BIORAMA #98

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ES KOMMT ALLES ZURÜCK!

Die Abkehr vom Mehrwegsystem war nur ein kurzer Irrweg der Geschichte.

Komfort: Gemeinsam mit den Einwegverpackungen werden wir eine Menge Arbeit und Sorgen los. — 16

Sicherheit: Es wird Zeit, sich für Kunststoffe zu interessieren – und Informationen einzufordern.

Trost: Die Zeit nach der Rückkehr aus dem Urlaub ist manchmal einfach Käse, und soll es auch sein.

Aber ein gesunder Bio-Boden kann viel mehr. Er ist Lebensraum und Wasserspeicher in einem:

• Humusaufbau durch Gründüngung: Anbau von Pflanzen wie Leguminosen, die den Boden mit Nährstoffen versorgen und Bodenleben sowie Fruchtbarkeit fördern.

• Humusreicher Boden ist ein besserer Wasserspeicher: Schutz vor Dürre und Überschwemmungen.

• Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel fördert Biodiversität.

• Nützlinge statt Pestizide* : So hält man Schädlinge auf natürliche Weise in Schach.

Der Boden dankt es uns mit wertvollen BIO-Produkten. Gut für uns. Und die Natur natürlich.

* Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel

Gibt ,s nur bei:

DAS KRIEGST DU ZURÜCK

Das vielleicht Schönste an der Mehrweggeschichte ist, wie viele Menschen sie durch den Alltagskonsum in der eigenen Lebensspanne gut überblicken. Gemeint ist die Geschichte der Abkehr von einer selbstverständlichen Nutzung von Mehrwegverpackungen und der möglichst vielfachen Nutzung von Gegenständen und Material im Allgemeinen: Viele von uns haben den Abschied vom Einkaufskorb erlebt, und auch den vom Trinkglas und -becher im Großteil des Außer-Haus-Konsums, manche den von Zündholz und wiederbefüllbarem Feuerzeug, einige sogar den von der Füllfeder. Hier vereinzelt auf den entsprechenden »alten« Mehrweg-Pendants zu bestehen, galt eher als Spleen oder weltfremde Romantik – und war es mitunter auch. Im Getränkeverpackungsbereich hat, nachdem auch die Mineralwasserflaschen fast verschwunden waren, die Bierflasche einige Jahre als einsame Heldin den Platz warmgehalten. Aber irgendwann zwischen der Zeit, in der Filme mitsamt der Kamera nach der Entwicklung im Müll landeten und das Kilogramm Reisegepäck als mühsamer zu transportieren empfunden wurde, als sich im Urlaub mit Kleidung einzudecken, die vor der Heimreise wieder weggeworfen wird, entwuchs Secondhand der Nische und kehrten die Mehrweggebinde zurück. Was noch vor zehn Jahren vor allem laut Industrie und Handel nicht möglich und für die meisten von uns kaum mehr vorstellbar war, ist bei einigen Produktgruppen einfach Realität. Und das ist nur der Anfang …

Gute Lektüre wünscht, eure BIORAMA-Redaktion

Irina Zelewitz, Chefredakteurin zelewitz@biorama.eu

IMPRESSUM

HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORINNEN Georg Ander, Alessandra Dorigato, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Thomas Weber GESTALTUNG Stefan Staller ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Michael Mazelle, Thomas Weber DRUCK Walstead Leykam Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE BIORAMA 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien.

BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr. Zusätzlich erscheinen wechselnde BIORAMA-Line-Extentions.

PEFC-zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

PEFC/06-39-08

Ecolabel : AT/053/005

98 INHALT

Knappe Ressourcen und deshalb nötige Kreislaufwirtschaft bringen die Mehrweg-Idee zurück: digitaler, kooperativ und politisch gewollt.

03 Editorial

06 Bild der Ausgabe

08 LeserInnen

10 Street Talk

12 Global Village

16 Einweg war lange bequem Die Rückkehr der Mehrweg-Idee: digitaler, kooperativ und politisch gewollt.

22 Zuckerrohr und Maische Biobasiert, abbaubar oder beides. Was bringen Biokunststoffe?

26 Überfordernde Vielfalt Damit Kunststoffe zur Kreislaufwirtschaft beitragen können, müssen wir sie kennen.

33 Wintervitamine Marke Eigenbau

Es ist schade, wenn die Lust am Gärtnern nur im Frühling ausgelebt wird.

38 Formaggio gegen Fernweh

Fünf cremige, halbfeste oder weiche Käsesorten bringen italienische Vielfalt in die hiesigen Küchen.

42 Kochbuchempfehlung

Des Wahnsinns knusprige Beute.

46 Rezensionen Warnungen, Empfehlungen.

MARKTPLATZ

36 Marktplatz Schlaf

KOLUMNEN

48 Aus dem Verlag

50 Elternalltag

BIOPLASTIK

Biokunststoffe lösen nur in Nischen Probleme. Beim globalen Plastikverbrauch sind diese aber mitunter groß.

WINTERGEMÜSE

Gemüsegärtnern hilft, Grenzen zu überwinden – nicht nur die der klassischen Saisonen.

MARKTPLATZ SCHLAF

Cremen, Träumen, nix versäumen. Sechs Produkte zum schöner Einschlafen.

Aus Fladenbrot, Vollkornbrot oder Brioche werden im Handumdrehen kleine Mahlzeiten. 22 36 33 42

»TOAST IT!«

WAS WURDE AUS …

… der Bademodenkollektion von McDonald’s Österreich? Wie es der Zufall wollte, haben die Plastikstrohhalme bei McDonald’s Österreich die Corona-bedingten Schließungswochen des Winters 2020 nicht überstanden. Da sieht man, wohin Verbote führen. Die, die schon produziert waren und in offenbar recht überschaubarer Menge herumgelegen sind, wurden aber nicht einfach »thermisch verwertet« (verbrannt), sondern upgecycelt. Und zwar gemeinsam mit Meeresplastik zu Badeanzügen und -hosen, das könnte gut auch schon wieder die letzte Station im Zyklus dieses Materials sein. Fünf Jahre später ist ein Badeanzug reif fürs Museum – er ist Exponat in der Ausstellung »More than Recycling«, die seit 18. Juni 2025 und bis 30. Dezember 2026 im Technischen Museum Wien zu besuchen ist.

BILD: MCDONALD’S ÖSTERREICH

WIR MÜSSEN REDEN …

LeserInnen an und über uns –Mails, Tweets und hoffentlich Liebesbriefe an die Redaktion – und unsere Antworten.

BETRIFFT:

»KRIECHERL,

MIRABELLEN, RINGLOTTEN: DIE ETWAS ANDEREN PFLAUMEN«

auf biorama.eu

»Habe Ihre Website gelesen und möchte eine Korrektur anbringen zum Thema Mirabellen, Ringlotten, Kriecherl. Bin auf einem Bauernhof in der Südoststeiermark aufgewachsen, es gibt sehr wohl wurzelechte Ringlotten, also unveredelte – die Ursprungsform der Ringlotten. Leider wurden unsere Streuobstbäume und riesige Birnbäume gefällt, wir hatten auch sehr große Holzapfelbäume mit großen unveredelten Äpfeln und natürlich die Direktträger-Weintrauben, die im angrenzenden Burgenland Uhudler genannt werden. Leider sind inzwischen all die riesigen knorrigen Obstbäume verschwunden. Zumindest bis in die 1980er-Jahre sind sie noch gestanden. Bezüglich Ringlotten möchte ich auf eine Sortenbezeichnung aus dem Jahr 1878 aus Klagenfurt hinweisen, leider konnte ich auch diese wurzelechten Ringlotten bis jetzt nicht wiederfinden. Mit freundlichen Grüßen«

– GOTTFRIED KLEER, per Mail

Lieber Herr Kleer!

Vielen Dank, dass Sie uns Ihre Erinnerungen und Beobachtungen mitteilen. Zu den unveredelten Ringlotten sagen viele gerne »Kriecherl« – um die Bäume und ihr Obst zu unterscheiden, sind wir im Beitrag dieser verbreiteten Terminologie gefolgt. Wenn Sie uns allerdings einen Unterschied zwischen unveredelten Ringlotten und Kriecherln beschreiben können, holen wir gerne dazu weitere Expertise ein und berichten, sobald sie uns bestätigt wird, von uns bisher unbekannten Wildobstbaumwelten!

BETRIFFT:

»WINDKRAFT AKZEPTIEREN«

in BIORAMA Niederösterreich 15 (Frühling/Sommer 2025)

»Seit unglaublich langer Zeit bin ich ein großer Fan Ihres Magazins und freue mich immer sehr, wenn ich eine Ausgabe ergattere. Auch diesmal habe ich mich sehr gefreut und bin zum ersten Mal regelrecht entsetzt über diese NÖ-Ausgabe.

Ich kenne Ihr Magazin als (grundsätzlich) ehrlich. Diesmal habe ich nicht nur das Gefühl, sondern es springt tatsächlich ins Gesicht, dass Ihre Redaktion oder Ihr Verlag oder Ihre Mitarbeiter oder alle zusammen extrem viel Geld von der Windrad-Mafia bekommen haben. Es gibt nur Befürwortungen dieser extrem umstrittenen Energieform in Ihrer Ausgabe und die Fotos sind so schrecklich, dass mir schlecht wird. Öde Gegenden mit modernen Kasten-Häusern. Alles sauber und gepflegt (wie Natur nicht ist) und überall diese schrecklichen Riesen…

Gerade jetzt – bei uns im Pulkautal – will man uns die letzte halbwegs natürliche Natur zerstören und alles zupflastern – nur weil unsere (!) Natur noch nicht industriell oder touristisch ausgebeutet wird, sollen wenigstens diese Sondermüll-Giganten aufgestellt werden. Flächendeckend.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihr Magazin jemals wieder mit Freude lesen werde können und ich schicke Ihnen einen Segen mit dem Wunsch, dass Sie wieder unabhängig werden und sich auch täglich in den Spiegel schauen können.«

– INGRID EDERER, per Mail

WAS IST DEIN ÄLTESTER GEGENSTAND, DEN DU IMMER WIEDER FÜR EINEN ZWECK BENÜTZT, FÜR

SILVANA

46, öffentlicher Gesundheitsdienst

Seit wahrscheinlich zwanzig Jahren nutze ich ein und denselben weißen Leinenbeutel immer und immer wieder. Er wird immer wieder gewaschen und mit der Zeit habe ich ihn richtig liebgewonnen.

WOLFGANG

73, Pensionist

PIET

22, Student

Ich habe vor fünfzehn Jahren eine weiße Tasse selbst mit Blumen bemalt, die ich immer noch supergern für meinen Kaffee oder Tee verwende.

ELINA

35, Sachbearbeiterin Bürgerservice

In unserem Haushalt gibt es eine Butterdose von Tupperware, die uns meine Schwiegermutter irgendwann einmal geschenkt hat. Diese Box kann gut zwanzig Jahre alt sein. Sie ist unverwüstlich und wird sicher noch lang genutzt.

Ein bestimmter Gegenstand fällt mir so schnell leider nicht ein. Aber ich setze vor allem auf Kleidung, die sehr langlebig ist und aus natürlichen Rohstoffen. Besonders englische Hersteller haben eine exzellente Qualität und deren Lodenmäntel oder Pullover aus Schurwolle sind unkaputtbar.

ANNE

40, Kulturmanagerin

Ich nutze vor allem alte Marmeladen- oder Kompottgläser als Transportgefäße für Lebensmittel. Diese wandern dann fleißig zwischen meinem Zuhause und Garten hin und her und werden ausgewaschen und immer wieder befüllt.

SIMONA

63, Verwaltungsangestellte

Bei mir sind es die Tupper-Dosen. In einer transportiere ich meine Stulle auf Arbeit und in einer anderen lasse ich mir mein Mittagessen auf dem Wochenmarkt füllen. Die Verkäufer sind zugänglich und ich hatte noch keine Probleme mit mitgebrachten Boxen.

LUISE

16, Schülerin

Der älteste Gegenstand ist definitiv meine alte Brotbüchse, die ich seit der 1. Klasse nutze. Sie ist aus Plastik, rosa und bildet Meerestiere ab. Den passenden Schulranzen dazu habe ich auch noch, aber der wird natürlich nicht mehr getragen.

KLAGENFURT:

KUNSTSTOFFRECYCLING IM KLEINEN

Plasticpreneur macht es vielen möglich, Kunststoff im kleinen Rahmen zu recyceln und neue Produkte herzustellen.

Eine Reise nach Uganda hat Sören Lex auf seine Geschäftsidee gebracht: Kunststoffmüll müsste dort verarbeitet werden, wo er ist – wenn er schon nicht in den vorgesehenen Recyclingprozessen landet, die nicht überall gleich gut ausgebaut sind. Und so hat er mehrere kleinere Geräte entwickelt, mit denen vor Ort Kunststoff verarbeitet werden kann: einen Schredder, eine Spritzgussmaschine und einen Extruder. Damit das gut klappt, müssen die Kunststoffe vor der Verarbeitung sortiert werden, damit sie möglichst sortenrein sind. Mittlerweile ist Plasticpreneur ein Teil der Erema Group, die sich seit 40 Jahren vom oberösterreichischen Ansfelden aus um Markt- und Technologieführerschaft bei Recycling bemüht. Die ersten Maschinen sind schon verkauft, sowohl nach Afrika, etwa an Sozialunternehmen in Flüchtlingscamps, als auch in Europa. Hergestellt werden damit derzeit in erster Linie Alltagsgegenstände von Linealen über Schultaschen bis zu Wäschekluppen. Plasticpreneur arbeitet an der Weiterentwicklung seiner Maschinen, die ohne große Einschulung möglichst selbsterklärend genutzt werden sollen, und daran, dass bald noch ganz anderes damit produziert werden kann: Baustoffe wie Kunststoffziegel, aber auch Tischplatten, Regenrinnen oder Leitern. Eine neue Webplattform soll schon bald den Erfahrungsaustausch unter den NutzerInnen der Geräte von Plasticpreneur fördern. MARTIN MÜHL

plasticpreneur.com

WIEN:

MEHRWEG FÜR DIE GASTRONOMIE

And-less entwickelt mit der Gastronomie Mehrwegverpackungen und Logistiklösungen.

