Kleine Schritte, groĂźe Eile: Warum das gut zusammenpasst.
Dezentral: Energie zu steuern ist oft smarter, als sie zu speichern.
Massiv: Das alles umfasst die Energie, die wir aus Pflanzen ziehen.
Kompakt: Der Blueprint fürs Gemüsegärtnern kommt aus dem Weinviertel.
DIE NIEDERĂ–STERREICH AUSGABE #15
LAND AM STROME
Wenn man sich auf die Versorgung durchs Stromnetz nicht verlassen kann, muss man sich eben selbst kümmern – der Gedanke liegt nahe. Und doch sind Vernetzung und mehr Gemeinsamkeit die einzig funktionierende Antwort auf die Herausforderung steigender Energiepreise und – wenn auch hierzulande nicht akut –drohender Netzinstabilität. Selbermachen bedeutet in Energieangelegenheiten aber nicht unbedingt auf eigenem Grund und Boden, für einen allein, sondern auf unterschiedliche Weisen gemeinsam, womöglich wird der »eigene« Strom durch ein Investment erst recht wieder irgendwo ganz anders produziert – er kriegt also ein Mascherl und wir eine Beziehung zu ihm. Warum wir die brauchen und gleichzeitig aber auch ganz nüchtern und hart am Verbrauch schrauben müssen – und wie das zusammenhängt, haben wir ExpertInnen gefragt. Und freilich auch darüber gesprochen, dass die Gewinnung aus nachhaltigen Quellen erfolgen muss. Niederösterreich ist in diesem Bereich bereits gut unterwegs – und hat daher künftig das Potenzial, andere Gegenden mitzuversorgen. Denn was bringt einem die ganze Energie, wenn man sie mit keinem mehr teilen kann?
Wir wĂĽnschen gute LektĂĽre!
Martin
Mühl, Geschäftsführer muehl@biorama.eu
IMPRESSUM
HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORINNEN Simon Loidl, Martin Mühl, Hanna Stummer, Thomas Weber GESTALTUNG Ulrike Dorner, Stefan Staller ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Michael Mazelle, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE BIORAMA NIEDERÖSTERREICH 2 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien.
BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr. Zusätzlich erscheinen wechselnde BIORAMA-Line-Extentions.
PEFC-zertifiziert
Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at
PEFC/06-39-08
Ecolabel : AT/053/005
NĂ– INHALT
22
WOHIN DER WIND WEHT
Windkraftanlagen sind sichtbar und nicht alle finden sie schön. Durch Einbindung aller Beteiligten ändern sich mitunter die Geschmäcker. Und: Wer Windkraft sät, wird oft Wertsteigerung ernten.
03 Editorial
06 Bild der Ausgabe
08 Street Talk
11 Global Village
16 Ein GefĂĽhl fĂĽr Strom
Der kĂĽrzeste Weg zur Energiewende geht ĂĽber die eigene Stromerzeugung.
21 FAQ EG
Nicht nur wissen, sondern auch bestimmen, wo der Strom herkommt. So geht Strom gemeinschaftlich produzieren.
22 Windkraft akzeptieren
Windkraft bedeutet eine Sichtbare Veränderung. Mit der richtigen Einbindung kann Widerständen begegnet werden.
27 Strom speichern
Dezentrale Erzeugung und Stromspeicherung sind eine (technische) Herausforderung.
30 Kamptal unter Strom
Mit Photovoltaik und Wasserkraft deckt die EEG »Kamptal Energie« fast den gesamten Strombedarf ihrer Mitglieder.
33 Regionale Stromschöpfung
Die BEG GrĂĽne Sonne bietet im Waldviertel erzeugten Strom fĂĽr Unternehmen und Privatpersonen.
34 Basics: Was ist Biomasse?
Wie aus Holz, Abfällen und Pflanzen Wärme, Strom und Treibstoff entsteht.
39 GemĂĽsegarten mit Weitblick
Die Vernetzung des Market-GardenBewegung geht von Absdorf im Weinviertel aus.
48 Rezensionen Warnungen, Empfehlungen.
49 Aus dem Verlag
MARKTPLATZ
44 Marktplatz Food: Salat
KOLUMNEN
50 Hintaus
GUTER MIX
In der Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft Kamptal decken die BĂĽrgerIennen fast ihren ganzen Strombedarf selbst.
KOMPAKTWIRTSCHAFT
Im Absdorfer Grandgarten wird das Modell des Market Gardens laufend beforscht und optimiert.
MEHR ALS STROM
In der Waldviertler BĂĽrgerenergiegemeinschaft GrĂĽne Sonne wird nebenbei auch noch Renaturierung finanziert.
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Bitte sammeln Sie Altpapier fĂĽr das Recycling.
LIEBE GEHT DURCH DEN MAGEN
Unser Kolumnist arbeitet an einer Beziehung zu seinen solar generierten Kilowattstunden.
KEEP REACHING FOR THE RAINBOW
BILD: JOSEF SCHWAIGER
Nicht nur für die Anzahl, sondern auch für die Gestaltung von Kreisverkehren zwischen Geschmacksunfall und gelungenem Spiel mit Region oder Inhalt ist Niederösterreich berühmt. Zu Letzterem gehört Josef Schwaigers »Rainbow’s End« am Kreisverkehr auf der Bundesstraße B123a6 Richtung Rems bei Sankt Valentin, der Form und Funktion der baulichen Verkehrsmaßnahme aufnimmt. Leitplanken, die die Grenzen eines Verkehrswegs sichtbar machen und für Sicherheit sorgen, werden aufgewertet und aufgeladen. Sie sind so installiert, dass sie aus verschiedenen Richtungen kommend den gesamten Kreisverkehr zeigen oder Ausschnitte verdecken und bei Weiterfahrt wieder sichtbar machen und so mit dem Kreis als Form spielen. Die Lackierung in Interferenzfarbe ist bekannt von leichtfertigen Autolackierungen und changiert abhängig vom Standpunkt der Betrachtung und vom Lichteinfall im Farbton zwischen Silber, Gold, Grün, Cyan und Violett. Ein Regenbogen, der einen Horizont andeutet – und von jedem Blickwinkel aus ein wenig anders ausschaut. MARTIN MÜHL
koernoe.at
»ZU WELCHEN THEMEN GIBT
ES ZU WENIG ZU LESEN?«
Von der SiegerInnenehrung der Akti on »Lesemeisterin und Lesemeister gesucht!« auf dem Gelände der »Garten Tulln«.
BIANCA
9, SchĂĽlerin
Ich wĂĽrde gerne mehr BĂĽcher ĂĽber echte Geschichten lesen, nicht nur FantasiebĂĽcher.
INTERVIEW UND BILD
CHRISTOPH
38, Versicherungsangestellter Zu wenig gibt es zu Science-Fiction, und zwar von der, die in die Richtung der kĂĽnstlichen Intelligenz geht. Das finde ich, ist derzeit aktuell. Vereinzelt habe ich schon spannende Dinge dazu gesehen, aber viel Literatur gibt es dazu noch nicht.
KARIN
58, Bibliothekarin Zu wenig zu lesen gibt es grundsätzlich, denke ich, nicht. Man muss es nur finden! Bei Themen wie politischer Bildung oder Werte für das Jugendalter, so zwischen zwölf und 18 Jahren, könnte es aber mehr Qualität geben.
ERCAN UND HAVA
49 und 39, Selbstständige
Ercan: Ich finde, es sollte mehr kindgerechte Sachbücher zu naturwissenschaftlichen Themen geben. Natürlich mit Bildern, damit sie das auch visualisieren können.
Was mir auch noch einfällt, sind die Gefahren, denen Kinder ausgesetzt sind, wenn sie Medien konsumieren. Auch dazu könnte es mehr Literatur geben.
Hava: Ich denke, es sollte mehr über kindliche Psychologie zu lesen geben. Darüber, wie sich Kinder in einem gewissen Alter verändern, warum das passiert und dass es dabei große Unterschiede, natürlich zu Erwachsenen, aber auch zwischen den Altersstufen, gibt.
HANNA STUMMER
LARA AYLEEN
7, SchĂĽlerin
Es gibt zu wenig spannende LesebĂĽcher, finde ich.
MONIKA
40, Bildungs- und Berufsberaterin
Ich denke da an das Thema des Digitalen, wie man zum Beispiel Kinder bei der Handynutzung begleiten und ihnen als Elternteil UnterstĂĽtzung geben kann.
CHRISTA
65, Oma einer Lesemeisterin
Ich finde, es gibt zu wenig Lesestoff fĂĽr Leute, die man aus der Blase herausholen sollte.
BIO FĂśR UNSERE ZUKUNFT
Es ist Zeit, dass wir umdenken. FĂĽr unseren Planeten. FĂĽr unsere Kinder. FĂĽr uns selbst.
Wir beweisen seit 25 Jahren, dass es anders geht. Landwirtschaft in Kreisläufen statt Kunstdünger und Gift. Für eine echte Beziehung zwischen Boden und Teller. Gerhard Zoubek, ADAMAH Gründer www.adamah.at
»ZU
WELCHEN THEMEN GIBT ES ZU WENIG ZU LESEN?«
MIRELA
38, Hausfrau
Als Mutter einer Tochter, die alles zum Thema Kunst liebt, denke ich immer, es sollte dazu mehr zu lesen geben.
MICHAEL
37, Elektriker
Ich persönlich lese gerne Fantasy und finde, davon ist nicht immer genug vorhanden. Das muss man sich dann schon selbst suchen.
SIEGLINDE
49, Bibliotheksangestellte Grundsätzlich wohl immer das aktuelle Thema Natur und Umwelt. Was aber meiner Meinung nach auch ein bisschen ausgebaut gehört, ist das Thema Aufklärung für Kinder und Jugendliche –auch schon für kleinere Kinder.
LUKAS UND LAURA
11 und 9, SchĂĽler und SchĂĽlerin
Laura: Ich möchte gerne mehr Bibi-und-Tina-Bücher lesen.
Lukas: Am liebsten lese ich die lustigen TaschenbĂĽcher. Ich mag sie, weil sie sehr oft spannend sind und man sich durch die Sprechblasen alles richtig im Kopf vorstellen kann. Oft kann ich deswegen gar nicht schlafen gehen und muss einfach weiterlesen.
BIBLIOTHEKEN IN GANZ NIEDERĂ–STERREICH:
DIE EIGENE MEINUNG ZÄHLT
Kinder können bei der Aktion »Lesemeisterin und Lesemeister gesucht!« wieder ihre gelesenen Bücher bewerten.
