzial Millionen hat das neue Kraftwerk am Oberrheingraben ist schier gekostet. Der nötige Erbbauvertrag unendlich. Derzeit untersucht läuft über 99 Jahre. Um solche Pro­ die Wärmeplus drei Gebiete: jekte zu stemmen, brauche es zwi­ Ein 207 Quadratkilometer gro­ schen den Partnern vor allem eins: ßes Gebiet rund um Lahr, ein Vertrauen. „Wir sind ein verlässli­ 160 Quadratkilometer großes rund um Lörrach und das Ge­ cher Partner, und wenn man sich biet Breisgau, das von der March gegenseitig vertraut, so wie es mit im Norden bis fast nach Müll­ der Schwarzwaldmilch der Fall ist, heim reicht. Zudem läuft in dann schafft man eine Win-winKehl derzeit eine Machbarkeits­ Situation“, erklärt Preiser. Jedes studie. Die erste Wärme aus dem Abwärmeprojekt diene gleichzeitig Breisgau – wohl aus einem Bohr­ auch der Standortortsicherung des Hier geht‘s eng zu: Um Wärmenetze loch westlich von Freiburg, wie Industriebetriebs. aufzubauen, braucht es viel Platz unter Es gibt im Stadtgebiet viele weitere Klaus von Zahn, Leiter des Frei­ der Straße. Der ist nicht überall da. Wärmeemittenten, bei denen die burger Umweltschutzamts, un­ Gespräche nicht so erfolgreich lie­ längst sagte – könnte 2026/2027 fen. Wenn schnell die Juristen mit kommen. am Tisch sitzen, können die vertraglichen Hürden ebenso Anders als in Staufen, wo oberflächennahe Geothermie zu schnell so sehr in die Höhe wachsen, dass es nichts mit der verheerenden Schäden an der Altstadt geführt hat, setzt Nutzung der Abwärme wird. Badenova ausschließlich auf die Tiefe. „Wir suchen Ther­ malwasser und werden nicht in den Fels, das Grundgebir­ Ungenutzt bleibt übrigens auch die Abwärme aus dem Freiburger Krematorium, in dem jedes Jahr rund 850.000 ge, bohren“, so Preiser. 99 Prozent der Erde seien mehr als Kilowattstunden Erdgas verbrannt wird. Es gab im städti­ 1000 Grad heiß und vom restlichen Prozent sind wieder 99 schen Umweltschutzamt mal Überlegungen, die Abwärme Prozent mehr als 100 Grad heiß. Man muss nur tief genug, zu nutzen. Doch der Plan verschwand schnell wieder in am Oberrheingraben sind es rund 3000 Meter, graben. der Schublade. Wo kein Wärmenetz hinkommt, müssen Wärmepumpen Mehr Wärme könnte auch eine Müllverbrennungsanlage in (mit grünem Strom betrieben) und Holzpelletheizungen Freiburg bringen. Genau das hatte das Gutachterbüro, das einspringen. Zur Herkulesaufgabe Wärmewende gehört den Masterplan erstellt hatte, vorgeschlagen. „Das wird aber auch die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes. aber nicht weiterverfolgt. Die TREA steht gut da, wo sie „Eine Steigerung der Effizienz im Wärmebereich durch momentan steht“, sagt Rathaus-Sprecher Kolja Mälicke. Erhöhung von Sanierungsraten und Sanierungstiefen ist Die TREA (Thermische Restabfallbehandlungs- und Ener­ jedoch auch in Freiburg weiterhin notwendig, um die Kli­ gieerzeugungsanlage) steht im Gewerbepark Eschbach, wo maziele zu erreichen“, heißt es im Masterplan. Investitio­ unter anderem der Freiburger Hausmüll verbrannt wird. nen in Gebäude aber gehen in diesen Zeiten nicht so zügig Während man in Freiburg noch viel recherchieren muss, um voran wie der Ausbau der Wärmenetze. Da behindert die die künftige Qual der Wärmewahl für „seine“ Straße zu fin­ Zinswende die Wärmewende. Lars Bargmann

Foto: © Badenova

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Stadtentwicklung

So stellen sich die Planer das Neubaugebiet vor: Ohne Grundstücksverkäufe wird es nicht gehen.

Kehrtwende bei Kleineschholz

Visualisierungen: © Dietrich, Untertrifaller Architekten / Ramboll Studio Dreiseitl / Stadt Freiburg

Nun doch Kaufgrundstücke: Stadtspitze zum Pragmatismus gezwungen

W

as das Freiburger Stadtmagazin chilli exklu­ siv berichtet hatte, bestätigten Oberbürger­ meister Martin Horn und Baubürgermeister Martin Haag zwei Tage später bei einer Pressekonfe­ renz: Anders als verkündet, sollen Investoren im geplan­ ten Neubaugebiet Kleineschholz nun doch Grundstücke kaufen können. Bislang war es politische Zielvorgabe, die 20 Fußballfelder großen Flächen nur im Erbbau­ recht zu vermarkten. Es ist die erste Blume, die Stadt­ spitze und Gemeinderat aus dem lustvoll geflochtenen Bouquet fürs „Vorzeigequartier“ herausziehen müssen. Es wird sich weisen, ob es die letzte war.

„Wir haben eine massive Krise im Wohnungsbau, große Un­

sicherheiten in der politischen Förderkulisse. Während die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Frankfurt alle Neubau­ tätigkeiten bis Ende 2024 gestoppt hat, müssen wir jetzt los­ legen“, sagte Horn. Auch, weil die 6,3 Millionen Euro an Zuschüssen durch den Bund (zusätzlich 25.000 Euro für jede öffentlich geförderte Wohnung) zeitlich aufs Jahr 2028 befristet sind – und danach verloren wären. 10 | chilli | business im Breisgau | 11.2023

Für Horn muss die Erkenntnis, dass der Erbbau eine sehr

hohe Vermarktungshürde ist, besonders schmerzhaft sein. Bei Kleineschholz, oft als Blaupause für den Stadtteil Die­ tenbach bezeichnet, zerplatzt der Wunsch, gar keine städti­ schen Grundstücke mehr zu verkaufen, zum ersten Mal an der Wirklichkeit. Dass geliehene Grundstücke nicht zu beleihen sind – und da­ mit die Finanzierung deutlich erschweren –, ist aber wahrlich nichts Neues. Und dass gerade die adressierten gemeinwohlstatt gewinnorientierten Akteure nicht im Geld schwim­men und daher besonders auf günstige Finanzierungen angewie­ sen sind, könnte der Freiburger Politik auch einleuchten. Dass schließlich Horn und Haag als Grund für die Kurs­ korrektur auch noch die hohen Bauzinsen anführen, ist ei­ nerseits zwar verständlich. Soll aber suggerieren, dass ohne die Turbozinswende der EZB der Erbbau funktioniert hätte – und auch künftig funktionieren wird. Daran aber setzen nicht nur Banker, die den Bauwilligen die Kredite geben sollen, ein Fragezeichen. So hatte der Vorsitzende der Genossenschaft Bauverein Breis­ gau, Marc Ullrich, unserer Redaktion Anfang Juli 2022 ge­


Stadtentwicklung

sagt, dass der Erbbau wirtschaftlich nicht ins Konzept passe. Seinerzeit war der Leitzins bei: 0,0 Prozent. Das alles prallte lange am Rathaus einfach nur ab. Was in Kleineschholz indes passieren soll, daran entzündet sich in Freiburg kein Streit. Die Wohnungen sollen möglichst günstig zu mieten sein.

Über den Weg lässt sich streiten Über den Weg dahin lässt sich jedoch trefflich streiten. Das Innovative am Quartier ist nicht zuletzt die exklusive Grundstücksvergabe an sogenannte gemeinwohlorientierte Unternehmen, die die Wohnungen dann langfristig im Bestand halten sollen. Aber wenn das Ziel bezahlbares Woh­ nen ist, müsste der Politik eigentlich völlig egal sein, wer das erreicht: Ob es eine Baugruppe, ein Mietshäusersyn­ dikat, eine Baugenossenschaft, eine Freiburger Stadtbau, kirchliche oder private Bauträger oder auch ein Immo­ bilienfonds ist. Hauptsache, es wird ge­ baut und möglichst günstig vermietet. Was das Adjektiv gemeinwohlorien­ tiert politisch bedeutet, ist nicht schwer zu entziffern. Was es juristisch bedeu­ tet, ist eine weitere spannende Frage. Warum zudem ausschließlich Miet­ wohnungen gebaut werden und es keine eigenen vier Wände sein sollen,

erscheint auf den ersten Blick unver­ ständlich. Offenbar regiert die Sorge, dass mit dem Wohnraum am Ende doch spekuliert wird. Im Dezember soll der Gemeinderat nicht nur über den Bebauungsplan und die nötige Änderung des Flächen­ nutzungsplans, sondern auch über ein „innovatives und sozial fokussiertes“ Vermarktungskonzept entscheiden, das Liegenschaftsamtschef Bruno Gramich und Kleineschholz-Projekt­ leiterin Sabine Recker ausarbeiten. Die Grundstücke, aktuell sind es 16 Bau­ felder, sollen an die Bewerber mit den besten Konzepten vergeben werden. Es ist ein zweistufiges Verfahren. Im ers­ ten Schritt geht es um einen „Markt der Ideen“, erst im zweiten müssen die Kaufkandidaten präziser werden – und dann auch nachweisen, dass sie ihr Vorhaben finanzieren können. Die ersten Grundstücke sollen besten­ falls schon Ende März 2024 den Ei­ gentümer wechseln. Sechs Millionen Euro legt der Gemeinderat für diejeni­ gen noch drauf, die nicht nur 50 Pro­ zent sozialen Wohnungsbau machen, sondern darüber hinaus auch noch preisgedämpften. Wer ein Los gewinnt und lieber kaufen statt leihen möchte (muss man Pro­ phet sein, um vorherzusagen, dass die Mehrzahl der Verträge keine Erb­ bauverträge sein werden?), muss aller­ dings ein Rückkaufsrecht für die Stadt im Grundbuch akzeptieren. In 99 Jah­

So malen sich die Planer die Zukunft aus: Mit dem Ballon entschwebt nun auch der Traum, keine Grundstücke verkaufen zu müssen.

ren. „Mit erbbaurechtsersetzenden Rückkaufrechten setzen wir Genos­ senschaften in die Lage, notwendige Kredite aufzunehmen und verhindern zugleich langfristig, dass Grund und Boden zum Spekulationsobjekt werden kann“, findet Walter Krögner, woh­ nungspolitischer Sprecher der SPD/ Kulturliste-Fraktion. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Johannes Gröger, hat einen anderen Blick auf die Rückkaufklau­ sel. „Wer will und kann den Wert ei­ nes Wiederkaufs eines Grundstücks und eines Gebäudes in 99 Jahren be­ rechnen. Das ist im Klartext reine Augenwischerei.“ Im Prinzip ist das Rückkaufsrecht nicht viel mehr als ein Feigenblatt für den Kurswechsel.

Haag formuliert den Spagat Das Ringen ums bestmögliche Quar­

tier, das klimafreundlich, inklusiv und architektonisch anspruchsvoll sein, überdies zu 50 Prozent aus Sozi­ alwohnungen bestehen soll, ist den Verantwortlichen durchaus anzumer­ ken. „Das Motto heißt Realisierbar­ keit und Bezahlbarkeit“, fasste Haag den Spagat zusammen. Denn bezahl­ bar in der Miete und realisierbar bei der Finanzierung gehen selten händ­ chenhaltend über Bauplätze. Wenn es nach dem Baudezernenten geht, soll noch dieses Jahr der Spaten­ stich gefeiert werden. Die ersten Ge­ bäude könnten Ende 2025 errichtet werden. „Wir wissen, dass wir uns nicht alles nur wünschen können, wir wissen auch, dass es um die Wirtschaftlich­ keit geht“, sagte Horn. Der Verkauf von Grundstücken könnte ein Game­ changer im Vorzeigeviertel werden. Es ist gut für Kleineschholz, dass die Stadtspitze, wenn auch spät, auf Prag­ matismus setzt statt auf leuch­tende Blumenbouquets. Lars Bargmann

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Unternehmen

Messehallen im Abendlicht: Nach der Trennung von Messechef Daniel Strowitzki wird noch getestet, ob es eine Nachfolge braucht.