Seit 2022 arbeitet And-less – gemeinsam mit GastronomIn nen, Kantinen und auch Lieferservices – an Mehrweglösun gen, denn gerade in Großküchen fällt viel Müll aus Einweg verpackungen schon bei der Anlieferung an. Die »And-less XL« entspricht dem Standardmaß 1⁄2 Gastronorm, ist siegel fähig und lässt sich nahtlos in bestehende Küchenprozesse in tegrieren. Wie die kleineren Behälter ist auch sie spülmaschi nenfest, geeignet für Mikrowelle und Konvektomat – und sie lässt sich nicht nur mit einem Deckel verschließen, sondern auch immer wieder versiegeln. Gemeinsam mit den KundIn nen wird an Lösungen für die Logistik gearbeitet – und die gewonnene Erfahrung und das Feedback fließen in weitere Projekte. Zu den ersten PartnerInnen, die And-less im Ein satz haben, zählen Adventure Catering, die in Wien im Um feld Unternehmen mit Mittagessen beliefern, Velofood, die gemeinsam mit der Stadt Graz an Mehrwegsystemen für Lie ferservices arbeiten, oder auch die Tabakfabrik Linz, Eurest und Gourmet. Darüber, welche Rolle Bio bei der Essenszubereitung spielt, sagt die Verpackung natürlich nichts aus. Nach ihrer Lebensdauer sind die Mehrwegverpackungen komplett recycelbar. Das Start-up rechnet vor: Bei Nutzung von 5000 And-less-XL-Schalen mit je 250 Umläufen pro Jahr lassen sich rund 1.250.000 Einwegverpackungen und damit etwa 190–250 Tonnen Kunststoffabfall vermeiden. MARTIN MÜHL

and-less.at

Internationales Designfestival mit Ausstellungen, Workshops, Führungen und Diskussionen.

26.9.–5.10.

2025

EINTRITT FREI

FESTIVALZENTRALE

Wiedner Hauptstraße 52 1040 Wien

Mehr

Bio-Fahrräder!

Die großen Radhersteller bewerben Fahrräder ohne E-Motor neuerdings als Bio-Fahrräder. Seit zwei Jahren sind auch in Österreich mehr als die Hälfte der verkauften Räder E-Bikes. Offenbar führt das dazu, dem bisher Herkömmlichen, einen eigenen Namen zu geben.

Im Vergleich zu Autos besteht an der Bio-Qualität von Fahrrädern kein Zweifel. Das bisschen Kettenöl fällt nicht ins Gewicht. Dennoch kann beim Radkauf ein Unterschied gemacht werden. Stahlrahmen verursachen in der Herstellung weniger Treibhausgase, benötigen weniger Wasser, Material und Energie, als Rahmen aus Carbon oder Aluminium. Die schlechteste Umweltbilanz haben Carbonrahmen.

»Sehr ökologisch ist es, Räder lange zu fahren. WaffenradRadlerInnen sind die wahren HeldInnen.«

— Martin Blum, Radbeauftragter der Stadt Wien

Sehr ökologisch ist es, Räder lange zu fahren. Waffenrad-RadlerInnen sind die wahren HeldInnen. Die E-Mopeds auf Wiens Radwegen mit Gewichten jenseits der 60 kg sind das Gegenteil. Sie sind zu stark motorisiert, haben eine kurze Lebensdauer und lassen sich schlecht reparieren. Die Stadt Wien will sie nicht nur deshalb einschränken.

www.mobilitaetsagentur.at

WIEN:

UNTERWASSER-BIOMASSE

Wien hat ein paar Tonnen Wasserpflanzen übrig. Das Projekt Innowap beforscht, was man draus machen könnte.

3500 Tonnen Wasserpflanzen werden jährlich allein in Wien aus der Alten und der Neuen Donau entfernt – und 2000 Tonnen Schilf aus dem Neusiedler See, um der Verlandung entgegenzuwirken und vielfältige Lebensräume zu erhalten. »Geerntet« könnte man auch sagen, sobald diese Biomasse als Rohstoffe erkannt und entsprechend verwendet werden. »Nutzung von bislang unterschätzten Biomasseströmen« nennt das die Fachsprache – und diese werden nun im Projekt »InnoWAP« des Instituts für Chemie nachwachsender Rohstoffe der Universität für Bodenkultur Wien gemeinsam mit Projektpartnern wie unter anderem dem niederösterreichischen Biokunststoffpionierunternehmen Naku und dem oberösterreichischen Holzfaserkonzern Lenzing mit Mitteln der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) weiter ausgelotet.

Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass submerse Wasserpflanzen, wie sie aus der Donau bei Wien geholt werden, für die Weiterverarbeitung zu Papier und Verpackungsmaterial geeignet sind. Aufgrund der saisonalen Verfügbarkeit und der kurzen Faserlänge der Wasserpflanzen wird im Projekt auch langfaseriges Schilf untersucht, von dem am Neusiedler See beträchtliche Mengen zusammenkommen. Daraus sollen nun jeweils vor Ort Verarbeitungsprozesse aufgebaut werden, um Spezialpapiere, Textilfasern und Verpackungsmaterialien herzustellen. Bei Gelingen reduziert das Transport- und Lagerungskosten, schafft regionale Arbeitsplätze, trägt zur Biodiversität und über Renaturierung von Feuchtgebieten auch zum Hochwasserschutz bei. IRINA ZELEWITZ

ONLINE:

GEGEN DAS ÜBERSEHEN

Deutsche Dokumentarfilm-Festivals machen ihre Programmhighlights online zugänglich.

Dokumentarfilme sind eine eigene Form des Erzählens, keine Abbildung der Wirklichkeit, sondern ein Einblick in Perspektiven, ein Ausdruck von Stimmen, die mitunter schwer einordenbar sind und gern auch widersprüchlich. Sie sind oft höchst emotional und bieten »tiefgehende Einblicke in unbekannte Lebenswelten«, wie es Daniel Sponsel, Leiter des Dok.fest München und Initiator der neuen Plattform Dok@home, formuliert. Schon so manch Filmfestival hat eine Auswahl seiner Filme zugänglich gemacht für die Bildschirme abseits der Kinos, nun haben sich die Festivals Dokka Karlsruhe, Kasseler Dokfest, Lichter Filmfest Frankfurt International, Doxumentale Berlin und Dok.fest München zusammengetan und machen kuratierte Höhepunkte ihrer Programme als Online-Filmothek zugänglich.

Urlaub am Biobauernhof

Wo die Natur dein Gastgeber ist.

Derzeit nur für Interessierte in Deutschland. Dafür aber in Originalsprache mit deutschen und englischen Untertiteln und inklusive auf den Festivals aufgezeichneter Publikumsgespräche. Mit der ersten Auswahl wollen die KuratorInnen sich »gemeinsam für sozial und politisch relevante Themen einsetzen«, denen ihrer Meinung nach medial zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Zu sehen sind unter anderem »Fat Front« über nordeuropäische Body-Positivity-Aktivistinnen, »Sirens« über die erste rein weibliche Metal-Band aus dem Libanon oder »Zusammenleben« über Integrationskurse in Wien.

dok-at-home.de

MARTIN MÜH

urlaubambiobauernhof.info

©Daniel Gollner

EINWEG WAR LANGE BEQUEM.

Knappe Ressourcen und deshalb nötige Kreislaufwirtschaft bringen die Mehrweg-Idee zurück: digitaler, kooperativ und politisch gewollt.

TEXT

Thomas Weber

Die Rücklaufquote beträgt 99 Prozent. Sie fasst 0,7 Liter Mineralwasser oder Limonade, besteht aus klarem Glas, und in der Mitte geben eine Einschnürung und 230 Noppen sicheren Halt und garantieren – als Symbole der sprudelnden Perlen beim Aufschrauben – das Wiedererkennen. Als Normbrunnenflasche, als die sie 1969 gemeinsam von 142 deutschen Mineralwasserabfüllern eingeführt wurde, bleibt sie eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Denn viele der damaligen GenossenschafterInnen sind auch heute noch jene Familienbetriebe, die sich damals zusammentaten, um auf die Konkurrenz durch die Coca-Cola-Company zu reagieren, die in jenen Jahren verstärkt auf den deutschen Markt drängte.

Etwa eine Milliarde Perlenflaschen sind derzeit in Umlauf, zwei Drittel aus Glas (sie kursieren bis zu 50 Mal), ein Drittel aus PET (sie kommen auf bis zu 25 Umläufe). 97 Prozent aller Deutschen wissen heute beim Anblick einer

Perlenflasche, es handelt sich um ein Mehrweggebinde. Aktuell beträgt das Pfand 15 Cent pro Flasche. Damit ist die Perlenflasche – längst gibt es sie auch als Pet-Version – der Inbegriff von Mehrweg. »Die Perlenflasche gibt es eigentlich nur in Deutschland«, sagt Tobias Bielenstein, »das muss aber nicht so bleiben«. Bielenstein ist Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen und außerdem Vizepräsident des europäischen Mehrwegverbands. »Als größte genossenschaftliche Managerin eines Mehrwegpools in Europa haben wir derzeit viele Anfragen aus dem Ausland und tauschen uns mit KollegInnen in Österreich, Spanien und Frankreich aus«, sagt Bielenstein.

MEHR UND MEHR MÜLL

Die neue europäische Verpackungsverordnung PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) hat Bewegung in die Verpackungsbranche gebracht. Bis 2030 sollen alle Verpa-

In vielen Bioläden bereits üblich: die Rücknahme von Pfandflaschen für Speiseöl; entwickelt von Dotch aus Berlin.

ckungen auf dem EU-Markt wirtschaftlich sinnvoll recycelbar sein. Gleichzeitig soll der Einsatz von Neumaterialien verringert werden, der Verpackungssektor bis 2050 klimaneutral sein. Insbesondere die Förderung von Wiederverwendungs- und Nachfüllsystemen soll Verpackungsmüll vermeiden und reduzieren. Das Ziel ist Kreislaufwirtschaft und die Notwendigkeit offensichtlich: In der Europäischen Union liegt der Müll bei 187 Kilogramm pro Kopf und Jahr (Quelle: Eurostat). In Deutschland sind es sogar 227 Kilogramm. Wobei der Verpackungsmüll seit 2005 laut Statistischem Bundesamt um 21 Prozent gestiegen ist. Die von Politik und Wirtschaft lange forcierten freiwilligen Selbstverpflichtungen für mehr Mehrweg brachten keine Trendwende. In vielen europäischen Ländern gibt es heute gar keine Mehrwegsysteme. Selbst in Deutschland, wo es politisch schon lange ein Bekenntnis zu Mehrweg gibt, haben am Getränke- und Lebensmittelsektor nur wenige große Mehrwegsysteme überlebt. Neben dem Pool der Brunnengenossenschaft gibt es beispielsweise am Brauereisektor noch einige bewährte Poolflaschenformate sowie die ursprünglich aus der Molkereibranche stammenden MMP-Gläser. Stand das Kürzel MMP früher für »MilchMehrweg-Pool« (und in den 80er-Jahren standardisierte Glasformate für Milch und Joghurt), wurde MMP 2022 in »Mach-Mehrweg-Pool« umbenannt – und für eine breite Produktpalette an Lebensmitteln geöffnet.

NEUE MEHRWEGMODELLE, EIN VERBAND

An ihnen orientieren sich viele der neuen Mehrwegsysteme, die in den vergangenen Jahren in Deutschland erdacht und entwickelt wurden –einige davon von Start-ups, die ihre Problemlösungsansätze möglichst umfassend umsetzen wollen. Bereits 2020 gründeten 30 Personen –mehrheitlich VertreterInnen der Biobranche –auch eine gemeinsame Interessensvertretung: den Mehrwegverband. Mittlerweile vertritt dieser 90 höchst unterschiedliche Firmen. Einige von ihnen wollen Mehrweg im Außerhausverzehr und in der To-go-Gastronomie verankern (wie Recup/Rebowl, Vytal oder »Einfach Mehrweg«); manche wollen ganze Branchen erfassen (wie Dotch für Speiseöl oder Zerooo für Kosmetik und Pflegeprodukte), etablierte Einweggläser ersetzen (wie Circujar für Aufstriche und Pestos), endlich auch Trockenware in Kreislaufgebinde bringen (wie die Edelstahlbehälter von Circolution für Kaffee und Kakao oder »CU Mehrweg« für Süßigkeiten), andere wollen im Onlinehandel Kreisläufe schließen (wie »Hey Circle« mit seinen Versandboxen für E-Commerce-Anbieter) oder schlicht Mehrweg zurückbringen (wie die genossenschaftliche 0,75-Liter-Mehrwegflasche der »Wein Mehrweg eG« in Baden-Württemberg).