Die niederösterreichische Kinderleseaktion »Lesemeisterin und Lesemeister gesucht!« lädt 2025 wieder Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren dazu ein, ihre Leseabenteuer festzuhalten, indem sie ihre Gedanken dazu auf Bewertungskärtchen aufschreiben oder malen. Organisiert wird die Initiative von der Servicestelle »Treffpunkt Bibliothek«. Das Ziel ist dabei, die Motivation am Lesen zu steigern und Sprach- sowie Lesefertigkeiten zu fördern.
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Aktion mit über 3000 Einsendungen einen neuen Rekord. Aus allen Beiträgen wurden 40 GewinnerInnen gezogen – je zehn aus den vier Landesvierteln Niederösterreichs. Als Höhepunkt gab es am 11. Oktober 2024 ein Abschlussfest auf dem dauerhaften Landesgartenschaugelände der »Garten Tulln«, bei dem die jungen Lesemeisterinnen und Lesemeister ihre Urkunden überreicht bekamen. Auf der in Kooperation mit der Initiative für ökologisches Gärtnern »Natur im Garten« organisierten Veranstaltung lernten die Kinder außerdem in einem Workshop, selbst Saatbänder zur leichteren Aussaat von Pflanzen zu basteln, und konnten an einer Erlebnistour teilnehmen.
2025 gibt es bis zum 10. September die Möglichkeit, die Bewertungskärtchen einzusenden, die in den 260 öffentlichen Bibliotheken Niederösterreichs oder online erhältlich sind. Ausgezeichnet werden wie im Vorjahr 40 SiegerInnen am 10. Oktober in der »Garten Tulln«. HANNA STUMMER
noebib.at
WÄLDER UND WIESEN: ZECK, ZECK!
Gefundene Zecken einschicken und bei der Erforschung von ĂĽbertragbaren Krankheiten mitwirken.
Schon mit den Frühlingstemperaturen steigt jährlich auch das Risiko für Zeckenstiche – und für die beiden dadurch am häufigsten übertragenen Erkrankungen: Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Bei der Lyme-Borreliose, ausgelöst durch Bakterien, sind erste Anzeichen die typische Wanderröte um die Bissstelle sowie grippeähnliche Symptome. Wie man bei einem Stich am besten vorgeht, wird auf der Website der Leitstelle Notruf NÖ fachmännisch zusammengefasst. Bei Verdacht auf Borreliose ist medizinische Abklärung essenziell, da frühzeitige Antibiotikatherapie für den Heilungsverlauf entscheidend sein kann –ein Impfschutz existiert bisher nicht.
Anders bei FSME: Diese wird durch Viren verursacht und kann zu Gehirnhautentzündungen führen und besonders bei älteren Menschen bleibende Schäden hinterlassen. Das Gesundheitsministerium empfiehlt für ganz Österreich die FSME-Impfung – eine nachweislich wirksame Vorsorgemaßnahme. In Niederösterreich gibt es heuer wieder die Möglichkeit, gefundene Zecken für das Monitoring der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) zur Verfügung zu stellen. So können das Aufkommen der Spinnentiere und die Verbreitung der durch ihre Stiche übertragenen Krankheiten erforscht werden. Im ersten Jahr des Monitorings, 2024, wurden bei 20 % der abgegebenen Zecken Borrelien gefunden. Personen, die sich am Citizen-Science-Projekt beteiligen wollen, können tote Zecken mit der Post verschicken, lebende Exemplare dürfen nur persönlich abgegeben werden – in Niederösterreich am Ages-Standort in Mödling.
ages.at und notrufnoe.com
HANNA STUMMER
GRENZGEBIET BEHAMBERG/STEYR: AUSGEBAUT
Das Biomasseheizkraftwerk in Ramingdorf erweitert seine Kapazitäten für Fernwärme.
In Ramingdorf im Bezirk Amstetten, am nordöstlichen Rand der Stadt Steyr, ist auf dem sowohl auf oberösterreichischem als auch auf niederösterreichischem Gebiet liegenden Gelände des 2013 errichteten Biomasseheizkraftwerks nun ein weiteres Heizkraftwerk in Betrieb genommen worden. Nach rund eineinhalb Jahren Bauzeit wurde die Anlage im Frühjahr 2025 fertiggestellt. Damit erweitert die betreibende Bioenergie Steyr GmbH – ein Tochterunternehmen der Energie AG Oberösterreich Erzeugung GmbH und der EVN Wärme GmbH – ihre dort bereits bestehende Infrastruktur.
ST. PĂ–LTEN/ERZDIĂ–ZESE WIEN
SONNENANBETUNG
Das Land Niederösterreich fördert erneuerbare Energie in Pfarren und Gebetshäusern.
Seit 2013 wird am Standort elektrische und thermische Energie aus Biomasse erzeugt und an Haushalte und Betriebe in der Region, darunter auch Industriekunden wie BMW Motoren, geliefert. »Thermisch verwertet« werden dabei in erster Linie regionale Hackschnitzel. Das neue Heizkraftwerk liefert eine thermische Leistung von 10 Megawatt und steigert die Fernwärmekapazität für die Stadt Steyr um etwa 30 Prozent. Die nötige Biomasse stammt aus einem Umkreis von rund 60 Kilometern, zum Einsatz kommt dafür Waldhackgut, das bei Forstarbeiten anfällt. »Mit dem neuen Biomasseheizwerk stärken wir nicht nur die regionale Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten, sondern zeigen auch, wie erfolgreiche Energiepolitik über Bundesländergrenzen hinweg funktionieren kann«, zeigt sich Energie-AG-Aufsichtsratsvorsitzender Markus Achleitner in einer Presseaussendung erfreut.
energieag.at
HANNA STUMMER
Eine neue PV-Anlage für das Pfarrdach oder ein mit Biomasse statt Gas geheizter Gebetsraum – die Umsetzung klimafreundlicher Projekte wird im Rahmen der Initiative »Energie-Spar-Pfarre« ermöglicht. 110 davon wurden im Jahr 2024 mit rund 490.000 EUR gefördert. Das Land Niederösterreich subventioniert dabei Energiesparmaßnahmen und den Einsatz von erneuerbarer Energie in niederösterreichischen Pfarren, Gebets- und Bildungshäusern anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich – unter anderem soll damit »ein Zeichen für die Bewahrung der Schöpfung« gesetzt werden. Die Förderung gibt es etwa für Maßnahmen wie die Errichtung von Photovoltaikanlagen, thermische Gebäudesanierung oder eine »Optimierung der Heizungsanlage«. Bisher reichten laut dem Amt der NÖ Landesregierung hauptsächlich Pfarren der katholischen Kirche Fördereinträge ein, vereinzelt gibt es aber auch Anträge von evangelischen Pfarren, buddhistischen Gemeinschaften sowie islamischen Kultur- und Wohltätigkeitsvereinen.Seit dem Beginn der Initiative 2013 wurden 542 Projekte mit rund zwei Millionen Euro gefördert, somit kommt die Fördersumme im Jahr 2024 auf beinahe ein Viertel der insgesamten Ausgaben und fast ein Fünftel aller Projekte. Laut dem Amt der NÖ Landesregierung lässt sich dieser Anstieg auf mehrere Faktoren zurückführen, dazu gehören Initiativen seitens der Diözesen und ein wachsendes Bewusstsein für ökologische Verantwortung bei den Verantwortlichen der Kirchen und Religionsgesellschaften.
noe.gv.at
HANNA STUMMER
DIĂ–ZESE
UNTER DEN FĂśSSEN:
BASICS
Junge Menschen sollen im Wettbewerb von SĂĽdwind ihre Blickwinkel auf den Boden teilen.
Im Rahmen des Projekts »Rural Voices 2030« ruft der entwicklungspolitische Verein Südwind Menschen in Österreich, Kolumbien und Ghana zwischen 15 und 30 Jahren dazu auf, bis zum 30. Juni Fotos vom und zum Thema Boden einzureichen. Unter dem Titel »Dein Schnappschuss auf den Boden« sollen vielfältige Perspektiven auf den wichtigen, oft unbeachteten Lebensraum festgehalten werden. Gesucht wird, was die JungfotografInnen am Boden fasziniert, irritiert oder was sie beobachten – egal, ob der vorgefundene Untergrund nützlich, verschmutzt, wild oder verbaut ist. Die besten Aufnahmen werden in einer Ausstellung mit Vernissage am 4. September in Feldkirch, Vorarlberg, präsentiert sowie im »Südwind-Magazin« gezeigt. Unter allen veröffentlichten Bildern werden außerdem 15 Solarlampen inklusive Handylademöglichkeit der Marke M-Lumi verlost. Die Idee zu diesem Produkt stammte ursprünglich aus einem Entwicklungshilfeprojekt, es ist für Outdoor-Einsätze aller Art gedacht. Das Projekt »Rural Voices 2030« widmet sich den Themen Bodenschutz und Gendergerechtigkeit und lädt mit seinen Partnerorganisationen Klimabündnis Vorarlberg und Strategic News Network for Development junge Personen aus den drei Partnerländern ein, beim Wettbewerb mitzumachen. Mit den Teilnehmenden aus Ghana wird es im Rahmen von »Dein Schnappschuss auf den Boden« die Möglichkeit geben, bei einem Online-Fotoworkshop dabei zu sein.
HANNA STUMMER suedwind.at/rural-voices
Jahre
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Weitere Informationen unter energie-noe.at
MOSTVIERTEL:
SMART DINGLE DONGLE
Wer gemeinsam Strom produziert und nutzt, will darĂĽber auch Informationen austauschen. Da hilft ein Smongle.
Stromzähler ablesen war gestern, Smart Meter sind inzwischen in fast jedem österreichischen Haushalt verbaut – so hat es die »Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung« mit der Zielquote von mindestens 95 % bis zum Jahr 2022 vorgesehen. Die klassischen Smart Meter messen den Stromverbrauch im 15-Minuten-Takt, senden ihn – wenn nicht ausdrücklich anders gewünscht und eingestellt – aber nur einmal täglich an den Netzbetreiber. In Niederösterreich wurde vom Unternehmen Mechsat nun ein Smart Meter Dongle mit dem Produktnamen Smongle entwickelt, also ein Adapter, den man ohne fachliche Unterstützung an den Smart Meter anstecken kann. Er kann Erzeugungs- und Verbrauchsdaten in Echtzeit auslesen. Wie es der Zufall will, ist der Geschäftsführer des Unternehmens Mechsat, Philipp Neumann, gleichzeitig Obmann der Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) St. Margarethen (an der Sierning), in der mit dem Smongle nun die beteiligten 150 Haushalte live die Täler und Spitzen auslesen können – und auf dieser Basis entscheiden können, wann etwa besonders verbrauchsintensive Geräte eingeschaltet werden sollen. Als Software kommt hier E.gon zum Einsatz –eine für die Unterstützung und Abrechnung von Energiegemeinschaften in Niederösterreich entwickelte Software, die sich inzwischen europaweit als meistgenutzte Software für Energy Sharing etabliert hat. IRINA ZELEWITZ
smongle.at
WEINVIERTEL:
WINDZENTRALE
Das Öko-Energieunternehmen Windkraft Simonsfeld hat ein neues »360 Grad nachhaltig gedachtes« Bürogebäude.
