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Vom „Arme-Leute-Essen“ zum Lifestyle-Trend

Obwohl seit Jahrtausenden mithilfe von Feuer schmackhafte Speisen rund um den Globus aufgetischt werden, hat sich Grillen und BBQ bei uns in Europa als wahrzunehmender Trend erst in den letzten zwei Jahrzehnten durchgesetzt. Gegrillt wurde zwar auch hier seit jeher, aber überwiegend klassisch über direkter Hitze und ohne größere Ambitionen. Von einer facettenreichen Grill- oder gar Barbecue-Kultur sprach nahezu niemand. Anders in den USA, der Heimat von heiß und knackig gegrillten Hamburgern, Hotdogs oder Steaks sowie der „holy trinity“ of Barbecue: Pulled Pork, FOB (Fall Off the Bone) Ribs und Brisket, die über viele Stunden bei niedrigen Temperaturen im Rauch eines aromatischen Holzfeuers gegart werden. Während das deutsche Wort „grillen“ vom englischen „to grill“ und dem französischen „griller“ abstammt, die sich wiederum vom lateinischen „craticulum“ ableiten lassen, was so viel wie „Flechtwerk“ oder „kleiner Rost“ bedeutet, geht das englische Wort „Barbecue“ auf „buccan“ zurück. Das ist ein Ausdruck der Taíno, eines indigenen Volks aus der Karibik, und bezeichnet ein Holzgerüst, auf dem Fleisch über offenem Feuer oder in einem Erdloch zubereitet wurde. Der Ursprung der amerikanischen Version des Barbecues, wie wir es heute kennen, lässt sich bis in die Zeit vor dem Bürgerkrieg zurückverfolgen und war zuerst in den Südstaaten tief verwurzelt. Hier entstanden Ende des 19. Jahrhunderts auch die ersten Barbecue-Restaurants; zudem zählten Barbecues zu großen sozialen Ereignissen und waren der Mittelpunkt von familiären, politischen und kirchlichen Festen und Feiern. Der Begriff Barbecue bezeichnet für die Amerikaner also nicht nur die Garmethode, sondern auch die gesamte Mahlzeit bzw. das gesellige Event. Je nach Region und Hintergrund der ehemaligen Siedler entwickelten sich in den USA unterschiedliche Barbecue-Stile – doch alle eint das Grundkonzept dieser Garmethode: durch das Smoken mithilfe von Holzrauch aus eher minderwertigem Fleisch und ohne Zugabe kostspieliger Gewürze ein zartes und aromatisches Essvergnügen entstehen zu lassen. Beim amerikanischen Barbecue hat der Rauch also hauptsächlich die Verbesserung des Lebensmittels zur Aufgabe. Das unterscheidet das Smoken vom traditionellen europäischen Räuchern, bei dem eher die Haltbarkeit des Lebensmittels im Fokus steht. Seit Ende der 1950er-Jahre finden in den Vereinigten Staaten regelmäßig Meisterschaften um das zarteste Fleisch, den besten Rauchgeschmack und die erfolgreichste Barbecue-Methode statt, was durch die Jahrzehnte für eine immer größere Verbreitung des Themas und für die Entstehung eines ganzen Industriezweigs sorgte – der letztendlich auch die Begeisterung in Europa entfachte.

Grillsysteme für jeden Anspruch

In den letzten 20 Jahren hat das Thema Grillen und BBQ auch in Europa eine immer größer werdende Zielgruppe erreicht. Hielten zuerst Kugelgrills und Smoker amerikanischer Marken Einzug in die Gärten, erweiterten auch andere Grillgerätehersteller ihr Portfolio oder kamen gänzlich neu auf den Markt. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, und so sind mittlerweile unterschiedlichste Grillsysteme erhältlich, die für das möglichst perfekte Grillergebnis im Garten, auf dem Balkon oder unterwegs sorgen sollen. Vom Einzelgerät bis zur kompletten Outdoor-Kitchen, in der verschiedene Grillgerätetypen vereint werden, gibt es für jeden Bedarf das passende Angebot, was auch für den professionellen Bereich wie etwa in der Gastronomie oder Hotellerie sowie im Catering gilt; das Ganze gepaart mit hochwertigen Materialien, die für Langlebigkeit stehen und oftmals für einen effizienteren Brennstoffverbrauch verantwortlich sind.

Neben Holz, Holzkohle oder Holzkohlebriketts ist Gas als Brennstoff gefragt, aber auch Pellets oder Strom kommen aus ihrer Nische und gewinnen immer mehr an Bedeutung. Wer sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt, nutzt häufig mehrere Grillsysteme parallel, um zum perfekten Grillergebnis zu kommen. Die amerikanischen „Dickschiffe“, diese typischen schwarzen Offset-Smoker, die über Jahre als „Must-have“ vieler Barbecuer galten, haben dabei – zumindest bei den privaten Nutzern – immer mehr an Bedeutung verloren. Ihnen haben zuerst die eiförmigen Keramikgrills, die auf dem jahrtausendealten Wissen der Kochkultur des indisch-asiatischen Raums basieren, den Schneid abgekauft. Den Rest erledigten dann in den letzten Jahren die Pellet-Smoker.

Das Who’s Who der Grillmethoden

Grillen und Barbecue basiert auf unterschiedlichen Grillmethoden, die zum Teil auch miteinander kombiniert werden:

Direktes Grillen

Mit direktem Grillen wird das schnelle Garen bei großer Hitze (160 – 300 °C, bei Oberhitzegrills auch bis zu 850 °C) direkt über oder auch unter der Hitzequelle bezeichnet. Bei dieser Methode ist die Einwirkung der Wärmestrahlung auf das Grillgut am stärksten. Ideal für zerlegtes Grillgut, handbreit zugeschnitten, oder auch zum Anrösten von größeren Bratenstücken; während der Garzeit wird das Grillgut mindestens einmal gewendet. Im Zusammenspiel mit indirektem Grillen oder Barbecue erfolgt das direkte Grillen entweder am Anfang des Garprozesses oder zum Schluss (z. B. beim Rückwärtsgrillen oder wenn das Gargut vorab nicht auf dem Grill, sondern im Kochtopf, Backofen oder Sous-vide-Gerät vorgegart wurde).

Barbecue / indirektes Grillen

Beide Begriffe bezeichnen das langsame und sanfte Garen in der gemäßigten Hitze (80 – 140 °C). Hier liegt das Grillgut nicht direkt über der Hitzequelle, sondern neben der Glut. Bei vielen Grills befindet sich direkt unter dem Grillgut eine Tropfschale, die austretendes Fett oder Fleischsaft auffängt, bei Keramikgrills schirmen Deflektorsteine oder -platten das Grillgut von der direkten Hitze ab, auf ihnen verdampfen herabtropfende Flüssigkeiten. Mit dieser Methode wird das Fleisch sehr zart und erhält einen aromatischen Geschmack. Charakteristisch für die indirekte Methode sind Grills mit Deckel (z. B. Kugelgrill, Keramikgrill, Gas- oder Pelletgrill/-Smoker, Smoker). Der geschlossene Deckel reflektiert die Hitzequelle, wodurch das Grillgut gleichmäßig und ohne Wenden gegart und besonders zart und saftig wird.

Horizontales und vertikales Grillen

Oberhitze- und Spiessgrillen

Die meisten handelsüblichen Grillgeräte bringen die Hitze von unten an das Grillgut – man spricht vom horizontalen Grillen. Tropft jedoch Fett ungehindert vom Grillgut auf die Glut, können Fettbrand sowie gesundheitsbedenkliche Stoffe wie etwa PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) entstehen. Letzteres passiert, wenn organisches Material unvollständig verbrennt – wie es unter anderem beim Abbrennen eines Lagerfeuers oder beim Zigarettenrauchen der Fall ist. Beim Grillen kann das passieren, wenn Fett und Fleischsaft auf die Glut tropfen und sich ein bläulicher Rauch bildet, der entweder eingeatmet wird oder sich auf dem Grillgut absetzt. Einen wirkungsvollen Schutz bietet vollständig durchgeglühte Holzkohle, die man an den komplett mit einer weißen Ascheschicht überzogenen Kohlestückchen erkennt, die Verwendung einer Fettauffangschale, indirektes Grillen und die Barbecue-Methode – oder aber das vertikale Grillen sowie das Oberhitzegrillen. Zu den bekanntesten Oberhitzegrills zählen die Hochtemperaturgrills, die für eine perfekte Kruste bei Steaks sorgen. Hier trifft die Hitze – wie es der Name bereits suggeriert – von oben auf das Grillgut. Beim vertikalen Grillen ist die Hitzequelle meist im Rückraum oder seitlich positioniert. Der bekannteste Vertikalgrill in unseren Breitengraden lässt sich – zumindest gefühlt – an jeder zweiten Straßenecke entdecken: in Form eines gut bestückten Dönerspießes, der sich vor einer elektrisch oder mit Gas betriebenen Hitzequelle dreht. Aber auch die Gockel im Hähnchenwagen verdanken ihre knusprige Haut dem vertikalen Grillen, genauso wie die Schwarte des Spanferkels beim Sportfest oder das zart gegarte Lamm beim traditionellen Asado der Argentinier, das auf einem großen Eisenkreuz neben dem offenen Holzfeuer platziert ist. Der Vorteil des vertikalen Grillens basiert einerseits darauf, dass Fett und Fleischsaft nicht ungehindert verbrennen können; andererseits gart das Gargut – wenn es sich etwa auf einem motorisierten Drehspieß befindet – gleichmäßiger und trocknet nicht so leicht aus, da sich die austretenden Fette und Säfte durch die permanente Drehung auf dem Gargut verteilen und es dadurch feucht halten. Zudem bewirkt das Drehen, dass sich keine Hotspots bilden, die das Grillgut punktuell übergaren könnten.

Kalt- und Heissräuchern

HALTBARKEIT UND GESCHMACK AUS DEM RAUCH

Das Räuchern von Lebensmitteln zur Konservierung ist eine uralte Tradition, die vermutlich bis in die Steinzeit zurückreicht. Heute steht der Geschmack an erster Stelle, wenn das Aroma von Fleisch, Fisch oder auch Käse über Stunden im würzigen Rauch veredelt wird. Ein Grillgerät, mit dem man nach der Barbecue-Methode garen kann, ermöglicht auch das Räuchern oder Garen im Rauch bei Temperaturen zwischen 60 und 90 °C. Das gilt nicht nur für Holzkohlegrills – mit etwas Übung klappt das Räuchern auch in einem Gasgrill. Je nach Auswahl der Räucherhölzer oder -späne ist die Intensität sowie das Aroma des Rauchgeschmacks beeinflussbar. Für eine möglichst starke Rauchentwicklung müssen sämtliche Lüftungsklappen des Grills geschlossen werden. Wer auf eine exakte Steuerung von Temperatur und Rauchzeit Wert legt, für den eignen sich Räucheröfen. Diese sind teilweise auch als Kombigeräte zum Grillen und Räuchern erhältlich. Das Gargut wird vor dem eigentlichen Räuchern durch Einlegen in einer Räucherlake oder Einsalzen auf den Räucherprozess vorbereitet. Vom Kalträuchern spricht man bei einer Rauchtemperatur von bis zu 25 °C, was je nach Gargut zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen oder Wochen dauern kann.

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