DIGITALISIERUNG UND SKALIERUNG

Fast alle der neuen Mehrweglösungen sind pfandautomatenkompatibel (Ausnahme: »Recup«), setzen auf Digitalisierung und Skalierung.

Noch gewöhnungsbedürftig: die Rückgabe von Mehrwegflaschen für Pflegeund Kosmetikprodukte. Die Pfandflaschen von Zerooo aus Hamburg nutzen bereits Marken wie Speick, Sodasan oder Denttabs.

»Mehrweg ist am Ende ein Werkzeug, um geschlossene Kreisläufe zu ermöglichen.«

Deutschland

Mehrwegverband

Deutschland

2020 v. a. von VertreterInnen aus der Biobranche gegründet, vereint der Verband mittlerweile 90 Unternehmen. mehrwegverband.de

Denn auch wenn die Anfangsinvestitionen groß sind: Je größer ein Pool und das Netzwerk der Verkaufs- und Rücknahmestellen, desto günstiger wird ein Mehrwegsystem. »Wir sehen nicht, wie teuer Einweg eigentlich ist«, sagt André Lang-Herfurth, Vorstand des Mehrwegverbands. »Wir haben die Verbrennungslogik verinnerlicht und rechnen die Logistik des Einsammelns, deren Kosten die Kommunen tragen, nicht ein. Es gab billiges Gas, billiges Plastik und lange war Einweg deshalb günstiger. Aber nachdem wir 80 Jahre lineare Lösungen forciert und Einweg bis zum Exzess durchgespielt haben, müssen wir wieder zur zirkularen Lösung zurück«.

Kostentreiber in Mehrwegsystemen sind die Rückführung und die Reinigung der Gebinde. Denn Voraussetzung für einen funktionierenden Pfandkreislauf mit einer vertretbaren Rücklaufquote ist eine Rückgabeinfrastruktur, die es möglichst aufwandsarm möglich macht,

große Mengen zurückzunehmen. Digitale Standards erleichtern die Rückgabe am Automaten. Der Mehrweglobbyist André Lang-Herfurth ist selbst beim Berliner Start-up Sykell beschäftigt, das mit »Einfach Mehrweg« ein Mehrwegsystem für Frischetheken betreibt, das u. a. bei Rewe Deutschland im Einsatz ist. »Momentan haben wir am meisten Drehung an den Salatbars«, sagt Lang-Herfurth. Hinter Einfach Mehrweg steckt eine firmeneigene ERP-Software, die auch für andere Poolingsysteme genutzt wird. Insgesamt sei man »materialagnostisch«: »Mehrweg ist am Ende ein Werkzeug, um geschlossene Kreisläufe zu ermöglichen«, so Lang-Herfurth. Dabei geht es um »Monomaterialströme« aus standardisierten Materialien, die lange zirkulieren und sich schließlich auch gut wiederverwerten lassen. »In der Praxis gibt es aktuell viel zu viel Vielfalt bei Verpackungsmaterialien und kaum Monomaterial und wir rechnen uns durch Kunstbegriffe wie ›thermisches Recycling‹ – also Verbrennung – die Quoten schön«, so André Lang-Herfurth.

VORBILDLICH: DIE EINWEGSTEUER IN TÜBINGEN

Um Mehrweg zu fördern, fordert die Deutsche Umwelthilfe seit 2014 eine bundesweite Abgabe auf Einwegverpackungen. Diese scheint zwar nicht in Reichweite, doch einzelne Kommunen haben zumindest für Take-away-Verpackungen Tatsachen geschaffen. Bereits seit Anfang 2022 erhebt die Universitätsstadt Tübingen (92.000 EinwohnerInnen) eine Steuer auf Einwegver-

packungen für Speisen und Getränke. Pro Einwegverpackung müssen der/ die HändlerIn bzw. das Restaurant 50 Cent an die Stadt Tübingen abführen. Für jedes Einwegbesteck sind außerdem 20 Cent fällig. Ob die Betriebe die Verpackungssteuer an ihre KundInnen weitergeben, bleibt ihnen überlassen. Rund eine Million Euro kamen so seither jedes Jahr in die Stadtkasse, aus der gleichzeitig Mehrwegsysteme gefördert werden. »Das Müllaufkommen in öffentlichen Mülleimern ist spürbar und sichtbar weniger geworden«, sagt Tobias Staufenberg von der städtischen Stabstelle Umwelt- und Klimaschutz. Die Verpackungssteuer habe sich als Katalysator für die Verbreitung von Mehrweggeschirrsystemen erwiesen. »Neben dem Angebot der Betriebe nutzen viele Menschen auch eigene Mehrwegbehältnisse wie die ›Vesperdose‹«, sagt Staufenberg.

Anfang 2025 gaben bei einer Onlineumfrage, an der 30 Betriebe aus Tübingen teilnahmen, 73 Prozent an, verglichen mit 2019 weniger Einwegverpackung zu nutzen (im Mittel um mehr als 60 Prozent weniger). 27 Prozent gaben an, gleich viele Einwegverpackungen auszugeben, nur ein Betrieb verwendete mehr als 2019. 2019 wurde deshalb als Vergleichszeitraum gewählt, weil durch die Pandemie Einweg- und Take-away besonders forciert wurde. Ein Vergleich mit 2020 und 2021 wäre daher nicht aussagekräftig.

Die Tübinger Verpackungssteuer war durchaus umstritten. Erst im Januar 2025 wurde sie nach einem mehrjährigen Rechtsstreit und der Klage der Betreiberin einer Tübinger McDonald’s-Filiale vom Bundesverfassungsgericht in letzter Instanz für rechtmäßig erklärt. Die Niederlage für den Fast-Food-Filialisten ist ein Erfolg für die Kreislaufwirtschaft. »Und ein Erfolg für die kommunale Selbstverwaltung«, meint Tobias Staufenberg. »Wir freuen uns, dass wir auf einem guten Weg sind und dass es uns nun auch andere Kommunen gleich tun können.«

EINWEG STEUERN, MEHRWEG FÖRDERN

Bereits kurz vor dem obersten Gerichtsentscheid hat auch die Stadt Konstanz eine Einwegsteuer eingeführt. Auch in der 85.000 EinwohnerInnen zählenden Stadt am Bodensee war

Hinter den »Einfach Mehrweg«-Gebinden (die z. B. an Frischetheken und Salatbars bei Rewe im Einsatz sind) steckt die ausgeklügelte Software des Start-ups Sykell.

sie umstritten. »Politisch war die Steuer schwierig durchzusetzen und wurde heftig diskutiert«, sagt Helge Kropat, für Steuern zuständiger Abteilungsleiter der städtischen Kämmerei. »Als es darum ging, die Idee einer Verpackungssteuer zu prüfen, waren noch 95 Prozent aller StadträtInnen dafür. Die tatsächliche Einführung hatte nur eine hauchdünne Mehrheit.« Auch bei der Gemeinderatswahl Ende 2024 wurde von den Parteien rechts der Mitte noch einmal versucht, die Verpackungssteuer zu kippen. Erfolglos. Die Steuer selbst – sie betrifft annähernd 300 Betriebe – nennt der Kämmerer nun »definitiv erfolgreich«. Wie viel sie der Stadtkasse wirklich bringen wird, muss sich erst zeigen. Bis Mitte Januar 2026 haben die Betriebe Zeit, die Steuer spätestens abzuführen. »Wir sehen uns als Dienstleister«, sagt Kropat, »für die Firmen soll sie gut praktikabel sein. Wenn die Zahlen für uns

»Wir wollen schon ganz bewusst wehtun und die Leute zum Umdenken motivieren.«
Helge Kropat, Kämmerei Konstanz

schlüssig sind – jeder von uns hat ja auch eine Selbstwahrnehmung beim Einkaufen als Kunde – dann werden wir sie akzeptieren«, sagt Kropat. Hauptgrund sei schließlich die Lenkung, nicht die Steuereinnahmen, die – wenn alles gut läuft – ohnehin von Jahr zu Jahr sinken werden. Mit 300.000 bis 600.000 Euro werde vorerst jährlich gerechnet. In etwa dieselbe Summe soll in Mehrwegförderung fließen, mit der Vereine und

NEUE MEHRWEGSYSTEME

Recup / Rebowl

Pionier der neuen Mehrwegpfandsysteme für Getränke (Cup) und Speisen (Bowl) mit 20.000 Partnerbetrieben in Deutschland und Österreich. Europaexpansion. recup.de

Vytal

Mehrweggebinde von Vytal werden via App ausgeliehen. 7000 Partner, darunter Lieferando, Kantinen, Supermärkte und Festivals. vytal.org/de

Dotch

Vor allem im Biohandel kursieren die 500.000 mit Speiseöl gefüllten Dotch-Flaschen (unter anderem die von Bio Planète und Mani Bläuel). Ziel 2026: 1 Mio. Flaschen und der konventionelle Handel. dotch.de

Einfach Mehrweg

Sykell aus Berlin hat nicht nur das Take-awayMehrwegsystem Einfach Mehrweg für Frischetheken (u. a. bei Rewe) entwickelt, sondern auch eine Mehrweg-Softwarelösung. einfach-mehrweg.com

Circolution

Die Edelstahlbehälter als Mehrweggebinde für Kaffee und Trockenware des Start-ups aus Frankfurt am Main sind mittlerweile u. a. bei Nestlé im Testlauf. circolution.com

CU Mehrweg

Mehrwegkunststoffboxen aus Mannheim bringen bereits Verpackungen von Bohlsener Mühle, Sunflower Family, Seeberger und Haribo an Pfandautomaten zurück. cu-mehrweg.com

Circujar

Mehrwegsystem aus Glas für Aufstriche, Muse, Honig und Suppen (u. a. von Gut Krauscha und Wünsch Dir Mahl); bislang vor allem im Biohandel und Unverpackt-Läden. circujar.com

Wein Mehrweg EG

14 GenossenschafterInnen aus Baden-Württemberg (die über 5 Prozent der deutschen Rebfläche verfügen) setzen gemeinsam auf eine neue 0,75-LiterMehrwegweinflasche. wein-mehrweg.de

Zerooo

Bislang einziges Mehrwegsystem mit offenem Gebindepool für Kosmetik- und Drogerieprodukte; kürzlich mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2025 ausgezeichnet. In den digital via Lasergravur signierten Pet-Mehrwegflaschen sind bereits Produkte von Speick, i+m Naturkosmetik, Sodasan, Denttabs, 4peoplewhocare und Sea Me erhältlich.

Hey Circle

zerooo.com

Münchner Firma, die Mehrweg im Onlinehandel verankern möchte. Kooperiert u. a. mit der österreichischen Post (für deren wiederverwendbare Verpackung »Post Loop«). heycircle.de

Betriebe bei der Anschaffung von Mehrwegsystemen unterstützt werden. »Wir wollen schon ganz bewusst wehtun und die Leute zum Umdenken motivieren«, sagt Helge Kropat. Einerseits sollen die Kunden zum Mitbringen von Mehrwegverpackungen animiert werden, andererseits sollen die Betriebe überwiegend Mehrweg anbieten. »Wenn das richtig greift, sinken die Kosten für die tägliche Leerung des Mülls«, vermutet der Kämmerer. Derzeit werden erste Zahlen von der Universität Konstanz und der Fachhochschule ermittelt und evaluiert.

Die Ergebnisse dürften auch für andere deutsche Städte interessant sein. Denn laut Deutscher Umwelthilfe interessieren sich bereits 144 Kommunen für die Einführung einer Verpackungssteuer. Darunter Städte wie Bonn, Bremen, Freiburg und Köln. In neun Städten gibt es sogar bereits entsprechende Beschlüsse. Möglich, dass es mittelfristig zu Chaos führt, wenn jede Stadt ihre eigene Steuer auf Verpackungen erhebt. Die Deutsche Umwelthilfe fordert nach wie vor eine bundesweit einheitliche Lösung. »Solange es diese nicht gibt, begrüßen wir das Vorangehen einzelner Kommunen, über Verpackungssteuern zu weniger Einwegmüll zu kommen«, sagt Dolores Birk, Referentin für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, und schließt: »Städte wie Tübingen und Konstanz zeigen, dass es funktioniert.« »Irgendwann braucht es wohl eine bundesweite Regelung«, meint auch Mehrweg-Lobbyist André Lang-Herfurth. Bis dahin bringt jedenfalls auch das Vorpreschen einzelner Städte die von ihm vertretenen Start-ups weiter.

Wobei Tobias Bielenstein von der Genossenschaft Deutscher Brunnen fürchtet, dass sich manche von ihnen schwerer tun könnten, als nötig – genau weil sie unternehmerisch ausgerichtet sind. Seiner Einschätzung nach hätten es Genossenschaften wesentlich leichter: »Vielen neuen Mehrwegsystemen, die Unternehmen sind, fehlt ›die Weisheit der Vielen‹.« Ihnen fehle der Vorteil, dass verschiedene SpielerInnen – oft auch MitbewerberInnen – gemeinsam an einem Tisch sitzen, sich auf Sinnvolles einigen und danach gemeinsam für größtmögliche Breite und Akzeptanz sorgen. Zumindest bei der Perlenflasche hat sich die gemeinsame Branchenlösung jedenfalls bewährt. Immerhin seit bald 60 Jahren.

Bio-Genuss von SPAR Natur*pur

Langjährige Partnerschaften, echter Geschmack:

SPAR Natur*pur Bio-Skyr-Drinks und Bio-Rahmkefir von österreichischen Familienbetrieben im Kühlregal.