Seit 1998, mit der Beteiligung der Gemeinde Simonsfeld, die ersten Windkraftanlagen errichtet wurden, ist die Windkraft Simonsfeld zum internationalen Energieunternehmen mit 96 Windenergieanlagen und einem Sonnenkraftwerk im Inund Ausland herangewachsen. Mittlerweile beschäftigt sie rund 140 Mitarbeitende und ist mit knapp 2600 AktionärInnen eines der größten BürgerInnen-Beteiligungsunternehmen Österreichs. Jährlich kann durch die Kraftwerke der Strombedarf von 189.000 Haushalten gedeckt werden. Nun hat das Öko-Energieunternehmen auch ein zum Image passendes Büro: Der Ausbau des bestehenden Gebäudes in Ernstbrunn besteht aus »umweltfreundlichen, regionalen und recycelten Materialien« und wurde bereits für Planung und Umsetzung mit dem klimaaktiv Gold-Standard ausgezeichnet. Knapp 2000 Quadratmeter misst das Gebäude, das aus einer Holzkonstruktion mit Lehmwänden besteht – einem natürlichen Rohstoff, der wenig Energie in der Herstellung benötigt und zudem das Raumklima reguliert. Für den Energieverbrauch des Hauses wurden unter anderem eine Photovoltaikanlage und Erdsonden installiert, welche die Wärme der Erde zur Heizung und Kühlung nutzen können. Darüber hinaus gibt es eine Ladeinfrastruktur für Elektroautos und ein Restaurant mit vegetarisch-veganer Küche. Zur Eröffnungsfeier des neuen Gebäudes erschienen über tausend BesucherInnen. HANNA STUMMER wksimonsfeld.at
GANZ
NIEDERĂ–STERREICH:
SISYPHUS AM STRASSENRAND
Umweltverbände erwarten beim kollektiven »Frühjahrsputz« weniger Müll durch neu eingeführtes Pfand.
Der Anlass mag ein bedauerlicher sein, die gemeinsame Kraftanstrengung ist in vielen Gemeinden trotzdem längst eine lieb gewordene Tradition: Seit bald zwanzig Jahren rücken in Niederösterreich zehntausende Freiwillige zum kollektiven »Frühjahrsputz« aus, oft organisiert von lokalen Vereinen. Gemeinsam wird achtlos weggeworfener Müll aufgeklaubt – »vom Zahngebiss bis zum Autowrack«, berichtet Lorenz Wachter, Geschäftsführer der Umweltverbände. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie gegen das Abfallwirtschaftsgesetz verstoßen, wenn sie Müll beispielsweise aus dem Auto werfen. Theoretisch wären empfindliche Strafen vorgesehen. In der Praxis wird kaum jemand erwischt.
Das sogenannte »Littering« ist nicht nur ein ästhetisches Problem. Für die Landwirtschaft sind Dosen und Glas gefährlich: Gelangen sie ins Tierfutter, verenden die Tiere qualvoll. Längerfristig verwittert herumliegender oder versehentlich eingeackerter Kunststoff – und wird zu Mikroplastik. Problemstoffe wie Motorölreste oder die Kühlflüssigkeit von Kühlschränken verunreinigen den Boden. Lorenz Wachter rechnet 2025 erstmals mit etwas weniger eingesammeltem Müll – dank des kürzlich eingeführten Pfands auf Getränkedosen und PET-Flaschen, denn: »Niemand wirft freiwillig 25 Cent weg.« Mehr dazu im Interview auf THOMAS WEBER
biorama.eu
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Der flexible Tarif oeko Spot+ ermöglicht es, sauberen Strom zu den günstigsten Zeiten zu nutzen. Besonders vorteilhaft ist die Option smartSparen: Sie sorgt dafür, dass Geräte wie Wärmepumpen oder Elektroautos automatisch dann geladen werden, wenn der Strompreis am niedrigsten ist – zum Beispiel früh am Morgen oder mittags. Dadurch wird der Stromverbrauch effizienter, die Nutzung erneuerbarer Energien optimiert und es können bis zu 25 % der Stromkosten eingespart werden. Alles passiert bequem im Hintergrund, sodass kein zusätzlicher Aufwand nötig ist.
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EIN
GEFĂśHL FĂśR STROM
Der kĂĽrzeste Weg zur Energiewende geht ĂĽber die eigene Stromerzeugung.
INTERVIEW
Irina Zelewitz
BIORAMA: Warum ist Stromsparen wichtig, wenn der Strom, den wir produzieren, zu so hohem Anteil aus Erneuerbaren stammt?
SIGRID STAGL: Weil selbst aus Erneuerbaren generierter Strom Umweltauswirkungen hat. Die Photovoltaikpaneele müssen produziert, Windräder hergestellt und am Ende ihrer Lebensdauer auch wieder recycelt werden. Das hat Umweltauswirkungen: Es werden Mineralien und andere Ressourcen verbraucht, es wird Energie eingesetzt und Flächen verbraucht, um diese Betriebsmittel herzustellen.
Die ökologischste Kilowattstunde ist die, die nicht hergestellt werden muss, weil eben jede Kilowattstunde, die generiert werden muss, eine Umweltauswirkung hat.
Österreich, und innerhalb Österreichs besonders NÖ, sind in manchen Darstellungen fast energieautark durch Erneuerbare – würden Sie uns diese statischen Darstellungen
zu Verbrauch und Produktion einordnen.
Es ist cool, wie viel erneuerbarer Strom beispielsweise in Niederösterreich und im Burgenland schon generiert wird. Gleichzeitig ist aber halt mitten in Niederösterreich Wien und das hat aufgrund der Topografie und weil es eine Stadt ist, ganz andere Möglichkeiten, wenn es um Klima- und Umweltschutz geht: Um nachhaltige Mobilität zu praktizieren, hat es beispielsweise einen Vorteil, bezüglich eigenständiger Energieversorgung hat es einen Nachteil, weil es über viel weniger Fläche verfügt, auf der man Photovoltaikanlagen oder Windkraftanlagen anbringen kann.
Daher müssen wir die Erneuerbaren weiterhin ausbauen und Niederösterreich und das Burgenland Überschüsse produzieren. Erstens, um Wien mitzuversorgen, zweitens, um den in ganz Österreich steigenden Bedarf decken zu können.
Wie stehen wir in Ă–sterreich eigentlich da? Wir produzieren viel erneuerbaren Strom, vor allem Wind und Wasser, aber wir importieren ja auch durchaus gar nicht so erneuerbaren Strom. Absolut, teilweise aus Atomkraftwerken, gegen die wir uns in Ă–sterreich eigentlich vor langer Zeit schon ausgesprochen haben. Ă–sterreichweit ist es so, dass wir mehr als 80 Prozent unseres Strombedarfs aus Erneuerbaren decken. Da sind wir gut unterwegs, aber wir haben uns natĂĽrlich gesetzlich verpflichtet, bald
»Man muss nicht über Klimaschutz motiviert sein, um einen Vorteil in der Mitgliedschaft bei einer Bürgerenergiegemeinschaft zu sehen.«
Sigrid Stagl, Umweltökonomin
100 Prozent mit Erneuerbaren zu decken. Und der Bedarf an grünem Strom ist ja nicht fix. Die Elektrifizierung von etwa Mobilität und Wohnraumwärme, aber vor allem auch die Umstellung der Industrie von fossilen Kraftstoffen auf grünen Wasserstoff, braucht sehr viel grünen Strom. Das heißt, wir müssen die Kapazitäten zur Produktion von grünem Strom dringend ausbauen. Gleichzeitig ist es wichtig, dort, wo es geht, so viel wie möglich Energie zu sparen.
Bringt es wirklich was, im Haushalt Strom zu sparen? Handelt es sich beim Energieverbrauch um einen Bereich, wo einfacher eingespart werden kann als in anderen, etwa bei der Ernährung?
Man muss dort einsparen und mit Ressourcen sorgfältiger umgehen, wo es geht. Und bei Energie haben wir wirklich noch nicht das Ende unserer Möglichkeiten erreicht.
Zu Ihrer Frage, ob das ein »nice to have« ist, dass wir halt Energiesparen, wenn es leicht geht: Die Modellierungen, die uns zeigen, wie wir Klimaschutz schaffen können, gehen alle von signifikanten Energiesparzielen aus. Wenn wir also die nicht schaffen – in manchen Bereichen sind hier Einsparungen von bis zu 50 % einkalkuliert –, dann werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Das heißt, Energiesparen
Sigrid Stagl
Gründete das Institut für Ecological Economics der Wirtschaftsuniversität Wien und leitet das dortige Kompetenzzentrum für Sustainability Transformation and Responsibility.
ist absolut nötig, um innerhalb unserer planetaren Grenzen zu bleiben.
Jeder kleine Schritt zählt. Was kann man als BürgerIn aber tun, um außerdem auch direkt zu den großen Schritten beizutragen?
Wir brauchen die vielen kleinen Schritte auch, um die Klimaziele zu erreichen. Aber auch hierbei motiviert es, wenn man dabei gleichzeitig auch große Schritte von anderen Akteuren mit größeren Hebeln beobachten kann. Wir brauchen die Einsparungen auf beiden Ebenen. So dringend und so gravierend ist das Problem.
Als Bürger und Bürgerin kann man sich neben dem Energiesparen auch politisch engagieren – Einfluss nehmen auf das Handeln im Großen. Ansonsten gibt es seit ein paar Jahren auch die Möglichkeit, sich in Energiegemeinschaften zu engagieren, um den eigenen Strombedarf nicht nur aus erneuerbaren, sondern auch aus lokalen Quellen zu generieren. Dazu braucht man weder Zugang zu einem Dach, über das man selbst verfügen kann, noch die Möglichkeit, Tausende Euro auf den Tisch zu legen, um eine Anlage zu bauen.
Es gibt mehrere Formen von Energiegemeinschaften – die gemeinsame Energieanlage (GEA), die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) und die Bürgerenergiegemeinschaft (BEG). Die BEG ist nicht auf Erneuerbare beschränkt, ist sie die zugänglichste?
