Magazin «die umwelt» 4/2020 - Wird in der Schweiz das Wasser knapp?

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DOSSIER  WASSER UND KLIMAWANDEL

Nutzungskonflikte

Wasser ins Trockene bringen Im Sommer trocknen Bachbetten aus, im Winter fällt immer weniger Schnee. Aber Bauern, Bergbahnbetreiber, Stromproduzenten und wir alle sind auf Wasser angewiesen. Diese Situation führt unweigerlich zu Konflikten. Wie lösen wir sie? Text: Bettina Jakob

Die Schweiz ächzte unter der Hitze, das Land trocknete aus. Im Sommer 2018 regnete es lange nicht, das Wasser wurde lokal wie schon 2003 und 2015 knapp: Gemeinden mahnten zum Wassersparen, Bauern durften kein Wasser mehr aus den Flüssen pumpen, Wasserkraftwerke mussten die Leistung drosseln. Ein Sommer als Vorbote. «Nutzungskonflikte ums Wasser werden in Zukunft zunehmen», sagt Michael Schärer von der Sektion Gewässerschutz beim BAFU. Klimaszenarien des National Centre for Climate Services (NCCS) erwarten in der Schweiz bis 2100 nämlich deutlich zunehmende Temperaturen, gerade im Sommer. Auch Hitzewellen sollen häufiger auftreten, und abnehmende Niederschläge sowie steigende Verdunstung werden laut dem Projekt Hydro-CH2018 zu trockeneren Böden führen.

geführt, Trinkwasser sei ja in erster Linie zum Trinken da. Hätten Bauern keinen Zugang zu einem Gewässer oder dürften sie daraus kein Wasser entnehmen, stünden sie vor der Wahl, «entweder das öffentliche Netz zu benutzen oder beträchtlichen Schaden bei den Kulturen in Kauf zu nehmen», schreibt der Schweizer Bauernverband 2019 in einem Umfragebericht zur Dürreproblematik. Um Konflikte wegen halbleerer Wasserreservoirs zu vermeiden, hat das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau eine Checkliste erarbeitet. Sie soll den Wasserversorgern helfen, bei Trockenheit besser zu reagieren, wenn die Landwirtschaft Wasser braucht. Es wird etwa geraten, Zähler bei Hydranten zu installieren und den Wasserbezug vertraglich festzusetzen.

Wasserressourcen gut planen Woher das Wasser nehmen? Bedrohliche Aussichten für die Landwirtschaft. Für sie reicht heute normalerweise – ausser bei Gemüse und Obst – der Regen. Bleibt er aus, muss Wasser her, was zu Konflikten führt, wie ein Blick in den Kanton Thurgau im Sommer 2018 beispielhaft zeigt. Die Kulturen darbten, aber Wasser aus Flüssen und Bächen zu entnehmen, war wegen der gesetzlich festgelegten Restwassermenge verboten: Zum Schutze der Fische, denn auch die Gewässer waren nur noch Rinnsale. «In ihrer Verzweiflung zapften die Bauern Hydranten an und drehten den Wasserhahn auf», erzählt Heinz Ehmann, Leiter der Abteilung Gewässerqualität und -nutzung im Amt für Umwelt des Kantons Thurgau. Das wiederum habe zu Problemen bei den Wasserversorgern

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«Weiss man, wer wo wie viel Wasser braucht, kann man es sinnvoller verteilen», sagt Michael Schärer vom BAFU. Mit dem Klimawandel gerät die öffentliche Wasserversorgung nämlich unter Druck: Sie wird zu 80 Prozent aus dem Grundwasser gespeist. Da es im Sommer künftig weniger regnen wird und die Mittelland-Flüsse weniger Wasser führen, sinken die Grundwasserpegel. Zudem werden immer mehr Siedlungen und Strassen gebaut, die Landwirtschaft wird intensiver – und dadurch wird das Grundwasser häufiger durch Krankheitserreger, aber auch durch Nitrat und Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln verunreinigt. Ist eine Grundwasserfassung nicht mehr genügend gesichert oder die Wasserqualität nicht mehr garantiert, muss sie aufgegeben werden. Die Konsequenz: Es hat nicht


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