SPAR setzt seit der Gründung im Jahr 1954 auf die gute Zusammenarbeit mit heimischen Produzent:innen. Im Bio-Bereich verbindet SPAR Natur*pur seit über 30 Jahren bereits höchste Bio-Qualität mit regionaler Verwurzelung. Rund 1.300 Bio-Produkte von SPAR Natur*pur finden sich im Sortiment. Doch hinter dieser Zahl stehen Menschen, Höfe und Geschichten, die zeigen, wie Bio-Lebensmittel entstehen, wenn Handel und Landwirtschaft auf Augenhöhe zusammenarbeiten. SPAR fördert gezielt kleinstrukturierte, regional verankerte BioBetriebe, die im Einklang mit der Natur wirtschaften – für Produkte, die Verantwortung für Umwelt, Tierwohl und regionale Wertschöpfung übernehmen. Zwei neue Produkte zeigen eindrucksvoll, wie langjährige Partnerschaften mit österreichischen Familienbetrieben zu innovativen Lebensmitteln direkt aus der Region führen: die SPAR Natur*pur Bio-SkyrDrinks aus Kärnten und der SPAR Natur*pur Bio-Rahmkefir aus dem Innviertel.

Der SPAR Natur*pur Bio-Rahmkefir überzeugt mit seinem erfrischenden Geschmack und seiner mild cremigen Konsistenz – Löffel für Löffel.

Was beide Produkte auszeichnet? 100 % österreichische BioMilch, traditionelle Herstellung, ohne Zuckerzusatz – und Menschen, die mit Leidenschaft für Tier, Natur und Region arbeiten. In Spittal an der Drau verarbeitet die Kärntnermilch feinste Bio-Wiesenmilch von kleinstrukturierten Bio-Bauernhöfen, wie von Familie Borchardt in Wernberg, zu den neuen SPAR Natur*pur Bio-Skyr-Drinks in den Sorten ApfelBeere und Multifrucht. Im Rahmen der Zuckerreduktionsoffensive von SPAR wurde bereits von Anfang an auf Zuckerzusatz verzichtet und auf die natürliche Süße der Früchte sowie Bio-Wiesenmilch gesetzt. Gleichzeitig bringt SPAR Bio-Kefir ins Sortiment: Der SPAR Natur*pur Bio-Rahmkefir, hergestellt von der Molkerei SEIFRIED im oberösterreichischen Aspach, überzeugt mit mild-cremiger Konsistenz und erfrischendem Geschmack zum Löffeln. Die Milch stammt von regionalen Bio-Betrieben wie jenem der Familie Gittmaier aus Eberschwang.

www.spar.at

TEXT

Martin Mühl

ZUCKERROHR UND MAISCHE

Biokunststoffe können nur in Nischen Probleme lösen. Aber wenn es um den globalen Plastikverbrauch geht, sind diese Nischen mitunter ziemlich groß.

Die Suche nach »Biokunststoffen« als Alternative zu konventionellen Kunststoffen ist – wie so oft – zumindest in gewisser Hinsicht ein Schritt zurück zu Anfängen: Lange bevor Kunststoffe auf Basis von Erdöl entwickelt wurden, nutzten etwa die Maya bereits ab 1500 Naturkautschuk und Latex zur Herstellung von Behältern und zur Abdichtung von Kleidung. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts machte Charles Goodyear aus Kautschuk unter Hitzeeinwirkung und in Verbindung mit Schwefel Gummiprodukte. Der Brite Alexander Parkes präsentierte Parkesine und dann der Amerikaner John Wesley Hyatt Zelluloid, hergestellt aus Zellulose, also pflanzlichen Zellwänden. Dies wurde ab 1870 massenhaft in Druckgusstechnik hergestellt, gilt als das erste Thermoplast – also ein Stoff, der sich ab einer bestimmten Temperatur leicht formen lässt –und sollte Naturprodukte wie Elfenbein, Bernstein, Perlmutt oder Ebenholz ersetzen.

ALLE 20 JAHRE VERDOPPELT

Ab den 1920er-Jahren ging es mit der Entwicklung von synthetisch hergestellten Polymeren und den dafür nötigen chemischen Prozessen flott: Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol, Polyester und bald Teflon wurden entwickelt. 1953 bekam Hermann Staudinger für seine Arbeit in der Polymerchemie den Nobelpreis. Man geht davon aus, dass zwischen 1950 und 2015 rund 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert wurden – die Hälfte davon in diesem Jahrtausend. 2011 lagen wir bei 221 Millionen Tonnen, 2021 bei etwa 391 Millionen Tonnen. Prognosen sagen, dass sich die Kunststoffproduktion aktuell weiterhin alle 20 Jahre verdoppelt. Derzeit liegt man bei rund 400 Mio. Tonnen pro Jahr. Die Kunststoffproduktion ist eine massive Ursache von CO2-Emissionen und nicht nur die sogenannten Ewigkeitschemikalien sind schwer abbaubar. Kunststoff wurde so entwickelt, dass er möglichst langlebig ist und ist nicht nur in Form von Mikro- und Nanoplastik ein Problem. Er ist aber aus Medizin, Freizeit und allen anderen Lebensbereichen nicht wegzudenken.

Ein langsam erwachendes Umweltbewusstsein führte ab den 1980er-Jahren dazu, dass die Beschäftigung mit Biokunststoffen wieder

»Man muss unterscheiden, wo die Herstellung aus biobasierten Stoffen oder die Abbaubarkeit überhaupt ein Vorteil sind – und wo nicht.«
— Carolin Völker, Institut für sozial-ökologische Forschung Frankfurt a. M.

stieg – ihr Anteil liegt heute bei rund 1 % der global erzeugten Kunststoffe. Eine Schwierigkeit in der Diskussion von Biokunststoffen ist, dass unter diesem Begriff Verschiedenes zusammengefasst wird: Kunststoffe auf Basis von nachwachsenden, organischen Ausgangsmaterialien, alle Kunststoffe, die organisch abbaubar sind – auch jene auf Basis von Erdöl –, und Kunststoffe, auf die beides zutrifft. Wer von Biokunststoffen spricht oder schreibt, muss also immer definieren, was gemeint ist. Kunststoffe aus organischen Stoffen herzustellen, hat den Vorteil, dass weniger Erdöl dafür gebraucht wird. Abbaubare Stoffe haben den Vorteil, dass diese, wenn sie in die Umwelt gelangen und nicht wie vorgesehen im Kreislauf bleiben, dort zumindest weniger Schaden anrichten. Grundsätzlich ist es so, dass in den vergangenen Jahrzehnten gerade daran gearbeitet wurde, dass Kunststoffe möglichst lange halten und stabiler werden. Sie binden bei ihrer Herstellung auch CO2 und sollten dies, einmal hergestellt, vielleicht auch möglichst lange tun.

WORAUS?

Die mengenmäßig wichtigsten Rohstoffe für biobasierten Kunststoff – gemessen an der weltweiten Produktionsmenge – sind heute Mais, Zuckerrohr und zellulosehaltige Biomasse wie Holz. Zuckerrohr ist dabei besonders bedeutend für die Herstellung von Bio-Polyethylen (Bio-PE), das weltweit einen großen Anteil der biobasierten Kunststoffe ausmacht. Maisstärke dient vor allem als Ausgangsstoff für die Produktion von Polylactid (PLA), einem weit verbreiteten Kunststoff in Verpackungen und

Damit, welche Schäden an Mensch und Natur es anrichten kann, wenn die Chemikalien aus der Teflonproduktion in die Umwelt gelangen, hat sich auch Hollywood in prominenter Besetzung beschäftigt. Auf Basis eines im »New York Times Magazine« erschienenen Artikels entstand der Thriller »Dark Waters« (2019, auf Deutsch »Vergiftete Wahrheit«) von Todd Haynes, mit Mark Ruffalo in der Hauptrolle.

»Die biobasierten Kunststoffe sind zum Teil sogenannte ›Drop-in Chemicals‹, also Polymere, die absolut ident sind mit den rohölbasierten Kunststoffen.«

Einwegartikeln. Zellulose, gewonnen aus Holz oder anderen pflanzlichen Abfällen, wird vor allem für technische Anwendungen und Spezialkunststoffe verwendet. Aus diesen Rohstoffen wird in einem chemischen Prozess, der der Herstellung gewöhnlichen Kunststoffs sehr ähnlich ist, biobasierter Kunststoff – kurz oft Biokunststoff.

ALTE UND NEUE PROBLEME

Man muss bei Biokunststoffen, deren Produktion und Einsatz, eine Menge kritische Anmerkungen machen – die sich auch bei aller technologischen Entwicklung nur schwer ändern lassen: Ein Problem ist, dass der Anbau organischen Ausgangsmaterials in einer Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln steht.

Mais ist einer der wichtigsten Rohstoffe für biobasierte Kunststoffe. Dort, wo nicht mit Restströmen gearbeitet wird, gibt es Konkurrenz um die Anbaufläche.

Hier könnte es helfen, dass daran geforscht wird, Neben- und Restströme etwa aus der Lebensmittelproduktion für die Herstellung von Kunststoffen zu nutzen. Ein anderer Kritikpunkt ist, dass es keine einheitliche Definition für organisch abbaubare Stoffe gibt und mitunter auch jene als organisch abbaubar gelten, die dies nur unter bestimmten – industriellen – Bedingungen, etwa die benötigte Temperatur betreffend, sind. Und auch Biokunststoffe müssen, um bestimmte Eigenschaften zu haben, chemische Prozesse unterlaufen oder mit zusätzlichen Stoffen gemischt werden, um für ihre Zwecke eingesetzt werden zu können. So wie die mittlerweile vielfach verbotenen Weichmacher. Diese Additive sind dann in vielen Fällen wieder nicht biologisch abbaubar. Und Mischstoffe generell meist schwieriger zu recyceln. Carolin Völker vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main war Teil des jungen Forschungsprojekts »PlastX« gemeinsam mit der Goethe-Universität, sieht vor allem in der begrifflichen Unschärfe eine Gefahr: »Biokunststoffe bezeichnen sehr unterschiedliche Materialien – das kann durchaus zu Greenwashing führen, wenn nicht genau beschrieben wird, wovon man spricht. Man muss unterscheiden, wo die Herstellung aus biobasierten Stoffen oder die Abbaubarkeit überhaupt ein Vorteil sind – und wo nicht.« Sie kennt hier durchaus Einsatzzwecke, wie die effizientere Ausbringung von Pestiziden in der Landwirtschaft, ist aber auch überzeugt, dass manche Erwartungen überzogen sind: »Es wird keinen Superkunststoff geben, der alle Erwartungen erfüllt. Es muss weiter daran gearbeitet werden, den Einsatz zu überdenken und etwa für Einwegkonsum im Onlinehandel andere Lösungen zu finden.«

Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen entwickeln derzeit einige praktische Einsatzgebiete von Biokunststoffen: Ein Beispiel dafür ist die Medizin. Manche Kunststoffe sind im Körper abbaubar. So können etwa Medikamente im Körper an bestimmte Stellen transportiert werden, bevor deren Hüllen sich dort zersetzen. Außerdem können Wunden im Körper mit Stoffen genäht werden, deren Nähte sich auflösen, oder Knochenbrüche mit Kunst-

WAS BRINGT DAS »BIO« IM PLASTIK?

Damit Biokunststoffe zur Kreislaufwirtschaft beitragen können, müssen wir sie – und andere Kunststoffe – kennen und überblicken lernen, sagt die Biologin Lisa Zimmermann.

INTERVIEW

BIORAMA: Die Hoffnungen, die in Biokunststoffe gesetzt werden, sind groß. Zu Recht?

LISA ZIMMERMANN: Unter Biokunststoffen werden unterschiedliche Dinge zusammengefasst. Einerseits biobasierte Kunststoffe aus aus erneuerbaren Rohstoffen wie Mais oder Zuckerrohr. Aber auch biologisch abbaubare, fossile Kunststoffe – die unter gewissen Umständen in der Umwelt die unter gewissen Umständen in der Umwelt zu CO2, Methan, Biomasse und Mineralsalze zersetzt werden. Ein Biokunststoff kann auch beides sein, biobasiert und biologisch abbaubar.

Ihre Sorge gilt den Umständen?

Biologisch abbaubar bedeutet meist, der Kunststoff ist unter industriellen Bedingungen abbaubar – bei bestimmter Temperatur und Feuchtigkeit, wenn bestimmte Mikroorganismen präsent sind und der Kunststoff lange genug dort verbleibt.

Dazu muss er erfolgreich erkannt werden und die Infrastruktur vorhanden sein, damit er in eine entsprechende Anlage gelangt?

Ja. Und die Trennung von anderen Kunststoffen muss erfolgreich funktionieren, damit biologische Abbaubarkeit erreicht wird. Sie ist aber auch notwendig, damit Recycling möglich

wird, derzeit werden ja nur sehr wenige Kunststofftypen recycelt. Biokunststoffe oft einfach die vorhandene Recycling-Infrastruktur, denn die ist auf einzelne konventionelle Kunststoffe ausgelegt. Auch wenn es technisch möglich ist, die Stoffe zu trennen, heißt das noch lange nicht, dass die Abfallströme in der Praxis schon so funktionieren.

Sind trotzdem jene Kunststoffe, die beides sind, biobasiert und biologisch abbaubar, automatisch die vielversprechenden –etwa PLA?