Die erneuerbaren Energiegemeinschaften haben den Vorteil, dass sie von Netzentgelten zu einem gewissen Teil befreit sind, sie sind allerdings organisatorisch aufwendiger. Sie sind eine gern genutzte Möglichkeit für Bottom-up-Innovation, also von unten startende neue Geschäftsmodelle.
»Die Bereitschaft der TeilnehmerInnen, Informationen und Kontrolle abzugeben, war sehr hoch, solange es den Party-Button gab.«
Sigrid Stagl ĂĽber die Akzeptanz von Demandmanagementsystemen
Bürgerenergiegemeinschaften hingegen sind das einfachste Tool. Und auch wenn es nicht die Auflage gibt, dass sie nur mit erneuerbarem Strom betrieben werden: Ich kenne keine Bürgerenergiegemeinschaft, bei der es nicht um Erneuerbare geht. Sie beschäftigen sich auch mit der sozialen Zusammensetzung von Bürgerenergiegemeinschaften. Wer ist der/die prototypische GründerIn einer BEG? Ist es eine natürliche Person?
Was hat sich durch die Möglichkeit, Energiegemeinschaften in unterschiedlichen Rechtsformen zu gründen, verändert, wenn Leute gemeinsam Strom produzieren und dann teilen möchten?
Früher war es im Prinzip nötig, eine Firma zu gründen, um Strom teilen zu können. Für viele war das ein zu großer Schritt. Dementsprechend ist das selten passiert.
Mit der gesetzlichen Einführung unterschiedlicher Energiegemeinschaften wurde eine neue, zugängliche Form des Teilens möglich gemacht.
Ja, es sind natürliche Personen, bunt gemischt – oft NachbarInnen, die sich zusammenschließen, weil jemand eine Photovoltaikanlage auf einem Dach oder Wirtschaftsgebäude errichtet und den Strom nicht zur Gänze benötigt, wenn er produziert wird – und ihn deswegen anderen zur Verfügung stellt.
Es gibt aber auch Weiterentwicklungen davon: In Niederösterreich, in Haunoldstein zum Beispiel, spielt die EVN als Betreiberin der auf dem Gemeindegebiet angesiedelten Windkraftwerke eine Rolle in der Bürgerenergiegemeinschaft. Windkraft ist so in den Energiemix der Energiegemeinschaft inkludiert – zusätzlich zum kleinen Wasserkraftwerk in der Gemeinde und den Photovoltaikanlagen auf den Dä-
chern Haunoldsteins. Und was richtig cool ist, ist, dass den Mitgliedern der BĂĽrgerenergiegemeinschaft gelungen ist, auch im Winter, also in der schwierigen Zeit, die volle Abdeckung durch eigene Produktion zu schaffen. Also das hat sehr viel Nachahmungspotenzial.
Ist es ökonomisch wirklich vorteilhaft, sich in solchen Gemeinschaften zu engagieren, zu investieren und und da seinen Strom zu beziehen?
Ja. Aber als ForscherInnen versuchen wir zuerst einmal, einfach zu verstehen. Ich habe die Bürgerenergiegemeinschaft Haunoldstein, die Motivation für eine Teilnahme und die soziale Akzeptanz, die sich daraus ergibt, beforscht. Die BürgerInnen Haunoldsteins, die Mitglieder sind, wurden gefragt, warum sie sich dafür entschieden haben. In erster Linie waren es zwei Gründe: die Nutzung von lokalen eigenen Ressourcen – sozusagen der Sonnenkraft, die auf ihrem Gemeindegebiet sowieso scheint, und der Wind, der dort sowieso bläst. Andererseits der stabile Preis, weil die geopolitischen Verwicklungen, die von 2021 bis 2023 zu Energiepreisschwankungen im drastischen Ausmaß geführt haben, vielen Haushalten noch in den Knochen saßen.
Das heißt, der stabile und wettbewerbsfähige Preis war der zweite Motivationsfaktor, erst der drittgenannte war Klima und Umwelt. Das war also nicht die hauptsächliche Motivation für die meisten.
Für verschiedene Arten von Menschen gibt es unterschiedliche Gründe, Mitglied einer Bürgerenergiegemeinschaft zu werden – man muss nicht über Klimaschutz motiviert sein, um darin einen Vorteil zu sehen.
Stimmt das Klischee, dass es hauptsächlich Männer sind, die sich dafür interessieren?
Ja, das stimmt. In den Befragungen, die wir online ausgeschickt haben, haben wir nicht nach dem Geschlecht gefragt, aber ich habe Interviews durchgeführt und dann noch weiter telefoniert, um die Anzahl der Befragungen auszuweiten. Mehrmals habe ich da eine Frau ans Telefon bekommen und die hat mir gesagt: »O, da geht es um die Energiegemeinschaft, ich
gebe Ihnen meinen Mann.« Ich wollte eigentlich mit den Frauen sprechen, aber Energie ist ein Männerthema. Als wir zuletzt einen Vortrag zum Thema Energie hatten, waren selbst von unserem Institut fast nur Männer anwesend.
Ein Problem ist das zumindest insofern, als wir ja auch den weiblichen Beitrag zur Energiewende brauchen. Wie kann man das Interesse der Frauen wecken?
Einerseits ist es natürlich eine Herausforderung für die Kommunikation der Gemeinden und der Koordinierungsstelle, um auch Haushalte zu adressieren, wo kein Mann die Entscheidungen über Verträge und Energieversorgung trifft. Andererseits muss man ganz grundsätzlich Frauen einfach explizit ansprechen mit Angeboten zum Thema Technik – sei es der Töchtertag für technische Betriebe, wo Mädels einen Tag in einem Unternehmen verbringen können, das einen sehr stark technischen Fokus hat.
Es geht also weniger um die Entwicklung neuer Werkzeuge als darum, daran zu denken, Frauen explizit anzusprechen?
Genau. Interesse an günstigen und stabilen Preisen, grünen Strom einzukaufen, ist in der Bevölkerung ja breit vertreten. Insofern sollte man die Möglichkeiten dazu – etwa die Energiegemeinschaften – allen Bevölkerungsgruppen zugänglich machen.
Schätzungen zufolge stammt weit unter einem Prozent der österreichischen Stromproduktion aus den derzeit rund 4.000 österreichischen BEG. Ist das eine Spielerei für engagierte BürgerInnen, oder wird das perspektivisch ein relevanter Beitrag zur Stromproduktion, bringt Netzentlastung und Wissen über Energieverbrauch und -produktion?
Der Wirt im Gasthaus Haunoldstein hat mir erzählt, dass ihm das Thema Bürgerenergiegemeinschaft schon so auf die Nerven gegangen ist, weil das monatelang am Stammtisch besprochen wurde. Es gibt also eine vertiefende Auseinandersetzung damit, dass und wie man Kontrolle darüber bekommen kann, wie der
Die BĂĽrgerenergiegemeinschaft Haunoldstein ist die erste Europas, die auf eine Kombination aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft setzt. energiegemeinschaften. ezn.at/haunoldstein
Derzeit arbeitet Sigrid Stagl unter anderem zu Innovationsforschung, im Projekt »Open Organizing for Energy Transition«.
eigene Strom generiert wird.
In Haunoldstein hat diese Kontrolle noch eine weitere Dimension, denn dort ist der BĂĽrgermeister Obmann des Vereins, der die BĂĽrgerenergiegemeinschaft betreibt.
Wenn der Entscheidungen trifft, die die Bürger und Bürgerinnen nicht gut finden, kann er abgewählt werden.
»Die ökologischste Kilowattstunde ist die, die nicht hergestellt werden muss, weil eben jede Kilowattstunde, die generiert werden muss, eine Umweltauswirkung hat.
Sigrid Stagl, Umweltökonomin
In unseren Forschungsprojekten führen wir oft partizipative Prozesse zu Energiesystemen durch und bitten die Teilnehmenden zu Beginn, auf ein Flipchart aufzuzeichnen, was für sie das Energiesystem ist. Da wird nicht selten eine Steckdose gezeichnet: Da kommt der Strom raus und fertig. Bürgerenergiegemeinschaften haben deutlich dazu beigetragen, dass die Leute darüber nachdenken, wo dieser Strom herkommt. Und wenn man sich mit etwas auseinandersetzt, wird man gut darin, einzuschätzen, welche Grenzen es gibt, und es ist nicht mehr weit zur Frage, was man selber tun kann, um beispielsweise im Verbrauch der Ressource einzusparen.
Insgesamt haben die Energiegemeinschaften eine breitere Teilhabe an der Energietransition ermöglicht. Und das finde ich schon ganz wichtig.
Bezüglich der besseren Nutzung der Netze glaube ich, dass Energiegemeinschaften noch eine nachrangige Rolle spielen. Man braucht natürlich Smart Meter, um eine BEG starten zu können, aber die sind noch nicht so smart, wie wir sie gerne hätten.
Weil die entsprechenden Geräte nicht auf dem Markt sind oder weil sie nicht in den Anlagen installiert sind?
Beides, die Geräte sind entwickelt, aber nicht für den Masseneinsatz auf dem Markt. Und wir
geben den Energieversorgern nicht den Zugriff, den es für Demandmanagement braucht. Man könnte ja zum Beispiel sagen: Heute ist tagsüber sowieso niemand zu Hause, wenn der Kühlschrank jetzt von den zwölf Stunden, wo niemand zu Hause ist, nur zehn Stunden mit Strom versorgt wird, ist mir egal. Wenn ich allerdings ein Fest veranstalte, währenddessen ständig die Kühlschranktür geöffnet und ein Getränk rausgenommen wird, muss der Strom sechs Stunden lang durchlaufen. Wenn wir und die technische Taktung es unseren Smartmetern ermöglichen würden, diese Informationen zu berücksichtigen, könnten wir die Verbrauchsspitzen gut durch Demandmanagement in den Griff kriegen. Dazu, ob wir diesen Zugriff wollen, hat bisher noch keine ausreichende Diskussion stattgefunden.
Experimenten mit solchen smarten Systemen, wo Demandmanagement durchgeführt wurde, haben wirklich beeindruckende Ergebnisse dazu geliefert, wie viel Strom dadurch eingespart werden kann und wie gut die Verbrauchsspitzen abgeschwächt werden können. Die Bereitschaft der TeilnehmerInnen, Informationen und Kontrolle abzugeben, war in den Experimenten sehr hoch, solange es den Party-Button gab, der volle Versorgung aller Geräte sicherstellt – der wird selten genutzt, aber er gibt sozusagen Sicherheit.
