2023 Das Magazin der blpk

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2023 Das Magazin der blpk

Risiko



Editorial

2023 – schon wieder ein Jahr, das es in sich hat. Der Krieg im Osten Europas, der Krieg in Nahost, die Zinsen, die Inflation und das Auf und Ab an den Kapitalmärkten. Solche Themen machen Ihnen Sorgen? Uns geht es genauso. Risiko: Das Thema ist ein ständiger Begleiter unserer Zeit. Deshalb steht es im Fokus dieser Ausgabe.

ebenfalls zum Risiko werden. Was heisst eigentlich Rendite-RisikoProfil, und was bedeutet der Begriff «Risikoleistungen»? Andere Länder, andere Vorsorge – das Risiko Langlebigkeit bringt die Altervorsorge in Japan an ihre Grenzen. Risiken und das Unerwartete können aber auch begeistern. Lesen Sie dazu die Kolumne unserer Verwaltungsrätin Fabienne Fritschi.

Welche Sorgen und Befürchtungen haben die Jüngeren, die Generationen Y, Z und Alpha? Darüber sprechen wir mit Dr. Steffi Burkhart, Jahrgang 1985, Expertin für die Arbeitswelt von morgen. Burkhart weiss, was die Jungen bewegt. Sie sagt überraschende Dinge und lässt uns so manches hinterfragen. Um vielfältige Risiken, aber auch Chancen geht es in unserem Kundenporträt. Wir stellen Ihnen in dieser Ausgabe das UKBB vor, das Universitäts-Kinderspital beider Basel. Dort kümmert man sich rund um die Uhr mit viel Engagement und Hingabe um die kleinsten Patientinnen und Patienten. Was erlebt man alles im UKBB? Was sind dort aktuell die Themen? Davon erzählen Caroline Stade und Marco Fischer.

Im Weinbaugebiet Klus bei Aesch tun Menschen etwas gegen konkrete Risiken, genauer: gegen die Folgen des Klimawandels. Sie fördern die Vielfalt der Pflanzen und Tiere – zum Wohl der Region und zum Besten aller Liebhaber von Chardonnay, Riesling und Co. Apropos Klima und Nachhaltigkeit. Auch dazu gibt es in dieser Ausgabe etwas Positives von der blpk zu berichten. Ganz ohne Risiko, dafür mit der Chance auf Gewinn kommen Sie durch unseren Rätselspass. Auch die Rubrik «Meinung» möchten wir Ihnen ans Herz legen. Wir bekommen immer wieder Post. Einen beispielhaften, kritischen Leserbrief an einen Experten zeigen wir hier, samt der Antwort des Experten. Schreiben auch Sie, wir freuen uns!

Der Blick ins eigene Unternehmen stammt diesmal von Michael Luttringer. Seit Herbst 2022 ist er Geschäftsleitungsmitglied und Leiter Vorsorge. Er berichtet, welche Risiken ihm täglich im Geschäft begegnen und wie die blpk sie im Griff behält. Und er sagt uns, wie er mit Gelassenheit durch diese Zeit der Unruhe kommt. Verraten sei nur: Zwei Katzen spielen eine Rolle. Und ihre Namen.

Und nun wünschen wir Ihnen viel Freude mit diesem Magazin. Und dann besinnliche Festtage, gefolgt von einem schwungvollen Rutsch ins Jahr 2024.

Herzlich,

Der zentrale Begriff dieses Magazins zieht sich durch weitere lesenswerte Artikel. Einige Themen: Der Wald, wirtschaftlicher Faktor und Quelle der Erholung, kann

Stephan Wetterwald, CEO

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INHALT

2023 4 6 12 15 16 17 18 23 24 27 28 29 30 32 34 36 38

blpk-News Fokusthema Die Arbeitswelt von morgen Gut zu wissen Klar und verständlich Andere Länder … Meine zweite Säule Kundenporträt Kolumne Blick ins Unternehmen Die Zahl Was heisst eigentlich ... ? Kurz und hilfreich Informationen für Versicherte Nachhaltigkeit Region im Blick Meinung Bilderrätsel


Impressum Herausgeberin Basellandschaftliche Pensionskasse Mühlemattstrasse 1B Postfach, 4410 Liestal T 061 927 93 33 www.blpk.ch Redaktion Natalie Nonaka Design Ballhaus West, Agentur für Kampagnen GmbH Umsetzung SUAN Conceptual Design GmbH Druck Druckerei Krebs AG Papier Lessebo smooth bright: Cradle to Cradle Certified Gold, CO₂-neutrale Produktion Illustrationen Patrizia Stalder im gesamten Magazin Fotografien Andreas Zimmermann: Seiten 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10, 17, 18, 20, 21, 22, 25, 26, 34 zvg: Seite 31 Passatic/stock.adobe.com: Seite 33

Feedback willkommen! Vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Kundenmagazin. Haben Sie Anregungen, Vorschläge, Lob oder Kritik? Wir nehmen Ihr Feedback gerne entgegen. Schreiben Sie uns an: magazin@blpk.ch


BLPK-NEWS

Unser Vorsorgeteam wächst weiter

Der Verwaltungsrat der blpk

Wir haben unsere Kundenberatung personell verstärkt – für versicherte Personen und für die Arbeitgebenden. Damit steigern wir die Qualität unserer Dienstleistungen weiter. Zudem haben wir uns im Bereich Leistungen neu organisiert. Invaliditäts- und Todesfall werden nun von einem spezialisierten Team bearbeitet.

Vom Regierungsrat gewählt

Von der Delegiertenversammlung gewählt

Seit dem 1. Juli 2023 besteht unser Verwaltungsrat aus folgenden Mitgliedern:

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Miriam Bucher (Co-Präsidentin); federführend vom 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2027 Lukas Erb Eveline Erne Thomas Kübler Michèle Perregaux Thomas Sauter

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Anina Ineichen (Co-Präsidentin); federführend vom 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2025 Christoph Raphael Felix Fabienne Fritschi Matthias Härri Isabella Oser Tobias Schindelholz

Die Amtsperiode des Verwaltungsrats endet am 30. Juni 2027.

Erweitert: myblpk, das Kundenportal Seit Anfang dieses Jahres steht myblpk auch den Rentnerinnen und Rentnern zur Verfügung. Sehr einfach, auf elektronischem Weg können Sie uns nun Änderungen mitteilen, etwa der Adresse, des Zivilstands und der Zahlungsverbindung. Sie können auch Dokumente hochladen. Und andere wichtige Unterlagen lassen sich jederzeit herunterladen: Ihre aktuelle Rentenbescheinigung und das Vorsorgereglement.

Datenschutz ist uns wichtig 1992 trat es in Kraft: das erste Datenschutzgesetz der Schweiz (DSG). Das Internet war gerade erst erfunden, Smartphones gab es noch nicht. In Sachen Datennutzung hat sich die Welt seither also drastisch verändert. Deshalb wurde es höchste Zeit, das DSG zu überarbeiten. Seit dem 1. September 2023 gilt das revidierte Datenschutzgesetz (revDSG). Für Unternehmen heisst das unter anderem: Sie müssen die Datensicherheit gewährleisten und das Risiko des Missbrauchs von Personendaten massgeblich reduzieren. Für die blpk ist Datenschutz ein vertrautes Thema. Denn schon seit 2001 gibt es dazu Vorgaben im Bundesgesetz über die Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVG). Das Gesetz schreibt zum Beispiel vor, wie wir Personendaten bearbeiten müssen; es regelt auch die Schweigepflicht. An diese Vorgaben halten wir uns natürlich. Wenn Sie wissen möchten, wie die blpk Ihre Daten nutzt, lesen Sie bitte unsere «Datenschutzerklärung». Sie finden sie unter www.blpk.ch/datenschutz.

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VERANSTALTUNGSHINWEIS Unsere Umfrage: Vielen Dank für Ihre Meinung!

DIE PENSIONIERUNG FINANZIELL PLANEN Wer das finanzielle Optimum aus seiner Pensionierung herausholen möchte, sollte rechtzeitig mit der Planung beginnen. Um Versicherte bei diesem Schritt zu unterstützen, führen der Kanton BaselLandschaft, die SVA Basel-Landschaft und die Basellandschaftliche Kantonalbank zusammen mit der blpk ein zweiteiliges Abendseminar durch.

In der letzten Ausgabe (22.zwei) haben wir Sie nach Ihrer Meinung zum Magazin gefragt. Sie haben zahlreich geantwortet, vielen Dank! Rund zwei Drittel der Befragten finden es gut, dass wir ein Magazin herausgeben und es per Post verschicken. 70 Prozent bewerten die Inhalte als interessant und lesenswert. Das heisst: Unsere Sorgfalt und der Aufwand, den wir für erstklassige Inhalte leisten, zahlen sich aus. Dies freut uns.

Inhalte Das Seminar widmet sich folgenden Themen: ◆ Grundlagen zur Rentenberechnung von AHV und Pensionskasse ◆ Vorzeitige Pensionierung ◆ Kapital oder Rente ◆ Möglichkeiten einer professionellen Finanzplanung Nach dem zweiteiligen Seminar kennen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Bedeutung der drei Säulen der schweizerischen Altersvorsorge. Sie wissen zudem, wo bei ihrer eigenen Pensionierung noch Handlungsbedarf besteht.

Weniger eindeutig war die Rückmeldung zur Aussage: «Ich würde ein Magazin in digitaler Form bevorzugen». 34 Prozent der Leserinnen und Leser haben diesem Satz zugestimmt, 54 Prozent hätten das Magazin aber lieber weiter in gedruckter Form. «Wie viele Ausgaben pro Jahr würden Sie sich wünschen?» 44 Prozent der Befragten antworteten mit «2× pro Jahr»; 39 Prozent wären mit einer Ausgabe zufrieden. Eine Mehrheit fände damit jährlich zwei gedruckte Ausgaben angenehm. Jedoch: 34 bzw. 39 Prozent sind ebenfalls relevante Grössen. Deshalb haben wir uns für einen Kompromiss entschieden. Ab 2024 erscheint das blpk-Magazin wie schon 2023 einmal im Jahr in Papierform. Weitere Beiträge sowie alle bisherigen Magazin-Inhalte werden wir Ihnen künftig in digitaler Form anbieten. Wir arbeiten bereits an einer attraktiven Lösung, Sie dürfen gespannt sein. Ein weiterer Grund, warum wir den Kompromiss wählten: Auf diese Weise sparen wir natürliche und wirtschaftliche Ressourcen. Und das ist gewiss auch in Ihrem Sinne.

Für wen? Das Seminar richtet sich an alle Versicherten (inkl. Partnerin und Partner) der blpk, welche noch im Berufsleben stehen.

Weitere Angaben Kursort für beide Abende: Auditorium der BLKB in Liestal Rheinstrasse 7, 4410 Liestal (www.blkb.ch/auditorium) Erster Kursabend Teil 1, Dienstag, 16. April 2024 Uhrzeit: von 18.00 bis ca. 20.15 Uhr Thema: 1. und 2. Säule Referenten: Felix Däppen (SVA), Reto Steib (blpk) Zweiter Kursabend Teil 2, Dienstag, 23. April 2024 Uhrzeit: von 18.00 bis ca. 20.15 Uhr Thema: Vorsorgeplanung Referentin: Jacqueline Schneeberger (BLKB)

Anmeldung Bis einen Monat vor Seminarbeginn auf www.blkb.ch/dpfp

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FOKUSTHEMA

«Machen wir die Jungen fit für die Zukunft?» Steffi Burkhart redet, predigt, ergreift Partei für junge Menschen. Sie sind zahlenmässig in der Minderheit und dennoch sehr wichtig: Ab etwa 2035 stellen sie den grössten Teil unserer Arbeitskräfte. Im Interview lässt Frau Burkhart ihre Gedanken blitzen. Was wollen sie, die Generationen Y und Z? Was ist ihr grosses Risiko in der Arbeitswelt von morgen? Und wovor sollten sich die Arbeitgeber fürchten?

Das Interview läuft per Video; so passt es besser in den Terminkalender der sehr gefragten Rednerin. Frau Dr. Burkhart möchte mit «du» angesprochen werden. Also führen wir das Gespräch in Du-Form.

geprägt sein. Sie werden also ständig dazulernen müssen. Der höhere Bedarf an Lernzeit wird wiederum die verfügbare Arbeitszeit beeinflussen, doch damit beschäftigen sich derzeit erst wenige Organisationen. Die heutigen Eltern geben gern Ratschläge wie: «Mach Abitur, gehe studieren, dann hast du einen sicheren Job fürs Leben.» Solche Sprüche sind zwar gut gemeint, haben aber mit der Lebensrealität junger Menschen nichts mehr zu tun. Wir müssen den Jungen Orientierung geben! Aber tun wir das? Machen wir sie fit für die Zukunft?

Steffi, was unterscheidet die Generationen Y und Z von den Babyboomern? Nun, zum Beispiel: Anders als viele aus der Generation unserer Eltern leben wir keine klassische Drei-PhasenBiografie, bestehend aus Ausbildung, Arbeitsleben und Pensionsalter. Wir haben Zickzack-Lebensläufe. Wir pendeln zwischen Vollzeitanstellung, Selbstständigkeit, Teilzeitanstellung, Sabbatical und Auslandsaufenthalt.

Die Babyboomer hatten Glück – sie verbrachten ihre Jugend in einer recht sicheren Zeit. Die Jungen von heute leben in einer Welt der Unsicherheit. Haben sie deshalb andere Ängste, andere Risiken?

