TECHNIK & TECHNOLOGIE
CHRONIK
Die VLB Berlin im Wandel der Zeit, Teil 2: In der Zeit des Nationalsozialismus prägte Hermann Fink das Institut Dr. Peter Lietz
Hermann Fink war renommierter Wissenschaftler und NSDAP-Mitglied. Damit war der gebürtige Augsburger in den Augen der Verantwortlichen der geeignete Wissenschaftliche Direktor der VLB in genau den Jahren, in denen eine enge Zusammenarbeit mit den Machthabern des 3. Reiches in Deutschland unausweichlich war. Vor und während des 2. Weltkriegs forschte das Institut für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation (IfGS) vor allem zur mikrobiellen Eiweißgewinnung, um die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Parallelen zu Max Delbrücks Forschungen am Vorabend des 1. Weltkriegs taten sich auf.
Fotos: Archiv, VLB Berlin
bekannt, er plane in den Vorstand der Kindl-Brauerei AG zu wechseln und schlage Hermann Fink als seinen Nachfolger vor. Hayduck bat außerdem die Fakultät der Landwirtschaftlichen Hochschule um seine Abberufung. Am 1. Oktober 1934 übernahm Fink nach dem Ausscheiden Friedrich Hayducks die Wissenschaftliche Leitung des Instituts für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation und gleichzeitig auch der VLB. Wenig später hielt er seine Antrittsvorlesung an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.
Hermann Fink war Wissenschaftlicher Direktor der VLB Berlin von 1933 bis 1945
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Der Brauwissenschaftler Friedrich Hayduck war Professor für chemische Technologie an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin und leitete das Institut für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation (IfGS) von 1919 bis 1934. Als Wissenschaftlicher Direktor des Instituts, der Dachorganisation der VLB, gab er im Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten Brauerei Forum – März 2021
VLB ab 1934 unter neuer Führung Dieser Wechsel an der Spitze der VLB war Gegenstand kontroverser Diskussionen, vor allem in deren Vorstand. Gleichwohl war die Personalie Fink richtungsweisend. Schließlich ging es darum, im Zuge der zu erwartenden Instruktionen der neuen Machthaber leitende Positionen (auch und besonders im Vorstand der VLB) durch arisch unbedenkliche Mitarbeiter zu besetzen. Wie aus dem Stenogramm der Generalversammlung vom 9. Januar 1933 anlässlich des 50-jährigen Bestehens der VLB hervorgeht, wurden jüdische oder jüdisch-stämmige Vorstandsmitglieder gedrängt, freiwillig ihre Posten zu räumen. Die weitere Entwicklung der VLB, insbesondere die Arbeiten auf dem Gebiet der mikrobiologischen Eiweiß-,
Fett- und Vitaminsynthese, war von nun an eng mit der Person Hermann Fink verbunden. Als bekennender Nationalsozialist schien er zu diesem Zeitpunkt nicht nur wissenschaftlich, sondern auch politisch in das System zu passen. Zum Werdegang Hermann Finks Hermann Fink wurde als Sohn des Großhändlers Josef Fink und seiner Ehefrau Marie Fink, geb. Hiller, am 3. Februar 1901 in Augsburg geboren. Am 2. Oktober 1930 heiratete er Mathilde Bretzfeld aus München, das Paar bekam zwei Söhne. Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Augsburg nahm er im Wintersemester 1920 das Chemiestudium an der Technischen Hochschule München auf. Die Diplomhauptprüfung legte er im Wintersemester 1925 mit dem Prädikat „sehr gut“ ab. Von 1924 bis 1925 war er als Assis tent am Lehrstuhl für Organische Chemie der TH München bei dem späteren Nobelpreisträger Hans Fischer tätig und forschte unter dessen Leitung auf dem Gebiet der Blutfarbstoffe. Gemeinsam mit Hans Fischer und dem Mediziner Hans von Euler-Chelpin aus Stockholm entstanden in den 1920er-Jahren zahlreiche Arbeiten über das Stickstoffgleichgewicht, über Enzyme, Koenzyme und über das Cytochrom in Hefen. In den Jahren 1925 bis 1927 führte den mittlerweile promovierten