Wie wĂĽrden Sie denn Ihr Energiesystem zeichnen?
Ich würde viele Prosumer zeichnen, das heißt: Einheiten, die sowohl NutzerInnen, also VerbraucherInnen, als auch Stromgenerierer sind. Mehrgeschoßige Häuser ebenso wie Einfamilienhäuser, Fabriken und Bauernhöfe. Und dann würde ich irgendwo so ein Zeichen für clever zeichnen – normalerweise ist das eine Glühbirne, wobei das in diesem Fall nicht gut passt. Da würde ich mir was überlegen, um anzuzeigen, dass es smart sein sollte. Weil wir Auseinandersetzung mit der Ressource Energie brauchen und weil wir die Energiewende nicht nur durch Änderungen in der zentralen Bereitstellung schaffen, deswegen würde ich so viele verschiedene Einheiten in mein Energiesystem zeichnen – weil sie so wichtig sind.
FAQ EG
Nicht nur wissen, sondern auch bestimmen, wo der Strom herkommt. So geht Strom gemeinschaftlich produzieren.
Viele Wege führen vom alleinigen KonsumentInnendasein in Richtung Produktion – sie bringen Mitbestimmung, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Gemeinschaft, Mündigkeit durch Wissenszuwachs – und letztlich auch finanzielle Ersparnis.
Welche Energiegemeinschaften stehen zur Auswahl?
Die kleinste Variante einer Energiegemeinschaft, die das österreichische Recht vorsieht, ist eine gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA). Die nächste Ebene sind die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG). Diese dürfen neben Strom auch Wärme erzeugen. Die dritte Variante sind Bürgerenergiegemeinschaften (BEG).
Was gibt es für einen Anschluss –und mehrere Haushalte?
In der GEA (gemeinschaftliche Erzeugungsanlage) erzeugen mindestens zwei TeilnehmerInnen gemeinsam Strom und teilen diesen. Bei dieser Form der Energiegemeinschaft wird in diesem Fall die Leitungsanlage eines Gebäudes oder ein gemeinsamer Netzanschluss genutzt. Für den zwischen den TeilnehmerInnen geteilten selbst erzeugten Strom entfallen Netzentgelte und Abgaben.
Wie geht dasselbe Prinzip im groĂźen Stil?
In einer EEG (Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft) müssen sich die TeilnehmerInnen im Versorgungsgebiet einer Trafostation oder eines Umspannwerks, das heißt meist innerhalb eines 40-Kilometer-Radius, befinden. Mitmachen können Privatpersonen, Klein- und Mittelbetriebe, aber auch Gemeinden. Im Gegensatz zur GEA ist das Versorgungsgebiet größer. Die Netze des Energieanbieters können von den EEG, die sich als Vereine oder Genossen-
schaften zusammenfinden mĂĽssen, zu reduzierten Preisen benutzt werden.
Was, wenn ich meinen Strom durch Mitgliedschaft in einem nachhaltigen Projekt am anderen Ende des Landes beziehen will?
Das ermöglicht die BEG (Bürgerenergiegemeinschaft). Dabei handelt es sich um überregionale, stromproduzierende Gemeinschaften, an denen sich alle natürlichen und juristischen Personen beteiligen dürfen. Für diese in der Regel größeren Projekte fallen die Vergünstigungen für die Netzbenutzung weg. BEG bieten auch StadtbewohnerInnen einfacheren Zugang zur Mitbestimmung und zum Strombezug über eine Energiegemeinschaft.
Welchen Energiemix haben EEG ĂĽblicherweise?
Über die unterschiedlichen Formen der Energiegemeinschaften hinweg dominiert Photovoltaik – hieraus stammt die größte Strommenge. Aber auch bestehende Kleinwasserkraftanlagen wurden laut Informationen der Koordinationsstelle Energiegemeinschaften häufig eingebunden, und inzwischen wurden solche auch in manchen errichtet.
Wie finde ich Anschluss an die EEG oder BEG, die mir passt? Erster Ansprechpartner ist die Gemeinde. Auch die Klima- und Energie-Modellregion-ManagerInnen dienen als AnsprechpartnerInnen vor Ort. Durch eine Landkarte, in die sich Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften eintragen lassen können, sollen sich bestehende Energiegemeinschaften und neue Mitglieder leichter finden – aber etwa auch Erfahrungsaustausch gefördert werden. Diese und vieles mehr auf energiegemeinschaften.gv.at
Irina Zelewitz
WINDKRAFT AKZEPTIEREN
Windkraft bedeutet eine weit sichtbare Veränderung. Mit der richtigen Einbindung der Betroffenen kann Widerständen begegnet werden.
TEXT
Martin MĂĽhl
Photovoltaik- und Wasserkraftanlagen sind im Gegensatz zu Windkraft weniger oder zumindest auf geringerer Fläche landschaftsbildprägend. Die sich dadurch bietende Angriffsfläche sorgt dafür, dass der Diskurs darüber sich wesentlich von dem über andere Energieformen unterscheidet. Wasserkraft bedeutet zwar durchaus große Bauten und einen massiven Eingriff in Natur, Wasserläufe oder auch Fischwanderrouten – unter den Formen erneuerbarer Energie ist Windkraft aber die, die in Österreich dort, wo Anlagen gebaut werden sollen, auf den heftigsten Protest stößt. Und sie wird wie im Jänner 2025 in einer Volksabstimmung in Kärnten populistisch und politisch benützt. »Eine Volksbefragung ist der schlechteste Weg, um die Bevölkerung in eine solche Frage miteinzubinden«, ist Patrick Scherhaufer, Leiter der Inter- und Transdisziplinären Nachhaltigkeits- und Demokratieforschung und stellvertretender Leiter im Bereich Europäische Umweltpolitik an der Universität
für Bodenkultur (Boku) Wien, überzeugt. Mit »Transwind« wurde an der Boku bereits 2015 ein Projekt abgeschlossen, das sich der sozialen Akzeptanz von Windkraftanlagen widmete. Seitdem wird an der Boku weiter zu dem Thema geforscht – unter anderem in Visualisierungslaboren, in denen mit verschiedenen Interessengemeinschaften und betroffenen Akteuren in ganz Österreich fiktive Windparkprojekte diskutiert werden.
SICHTBARKEIT
Den Hauptgrund für die Ablehnung von Windkraftanlagen sieht Scherhaufer in deren Sichtbarkeit: »Windkraft mit ihren drehenden Elementen, der Schattenbildung, der gut sichtbaren Technologie oder auch dem roten Licht in der Nacht verändert eine Landschaft und spielt deswegen die größte Rolle. Interessanterweise ist die Ablehnung bei jenen, die schon länger an einem Ort wohnen und daran gewöhnt sind, dass sich dieser verändert, geringer als bei je-
Windkraftanlagen sind gut und aus groĂźer Entfernung sichtbar. Sie stoĂźen gerade auch deswegen auf Widerstand.
nen, die erst kürzer vor Ort sind und vielleicht in einem Zweitwohnsitz eine Idylle erhalten wollen«, erzählt er über die Beobachtungen aus seiner Forschung. Zu anderen den Menschen betreffenden Einwände gehört etwa die Lärmbelästigung durch Windkraft, die aber, wenn die vorgeschriebenen Abstände zum Siedlungsgebiet berücksichtigt werden, schwer als relevante Einflussgröße darstellbar ist. Aus der Sicht von Betroffenen kann es aber eine große Auswirkung auf deren Akzeptanz haben. Lärm und geänderte Luftströmungen haben auf alle Fälle einen Einfluss auf Vögel. Umweltauflagen sind höchst relevant – auch wenn man immer diskutieren kann, ob diese im Sinne des Schutzes der Artenvielfalt ausreichend sind. Natur- und Artenschutzfragen sind überprüfbare Faktoren, wie zum Beispiel die durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie der EU vorgegebenen Parameter.Ein internationales Forschungsteam mit Boku-Beteiligung hat erst kürzlich gesammelt die Aus-
wirkungen der Windenergie auf Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Recht untersucht, in 14 Kategorien zusammengefasst, unter anderem um eine verbesserte Grundlage fĂĽr politische Entscheidungen zu liefern.
Für die Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Energiewende und Klimaschutz mit der Naturverträglichkeit lassen sich vielfach Lösungen, etwa durch Ausgleichsmaßnahmen, finden. Scherhaufer sieht in Sachen Akzeptanz der Bevölkerung eine große Bandbreite: »In der Gruppe der Unentschlossenen kann sehr gut mit Informationen, mit Einbindung oder mit einer Abänderung der Pläne gearbeitet werden, damit ihre Anliegen und die der Natur ernst genommen werden.« Es gebe aber auch eine Korrelation mit dem Glauben an Verschwörungstheorien – bei dieser Gruppe sei mit sachlichen Informationen zu den Vor- und Nachteilen eines Windpark-Standorts erfahrungsgemäß oft wenig zu erreichen. Und Scherhaufer gibt zu bedenken: »Der Begriff Klimaschutz ist mittlerweile so stark aufgeladen, dass er als Argument bei einigen Bevölkerungsgruppen oft mehr schadet, als nützt.« Relevanter und überzeugender sind hier oft monetäre Argumente.
VERTEILUNGSGERECHTIGKEIT
Denn mit Windkraftanlagen lässt sich gut Geld verdienen. Geld, das nicht nur den Betreibern zugutekommen soll, sondern auch über Pacht und Beteiligungen den Grundstückseigentümern und der Gemeinde, die damit einen Kindergarten oder andere Einrichtungen finanzieren kann. »Es hilft, wenn in der Gemeinde der
FFH-Richtlinie
Die RICHTLINIE 92/43/EWG des Rates der Europäischen Union vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist als »Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie« bekannt.
GrundstĂĽckspreise
Ältere Studien legten nahe, dass Grundstückspreise aufgrund naher Windkraftanlagen um bis zu 2 % im Wert sinken können. Aktuellere Untersuchungen zeigen, dass der Wert aber auch steigen kann.
Patrick Scherhaufer
Der Politikwissenschafter Patrick Scherhaufer leitet die Gruppe Inter- und Transdisziplinäre Nachhaltigkeits- und Demokratieforschung an der Boku Wien
Strom günstiger angeboten werden kann, oder es andere Formen der direkten und indirekten Beteiligung am erzeugten Strom gibt«, sagt Scherhaufer.