Böhme allein im Haus Messe bilanziert auf Vorjahresniveau

D

ie Freiburg Wirtschaft Tou­ ristik und Messe GmbH (FWTM) sucht aktuell kei­ nen Nachfolger für den langjährigen Messechef Daniel Strowitzki. „Bei der FWTM läuft seit einiger Zeit ein Restrukturierungsprozess. Dabei ist unter anderem vorgesehen, dass Abtei­ lungsleitende mit mehr Verantwortung noch enger mit der Geschäftsführung zusammenarbeiten“, teilt das Frei­ burger Rathaus auf Anfrage mit.

genen Jahr knapp 23,2 Millionen Euro um. Eine Million mehr als im Vorjahr. Zur FWTM gehören neben der OTG etwa die Freiburg Manage­ ment und Marketing International GmbH (FMMI, 100 Prozent), die

Fotos: © FWTM, Felix Groteloh

Strowitzki war im vergangenen Febru­

ar zunächst vom FWTM-Aufsichts­ ratsvorsitzenden, Oberbürgermeister Martin Horn, beurlaubt worden und hatte in der Folge einen Aufhebungsver­ trag unterzeichnet. Seither ist Böhme ­allein im Haus. Eine durchaus an­ spruchsvolle Aufgabe, denn die FWTM tummelt sich auf zahlreichen Spielplät­ zen in der Stadt: betreibt Wirtschafts­ förderung und Märkte, Tourismus, Stadt­entwicklung, die Messe, das Kon­ zerthaus und koordiniert auch viele Ver­ anstaltungen im ganzen Stadtgebiet. Allein die Messe Freiburg Objektträger Gesellschaft (OTG) setzte im vergan­

Hanna Böhme: Die FWTM allein zu führen, ist eine Herkulesaufgabe. Freiburger-S-Wirtschaftsimmobilien GmbH (30 Prozent) oder die Kopf­ bau Vermögensgesellschaft mbH. Die ganze Gruppe erwirtschaftete 2021 einen Umsatz in Höhe von 57,6 Milli­ onen Euro und musste mit 9,3 Millio­

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nen Euro aus der Schatulle von Finanzbürgermeister Stefen Breiter unterstützt werden. Etwa neun Millio­ nen Euro zur Abdeckung von Verlus­ ten wird die städtische Tochter auch in den nächsten Jahren benötigen. Bevor im kommenden Jahr nun der Aufsichtsrat über einen zweiten Ge­ schäftsführer entscheiden soll, sollen zunächst Erfahrungen mit der enge­ ren Zusammenarbeit der Abteilungs­ leitenden gesammelt werden. So könne auch „eine gute inhaltliche Basis für eine mögliche Aufteilung der Geschäfts­ bereiche entwickelt werden“, heißt es aus dem Rathaus. Nach bib-Informationen war indes schon an einer Stellenausschreibung gearbeitet worden, die im vergangenen Juli dem Aufsichtsrat vorgelegt werden sollte. Mit Strowitzki und Böhme war nach der Verabschiedung der langjäh­ rigen Alphatiere Klaus Seilnacht und Bernd Dallmann eine neue Führungs­ kultur in die Firma eingezogen. Ob die auch mit nur einer Chefin für die vielfältigen Aufgaben gelebt werden kann, muss sich weisen. Lars Bargmann


Verbände

Talfahrt hält an

Neue Konjunkturumfrage der wvib Schwarzwald AG

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Foto: © wvib HGF Christoph Muenzer

ie Lage der Industrie im Süd­ westen verschlechtert sich weiter. Das zeigt sich in der Herbstumfrage des Wirtschaftsver­ bands Industrieller Unternehmen in Baden (wvib), der sogenannten Schwarzwald AG, noch deutlicher als bislang. 347 Unternehmen haben sich an der Umfrage beteiligt. Obwohl das Gros derzeit noch schwarze Zahlen schreibt, sind die Erwartungen so schlecht wie seit Beginn der Finanz­ krise 2008 nicht mehr.

Digitalisierung und einer auch arbeits­ marktrelevanten gesteuerten Zuwan­ derung“, kritisiert Münzer.

„Der Silberstreif am Horizont ist für

Christoph Münzer: „Kein Silberstreif am Horizont.“

die Unternehmen in der Schwarzwald AG noch nicht zu sehen. Im Gegenteil: Die nächsten Monate dürften hart ­werden“, so wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer. Die Zukunftsindi­ katoren zeigen nach unten. So rechnet nur noch ein Fünftel der befragten Un­ ternehmen in den nächsten Monaten mit steigenden Umsätzen. „Die Politik packt die Probleme an den Symptomen an, statt an den Ursachen. Mit plan­ wirtschaftlichen Preisbremsen, Subven­ tionen und neuen Schulden statt mit Steuerreformen, Entbürokratisierung,

In den ersten drei Quartalen des lau­ fenden Jahres gaben die befragten Unternehmen ein durchschnittliches – nicht inflationsbereinigtes – Um­ satzwachstum von 6,7 Prozent an. Im Vorjahreszeitraum waren es 13,8 Pro­ zent. Und es waren auch nur noch 63,6 Prozent, die steigende Erlöse meldeten, 2022 waren es 84 Prozent. Anders herum: Fast ein Drittel gab jetzt rückläufige Umsätze an, wobei im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres es nur 14 Prozent waren.

Bei den Erwartungen sieht es noch schlechter aus: Mehr als 42 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit sinkenden Umsätzen, nur knapp 20 Prozent mit steigenden. Auch das Ge­ schäftsklima sinkt weiter: Aktuell liegt das wvib-Geschäftsklima bei 3 Punk­ ten. Vor drei Monaten lag es noch bei 22 Punkten, zum Jahreswechsel bei 47,1 Punkten. Schon in der Umfrage Ende des zweiten Quartals waren Lage (51,7 Punkte) und Erwartung (minus 4,23 Punkte) so weit auseinander wie selten zuvor. Dieser Trend setzt sich nun fort: Aktuell liegt die Geschäftsla­ ge bei 32,3 Punkten, die Geschäftser­ wartung bei minus 22,5 Punkten und damit zum zweiten Mal in Folge im negativen Bereich. Der anhaltende Fachkräftemangel ist ­sicherlich ein Grund dafür, warum sich die schlechte Lage bislang noch nicht in der Personalpolitik der Unternehmen niederschlägt. 47,8 Prozent der befrag­ ten Unternehmen haben in den letzten drei Quartalen ihre Belegschaft aufge­ stockt, während 40,1 Prozent einen Rückgang meldeten. Das waren vor drei Monaten noch 36,5 Prozent. bib Anzeige

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Bilanzen

Zusammenrücken: Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Anzahl der Mitglieder beim SC Freiburg verdoppelt.

Auf Rekordniveau

SC Freiburg legt beeindruckende Zahlen vor und warnt vor gestiegenen Erwartungen

S

portlich hat der SC Freiburg das erfolgreichste Jahr seiner Geschichte hinter sich. Das macht sich auch wirtschaftlich be­ merkbar: Der Bundesligist schraubte seinen Umsatz von 115 auf rund 175 Millionen Euro. Der Gewinn erhöhte sich von zwei auf 16 Millionen Euro. Der Erfolg bringt allerdings auch Un­ ruhe in den Verein.

Konsens-Club: Ohne Gegenstimme wurde der Ehrenrat von den SC-Mitgliedern entlastet.

Fotos: © pt

Platz 5 in der Liga, Halbfinale im

DFB-Pokal, Europa-League-Achtelfi­ nale. „Wir waren sportlich und wirt­ schaftlich noch nie so erfolgreich“, fasste SC-Finanzvorstand Oliver Leki die abgelaufene Spielzeit auf der Jah­ reshauptversammlung zusammen. Der Verein sei wirtschaftlich kernge­ sund und genieße mittlerweile natio­ nale Anerkennung.

Exakt 175,3 Millionen Euro erwirt­

schaftete der Bundesligist im abge­ laufenen Geschäftsjahr. In der Saison 2021/22 waren es noch 114,9 Millionen Euro. Die Sponsoring-Einnahmen erhöhten sich um 4,8 auf 23,6 Milli­ onen Euro. Die Erlöse aus dem Kar­ tenverkauf haben sich im Vergleich zur Saison 2021/22 (11,6 Mio.) auf

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26,1 Millionen Euro in der Spielzeit 2022/23 mehr als verdoppelt. „Wir haben die Vermarktungsmöglichkei­ ten im Europa-Park-Stadion genutzt“, kommentiert Leki. Am 16. Oktober 2021 trug der SC sein erstes Punkt­ spiel in der neuen Arena am Messe­ gelände aus. Auch die Sponsoring-Einnahmen er­ höhten sich: Von 18,8 Millionen auf 23,6 Millionen Euro. Erlöse durch Merchandise sowie Transfers spülten weitere 43,1 Millionen Euro in die SC-Kasse. In der vorherigen Saison waren es insgesamt 20,9 Millionen Euro. Die größte Einnahmequelle sind aber nach wie vor Fernsehgelder: Insgesamt 82,5 Millionen Euro schüt­ teten Sendestationen an den SC Frei­ burg aus. In der Saison 2021/22 waren es 63,6 Millionen. Die Europa-League


Bilanzen

bescherte dem Verein laut Leki rund 20 Millionen Euro: „Der Wettbewerb lohnt sich nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich.“ In der Bundesliga hätten nur fünf Vereine höhere TV-Einnahmen als der Sport-Club. Unter dem Strich steht ein Plus von 16,1 Millionen Euro. Das Eigenkapital betrug zum Stichtag rund 111 Millionen Euro. Zum Vorjahreszeitpunkt waren es 95 Millionen Euro. Die Bilanzsumme liegt bei 149,1 Millionen Euro (Vorjahr: 137,8 Millionen Euro). Seine Verbindlichkeiten reduzierte der Verein von 29,2 Millionen auf 22,6 Millio­ nen Euro. „Wir haben keinen einzigen Euro Bankschul­ den. Das unterscheidet uns“, sagte Leki unter Applaus vor 687 stimmberechtigten Vereinsmitgliedern. Auf der anderen Seite stiegen die Gehälter beim SportClub: Zahlte der Bundesligist in der Spielzeit 21/22 noch Löhne in Höhe von 59,6 Millionen Euro, überwies er in der Saison 22/23 insgesamt 87,8 Millionen Euro an Spie­ ler und Mitarbeiter. Auch das eine neue Dimension.

»Die erfolgreichen Jahre sind nicht spurlos an uns vorbei­gegangen« Nicht nur das Bankkonto wuchs: Im Oktober zählte der

Bundesligist rund 63.000 eingetragene Anhänger. In der Mitglieder-Tabelle der Bundesliga landet der SC damit auf Platz 7 hinter Stuttgart (85.000) und Gladbach (98.000). Damit hat der SC Plätze gutgemacht. „In den vergange­ nen zwei Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder verdop­ pelt“, so SC-Präsident Eberhard Fugmann. In der Saison 2021/22 bekannten sich knapp 32.000 Personen zum SC, in der Spielzeit 2017/18 waren es noch vergleichsweise überschaubare 15.741 Mitglieder. Die Nachfrage nach Dauerkarten sei entsprechend hoch. 25.000 solcher Billetts sind aktuell im Umlauf. Laut Leki hätte der Bundesligist rund 55.000 Saisontickets absetzen können. „Wir wollen aber keine geschlossene Gesellschaft werden“, erklärt der Vorstand die Obergrenze. Das Wachstum bringe allerdings auch Herausforderungen mit sich. „Die Erwartungshaltung war noch nie so groß. Eine unfassbare Meinungsvielfalt wird uns sehr laut mitge­ teilt“, lässt Leki durchblicken. Mancher vermisse die Rolle des Underdogs. „Wir versuchen uns immer noch kleiner zu machen als wir sind. Das gelingt uns nicht immer“, so Leki. Trotz neuem Status und finanzieller Möglichkeiten will der Bundesligist weiterhin auf die eigene Jugend setzen. Laut Sportvorstand Jochen Saier kicken aktuell elf Spieler aus der eigenen Fußballschule im Profikader. Auch er mahnt: „Ich spüre, dass die erfolgreichen Jahre nicht spur­ los an uns vorbeigegangen sind.“ Den Erfolg wolle er nicht kleinreden, „aber wir müssen demütig bleiben.“ Philip Thomas


Verbände

»Viel Umdrehung, aber kein Wind«

bib-Interview mit dem HWK-Präsidenten Johannes Ullrich

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Foto und Grafik: © hwk Freiburg

ohannes Ullrich ist seit 2014 Präsident der Hand­ werkskammer Freiburg. Und er wird, das kündigt er exklusiv im Wirtschaftsmagazin business im Breis­ gau an, auch im kommenden Jahr für eine weitere Amts­ periode, es wäre seine dritte, kandidieren. Im Gespräch mit bib-Chefredakteur Lars Bargmann spricht der 61-Jäh­ rige über die Krise am Wohnungsmarkt und fordert von der Politik endlich konsequentes Handeln.