Vermutlich werden wir, die Generation Y, achtmal unseren Job wechseln und häufig auch die Branche, ob wir wollen oder nicht. Davon geht das World Economic Forum aus. Das wird ein Marathon! Eine zentrale Fähigkeit der Zukunft wird deshalb «Employability» sein, die Fähigkeit, im Arbeits- und Berufsleben zu bestehen.

Jede Generation hat ihre Ängste, Sorgen und Herausforderungen. Wir sollten auch die Befürchtungen der jüngeren Generationen ernst nehmen. Über eines ihrer Risiken sprachen wir schon – das Risiko, in der Arbeitswelt zu bestehen. Eine weitere Befürchtung der Jungen lautet: Werden wir dereinst noch eine Rente bekommen? Wird es das System der Altersvorsorge noch geben?

Wir sollten junge Menschen besser auf eine Wirklichkeit vorbereiten, die volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig wird, die sogenannte V.U.K.A.-Realität. Und auch die nächste Phase ihrer Biografie muss bedacht werden, die Erwerbsbiografie der dann über 50-Jährigen – diese Phase wird besonders von beruflichen Brüchen

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Macht sich stark für die Generationen Y und Z: Dr. Steffi Burkhart.


Kehren wir noch einmal zurück in die Arbeitswelt von morgen: Wie wird diese, sagen wir in zwölf Jahren, aussehen?

Zur Person Dr. Steffi Burkhart, geboren 1985, ist Expertin für New Work, für Change- und Talent-Management sowie für die Generationen Y und Z. Sie gehört selbst zur Generation Y. In ihrer Kindheit und Jugend machte sie zwölf Jahre lang Leistungssport.

Im Jahr 2035 werden die Generationen Z und Alpha nicht mehr einfach Arbeitskraft gegen Geld tauschen. Und sie werden auch nicht mehr nur einen Arbeitgeber haben, egal ob das McKinsey ist oder die SBB. Wir werden flexiblere Arbeitsmodelle erleben, und ich vermute: Das klassische Arbeitgeber-ArbeitnehmerVerhältnis wird ein Randmodell. Darüber hinaus werden wir künftig von vier Orten sprechen, an denen Menschen arbeiten: First Place ist das Homeoffice, Second Place die Arbeitsstätte, Third Place wäre überall sonst, wo gearbeitet werden kann. Und der Fourth Place of Work ist der virtuelle Raum, das dreidimensionale Internet, das derzeit entsteht. Diese vier Orte müssen die Arbeitgeber in Zukunft miteinander verknüpfen, um Menschen eine optimale Arbeitsgrundlage zu bieten.

2013 promovierte sie im Bereich Gesundheitspsychologie. In der Forschung, als Autorin sowie bei Auftritten als Rednerin setzt sie deutliche Akzente. Einige Themen: Die Bedürfnisse und Ängste junger Menschen. Das Thema Frauen und Karriere. Die Herausforderungen der Arbeitswelt von morgen.

Eine Buchempfehlung für Frauen von Steffi Burkhart: Iris Bohnet, «What works – Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann» (2016)

Diese zunehmende Flexibilität von Arbeitsmodellen, von Arbeitszeit und Arbeitsort setzt eine hohe Resilienz voraus, eine gute menschliche Intelligenz. Unternehmen bleibt hier nichts anderes übrig, als diese Kompetenzen mit zu schulen, um Menschen auf diese Realität der Zukunft gut vorzubereiten.

Bohnet, aufgewachsen im Kanton Luzern, ist die erste ordentliche Schweizer Professorin an der Harvard-Universität. Burkhart: «Ich hätte mir gewünscht, dieses Buch schon vor Jahren gelesen zu haben, denn es liefert unglaublich viele Tipps.»

«Nicht nur die Ältesten sind einsam, die Generation Z ist es ebenfalls.»

Du hast zwölf Jahre lang Leistungssport gemacht. Was hast du mitgenommen? Was gibst du an Unternehmen und ihre Führungskräfte weiter? Eines habe ich im Sport gelernt: mentale Stärke aufzubauen, den Zustand der Psyche zu kontrollieren. Mental Health, ein Thema, das auch für junge Menschen wichtig geworden ist. In der zunehmend unsicheren Wirtschaftswelt wird künftig genau dies die sehr guten Unternehmen von den guten unterscheiden: Schauen Mitarbeitende und Kader auf ihre Gefühle? Zeigen sie Willenskraft? Wie gehen sie mit Erfolg und Niederlage um? Alle diese Dinge passieren im Kopf.

Mit der Individualisierung und dem Aufweichen gesellschaftlicher Normen wird aber auch die Einsamkeit wachsen. Das spüren wir jetzt schon. Der Wunsch nach «Community», nach Gemeinschaft, nach echten Begegnungen und Zugehörigkeit wächst. Studien von Harvard zeigen: Nicht nur die Ältesten sind einsam, die Generation Z ist es ebenfalls – obwohl sie digital vernetzt ist. Und auch dieser Trend wird die Arbeitswelt verändern. Wir werden Begegnungsstätten schaffen müssen, eine neue Form der Gemeinschaft. Wir werden in Organisationen einen Shift erleben von einer Community hin zur Care Unity – zur Erfüllung in der Zuwendung zu anderen.

Führungskräfte sollten überlegen: Wie können wir die Mitarbeitenden mental unterstützen? «Bei uns gibt’s jetzt auch einen Obstkorb, wir haben Kurse für Nordic Walking und gegen das Rauchen» – das reicht nicht mehr! Was die Gesundheit angeht, stehen heute die psychosozialen Komponenten im Fokus.

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Und was lässt sich gegen die schlechten Gefühle bei einer Niederlage tun? In der Dokumentarserie «Break Point» sieht man, wie Tennis-Champions auf dem Platz in Sekunden zusammenbrechen, wenn es gerade nicht so läuft. Wie arbeitet man dagegen an? Das Wichtige in schwierigen Situationen ist die innere Ruhe. Man muss mit sich reden! Manager spüren die extreme Unbeständigkeit im Business natürlich auch. Von allen Seiten kommt wer und zerrt an ihnen. Was hilft: in seiner Mitte zu bleiben. Wie schafft man das? Indem man lernt, sich selbst zu führen. Aber haben die Topmanager das gelernt?

«Was ist Erfolg für mich? Was bedeutet Karriere?» Es herrscht Fachkräftemangel, das ist eine grosse Sorge in Unternehmen. Welche weiteren Schmerzpunkte und Risiken haben Führungskräfte in Bezug auf die Personalsituation? Die Generation Z ist aktuell die jüngste Generation auf dem Arbeitsmarkt. Die hat ungewohnte Glaubenssätze, andere Werte und Gewohnheiten. Das Anderssein beginnt bei Fragen wie: Was ist Erfolg für mich? Was bedeutet Karriere? Was ist wirklich sinnvoll? Und was will ich mit meiner begrenzten Lebens- und Arbeitszeit anstellen? Welchen positiven Impact kann ich mit meinem Tun bewirken? Wer in den nächsten zwei Jahrzehnten erfolgreiche Unternehmen und Teams entwickeln und weiterentwickeln will, muss auf neue intrinsische Motivatoren setzen wie einen positiven Impact, Community und Potenzialentfaltung. Es gilt Umgebungen zu kreieren, in denen Menschen sehr subjektiv und individuell Sinn erleben. Die einen benötigen dafür beispielsweise eine Antwort auf die Frage nach dem positiven Einfluss. Darauf, welchen Beitrag die jeweilige Organisation in der Gesellschaft und in der Welt leistet. Andere dagegen suchen nach einer starken intakten Gemeinschaft. Und wieder andere wollen sich permanent weiterentwickeln und suchen stets die Herausforderung.

Beim Coaching in Unternehmen versprichst du Quick Wins – Dinge, die man am nächsten Tag umsetzen kann. Wie sieht der schnelle Gewinn in Sachen Personalführung aus? Zuhören. Gute Führung zeigen. Je jünger die Mitarbeitenden sind, desto mehr wünschen sie sich einen coachenden Führungsstil. Sie erwarten an ihrer Seite jemanden, der sie durch nahbare Kommunikation fachlich, aber auch persönlich voranbringt. Hierzu müssen wir in Unternehmen viel differenzierter Leadership, Management und Fachexpertise betrachten und deren personelle Besetzung hinterfragen. Ein Fachexperte, der aufsteigt und auf einmal Menschen führen soll, ist nicht automatisch ein guter Leader.

Ein anderes Thema, mit dem du dich intensiv beschäftigst, ist Gleichstellung. Welches Risiko gehen Unternehmen ein, wenn sie nicht in jeder Hinsicht für Gleichstellung sorgen? Das Risiko, dass sie keine Talente mehr kriegen. Die Generation Z ist mit Diversität aufgewachsen. Für sie ist es ein grosser Unterschied, ob eine Organisation Diversität wirklich lebt oder eben nicht. Die Firmen müssen authentisch auf Gleichberechtigung, Inklusion und Nachhaltigkeit setzen.

Viel gefragte Rednerin – Burkhart bei einem Auftritt


«Männliche Monokulturen sind nicht zeitgemäss.» Steffi Burkhart

Du gibst Frauen Karrieretipps. Welchen Tipp zum Beispiel? Ganz wichtig ist, als Frau Frau zu bleiben. Also nicht zu glauben: Je höher man aufsteigt, desto mehr müsse man Habitus und Verhalten von Männern übernehmen. Das ist der falsche Ansatz. Es gibt heute aber immer noch Karrierecoaches, die genau in diese Falle tappen. «Nicht die Frauen müssen sich ändern, sondern die Spielregeln», so steht es auf dem Cover des Buches «What works – Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann». Eine kurze Formulierung mit viel Tiefgang, verfasst von Iris Bohnet, einer Schweizer Verhaltensökonomin und Professorin an der Harvard Kennedy School. Wer behauptet, es gebe nicht genügend gut ausgebildete Frauen, liegt falsch. Häufig werden tolle junge Frauen nicht als Führungstalent erkannt, weil sie nicht den klassischen Beförderungsrichtlinien entsprechen. Ein Knoten im Kopf, den wir erst mal lösen sollten. Unternehmen können es sich auch in Anbetracht der demografischen Entwicklung nicht erlauben, talentierte junge Frauen aus der Führungskräfte-«Pipeline» auszugrenzen, sie dadurch zu frustrieren und an die Konkurrenz zu verlieren.

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«Wozu Frauen in der Führung, wenn sie wie Männer agieren?» Wir brauchen eine doppelte F-Quote. Das hat Gunter Dueck mal zu mir gesagt, der lange Chief Technology Officer bei IBM war. «Doppelte F-Quote» heisst: Feeling und Female. Es bringt nichts, Frauen in Toppositionen zu bringen, wenn sie dort wie Männer agieren. Dann haben wir vielleicht Chancengleichheit, aber die Kultur ändert sich nicht. Wir müssen in Unternehmen dafür sorgen, dass Menschen mit ausgeprägter emotionaler Intelligenz bis ganz nach oben gelangen, egal ob Mann oder Frau. Es sind allerdings mehr Frauen, die diese Art Intelligenz mitbringen.

Ist zusätzlich die viel diskutierte Frauenquote nötig? Meine Meinung: Ohne Frauenquote werden wir die Gleichstellung von Mann und Frau auch in den nächsten Jahren nicht erreichen. Wir haben sie hundert Jahre lang nicht geschafft – wieso dann plötzlich jetzt? Es herrscht noch viel unbewusste Voreingenommenheit. Eine Quote kann etwas bewegen.


Was entgeht Unternehmen, wenn sie auf Frauen als gleichberechtigte Partnerinnen verzichten?

Generationen sind die einflussreichsten im digitalen Zeitalter. Ihre Denkweisen und vielseitigen Fähigkeiten werden die Wirtschaft nachhaltig verändern. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz, Internet of Things, Quantencomputing oder die Entwicklung eines dreidimensionalen Internets sind die Zukunft. Diese Technologien müssen erforscht, entwickelt und gesteuert werden. Und das werden nicht mehr die Männer über fünfzig mit grauen, blauen, schwarzen Anzügen tun, die derzeit aber noch mehrheitlich die Gremien besetzen. In der Schweiz vielleicht sogar noch extremer als in Deutschland.

Die rein männlichen Monokulturen in Entscheiderkreisen sind nicht zeitgemäss. Wir wissen: Je stärker die Monokultur, desto fragiler ist ein System. Je diverser die oberen Gremien besetzt sind, desto robuster wird das System. Diese Diversität schliesst das Alter mit ein, die unterschiedlichsten Kulturen sowie Besonderheiten, etwa Autismus.

Unter Monokultur leidet auch der Wald, bei Hitze oder durch den Borkenkäfer. «Diversen», vielgestaltigen Wäldern geht es sichtbar besser.

«Wasser hat eine unglaubliche Energie und Kraft, ist aber sehr anpassungsfähig.»

Ja, das ist eine schöne Metapher.

Ein weiteres Thema für dich sind positive Utopien. Ist die Forderung nach Utopien nicht ein bisschen viel Optimismus angesichts der Lage in der Welt?

Schon die Frauenquote hat es schwer. Bei der Forderung nach einer Jugendquote steht der Widerstand wahrscheinlich wie eine Betonmauer. Wie schafft man es durch diese Mauer?