Entscheidend ist laut seiner Erfahrung die frühe und offene Einbindung der BewohnerInnen und AnrainerInnen. Dabei müssen Informationen zur Verfügung gestellt werden und es braucht die Bereitschaft, auf Bedenken einzugehen. »Wenn es die Bereitschaft gibt, von 20 geplanten Windrädern drei nicht zu bauen oder nicht an der geplanten Stelle, können damit viele Diskussionen und viel Widerspruch aufgelöst werden«, weiß er aus seiner Forschung. Und es gibt auch regionale Unterschiede, die aber auf viele Faktoren zurückzuführen sind. Im Westen Österreichs ist Windkraft nicht nur weniger ein Thema, weil touristische Regionen von Landschaft und Ausblick profitieren, sondern etwa auch, weil viele Hanglagen oder Schutzwälder in den Bergen keine Windkraftanlagen zulassen. Dahingegen konnte ein starker Landeshauptmann im Burgenland in einer lange Zeit strukturell eher benachteiligten Region mit dem Vorteil einer sehr geschlossenen Siedlungsstruktur viel umsetzen und die Bevölkerung sah in erster Linie die Vorteile. Neben dem Burgenland ist vor allem Niederösterreich besonders stark beim Thema Windkraft: Von Ende 2024 1.451 in Österreich installierten Windkraftanlagen stehen 823 in Niederösterreich und 456 im Burgenland.
SCHUTZ DER BIODIVERSITÄT
Scherhaufer spricht sich dafür aus, die Auswirkungen von Windkraft auf den Natur- und Artenschutz regional besser zu erforschen und damit beurteilen zu können. Einerseits damit zusammenhängende Habitate nicht zerstört werden, andererseits um mögliche Ausgleichsmaßnahmen finden zu können. Er ist überzeugt, dass es mehr Windkraft und erneuerbare Energie braucht. Das wichtigste Instrument für deren Erfolg ist für ihn die offene Einbindung der Bevölkerung. Nachdem Gemeinden damit mitunter überfordert sind, braucht es überregional entsprechende Unterstützung, verbindliche Regeln und politisches Leadership. Darüber hinaus braucht es überzeugte Einzelpersonen, die in einer Windkraftanlage in der Nähe ihres Wohnor-
Windkraft wird zu selten als sichtbares Zeichen fĂĽr eine positive Entwicklung gesehen.
»Wenn es die Bereitschaft gibt, von 20 geplanten Windrädern drei nicht zu bauen oder nicht an der geplanten Stelle, können damit viele Diskussionen und viel Widerspruch aufgelöst werden.«
Patrick Scherhaufer, Boku Wien
tes oder auch ihres Betriebes ein positives Signal für eine lebenswerte Zukunft sehen. Wie einen Gastronomen, der seinen Leitbetrieb in der Nähe eines idyllischen Sees betreibt und den Patrick Scherhaufer gerne zitiert: Gästen, die sich an einem Windrad, das ihre Aussicht beeinträchtigt, stören, erklärt dieser einprägsam, dass ihr Schnitzel und ihr Kaffee in der Zubereitung Energie brauchen und diese froh sein sollen, dass diese aus Windkraft kommt und nicht etwa aus Kohle.
VersOrGunGssiC herheit.
Auf unser Wasser schauen.
Auf unser Wasser schauen.
Auf die Zukunft schauen.
Auf die Zukunft schauen.
ENERGIE IN BEWEGUNG
Dezentrale Erzeugung und Stromspeicher sorgen dafür, dass Strom häufiger bewegt wird. Dies zu steuern, ist eine Herausforderung.
Privat Strom zu speichern, rechnet sich rein finanziell oft noch nicht, erfreut sich aber großer Beliebtheit: »Wir stehen am Beginn einer positiven Entwicklung«, sagt Britta Ehrenberg, Expertin für Stromspeicher und Verteilnetze bei ENU, Serviceagentur und Anlaufstelle des Landes Niederösterreich für Energie, Natur & Klima sowie Umwelt & Nachhaltigkeit. Im Jahr 2024 verzeichnete man bei Netz NÖ einen Anstieg von 13.000 auf 29.000 Anlagen. »Sie ermöglichen mehr Unabhängigkeit vom öffentlichen Netz und leisten einen Beitrag zur Eigenverbrauchsoptimierung«, so Ehrenberg und weiter: »Mit dem zunehmenden Ausbau flexibler Stromtarife, die sich an Angebot und Nachfrage orientieren, ermög-
lichen Speicher, gezielt Zeiten mit günstigen Strompreisen zu nutzen – für den Eigenverbrauch oder für die Einspeisung ins Netz.« Damit leisten sie auch einen Beitrag zur Entlastung und Stabilisierung des Stromnetzes zur Vermeidung von Blackouts. »Ein Stromspeicher allein reicht jedoch bei einem Stromausfall oft nicht aus, um als Notstromlösung zu funktionieren, dafür braucht es zusätzliche Technik«, klärt Ehrenberg auf. Wirtschaftlich sind Stromspeicher eine Investition. Der Mehrwert liegt in der Unabhängigkeit und Flexibilität.
ENTSCHEIDEND IST DIE STEUERUNG
Generell ist die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energiequellen selten konstant – und die
»Ohne Speicher lassen sich in Haushalten rund 25–30 % des produzierten Stroms selbst nutzen, mit Speicher 60–70 %. Wichtiger als ein Speicher ist ein intelligentes Energiemanagement.«
Britta Ehrenberg, ENU
Nutzung bei aller Optimierung selten gleichgeschaltet mit der Erzeugung. Im Großen wie im Kleinen. »Ohne Speicher lassen sich in Haushalten rund 25–30 % des produzierten Stroms selbst nutzen«, weiß Britta Ettenbacher. »Mit einem Speicher lässt sich dieser Wert auf 60–70 % erhöhen. Wichtiger als ein Speicher ist aber in den meisten Fällen ein intelligentes Energiemanagement, das etwa steuert, wann welches Gerät läuft. Und wenn ein Speicher vorhanden ist, auch steuert, wann er geladen und wann auf ihn zugegriffen wird.«
Haushalte und Energiegemeinschaften, die aus anderen als rein finanziellen Überlegungen möglichst viel eigenen Strom nutzen wollen, brauchen dafür aber Speicherlösungen. Diese bestehen aus einem Akku und dem erwähnten intelligenten Lade- und Entladema -
nagement – das Produktion und Speicher überwacht und steuert. Ist die Erzeugung größer als der Stromverbrauch, wird mit dem Überschuss vorrangig der Akku aufgeladen. Erst dann erfolgt die Einspeisung in das übergeordnete Stromnetz. Wenn kein Strom erzeugt wird, steht der gespeicherte Strom zur Verfügung.
HINDERNISSE
Wer sich für die Anschaffung eines Stromspeichers entscheidet, konsultiert zur Planung üblicherweise Fachleute, die die Anlage kennen und bei der Größe des Speichers mit Expertise und Berechnungen unterstützen. Ein zu großer Speicher zahlt sich nämlich nicht nur deswegen nicht aus, weil der Speicher selbst Geld kostet, sondern auch, weil beim Laden und Entladen Strom verbraucht wird und damit verloren geht. Entscheidend ist das Verhältnis aus dem Peak der Stromerzeugung, der Speicherkapazität und dem Jahresverbrauch. Klassische Heimspeicher haben oft eine Größe von rund 10 kWh – die Akkus von E-Autos je nach Fahrzeuggröße zwischen 40 und 100 kWh. Naheliegend also, das eigene E-Auto als Stromspeicher nutzen zu wollen. Noch bis Sommer 2025 läuft eine Studie, koordiniert vom Green Energy Lab – einem Verein für angewandte Forschung und Innovation im Bereich erneuerbare Energie- und Wärmelösungen. Gründungsmitglieder sind die Energieversorgungsunternehmen Energie Steiermark, EVN, Wien Energie und Burgenland Energie, geleitet wird sie von Georg Lettner von der TU Wien, die einen Einsatz von E-Autos als Speicher in der
Praxis testet – und zwar sowohl für Einfamilienhäuser als auch Flotten, Unternehmen und Mehrparteienhäuser. In der Praxis gibt es derzeit viele technische Hürden, wie jene, dass das in Europa weit verbreitete E-Auto mit CCS-Ladesystem im Gegensatz zum japanischen Chademo-Standard technisch noch nicht darauf ausgelegt ist, von der Autobatterie aus auch zu entladen. Auch für das Chademo-System sind die entsprechenden Wallboxen für die Umsetzung auf dem Markt nicht leistbar verfügbar. Wären die technischen Hürden gelöst, gibt es organisatorische, wie jene, dass Fahrzeuge auch bewegt werden und nicht unbedingt dann zur Verfügung stehen, wenn der eigene Strom gespeichert werden kann oder benötigt wird. Die deswegen benötigte Flexibilität bedeutet wieder durch mehr Laden und Entladen einen größeren Stromverlust. Und wirklich spannend würden diese Systeme vielfach erst, wenn mehrere Fahrzeuge, Stromerzeugungsquellen und Verbrauchereinheiten intelligent gesteuert zusammengeschlossen werden können. Das ist praktisch aber noch schwer umsetzbar.
MASSIVE AUFGABE
Für Energiegemeinschaften rechnet sich der Kauf eines Stromspeichers schneller – da die Preise für diese skalieren. Josef Walch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Nachhaltigkeit der Fachhochschule Wiener Neustadt, leitete unter anderem das Forschungsprojekt Netse, das sich schon vor der Schaffung deren gesetzlicher Grundlage damit beschäftigt hat, wie Energiegemeinschaften am bes-
ten aufgesetzt werden, sich organisieren oder auch wie diese ihre Tarife gestalten. Die hier erprobten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) – unter anderem eine in Wieselburg angesiedelte – erzeugten ihren Strom auch mithilfe von Kleinwasserkraftwerken und hatten deswegen eine konstantere Energieerzeugung als etwa PV-Anlagen – weswegen man sich hier gegen Speicherlösungen entschieden hat. Walch sieht gerade in der Speicherung und der nötigen Steuerung aber »eine massive Aufgabe«: Denn »die Smart Meter von den Energielieferanten liefern ihre Daten an die Unternehmen zeitversetzt am Folgetag. Für die nötige Steuerung muss man Erzeugung, Verbrauch und weitere Daten aber in Echtzeit über Schnittstellen auslesen und dann die beste Variante berechnen«. Energiegemeinschaften können hier eine größere Flexibilität bieten und so dafür sorgen, dass mehr eigener Strom genutzt werden kann. Ohne entsprechende Steuerung und Anpassungen sorgen mehr Verbraucher aber auch dafür, dass die Bedarfsspitzen höher sind. Bis dezentrale Erzeugung und vielleicht auch Speicherung gut ineinandergreifen, sind Forschung und Entwicklung gefragt.