Im Fall von PLA trifft beides zu. Sein Vorteil ist neben der nicht-fossilen Herkunft die vergleichsweise breite Anwendbarkeit, dort, wo Kunststoff nicht so belastbar sein muss. Ein Nachteil ist, dass er bei höheren Temperaturen weich wird, das heißt, für heiße Anwendungen ist er nicht so geeignet. Und ein zweiter, dass er spröde ist. Das kann dazu führen, dass relativ viele Chemikalien zugesetzt werden, damit er flexibel oder auch belastbar wird.

Warum ist Biokunststoff häufig genauso gefährlich wie erdölbasierter – wenn er doch gar kein Kunststoff ist? Liegt das an den Additiven?

Das liegt an den Chemikalien. An den absichtlich zugefügten – den sogenannten Additiven –

und den nicht absichtlich zugesetzten Stoffen. Das können etwa Abbauprodukte sein oder Verunreinigungen, die will man da eigentlich nicht drin haben. Doch selbst bei den gewollten Additiven sind manche getestet, andere nicht – und selbst solchen, von denen man weiß, dass sie schädlich sind, werden trotzdem benützt.

Die Additive kennt zumindest der Produzent, der sie hinzufügt – die EndverbraucherInnen aber nicht – denn sie werden nicht publik gemacht, auch wir WissenschafterInnen kennen sie nicht.

Ganz zu schweigen von Substanzen, von denen man gar nicht weiß, dass sie vorhanden sind, weil sie als Reaktionsprodukt entstehen, teilweise ohne dem Hersteller bekannt zu sein.

Was wir wollen, ist ein Kunststoff, bei dem man weiß, dass er in seiner Zusammensetzung sicher ist und keine schädlichen Auswirkungen hat. Derzeit sind aber in vielen Kunststoffen Stoffe enthalten, die schädlich sind.

Wenn sie in die Umwelt gelangen, haben aber doch fast alle Kunststoffe, die wir derzeit entwickelt haben, potenziell schädliche Auswirkungen, was könnte also ein Ziel sein?

Das Ziel kann nur das große sein, das Pferd von hinten aufzuzäumen, nämlich Vermeidung.

Sie forschen im Bereich Lebensmittelverpackung – was soll man machen, wenn man auf Kunststoff verzichten will?

Unverpackt einkaufen, zum Beispiel regionale Produkte vom Markt. In Edelstahl oder Glas verpackte Produkte bevorzugen und hier am besten auf Mehrweg setzen. Es gibt keine einfacheren Lösungen.

Und dort, wo das nicht möglich ist, müssen Kunststoffe zum Einsatz kommen, die gut getestet sind und alle anderen dürfen nicht zugelassen werden?

Genau, wir gehen aber noch weiter und raten, dass das finale Produkt getestet sein muss. Also nicht nur einzelnen Chemikalien, die dem Kunststoff absichtlich zugesetzt werden, wie Weichmacher oder Farbstoffe. Denn neben diesen Additiven gibt es auch Chemikalien, die unabsichtlich in dem Produkt vorhanden sind. Nur durch Testen des finalen Produktes kann dafür gesorgt werden, dass dieses mit seinem ganzen

»Nur durch Testen des finalen Produktes kann dafür gesorgt

werden, dass dieses mit seinem ganzen Chemikaliencocktail sicher ist. Und das sollte in der Verantwortung des Herstellers liegen.«

Chemikaliencocktail sicher ist. Und das sollte in der Verantwortung des Herstellers liegen.

Mit sicher meinen Sie, sicher während des Gebrauchs für den Menschen – und nicht 200 Jahre später?

Ja. Das Ziel muss lauten, dass man sich keine Gedanken darüber machen muss, was 200 Jahre später mit etwas passiert, das man nicht mehr braucht, weil man es in einen Kreislauf zurückführen kann und es nicht in die Umwelt gelangt.

Braucht es dazu eine Reduktion der Anzahl der im Umlauf befindlichen Kunststoffe und Zusätze? Recycelbarkeit braucht auch diese Übersichtlichkeit, oder?

Je weniger Zusatzstoffe wir verwenden, desto einfacher wird das Recycling, und auch je weniger Polymer-Grundmaterial – also etwa PE, PP oder PET. Es braucht eine Liste der Kunststoffe wie der Chemikalien, die wir im Einsatz haben wollen – dann kann effizientes Recycling passieren.

Sie rechnen nicht damit, dass biologische Abbaubarkeit den großen Beitrag zur Lösung des Kunststoffproblems leisten wird, sondern auf Materialebene eher Rezyklierbarkeit und der Umbau auf Systeme, die dafür sorgen, dass Kunststoffe im Kreislauf gehalten werden?

Genau, ich sehe das Potenzial für biologisch abbaubare Kunststoffe nur bei Einzelanwendungen, wie zum Beispiel Fruchtstickern. Derzeit werden Biokunststoffe in der Praxis nicht recycelt, da zu geringe Mengen im Umlauf sind. Generell bringt Recycling in der Realität Heraus-

Lisa Zimmermann ist Wissenschaftskommunikatorin beim Food Packaging Forum, einer gemeinnützigen Stiftung in Zürich. Die Biologin hat sich auf unter anderem auf die Toxizität von Chemikalien in Kunststoffen und deren Bio-Alternativen spezialisiert. foodpackagingforum.org

» Das Ziel kann nur das große sein, nämlich Vermeidung.«
— Lisa Zimmermann

forderungen mit sich. Beispielsweise gelangen im Recyclingprozess Stoffe ins Material, die dort nicht hinsollten. Ein Beispiel wären Chemikalien, die bei elektronischen Geräten zum Einsatz kommen und dann nachher in Lebensmittelverpackungen gelangen. Wir müssen von Recycling einen großen Schritt Richtung Reuse gehen.

Konventionelles Plastik hat Nachteile – deswegen haben wir nun Bioplastik als nachhaltigeres Material entwickelt. Das wird massiv beworben. Aber der schlichte Umstieg vom einen auf das andere Material ist nicht die Lösung. Wir müssen uns der Frage widmen, wie wir Materia-

testet wird, ob sie zum Beispiel hormonell wirksam oder neurotoxisch sind. Das müsste nachgewiesen werden, bevor ein Material in Umlauf kommt. Das ist derzeit noch Zukunftsmusik.

Was raten Sie VerbraucherInnen für den Umgang mit dem Label Biokunststoff –gibt es nützliche Anhaltspunkte, um zu verstehen, was man kauft?

Die meisten gängigen Label beziehungsweise Zertifizierungen in der EU beziehen sich auf Kompostierbarkeit (zum Beispiel »OK Compost«) – und hierbei meist auf Kompostierbarkeit in Industrieanlagen. Es gibt meines Wissens nach nur ein Label, das sagt, dass ein gewisser Anteil des Produkts biobasiert ist, und zwar »OK Biobased« vom österreichischen TÜV.

Das generelle Problem mit der Kompostierbarkeit ist, dass es davon abhängt, was mit dem Kunststoff passiert. Ich finde, es gibt ein paar Nischenanwendungen, wo Bioabbaubarkeit Sinn macht – etwa der Sticker auf der Bananenschale oder Teebeutel, die landen einfach mit dem Produkt dort, wo auch sie kompostierbar sind. Aber bei Strohhalmen zum Beispiel erzeugt das ja nur Verwirrung: Wer weiß denn schon, welcher Strohhalm kompostierbar ist und welcher nicht?

Die Verantwortung für den Materialkreislauf muss daher weg von den VerbraucherInnen?

Ich denke, bioabbaubare Kunststoffe sollten erst einmal nur dort eingesetzt werden, wo die VerbraucherInnen nicht lang drüber nachdenken müssen, wie die Kunststoffe entsorgt werden.

Wir können mit fossiler Energie (biobasierten) Biokunststoff produzieren und mit Windkraft klassisches Plastik – am Ende wird immer CO 2 emittiert und auf irgendeinem Weg meistens auch die Umwelt mit Plastik und anderen Schadstoffen belastet. Was ist der Königsweg?

Bei beiden handelt es sich um Materialien, die erheblichen Einfluss haben. Deswegen bin ich der Meinung, zuerst muss der Materialeinsatz reduziert werden. Dann die Herstellung auf Wasserverbrauch und CO2 durchleuchtet, die Chemikalien auf sichere reduziert und Wiederverwertbarkeit gewährleistet werden.

Heißes Rennen: Mit Sonnenkraft durch Australien

Die ETH Zürich und das Logistikunternehmen Gebrüder Weiss gehen bei der World Solar Challenge gemeinsam an den Start.

Wer fährt am schnellsten durch das australische Outback und hat den besten Solar-Flitzer gebaut? Das entscheidet sich ab dem 24. August bei der World Solar Challenge, einem internationalen Rennen für Solarfahrzeuge. Mit dabei: ein Schweizer Studierenden-Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, das mit seinem Modell »Silvretta« in die Top Ten fahren will. Die Rennstrecke führt von Darwin nach Adelaide. Mehr als 3000 Kilometer durch australisches Hinterland müssen bewältigt werden, vier FahrerInnen wechseln sich kontinuierlich ab, im Hintergrund unterstützt von einem großen Technikteam.

GEBRÜDER WEISS IST LOGISTIKPARTNER

Damit das Solarauto pünktlich zum Start in Darwin steht, hat die ETH den aufwändigen Transport – wie auch schon 2023 – in die Hände des internationalen Logistikers Gebrüder Weiss gelegt. Dieser verschiffte das technische Equipment bereits im Mai nach Down Under

und schickte das Solarauto Ende Juni per Luftfracht auf Reisen. Am IATA-zertifizierten Air-&-Sea-Terminal von Gebrüder Weiss in Wolfurt (Vorarlberg/Österreich) wurde das Solarfahrzeug vor Publikum offiziell verabschiedet und demonstrierte bei letzten Testrunden auf dem Gelände seine Renntauglichkeit.

»Wir freuen uns, erneut Teil dieses zukunftsweisenden Projekts zu sein«, sagt Frank Haas, Kommunikationsleiter bei Gebrüder Weiss. Das Unternehmen engagiert sich seit Jahren aktiv für besondere Mobilitätsprojekte und setzt dabei auf enge Partnerschaften mit Hochschulen, Forschungsteams und Start-ups.

Mehr Infos zu den Mobilitätsprojekten von Gebrüder Weiss:

gw-world.com/at/unternehmen/nachhaltigkeit/ zukunft-der-mobilitaet

Dario Hug ist einer von vier FahrerInnen, die das Rennen in Australien im Namen des aCentauri Solar Racing Teams bestreiten werden.

30 Jahre MOIN –

Eine Bio-Bäckerei mit Haltung und Herz

Die Geschichte von MOIN ist eine Geschichte von gutem Essen.

In diesem Jahr blickt die Bio-Bäckerei aus Glückstadt auf drei Jahrzehnte voller Genuss-Momente, Backkunst und tiefer Verbundenheit zum Leben und zur Natur zurück. »Wir machen gutes Essen für andere Menschen« ist bei der Herstellung der hochwertigen Backwaren der Leitsatz für 87 MitarbeiterInnen aus 12 unterschiedlichen Nationen.

Begonnen hat alles mit der liebevollen Kochkunst der Mutter von MOIN-Gründer Hans Paul Mattke. Die Sehnsucht nach diesem guten Essen der Kindheit ist Impulsgeber für seine lebenslange Arbeit.

Gestartet als Feinbä-

cker-Geselle und Mitbegründer eines linken Bäckerkollektivs in Wiesbaden macht Mattke bereits Mitte der siebziger Jahre mit Brotback-Aktionen auf die fragwürdige Qualität industriell hergestellter Lebensmittel aufmerksam. Nach dem Verkauf seines Anteils an der Bäckerei »biokaiser GmbH«, die noch heute besteht, entschließt er sich zu einem Kunststudium an der Hochschule Ottersberg, wo er sich mit einem Brot bewirbt. Im Anschluss an sein Studium kehrt er – jedoch ohne jemals die Kunst aus dem Herzen zu verlieren – dann umso enthusiastischer zum Backen zurück.

GUTES ESSEN MIT EINEM GESUNDEN LEBENSRHYTHMUS VERBINDEN

Mattke wollte kein brotloser Künstler sein. Allerdings wollte er sich auch dem unnatürlichen Lebensrhythmus eines Bäckers nicht wieder aussetzen, der bereits lange in der Backstube steht, bevor der erste Hahn kräht. Gleichzeitig wusste er um die Schwierigkeit vieler Bäckereien, die richtige Umgebung für eine kühle Reife guter Croissant-Teige zu schaffen. Die Verbindung beider Gedanken führte zur Idee von MOIN – einer Produktion für tiefgekühlte Bio-Backwaren. Die Gründung erfolgte zunächst in Bremen, 1997 fand MOIN dann in Glückstadt seine Heimat. Die ersten Mitarbeitenden kamen aus Russland, Belarus und der Ukraine –sie brachten nicht nur Tatkraft, sondern auch ihre Liebe zum Essen mit. Diese Herzlichkeit prägt das Unternehmen bis heute. Inzwischen ist MOIN einer der führenden Hersteller von tiefgekühlten Bio-Backwaren in Deutschland, bekannt für »Croissants wie in Frankreich«, Brötchen und Convenience-Teige aus 100% Bio-Zutaten, palmölfrei und ohne Zusatz technischer Enzyme. Dabei arbeitet man bei MOIN in einer familienfreundlichen 5-Tage-Woche ohne Nachtschichten – noch immer unüblich im Backhandwerk.

GENUSS STEHT AN ERSTER STELLE

Das Angebot der Bio-Bäckerei wächst stetig – dabei steht Genuss immer an erster Stelle. Was mit einem VollkornButter-Croissant begann, ist heute ein Sortiment mit rund 50 Produkten, von Broten und Brötchen über viele Croissant-Varianten, süße und herzhafte Feinbackwaren bis hin zu glutenfreien Toasties – mehr als die Hälfte davon ist mittlerweile vegan. Auch hier war MOIN Vorreiter und brachte 2011 das erste vegane Bio-Croissant auf den deutschen Markt. Heute wird bei der Entwicklung von Neuprodukten stets getestet, ob sie mit rein pflanzlichen Rezepturen ebenso gut schmecken. Meistens ist das der Fall und so ermöglicht MOIN noch mehr Menschen, in den Genuss von Croissants, Franzbrötchen und Co. zu kommen. Erhältlich sind die tiefgekühlten MOIN-Backwaren – dann frisch gebacken – an den Backtheken der Bio-Supermärkte, im Einzelhandel, in Cafés und Hotels. Zudem gibt es mehrere Sorten Blätterteige, Brötchen und Croissants als Selbstbedienungsartikel in der Tiefkühlung vieler Bio-Märkte.

DER GENERATIONSWECHSEL

2023 übergaben Hans Paul und Brigitta Sui Dschen Mattke die

»Mit

unseren Backwaren in Bio-Qualität versorgen wir täglich Tausende von Menschen. Wir sind sehr dankbar, mit dieser sinnstiftenden Tätigkeit unsere wundervolle Welt mitgestalten zu dürfen.«

– Jule Usadel, Geschäftsführerin MOIN

Geschäftsführung an Julianna Müller, Vicky Radtke und Jule Usadel. Die drei Frauen bringen frischen Wind, klare Strukturen und eine gemeinsame Vision für das gemeinwohlbilanzierte Unternehmen mit, bleiben den Unternehmenswerten dabei aber treu. Nachhaltigkeit ist gelebter Alltag, denn bei MOIN sieht man sich in der Verantwortung, eine enkeltaugliche Zukunft mitzugestalten. Davon zeugen 13 E-Autos, eine 1.800 m2 große Solaranlage, Mehrwegverpackungen für den Großhandel und weitere Projekte. Mattkes bleiben dem Unternehmen weiterhin als GesellschafterInnen und kreative ImpulsgeberInnen erhalten.

EHREN, ERNTEN, DANKEN

Am 20. September 2025 feiert die Bio-Bäckerei ihr Jubiläum unter dem Motto »Ehrenvolle Ernte«. Mit diesem Fest möchte MOIN die Erde ehren, die Früchte der jahrelangen Arbeit ernten und all jenen danken, die ihr 30-jähriges Bestehen ermöglicht haben: KundInnen, PartnerInnen sowie KollegInnen. Und weil Hans Paul Mattke dieses Jahr seinen 70. Geburtstag hat, wird dieser gleich mitgefeiert.

www.moin.bio

Generationsübergreifend im

der

Dienste
Enkeltauglichkeit: Brigitta Sui Dschen Mattke, Julianna Müller, Hans Paul Mattke, Vicky Radtke und Jule Usadel (v. l. n. r.).

SONNTAGS-ABO

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WINTERVITAMINE MARKE EIGENBAU

Gemüsegärtnern hilft, Grenzen zu überwinden – nicht nur die der klassischen Saisonen.

Mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen erwacht in vielen StädterInnen auch die Idee, sich irgendwo einen kleinen Platz zum Eigenanbau von Gemüse zu organisieren – sich einem Gemeinschaftsgarten anzuschließen oder sich sogar umzusehen, wo in der Umgebung die Einrichtung einer Gartenfläche angezettelt werden könnte. Mit der im Idealfall reichen Ernte im Spätsommer schwindet das Engagement mitunter, und wer jetzt noch nicht angefangen hat, legt den Vorsatz wieder für ein halbes Jahr auf Eis. Dass das in doppelter Hinsicht schade und jedenfalls nicht notwendig ist, weiß Cordula Fötsch vom Wiener Verein Gartenpolylog, der seit 2007 Gemeinschaftsgärten als Begegnungsorte für Menschen verschiedener Herkunft unterstützt oder neue solche Projekte initiiert.

Gemeinschaftliche Organisation sei ganz grundsätzlich etwas, das man im Gemeinschaftsgarten lernen und dann auch auf andere Situationen übertragen könne, auch wenn das in den Gärten nicht explizit im Vordergrund stehe, erklärt Fötsch, und gibt ein Beispiel für die einleuchtenden Vorzüge der Allmende: »Man braucht halt nur einen Rosmarinbusch

für alle – und dann können die Einzelbeete, die es oft auch gibt, halt für anderes genutzt werden. »Wenn das Gärtnern durchgängig passiert, gibt es einerseits auch die sozialen Effekte ganzjährig, und es gibt andererseits auch eine größere Beschäftigung mit Fruchtfolge, wenn ich mich nicht nur saisonal damit beschäftige. Grade in der Stadt, wo der Raum klein ist, ist es schön, das Maximum rauszuholen.« Um dieses Maximum zu ernten, kann einerseits auf Sor ten gesetzt werden, die im Herbst und Winter reif werden – ande rerseits aber auch vorgearbeitet werden, indem Sorten gepflanzt werden, die im Herbst zu wach sen beginnen, ihr Wachstum dann verlangsamen, dafür dann aber mit der ersten Frühlings wärme ausgereift sind.

Zu ersteren gehört der ur sprünglich aus China stammen de Kreuzblütler Pak Choi. Er ist ideal für die Spätsommeraussaat, da er kühle Temperaturen gut ver trägt und schnell wächst.

TEXT Irina Zelewitz

Gartenpolylog

Für ganz Österreich berteibt der Verein Gartenpolylog eine Gartenkarte, über die man Gärten in der Umgebung finden und kontaktieren kann – aber auch den eigenen eintragen. Derzeit wird an einer Evaluierung von Gemeinschaftlichem Gärtnern in Wien gearbeitet – Ende Oktober sollen die Ergebnisse vorliegen. Wer auf dem Laufenden gehalten werden möchte, kann den Newsletter abonnnieren. gartenpolylog.org

»Ein Thema sind Erdflöhe, die können ihn wie auch alle anderen Kohlgewächse befallen«, weiß Fötsch und weist darauf hin, dass, um diesem Schädlingsbefall vorzubeugen, in besonders feuchten Herbst- und Winterphasen Schutzabdeckungen täglich gelüftet werden sollten, um Staunässe und diverse mit ihr verbundene Probleme zu verhindern. »Generell ist nasser Herbst eine der größten Herausforderungen im Wintergemüseanbau, vor allem, wenn es sehr dicht gepflanzt ist – das sagt auch Wolfgang Palme (Betreiber der Wiener »Cityfarm« und Wintergemüseinstanz, Anm.).« Die Antwort lautet, schon beim Anlegen der Beete auf einen durchlässigen Boden zu achten und diesen zu hegen und zu pflegen – und sich damit zu arrangieren, dass jedes Gartenjahr Vorteile für manche und Nachteile für andere Pflanzen bringt.

Unter ganz ähnlichen Problemen wie der Pak Choi kann allerdings auch sein Verwandleiden. Wobei man ihn ja auch noch essen könne, wenn die Schädlinge ein paar Löcher reingefressen haben, tröstet Fötsch. Die Ernte ist jedenfalls schon 4–5 Wochen nach dem Aussäen möglich. »Von oben weg ernten, am besten über der ersten Verzweigung wegschneiden, dann treibt er unten immer wieder nach«, lautet die Rucolaschnittanleitung. Allerdings müsse man aufpassen, dass man ihn nicht zu früh pflanzt, denn »wenn er zu viel Wärme abbekommt, beginnt er zu blühen«. Dann eignet er sich nicht mehr

wirklich zum Verzehr, aber »wenn er blüht, kann man sich immerhin an den vielen Samen freuen, die man im nächsten Jahr aussäen kann«. Für alle, die sich fragen, warum ein und dieselbe Ru colasorte im einen Jahr würzig-scharf und im nächsten eher mit zurückhal tendem Geschmack aufwartet, hat Fötsch die simple Antwort parat: »Würzig wird er, wenn er relativ wenig Wasser bekommt.«

Viel Wasser hingegen braucht Spinat, auch Winterspinat – und »eine gute Nährstoffversorgung«, betont Fötsch. Er soll bis in den September ausgesät werden, wenn man ihn später sät, stoppt auch bei ihm im Winter das Pflanzenwachstum – und er wächst ab Februar fertig. »Das kann man auch gezielt drauf anlegen, wenn man möchte.« Für ihn gelte wie für viele Blattgemüse, dass man ja nicht von einer Pflanze laufend, sondern die ganze Pflanze erntet, daher empfiehlt sich gestaffelte Aussaat, zum Beispiel alle zwei Wochen. Geerntet werden kann – die Winterpause nicht eingerechnet – grob jeweils nach zwei Monaten. Und muss man im Winter wirklich auf Winterspinatsorten setzen? »Es gibt Sorten, die eignen sich für den ganzjährigen Anbau, einige sind aber gezielt für eine Saison – da lohnt sich der Blick aufs Samenpackerl«, weiß Fötsch.

Wintersorten gibt es grundsätzlich auch vom Vogerlsalat – oder Feldsalat –, um nur die zwei

gängigsten seiner vielen Namen in der deutschen Sprache zu nennen. Abhängig von der Sorte rät die Expertin zur Aussaat ab August und dazu, »ein paar Pflanzen stehen zu lassen und nicht zu ernten – dann blühen sie im Frühjahr und säen sich selbst aus, die Samen keimen von selbst zum richtigen Zeitpunkt und bescheren auch im nächsten Jahr eine schöne Ernte«.

Die Bandbreite an Wintersalaten ist insgesamt groß, auch der im Handel selten erhältliche Portulak hat eine Chance im Gemüsegarten verdient! Apropos Vielfalt: Neben den diversen Gemüsesorten und den Sprachen profitieren GemeinschaftsgärtnerInnen in den Gartenpolylog-Projekten freilich auch von den unterschiedlichen Erfahrungen der anderen Mitglieder mit Anbau und Einsatz der Pflanzen in der Küche – »die Gewohnheiten und Ideen, was man ausprobieren könnte, sind eben andere, je nachdem, was man kennt«. Das Bildungsangebot des Vereins geht über die Unterstützung im Aufbau und die Betreuung der Gärten sowohl auf fruchtbarem Boden als auch online weit hinaus – umfassend informiert wird über die Vereinswebsite – ganzjährig, versteht sich. »Im Sommer ist es ja aufgrund der Hitze auch gar nicht immer optimal zum Stadtgärtnern«, gibt Fötsch zu bedenken. Ein eindeutiger Nachteil des Ganzjahresgartens, wenn er nicht direkt vor der eigenen Haus- oder Wohnungstür liegt: Oft wird in den Gemeinschaftsanlagen im Winter das Wasser abgedreht – daher gilt es, vorzusorgen, im Herbst noch Regentonnen aufzustellen oder Tonnen mit Wasser zu befüllen. Also: Wer einen Gemeinschaftsgarten vor dem Fenster hat, tut den GärtnerInnen einen Gefallen, wenn er ihnen anbietet, Wasser holen zu dürfen – vielleicht wird er in lokalstem Gemüse dafür bezahlt.

für Bio-Antipasti aus der Toskana

• von Artischocke bis Peperoni

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• gegrillt, naturale, als Vorspeise und aufs Brot

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Hier spricht Bernardo von unserem Bio-Anbau

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CREMEN, TRÄUMEN, NIX VERSÄUMEN

Sieben Produkte zum schöner Einschlafen.

1 Grüne Erde

Mond

Duftkissen

Zirbe

Diesen Zirbenduft wünscht man sich und anderen Menschen zum Einschlafen, auch den Kleinen – auch wenn sich über die Grenze zwischen Zirbenwirkung und Zirbenschmäh die Geister scheiden (BIORAMA berichtete). Einziger Wehmutstropfen: Die Gestaltung als kuscheliger Mondgesicht-Polster birgt schon das Risiko, dass er als Kopfpolster verstanden und eingesetzt wird – was er aufgrund des intensiven Duftes bei Babys und Kindern aber, betont auch der Hersteller, nicht sollte. Aus türkischer Biobaumwolle hergestellt in Deutschland – gefüllt mit österreichischen Zirbenspänen. grueneerde.com

FORMAGGIO GEGEN FERNWEH

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Alessandra Dorigato

Viel mehr als Mozzarella oder Parmesan. Fünf cremige, halbfeste oder weiche Käsesorten bringen italienische Vielfalt in die hiesigen Küchen.

Auch nördlich der Alpen gehören sie mittlerweile zu den Käseklassikern: Mozzarella, Parmigiano Reggiano und Pecorino. Der eine beeindruckt mit sanftem, die anderen mit kräftig-würzigem Geschmack, dazwischen gibt es eine Vielzahl italienischer Käsesorten, die es zu entdecken gilt. Zart oder löffelweich, eigenwillig und betörend aromatisch zaubern sie einen Hauch Italien auf den Teller. Das Beste: Viele dieser Käsesorten wie etwa Stracchino oder Burrata sind auch außerhalb Italiens gut in Bioqualität erhältlich – auf Wochenmärkten, in Käseläden und sogar in gut sortierten Supermärkten und Bioläden. Sie sind vielseitig einsetzbar, schmecken großartig und jeder Bissen erinnert ein wenig an Sommertage voller mediterranem Flair. Molto gusto für zu Hause!

BURRATA UND STRACCIATELLA –DIE CREMIGEN

Die Burrata kommt aus Apulien, genauer gesagt aus der Gegend um Andria, wo sie Anfang des 20. Jahrhunderts als kreative Resteverwertung von Mozzarella entstand. Außen

zarter Mozzarella, innen ein Herz aus Stracciatella – gezupfter Mozzarella trifft hier auf süße Sahne. Beide sind cremig, mild und löffelzart. Burrata passt gut auf geröstetes Brot, zu Tomaten oder als Topping auf Pasta und Pizza. Achtung: Burrata erst kurz vor dem Servieren anschneiden! Ihr Kern soll noch fließen. Diese Füllung ist auch separat erhältlich. Stracciatella veredelt Focaccia, Crostini oder gegrilltes Gemüse. In Brötchen ersetzt sie Butter, auf Omeletts oder gegrilltem Pfirsich wird sie zur echten Krönung.

PROVOLONE – DER WANDELBARE

Provolone ist ein halbfester Schnittkäse mit feinem Schmelz, der je nach Reifegrad dezent, nussig oder leicht pikant schmeckt. Er stammt ursprünglich aus dem Süden Italiens, wird heute aber vor allem in der Poebene, etwa in der Lombardei und Venetien, hergestellt. In seiner jungen, cremigen Variante gehört er aufs Sandwich, in Toasts oder als Füllung in Auberginenröllchen. Gereift ist er kräftiger und damit ideal als Antipasti mit Olivenöl oder Honig. Meine Favoriten: Provolone vom Grill sowie paniert und herausgebacken als Fingerfood. Die Kinder lieben es. Ähnliche

Rezepte für Tomatensaft-Variationen aus Dorigatos Kochbuch »A Modo mio« BIORAMA.EU/TOMATENSAFT-A-MODO-MIO

Sorten wie Scamorza oder Caciocavallo stammen aus Mittel- und Süditalien und haben vergleichbare Verwendungsmöglichkeiten.

ERBORINATO –DER CHARAKTERVOLLE

Erborinato ist ein italieni - scher Blauschimmelkäse mit blau-grünen Adern, die durch Edelpilzkulturen entstehen. Er kommt aus dem Norden Italiens, insbesondere aus der Lombardei und dem Piemont, wo er seit Jahrhunderten in Handarbeit hergestellt wird und früher in natürlichen Höhlen reifte. Er schmeckt intensiv, jedoch ausgewogen und ist in verschiedenen Reifegraden erhältlich, von cremig-süßlich bis pikant-würzig. Er passt hervorragend zu Polenta, Birne, Walnuss oder in cremige Saucen, auf Pizza, in Risotto oder zu geröstetem Kürbis. Auch paniert oder gegrillt zeigt er Stärke – samtig, schmelzend und charaktervoll.

ROBIOLA – DIE RAFFINIERTE

Robiola wird meist aus aus Ziegenmilch oder aus einer Mischung aus Ziegen-, Schaf und Kuhmilch hergestellt. Abhängig vom Milchanteil variiert

Alessandra Dorigato

Die im Trentino und in der Lombardei aufgewachsene Foodbloggerin vermittelt die italienische Küche, wie sie sie von Nonna und Mamma gelernt hat. Unter anderem in Pasta-Kursen in Wien.

a-modo-mio.at/ workshops

der Geschmack: Ziegenmilch bringt eine feine, leicht säuerliche Würze, Kuhmilch sorgt für eine mildere, rundere Note. Kräuternoten oder eine salzige Spitze können sich zusätzlich bemerkbar machen. Robiola ist cremig und streichfähig und harmoniert prima mit Birne, Honig, Quiches oder Brot. In Brötchen mit Rucola entfaltet sie ebenfalls ihr Aroma –elegant, raffiniert und überraschend vielseitig. Ursprünge finden sich in Piemont und Ligurien. Ihre Herstellung reicht bis in die Zeit der Kelten zurück, später war sie im Römischen Reich sehr geschätzt.

CACIOCAVALLO –DER TRADITIONSREICHE

Caciocavallo ist ein traditioneller Pasta-filata-Käse aus Süditalien, vor allem aus Kalabrien, Basilikata und Apulien. Er hat eine typische bauchige Form mit Hals, oft paarweise an Seilen aufgehängt – daher der Name »Käse zu Pferd«. Bereits seit der Antike bekannt, gilt er als einer der ältesten Käse Italiens. Sein Geschmack verändert sich mit dem Reifegrad: Jung ist er zart buttrig, gereift würzig und leicht pikant. Ideal zum Reiben, Grillen, Überbacken oder pur mit Brot, Polenta oder Gemüse.

ITALIENISCHER CAMEMBERT –DER VARIANTENREICHE

STRACCHINO – DER UNKOMPLIZIERTE

Stracchino, ebenso bekannt als Crescenza, ist ein relativ kurz gereifter Weichkäse aus der Lombardei mit leicht säuerlicher, joghurtartiger Note. Seine Wurzeln hat er im Mittelalter. Sie liegen in den Alpentälern der Lombardei, wo er traditionell nach dem Almabtrieb aus der Milch »müder Kühe« (»stracch« ist der regionale Dialektausdruck für „müde“) hergestellt wurde. Er schmilzt wunderbar auf gegrilltem Gemüse, ist auf Brot pur oder mit Prosciutto ein Genuss. In Pasta ersetzt er Ricotta und ist zudem ideal als Focaccia-Fülle, auf Piadina oder in Gemüsetartes. Ein unkomplizierter Fast-Alles-Könner, warm wie kalt.

Italienischer Camembert wird nach französischem Vorbild hergestellt, meist aus Kuhmilch und oft in Norditalien produziert. Er reift mehrere Wochen, entwickelt eine weiche Rinde und einen cremigen Kern mit sanft-nussigem bis leicht pilzigem Aroma. Besonders beliebt sind Varianten mit Trüffel, Kräutern oder Asche. Ideal zu Brot, in Salaten oder als Ofenkäse. Er passt sowohl zur Antipasti-Platte als auch als Schmelzkäse in warme Gerichte. In Südtirol-Trentino wird er gern in Gnocchi-Masse eingearbeitet, beispielsweise mit Speck und Walnüssen – eine überraschend cremige und geschmacklich starke Füllung.

DES WAHNSINNS KNUSPRIGE BEUTE

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Irina Zelewitz

Die »Dame Commander of the Order of the British Empire« (seit der Birthday Honours List 2021 der Queen) Prue Leith hat im Jahr 2022 knusprig gerösteten, belegten oder befüllten Brotvarianten 190 Seiten gewidmet – fad wird das nie. Bekannt ist die 1940 geborene Leith einem internationalen Publikum vor allem aus »The Great British Bake Off«, sie ist aber auch Vizepräsidentin der Sustainable Restaurant Association, die sich von

bioregionalem Wareneinsatz bis zu anständiger Entlohnung für Nachhaltigkeitsstandards in der Gastronomie einsetzt. Aus Fladenbrot, Vollkornbrot oder Brioche werden im Handumdrehen kleine Mahlzeiten, ohne Scheu vor Fertigprodukten oder Kalorien. In den Zutaten für zwei dimensioniert und mit reichlich veganen Optionen. Die hier ausgewählten folgenden Rezepte sind fleischlos – und käsefokussiert. Ein Toast auf den Toast!

REZEPTE AUS:

»TOAST IT – KROSSE

TOASTSCHEIBEN ÜPPIG BELEGEN« Prue Leith, DK Verlag 2022.

CAMEMBERT & BROMBEEREN

MIT CHILISAUCE AUF ROGGENBROT

Der Spätsommer zaubert kleine, pummelige Brombeeren in die Hecken. Früher, als ich noch mit den Kindern draußen Beeren pflücken ging, hätten wilde Brombeeren diese Leckerei verziert. Heute bin ich fauler und anderweitig beschäftigt, deshalb müssen wohl die Monsterbeeren aus dem Supermarkt herhalten.

ZUTATEN

• 2 Scheiben Roggenbrot

• Butter zum Bestreichen (nach Belieben)

• 100 g reifer Camembert

ZUBEREITUNG

Das steilste Festival

Wenn Walserherbst ist, weht im Großen Walsertal ein anderer Wind.

• 2 TL süße Chilisauce

• 1 Handvoll Brombeeren, nach Belieben halbiert

• 1 Handvoll Rucola

Das Brot rösten und nach Belieben mit Butter bestreichen. Den Käse in Scheiben schneiden und auf dem gerösteten Brot verteilen. Mit der Chilisauce beträufeln, mit Brombeeren belegen und zum Schluss mit Rucola garnieren.

TIPP

Wenn der Camembert nicht reif und weich genug ist, erwärmen Sie ihn (in 10-Sekunden-Schritten) in der Mikrowelle.

Von 15. August bis 6. September 2025 wird der Biosphärenpark Großes Walsertal zur Bühne: Kirchen erklingen als Konzertsäle, leere Häuser werden zu Galerien, der Wald zur lebendigen Theaterkulisse. Am Fluss dampfen Lehmschlickerbäder in puristischer Architektur. In den Dörfern warten europäisches Autorenkino, Papierschnitt-Workshops und die Radix Musikwerkstatt, deren Abschlussfest mit 90 MusikerInnen das Tal erfüllt.

Im Heustall gibt’s Musik, Tanz und Kulinarik – mal polnisch, mal finnisch. Auch performt wird dort, etwa wenn Schauspielerin Maria Hofstätter Lavants »Wechselbälgchen« liest. Andernorts verwebt das Duo SchrammelBach Wiener Heurigenmusik mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach. Und hoch oben, auf 1500 Metern, antwortet die Echowand bei einer musikalischen Wanderung. Das Festival findet alle zwei Jahre statt. Es verbindet die steile Landschaft des Großen Walsertals und die Menschen mit einem überraschenden Kulturprogramm. walserherbst.at

MOZZARELLA IN CARROZZA

»Mozzarella in der Kutsche« wird nicht unbedingt »auf Toast« serviert. Es ist die genussvollste, befriedigendste und köstlichste Kombination aus geröstetem Brot und schmelzendem Käse, die man sich vorstellen kann. Eigentlich ist es nur ein überbackenes Käsesandwich, aber was könnte besser sein? Man macht sich bei der Zubereitung und beim Essen schnell die Finger schmutzig, aber das Resultat ist jede Kalorie wert … und von denen gibt es tatsächlich viele!

ZUTATEN

• 4 Scheiben einfaches helles Sandwichbrot (größer als Toastbrot)

• 75 g Mozzarella, in Scheiben geschnitten

• 4 Basilikumblätter

• 75 ml Milch

ZUBEREITUNG

• 2 EL Mehl

• 1 Ei (Größe L), leicht verquirlt

• Olivenöl zum Braten

• Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

Die Kruste abschneiden und zwei quadratische Sandwiches mit dem Käse belegen. Mit Salz und Pfeffer würzen und mit je zwei Basilikumblättern belegen. Darauf achten, dass der Käse nicht ganz bis zum Rand reicht, um sie zusammendrücken zu können. (Frisches, verpackt gekauftes Brot ist so weich, dass es sich am Rand gut verschließen lässt.)

Milch, Mehl und Ei in je einen flachen Teller geben. Die Sandwiches sehr kurz mit jeder Seite in die Milch tauchen, dann die Ränder in das Mehl tauchen (die Ränder sollten dicht verschlossen werden) und schließlich das ganze Sandwich vorsichtig im Ei wenden. Das Öl in einer Pfanne auf mittlerer Stufe erhitzen und die Sandwiches von beiden Seiten braten. Auf Küchenpapier abtropfen lassen.

TIPP

Probieren Sie Tomatensauce, Oliven oder Chutney als Füllung.Fast jeder Käse passt dazu. Cheddar eignet sich hervorragend, aber er zieht nicht so schöne Fäden wie Mozzarella. Mit einem Teigausstecher kleine runde Carrozze als Fingerfood zum Drink zubereiten.

ZIEGENKÄSE, BIRNE & BALSAMICO AUF BAGUETTE

Ich aß diese Canapés zum ersten Mal auf einer Party. Sie hatten eine Basis aus einer französischen ficelle (ein langes, schmales Baguette) und waren belegt mit den feinen Enden von Conference-Birnen und kleinen Ziegenkäse-Runden. Ich konnte nicht glauben, dass mir in 50 Jahren Kochen und Catering nie etwas so Einfaches und Perfektes eingefallen war. Die Größe der Canapés wird durch den Durchmesser von Käse und Baguette vorgegeben. Wenn Sie also nur kleine Baguettescheiben haben, brauchen Sie drei pro Person und eine gute Portion Salat. (Einen Tipp zum Schneiden von Ziegenkäse bietet das Buch.)

ZUTATEN

• 6 dünne Scheiben

Baguette, aus der Mitte

• 1/2 TL Koriandersamen

• 2 reife Conference-Birnen

• 6 dünne Scheiben

• Ziegenkäse

• Balsamico-Creme zum Beträufeln

• Basilikumblätter, klein zerzupft

ZUBEREITUNG

Die Baguettescheiben leicht rösten und in eine Grillschale legen. Den Grill stark vorheizen. Die Koriandersamen in einer Pfanne unter Schütteln rösten, bis sie duften und leicht dunkel werden. Im Mörser leicht zerdrücken. Nun 6 Birnenscheiben im Durchmesser des Brotes (bei kleinen Birnen mehr) schneiden. Das Kerngehäuse nicht weiter beachten. Jede geröstete Baguettescheibe mit Birne und Käse belegen. Alles mit Balsamico-Creme beträufeln, dann grillen, bis der Käse zu schmelzen beginnt und dunkel wird. Mit Basilikum und Koriandersamen bestreut servieren.