Junge Menschen leiden enorm, wenn es an Zuversicht fehlt. Wir brauchen wieder mehr Optimismus! Ich war in der Coronazeit beruflich länger in Dubai. Der Slogan der Stadt lautet «Hello Tomorrow». Dieses Vertrauen in eine positive Zukunft ist dort spürbar. Dagegen wird in der deutschen Politik viel mehr im Hier und Jetzt gehandelt und reagiert, statt Mut und Zuversicht für eine gute Zukunft zu vermitteln. Zumindest nehme ich das so wahr. Positive Utopien können auch Wirklichkeit werden. Dazu brauchen wir aber mehr gute Leader an der Spitze unserer Organisationen in Politik und Wirtschaft. Wir befinden uns im Wandel von einem alten Millennium in ein neues digitales Zeitalter. Die Geschwindigkeit und das Ausmass des Wandels sind schneller und weitreichender als alle Revolutionen zuvor. Darin besteht auch die Chance, gemeinsam eine positive Vision unserer Zukunft zu denken und zu gestalten. Gehen wir also von der besten aller möglichen Welten aus. Machen wir es uns zur Aufgabe, Chancen und Möglichkeiten für eine bessere Zukunft zu sehen und diese auch anzustreben.

Die Politik könnte Unternehmen mit finanziellen Anreizen locken, etwa: «Ihr bekommt ein günstiges Darlehen in Höhe von X Millionen Franken, wenn ihr deutlich auf Diversität setzt, auch beim Alter.»

Ein Sammelwerk von dir aus dem Jahr 2021 heisst: «Be water, my friend.» Im Buch präsentierst du Ideen von 28 Persönlichkeiten, mit denen sich die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besser meistern lassen. Was denkst du, was können wir vom Wasser lernen? Man muss das Wasser ja nur beobachten. Es hat eine unglaubliche Energie und Kraft, ist aber sehr anpassungsfähig. Das fasziniert mich. Ich glaube, diese Kombination aus Stärke und Flexibilität kann uns auch bei künftigen Aufgaben helfen. Ich glaube, wir müssen viel häufiger im Sowohl-als-auch statt im Entweder-oder denken und handeln.

Du forderst auch eine Jugendquote in Politik und Wirtschaft. Eine Provokation?

Interview: Uwe Stolzmann

Erfahrung ist in der heutigen Zeit überbewertet. Google, Tesla oder Facebook wurden auch nicht aus dem Modus der Erfahrung gegründet, oder? Die jungen

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GUT ZU WISSEN

Wenn der Wald zum Risiko wird Waldbrände werden mit der globalen Erhitzung zunehmen – auch in der Schweiz. Zwei Dinge sind nötig, wenn wir vorbereitet sein wollen: Kantone und Staaten müssen stärker kooperieren. Und die Bevölkerung muss bei Vorsorge- und Schutzmassnahmen einbezogen werden. Wir alle haben während der Hitzewelle im vergangenen August geächzt und gelitten. Für viele Menschen waren die extremen Temperaturen traumatisch, für manche sogar tödlich. In Griechenland kämpften Feuerwehrleute in nur einer Woche mit über achtzig Waldbränden. Dörfer mussten evakuiert, Touristen und Touristinnen in ihre Länder rückgeführt werden, mindestens 28 Menschen starben. Dramatische Ereignisse gab es auch in vielen anderen Staaten.

FEUERTORNADOS VERSCHLIMMERN BRÄNDE Wie ist die Lage in der Schweiz? Bislang haben erst einzelne Kantone Erfahrung mit Waldbränden gesammelt – Graubünden, das Wallis und vor allem das Tessin. Im Februar 2022 brannte es zum Beispiel in Gambarogno, nahe der italienischen Grenze. Erst nach Tagen konnten Spezialisten das Feuer mithilfe von zwei italienischen Löschflugzeugen unter Kontrolle bringen. Im Juli 2023 kam es zu einem grossen Brand im Oberwallis, der niederschlagärmsten Gegend der Schweiz. Dies zeigt, wie die zunehmende Hitze und Trockenheit auch bei uns die Waldbrandgefahr erhöht. Wenig

überraschend, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) Waldbrände mittlerweile zu den grössten Risiken für das Land überhaupt zählt. «In den kommenden Jahren werden solche Waldbrände in der Schweiz zunehmen – auch an Orten, wo diese bislang nicht vorkamen.» Das sagt Christine Eriksen, Professorin für Geografie an der Universität Bern. Sie ist auf einer Farm in Dänemark aufgewachsen, später lebte sie lange in Australien und untersuchte dort ausgiebig die sozialen Ursachen und Konsequenzen grosser Buschfeuer. Seit über fünfzehn Jahren forscht Eriksen zu Waldbränden. «Manche sind mittlerweile so heiss, dass sie ihr eigenes Mikroklima schaffen, mit Feuertornados und extrem starken Winden.» Erprobte Strategien der Bekämpfung würden unter diesen neuen Bedingungen nicht mehr funktionieren. «Folgen die Feuerwehrleute den bewährten Regeln, positionieren sie sich vielleicht falsch und werden plötzlich vom Brand eingekesselt.» Das Risiko bei Einsätzen steige damit stark an.

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DIE BARRIERE DER ALPEN FÄLLT Für das steigende Feuerrisiko sind nach Ansicht der Forscherin auch soziale Faktoren verantwortlich. Weil viele Flächen in den Alpen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden, konnten dort wieder Bäume wachsen. Das bedeutet mehr Holz, mehr Brennstoff. Hinzu kommen Schädlinge, wie der Borkenkäfer. Die Hitze schwächt die Bäume, dadurch kann sich der Käfer besser ausbreiten und so ganze Wälder zerstören. Totholz wirkt bei Feuer aber wie Zunder und steigert die Intensität von Waldbränden. Eriksen spricht von Rückkoppelungen zwischen Landnutzung, Baumsterben und dem heisseren und trockeneren Klima. Die Forscherin geht davon aus, dass aufgrund dieser Effekte Waldbrände in naher Zukunft die natürliche Barriere der Alpen überqueren werden. Damit könnten dann auch Bern oder Luzern betroffen sein, also Kantone, die wesentlich weniger Erfahrung in der Bekämpfung von Waldbränden haben.

KOOPERATION SENKT RISIKEN Kooperationen über die Kantonsund Landesgrenzen hinweg werden immer wichtiger, sagt die Expertin. «Zivilschutz und Feuerwehr einer Region kommen oft nicht mehr allein mit den Bränden zurecht. Sie brauchen externe Hilfe.» Doch aufgrund des föderalen Systems habe

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die Schweiz heute 26 eigenständige Zivilschutzorganisationen. Ausserdem ist sie nicht Teil des sogenannten EU-Katastrophenschutzverfahrens, mit dem sich Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Hilfe verpflichten. Damit erhöht sich das Risiko, wie eine aktuelle Studie des Center for Security Studies der ETH Zürich zu Zivilschutz und Klimaadaption zeigt.

«Die kantonalen Behörden werden nicht mehr imstande sein, die gesamte Bevölkerung effektiv vor Waldbränden zu schützen.» CHRISTINE ERIKSEN

WIE SCHÜTZEN WIR UNS? Laut Christine Eriksen gibt es ein weiteres Problem: «In der Schweiz waren die Behörden in der Vergangenheit dermassen erfolgreich, Feuerherde im Keim zu ersticken, dass ein Bewusstsein für die Gefahr von Waldbränden weitgehend fehlt.» Genau das könnte künftig zum Problem werden. «Die kantonalen Behörden werden nicht mehr imstande sein, die gesamte Bevölkerung effektiv vor Waldbränden zu schützen.» Umso wichtiger sei es, die Menschen entsprechend zu schulen: Wie verhält man sich bei einem Waldbrand? Wann ist die richtige Zeit und wo der richtige Ort für eine Evakuierung? Wie schützt man sich? Und wie trifft man selbst in extremen Situationen noch rationale Entscheide?


GUTE BEISPIELE, AUCH IN EUROPA Beim Thema «gemeindebasierte Selbstorganisation» könne die Schweiz von guten Beispielen in Australien, aber auch in Europa lernen, ist Eriksen überzeugt. Etwa von den Aktivitäten der Pau Costa Foundation in Spanien. Seit über zehn Jahren sensibilisiert sie die Bevölkerung mit Kampagnen, Spielen und Workshops gegen die Risiken von Waldbränden. Die Stiftung schafft wirtschaftliche Anreize für Hirten, damit sie wie früher ihre Schafe und Ziegen wieder durch Weiden und Wälder führen, um damit das Gras zu entfernen, das eine potenzielle Feuerquelle ist. Oder indem Kinder spielerisch lernen, welchen Unterschied es macht, ob ein Wald verwildert oder krank ist oder ob dieser bewusst gepflegt wird. Unter Anleitung pflanzen sie zum Beispiel unterschiedliche Baumarten und entfernen frühzeitig Totholz. Eriksen sieht aber auch Vorbilder im eigenen Land: «Die meisten in der Schweiz wissen, wie man mit Lawinenrisiken umgeht – und sie verhalten sich auch entsprechend. In diesem Fall hat die Sensibilisierung auf eine Naturgefahr hin gut funktioniert.» Samuel Schlaefli

SO WIRKT DER KLIMAWANDEL AUF DIE SCHWEIZ Die Schweiz ist stark von der Klimakrise betroffen. Die durchschnittliche Temperatur ist seit Beginn der Industrialisierung um zwei Grad Celsius gestiegen (globaler Durchschnitt: 1,2 °C). In höher gelegenen Regionen, wie den Alpen, ist die Erwärmung noch stärker. Die Schweiz erlebt daher zunehmend heissere Sommer mit weniger Niederschlägen. Die Böden trocknen aus und der Wasserstand der Flüsse sinkt. Weil wärmere Luft mehr Wasser speichern kann, nimmt gleichzeitig das Risiko extremer Wetterereignisse wie von heftigen Niederschlägen und Stürmen deutlich zu – und damit auch Überschwemmungen und Erdrutsche. Das zeigt die Statistik: 2007 wurden in der Schweiz 26 Extremwetterereignisse registriert (Hagel, Starkregen, Starkwinde, Tornados, zerstörerische Blitze, Lawinen, Schnee- und Sandstürme). 2012 waren es 125 und zehn Jahre später bereits 922. In diesen Zahlen sind Waldbrände noch nicht einmal enthalten. 2020 warnte die EU-Umweltschutzbehörde: infolge der globalen Erhitzung würden Waldbrände in den meisten Regionen Europas intensiver werden, länger andauern und sich stärker ausbreiten. Im Sommer 2022 brannten in EU-Ländern über 9000 km² Land. Das ist rund siebzehnmal so viel wie die Fläche des Kantons Basel-Landschaft.


KLAR UND VERSTÄNDLICH

Risikoleistungen Risiko – in der Sozialversicherung ist damit zum Beispiel die dauernde Erwerbsunfähigkeit einer versicherten Person aufgrund von Krankheit oder Unfall gemeint. Auch der Tod ist ein Risiko. Falls ein Risiko eintritt, zahlt die Pensionskasse sogenannte Risikoleistungen. Damit unterstützt sie die versicherte Person, im Todesfall ihre Angehörigen. WELCHE LEISTUNG ERHALTEN SIE BEI ERWERBSUNFÄHIGKEIT? Wenn Sie erwerbsunfähig sind, bekommen Sie eine Invalidenrente. Eventuell zahlen wir auch Kinderrenten. Die Höhe der Invalidenrente ist abhängig vom versicherten Lohn; Sie erhalten einen bestimmten Prozentsatz dieses Lohns. Den Prozentsatz finden Sie in Ihrem Vorsorgeplan.

Bitte beachten Sie: Die Rente an Ihre Lebenspartnerin oder Ihren Lebenspartner überweisen wir nicht automatisch. Sie müssen die Lebenspartnerschaft der blpk melden. Ohne Mitteilung gibt es keine Rente. Das Formular für die Meldung finden Sie auf der Website der blpk. Wenn Sie verheiratet sind, müssen Sie uns nichts mitteilen. Übrigens: Ab 1. Januar 2024 können Sie uns die Lebenspartnerschaft noch bis drei Monate nach der Pensionierung bzw. Invalidisierung melden.

Diese Berechnungsmethode ist für Sie von Vorteil: Sollten Sie Beitragslücken haben durch Unterbrüche in Ihrer Erwerbstätigkeit, ändert das nichts an der Höhe der Invalidenrente. Auch ein Vorbezug für Wohneigentum oder eine Auszahlung infolge Scheidung hat keinen Einfluss auf die gezahlte Summe.

Wenn Ihr Ehegatte beziehungsweise Ihre Lebenspartnerin oder Ihr Lebenspartner stirbt, erhalten Sie unter bestimmten Voraussetzungen eine sogenannte Einelternrente. Sie ist ein zusätzlicher finanzieller Schutz, falls Sie unterstützungspflichtige Kinder haben.

Die Invalidenrente läuft bis zum Alter 65. Danach erhalten Sie eine Altersrente. Die Sparbeiträge für die Altersrente übernimmt bei Invalidität die blpk; die Beiträge fliessen weiter auf Ihr Konto. Ihr Guthaben ist damit im Alter 65 so hoch, als wenn Sie bis 65 gearbeitet hätten. Auch diese Befreiung von den Beiträgen ist übrigens eine Risikoleistung.

WIE WERDEN DIE RISIKOLEISTUNGEN FINANZIERT?

WELCHE LEISTUNGEN SIND IM TODESFALL VERSICHERT?

Die versicherten Personen der blpk bilden für die Risikoleistungen eine Solidargemeinschaft. Die Kosten tragen alle gemeinsam, obwohl nur ein kleiner Teil invalid wird oder als erwerbstätige Person stirbt. Sie bezahlen also Beiträge für den Fall der Fälle und finanzieren gleichzeitig die Leistungen für die, die es tatsächlich trifft. Die blpk verwendet die Risikobeiträge also zur kollektiven Deckung der Kosten für Leistungen bei Invaliditäts- und Todesfällen.