KAMPTAL UNTER STROM
Simon Loidl Mit Photovoltaik und Wasserkraft deckt die EEG »Kamptal Energie« fast den gesamten Strombedarf ihrer Mitglieder.
TEXT
»Wir sind EnthusiastInnen der Energiewende«, sagt Christian Hofmann. Der Niederösterreicher war bei der Gründung mehrerer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) federführend. Diese als Genossenschaften oder Vereine organisierten Zusammenschlüsse produzieren und verteilen Strom auf lokaler Ebene. Die von Hofmann mitgegründete EEG Kamptal ist eine besonderes erfolgreiche Energiegemeinschaft. Anfang 2023 von einer kleinen Gruppe
von Personen gegründet, zählt die Genossenschaft mittlerweile 128 Mitglieder, die fast vollständig mit gemeinschaftlich erzeugter Energie versorgt werden. Etwa zwei Drittel der Mitglieder sind Privathaushalte, hinzu kommen Landwirte und Gewerbetreibende.
Mit der Verbreitung des Konzepts Energiegemeinschaften rückt Energieautarkie auf regionaler Ebene in greifbare Nähe. Die gesetzlichen Grundlagen dafür wurden mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz im Jahr 2021
geschaffen. Privathaushalte sind seither nicht mehr darauf beschränkt, den von ihnen erzeugten Strom zu verbrauchen oder Überschüsse ins Netz zu speisen. Zwei oder mehrere Personen können über Grundstücksgrenzen hinweg Energie produzieren, speichern, verbrauchen und verkaufen. In den vergangenen Jahren wurden österreichweit mehrere Hundert Energiegemeinschaften gegründet – allein in Niederösterreich bestehen derzeit um die 200.
ENERGIEENTHUSIASTEN
Es existieren unterschiedliche Modelle von Energiegemeinschaften. Für die regionale Selbstversorgung am besten geeignet sind Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG). Die TeilnehmerInnen – Privatpersonen, kleine Unternehmen und Gemeinden – müssen sich innerhalb des Versorgungsgebiets einer Trafostation befinden. Für die Benutzung des Netzes zur Verteilung des mit Photovoltaikanlagen, Windrädern oder Wasserkraft produzierten Stroms zahlen EEG aufgrund einer Verordnung der Regulierungsbehörde E-Control derzeit reduzierte Gebühren. Die Stromtarife sind deshalb in der Regel niedriger als bei großen Anbietern. Noch sind die wenigsten Energiegemeinschaften komplett autark. Die TeilnehmerInnen beziehen in Zeiten, in denen zu wenig Strom mit den EEG-eigenen Anlagen produziert wird, den zusätzlichen Bedarf aus dem allgemeinen Stromnetz.
Diese Form gemeinschaftlichen Produzierens und Verteilens von Energie hängt vom Engagement der Beteiligten ab. Es handelt sich um ein »offenes Projekt, bei dem alle mitmachen können«, sagt Hofmann. Viele werden zunächst Mitglieder der als Genossenschaft organisierten EEG, ohne selbst Energie zu produzieren. Bei den meisten steigert sich durch die Mitgliedschaft das Interesse an lokaler Stromerzeugung, und einige investieren dann selbst etwa in eine Photovoltaikanlage. Dadurch entsteht laut Hofmann ein »Nachbarschafts- und Communitydenken«, das ein wesentlicher Teil eines derartigen Projekts sei.
Die EEG Kamptal deckt 90 Prozent des Energiebedarfs ihrer Mitglieder. Dieser Erfolg der EEG Kamptal liegt auch an der Teilnahme von fĂĽnf Kleinwasserkraftwerken aus der Region. Deren BetreiberInnen bezeichnet Hofmann
GENOSSENSCHAFT
Die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) Kamptal ist als Genossenschaft organisiert. Eine Genossenschaft ist eine freiwillige Gemeinschaft von natürlichen oder juristischen Personen, die gemeinsam wirtschaftliche Ziele verfolgen und dabei ihre Ressourcen und Risiken teilen. Wer der EEG Kamptal beitritt, muss mindestens einen Geschäftsanteil zum Preis von 100 Euro kaufen. Pro Zählpunkt zur Entnahme bzw. Einspeisung muss zudem ein einmaliger Einrichtungspreis (30 Euro) sowie ein monatlicher Mitgliedsbeitrag (3 Euro) bezahlt werden.
als »HeldInnen der Energiewende«, da sie die Kraftwerke während der letzten Jahrzehnte mit viel Enthusiasmus und Idealismus erhalten haben. Für die EEG Kamptal erweitern sie den Energiemix und sind ein wesentlicher Grund dafür, dass die Genossenschaft ihre Mitglieder zu beinahe hundert Prozent mit Energie versorgen kann: Die unterschiedlichen Energieformen liefern zu unterschiedlichen Zeiten Spitzenwerte. Während im Sommer viel Sonnenenergie produziert wird, liefern die Wasserkraftwerke in der kalten Jahreszeit mehr Ener-
Jeden Zentimeter genutzt: das Hausdach als Stromkraftwerk.
»Wir sind die Biolandwirte in der Energieversorgung.«
— Christian Hofmann, EEG Kamptal
gie. Die Wasserkraftwerke tragen mengenmäßig viel zur Energiebilanz der EEG Kamptal bei. Allerdings lässt sich am Energieprofil auf der Homepage der EEG ablesen, dass die tagsüber produzierenden PV-Anlagen zusammen etwa die fünffache Menge an Strom erzeugen. Auch dafür sei die EEG gut, sagt Christian Hofmann, »um zu verstehen, wie die Region funktioniert«.
PIONIERINNENARBEIT
»Wir sind die Biolandwirte in der Energieversorgung«, sagt Hofmann und meint damit, dass eine »intrinsische Motivation«, konkret eine gehörige Portion Idealismus, eine wichtige Voraussetzung sei, um an einem derartigen Projekt mitzumachen. Diese Motivation speise sich aus einem generellen Interesse an regionaler Versorgung. Viele Menschen wollen wis-
sen, woher das, was sie konsumieren, kommt und wie es produziert wird – auch beim Strom. Und im Gegensatz zu großen Stromanbietern, bei denen auch importierter Atomstrom Teil des Energiemix sei, »ist bei Ökostrom aus EEG immer Ökostrom aus der Region drin«, sagt Hofmann.
Neben idealistischen Motiven gibt es für die Mitglieder auch handfeste Gründe, sich an einer EEG zu beteiligen. Sowohl die Einspeiseals auch die Bezugstarife sind stabil und aufgrund der Netzkostenrabatte günstiger als bei großen Anbietern. Hinter all dem steckt viel ehrenamtliches Engagement, technisches Wissen, das Einzelne der Gemeinschaft zur Verfügung stellen, sowie das über die vergangenen Jahre gesammelte Know-how. »Bei der ersten Gründung war Scheitern eine Option«, sagt Hofmann. Damals wusste keiner der Beteiligten, wohin die Reise gehen würde. Mittlerweile haben sich viele EEG etabliert und professionalisiert und unterstützen einander durch das Teilen von Erfahrungen. Die EEG Göttweigblick, Traisental und Kamptal, bei denen Hofmann mitarbeitet, haben einen gemeinsamen Förderverein gegründet. Dieser beschäftigt zwei Angestellte, die für die bürokratische Abwicklung zuständig sind – von der Aufnahme neuer Mitglieder über die Abstimmung mit dem Netzbetreiber bis hin zur Abrechnung. Energiegemeinschaften sind komplexe Unternehmungen mit vielen Beteiligten und einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand. Der Förderverein finanziert die beiden Angestellten aus Mitgliedsbeiträgen sowie aus Überschüssen, die von den Genossenschaften erwirtschaftet werden. Diese Professionalisierung ermöglicht es diesen EEG auch, das Modell weiterzuentwickeln. Derzeit erprobt man gerade E-Ladestationen und prüft Optionen für Batteriespeicher. Hofmann, der als Konsulent auch bei regionalen Energieprojekten in Tschechien und Deutschland die österreichischen Erfahrungen mit regionaler Energieerzeugung teilt, ist überzeugt: »Wir leisten hier PionierInnenarbeit.«
REGIONALE STROMSCHĂ–PFUNG
Die BEG GrĂĽne Sonne bietet im Waldviertel erzeugten Strom fĂĽr Unternehmen und Privatpersonen.
Das Unternehmen Grüne Sonne erzeugt dezentral im Waldviertel Sonnenstrom –in erster Linie auf den Dächern von landwirtschaftlichen Gebäuden wie Ställen, Lagerhallen oder Höfen und Firmengebäuden. Diese werden dazu von den BesitzerInnen in langfristig angelegten Verträgen verpachtet und sichern diesen über 20 Jahre kleine Zusatzeinkommen. Danach gehen die Anlagen in deren Besitz über. Würde der Strom an große Energieversorger verkauft, wären die Erträge überschaubar – Sascha Böhm, Gründer und Geschäftsführer von Grüne Sonne, hat sich deswegen für ein anderes System entschieden: Er hat unter dem gleichen Namen Grüne Sonne eine BürgerInnenenergiegemeinschaft (BEG), rechtlich einen Verein, gegründet, bei der Unternehmen und Privatpersonen Strom bei Grüne Sonne beziehen können und dafür einen Fixpreis von 25 Cent pro Kilowattstunde (kWh) zahlen. Die Mitglieder bekommen für diesen Preis – zu dem noch Netzgebühren hinzukommen – zum einen Strom aus regionalen erneuerbaren Energiequellen, mit dem sie einen Teil oder ihren gesamten Bedarf decken können. 15 Cent gehen an die Stromerzeugung, ein Cent wird von der BEG für die Aufwände genutzt, 9 Cent pro kWh werden aber auch gemeinnüt-
zige Energie- und Umweltprojekte unterstützt, wie die Aufforstung von Mischwäldern, Biodiversitätsflächen oder künftig auch Flussrenaturierungen. Welche Projekte das sind, entscheiden die Mitglieder ein Mal jährlich gemeinsam.
ZIELGRUPPE BALLUNGSZENTREN
Die Mitgliedschaft in der BEG steht Privaten ebenso offen wie Unternehmen, die die Hauptzielgruppe sind. Einerseits, weil diese mehr Strom brauchen und den Strombezug bei Grüne Sonne in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung und im Marketing nutzen können – aber auch, weil Böhm seine Zielgruppe in Ballungsräumen und Städten sieht: »In Krems oder Wien ist es schwerer, Umweltschutzmaßnahmen umzusetzen, Unternehmen können aber Strom aus erneuerbaren Energiequellen aus dem Waldviertel beziehen – und wir so Wertschöpfung in die Region bringen.« Aktuell hat die BEG zehn Mitglieder in Wien und im Waldviertel. Ihr Strom wird mit Photovoltaikanlagen erzeugt, künftig wird die BEG aber auch Strom von anderen Erzeugern einkaufen und nutzen, an die dann die 15 Cent pro kWh gehen. Im Gespräch sind Windkraftanlagen oder auch kleine Wasserkraftwerke an der Thaya.