bib: Im Jahrzehnt des billigen Geldes wurden viele teure Im­

mobilien für mittlere Einkommen finanziert ... Ullrich: ... was durchaus ein weiteres Problem ist. Da hat es Finanzierungen gegeben, die es eigentlich nicht hätte geben sollen. Längst nicht alle Haushalte werden die Anschlussfi­ nanzierungen stemmen können. bib: Die Zahl aller Handwerksbetriebe, die im Vergleich zum Vorjahr einen gestiegenen Auftragseingang meldeten, hat sich verdoppelt. Der Bau ist der große Trendbrecher? bib: Herr Ullrich, das Statistische Landesamt meldete un­ Ullrich: Anders als bei anderen Branchen, vom Bäcker über längst, dass der Umsatz im Bauhauptgewerbe von Januar bis den Augenoptiker und den Elektriker bis zum Zweiradme­ einschließlich Juli mit 8,8 Milliarden Euro fast 600 Millio­ chatroniker, wo die Zeichen auf Erholung stehen, hat zwar nen über dem Vorjahreszeitraum lag. Wieso sagten Sie bei der der Bau jetzt noch zu tun, aber alle Indikatoren signalisieren: Bekanntgabe der jüngsten Konjunkturumfrage: „Das Bau­ Wir steuern mit zunehmender Geschwindigkeit auf eine handwerk bleibt unser großes Sorgenkind“? massive Krise in der Baubranche zu. Die Auftragslage geht Ullrich: Aus unserer Konjunkturumfrage Anfang Oktober spürbar zurück. Wenn sich das fortsetzt, droht ein Personalgeht deutlich hervor, dass das Bauhandwerk nicht mehr zu­ und Kapazitätsabbau, der sich nicht wieder umkehren lässt. rück zu alter Stärke findet. Die Betriebe werten die aktuelle bib: Und der bei besserer Konjunktur für weitere Probleme Geschäftslage noch negativer sorgt? als vor einem Jahr. Und die Ullrich: Das wird uns langfristig Geschäftserwartungen liegen schmerzhaft auf die Füße fallen, bei minus 11,8 Punkten und wenn es darum geht, genügend somit weit von den guten handwerkliche Baufachkräfte Werten der anderen Hand­ für den Wohnungs- und Infra­ werksbranchen entfernt. Mitt­ strukturausbau oder energeti­ lerweile sorgt die schlechte sche Gebäudesanierungen zu Stimmung auch bei den nach­ haben. Was wiederum gravie­ gelagerten Ausbaugewerken rende Auswirkungen auf die für deutliche Sorgenfalten. großen gesellschaftlichen Auf­ Auch hier ist der Erwartungs­ gaben wie den Klimaschutz saldo nun deutlich negativ. und die Energiewende haben bib: Der Hauptverdächtige wird. bei der Ursachenforschung bib: Die Zahl der Baugeneh­ Deutliche Dysbalance: Während die Erwartungen der ist die EZB? migungen für neue Wohnun­ Dienstleistungsunternehmen deutlich positiv sind, blicken Ullrich: Ja. Vor allem die ho­ gen ist auf rasanter Talfahrt. hen Bauzinsen, aber auch ver­ Bau- und Ausbaufirmen sehr skeptisch nach vorn. Im vergangenen Juli stolze 32 teuerte Materialien sorgen vor Prozent unter dem Juli 2022. allem im privaten Wohnungsbau für massive Auftragsrück­ Medien schreiben über die „tiefste Krise in der Geschichte gänge. Die seit Monaten stetig sinkenden Baugenehmigungen der Bundesrepublik“. Übertrieben? sprechen eine deutliche Sprache. Weniger Baugenehmigun­ Ullrich: Keineswegs. Der August war bereits der elfte Monat in gen, weniger Baustellen, weniger Aufträge. Folge mit zweistelligen rückläufigen Genehmigungszahlen, 16 | chilli | business im Breisgau | 11.2023


Verbände

ein neuer Negativrekord. Allein zwi­ schen Januar und Juli sank die Gesamt­ zahl der Baugenehmigungen um mehr als 6000 auf 19.436. Die Wohnungsnot wird sich weiter zuspitzen. bib: Beim jüngsten Wohnungsgipfel hat die Regierung einen 14-Punkte-Plan vorgelegt. Mehr als nur heiße Luft? Ullrich: Die Richtung stimmt, der Plan greift aber in vielen Bereich noch zu kurz. Um Betrieben und Kunden für die kommenden Monate Sicherheit zu geben, müssen weitere Schritte erfolgen. Die Rücknahme des EH-40-Standards ist ein positives Signal für den Neubau. Allerdings muss noch konkretisiert wer­ den, ob der EH-55-Standard zukünftig auch für die KfW-Förderung gilt. Denn das ist erforderlich, um das kleinteilige Bauen und den Eigentumserwerb zu stärken. Auch die attraktivere Ausge­ staltung der KfW-Neubauprogramme ist von großer Bedeutung. Mit den neu­ en Obergrenzen können mehr Familien von den Fördermitteln profitieren. Die Anhebung der Kredithöchstsätze um lediglich 30.000 Euro ist aber noch zu zögerlich. Vor allem aber steht nirgend­ wo geschrieben, welches Ministerium was macht, wer zuständig ist und vor al­ lem ab wann. bib: Hat die Regierung das Hand­ werk in ihren Plan einbezogen? Ullrich: Ich sage es mal so: Nach der Weltfinanzkrise 2008/2009 hat die damalige Regierung vieles richtig ge­ macht. Pakete geschnürt, die direkt umsetzbar waren. Die jetzige Politik macht viele Gesetze, zieht sie aber nicht durch. Da ist viel Umdrehung, aber kein Wind. Zudem kann man die Kommunikation mit der ministeriel­ len Ebene durchaus als schlecht be­ zeichnen. Da kommt kurz vor Ostern ein Gesetz, das man kurz nach Ostern kommentiert haben soll. Und die Kompetenz der Mitarbeiter in den Ministerien ist leider nicht besser geworden. bib: Und bei der finanziellen Ausstat­ tung der 14 Punkte kann man auch nicht gerade von einem Wumms sprechen?

Ullrich: Das reicht natürlich nicht. Da muss mehr passieren, sonst ma­ chen wir in einem Jahr ein Interview darüber, wie viele Bauunternehmer pleite sind. bib: Bauen soll einfacher werden, wird quasi täglich auf der politischen Bühne erklärt. Glauben Sie dran? Ullrich: Die bisherigen Gesetze und Entwürfe der aktuellen Bundesregie­ rung haben nicht gerade die Hoffnung gesteigert, dass einfachere und ent­ schlacktere Vorgaben zu erwarten sind. Bei der Kostenreduzierung wurden jetzt immerhin zentrale Forderungen des Handwerks aufgegriffen: Der „Gebäu­ detyp E“ ermöglicht es Bauherren und Bauunternehmen nun, rechtssicher und einvernehmlich auf Baunormen zu ver­

Tritt 2024 noch einmal an: Johannes Ullrich zichten, die über den gesetzlichen Schutzvorschriften liegen. Hier müssen das Bundesjustizministerium und die Länder jetzt schnell in die Umsetzung kommen. Die Spielräume müssen kon­ sequent genutzt werden – vom Bund, von den Ländern und den Kommunen. 1996 hatten wir 5000 Bauvorschriften, heute haben wir 22.000. bib: Was könnte der Gesetzgeber tun, der selbst für mehr als ein Drittel der hohen Baukosten verantwortlich ist, um die Krise im Wohnungsbau zu meistern?

Ullrich: Am wichtigsten ist eine zeitna­ he Umsetzung der Maßnahmen, damit sie noch 2024 wirksam werden, und ein konsequentes Mitwirken der Länder. Wichtig ist eine an die Zinssteigerun­ gen angepasste und stabile Förderkulis­ se, die gezielte Unterstützung der Eigentumsbildung, bessere Abschrei­ bungsmöglichkeiten, eine Abkehr von überschießenden Standards und eine konsequente Beschleunigung von Pla­ nungs- und Bauprozessen. bib: Würde ein Absenken der Mehr­ wertsteuer etwas bringen? Ullrich: Grundsätzlich gibt es diverse andere Kosten, die schneller und sinn­ voller gesenkt werden könnten – etwa die Grunderwerbssteuer, vor allem im Ersterwerb. bib: Man kann die hohen Bauzinsen an der EZB festmachen, die hohen Bau­ preise aber nicht. Ullrich: Sicher, da gibt es viele Fakto­ ren. Nach der Pandemie waren wir gerade wieder auf dem Weg, dann kam der Ukraine-Krieg. Da hat man erst mal gesehen, was alles von dort kommt, Stahl, Holz, OSB-Platten. Und dann haben sich in die gerisse­ nen Lieferketten auch noch Markt­ teilnehmer gesetzt ... bib: ... Trittbrettfahrer, die sich kräftig die Taschen vollmachen ... Ullrich: ... das ist unsere Marktwirt­ schaft. Wo eine hohe Nachfrage herrscht, wird an hohen Preisen mitverdient. bib: Wenn der Wohnungsbau kriselt, sinkt die Nachfrage, dann rutschen die Preise wieder nach unten? Ullrich: Das bleibt abzuwarten. Wir haben ja parallel auch Lohn- und Tarifsteigerungen. bib: Wie wirkt das auf den Hand­ werkskammerpräsidenten, wenn bei einem neuen Bauvorhaben in Gün­ terstal Quadratmeterpreise ab 12.600 Euro aufgerufen werden? Ullrich: Ich frage mich: Wie weit geht es denn noch? Das ist wirklich nicht gut. Beim Handwerker landet die Sum­ me jedenfalls nicht. bib: Herr Ullrich, vielen Dank für dieses Gespräch.

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Immobilien

Sartorius investiert 140 Millionen Euro Neubau im Gewerbegebiet Haid

Soll im Betrieb CO2-neutral sein: So ähnlich wird das neue Produktions- und Forschungsgebäude mal aussehen.

Visualisierung: © Sartorius, Foto: © Margrit Müller

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as Göttinger Life-ScienceUnternehmen Sartorius baut im Freiburger Gewerbegebiet Haid für 140 Millionen Euro ein neues Kompetenzzentrum zur Entwicklung und Produktion von Materialien für den Zell- und Gentherapiemarkt. Da­ mit soll die bisherige Produktion in Freiburg deutlich erweitert werden. Das Gebäudeensemble fasst rund 10.000 Quadratmeter Bruttogeschoss­ fläche allein für Labore und Produkti­ on, zudem Büro- und Technikflächen. Im Betrieb soll es CO2-neutral sein: Be­ heizt wird es mit Erdwärme, gekühlt mit Brunnenwasser, der Strom kommt aus Solarmodulen auf dem Dach. „Mit der angestrebten Gold-Zertifizierung für

nachhaltiges Bauen wird das Gebäude für unsere Branche Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit setzen“, sagte SartoriusVorstand René Fáber.

meister Martin Horn bei der Grund­­steinlegung. Er erinnerte auch an den Spatenstich für die Niederlassung des US-Konzerns Intuitive Surgical im ver­ gangenen Jahr auf dem ehemaligen Cerdia-Areal. Auch dort werden deut­ lich über 60 Millionen Euro investiert. Einmal mehr werde nun der Bereich Medizintechnik und Biotechnologie in Freiburg gestärkt. Mit der räumlichen Erweiterung plant der Dax-Konzern Sartorius auch eine personelle: Die Zahl der Beschäftigten soll von derzeit 90 in den nächsten drei bis fünf Jahren auf 190 wachsen. Sarto­ rius hatte 2021 die Mehrheit der Cellge­ nix GmbH übernommen, ein Spin-off aus dem Freiburger Uniklinikum. Der neue Standort soll 2025 fertig­ gestellt werden. Die Produktion soll 2026 starten. Ob dann der bisherige Standort am Flugplatz geschlossen werde, konnte Fáber noch nicht sa­ gen. Jedenfalls könne die Produk­tion, die da läuft, nicht einfach abgestellt werden. bar

Wachstumsfaktoren und Zellkultur­ medien spielten eine wesentliche Rolle

bei der Herstellung von Zell- und Gentherapien. Die deutliche Erweite­ rung der Produktionskapazität in Frei­ burg „hilft uns, unsere Kunden noch besser bei der Entwicklung und Her­ stellung moderner Medikamente zu un­ terstützen“, so Fáber, der sich für die „reibungslose Zusammenarbeit“ beim Regierungspräsidium und den Vertre­ tern der Stadt Freiburg bedankte. Sartorius habe sich zu einem „echten Ausrufezeichen-Unternehmen“ entwi­ ckelt, erklärte Freiburgs Oberbürger­

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Das Runde ins Eckige gelegt: (v.l.n.r.) Joachim Kreuzburg, Vorstandsvorsitzender Sartorius, René Fáber, Felicia Rosenthal, Geschäftsführerin Sartorius CellGenix, und Martin Horn bei der Grundsteinlegung.