Im Todesfall gibt es eine Rente für Ehegatten oder Lebenspartner. Die Höhe der Rente ist im Vorsorgeplan geregelt. Ausserdem zahlen wir Waisenrenten und allenfalls ein Todesfallkapital.

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ANDERE LÄNDER …

... andere Vorsorge Die Schweiz und Japan könnten nicht unterschiedlicher sein, doch es gibt interessante Gemeinsamkeiten. Auch im Land der aufgehenden Sonne ist die Lebenserwartung hoch, sogar höher als bei uns; weltweit liegt Japan an der Spitze. Eine Frau kann dort im Alter 65 mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von fast 25 Jahren rechnen! Bei den Männern liegt die Erwartung bei «nur» knapp 20 Jahren, aber auch das ist ein Spitzenwert.

Unzählige Mythen und Theorien versuchen, zu erklären, warum gerade die Japaner so lange leben. Ob es die relativ gesunde Lebensweise oder andere Faktoren sind – die im Grundsatz positive Tatsache stellt das Vorsorgesystem vor Herausforderungen. Mehr noch, es ist am Anschlag. Ein Grund: Menschen, die sehr alt werden, beziehen auch lange Rente.

an die Lohnentwicklung gebunden, sie können steigen, aber auch sinken. Ausserdem hat man die freiwillige Weiterarbeit bis Alter 70 erleichtert. Arbeitnehmende können also länger im Arbeitsprozess bleiben; damit verkürzt sich die Rentendauer.

Der zweite Grund (für den drohenden Kollaps) ist die Überalterung der Gesellschaft. Das System kennt zwei Säulen, beide funktionieren im Umlageverfahren. Arbeitnehmende finanzieren somit die Rentenbeziehenden. Auf zwei Erwerbstätige kommt aber schon heute eine rentenbeziehende Person. Und die Geburtenrate ist so tief, dass sich das Problem weiter verschärfen wird.

Japan

Das Vorsorgesystem in Japan bietet fürs Alter folglich wenig finanzielle Sicherheit. Die Rente mit 65 liegt bei bescheidenen 40 Prozent des letzten Erwerbseinkommens. In vielen Ländern ist die Quote wesentlich höher; in der Schweiz liegt sie im Schnitt bei 63 Prozent.

Staatsform: Parlamentarische Demokratie mit Kaiser Bevölkerung: 125,7 Mio.

Wer in Japan im dritten Lebensabschnitt einen gewissen Standard halten will, muss sparen; die Sparquote ist entsprechend hoch. Doch in vielen Fällen reicht Sparen nicht. Viele Menschen arbeiten deshalb über das Referenzalter hinaus, andere brauchen Hilfe.

Nettoeinkommen pro Kopf: 28 872 USD (Schweiz: 39 697 USD, Durchschnitt OECD: 30 490 USD) Nettovermögen pro Haushalt: 294 735 USD (Schweiz: 862 378 USD, Durchschnitt OECD: 323 960 USD)

Das Alterskapital beider Säulen wird vom unabhängigen, jedoch staatlichen Government Pension Investment Fund (GPIF) verwaltet; mit rund 1,6 Billionen USD ist er der grösste Pensionsfonds der Welt.

Lebenserwartung nach Alter 65: Frauen: 24,7 Jahre (Schweiz: 22,7 Jahre) Männer: 19,9 Jahre (Schweiz: 19,9 Jahre)

Der Druck auf das Vorsorgesystem und Japans hohe Verschuldungsquote zwingen den Staat zu einem Umdenken und zu Reformen. Erst kürzlich hat er den Mechanismus zur Berechnung der Renten an die alternde Gesellschaft angepasst. Die Renten sind nun

Quellen: UBS International Pension Gap Index, Statistiken OECD, Wikipedia

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Ganz in seinem Element: Reto Steib, Leiter Kundenberatung

MEINE ZWEITE SÄULE

So sorge ich für inneren Ausgleich Mein Name ist Reto Steib. Ich bin Leiter der Kundenberatung bei der blpk. Was mache ich, wenn ich entspannen will? Kino ist meine Leidenschaft. Bis ich fünfzehn war, hatten wir zu Hause keinen Fernseher. Mutter brauchte das Geld für wichtigere Dinge. Die Kinos in meinem Quartier hiessen Morgarten, Corso, Forum. Dort sah ich zum Beispiel alle WinnetouFilme, immer am Mittwochnachmittag. Später ging ich hinüber nach Kleinbasel ins Union – zwei Filme am Stück, etwa Italowestern, für zusammen vier Franken. In der Oberstufe hatten wir einen Lehrer für Deutsch und Geschichte, der war cineastisch unterwegs und

hat mich angesteckt. In den Pausen machten wir Schüler manchmal ein Quiz: Jemand erwähnte zwei Schauspieler, und ich nannte den Streifen. Ab 1979 führte ich eine Liste mit allen Filmen, die ich gesehen hatte – Regisseur, Schauspieler usw. Die Soundtracks sammelte ich auf LP und CD, ich muss um die 1200 Stück haben. Bei einem Kinobesuch traf ich auf einen anderen Filmliebhaber. Zusammen waren wir dann oft unterwegs, im Schnitt 130-mal jährlich, bis vor ein paar Jahren. 1985 war der Höhepunkt: 222 Filme. Im selben Jahr wurde übrigens die zweite Säule obligatorisch, das BVG!

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Was ich so sehe? Eigentlich alles, auch Liebeskomödien wie «Harry und Sally» oder Action-Streifen, denn ich will unterhalten werden. Musicals mag ich besonders. Im Kino tauche ich ein in eine Traumwelt. Ich kann abschalten und tanke Energie, bevor ich wieder in die reale Welt wechsle. Wenn ein Film auch noch etwas in mir auslöst – wenn er eine Botschaft hat –, desto besser. Einer meiner Lieblingsfilme ist «The Rose» mit Bette Midler. Die Geschichte einer Rocksängerin, die an Drogen stirbt, genau wie Janis Joplin. Den habe ich mehr als 20-mal gesehen. Was als Nächstes dran ist ... «Napoleon»! Die Geschichte interessiert mich! Und ich schätze Ridley Scott als Regisseur.


Extraklasse, extragalaktisch: das Universitäts-Kinderspital beider Basel

KUNDENPORTRÄT

Das Raumschiff an der Schanzenstrasse Ein futuristischer Bau, hochmodern aussen wie innen – das ist das Universitäts-Kinderspital beider Basel. In der Stadt und in den zwei Kantonen geniesst das UKBB hohes Ansehen. Woher kommt der exzellente Ruf? Wodurch wird dieses Spital zu etwas Besonderem? Und was hat es mit einem Science-Fiction-Klassiker zu tun?

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Mitten in Basel, Ecke Schanzen- und Spitalstrasse, steht ein aufregendes Gebäude. Sieht aus, als wäre es nicht ganz von dieser Welt, wie eine Raumstation, die zufällig in der Stadt gelandet ist. Die Vorderfront hat eine Delle, die Fassade viel Glas, durchbrochen von waagrechten Streifen in Rot, Gelb, Orange. Die Farben leuchten, sie laufen ineinander. Wer der Strasse folgt, fühlt sich vom Rot verfolgt: Immer bleibt es auf Augenhöhe. Extraklasse ist das, extragalaktisch: das UniversitätsKinderspital beider Basel. Im Innern verstärkt sich der futuristische Eindruck zu einem Dreiklang aus Höhe, Weite, Licht. Der Garten mit seinem Grün greift durch die Fenster ins Haus. Es gibt Gänge in Weiss und Gänge in Beige und Rot, die in Hallen münden. Oder die Flure öffnen sich jäh zu einem Raum am Fenster, einem Ort der Begegnung mit bunten Schalensesseln. Retrochic hat dieses Ambiente. Als wären wir in der Space Station V aus «2001: Odyssee im Weltraum», Kubricks Klassiker von 1968. Fehlt nur noch die Musik, «Also sprach Zarathustra».

IM NASSEN FEBRUAR DES JAHRES 1846 Wir sollten im Keller beginnen, im Untergeschoss, hell, weit, blitzblank, beim Gedenkstein für die Gründerin und ihre Schwestern. Ein Koloss aus dem 19. Jahrhundert ist der Stein; man hat ihn vom früheren Grundstück des Spitals geborgen. Die eingravierten Daten stimmen nicht, doch der Stein steht gut am Anfang einer Geschichte, und die geht so: Elisabeth BurckhardtVischer, Bürgersfrau aus Basel, geboren 1783, wollte gottgefällig Gutes tun. Im nassen Februar des Jahres 1846 liess sie deshalb eine Krankenstube einrichten, nur für Kinder, in einem Nebenbau ihres

Hauses an der St. Johanns-Vorstadt. Bei der Einweihung waren schon drei der sechs Betten besetzt. Das Haus hiess bald «das Kinderspitäli der Frau Burckhardt». 1852 gründete Elisabeth mit zwei ihrer Schwestern die Stiftung «Kinderspital Basel». 1862 wurde am Kleinbasler Rheinufer ein Haus eingeweiht, ein Musterbau für vierzig Betten, dreiflüglig – das erste Kinderspital der Schweiz.

C2 BESPRECHUNG CEO Im zweiten Stock des heutigen Spitals findet sich ein betont karger Ort, fensterlos. «C2 Besprechung CEO» heisst er nüchtern – langer Tisch, grosser Bildschirm, Kaffeemaschine. In solch einem Raum muss man schnell arbeiten. Damit man bald wieder draussen ist. Ein Mann und eine Frau kommen herein: Marco Fischer und Caroline Stade.

«Kompetent und menschlich – beides ist uns gleich wichtig.» CAROLINE STADE

Fischer: Ich bin der dienstälteste Kinderspital-CEO der Schweiz. Stade: Ich bin auch schon lang dabei! Seit 2009 im UKBB und seit 1986 in der Pflege. Fischer, Jurist des Jahrgangs 68, ist seit acht Jahren Vorsitzender der Geschäftsleitung. Stade leitet seit 2009 den Pflegedienst. Réception und Gastronomie unterstehen ihr ebenfalls. Sie ist Mitglied der Geschäftsleitung und Chefin von 550 Frauen und Männern. Stade

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und Fischer haben keine Zeit, doch sie nehmen sich welche; unsere Unterhaltung dauert, solange sie dauert, knapp zwei Stunden. Manchmal necken sie einander im Gespräch, das spricht für gutes Miteinander. Stade: Ich habe das schönste Büro. Fischer: Waaas? Ich hatte das schönste! Am Eck zur Fassade. Aber ich war eh nur ein bis zwei Stunden am Tag dort. Stade: Das hier ist sein Büro, das Sitzungszimmer. Es bleibt dabei: Meins ist das schönste. Mit dem Pausenhof einer Schule und zwei Weihern vor dem Fenster. Er sagt immer: «Dein Büro ist ein Kiosk.» Fischer: Wenn Sie für irgendwas eine Grusskarte suchen, etwa zur Geburt, die bekommen Sie dort. Egal, was Sie wollen.

MIT DEM BOBBYCAR DURCH DIE CAFETERIA Das Kinderspital liegt in illustrer Nachbarschaft. Das Universitätsspital ist nahe, auch ein Zentrum der Uni Basel und eines der ETH Zürich. Fischer: «Um uns herum entsteht ein Forschungs- und LifeSciences-Campus. Und wir sind mittendrin!» «Kompetent und menschlich», so lautet der Claim des UKBB. «Beides ist uns gleich wichtig», sagt Stade, «die Kompetenz in der Pflege und Medizin und dass wir menschlich bleiben. Wir behandeln nicht nur Krankheiten, wir nehmen Familien auf.» Kinder können sich hier kindgemäss verhalten, und sie tun es auch. «Man sieht Kinder mit dem Bobbycar durch die Cafeteria fahren. Andere Kinder, solche mit Einschränkungen, lernen hier zu leben, und das ist sehr mein Ding.»


Die Eltern sind im UKBB keine Besucher, sie können die ganze Zeit über bei den Kindern sein. Stade: «Hier ist die Nähe zum Kind eingeplant, das Elternbett steht schon im Zimmer.» Die Eltern schätzen diese garantierte Nähe. Ihre Feedbacks sind sehr gut, sie waren es auch während Corona. 2022 gab es eine landesweite Befragung zu Leistungen und Ansehen von Kinderspitälern. Das UKBB schnitt in allen acht Kategorien am besten ab. Hohes Ansehen geniesst das Haus auch bei den Mitarbeitenden. «Zur Sommerparty kommen fünfhundert Leute», sagt Caroline Stade. «Wir grüssen einander mit Namen», sagt Marco Fischer. «Alle Leitungen treffen sich einmal am Tag», ergänzt Stade. «Und dann lernen wir auch voneinander. Es ist ein Geben und Nehmen.»

HABE ICH HEUTE WAS GESCHEITES GETAN? Herr Fischer, Frau Stade, was mögen Sie an Ihrer Arbeit besonders? Fischer: Man kann sich jeden Tag die Sinnfrage stellen: Habe ich heute was Gescheites getan? Und immer lautet die Antwort ja. Stade: Ich habe täglich mit Mitarbeitenden, Eltern und Kindern zu tun. Ein Traumjob! Ich kann die Kinderpflege weiterentwickeln! Aus meinem Büro schaue ich auf den Hof der Schule Sankt Johann. Um zehn rennen dort vierhundert Kinder lautstark auf den Hof. Wir haben hier hundertzwanzig schwer kranke Kinder – die sollen bald auch wieder so munter sein!

