Brauerei Forum 6-7/2021

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Deutsche Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse e.V. / VLB Berlin

Endlich wieder Fassbier – aber sicher! Pandemiebedingt sank der Bierausstoß in Deutschland 2020 gegenĂŒber dem Vorjahr um rund 5 % auf 87 Mio. hl. Der Pro-Kopf-Verbrauch fiel in Ă€hnlicher GrĂ¶ĂŸenordnung auf 94,6 l. Jetzt aber dĂŒrften sommerliche Temperaturen und Sport-Großereignisse fĂŒr mehr Bierdurst sorgen. Doch das Bier muss unbeschadet zum Kunden kommen. Wie das sichergestellt wird? Die Versuchs- und Lehranstalt fĂŒr Brauerei in Berlin (VLB), Mitglied der Deutschen Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse e.V. (Zuse-Gemeinschaft), hat mit ihrer Motion Base einen mobilen PrĂŒfstand, mit dem sie die Ladungssicherheit beim Gebinde-Transport testen kann. „Sorgten frĂŒher die Bierkutscher mit ihren Brauereipferden fĂŒr Entschleunigung auf den Straßen, sind die heutigen teils langen LkwFahrten von Bier in FĂ€ssern und KĂ€sten ein Risikofaktor, wenn es an guter Ladungssicherung fehlt“, warnt Norbert Heyer, Leiter des VLB-Forschungsinstituts fĂŒr Management und GetrĂ€nkelogistik. Mit seinem Team testet er auf der mobilen Bewegungsplattform Motion Base, ob KĂ€sten und FĂ€sser sicher auf Paletten und LadeflĂ€che sitzen – und, falls sie es nicht tun, wie es richtig geht. „Viele UnfĂ€lle passieren in Kurven, physikalische GesetzmĂ€ĂŸigkeiten sind daher unser KerngeschĂ€ft“, ergĂ€nzt Christian Raschke, PrĂŒfstandverantwortlicher und Hauptansprechpartner fĂŒr das Projekt. Raschke simuliert auf dem PrĂŒfstand Standard- und Gefahrensituationen im Straßenverkehr, wie bspw. Kreisverkehre, Baustellendurchfahrten oder teils scharfe Kurven. Legt sich die Motion Base in besagte Kurven, kippt die Ladung mit. Die VLB zeigt die mobile Plattform auch gerne in Aktion – direkt bei einer der mehr als 1500 bundesweiten BraustĂ€tten oder auf Fachtagungen und Kongressen. Die VorfĂŒhrungen haben eine lehrreiche und abschreckende Wirkung. Denn jeder Unfall ist einer zu viel. An der VLB im Berliner Stadtteil Wedding kommt der mobile PrĂŒfstand in der Brau- und Destillateurmeister Ausbildung zum Einsatz, um den kĂŒnftigen Fach- und FĂŒhrungskrĂ€ften die Risiken unzureichender Ladungssicherung vor Augen zu fĂŒhren. In der angewandten Forschung nutzt die VLB den innovativen PrĂŒfstand, um bspw. bei der

Entwicklung neuer MehrwegkÀsten zu prognostizieren, wie sich Ladeeinheiten mit dem verÀnderten Design beim Transport verhalten.

Foto: ew

Umweltaspekte Aktuell prĂŒft Heyers Team Alternativen zur Ladungssicherung von Ladeeinheiten, z.B. fĂŒr Fassbier. Dabei kommen SchnĂŒre zum Einsatz, die alle Komponenten miteinander verbinden und sichern. Die SchnĂŒre bestehen zu 30 % aus Baumwolle sowie aus recycelten Textilfasern aus der Autositzproduktion. Denn neben der Sicherheit geht es den Mitarbeitern der VLB auch um Umweltfreundlichkeit. Sei es die Anzahl der Wicklungen am Fuß- oder Kopfende der Ladungen oder das Testen von diagonal verlaufenden Folienbahnen – an vielen Stellen lĂ€sst sich Material beim Transport einsparen. „Projekte aus der Praxis haben gezeigt, dass bei alternativer Wicklung trotz gleicher Menge Folie die StabilitĂ€t der Ladeeinheiten erhöht werden konnte“, erlĂ€utert Raschke. Forschungstransfer Der mobile PrĂŒfstand startete 2015 und wurde durch Mittel des Bundes im Rahmen des BMWI-Förderprogramms Inno-Kom-Ost unter dem Kennzeichen MF130089 unterstĂŒtzt. Rund sechs Jahre spĂ€ter steht die Motion Base solide auf jenen wackligen Beinen, die das A und O ihres Unterbaus sind. „FĂŒr uns ist der mobile PrĂŒfstand ein Beispiel dafĂŒr, wie Projektförderung des Bundes zielgenau zu erfolgreichem Forschungstransfer in die unternehmerische Praxis fĂŒhrt“, erklĂ€rt VLB-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Gerhard Andreas Schreiber.

FĂŒr den PrĂ€sidenten der Zuse-Gemeinschaft, Prof. Martin Bastian, ist die Motion Base ein Beispiel fĂŒr erfolgreiche Projektentwicklung in der gemeinnĂŒtzigen Industrieforschung, die Technologie- ebenso wie Wissenstransfer in den Fokus stellt. „Erst, wenn technische Neuerungen aus der angewandten Forschung als Innovationen auch in der betrieblichen RealitĂ€t von Unternehmen zur Geltung kommen, kann ein Mehrwert fĂŒr Gesellschaft und Verbraucher entstehen“, betont Bastian. Alexander Knebel, Zuse-Gemeinschaft

Die mobile Bewegungsplattform Motion Base in Aktion

Brauerei Forum  –  Juni/Juli 2021

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