Stadtentwicklung

Die Landentwickler

30 Jahre fwi: 90 Fußballfelder, 750 Vermittlungen, ein Ziel

A

nfangs bekämpft, heute re­ nommiert: Die Freiburg-SWirtschafts­immobilien GmbH & Co. KG (fwi) hat ihren 30. Geburtstag gefeiert. Finanzbürgermeister Ste­ fan Breiter fand bei der Festrede viele lobende Worte. Die fwi hat seit ihrer Gründung indes viele Taten sprechen lassen. Meist ohne viel Aufhebens. Mit dem Kauf von 20 Hektar am Rande des Cerdia-Areals ist ihr unlängst der bisher größte Coup gelungen. Nicht der einzige.

Fotos: © bar

Bevor die gemeinsame Tochter der

Sparkasse Freiburg und – damals – der Freiburg Wirtschaft und Touristik (FWT) am 13. Januar 1993 gegründet wurde, hatten sich mehrere Gerichte mit dem bundesweit bis dahin einma­ ligen Joint Venture einer Kommune mit einer kommunal verfassten Bank auseinandergesetzt. Ein Makler, of­ fenbar mit anderer Bankverbindung, hatte gegen die Konstruktion geklagt, weil die zu einer marktbeherrschenden Stellung der fwi führen würde. Diese Einschätzung teilten die Richter in Mannheim nicht. Das Regierungs­ präsidium Freiburg genehmigte so­ dann die Firmengründung – mit der Einschränkung, dass die fwi aus­ schließlich als Gewerbeflächenent­ wicklerin tätig sein dürfe. „Das sind Restriktionen, an die wir uns bis heute halten“, sagt fwi-Geschäftsführer Tho­ mas Stoffel beim Redaktionsbesuch. Die Idee zur Gründung hatten der FWT-Geschäftsführer Bernd Dall­ mann und Manfred Tritschler. Der Sparkassen-Vorstand wollte seinerzeit die heute auf Wohnflächen speziali­ sierte Immobiliengesellschaft der Bank umstrukturieren. Bei Dall­ mann, damals Freiburgs oberster Wirtschaftsförderer, landeten derweil

Deutschlands größter Abbruchbagger: Bevor die ehemalige Cerdia-Fläche für den aktuell im Bau befindlichen Campus der Intuitive Surgical bereit war, musste nicht nur ein 30 Meter hoher Turm abgerissen werden. immer wieder gewerbliche Flächenan­ fragen von Unternehmen auf dem Tisch, mit denen er nicht mehr ma­ chen konnte, als sie an private Makler weiterzureichen – denen also auch Ge­ schäfte zu ermöglichen. Das änderte sich nach 1993. Aber es ging und geht bei der fwi, die von den Geschäftsführern Thomas Stoffel (64) und Markus Hildmann (56) geführt wird, nur am Rande ums Maklergeschäft: Das Unternehmen kaufte und entwickelte das elf Fuß­ ballfelder große Kasernenareal St. Ga­ briel vom Bund – wo heute nicht

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zuletzt die Freiburger Abfallwirtschaft ihren Sitz hat. Eher kein Job, für den sich ein Makler gemeldet hätte. Die fwi entwickelte als Dienstleister für die Stadt Emmendingen das Gewer­ begebiet „Über der Elz“ und wandelte dort auch das 14 Hektar große RamieAreal in die Gartenstadt Emmendin­ gen um – womit quasi nebenbei noch die Betriebsrenten der Beschäftigten der Textilfabrik ge­sichert wurden. Ebenfalls vom Bund erwarb die fwi das sieben Fußballfelder große Kasernena­ real Pradère in Teningen, entwickelte in Freiburg die Brache „Kläranlage


Stadtentwicklung

Nord“, kaufte und entwickelte das Kyburg-­Areal, wo da­ ten: „Das war mindestens so aufregend wie heute der Ar­ mals der SWR residierte, sprang nach der Pleite eines Bau­ tenschutz.“ Der Artenschutz war auch auf dem Freiburger trägers in die Entwicklung des Kepler-Parks mit ein oder Güterbahnhof ein dominantes Thema. Die fwi hatte von vermietete nach der Fertigstellung des neuen Freiburger der Aurelis Asset vor zehn Jahren für fünf Millionen Euro Hauptbahnhofs dort sämtliche Flächen. So ganz ohne vier Hektar im Norden des Areals erworben. Vor allem, Maklertätigkeit agiert die Firma nicht. Aber das ist eher ein um dort Handwerksbetriebe anzusiedeln. Das jedoch ist nur mittelüberzeugend gelungen: Handwerker muss man Nebenjob. auf dem Güterbahnhof mit ähnlich guten Augen suchen „Wir machen insofern Wirtschaftsförderung, dass wir die ­Infrastruktur für U ­ nternehmensansiedlungen entwickeln. wie die kleinen, geschützten Mauereidechsen. Unser Auftrag ist sparsames Flächenmanagement, Innen­ Die fwi ist unternehmerisch nicht nur Tochter, sondern entwicklung und Flächenrecycling“, erklärt Stoffel. Ein Aus­ auch Mutter: So gehört ihr etwa die Auwald 13 GmbH rufezeiten verdient sich dieses und damit das Grundstück des Statement mit dem Kauf der einstigen Autohauses Kannen­ Cerdia-Flächen. 16 Hektar wa­ gießer am Eingang zum Stadt­ ren es im ersten Schritt vor drei teil Landwasser. Dort plant der Jahren, 5,5 Hektar kommen Projektentwickler Peter Un­ demnächst dazu, wenn der SV müßig vis-à-vis des neuen Zen­ Rhodia seine Rasenrechtecke trums den Bau eines weiteren an der Hermann-Mitsch-Stra­ Hochhauses. Bekommt er das ße verlassen muss. Drei Hek­ Baurecht, kauft er von der tar hat die fwi an die Intuitive Auwald 13 das Grundstück, Surgical Optics GmbH ver­ baut aber von 120 Wohnun­ kauft, die dort deutlich über 60 gen auch 40 für Beschäftigte der Sparkasse. Millionen Euro in einen neuen Campus investiert – was nicht Wenn im Freiburger Rathaus nur in Freiburg für Aufsehen Haben derzeit gut lachen: Die beiden Geschäftsführer Bürgermeister von „aktiver Markus Hildmann (l.) und Thomas Stoffel sorgte. Zwei Hektar samt ei­ Liegenschaftspolitik“ spre­ ner großen Halle verkaufte chen, könnten sie sich bei sie an die Reuter Chemische Apparatebau. Der Verkauf von der fwi durchaus eine Scheibe abschneiden. Der Wir­ weiteren 2,3 Hektar an die Komtur Pharmaceuticals (wir be­ kungskreis der fwi geht allerdings auch weit über die richteten) wurde aber inzwischen rückabgewickelt. 16,5 Hektar Stadtgrenzen hinaus und ist durch die Fusion der Sparkas­ oder gut 23 Fußballfelder sind also noch zu haben. Die se Freiburg mit der Sparkasse Nördlicher Breisgau 1998 muss man an den Mann oder die Frau bringen. und drei Jahre später mit der Sparkasse Elztal noch größer Sorgen machen sich die Geschäftsführer deswegen nicht. geworden. Die Geschäftsgebiete von Bank und fwi decken „Wir entwickeln dort ein hochwertiges, innovatives Quar­ sich. In ihrer 30-jährigen Geschichte hat die fwi 600.000 tier, wir haben tolle Spin-offs in der Stadt, fünf Fraunhofer Quadratmeter – oder fast 90 Fußballfelder – entwickelt Institute, zwei Max-Planck-Institute, das Universitätsklini­ und 750 gewerblich genutzte Flächen vermittelt. kum, es gibt da kaum Vermarktungsrisiko“, so Stoffel. Der Wenn es nach Stoffel und Hildmann geht, dann braucht al­ Run auf Freiburg ist auch bei den Gewerbeflächen unge­ lein die Stadt Freiburg jedes Jahr vier bis fünf neue Hektar brochen. Für drei Viertel der Flächen lägen schon Reservie­ fürs Gewerbe. Aufsummiert bis ins Jahr 2040, der Flä­ rungen vor. chennutzungsplan 2040 wird im Rathaus derzeit im „Wir sind zwar eine Gesellschaft mit Gewinnabsicht“, be­ Schneckentempo bearbeitet, sind’s rund 800.000 Quad­ tont Hildmann, im Hauptberuf stellvertretendes Vor­ ratmeter. Oder zwei Mal den Güterbahnhof Nord. „Ich bin standsmitglied der Sparkasse, „aber unter denen zählen wir in großer Sorge, dass wir für 80 Prozent unserer Arbeits­ zu den Gemäßigten.“ Ein internationaler oder nationaler plätze, das sind Dienstleistungen, keine Expansionsmög­ Projektentwickler hätte den Cerdia-Deal nicht gemacht, lichkeiten mehr haben. Aktuell haben wir für Büroflächen weil die „mit höheren Renditevorstellungen“ unterwegs nur minimale Potenziale“, hebt Stoffel den Finger. An der wären. Das Cerdia-Areal zu entwickeln, sei für die fwi der Bahnhofsachse habe man gesehen, wie schnell 100.000 Vorstoß in eine „völlig neue Dimension“ – nicht nur finan­ Quadratmeter Büroflächen vermietet sind. Auch Laborflä­ ziell. Auch der Artenschutz, es gibt allein dazu ein 140 Sei­ chen seien vehement nachgefragt, ergänzt Hildmann: ten dickes Gutachten, sei eine „enorme Herausforderung“. „Und wenn wir keine Flächen haben, kommt auch keiner Stoffel schmunzelt. Was heute der Artenschutz ist, waren mehr nach Freiburg.“ früher bei der Entwicklung der Kasernenareale die Altlas­ Lars Bargmann chilli | business im Breisgau | 11.2023 | 21


Meldungen

Bauen & Wohnen

Letztes Grund­ stück verkauft

Baustart für »The Bow«

Illustration: © Freepik.com/freepik

Komtur Pharmaceuticals macht Rückzieher Der international tätige Pharmagroß­ händler Komtur Pharmaceuticals hat auf dem ehemaligen Cerdia-Areal ei­ nen Rückzieher gemacht. Das Frei­ burger Unternehmen hatte dort Ende 2021 ein 23.000 Quadratmeter gro­ ßes Grundstück erworben, um dort eine medizin- und arzneimitteltechni­ sche Produktion aufbauen. Durch eine Neuausrichtung der Strategie durch die dritte Generation des Familienbetriebs ist dieses Vorhaben aktuell vom Tisch. Die Freiburger-S-Wirtschaftsimmobilien GmbH hat die Fläche – gegen einen Abschlag – zurückgenommen.

Visualisierung: © Projekt IKS 2021 GmbH

Die Freiburger-S-Wirtschaftsimmobilien GmbH hat das letzte ihrer Grundstücke auf dem Freiburger Gü­ terbahnhof verkauft. Das liegt zwischen dem Neubau von Elektro Müller und der Schätzle Ofenbau Freiburg GmbH an der Ingeborg-Krummer-SchrothStraße. Die Fläche war bereits an die SAW Elektrotechnik GmbH verkauft worden, das Geschäft aber wurde rück­ abgewickelt. Nun müssen sich Michael Müller und Tamara Schätzle gar nicht an einen neuen Nachbarn gewöhnen: Die beiden kaufen jeweils einen Teil der Fläche. Schätzle wird den Stand­ ort Waldkirch aufgeben und in Frei­ burg konzentrieren. Müller braucht Erweiterungsflächen, nicht zuletzt für das Geschäft mit Wärmepumpen und Solaranlagen.

Joint Venture Projekt der Familie Hirt und Dreßler Bau GmbH

Neuer Hingucker auf dem Güterbahnhof: Der Bogen punktet an der Spitze mit einer auskragenden Architektur – oder einer auf dem Kopf stehenden Treppe.