TEXT Martin MĂĽhl
BASICS: WAS IST BIOMASSE?
Wie aus Holz, Abfällen und Pflanzen
Wärme, Strom und Treibstoff entsteht.
Bioenergie beziehungsweise Biomasse als Energieträger ist in Österreich die relevanteste Form erneuerbarer Energie. In ganz Österreich, aber auch in Niederösterreich, stammen mehr als die Hälfte der erzeugten erneuerbaren Energie aus Biomasse. Dabei ist Biomasse ein Sammelbegriff, der den Begriff »erneuerbare Energie« je nach Rohstoff und Quelle zumindest infrage stellt: Laut den Zahlen des Biomasseverbands beziehungsweise der Statistik Austria, auf die sich dieser bezieht, sind Pellets und andere Produkte aus Wald und Holzwirtschaft mit rund zwei Dritteln die häufigste Quelle von Bioenergie. Rund ein Drittel besteht aus Abfällen und Reststoffen und aus der Landwirtschaft. Und Holz wächst zwar nach, ist aber mit anderen Quellen erneuerbarer Energie wie Wind, Sonnenstrahlen oder auch Wasser nur schwer vergleichbar. Der Sammelbegriff umfasst aber alle Materialien, die aus Organismen stammen und als Brennstoff oder Wärmequelle genutzt werden können. Zu den häufigsten Biomasseressourcen zählen Holz, Pflanzen, landwirtschaftliche Abfälle und tierische Exkremente.
COâ‚‚-NEUTRAL?
Biomasse ist erneuerbar. CO2-neutral ist ihr Einsatz aber nicht. Zwar wird etwa beim Verbrennen einer Pflanze nur so viel CO2 freigesetzt, wie diese Pflanze zuvor während des Wachstums gespeichert hat. Allerdings wird für die Produktion der Energieträger (Holz, Pellets, Treibstoffe etc.) ebenso zusätzliche Energie verbraucht wie für deren Transport.
WÄRME, STROM, TREIBSTOFF
Aus Biomasse lässt sich auf unterschiedliche Weise Energie gewinnen. Biomasse wird verbrannt, um Wärme zu erzeugen. In Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen wird nicht nur Wärme, sondern auch mechanische Energie erzeugt, die wiederum in Strom umgewandelt wird. Bei Vergärungsprozessen entsteht aus Biomasse brennbares Gas, durch Destillationsprozesse werden Treibstoffe gewonnen. In Niederösterreich setzt sich Biomasse laut Biomasseverband zu 37 Prozent aus Holzabfällen, zu 31 Prozent aus Scheitholz, zu neun Prozent aus Pellets und zu knapp acht Prozent aus Biotreibstoffen zusammen.
Biomasse ist Quelle von Strom und Wärme und kann wie andere Energiequellen in verschiedenen Maßstäben eingesetzt werden – von großen Anlagen, die an Netzen hängen und der allgemeinen Versorgung von Haushalten, Industrie, Gewerbe und natürlich auch Verkehr dienen, bis zu kleinen Anlagen für Einfamilienhäuser und auch Wohnungen. In den letzten Jahren gab es, gefördert von Bund und Land, eine große Bewegung zum Ausstieg aus Öl und Gas hin zu erneuerbaren Energiequellen wie eben auch Biomasse. Und das in allen Größen.
HACKSCHNITZEL
Hackschnitzel sind kleine Holzstücke, die durch Zerkleinern von Holz, Holzabfällen, Ästen und Rinde entstehen. Sie werden aus schwachem oder minderwertigem Holz gewonnen, das bei der Holzernte oder der Durchforstung von Wäldern anfällt. Auch Windbruch – also bei Stürmen entwurzelte oder geknickte Bäume – wird mithilfe von Häckslern zu Hackschnitzeln verarbeitet. Die Maschinen zerkleinern das Holz in kleine Stücke. Danach werden diese nach unterschiedlichen Größen gesiebt. Um ihren Brennwert zu optimieren, werden die fertigen Hackschnitzel schließlich getrocknet und dienen als Brennstoff in Kesseln und Biomassekraftwerken.
SCHADHOLZ
In den vergangenen Jahren entstand durch den Borkenkäferbefall viel
Schadholz. Laut dem Biomasseverband fielen zwischen 2015 und 2022 etwa 27 Millionen Festmeter Käferholz an. Das befallene Holz muss möglichst rasch aus den Wäldern entfernt werden, da sich die Käfer sonst vom Schadholz aus weiterverbreiten. Andere Schädlinge – etwa der Asiatische Laubholzbockkäfer – befallen auch Ulmen oder Eschen. Ursache für die rasante Verbreitung der Tiere während der vergangenen Jahre waren Hitze und Trockenheit, bedingt durch den Klimawandel. Andere klimawandelbedingte Wetterereignisse – Sturm, starker Schneefall – tragen ebenfalls zu größeren Schadholzmengen bei.
PELLETS
Holzpellets bestehen zum überwiegenden Teil aus Sägemehl und -spänen und kleineren Holzresten, die als Abfall bei der Holzproduktion anfallen. Auch Stroh, Heu oder Altpapier kann zu Pellets verarbeitet werden. Das Rohmaterial wird zerkleinert, getrocknet und anschließend zu kleinen zylindrischen Pellets gepresst. Beim Pressen erhitzt sich das Sägemehl so stark, dass sich das im Holz enthaltene Lignin verflüssigt und dadurch als Bindemittel fungiert. Nach dem Abkühlen der Pellets werden Bruchstücke ausgesiebt. Aufgrund ihrer kompakten Form lassen sich Pellets gut lagern und transportieren. Pellets werden in eigenen Kesseln oder in Kombigeräten verfeuert, in denen auch andere Bioenergieträger verbrannt werden können – etwa Scheitholz.
SCHEITHOLZ
Die klassische Art der Energiegewinnung aus Biomasse ist das Verfeuern von Scheitholz. Als Scheitholz gelten gespaltene Holzstücke von 25 bis 50 Zentimeter Länge, die in Kaminen, Öfen oder Kesseln verbrannt werden. Buche und Ei-
che zählen aufgrund ihrer Brenneigenschaften zu den gebräuchlichsten Scheitholzarten. Der mengenmäßige Anteil von Scheitholz an den erneuerbaren Energieträgern hat sich während der vergangenen Jahrzehnte kaum verändert. Österreichweit wurden 1990 17.056 Gigawattstunden Energie aus der Verfeuerung von Scheitholz gewonnen, 2021 waren es 17.350. Für Niederösterreich lauten die entsprechenden Zahlen 4.316 und 4.196. Die verfeuerte Menge von Scheitholz blieb also von dem teils massiv angestiegenen Einsatz anderer erneuerbarer Energieträger weitgehend unberührt.
BIOTREIBSTOFFE
Biogene Treibstoffe sind Brennstoffe, die aus biologischen Materialien wie Pflanzen sowie aus landwirtschaftlichen oder tierischen Abfällen hergestellt werden. Es gibt unterschiedliche Varianten von Biotreibstoffen. Das beispielsweise aus Mais oder Zuckerrohr gewonnene Ethanol wird als Zusatzstoff zu Benzin verwendet, um die Emissionen zu reduzieren. Biodiesel wird aus pflanzlichen Ölen wie Raps hergestellt und in Dieselmotoren verwendet – oft auch als Mischung mit herkömmlichem Diesel. Biogas entsteht durch die Vergärung organischer Stoffe wie Stroh, Gülle oder Biomüll in Biogasanlagen.
Der überwiegende Teil der aus Biomasse produzierten Energie, nämlich 84 Prozent, geht in die Wärmegewinnung. Dies passiert in den Haushalten mittels Öfen und Kesseln ebenso wie durch Kraftwerke, die zehntausende Haushalte mit Fernwärme versorgen. Der niederösterreichische Energieversorger EVN betreibt derzeit nach eigenen Angaben mehr als 80 Biomasse-Fernwärmeanlagen. Das jüngste Großprojekt ist ein Biomassekraftwerk in St. Pölten. Dieses soll Ende 2025 in Betrieb gehen und Strom für 15.000 Haushalte sowie Wärme für 30.000 Haushalte produzieren.
Holz sammeln verboten
Wenn die Energiepreise steigen, ist es verlockend, in den Wald zu gehen und Holz zu sammeln. Dies ist aber auch in geringen Mengen verboten. Wer »stehendes oder geerntetes Holz oder Harz sich aneignet« oder »Wurzeln oder Äste« sowie »liegende Stämme« entfernt, hat laut Forstgesetz mit einer Verwaltungsstrafe zu rechnen.
Kraft-WärmeKopplung
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist ein Verfahren, bei dem gleichzeitig Wärme und elektrische Energie erzeugt werden. In einem Biomasse-KWK-Kraftwerk wird Biomasse verbrannt und dadurch Wasser erhitzt. Eine Dampfturbine erzeugt Strom; die überschüssige Abwärme wird als Fernwärme genutzt.
Kinder, wie die Zeit vergeht
»Erinnern für die Zukunft«: Auch die neue Staffel des »Kultur4Kids«Podcasts widmet sich kindgerecht der Erinnerungskultur, dem Schwerpunkt des niederösterreichischen Kulturjahrs 2025.
Die richtige Antwort lautet »Niuvanhova«. Die Frage – »Wie wurde die Gemeinde Neuhofen an der Ybbs vor 1.000 Jahren genannt« – haben die Kinder auf einem der Arbeitsblätter zu beantworten. Ein paar Buchstaben sind vorgegeben, die fehlenden sind beim Besuch des Museum Ostarrichi im Kulturhof der Marktgemeinde gemeinsam zu ergänzen. Der entscheidende Hinweis findet sich eher beiläufig: auf der berühmten und identitätsstiftenden Urkunde, die im Jahr 996 nach Christus –also eben vor rund 1.000 Jahren – erstmalig den Namen Ostarrichi erwähnt, aus welchem später der Name der heutigen Republik Österreich wurde. Auf dieser Schenkungsurkunde des Kaisers an das Bistum Freising ebenfalls
erwähnt wird Niuvanhova; genau: das heutige Neuhofen an der Ybbs im Bezirk Amstetten. