Natur+Umwelt 3-2015

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Bedrohter Wildfluss In diesem Juwel eines Schutzgebietes, der Eisenbreche bei Bad Hindelang, soll ein Wasserkraftwerk entstehen.

Foto: BN-Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu

angrenzenden Auen als Baugebiete oder Maisäcker missbraucht. 94 Prozent der im Kiesbett laichenden Fischarten sind mittlerweile bedroht, Wanderfisch­ arten wie Aal und Lachs drohen bereits auszusterben. Tagtäglich finden Fische in den Turbinen den Tod.

Wasserkraft: Ausbau stoppen!

Foto: Jörg Reuther

Angriff auf Bayerns Flüsse

Der Autor Sebastian Schön­ auer ist der stellvertretende Vorsitzende des BUND Naturschutz und Wasserexperte.

Eine unfassbare Zahl: Im Schnitt kommen auf einen Kilometer Fließgewässer in Bayern zwei bis drei Querbauwerke! Und es könnten noch mehr werden. Derzeit rollt eine Welle von Anträgen für neue Wasserkraftwerke – unter dem Vorwand, dies würde die Energiewende voranbringen. Dabei liegen ohnehin schon mehr als 60 Prozent aller deutschen Wasserkraftanlagen an bayeri­ schen Flüssen und Bächen – mit verheerenden Folgen für die Ökologie der Gewässer.

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trom aus Wasserkraft, das klingt in den Ohren vieler Menschen positiv. Sind aber Wasserkraftwerke tatsächlich eine ökologisch verträgliche Form der Energieerzeugung? Die Stromwerbung verspricht Natur pur und Nachhaltigkeit. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Wasserkraftwerke zerstören wertvolle und artenreiche Lebensräume. Die Ufer versteinen, das aufgestaute Fließgewässer wird seiner Dynamik beraubt, die

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Natur + Umwelt BN-Magazin [3-15]

Goldgräberstimmung bei Kleinwasserkraftanlagen Einen enormen Boom erleben zur Zeit Kleinwasserkraftanlagen. Rund 3600 gibt es derzeit im Freistaat, damit machen sie circa 85 Prozent aller Anlagen in ­Bayern aus, liefern aber nur 3,17 Prozent des gesamten Wasserkraftstroms, oder anders gerechnet lächerliche 0,05 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Bayern. Erst mit Einführung des Gesetzes zur Förderung Er­ neuerbarer Energien (EEG), das lukrative Einspeisever­ gütungen gewährt, entsannen sich zahlreiche Ex-Betreiber und Investoren wieder einer »lang gepflegten« Tradition. Diese Goldgräberstimmung gerät für baye­ rische Flüsse und Bäche mehr und mehr zum ökolo­ gischen Desaster. Einen geradezu gigantischen Eingriff in die Natur stellen Pumpspeicherkraftwerke (PSW) dar. Darin fließt das Wasser aus einem Stausee durch Druckrohrleitungen zu den Turbinen und dann in einen unteren Stausee. PSW liefern nur Strom für ein paar Stunden. Als Speichertechnologie für die Energiewende, wie von den Planern angepriesen, sind sie deshalb nicht ge­ eignet. Trotzdem gibt es in Bayern Pläne für drei der­ artige Monsterprojekte: Am Jochberg (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen), bei Riedl (Landkreis Passau) und am Osser (Landkreis Cham). Auch wenn Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner für Pumpspeicherkraftwerke in Bayern »kein Geschäftsmodell« sieht, hat bisher keiner der Projektträger das Aus für die natur­ zerstörerischen Pläne verkündet. Nachdem in einem Ratsbegehren Ende Juli 85 Prozent der Einwohner vom Lam das PSW am Osser ablehnten, hat die Betreiberfirma verkündet, nach alternativen Standorten zu suchen. Ein Extrembeispiel ist das geplante Wasserkraftwerk am Naturdenkmal Eisenbreche: Dort soll mitten in einem Naturschutzgebiet ein Kleinwasserkraftwerk errichtet werden. Alle Naturschutzverbände, auch der Alpenverein, bekämpfen das Projekt. Doch der Landrat persönlich hat die Genehmigung für das Projekt unterschrieben, nachdem sich die zuständigen Beamten geweigert hatten. Der BN hat Klage eingereicht. Sebastian Schönauer (lf ) www.bund-naturschutz.de/themen/wasser/ wasserkraft.html


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