A

m Güterbahnhof ist der nächs­ te Baustart erfolgt: Zwischen dem Nahwärmekraftwerk und dem Stadtbau-Gebäude an der Inge­ borg-Krummer-Schroth-Straße hat das Joint Venture der Familie Hirt aus Freiburg und der Dreßler Bau GmbH Ende Oktober mit der Errichtung des etwa 30 Millionen Euro teuren Pro­ jekts „The Bow“ begonnen. Gebaut wird nach den Plänen des Hamburger Star-Architekten Hadi Teherani – er war auch für die neue Volksbank-Zentrale verantwortlich – ein sechsgeschossiges Bürogebäude in Bogenform am runden Straßenver­ lauf. „Der Leitgedanke für die Ent­ wicklung des Gebäudes ist, das beste Gebäude Freiburgs für den ,War for Talents‘ zu entwickeln“, sagt Julian Grasshoff, Leiter der Projektentwick­ lung bei der Dreßler Bau. Neben der hochwertigen Architektur soll das Gebäude von der Deutschen Gesell­ schaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit Gold ausgezeichnet werden und ist auch bei der IT ambitioniert: Es strebt

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eine Auszeichnung für hervorragende Konnektivität und ausfallsichere digi­ tale Infrastruktur von WiredScore an. Teherani hat sich für die nordöstliche Seite des runden Gebäudes noch eine auskragende Architektur einfallen lassen: Die fünfte Etage hängt dort etwa acht Meter über dem Erdge­ schoss. Die ersten drei Mietverträge für rund 2000 Quadratmeter sind laut Andreas Hirt bereits geschlossen. Mit weiteren Interessenten sei man in guten Gesprächen. Insgesamt bietet The Bow 6700 Quadratmeter, für jede individuell gestaltbare Einheit eine Loggia oder einen Balkon, eine spektakuläre Dachterrasse und im straßenabgewendeten Hof eine auf­ wendige Grünfläche. In der Tiefgara­ ge stehen E-Ladesäulen für Fahrzeuge mit zwei oder vier Rädern parat. Die Bauherren haben das Grundstück im Herbst 2021 gekauft, dann mit vier Büros einen Architektenwettbewerb durchgeführt, den Teherani im April vergangenen Jahres gewonnen hatte. Beziehbar soll der neue Hingucker Mitte 2025 sein. bar


Start-ups

Was Veganer vermissen Zwei Freiburger stellen pflanzlichen Käse her

D

rei Jahre haben Erika Sewing und Wolfgang Reuter experimentiert, getestet, verworfen, neu angefangen. Ihr Ziel war, einen natürlich gereiften v­ eganen Käse zu kreieren, der ohne Zusatzstoffe auskommt. Seit Mai verkaufen sie ihn in Freiburg – und kriegen trotz des stattlichen Preises viel Zuspruch. Nur an einer Stelle klemmt es gewaltig. Wolfgang Reuter leitet die vegane Kochschule Aubergine in Freiburg. Zu seinen kulinarischen Abenden kommen viele, die vegan leben wollen, aber nicht auf Käse verzich­ ten können. Ist es möglich, einen veganen Käse herzustellen, der ohne Zusatzstoffe auskommt und auch wirklich nach Käse schmeckt? Die Frage ließ den 55-Jährigen nicht los. 36 Monate lang tüftelte er mit Erika Sewing (62) am Re­ zept. „Mit allen Höhen und Tiefen“, sagt Reuter. „Wir wa­ ren drei Mal kurz vorm Aufgeben, weil wir die Säure nicht rausgekriegt haben.“ Sie probierten verschiedene Nüsse und Gemüsesorten, testeten zum Fermentieren Quinoa, Hirse und Hafer. „Aber das ist alles wilde Fermentierung, da wird irgendwas draus, aber eben kein Käse-Geschmack“, berichtet Reuter. Erst als das Duo auf „definierte Käse-Kul­ turen“ zurückgriff, klappte es. Darin sind drei BakterienStämme, die sie von einem Käsereien-Bedarfshandel beziehen.

Fotos: © Till Neumann

Cashews und Wasser: Im ersten Schritt wird gemixt. Später kommen Käse-Kulturen, Blumenkohl und Salz dazu. In ihrem Käse sind vier weitere Zutaten: Bio-Blumenkohl, Bio-Cashews, Wasser und Salz. Getauft haben sie ihn „Cwasare“ und nennen ihn vollmundig „die Käse-Revoluti­ on aus Freiburg“. Weil er einzigartig ist? „Im Prinzip wissen wir nicht ganz genau, was in der Welt alles vor sich geht“,

Stolz auf ihre vegane Erfindung: Wolfgang Reuter und Erika Sewing in ihrer Käseküche in Freiburg. sagt Reuter. Dazu gebe es zu viele Hersteller. Tatsache ist für sie: „Kunstkäse, die aus Kokosöl, Fett und Emulgatoren zu­ sammengehauen werden“, wollen sie keine machen. Also gibt es das doch ein zweites Mal? „Nicht mit diesem intensiven Bergkäse-Geschmack“, kontert Reuter. Sie hät­ ten schon einige Käse mit natürlicher Reifung probiert, aber da sei die Konsistenz nicht fein genug oder das Aroma nicht stark genug gewesen. In ihrer Küche im Hinterzimmer des Café Biene Fritz in der Wiehre schüttet Sewing nun Cashews und Eiswürfel in ei­ nen Mixer. Die beiden geben gerne Einblick in ihre Produk­ tion. „Aber keine Zahlen“, betont Reuter. Die bleiben Betriebsgeheimnis. Er meint die Dauer des Mixens oder auch die Luftfeuchtigkeit in ihrem Klimaschrank. Dort rei­ fen die sechs Käsesorten der beiden bis zu acht Wochen lang. Rund 40 Kilo Cwasare haben sie bisher produziert. Erhält­ lich ist er im Venoi, in der Glaskiste, im VictorySun Na­ turkost und im Bioladen St. Georgen. 8 bis 9,90 Euro kosten die 100 Gramm dort. Ein teures Vergnügen, das seine Käufer·innen findet. „Die Geschäfte bestellen konti­ nuierlich nach“, sagt Reuter. Und das Feedback spornt sie an. „Next Level of vegan Cheese“ habe ihnen ein Koch ge­ sagt, der für sie testete. Nach einem TV-Beitrag kamen zuletzt Anfragen aus ganz Deutschland. Doch die beiden müssen vieles ablehnen. Ihr Produktionsraum ist begrenzt. Die größte Herausfor­ derung daher: eine größere Küche finden, um mehr Käse herzustellen. Der könnte vielleicht die überschaubare Zahl der Veganer in Deutschland etwas größer machen. Bisher sind es drei Prozent. Till Neumann chilli | business im Breisgau | 11.2023 | 23


Start-ups

Pioniere: Niklas Schäfer (links) und Holger Bauer mit ihrem Wickelboard am Mundenhof

»Warum gibt es das noch nicht?«

Zwei Freiburger entwickeln Wickeltische für Spielplätze

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Fotos: © Paul Schnürle, Till Neumann

inder haben sie nicht. Aber eine Idee, die bei Eltern an­ kommt: Holger Bauer (31) und Niklas Schäfer (29) wollen als „Wickelboard“ Wickelstationen für Spielplätze entwickeln. Ihr erstes High-End-Modell steht seit Juni auf dem Mundenhof. Nach einem MDRTV-Beitrag haben sich 35 Interessen­ ten gemeldet. Darunter Städte wie Hamburg, München oder Wuppertal. Ihre Idee wurde schon vor fünf Jahren geboren. Da waren Niklas Schäfer und Holger Bauer mit einer Freundin auf ei­ nem Spielplatz in Heidelberg. Sie wi­ ckelte ihr Kind auf einer Parkbank. Die beiden Studenten fragten sich: „Ist es normal, dass man hier an so einem Ort wie dem belebten städtischen Spielplatz so sein Kind wickeln muss?“ Die Ant­ wort lautete ja. Die Idee, Wickeltische für solche Orte zu entwerfen, hatte of­ fenbar noch keiner. Nach einer gemeinsamen Bachelor­ arbeit zum Thema begannen Schäfer und Bauer mit einem Prototyp. Er steht seit 2020 auf dem Kinderaben­ teuerhof im Freiburger Stadtteil Vauban – und kommt an. „Die Leute da sind happy“, sagt Schäfer. Auch eigene Um­

fragen zeigten: Der Bedarf bei Eltern ist groß. Also starteten sie ein Crowd­ funding und finanzierten damit die bestmögliche Variante ihres „Wickel­ boards“. Die massive Kon­struktion steht seit Juni auf dem Drachenspiel­ platz am Mundenhof. 7900 Euro ha­ ben sie dafür investiert. „Voll gut, genau so was braucht es“, sagt eine Mutter an einem sonnigen Sonntag im Oktober, als sie das Wi­ ckelboard entdeckt. Sonst bringe sie Decken mit, wickele auf dem Boden, in gebückter Haltung. Mit dem Wi­ ckelboard kann sie ihrer Tochter windgeschützt stehend und mit einem Dach überm Kopf eine neue Windel anlegen. Auch andere sind begeistert. Das zei­ gen Reaktionen unter dem Foto des Wickelboards auf Instagram – und eine QR-Code-Umfrage, die das Duo am Wickelboard auf dem Mundenhof anbietet. „Bei der Bewertungsskala von 1 bis 10 haben das bisher alle auf 10 geschoben“, berichtet Schäfer. Mit Robinien haben sie für das Board das „bestmögliche Holz“ verwendet. 20 Jahre könne das bei guter Wartung halten. Fixiert ist die Konstruktion mit Edelstahl, die Seiten sind abgerundet.

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Der Nachteil: Die fast 8000 Euro sind viel Holz. Das merken die beiden, wenn sie Interessenten den Preis durchgeben. 35 Anfragen sind in den vergangenen Wochen eingegangen. Der Grund dafür: Der MDR stellte ihre Idee in einem TV-Beitrag für das Format „Einfach genial“ vor. Darauf­ hin meldeten sich Städte wie Ham­ burg, München oder Wuppertal. Auch ein Tierpark und ein Schwimm­ bad klopften an. Um ihr Repertoire zu erweitern, ent­ wickeln die beiden eine zweite Varian­ te. Was sie kosten wird? „Gut wäre, so an die 4000 Euro ranzukommen“, sagt Bauer. Das würde ihre Absatz­ chancen erhöhen. Die Zahl der po­ tenziellen Spielplätze deutschlandweit ist enorm. „Die Größenordnung über­ steigt alles“, sagt Schäfer. Allein für Freiburg haben sie 130 Spielplätze ge­ zählt. Rund 35 bis 50 ihrer Boards müssten sie im Jahr absetzen, um so je ein halbes Gehalt auszuzahlen. An Optimismus fehlt es nicht. Auch die Kooperation mit dem Mundenhof ist Grund dafür. Der Tierpark kommen­ tiert auf Instagram: „Wir lieben das neue Wickelboard bei uns.“ Till Neumann


Start-ups

Mehr weibliche Innovation Freiburger Verein will Frauen in Gründerbranche stärken

Setzt sich für Frauen in der Start-up-Branche ein: Sara Boukal ist im Freiburger Verein Futur F aktiv.

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enn sich nichts ändert, dauert es noch 131 Jahre bis zur globalen Gleich­ stellung von Mann und Frau. Das diesjährige Fazit des Weltwirtschafts­ forums ist düster. Auf mehr Ge­ schwindigkeit pocht der Freiburger Verein Futur F. Ziel ist es, mehr Frauen in die männerlastige Gründerbran­ che zu bringen. Dafür gibt es jetzt so­ gar ein Erfinderinnen-Memory.

Am 7. März war der diesjährige Equal

Pay Day. Ohne Entgelt-Unterschiede hätten Frauen in Deutschland von Neujahr bis zu diesem Tag kostenfrei gearbeitet. Sara Boukal möchte den Tag am 1. Januar feiern – und das nicht erst in 131 Jahren.

Foto: © Silvia Wolf

Die 36-jährige Kulturwissenschaftlerin

ist Co-Gründerin und Vorständin des Freiburger Vereins Futur F. Das Team organisiert seit 2019 Workshops, Le­ sungen und Events. Ziel ist es, Frauen fürs Gründen fit zu machen. „In Startups liegt die Frauenquote unter 20 Pro­ zent, bei Existenzgründungen sind es etwa 40 Prozent“, berichtet Boukal.

Dabei habe die grün-schwarze Landes­ regierung 2021 in ihrem Koalitions­ vertrag das Ziel vereinbart, die Zahl der Gründerinnen zu verdoppeln. Gründe für mehr Diversität gebe es vie­ le. Gerade bei Innovationen brauche es laut Boukal auch nicht-männliche Ak­ teure. Beispielsweise orientierten sich Wissenschaftler bei der Herstellung neuer Medikamente am männlichen Organismus – mit zum Teil fatalen Folgen für Konsumentinnen.