Die Arbeit sei eine Bereicherung, betonen beide, doch es gebe eine grosse Sorge, ein Risiko: den Mangel an Fachkräften. Der Arbeitsmarkt werde hart umkämpft, schlimmer noch: «trocken» sei er. Und viele von denen, die anfingen, seien nach einiger Zeit nicht mehr im Job. Stade: In den ersten fünf Jahren nach dem Berufseinstieg verlässt ein Drittel des Fachpersonals den Pflegebereich für immer. Fischer: Schade. Die Leute gehen aus einem tollen Beruf raus.

«Wir lernen auch voneinander. Es ist ein Geben und Nehmen.» MARCO FISCHER

Und wieso gehen die Kolleginnen und Kollegen? Weil sie unzufrieden seien, etwa mit den Diensten, den harten, langen Schichten, mit zu wenig Geld und zu wenig Anerkennung. Auch der Generationenwechsel mache sich bemerkbar. «Die Babyboomer sind weg», sagt Stade. «Generation Z ist stärker selbstbestimmt unterwegs.» Man probiert und experimentiert am UKBB, genau wie andernorts. Etwa mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, überhaupt mit neuen Formen der Arbeit. Blockzeiten haben sie hier abgeschafft, es gibt Zulagen für unattraktive Dienste. Stade: «Früher galt: Das hat zu passen. Heute versuchen wir, jeden Wunsch zu erfüllen.» Das heisst dann zum Beispiel: keine Schichten, falls gefordert. Oder Dienste nur am Mittwoch. Viel mehr Teilzeit? Gern!

Der dienstälteste KinderspitalCEO der Schweiz: Marco Fischer


Noch mehr Experimente: «Auf der Intensivstation des UKBB planen wir, dass die Pflegenden den Dienstplan selbst schreiben, in Eigenverantwortung», so Stade. «Und im Pflegedienst haben wir einen Personalpool der selbstorganisiert funktioniert. Die «Poolerinnen und Pooler» können dort sehen, für welchen Dienst noch jemand gesucht wird, und sich kurzfristig über eine Online-Plattform melden.»

IN NUR ZWEI WOCHEN SIND DIE LEHRPLÄTZE WEG Das UKBB hat fünfzehn Ausbildungsplätze für FaGe (Fachfrau/-mann Gesundheit) pro Jahr. Und Jahr für Jahr geschieht etwas, wovon man in anderen Unternehmen nur träumt: Sobald die Lehrplätze auf einer Plattform erscheinen, sind sie auch schon weg. Später, erzählt Stade, sehe man dann fünfzehn Lernende «mit freudestrahlendem Gesicht» durchs Haus laufen. Und beim Abschluss hätten zwei Drittel der Absolventinnen und Absolventen einen Schnitt von über 5,5 und schliessen im Rang ab. Während der Pandemie war es anders. «Die Jungen hatten drei Jahre Kurs, der begann mit Corona. Nach zweieinhalb Jahren waren sie kaputt. Von den fünfzehn des Jahrgangs haben nur vier abgeschlossen. Und nur zwei blieben bei uns im UKBB. Eine Katastrophe.» Allerdings: Für den Ausbildungsstart im Jahr 2024 waren alle Plätze nach zwei Wochen schon wieder vergeben.

«Ein Traumjob!» Caroline Stade, Leiterin Pflegedienst im UKBB

«Ich wott au zu eu go schaffe!» EIN TIKTOK USER

10 600 KLICKS AUF TIKTOK Als das Gespräch vorbei ist, gehen wir mit Caroline Stade durchs lichtdurchflutete Gebäude. Weitere lange Flure mit Türen aus grünlichem Milchglas. Noch mehr Begegnungsorte an hohen Fenstern mit Blick in den Garten, mehr Oasen mit bunten Schalensesseln. Noch mehr «2001». «Haben Sie unsere Filme auf TikTok gesehen?», fragt Caroline Stade. Nein, haben wir nicht. Sie zückt das Handy, streicht, klickt. «Genial, oder?» iNurseUKBB heisst die kleine Reihe, ein Wortspiel – Nurse ist

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die Pflegefachkraft, klar; der Satz heisst aber auch «Ich kümmere mich ums UKBB.» Die Filmchen zeigen Selbstverständnis und Selbstbewusstsein, zeigen die Stimmung im Spital. «Du willst Pause machen?» heisst so ein ironischer TikTok-Beitrag. Zwei Pflegende sind unterwegs in den Garten, ein Anruf – Pech, zurück!, Grimasse, dann knipsen sie ihr Lächeln an: Ja bitte!? Oder: «Menschen in der Pflege: Die, die immer zu früh da ist. Die Koffeinsüchtige. Die, die Frühdienst hasst.» In einem anderen Video machen Pflegende Karaoke, sie tanzen und singen mit grosser Geste. 10 600 Klicks in den ersten drei Tagen. «Ihr könnt mit Humor umgehen und seid sehr professionell», kommentiert eine Userin. Ein User: «Ich wott au zu eu go schaffe!»


EIN KRÄFTIGER SCHUSS ANARCHIE Stades Büro sollen wir noch sehen. Und, ja, es ist ein Traum. Vor dem Fenster der Platz mit den künstlichen Weihern und der Glaskubus des Biozentrums der Uni Basel, darüber ein verrückter Himmel mit Wolken wie von Dalí. Im Raum 2 schöne Bilder, Ablagen für die berühmten Grusskarten, für Couverts, Alarmpläne und Blumen, und neben der Ordnung sieht man einen kräftigen Schuss Anarchie: Bilder und Installationen, die mit dem Dalí-Himmel draussen konkurrieren: Corona-Masken zum Beispiel, respektlos verfremdet, als Kunstobjekte hinter Rahmen und Glas. Irgendwo auf einem Regal steht püppchengross sie selbst, aus Pappmaché, im türkisfarbenen Blazer: Caroline Stade, ihr blondes Haar, die grosse Brille. Auf einem Sockel steht sie, doch der ist weich, aus Holz. An einer Schnur in der Hand hält die Pflegedirektorin einen Ballon – ein grosses rotes Herz.

Das UniversitätsKinderspital beider Basel ◆

Uwe Stolzmann

Futuristisch, hochmodern: Szene im Universitäts-Kinderspital

as UKBB ist eines von nur drei rechtlich eigenstänD digen Kinderspitälern der Schweiz, neben St. Gallen und Zürich. Es entstand 1999 durch Fusion der Einrichtungen von Basel-Stadt und Baselland. Zu Beginn gab es drei Standorte. Seit 2011 existiert der farbenfrohe Neubau an der Spitalstrasse 33. Die öffentlich-rechtliche Institution ist eines der modernsten Kinderspitäler Europas und Zentrum der Wissenschaft. Forscherinnen und Forscher entwickeln neuartige Behandlungsmethoden. Im Spital arbeiten über 900 Ärztinnen und Ärzte, Pflegende sowie andere Spezialistinnen und Spezialisten. Wann immer nötig, sind sie in interdisziplinären Teams unterwegs. Einige Fachrichtungen: Kinderchirurgie, Anästhesie, Kinderorthopädie, Neonatologie, Physiotherapie und diverse pädiatrische Fachgebiete. Rund 6700 Säuglinge, Kinder und Jugendliche gibt es pro Jahr auf den Stationen, dazu über 100 000 ambulante und Notfall-Behandlungen. «Bei uns dreht sich alles ums Kind», heisst es in einem Video des UKBB. Kinder und Jugendliche sollen sich wohlfühlen, das ist der Anspruch. Im Haus können sie auch spielen, sie können lernen, und die Eltern dürfen rund um die Uhr bei ihnen bleiben.


KOLUMNE

Ein Hoch auf das Unerwartete! Wer Gefahren meistern will, sollte drei Dinge gut können: Er oder sie muss Risiken richtig bewerten und die geeigneten Schritte vorbereiten, zumindest gedanklich. Ausserdem, ganz wichtig: Sie oder er muss jederzeit auch auf das Unvorhergesehene gefasst sein. Verdrängen Sie hin und wieder den Ernst der Lage, gerade wenn eine Situation besonders kritisch ist? Nein? Doch, bestimmt! Die meisten von uns sind gut darin, sich Ziele zu setzen, die Vor- und Nachteile eines Vorhabens abzuwägen und bereits im Vorfeld einer Situation einen Plan B zur Hand zu haben. Mit langfristiger Planung und vorgezogenen Entscheidungen für den Fall der Fälle haben wir es weit gebracht – privat, aber auch als Gesellschaft sowie in der Wirtschaft. Diese Art Voraussicht gibt uns Sicherheit.

Kommen Sie, verlassen wir die Komfortzone, regelmässig, allein oder mit anderen. Stellen wir uns dem, was spontan auf uns zukommt! So schärfen wir unsere Sinne, wir werden mental flexibler und halten uns auf spielerische Weise fit für die Zukunft. Manchmal geht es nicht darum, was wir vom Leben erwarten, sondern darum, was das Leben von uns erwartet. Deshalb: Wieso nicht einmal planlos in den nächsten Zug steigen, versehen mit einer Tageskarte, und hier und da aussteigen, so wie es sich ergibt? Oder das Essen beim nächsten Restaurantbesuch nicht selbst wählen, sondern sich von der Küche überraschen lassen? Vielleicht spielen Sie leidenschaftlich gern Tennis – buchen Sie stattdessen einen Kanukurs. Es gibt unzählige Möglichkeiten!

Doch was tun wir, wenn Unerwartetes eintritt? Wenn etwas auftaucht, das wir nicht auf dem Radar hatten, das aber sofortiges Handeln von uns verlangt? Dann verfallen die meisten von uns über kurz oder lang in Schockstarre. Eine Weile beschäftigen wir uns nur damit, dem Unfassbaren mit innerer Abwehr zu begegnen. Wir verdrängen. Und dieser Widerstand, ganz klar, schränkt unsere Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit erheblich ein. Er hindert uns, rasch zu reagieren. Solange wir noch denken «Das kann nicht sein!», fehlen uns schlicht die nötigen Optionen. Wir sehen keine Alternativen. In aussergewöhnlichen Situationen entscheidet die Dauer dieser Phase der Verdrängung aber oft über das Ausmass des Schadens. Und unsere Zeit ist geradezu geprägt von raschen Veränderungen, die mehr oder minder unerwartet kommen.

Legen wir doch einfach mal los, ohne «Was ist wenn?»Strategie. Das sorgt für unterhaltsame Geschichten, und es wirkt befreiend, Sie werden schon sehen. Aus diesen Gründen, liebe Leserin, lieber Leser, wünsche ich Ihnen viele unerwartete Momente – Momente, die Ihren Alltag bereichern. Fabienne Fritschi arbeitet bei der Staatsanwaltschaft BL im Bereich Organisierte Kriminalität. Sie ist Verwaltungsrätin der blpk.

Ich will keinen Pessimismus verbreiten. Im Gegenteil, ich möchte Sie ermutigen, die Chancen einer unbekannten Lage zu erkennen und dann rascher, beherzter zu handeln. Wir werden gewiss immer wieder mit unerwarteten Situationen konfrontiert. Daran können wir nichts ändern. Aber unsere Haltung, die lässt sich ändern! Wir können den Umgang mit dem Unvorhergesehenen trainieren – indem wir die Ungewissheit bewusst zulassen.

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BLICK INS UNTERNEHMEN

«Für mich steht der Mensch im Zentrum» Er ist ein Gewinn für die blpk und ihre Kunden – Michael Luttringer, unser Leiter Vorsorge seit Herbst 2022. Hier erzählt er von sich: Wie er mit einem Umweg wurde, was er ist. Worüber er sich freut und was ihm Sorgen macht. Mit welchen Risiken er täglich zu tun hat. Und wie Yin und Yang, der Ferne Osten, sein Leben bereichern.

Ich bin 1981 in Riehen geboren, einem Vorort von Basel, in einer Familie mit zwei Söhnen. Vater arbeitete, Mutter kümmerte sich um uns und um den Haushalt. Ich machte das Gymnasium, die Rekrutenschule, danach studierte ich Medizin, aber nur zwei Semester. Es war schlicht die falsche Zeit in meinem Leben! Studiert habe ich dann später. Heute wohne ich in Basel-Stadt, zusammen mit meiner Partnerin Janna, die aus Holland stammt. Mit dem Velo sind wir in fünf Minuten in der Altstadt oder am Bahnhof, das ist praktisch. Zusammen mit uns leben auch Yin und Yang, zwei Katzen der Rasse Russisch Blau. Im Hinterhof haben wir ein paar Quadratmeter Garten mit Sonnenblumen und asiatischem Ahorn, mit Feigenund Olivenbaum. Ja, ich liebe die Natur, und ich mag Abwechslung und Bewegung: joggen, wandern, Tischtennis, Velo und Ski fahren.

VERTRAUE DIR! NUTZE DEINE STÄRKEN! An mich und andere habe ich hohe ethische Erwartungen. Respektvoll, moralisch einwandfrei, menschlich, das sind in meinen Augen wichtige Eigenschaften. Und dies sind meine fünf Credos: Denk positiv! Vertraue dir selbst und anderen! Nutze deine Stärken! Konzentriere dich auf weniges! Und erkenne deinen eigenen Beitrag fürs grosse Ganze. Bei jeder Sache ist für mich der Zusammenhang zwischen drei Faktoren bedeutsam: Verstehe ich, worum es geht? Ist die Sache für mich handhabbar? Und ergibt sie einen Sinn? Sprich: Will ich mich dafür einsetzen? Das sind die Kernfragen im Konzept des Medizinsoziologen Aaron Antonovsky, er nannte es «Salutogenese». Wie entsteht Gesundheit, und wie erhält man sie? Darum geht es, das ist mir wichtig. Deshalb interessiere ich mich auch für komplementäre Therapieformen, für chinesische Medizin. In dem Bereich habe ich sogar eine Weiterbildung gemacht. Manchmal helfe

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ich Menschen aus meinem Umfeld, und Yin und Yang mögen Akupressur ebenfalls.