TIPP

Am besten eignet sich (italienischer) Ziegenkäse in der 1-Kilo-Rolle. Viele Feinkostläden verkaufen ihn im Anschnitt, aber ich nehme gleich das ganze Stück. Der Käse hält sich gut verpackt und im Kühlschrank wochenlang.

NEU ODER NOCH GUT

Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns Weghören und -sehen vergeht.

MELANIE LAIBL UND LINDA SCHWALBE / »NA ZOOWAS!« / Leykam, 2025.

Vorgelesen für alle, die schon mit Kleinkindern über Freiheit philosophieren wollen.

»Ihr findet den Zoo nicht mehr gut?«, fragt die Wilde Kraa die anderen »Viechs«, als sie über deren Gehege fliegt, »Dann gebt mir ein Zeichen! Ich hole euch da raus!«. Die Wilde Kraa, ein selbstbewusster und ein wenig altkluger Kolkrabe, liebt ihre Freiheit, nascht aber auch gerne mit, wenn die Zootiere von den »Mjam-Nams« genannten PflegerInnen gefüttert werden. Dass sich die anderen Viechs in Gefangenschaft zufriedengeben, kann sie aber nicht verstehen. Die Wilde Kraa möchte aufrütteln, verfasst Protestschilder, die die Viechs den Menschs entgegenstrecken sol-

len, kapert den Zoofunk und fragt über Lautsprecher: »Wer will, dass Schluss ist mit Zoo?«. Doch die erhoffte Antwort bleibt aus. Kein Viech sagt was! Als sie bei einzelnen Viechs nachfragt, sind diese verunsichert und die Wilde Kraa ernüchtert. »Mich zwingt niemand zu nichts? Im Gegenteil? Ich fühle mich recht … ungezwungen?«, sinniert etwa »UkUk«, der Orang-Utan. »Ist doch eigentlich ganz nett hier«, meint ein »Wo-Wo« (wie die Erdmännchen im Buch so treffend heißen). Und bevor es weiterdenken kann und während sich die Wilde Kraa noch fragt, »ob ›nett‹ das echte Leben ist«, bringt – »Hurra, Frühstück!« – die Pflegerin Snacks. Anfangs wirken manche der Wortkreationen von Melanie Laibl gekünstelt. Spätestens beim dritten Mal Vorlesen hat man sie aber verinnerlicht. Mitsamt den eigenwilligen Formulierungen der Autorin schaffen sie ein Universum, in das Groß und Klein immer wieder gerne zurückkehren. Auch die kontrastreichen, stark stilisierten Illustrationen Linda Schwalbes regen die Fantasie an und verstärken die unterschiedlichen Stimmungen und Gefühle der Viechs. Man muss nicht gleich so weit gehen, um im Zooleben ein Gleichnis für den Alltag in illiberalen Demokratien zu sehen, in dem sich auch Mehrheiten bequem arrangieren können und die so viele herbeisehnen. Letztlich ist »Na Zoowas!« ohnehin beides – ein differenziertes Plädoyer für zoologische Gärten (und den in ihnen betriebenen Artenschutz) wie für das Wagnis Freiheit. Denn am Ende lässt sich natürlich doch einer mitreißen. Ausgerechnet »Blubb«, der Fisch, will die Welt hinter den Glasscheiben kennenlernen. Wie es ihm da draußen wohl gehen wird? Ja, die Wilde Kraa hat das Zeug zum Seriencharakter. THOMAS WEBER

THOMAS RAU UND SABINE OBERHUBER / »MATERIAL MATTERS« / Econ, 2018.

Nachgelesen für manche, die gründlich über Material im Kreis nachdenken wollen.

Der Zugang zu und Umgang mit Ressourcen hängt mit dem Wirtschaftsmodell zusammen, stellen Thomas Rau und Sabine Oberhuber fest – und auch wenn das allen klar ist, lohnt die Lektüre des 2018 erschienenen – freilich haptisch besonders griffig und in mehrer Hinsicht nachhaltig gestalteten – Büchleins schon, um das in Erinnerung zu rufen. Während Kreislaufwirtschaft und die Prinzipien »Refuse > Reduce > Recycle > Reuse« endlich grundsätzlich in die Nachhaltigkeitsdebatten Einzug gehalten haben, ist die Auseinandersetzung mit der Zwangsläufigkeit von Verquickung alter Wachstumsvorstellungen und Wegwerfgesellschaft ins Hintertreffen geraten. In 9 Kapiteln widmen sich die AutorInnen einem anderen Wirtschaftsmodell – das nicht gar nicht, aber weniger auf Gewinnung, Verarbeitung, Nutzung und Entsorgung von Rohstoffen basiert und vor allem auf anderes fokussiert. Statt Material zu verbrauchen, werden wir zu NutzerInnen – und das Material erhält Rechte. »Alles ist endlich, nur die Folgen sind für immer«, übertreibt es der Klappentext – hoffentlich.

UND SONST SO, IM BIORAMA-

UNIVERSUM ...

AGENTURLEISTUNG

UNTERRICHTSMATERIALIEN

Bio (und Bienen) kindgerecht erklärt

Alle Jahre wieder können in Österreich Kinder der 4. Volksschulklassen im Herbst Bio auf vielfache Weise kennenlernen.

Dafür bereitet Bioinfo – die Biosparte der Agrarmarkt Austria (AMA) – Unterrichtsmaterialien vor, die PädagogInnen für den Unterricht verwenden können. Teil davon ist auch wieder eine Kurzgeschichte, die kindgerecht die Vorzüge von Biolandwirtschaft und regionalen Bioprodukten erklärt. Heuer widmet sich die von BIORAMA-Herausgeber Thomas Weber verfasste Geschichte unter dem Titel »Die Göttin, der Helm und die Königin auf Herbergsuche« unterschiedlichen Biosiegeln, Demeter und der Natur der Honigbiene.

Auch die bereits in den Vorjahren veröffentlichten Kurzgeschichten für Kinder (z. B. »Nachts in der Ferkelbucht«, »Opas Haustier und die sieben Hügel«, »Emma und die Riesenwurzel« oder »Der Apfel, der Wurm und der kackende Bär«) sind online als PDF verfügbar. bio.amainfo.at –> downloads

Österreich • Bio

UPCOMING

BIORAMA BIOKÜCHE 2026

Das BIORAMA-Bookazine für alle ÖsterreicherInnen, die Wert auf biologische Küche legen, geht in die sechste Runde! Wir zeigen die Vorzeigebetriebe der Bioverpflegung genauso wie jene, die deren Grundlagenarbeit machen: BioproduzentInnen von Vorarlberg bis zum Neusiedler See. Bei uns erzählen sie, worauf sie stolz sind und womit sie hadern.

Richtig viele, richtig gute Produktempfehlungen, Küchentipps und Rezepte gibt’s wie immer obendrauf! Die nächste Ausgabe erscheint Ende 2025. Die bisherigen Ausgaben der BIORAMA BIOKÜCHE sind auch online.

biorama.eu/ausgaben

MAGAZIN

3 AUSGABEN

BIORAMA IM KURZ-ABO

BIORAMA zum Kosten: 3 Ausgaben direkt in deinen Briefkasten!

Auch wenn biorama ein Gratismagazin ist, kannst du es abonnieren. Das klassische Kennenlernabo ist zurück –mit dem du drei Ausgaben bekommst, dir ein Bild von unserem Magazin machen kannst und unsere unabhängige redaktionelle Arbeit unterstützt.

biorama.eu/abo

OUT SOON

Die sechzehnte BIORAMA-Niederösterreichausgabe kommt im Herbst!

Das allergrößte Bundesland Österreichs umgibt die Hauptstadt Wien. Was dort nachhaltig bewegt, berichten wir zwei Mal jährlich in einer Spezialausgabe – die Herbstausgabe widmet sich dem Ausfliegen, der Landpartie, der großen Pause. Das Warten verkürzt man am besten durch die Nachlese der bishrigen Ausgaben – gibt auch einzeln unter

biorama.eu/abo

VORBILDERBÜCHER

Die Edition BIORAMA bilden in Ergänzung zum Magazin einen nachhaltigen Platz für beispielhafte Geschichten und beeindruckende Persönlichkeiten.

Das Leben der 1931 in Wien geborenen, von den Nazis ins KZ verschleppten und 2020 in den USA verstorbenen Literatur- wissenschafterin und Dichterin Ruth Klüger soll in Erinne- rung bleiben. Die neue Edition BIORAMA erzählt in einem Kinderbuch vom Leben einer beeindruckenden Frau. »Die Geschichte von Ruth Klüger – Wie ein kleines Mädchen mit Glück und Gedichten am Leben blieb« bildet den Auftakt zur Beschäftigung mit vorbildhaften Menschen und Geschichten in Buchform. Infos unter: edition.biorama.eu

EDITION BIORAMA

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Ursel Nendzig

SCHLAFES LUDER

Der große Sohn war der schlechtestschlafende aller schlechtschlafenden Kinder!

DAutorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.

er große Sohn war ein erbärmlich schlechter Schläfer. In seinen ersten Lebensjahren schlief er nie länger als zwei Stunden am Stück. Tags und nachts. Zum Einschlafen musste man ihn so lange herumtragen, bis seine Augenlider nach langem Kampf endlich nachgaben. Legte man ihn dann auch nur einen Hauch zu hastig nieder, wachte er wieder auf, und zwar auf Hellwach-Niveau. Die ganze Prozedur ging also von vorne los. Ganz von vorne. Wieder diese anstrengende Flieger-Position, wieder das Schlaflied, wieder im abgedunkelten Zimmer im Wipp-Gang hin-und-her-gehen, immer darauf bedacht, dass ja kein interessantes Geräusch oder Lichtspiel in sein Blickfeld kam, sonst wieder: hellwach. Alternativ hat er bombenfest im Tragetuch oder dem sich bewegenden Kinderwagen geschlafen. Problem: War man selbst dann am Ende seiner Kraft, vom Herumgehen mit Extragewicht, und wollte man stehen bleiben oder sich gar hinsetzen, war das Kind ausgeschlafen und man selber saumüde. Eine, alle Eltern wissen das, teuflische Kombination. Ich kann mich erinnern, dass ich einmal so dringend einfach nur liegen wollte und sagte, dass ich alles dafür geben würde, nicht aufstehen zu müssen. Der Mann fragte: »Was wäre es dir wert, jetzt noch eine Stunde liegen zu bleiben?« Und ich, ohne nachzudenken: »Hundert Euro!« Das war kein Scherz. Leider kann man diese Ruhe nicht kaufen. Bis der große Sohn wirklich jede Nacht verlässlich gut und alleine schlafen konnte, vergingen mehr als zehn Jahre. Die Zeit des heftigen Schlafentzugs (der mich, kein Witz, tatsächlich an den Rand des Zusammenbruchs brachte) ist also eigentlich noch gar nicht so lange her, und doch kommt es mir vor wie

aus einem völlig anderen Leben. Das vielleicht zur Beruhigung aller Eltern, die glauben, ihr Kind sei der/die schlechteste SchläferIn aller Zeiten (ist es nicht!) und alle anderen Kinder würden durchschlafen (stimmt nicht! Alle lügen!): Es geht vorbei. Und es dauert gerade einmal eine einzige Nacht, bis man sich von jahrelangem Schlafentzug erholt! Ja! Es ist unglaublich! Einmal richtig gut ratzen und alles ist wieder im Lot. Ich dachte damals, ich würde sicher zehn Jahre brauchen, bis ich dieses Schlafdefizit aus dem System gepennt hätte, aber es stimmt nicht.

»Die Füße platt, der Kopf matschig, habe ich natürlich wie jede gute Mutter gemeine Rachepläne geschmiedet.«

In all den Stunden, die ich ihn früher in den Schlaf geschunkelt habe, das Kreuz weh, die Füße platt, der Kopf matschig, habe ich natürlich wie jede gute Mutter gemeine Rachepläne geschmiedet. Ich habe mir ausgemalt, wie ich, sobald er Teenager wäre, alle zwei Stunden in sein Zimmer schleichen und ihn aufwecken würde. Wie ich ihn Sonntagfrüh um sieben Uhr wecken und behaupten würde, es sei schon zehn. Wie ich heimlich ganz viele Wecker in seinem Zimmer verstecken würde, die im Stundenabstand läuten würden. Ich wäre bereit dazu. Er ist jetzt fünfzehn und ja, die Zeit der Rache wäre eigentlich gekommen. Ich müsste mir also nur einen Wecker stellen. Und aufstehen. Und rübergehen. Und … zzzzz…

Piepilotta

Nesthäkchen

Energie Zuhause! jedes für

365 Tage im Jahr. Rund um die Uhr. Tagtäglich sichern wir mit unseren Kraftwerken die Energieversorgung

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Wiens mit Strom und Wärme – für jedes Zuhause: wienenergie.at

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Naheliegend gut: bi good

Warum wir rund 80 % der bi good Produkte in Österreich herstellen?

Weil es Sinn macht! Es gibt hier einfach so viel Gutes, das Körper und Geist verwöhnt – und wir verkürzen so die Transportwege. Das finden wir einfach naheliegend.

Gut für mich. Gut für meine Welt.

Hergestellt Österreichin

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