Mit einem Memory spielerisch etwas über Erfinderinnen lernen Zu den Angeboten von Futur F gehö­

ren kostenfreie Beratungsgespräche für Frauen, die mit dem Gedanken spielen, ein Business zu etablieren. Oft werde behauptet, dass Frauen weniger oder kein Interesse am Gründen hät­ ten. Das sieht Boukal anders: „Eine große Hürde ist eher der Zugang zu Finanzierungsinstrumenten.“ Häufig stünden den Gründerinnen Rollen­

klischees im Weg. „Frauen wird im Gespräch mit potentiellen Investoren recht offen gesagt, dass sie als Mütter nicht belastbar seien“, erklärt Boukal. Bei Männern werde die Vaterrolle da­ gegen nicht thematisiert: „Ihnen wird die Vereinbarkeit von Job und Familie nicht abgesprochen.“ Wichtig für ein erfolgreiches Start-up ist ein funktionierendes Netzwerk. Als Neuling sei es allerdings schwer, Zugang zu solchen Gruppierungen zu finden. Hier setzt die „Spätschicht“ von Futur F an: Zu den regelmäßigen Events kommen Gründerinnen aus Freiburg und dem Umland. Sie be­ richten von ihren Erfahrungen und bieten Möglichkeiten zum Austausch und zum Netzwerken. „Da sieht man, dass andere die gleichen Probleme umtreiben“, sagt Boukal. „Das hilft ungemein.“ Gerade erschienen ist das Erfinderin­ nen-Memory. Gemeinsam mit dem Kieler Unternehmen Spielköpfe prä­ sentiert Futur F die Frauen hinter be­ kannten Erfindungen. „Wir wollen zeigen, dass es schon immer spannen­ de Frauen gab“, erklärt Boukal. Dabei erleben selbst Fachleute Überraschun­ gen. Wer kennt etwa Rosetta Tharpe, die viele spätere Rock ’n’ Roll-Musiker entscheidend beeinflusste? Oder Aina Wifalk, die den modernen Rollator erfunden hat? Für kommendes Jahr steht bei Futur F ein Leadership-Programm an. „Es geht darum, wie man ein Unterneh­ men machtsensibel und reflektiert führen kann“, sagt Boukal. Viele Frau­ en berichteten, dass sie keine Führung übernehmen wollen, weil sie die übli­ chen Praktiken nicht vertreten. „Wir wollen Frauen bei einem neuen Füh­ rungsstil begleiten“, sagt Boukal. Pascal Lienhard

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Unternehmen in der Region

Hightech trifft Handwerk in der Ehrenkirchener Produktionsstätte von Kaisers Gute Backstube.

Millionenschwere Brötchen Kaisers Gute Backstube feiert 75-jähriges Bestehen

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it 44 Filialen von Schopfheim bis Emmendin­ gen und rund 500 Mitarbeiter·innen setzt Kaisers Gute Backstube mit Bio-Brot und Backwaren jährlich rund 30 Millionen Euro um. Dieses Jahr feierte das Unternehmen um die Geschäftsführer Gottfried Faller und Birgit Kaiser das 75-jährige Firmenju­ biläum. Die Chefin gibt Einblicke in die Erfolgsgeschichte.

Fotos: © Kaisers Gute Backstube

Rund 20 Sprinter verlassen täglich die Backstube, um Brot,

Brötchen & Co. pünktlich in die Filialen der Region zu lie­ fern. „Das ist logistisch gesehen schon ein Kraftakt, auch weil nachts alles frisch gebacken und geliefert wird und wir enge Zeitfenster haben“, sagt Geschäftsführerin Birgit Kai­ ser. Nicht nur die Bäckereien werden beliefert, auch 120 externe Kunden wie Kliniken, Altenheime und Großkun­ den beanspruchen den Service des Unternehmens. 26 | chilli | business im Breisgau | 11.2023

„Wir stehen für Genuss, ein Lebensgefühl und einen Qua­

litäts- und Serviceanspruch, den jeder Kunde sofort wahr­ nehmen kann, wenn er eine unserer Filialen betritt“, sagt die gelernte Diplom-Betriebswirtin. So sah es auch schon Kaisers Großvater Ernst Kaiser. Er hat gemeinsam mit seiner Frau den Betrieb am 1. Mai 1948 gegründet. Da­ mals noch im alten Stammhaus an der Basler Straße in Schallstadt-Wolfenweiler. „Die Bäckerei gab es vorher schon, aber der ehemalige Lehrmeister meines Großvaters hat keinen Nachfolger gefunden“, erzählt Kaiser. Bis 1979 backte der Bäckermeister in seiner Backstube, da­ nach übernahmen Kaisers Eltern Wolfgang und Wal­ traud mit der ersten Filiale in Schallstadt-Mengen die Bäckerei. 2007 stiegen Birgit Kaiser und Gottfried Faller in die Geschäftsleitung ein, 2009 zog die Bäckerei wegen Platz- und Logistikproblemen in die 4000 Quadratmeter


Unternehmen in der Region

große neue Produktionsstätte mit Bä­ ckerei und Restaurant in Ehrenkirchen. Inzwischen betreibt das Unterneh­ men die drei großen Filialen in Eh­ renkirchen und Schallstadt in eigenen Immobilien. Die restlichen 41 sind in Mietobjekten untergebracht. Aktuell beschäftigt das Unternehmen rund 500 Mitarbeiter·innen aus 43 Natio­ nen und arbeitet zudem mit verschie­ denen Subunternehmern aus der Re­gion zusammen. Etwa 30 Millionen Euro setzt die Fir­ ma jährlich mit dem Verkauf von Brot, Brötchen, süßen Teilchen, Ku­ chen und auch warmem Essen in den Filialen um. 7,2 Millionen Euro wur­ den allein in den vergangenen fünf Jahren wieder in die Betriebe inves­ tiert. „Hauptsächlich wird das Geld für die Instandhaltung der Gerät­ schaften und die Ersatzinvestitionen verwendet“, sagt Kaiser. Wie viele an­ dere Bäckereien setzt das Unterneh­ men auf moderne Technik. So

werden etwa schwere Mehlsäcke nicht mehr getragen und die Öfen teilweise automatisch mit Backwaren

Seit 2020 setzen Gottfried Faller und Birgit Kaiser auf Bio-Brot und altbewährte Rezepte. beladen. „Aber das Handwerkliche haben wir uns in ganz vielen Berei­ chen erhalten“, erklärt die 53-Jährige. Denn nur so bleibe das Berufsbild des Bäckers attraktiv. Die Brötchen werden zum großen Teil maschinell hergestellt, das Brot auf­ grund der Bio-Qualität immer noch

von Hand geknetet. „Die Umstellung auf Bio-Brot haben wir 2020 aus rei­ ner Überzeugungskraft ins Leben ge­ rufen und den Ansatz meines Vaters verfolgt, der schon in den 80er-Jahren damit angefangen hat“, sagt Kaiser. Das Getreide mahlen die Bäcker im­ mer noch von Hand, und bis heute gibt es zwei bis drei Sorten, die im­ mer noch dieselbe Rezeptur haben wie früher. „Dazu gehören das Rog­ genrund und der urige Kasten“, ver­ rät die Unternehmerin. Die neueste Filiale „@conrad“ in Lör­ rach wurde im Januar eröffnet. Den Fokus richten Kaiser und Faller neben dem Ausbau der Filialen auch auf das Recruiting von Mitarbeiter·innen, auf die familiären Strukturen und einen gesunden Ausgleich zwischen intelli­ genter Technik und handwerklichem Können. Denn wenn es nach Kaiser geht, ist eins sicher: Die handwerkliche Backkunst wird es auch noch in 75 Jahren geben. Jennifer Patrias Anzeige

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Expertenbeitrag Arbeitsmarkt

Mit Strategie in stimmungs­ getriebene Märkte Analyst Werner Krieger über Investments in erneuerbare Energien

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Foto: © GFA

olitisch ist der Aufbau der er­ neuerbaren Energie gewollt – vor allem die USA, Europa und China nehmen dafür viel Geld in die Hand. Am bekanntesten dürfte der amerikanische „Inflation Reduc­ tion Act“ sein, der ein Volumen von 369 Milliarden US-Dollar hat. Mit ihm ist aber vor allem ein jahrelang laufendes Steuersubventionsprogramm für saubere Elektrizitätsinvestments und Elektrizitätsproduktion verbunden: der „Clean Electricity Investment and Production Tax Credit“. Dauern wird das Programm voraussichtlich bis 2040 und ungefähr 2,7 Billionen US-Dollar verschlingen. Investiert werden diese Gelder entlang der gesamten Wertschöpfungskette. An­ gefangen vom möglichst CO2-freien Abbau der Rohstoffe in Ländern, die sich dabei möglichst ethischen Grundsätzen unterwerfen. Es folgen Investitionen in geeignete Explorationsunternehmen, in unter marktwirtschaftlich günstigen Be­ dingungen produzierende Firmen von Solar- und Windkraftanlagen sowie in die E-Mobilität. Klar im Vorteil sind die USA und China. Vor allem die USA kön­ nen die gesamte Wertschöpfungskette von der Wiege bis zur Bahre ideal und kostengünstig abdecken – kein Wunder also, dass das Land bei diesem Thema sehr geschickt weltweit Druck macht und bei der Umsetzung regenerativer Energie in der Poleposition sitzt. Ein Indikator dafür sind Produkte und Indizes, die den Bereich der wichtigsten Erzeuger „sauberer“ Energie abbilden. Der Global-Clean-Energy-Aktienindex etwa besteht zu 43 Prozent aus US-Fir­ men. Chinesische sind immerhin mit 13 Prozent g­ ewichtet, Deutschland aber ge­

rade mal mit 2,3. Deutsche Firmen spie­ len international kaum eine Rolle, wenn es darum geht, an der zukunftsträchti­ gen Energiewende zu profitieren. Der genannte Index und der darauf auf­ gelegte Fonds sind interessant, weil man damit in die weltweit wichtigsten Ener­ giewendefirmen investiert. Doch Vor­ sicht: Bei einem solchen neuen Markt sind die Wertschwankungen enorm. So

Werner Krieger (60): Finanzmarkt­ analyst, Gründer und Geschäftsführer der GFA Vermögensverwaltung GmbH brach etwa der Global Clean Energy ETF, der 2008 aufgelegt wurde, bis 2012 zunächst um 85 Prozent ein. Bis 2020 berappelte er sich mühsam, um 2020 und 2021 richtig Fahrt aufzuneh­ men. Kein Wunder also, dass dieser ETF zunächst das meiste Geld angezo­ gen hat und 2021 das Spezial-ETF mit dem größten Anlagevolumen war. Doch die Kurse der in diesem Fonds ab­ gebildeten Firmen brachen zwischen 2021 und Mitte Oktober 2023 wieder um über die Hälfte ein. Gerade in sol­ che stimmungsgetriebenen Märkte soll­ te man deshalb strategisch investieren. Generell wird es bei den Regenerativen immer wieder Störfeuer geben, weil noch viele Fragen offen sind. Wie kann regenerative Energie günstig gespei­

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chert und transportiert werden? Vor al­ lem bei der Speichertechnologie werden sich Firmen hervortun können. Zu­ gunsten einer akzeptablen CO2-Bilanz sollten die benötigten enormen Men­ gen an Rohstoffen zudem möglichst CO2-frei gefördert und transportiert werden: Es nutzt wenig, Solaranlagen zu importieren, die in China mit hohen CO2-Emissionen produziert wurden. 17 Prozent der Weltbevölkerung leben in Industrieländern und verbrauchen laut Internationaler Energieagentur pro Kopf und Jahr 47.000 Kilowattstunden (kWh) Primärenergie. Die in Entwicklungslän­ dern lebenden 83 Prozent verbrauchen bisher nur 17.000 kWh. Wenn diese 83 Prozent sich weiterentwickeln, wollen sie auch mehr konsumieren und zu Wohl­ stand kommen. CO2-freie Energie ist für diese Menschen kein Thema. Denn für 2,7 Milliarden Menschen bedeutet es be­ reits Fortschritt und eine Verbesserung ihrer Gesundheit, von Holz auf Öl und Gas umstellen zu können. Diese Ver­ bräuche werden also auch weiter zuneh­ men. Nicht abschreiben sollte man daher auch die bekannten Energieunter­ nehmen. Denn die werden gut kapitali­ siert sich neu erfinden können, aber auch bei den Regenerativen mitmischen. Führende Wissenschaftler wie der Um­ weltökonom und Wirtschaftsnobelpreis­ träger William Nordhaus oder der Physiknobelpreisträger Thomas Schelling sind sich einig, dass man Klimawandel­ kosten und Klimaschutzkosten gegen­ einander abwägen müsse. Nordhaus fügt bezüglich der Umsetzung der regenerati­ ven Energie hinzu: „Ohne die Abwägung unter ökonomischen Gesichtspunkten droht sonst die Gefahr von Armut.“ www.gfa-vv.de/podcast


Finanzwelt

Neuer Fokus auf Start-ups Die SBG setzt auf InnoGrowth

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ie baden-württembergische L-Bank hat ein neues Pro­ gramm aufgelegt. Es hört auf den Namen InnoGrowth BW. Und adressiert private Inves­ toren oder Beteiligungsge­ sellschaften wie die der Spar­ kasse Freiburg (SBG). Dort knüpfen die Geschäftsfüh­ rer Nicolai Gerig und Markus Hildmann durchaus große Hoffnungen an den neuen Fördertopf.