WARUM ICH GERN ZUR BLPK WOLLTE Alles im Leben sollte in Balance sein, im Gleichgewicht, das ist mein Ideal. Daher kommt meine Neigung zur fernöstlichen Weisheit, und daher stammt auch mein Interesse für den Bereich Sozial- und Personenversicherung. Beruflich bin ich schon von jeher in dem Bereich unterwegs. Weil der Mensch für mich das Wichtigste ist, er steht bei mir im Zentrum. Speziell an der beruflichen Vorsorge gefallen mir drei Dinge: Sie hat eine starke soziale Komponente. Die Vorsorge ist zweitens ein komplexes, vielschichtiges System. Da gibt’s das geistige Futter, das ich brauche. Und dieses System soll im Gleichgewicht gehalten werden – genau wie unser Körper, die Gesundheit. Drittens hat die Vorsorge ein


Mit dem Velo zum Bahnhof, Richtung blpk: Michael Luttringer

spannendes Umfeld, das soziale Aspekte mit Wirtschaft und Politik kombiniert. Weshalb ich gern nach Liestal wollte, zur blpk? Weil diese Pensionskasse berufliche Vorsorge so versteht, wie auch ich sie verstehe – als Sozialversicherung, die Versicherten und Rentenbeziehenden oder ihren Hinterbliebenen Sicherheit bietet. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, also nicht auf Profit getrimmt. Sie muss verantwortungsvoll, solid, nachhaltig und effizient wirtschaften, muss aber nicht die Erwartungen von Shareholdern nach Rendite erfüllen.

Braucht jemand Unterstützung? Ich jongliere tagtäglich mit vielen Bällen, und diese Vielfalt mag ich auch hier. Womit sich mein Job in einer Pensionskasse vergleichen liesse? Vielleicht mit dem eines Steuermanns auf einem grossen Tanker. Das ist nicht das Speedboat, das mal schnell einen Haken schlägt und die Richtung ändert. Unser Geschäft verträgt keine Hektik, es braucht Voraussicht, langfristige Entscheidungen auf stabiler Grundlage. So mag ich es. Wenn ich zurückdenke an mein Medizinstudium: Die Notfallstation hätte mir definitiv keinen Spass gemacht.

EIN GANZ NORMALER ARBEITSTAG

Notfälle im Geschäft gibt’s natürlich aber auch für mich – wenn das Ungeplante den Plan überrennt. Oder wenn es Menschen in meiner Umgebung nicht gut geht, privat oder im Geschäft. Ein solcher Tag ist meist ein schwerer Tag. Rund ist ein Arbeitstag dann, wenn wir am Ende einen Schritt weiter sind: Da bewegt sich etwas, es geht vorwärts und nicht im Kreis.

Um sechs wecken mich Yin und Yang, halb acht bin ich mit dem Rad und der S-Bahn in Liestal. Wenig später mache ich eine Runde durch alle Büros, wünsche einen guten Morgen. Dann: Was sagen der Kalender, der Plan, die Mails, die News? Wo stehen meine Teams, wie geht es den Mitarbeitenden?

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WAS GENAU MACHT DER LEITER VORSORGE? Leiter Vorsorge, das ist der Mensch, der für die Verpflichtungen der Pensionskasse geradesteht, für die Leistungen, die Passivseite der Bilanz. Ich koordiniere die Arbeiten auf diesem Feld zwischen Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und den Teams bei uns im Haus. Unsere bestehenden Kunden wollen gut betreut sein, und wir müssen neue Kunden gewinnen – diese Aufgaben gehören ebenfalls zu meinem Gebiet. Ausserdem verfolge ich die Entwicklung am Markt und die Rechtsprechung dazu. Wie verändert sich unser Umfeld? Müssen wir uns anpassen? Und natürlich bin ich zuständig für die Führung des Bereichs Vorsorge. Wir haben vier Teams mit knapp zwanzig Fachkräften. Sie beraten die Arbeitgebenden und die Versicherten, sie kümmern sich um Leistungen bei Invaliditäts- und Todesfall, sie entwickeln unseren Bereich weiter und arbeiten im Backoffice, in der technischen Buchhaltung.


UNSERE RISIKEN: KANN ICH SIE VERRINGERN? Als Pensionskasse kennen wir eine Vielzahl von Risiken; dies liegt in der Natur einer Einrichtung, die sich mit Risiken beschäftigt. Versicherungstechnisch gesprochen, haben wir drei Risiken: Alter, Invalidität und Tod. Wir müssen die finanziellen Folgen für die Versicherten abdecken. Diese Risiken sind berechenbar, denn in dem Bereich – auf der Leistungsseite – können wir die Entwicklung mithilfe von Analysen und Modellen recht gut vorhersagen. Die Risiken bei den Anlagen sind hingegen nur bedingt berechenbar. Das grösste Risiko heisst Unterfinanzierung, zu wenig Vorsorgevermögen. Einfach gesagt: Im schlimmsten Fall würde das Geld nicht reichen, um alle Verpflichtungen zu erfüllen. Aber, keine Bange: Die blpk ist solide finanziert. Viele Risiken werden schon durch das System verringert. Es gibt Gesetze, Verordnungen, kantonale Aufsichten sowie die nationale Oberaufsichtskommission, den Sicherheitsfonds, es gibt Revisionen, Auflagen, Gutachten von Experten. Etwas fällt auf, wenn man über Altersvorsorge spricht: Sie wird für die Menschen im Land immer mehr zur Sorge. Auf dem Sorgenbarometer von Credit Suisse steht das Thema auf Platz 2 – gleich nach den Befürchtungen wegen Umwelt und Klimawandel, die unsere Arbeit ebenfalls beeinflussen. Die Sorge ist also gross, doch das Bewusstsein für berufliche Vorsorge ist allgemein noch immer nicht so gross, wie es sein sollte. Ich sehe ein weiteres Spannungsfeld. In der Gesellschaft wächst die Individualisierung; mit der beruflichen Vorsorge pflegt dieselbe Gesellschaft aber das klassische Prinzip der Solidarität und Kollektivität. Wie passt das zusammen?

«Wir müssen besser zuhören!» Michael Luttringer, Leiter Vorsorge

WAS MICH ÄRGERT, WAS MICH FREUT Eine Sache, die mich immer wieder stört: Wenn Medien in ihren Berichten die Vorsorgeeinrichtungen in einen Topf werfen. «Alles Abzocker», heisst es. Klar, es gibt nicht nur weisse Schafe. Doch der einseitige Blick beschädigt das Image der ganzen Branche. Als Mitarbeiter und Führungskraft der blpk wehre ich mich vehement gegen das Klischee. Ich kann mit Sicherheit sagen: Wir haben hohe ethische und moralische Werte, und wir leben sie auch. Eine Sache gefällt mir an meiner Arbeit besonders. Wir bauen langfristige Beziehungen auf – langfristig für die Versicherten und langfristig auch für uns – untereinander sowie in den Kontakten zu den Kunden. Das Zentrum jeder Beziehung ist Vertrauen. Ich spüre es in

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der täglichen Arbeit: Unsere Kunden vertrauen uns. Die Mitarbeitenden wiederum vertrauen der Führung im Haus, und sie schätzen das Vertrauen, das wir in sie setzen. Das zeigen sie tagtäglich durch ihr Verhalten und ihr Engagement. Für das Thema «Verhaltensweisen» kann ich mich sowieso begeistern. Wir haben ja alle einen Kopf, ein Herz und den Bauch. Spannend ist jeden Tag aufs Neue: Wer agiert gerade mit welchem Teil? Ist sie noch ganz bei der Sache, oder reagiert er emotional? Wir müssen besser zuhören! Davon bin ich überzeugt, und das sage ich auch meinem Team. «Fragt euch im Austausch mit einem Kunden: Worum geht es ihm wirklich?» Auf diese Weise können wir seinem Bedürfnis und den Anliegen aller Kunden viel besser gerecht werden. Uwe Stolzmann


DIE ZAHL

High five

Fünf Freunde

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Eine Person hebt eine Hand und schlägt sie in die erhobene Hand des Gegenübers. «Gratulation!» Zwei US-amerikanische Profisportler sollen die Geste populär gemacht haben, doch sicher gabs den freundschaftlichen Handschlag schon zuvor.

Knapp zwei Dutzend Romane hat die britische Kinderbuchautorin Enid Blyton über die fünf Freunde geschrieben. Die Helden heissen George, Julian, Dick und Anne; der Fünfte im Bunde ist Mischlingshund Timmy. Und die Moral von der Geschicht? Wer fünf Freunde hat, die mit einem durch dick und dünn gehen, kann sich glücklich schätzen.

Die 5 Elemente In der chinesischen Heilkunde müssen die Kräfteverhältnisse stimmen. Die fünf Elemente Wasser, Feuer, Erde, Holz und Metall sorgen für Harmonie, Gesundheit und Schönheit. Und stetig erneuert sich der Zyklus: Holz nährt Feuer, Feuer nährt Erde, Erde nährt Metall, Metall nährt Wasser, Wasser nährt Holz.

5 Prozent Was hat die 5 mit der blpk zu tun? Bei Pensionierung wird Ihr Sparguthaben in eine lebenslange Altersrente umgewandelt (Sparkapital × Umwandlungssatz = jährliche Altersrente). Dies geschieht mit dem Umwandlungssatz. 5 Prozent beträgt er bei der blpk. Manche Vorsorgepläne der blpk haben einen Satz von 5,4 Prozent. Bei solch einem höheren Umwandlungssatz trägt der Arbeitgeber die Mehrkosten.

Das 5. Rad am Wagen Die deutsche Redewendung bedeutet, dass jemand oder etwas überflüssig und unerwünscht ist. Schon im Mittelalter kannte man den Spruch: «Quem fastidimus, quinta est nobis rota plaustri.» Wer uns widerwärtig ist, der ist uns das fünfte Rad am Wagen. Klar: Ein Wagen braucht nur vier Räder. Claudia Kocher

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WAS HEISST EIGENTLICH ... ?

RenditeRisiko-Profil Im Begriff «Rendite-Risiko-Profil» stecken zwei wichtige Wörter, «Rendite» und «Risiko». Was bedeuten sie?

Rendite: Jede Investition einer Pensionskasse soll einen positiven Ertrag erzielen. Dieser Ertrag wird Rendite genannt. Die Höhe des Ertrages ist zum Zeitpunkt der Investition nicht bekannt, mit Ausnahme von Investitionen in Staatsanleihen höchster Qualität. Der Investor, die Pensionskasse, geht deshalb von einem Erwartungswert aus. Risiko: Der Erwartungswert wird oft nicht getroffen; die Rendite kann nach oben oder unten vom erwarteten Wert abweichen. Die mögliche negative Abweichung ist für eine Pensionskasse das Risiko einer Investition. Der Begriff «Rendite-Risiko-Profil» verbindet nun beide Ausdrücke. Dieses Profil ist das Mass für die erwartete Rendite einer Investition im Vergleich zum Risiko. Je höher das Risiko der Investition, desto höher ist in der Regel auch die erwartete Rendite. Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass eine risikoreichere Investition auch eine höhere Rendite bringt. Das Rendite-Risiko-Profil kann für einzelne Investments erstellt werden wie auch für ganze Anlageklassen: Aktien, Anleihen, Immobilien, Infrastruktur etc. Häufig stellt

man das Profil als Diagramm dar – die erwarteten Renditen auf der y-Achse (senkrecht), die damit verbundenen Risiken auf der x-Achse (waagrecht).

«Wenn wir eine bestimmte Rendite erzielen müssen, suchen wir nach Investments mit dem tiefsten Risiko bei gleichem Ertrag.» Ein Investment mit einem hohen Rendite-Risiko-Profil hat im Regelfall eine hohe Rendite, aber auch ein hohes Risiko. Ein Investment mit einem niedrigen Profil erzielt im Normalfall demnach eine niedrige Rendite, hat aber auch ein niedriges Risiko. Alle geplanten oder getätigten Investitionen eines Investors lassen sich auf diese Weise in das Diagramm einbetten. Mit Blick auf diese Darstellung, das Diagramm mit allen Investitionen, gibt es für uns als Investorin eine Logik: Wenn wir als Pensionskasse zu einem bestimmten Risiko bereit

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sind, möchten wir bei diesem Risiko auch die höchstmögliche Rendite erreichen, zumindest den höchsten Erwartungswert. Oder, umgekehrt: Wenn wir eine bestimmte Rendite erzielen müssen, suchen wir nach Investments mit dem tiefsten Risiko bei gleichem Ertrag. Ist doch logisch, oder? Investitionen mit gleichem Risiko, aber tieferer Rendite sind entsprechend nicht interessant.

Fazit Mit dem Rendite-RisikoProfil können wir verschiedene mögliche Investitionen miteinander vergleichen. Das Profil hilft uns also bei Entscheidungen. Die Absicht hinter diesen Entscheidungen ist immer die gleiche: Bei überschaubarem, vertretbarem Risiko wollen wir unseren Anlagezielen möglichst nahekommen.


KURZ UND HILFREICH

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt Das Risiko ist unberechenbar. Sein Gegenspieler heisst Planbarkeit. Doch sei es im Beruf, im Spiel, an der Börse oder in der Liebe – manchmal braucht es etwas Risiko, damit Neues entstehen kann. Hier kommen fünf Assoziationen, die den eher negativ besetzten Begriff in ein anderes Licht rücken.

DAS SPIEL

NO RISK, NO FUN

Das Brettspiel «Risiko» ist ein Klassiker unter den Strategiespielen; auf Deutsch erschien es 1961. Zwei bis sechs Spieler versuchen, Gebiete und Kontinente in ihren Besitz zu bringen. Dazu braucht es Diplomatie, Glück und eben Risiko. Die Welt als Eroberungsspielwiese – immer wieder aktuell.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, hiess es früher. Auf Englisch klingts heute cooler: no risk, no fun. Beide Wendungen meinen dasselbe – Gefahr ist riskant, aber nicht nur schlecht. Bereits unsere Vorfahren wussten: Wer die Jagd nach Nahrung scheut, muss mit Hunger unters Schaffell kriechen.

IM MANAGEMENT Während eine Chance als positiv empfunden wird, gilt das Risiko als eher anrüchig. Auch in der Wirtschaft. Für die Unternehmensstrategie werden jedoch immer beide Seiten analysiert, berechnet und bestimmt. Am Ende steht ein Massnahmenplan. Mit Strategie und Plan können die Mitarbeitenden Chancen oder Risiken für die eigene Firma erkennen und effektiv managen.

DIE HERKUNFT

DIE SPEKULATION

Es ist nicht klar, woher das Wort Risiko stammt. Aus dem Italienischen «rischio» übernommen, verwenden viele Sprachen den Begriff als Lehnwort, zum Beispiel «risk» auf Englisch, «risque» auf Französisch. In italienischen Handelsbriefen aus dem 12./13. Jahrhundert wurde damit die Klippe beschrieben, die es zu umschiffen galt.

Vom Schriftsteller Mark Twain gibt es viele Bonmots. Zu Börsenspekulationen ist dieses überliefert: «Der Februar ist einer der gefährlichsten Monate. Alle anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Oktober.» Vielleicht sollte man sich die Monate einfach merken, die Twain als riskant erachtet.

Claudia Kocher

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INFORMATIONEN FÜR VERSICHERTE

Die Reform AHV 21 Was ist neu? Am 1. Januar 2024 tritt die Reform AHV 21 in Kraft. Damit gilt in der AHV unter anderem dasselbe Referenzalter (bisher «ordentliches Rentenalter») von 65 Jahren bei Frauen und Männern. Zudem wird der Rentenbezug flexibler gestaltet. Ebenfalls auf den 1. Januar 2024 wird das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVG) angepasst. Denn die Altersvorsorge funktioniert nur, wenn die Regeln zwischen AHV und beruflicher Vorsorge koordiniert werden. Besonders wichtig sind der Zeitpunkt des Altersrücktritts und das Angebot einer flexiblen Pensionierung. Mit der Anpassung gilt künftig auch bei den Pensionskassen dasselbe Referenzalter für Frauen und Männer, nämlich 65. Weiter müssen alle Kassen neu drei Dinge möglich machen: vorzeitige Pensionierung, Teilpensionierung und Aufschub der Altersleistungen. Was bedeuten die Neuerungen für Sie als versicherte Person der blpk? Die Auswirkungen der AHV-Reform auf die blpk sind gering. Denn bei der blpk gilt bereits seit 2015 ein einheitliches Referenzalter von 65 Jahren. Und eine vorzeitige Teilpensionierung sowie einen Aufschub ermöglicht die blpk schon seit vielen Jahren. Dennoch: Wir müssen die Allgemeinen Reglementsbestimmungen an die gesetzlichen Vorgaben des BVG anpassen, und das tun wir. (Siehe: «Das ändert sich im Vorsorgereglement».)

Das ändert sich im Vorsorgereglement Wegen der Reform AHV 21 und der Änderungen im BVG aktualisieren wir das Vorsorgereglement. Es gibt folgende Neuerungen: ◆ Der Begriff «ordentliches Rentenalter» (Alter 65) heisst neu «Referenzalter». ◆ Wer das Referenzalter erreicht, kann die Altersleistungen bis Alter 70 aufschieben lassen. Das verlangt das Gesetz von den Pensionskassen neu zwingend. Ein Aufschub der Altersleistungen setzt voraus, dass die versicherte Person ihre bisherige Erwerbstätigkeit weiterführt. Bei der blpk gibt es die Möglichkeit vom Aufschub bereits heute. Neu muss die blpk jedoch zwingend einen Aufschub bis Alter 70 ermöglichen. ◆ Bei einer Teilpensionierung muss der Teilbezug mindestens 20 Prozent der Altersleistung betragen, die der versicherten Person insgesamt zusteht. ◆ Ein Teilbezug ist nur möglich, wenn die versicherte Person zugleich den Lohn reduziert. Die Verminderung des Lohns darf nicht nur vorübergehend sein. Der Teilbezug der Altersleistung darf ausserdem den Anteil der Lohnreduktion nicht übersteigen. ◆ Bei Arbeitsunfähigkeit kann der oder die Versicherte vom Beitrag befreit werden. Neu wird die Befreiung auch weiterhin gewährt, falls das Arbeitsverhältnis der versicherten Person während der Arbeitsunfähigkeit endet. ◆ Einkauf: Personen, die bereits Leistungen der beruflichen Vorsorge beziehen oder bezogen, dürfen sich nur bis zu einem Maximalbetrag in die Pensionskasse einkaufen. Das heisst, der Maximalbetrag verringert sich um das bereits genutzte Sparkapital. Auf diese Weise verhindert der Gesetzgeber, dass sich rentenbeziehende Personen durch einen Einkauf eine zweite steuerbegünstigte Vorsorge aufbauen können. Wir haben weitere Änderungen vorgenommen. Konkret, zum Beispiel: Es gab zwingend notwendige Anpassungen an weitere gesetzlichen Vorgaben, wir haben eine Bestimmung zur Bearbeitung von Personendaten aufgenommen und die Übergangsbestimmungen überarbeitet. Die neuen reglementarischen Bestimmungen finden Sie ab Anfang Januar 2024 auf unserer Website unter www.blpk.ch/Infocenter/Reglemente. Oder im Kundenportal myblpk.

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Keine gesundheitlichen Vorbehalte mehr Pensionskassen können bei einer versicherten Person zeitlich befristete Vorbehalte für die Risiken Tod und Invalidität geltend machen. Grund eines Vorbehalts ist ein gesundheitliches Risiko. Wird die versicherte Person wegen der Beeinträchtigung invalid oder stirbt, zahlt die Pensionskasse nur reduzierte Leistungen. Die blpk hat entschieden: Seit 1. Juli 2023 gibt es bei uns keine neuen gesundheitlichen Vorbehalte mehr. Damit sind neueintretende Personen auch mit Gesundheitsrisiko ohne Einschränkung der Deckung versichert. Eine Ausnahme: Bei versicherten Personen mit sehr hohem Lohn und entsprechend hoher Risikosumme sprechen wir weiterhin Vorbehalte aus, falls der Rückversicherer dies verlangt. Vor dem 1. Juli 2023 ausgesprochene Vorbehalte gelten bis zu deren Ablauf weiterhin.

Wir sind für Sie da Neu erreichen Sie uns am Schalter und per Telefon von Montag bis Freitag: 08.30–12.00 Uhr 13.30–17.00 Uhr Und über unser Kundenportal myblpk können Sie sich rund um die Uhr über Ihre persönliche Vorsorgesituation informieren. my.blpk.ch

Papierlos erstklassig. Erledigen Sie Ihre Vorsorge ganz einfach digital. Mit unserem Kundenportal myblpk sparen Sie ab sofort jede Menge Zeit und Papier. Melden Sie sich am besten gleich an. Jetzt anmelden mit SwissID: my.blpk.ch Noch keine SwissID? Jetzt kostenlos anlegen: swissid.ch


NACHHALTIGKEIT

Was wir unter Verantwortung verstehen Die Welt ist in Unruhe. Krisen und Kriege, wohin man schaut. Eine Folge sind Verluste an den Kapitalmärkten. Vielleicht sollten wir beim Thema Rendite jetzt auf Nummer sicher gehen. Der Kampf gegen den Klimawandel darf mal pausieren, oder? Wir meinen: nein, auf keinen Fall. Aber was genau tut die blpk für mehr Nachhaltigkeit? Krieg in der Ukraine, Turbulenzen an den Kapitalmärkten, Inflation, steigende Zinsen. Die wenigen Stichwörter zeigen: Ja, es sind unruhige Zeiten. Als Pensionskasse müssen wir für unsere Versicherten eine möglichst gute Rendite erwirtschaften. Sollten wir bei derart rauen äusseren Verhältnissen deshalb vielleicht weniger nachhaltig wirtschaften, zumindest für eine Weile? Bestimmt nicht, im Gegenteil. Bei allem, was wir tun, orientieren wir uns weiter an zwei Dingen: an den Bedürfnissen der Versicherten und an unseren Verpflichtungen gegenüber Umwelt und Gesellschaft.

Eben erschien unser neuer Nachhaltigkeitsbericht. Was hat die blpk in letzter Zeit beschlossen? Welche Massnahmen setzt sie um, welche Fortschritte gibt es? All das zeigt der Bericht. Kurz: Er macht unsere Arbeit für Sie noch transparenter.

INVESTITIONEN: DIE AUSSCHLUSSLISTE WÄCHST 2023 haben wir unsere Kriterien für den Ausschluss von Anlagen auf weitere Geschäftsfelder ausgedehnt. In besonders kritische Felder, wie zum Beispiel geächtete Waffen, haben wir schon zuvor nicht investiert. Neu auf unsere Liste kamen jetzt auch Unternehmen aus den Bereichen militärische und zivile Waffen. Ausserdem Unternehmen, die mit gewissen Formen der Öl- und Gasförderung Geschäfte machen, sowie bestimmte Gentechnikfirmen. Aktuell stehen 439 Unternehmen auf der Ausschlussliste der blpk (Stand 1. September 2023).

UNSERE STIMME ZÄHLT – AUCH BEI AKTIEN IM AUSLAND Seit Anfang des Jahres üben wir unsere Stimmrechte auch bei ausländischen Aktien aus. Unsere Stimme zählt: Wir können bei Unternehmen, in die wir investieren, etwas bewirken! Davon sind wir überzeugt.

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WIE NACHHALTIG SIND WIR IM VERGLEICH?

ERNEUERBARE ENERGIEN IM FOKUS Wir machen uns stark für den Bereich erneuerbare Energien. In der Anlageklasse Infrastruktur investieren wir in Gesellschaften, die 2022 insgesamt 1545 GWh Strom aus erneuerbaren Energien produziert haben. Damit könnte man 309 000 Haushalte in der Schweiz mit Strom versorgen.

Eine international anerkannte Kennzahl gibt an, wie gut ein Unternehmen mit ESG-Risiken umgeht, Risiken, deren Eintreten eine wesentliche Auswirkung auf den Wert eines Unternehmens hat: der ESG Quality Score, dessen Werte sich zwischen 0 und 10 bewegen. Das Kürzel ESG steht für Environment, Social und Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung.

Sie möchten unseren Nachhaltigkeitsbericht lesen? Hier können Sie ihn herunterladen: www.blpk.ch/nachhaltigkeit

Wir konnten den ESG Quality Score unseres Anlagevermögens erneut verbessern, von 7,3 auf 8,0. Der Quality Score unserer Benchmark, sprich: der Vergleichswert, liegt bei 7,4. Das Ergebnis zeigt: Wenn wir bei unseren Anlagen auf Nachhaltigkeit achten, hat dies auch Wirkung.

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FORDERUNGEN AN UMWELTSÜNDER

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Als verantwortungsvolle Investorin suchen wir den kritischen Dialog mit Unternehmen. Bei knapp einem Drittel dieser Beanstandungen geht es um Klima und Umwelt. Unser Ziel: Firmen, die die Umwelt bisher schädigten, sollen ihre Klimabilanz deutlich verbessern. Bei diesem Dialog, englisch: Engagement, unterstützt uns der Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK-ASIR). Der Verein besteht aus elf grossen institutionellen Anlegern. Die blpk ist seit 2019 Mitglied. Als SVVK-ASIR treten wir mit geeinter Kraft auf; die Aktionärsrechte aller Mitglieder sind gebündelt. Das verleiht dem Dialog enormes Gewicht.

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REGION IM BLICK

Wo Steinweichsel und Zitterpappel wieder wachsen Im Weinbaugebiet Klus bei Aesch geschieht Grosses: Ein Projekt fördert die Vielfalt an Pflanzen und Tieren – mit beachtlichen Erfolgen, zum Nutzen von Riesling, Chardonnay und Pinot noir.

Gibt seltenen Vögeln wieder ein Zuhause: Weinbaugebiet Klus

MIT VIELFALT GEGEN SCHÄDLINGE UND HITZE IM WEINBERG

Beispiel beim Obstanbau in Neuseeland oder China, wo die Bäume aufgrund des Bienensterbens nicht mehr natürlich befruchtet werden. Die Veränderungen bedrohen auch uns, die Menschen; sie sind ein Risiko für unsere Existenz. Schon deshalb müssen wir die Biodiversität aktiv fördern. Wie dies umgesetzt werden kann, zeigt ein Projekt im

Tier- und Pflanzenarten verschwinden heute 100- bis 1000-mal schneller als in den vergangenen hundert Jahren – und das damit verbundene Risiko ist hoch: Ganze Ökosysteme sind gefährdet. Das sieht man zum

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AHORN UND WILDER APFEL BRINGEN SCHATTEN

Weinbaugebiet Aesch/Klus in Baselland. Durch Nistplätze, Agroforst und die Verbindung von Lebensräumen wird der Rebberg resistenter gegen die Folgen des Klimawandels gemacht.