Illustration: © freepik.com/ macrovector

„Wir haben in Freiburg eine sehr dy­

namische Start-up-Szene“, sagt Gerig. Und dank des neuen Programms will die SBG jetzt noch stärker mit Wagniskapital bei jungen Unter­ nehmen einsteigen. Wenn’s schiefgeht, trägt die ­L-Bank den Großteil des Risikos. „InnoGrowth BW zeigt erneut, dass wir gezielt in Zukunftsbranchen und Zukunftsunter­ nehmen investieren“, so die baden-württembergische Wirt­ schaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. Das Konstrukt in Kürze: Das Start-up X (vormals nicht Twitter) braucht Eigenkapital, um seine Liquidität zu stär­ ken, Wachstum zu finanzieren oder besser an Fremdkapital

zu kommen. Über InnoGrowth, zunächst bis Mitte 2026 mit 75 Millionen Euro ausgestattet, kann die SBG nun haftungsreduziertes und zinsloses Kapital bei der ­L-Bank akqui­ rieren. Wenn sie mit der Firma bislang noch keine Geschäfts­ beziehung hatte. Das Risiko liegt je nach ge­ wählter Variante zwischen 50 und 70 Prozent bei der Lan­ desbank. Die Beteiligung liegt zwischen 400.000 und 666.667 Euro „Die wichtigste Grundlage dafür ist, dass die Start-ups ein inno­ vatives Geschäftsmodell haben“, sagt Thorsten Sillmann, Beteiligungsberater bei der SBG. Am besten schon mal einen Innovationspreis in die Vitrine im Büro stellen konnten. „Das neue Programm verbessert unsere Handlungsfähig­ keit, das ist eine Riesenchance für uns“, kommentiert Hildmann. Die L-Bank tue viel, um Ökosysteme aufzu­ bauen und zu stützen, in denen junge aufstrebende Unter­ nehmen gedeihen können. Bei der SBG setzt man nun auch auf schnelles Handeln, denn es gilt das „First come first serve“-Prinzip. bar Anzeige

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Expertenbeitrag

Begrüßenswert. Trotzdem beklagenswert? Mathias Hecht über neue Abschreibungsmöglichkeiten eines Wachstumschancengesetzes

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it dem Wachstumschancen­ gesetz möchte die Bundes­ regierung die Wettbewerbs­ fähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Hierzu hat sie im August den Regierungsentwurf des Gesetzes beschlossen. Zu diesem Entwurf hat sich der Bundesrat am 20. Oktober geäußert. Nun ist eine zeitnahe Um­ setzung des Gesetzes zu erwarten. Ob sie verfassungsgemäß ist, bleibt aber noch offen.

Foto: © ns, Illustration: © Freepik.com/denayune

Auf jährlich mehr als sieben Milliar­

den Euro bis 2028 bezifferten Bun­ deskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Entlastungsvolu­ men für Unternehmen und Private. Im Entwurf steht etwa, dass die Be­ tragsgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter für Anschaffungen nach dem 31. De­ zember 2023 von 800 auf 1000 Euro angehoben werden soll. Oder dass für bestimmte Sammel-Wirtschaftsgüter die Abschreibung von fünf auf drei Jahre verkürzt werden soll. Oder auch, dass zur Förderung von Betrie­ ben, die vor neuen Investitionen we­ niger als 200.000 Euro Gewinn haben, die Sonderabschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter von 20 auf 50 Prozent erhöht werden sollen. Die Ampel-Koalition hat

aber auch die Krise auf dem Wohnungsmarkt nicht vergessen. So soll auch für Wohnge­

Mathias Hecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gesellschafter bei der Hecht, Budai & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg bäude eine degressive Afa ermöglicht werden – wenn auch zeitlich befristet. Die degressive Afa bei Wohngebäuden beträgt dann jährlich für sechs Jahre jeweils sechs Prozent vom jeweiligen Buchwert (Restwert). Beim Neubau ist vorausgesetzt, dass mit dem Bau nach dem 1. Oktober 2023 angefan­ gen wird und es vor dem 1. Oktober 2029 bezugsfertig sein muss. Das gilt auch beim Erwerb einer gebrauchten Wohnimmobilie, wenn sie nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 gekauft wird. „Die degressive AfA für den Wohnungsbau hat das Potential, die Bau- und Im­ mobilienbran­ che deutlich zu stärken“, erklärte Bun­ desbauminis­

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terin Klara Geywitz. Mit der deutlich schnelleren Abschreibung seien wie­ derum schnellere Investitionen in neuen Wohnraum möglich. Die Ein­ führung einer degressiven GebäudeAfa ist aus unserer Sicht zu begrüßen, um Investitionen – insbesondere priva­ te – in Wohngebäude zu fördern und somit zumindest einen kleinen Beitrag zu Schaffung oder auch Erhaltung von Mietwohnungen zu leisten. Es erschließt sich jedoch nicht, warum nur Investments seit dem 1. Oktober 2023 gefördert werden sollen und nicht jegliche Investitionen seit Jah­ resanfang, wie dies bei anderen The­ men der Fall ist. Dies stellt eine erhebliche Ungleichbehandlung von Investitionen in ein und demselben Veranlagungszeitraum dar. Ob diese Regelung daher verfassungsgemäß ist, also neben begrüßenswert auch be­ klagenswert ist, bleibt abzuwarten.



Arbeitsmarkt

Halbherziger Herbstaufschwung

Arbeitsmarkt stagniert – 50.000 Menschen erhalten Sozialleistungen

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ie Zahl der Arbeitslosen im Bezirk der Agentur für Arbeit Freiburg ist im Oktober leicht gesunken. Zum Stichtag (12. Oktober) waren in der Stadt Freiburg und den Landkreisen Breisgau-Hochschwarz­ wald und Emmendingen 14.323 Frauen und Männer ohne Beschäftigung. Im Europark-Stadion würden die fast zwei Mal die Südtribüne füllen. Die Ar­ beitslosenquote verringert sich um 0,1 Punkte auf 3,8 Prozent. Bundesweit liegt sie bei 5,7 Prozent.

dert bei 3,2 Prozent, der Stadtkreis Freiburg bei 5,2 (-0,2 Prozentpunkte). Die niedrigste Quote hat die Geschäfts­ stelle Waldkirch mit 2,4 Prozent.

te und ihre Besetzung bleibt schwie­ rig“, so Merk. Obwohl heute weniger Stellenangebote gemeldet werden als vor einem Jahr, dauere es länger, sie zu besetzen. Offenbar beeinflusst der Strukturwandel den Arbeitsmarkt stärker als die aktuelle Eintrübung der Konjunktur.

Unbesetzte Stellen wohl auf Rekordniveau Für die Agentur sind Fachkräfteeng­

Foto: © Agentur für Arbeit, Illustration: © Freepik.com/pch.vector

„Die aktuellen Krisen drücken auf die

Stimmung. Das macht sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Der übliche Herbstaufschwung fällt weiter nur verhalten aus“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg, Alexander Merk. So sei der Rückgang an Arbeitslosen erneut geringer (-363) als üblich aus­ gefallen und die Zahl an längerfristig Arbeitslosen auf Jahressicht zum zweiten Mal in Folge gestiegen. Die geringste Quote hat mit 2,7 Pro­ zent der Landkreis Emmendingen (-0,1 Prozentpunkte), der Kreis Breis­ gau-Hochschwarzwald liegt unverän­

Alexander Merk: Noch sehr viel zu tun. Insgesamt gibt es in den beiden Land­ kreisen und der Stadt 280.802 sozial­ versicherungspflichtig Beschäftigte. Nach Angaben der Agentur beziehen aktuell mehr als 50.000 Menschen so­ ziale Leistungen wie Arbeitslosengeld. Die Arbeitskräftenachfrage hat sich stabilisiert. „Die Betriebe sind weiter vorsichtig, wenn es um die Schaf­ fung neuer Arbeitsplätze geht. Sie halten aber ihr Personal. Wegen des steigenden Ersatzbedarfs erreichen uns nach wie vor viele Stellenangebo­

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pässe und verfestigte Arbeitslosigkeit die größten Herausforderungen. „Was wir bislang an Ideen und Lösungen dazu entwickelt haben, reicht noch nicht“, so Merk. Hier sei noch viel mehr zu tun. Das gelte auch für den Ausbildungsmarkt. Für das abge­ schlossene Berichtsjahr werden unbe­ setzte Lehrstellen auf Rekordniveau erwartet. Die Zahl der offenen Stellen ohne Azubistellen lag Ende Oktober bei 5675. In ganz Deutschland gab es zum Stichtag 2,607 Millionen Arbeitslose. 165.000 mehr als im Oktober 2022. bib/bar


Ausbildungsmarkt

Nahles fordert mehr Kompromisse

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770 Azubistellen in Südbaden unbesetzt

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nde September waren bundesweit noch 73.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Rund 5000 mehr als im Vorjahresmonat. Das meldet die Bundes­ agentur für Arbeit. „Es wird zunehmend herausfordern­ der, Ausbildungssuchende und Betriebe zusammen­ zubringen. Um hier voranzukommen, braucht es noch mehr Kompromissbereitschaft von beiden Seiten“, sagte die Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles.

Illustration: © freepik.com/jemastock

Besonders schwer sind die Besetzungen in Lebensmittel­

berufen, in Hotels und Gaststätten, in der Orthopädieund Rehatechnik, in Bau- und baunahen Berufen, in der Fahrzeugführung und in Metallberufen. Auf 100 gemel­ dete betriebliche Ausbildungsstellen kamen rechnerisch – ebenso wie im Vorjahr – 80 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber. Im Bezirk der Arbeitsagentur Freiburg gab es Ende Septem­ ber von insgesamt 3840 Ausbildungsstellen noch 770 unbe­ setzte. 100 mehr als im September 2022, aber schon 370 mehr als im September 2013. Die Schere zwischen Ausbil­ dungsplätzen und der Qualifikation und dem Interesse der Bewerber geht auseinander. Die Bundesagentur spricht von zunehmenden „Passungsproblemen“. Anja Piel, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschafts­ bund, fordert, dass Arbeitsagenturen, Jobcenter und Arbeit­ geber „jetzt den Turbo bei der Förderung anwerfen, um so das Matching am Ausbildungs­ stellenmarkt zu verbessern“. Dass rund 2,64 Millio­ nen junge Men­ schen zwischen 20 und 34 kei­ nen Berufsab­ schluss haben, sei nicht nur für jeden einzelnen dramatisch, son­ dern insgesamt auch ein schlimmer histori­ scher Höchststand. bib/bar chilli | business im Breisgau | 11.2023 | 33


Menschen und Meldungen

FREIBURG. Die JobRad GmbH be­ kommt den Deutschen Nachhaltig­ keitspreis in der Kategorie „Zweiräder“. Damit ist erstmals ein Dienstradlea­ sing-Anbieter Preisträger des renom­ miertesten Nachhaltigkeitspreises in Europa. Die Freiburger setzten sich ge­ gen mehr als zehn Mitbewerber durch. „Wir freuen uns riesig über den ersten Platz“, so Andrea Kurz, Geschäftsfüh­ rerin der JobRad GmbH. „Seit unserer Unternehmensgründung haben wir mehr Menschen Zugang zu nachhalti­ ger Mobilität auf dem Fahrrad ver­ schafft als jeder andere Einzelakteur der Fahrradbranche: Über eine Million JobRäder sind bereits unterwegs“, so JobRad-Gründer Ulrich Prediger.

Foto: © Euroairport

JobRad gewinnt Deutschen Nachhaltigkeitspreis

Hat sich aus der historischen Corona-Krise mit nur noch 2,6 Millionen Passagieren herausgekämpft: Auf den Rollfeldern des Airports ist wieder viel Betrieb.

Euroairport überfügelt Vorjahr

Sick und Endress+Hauser gründen Joint Venture

Winterflugplan mit neuen Destinationen

Foto: © Endress+Hauser AG

Foto: © SICK AG

WALDKIRCH/RHEINACH: Der Sensorspezialist Sick AG und der Messtechnikspezialist Endress-Hau­ ser AG haben eine Absichtserklärung

Mats Gökstorp, Vorstandsvorsitzender der SICK AG (oben) und Matthias Altendorf, CEO der Endress+HauserGruppe zur strategischen Partnerschaft im Bereich „Cleaner Industries“ unter­ zeichnet. Beide Unternehmen sehen große Chancen darin, gemeinsam zu

BASEL-MULHOUSE-FREIBURG. Der Euroairport wird im laufenden Jahr mehr Passagiere befördern als im Vorjahr. Bis Ende Oktober zählte die Crew um Flughafendirektor Matthias Suhr bereits 6,85 Millionen. Im ge­ samten Vorjahr waren es rund sieben Millionen. Bisher war der passagier­ stärkste Monat der Juli mit 828.262 Fluggästen. Das Drehkreuz im Dreiländereck bie­ tet mit dem neuen Winterflugplan nun Direktverbindungen zu 77 Desti­ nationen in 28 Ländern. Neu oder wie­ der am Start sind Funchal (Portugal) und Enfidha (Tunesien), Oran (Algeri­ en) und London Stansted. Zudem wird Chair Airlines erstmals die Strecke

Basel-Pristina bedienen und auch ei­ nen Airbus A320 am Euroairport sta­ tionieren. Sun Express fliegt das türkische Kayseri nun auch im Winter an, und Aegean Airlines wird über die Weihnachtszeit Flüge nach Thessalo­ niki anbieten. Platzhirsch Easyjet hat angekündigt, ab Dezember einen wei­ teren A320 in Basel zu stationieren. Damit wären wieder so viele Flugzeu­ ge des Platzhirsches wie vor der Pan­ demie auf der regionalen Plattform. In Erinnerung bleiben wird die Wo­ che vom 19. bis 26. Oktober, in der der Terminal gleich vier Mal wegen Bombendrohungen evakuiert werden musste. Ohne dass jemand zu Scha­ den gekommen wäre. bar

einer zukunftsfähigen Energieversor­ gung beizutragen und Kunden in der Prozessindustrie entlang der gesam­ ten Wertschöpfungskette dabei zu unterstützen, ihre Nachhaltigkeits­ ziele zu erreichen. Es ist beabsichtigt, dass beide Unternehmen 50 Prozent der Anteile am Joint Venture halten und die Unternehmensführung pari­

tätisch besetzen. Endress+Hauser will sich finanziell beteiligen, Sick soll die Einheiten seines Geschäftsbereichs „Cleaner Industries“ mit mehreren Entwicklungs- sowie Produktion­ s­ standorten in Deutschland in das Joint Venture einbringen, das im ers­ ten Quartal 2024 gegründet werden soll.

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VAG bestellt 22 Elektrobusse

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FREIBURG: Die Vorstände der Freiburger Verkehrs AG (VAG), Oliver Benz und Stephan Bartosch, haben den Kaufvertrag für 22 neue E-Gelenkbusse des Typs MercedesBenz eCitaro G unterzeichnet. Damit verdoppelt sich die EBus-Flotte der VAG, die bis 2030 die komplette Busflotte auf Elektro umgestellt haben will. Die 22 neuen Busse kos­ ten inklusive Werkstattleistungen rund 19 Millionen Euro und werden neben dem Freiburger Rathaus vor allem vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit 7,2 Millionen Euro bezuschusst.

Trumpf trumpft auf FREIBURG/TENINGEN: Der Maschinenbauer Trumpf hat für die Standorte Freiburg und Teningen starke Bi­ lanzzahlen vorgelegt. Konzernweit stieg der Umsatz von 4,2 auf 5,4 Milliarden Euro – ein Plus von 27 Prozent. Be­ sonders stark entwickelte sich die Elektronik-Sparte Trumpf Hüttinger mit Standorten in Freiburg, Stutensee und Warschau. Deren Umsatz wuchs um 58 (!) Prozent auf 545 Millionen Euro. Die Zahl der Beschäftigten stieg vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023 von 1355 auf 2050, da­ von 563 in Freiburg und Stutensee. 104 mehr als vor ei­ nem Jahr. Trumpf Werkzeugmaschinen in Teningen bilanziert ebenfalls positiv: Der Umsatz kletterte um 43 Prozent auf 52,1 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbei­ ter nahm um 26 auf 153 zu.

Biopulver insolvent TENINGEN. Die Biopulver GmbH in Teningen ist pleite: Die Spezialistin für Bio-Ziegenmilchpulver hat einen An­ trag auf Insolvenz gestellt. Betroffen sind 37 Beschäftigte. Rund 100.000 Liter Milch sollten täglich in Teningen im Drei-Schicht-Betrieb zu zehn Tonnen Bio-Milchpulver ver­ arbeitet werden, das als Grundlage für Babynahrung dient. Die dafür 2019 – mit mehreren Millionen Euro von der EU geförderte – eingebaute Anlage konnte aber nie ihre Kapazi­ täten ausnutzen. Auch die hohen Energiepreise und die Krise am Biomarkt brachten das Unternehmen in Schieflage.

Streik bei Erismann BREISACH AM RHEIN. Die Verhandlungen zwischen den in ver.di organisierten Beschäftigten der Tapetenfabrik Erismann und der Geschäftsführung sind gescheitert. Ei­ nen ersten Warnstreik gab es am 2. November. Die Produk­ tion stand stundenlang vollständig still. „Nicht mal einen Cent sind sie bereit auf uns zuzugehen. In dieser Situation lassen sie uns doch keine andere Wahl, als in den Arbeits­ kampf zu gehen“, begründete Anna Uscinowicz, Verwal­ tungsangestellte, Betriebsratsvorsitzende und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission. Nach Ver.di-Anga­ ben verdienen die meisten Beschäftigten monatlich über tausend Euro weniger als mit Tarifvertrag. chilli | business im Breisgau | 11.2023 | 35


Menschen und Meldungen

Nexwafe investiert 70 Millionen Euro FREIBURG. Der Freiburger Solar­ technik-Spezialist Nexwafe will in Bitterfeld innovative Solarwafer her­ stellen. Am 18. Oktober wurde der

Grundstein für die Fabrik gelegt, mit der auch 90 neue Arbeitsplätze entstehen sollen. Bislang beschäftigt Nexwafe 70 Menschen, davon zehn in Bitterfeld. Nach Unternehmens­ angaben benötigt der Wafer-Pro­

Alter Wein in neuen Schläuchen 3 Fragen an Alixe Winter

Disch gewinnt Deutschen Solarpreis

Foto: © Alte Wache

bib: Frau Winter, Sie bieten als Alter­ native zur Weinflasche nun auch eine glaslose Bag-in-Box an. Warum? Winter: Die drei Liter fassende Bagin-Box ist die deutlich ökologischere und klimafreundlichere Einwegver­ packung, ist leicht zu transportieren, platzsparend, hält sich durch die Kar­ tonage gut gekühlt und ist geöffnet mindestens sechs Wochen haltbar. Das eröffnet völlig neue Konsummög­ lichkeiten, sei es auf Partys, beim Picknick, Wandern oder beim Chil­ len zu Hause. Für mich ist die Bagin-Box die zeitgemäß leichteste Art, Wein zu genießen und gleichzeitig etwas Sinnvolles für die Umwelt zu tun. bib: Wie viel CO2 lässt sich damit einsparen? Winter: Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass ein 3-Liter-Wein­ schlauch etwa 80 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht als die gleiche Menge in der Flasche. Es wird deutlich weniger Energie für die Produktion der Verpackung ge­ braucht, und sowohl Weinschlauch, der Bag als auch die Kartonage kön­ nen getrennt entsorgt und effizienter recycelt werden. Zudem transportie­ re ich bei einer Palette Bag-in-Box 80 Prozent mehr Wein mit einem Drit­ tel weniger Gewicht. bib: Fürchten Sie nicht, dass dieser Stilbruch in der traditionsgeschwän­

duktionsprozess bis zu 75 Prozent weniger Energie als herkömmliche Verfahren. So werde der Kohlendi­ oxid-Ausstoß beträchtlich gesenkt. Anlagen und Materialien könnten komplett aus Europa bezogen wer­ den. Nexwafe wurde 2015 von For­ schern des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg gegründet. Nach Informationen der Badischen Zeitung stehen hinter Nex­ wafe Investoren wie die Neue-EnergieTochter des indischen Industrieriesen Reliance und der Wagniskapitalarm des saudischen Ölriesen Aramco. Bislang hat Nexwafe 110 Millionen Euro eingesammelt, bis Mitte 2024 sollen weitere 120 Millionen Euro hinzukommen.

Immer für eine innovative Idee gut: Alixe Winter mit dem Bag in the Box. gerten Weinwirtschaft ein Rohrkre­ pierer wird? Winter: Nein, ganz und gar nicht. Lange bevor es Weinflaschen gab, wurde Wein bereits in Schläuche, damals Tierhäute, gefüllt. Vielmehr steht und fällt der Erfolg der Bag-inBox meiner Überzeugung nach da­ mit, dass die Verbraucher die vielen Vorteile erkennen und zum anderen, dass ordentliche Weinqualitäten drin sind. Wer schon einmal bei unseren französischen Nachbarn ins Weinre­ gal geschaut hat, weiß, dass die Bagin-Box dort schon seit vielen Jahren in erstaunlicher Vielfalt einen festen Platz im Sortiment gefunden hat. Und das im traditionellsten Wein­ bauland der Welt. bar

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FREIBURG. Der Architekt Rolf Disch hat für seine Klimahäuser in Schallstadt den Deutschen Solarpreis in der Kate­ gorie „Solare Architektur und Stadtent­ wicklung“ erhalten. „Nach dem Leitsatz ‚Alles nutzen, was dem Klima nutzt!‘ setzen die Plusenergie-Klimahäuser in Schallstadt ein Ausrufezeichen für die Energiewende und bieten dabei höchs­ ten Wohnkomfort und ein gesundes Raumklima“, heißt es in der Begrün­ dung der Jury.

19. Messe marktplatz Arbeit Südbaden FREIBURG. Am 17. und 18. Novem­ ber lädt die Messe Marktplatz Arbeit Südbaden zum 19. Mal in die Messe Freiburg ein. 90 Aussteller, 20 Prozent mehr als im Vorjahr, werden mehr als 400 Ausbildungs-, Studien- und Wei­ terbildungsangebote vorstellen. Neu ist heuer ein Karriere-Service-Center.

Camp David schließt FREIBURG. Das Modegeschäft Camp David/Socxx gibt nun doch seinen Standort am Martinstor auf. Einziehen wird nach Informationen des business im Breisgau eine Filiale der Pommes­ manufaktur Frittenwerk.



Fakten

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen Deutsche Exportquote (Anteil am Nettosozialprodukt) im Jahr 1950 (in Prozent) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,9 Deutsche Exportquote (Anteil am Nettosozialprodukt) im Jahr 1960 (in Prozent) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19,0 Arbeitslosenquote in Deutschland im Jahr 1950 (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10,3 Arbeitslosenquote in Deutschland im Jahr 1960 (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,2 Wirtschaftswachstum von Deutschland im Jahr 1955 (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12,1 Wöchentliche Arbeitszeit in Deutschland von 1950 bis 1960 (in Stunden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Wirtschaftswachstum von Deutschland im Jahr 2022 (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,0 Wöchentliche Arbeitszeit in Deutschland 2022 (in Stunden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34,7 Anteil der befragten Vollzeitbeschäftigen, die 2024 eine Viertagewoche wollen (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81* Zahl der landwirtschaftlichen Familienbetriebe in BW im Jahr 1971 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189.000 Zahl der landwirtschaftlichen Familienbetriebe in BW im Jahr 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.930 Zum Jahresende 2022 gemeldete Prostituierte in Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3448 Zum Jahresende 2021 gemeldete Prostituierte in Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2737 Zum Jahresende 2019 gemeldete Prostituierte in Baden-Württemberg .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4972 Neue Wohnungen in Deutschland von 1950 bis 1960 (in Mio.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Neue Wohnungen in Deutschland von 2010 bis 2020 (in Mio.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,6 Zahl der Baugenehmigungen in BW von Januar bis August 2022 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.675 Zahl der Baugenehmigungen in BW von Januar bis August 2023 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.655 Insolvenzen pro 1000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von Januar bis Juli 2023 in Mannheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6,1 Insolvenzen pro 1000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von Januar bis Juli 2023 in Karlsruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5,9 Insolvenzen pro 1000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von Januar bis Juli 2023 in Freiburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,6 Insolvenzen pro 1000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von Januar bis Juli 2023 in Emmendingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,2 Insolvenzen pro 1000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von Januar bis Juli 2023 in Breisgau-Hochschwarzwald .1,8 Insolvenzen pro 1000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen von Januar bis Juli 2023 in BW .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,6 Verbraucherpreisindex-Veränderung gegenüber dem Vorjahresmonat im Oktober 2022 in BW (in %) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 8,2 Verbraucherpreisindex-Veränderung gegenüber dem Vorjahresmonat im Oktober 2023 in BW (in %) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 4,4 Umsatz des SC Freiburg in der Saison 2021/2022 (in Mio. Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114,9 Umsatz von West Ham United in der Saison 2021/2022 (in Mio. Euro). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301,2 Umsatz des FC Bayern in der Saison 2021/2022 (in Mio. Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653,6 Umsatz von Manchester City in der Saison 2021/2022 (in Mio. Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731 Lars Bargmann / Idee: brandeins *Laut Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung Quellen: Statistisches Bundesamt, Statistisches Landesamt BW, ZEIT Geschichte, Deloitte 38 | chilli | business im Breisgau | 11.2023




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