Auf einer begrenzten Fläche experimentieren sie im Projekt aktuell auch mit einem sogenannten Agroforst. Dafür wurden Bäume, darunter Zitterpapeln, Wildapfel, Ahorn, Steinweichsel und die Elsbeeren, direkt in den Rebberg gepflanzt. «Reben mögen Halbschatten», erklärt Lukas Merkelbach.

STRUKTUREN FÜR WILDTIERE «Wir setzen uns seit Langem für eine naturnahe Produktion in unseren Rebbergen ein», erzählt Dieter von Blarer vom Weingut Tschäpperli. «Mehr als die Hälfte der Fläche bewirtschaften wir bereits biologisch.» Von Blarer ist Präsident der Weinbaugenossenschaft Aesch. Ihre sechzehn Betriebe produzieren im Klustal auf 22 Hektaren Wein. Zu ihrem hundertjährigen Bestehen initiierte die Genossenschaft ein grosses Biodiversitätsprojekt – gemeinsam mit den Gemeinden Aesch und Pfeffingen, mehreren Stiftungen und der Organisation BirdLife Schweiz. Es ist auf vier Jahre angelegt.

«Mit zunehmender Trockenheit und Hitze infolge des Klimawandels wird die Beschattung immer wichtiger.»

Schon heute haben Winzerinnen und Winzer das Problem, dass die Trauben durch zu viel Sonne «überschiessen». Der Öchslegrad ist zu hoch, sprich: der Zuckergehalt in den Trauben. Die Schattenspender Ahorn, Wilder Apfel, Zitterpappel und Steinweichsel sollen helfen, dieses Problem zu lösen. Bäume im Rebberg bringen weiteren Nutzen: Ihre feinen Wurzeln gehen mit Pilzen Symbiosen ein («Mykorrhiza»). Darüber versorgen die Bäume die Rebstöcke zusätzlich mit Wasser und stärken deren Gesundheit.

Lukas Merkelbach ist Biologe und Projektleiter bei der MerNatur Naturschutzbiologie GmbH mit Sitz in Therwil. Das mittelständische Unternehmen führt und koordiniert das Biodiversitätsprojekt. Merkelbach erläutert: «Wir schaffen im Rebberg Restflächen und Strukturen für Wildtiere, fördern Wildblumen zwischen den Rebstöcken, indem wir schonend mähen und weniger Dünger einsetzen. Zudem lockern wir die Böden, um die typische, einjährige Rebbergflora zu fördern.»

NEUNTÖTER, ZAUNAMMER, WENDEHALS

EIN SCHMETTERLING ALS MASKOTTCHEN

Eine besonders positive Wirkung des Projekts ist die neue Vielfalt an Vögeln, erzählt Merkelbach. «Seltene Arten wie der Neuntöter, der Wendehals, das Schwarzkehlchen und die Zaunammer sehen wir heute wieder deutlich öfter im Rebberg als früher.»

Gleichzeitig baut man in der Nähe der Reben neue Trockensteinmauern und legt Asthaufen an. Auch dies fördert die Artenvielfalt, denn die Mauern und Asthaufen sind wichtige Nistplätze, zum Beispiel für Schlingnattern oder Wiesel, die Wühlmäuse jagen, welche die Rebstöcke schädigen. Mit dem Projekt fördern die Beteiligten auch die Verbindung zwischen dem Rebberg und dem umliegenden Wald. Zusammen mit dem Förster öffnen sie die Waldränder und gestalten sie naturnaher, erzählt Merkelbach. «Das ist für viele Insekten und Kleinlebewesen sehr wichtig.» Zum Beispiel für Schmetterlinge: Die Rostbinde, ein schöner, rostbrauner Schmetterling sei seither wieder viel öfter anzutreffen. Der Schmetterling dient als Maskottchen für das Projekt.

Solche Vögel und wiederentdeckte Insekten sind nicht nur schön anzuschauen, sondern sie unterstützen auch die Winzerinnen und Winzer im Alltag. «Mit der Kirschessigfliege, dem Japankäfer und invasiven Pflanzen nehmen die Herausforderungen im Weinbau stetig zu», sagt Dieter von Blarer. «Ich hoffe, dass wir mit dem Biodiversitätsprojekt Nützlinge fördern, die uns mittelund längerfristig helfen, mit neuen Schädlingen besser klarzukommen.» Samuel Schlaefli

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter www.rebberg-aesch.ch

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MEINUNG Regelmässig erhalten wir Post von unseren Leserinnen und Lesern. Zum Fokusthema im Magazin «22.zwei» erreichte uns ein besonders interessanter Brief. Hier ist er, samt der Antwort des Experten.

Arlesheim, 16.3.2023

Sehr geehrter Herr Wetterwald, sehr geehrter Herr Cosandey Es ist mir ein Anliegen, Ihnen zu schreiben und Ihnen meine Gedanken zum Fokusthema: «Verrückt: Die Politik hat zwei Züge Verspätung» im Magazin «22.zwei» zum Ausdruck zu bringen. Mittlerweile gehöre ich selber zu den Rentnern. Nach dem Handelsdiplom und wenigen Jahren bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank habe ich das Lehrerseminar besucht und bin dann als Primarlehrer fast ununterbrochen tätig gewesen – bis im Sommer 2022. Aus dem Interview mit dem Magazin auf Seite 9 möchte ich Folgendes zitieren: Frage: «Den Reformstau in der zweiten Säule gibt es seit zwei Jahrzehnten. Wie kann man ihn auflösen?» Antwort Herr Cosandey – ich zitiere: «Mehr Transparenz über die Quersubventionen! (...) Wir wissen, mit Ausnahme von 2021 fliessen pro Jahr fünf Milliarden Franken von den Jungen zu den Rentnern.» Dann weiter: «Auf dem Vorsorgeausweis der Versicherten könnte am Jahresende stehen: «So viel Geld geht an die Rentner aufgrund falscher technischer Parameter.» Die Ausdrücke «Quersubventionierung» und «Umverteilung» stossen mir sauer auf. Bestimmt fliesst viel Geld von den Jungen zu den Alten. Aber bevor das Geld in diese Richtung fliessen kann, fliesst es doch genau in die entgegengesetzte! Mir ist nicht bekannt, was ein Kind kostet. Ich gehe von mehreren Hunderttausend Franken aus. Abgesehen von Kleidern, Nahrung, Wohnen schlagen noch unglaublich viele Kosten zu Buche. Um nur ein paar aufzuzählen: Zahnspangen, Musikunterricht/Musikinstrument, Beitrag für die Lager der Schule, Mitgliedschaft in einem Sportverein – und die nötige Ausrüstung, Sackgeld, Ferien, Studium. Eine Familie investiert praktisch ihr ganzes Geld in den Nachwuchs. Hätten sie keine Kinder, könnten sie das Geld sparen, dann hätten sie im Alter mehr als genug. Das tun sie aber nicht – und ich sehe selten Familien, die sich darüber beklagen, was ihre Kinder kosten. Wieso sollten sich dann die Jungen über ihre Eltern und die Alten beklagen, von denen sie in ihren ersten zwanzig Lebensjahren durchgefüttert, bekleidet, gebildet und angemessen unterstützt wurden? Das verstehe ich nicht! Wenn also in Zukunft auf dem Vorsorgeausweis die Bemerkung: «So viel Geld geht an die Rentner aufgrund ...» angebracht werden soll, muss fairerweise auch der Hinweis stehen: «Bedenke, dass deine Eltern finanziell für alles aufgekommen sind, was du in deiner Kindheit und Jugend benötigt hast – bis du auf eigenen Beinen stehen konntest.» Das fände ich offen und ehrlich kommuniziert! In diesem Sinne grüsse ich Sie beide ganz herzlich und wünsche Ihnen alles Gute! Th. Kessler

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Zürich, 29.3.2023

Sehr geehrter Herr Kessler In dem Interview sprach ich über verborgene Geldströme zwischen Jung und Alt in der zweiten Säule. Die Darstellung empfinden Sie als einseitig und unfair. Natürlich haben Sie Recht: Kinder erhalten von den Eltern nicht nur emotionelle, sondern auch finanzielle Zuwendung – Gelder, die ihre Persönlichkeit und ihr Einkommen ein Leben lang prägen. Zu Beginn ihrer Erwerbsphase werden junge Menschen oftmals weiter durch die Eltern unterstützt, auch bei den Kosten für die Erziehung der eigenen Kinder. Und später erben die Jüngeren vielleicht einmal Kapital von ihren betagten Verwandten, nachdem sie sie zuvor eventuell gepflegt haben. Auch ausserhalb der Familie sind die Beziehungen zwischen den Generationen vielfältig. Viele Menschen leisten Freiwilligenarbeit zum Wohl von Jugendlichen, Erwachsenen oder Senioren. Der Staat stellt das Personal und die Infrastruktur für Bildung, medizinische Versorgung und Alterspflege. Alle Gruppen erhalten Leistungen. Finanziert werden sie durch Steuern, Krankenkassenprämien oder Lohnbeiträge. Diese wechselseitigen Beziehungen bezeichnen wir als Generationenvertrag. Was schuldet eine Generation der anderen? Und was erwarten sie voneinander? Diesen Vertrag empfinden wir als fair, wenn jemand übers ganze Leben hinweg etwa genauso viel erhält, wie er oder sie in den Vertrag investiert hat (privat sowie über staatliche Institutionen). Hätte die Altersstruktur der Schweizer Bevölkerung die Form einer ägyptischen Pyramide – unten breit, oben spitz –, würde der Vertrag gut funktionieren. Doch da gibt es die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer, die nun das Rentenalter erreichen. Darum gleicht die heutige Altersstruktur eher einer römischen Amphore: in der Mitte deutlich ausgebeult. Unsere Altersstruktur hat Konsequenzen für die Fairness des Generationenvertrags, vor allem in Bezug auf die Vorsorge. Angenommen, die künftigen beruflich aktiven Geburtsjahrgänge würden genauso viel oder wenig in den Vertrag investieren wie ihre Vorfahren. Dann wären die Ressourcen zu gering, um der wachsenden Zahl älterer Menschen ein Altern in Würde zu sichern. Und umgekehrt: Würden künftige Rentner die gleich hohen Leistungen wie ihre Vorfahren verlangen, wäre diese Forderung für noch spätere Generationen eine untragbare Last. Soweit zur ersten Säule. Die zweite Säule funktioniert bekanntlich anders: Jeder Versicherte spart mit dem Arbeitgeber für sich selbst Gelder an, die er samt Zinseszins bei der Pensionierung erhält. Natürlich braucht es auch in der zweiten Säule die Solidarität der Jüngeren mit den Älteren. Denn es gibt Schwankungen am Finanzmarkt, und manche Rentner haben ein schweres Schicksal. Die Solidarität darf jedoch nicht zur einseitigen Belastung für die jüngeren Generationen werden. Sprich: Die systemwidrige Umverteilung von Aktiven zu Rentnern sollte reduziert werden. Immer häufiger hören wir: «Die BVG-Renten müssen an die Inflation angepasst werden!» Doch man vergisst bei dieser Forderung, dass man dafür das Geld der Aktiven nehmen müsste. Die Aktiven von heute haben aber noch ein anderes Problem: Wenn die Zinsen für ihr Altersguthaben geringer sind als die Inflationsrate, schrumpft ihr Kapital ein weiteres Mal – und damit sinken ihre künftigen Renten. Es würde folglich den Generationenvertrag verletzen, die heutigen Renten wegen der Inflation zu erhöhen, wenn man nicht im gleichen Umfang die Altersguthaben der jetzt Aktiven stärkt. Also, ja: Es braucht einen fairen Schutz gegen die Inflation und eine faire Verzinsung der Guthaben. Aber für alle Versicherten – für die im Erwerbsleben wie für die, die schon pensioniert sind. Wir sehen: Der Generationenvertrag muss revidiert werden. Ich grüsse Sie freundlich. Jérôme Cosandey

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WETTBEWERB

Rätselspass

Noch nicht im Winterschlaf, trotz Schnee und Eis? Aufgepasst: Tatsächlich machen nur zwei der hier abgebildeten Tiere Winterschlaf. Welche beiden Tiere sind das? Und welche Tiere gehören eindeutig nicht in diese Schweizer Winterlandschaft? Und wo hat sich Bela, die Katze, versteckt? Schreiben Sie uns die Antworten an magazin@blpk.ch. Gewinnen Sie dreimal je eine Baselland-Card im Wert von 100 Franken. Einsendeschluss ist der 1.2.2024. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Viel Glück! Die Lösung des Bilderrätsels aus Magazin 22.zwei: Insgesamt rieselten 21 Schneeflocken vom Himmel und das Geschenk mit der Nummer 3 hat noch den Weg zum Samichlaus gefunden.

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Articles inside

Rätselspass

1min
page 40

Wo Steinweichsel und Zitterpappel wieder wachsen

6min
pages 36-39

Was wir unter Verantwortung verstehen

2min
pages 34-36

INFORMATIONEN FÜR VERSICHERTE Die Reform AHV 21

2min
pages 32-34

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

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RenditeRisiko-Profil

1min
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«Für mich steht der Mensch im Zentrum»

6min
pages 26-30

Ein Hoch auf das Unerwartete!

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pages 25-26

Das Raumschiff an der Schanzenstrasse

7min
pages 20-24

So sorge ich für inneren Ausgleich

1min
page 19

... andere Vorsorge

1min
pages 18-19

Risikoleistungen

1min
pages 17-18

Wenn der Wald zum Risiko wird

4min
pages 14-16

«Machen wir die Jungen fit für die Zukunft?»

9min
pages 8-13

Editorial

5min
pages 3-7
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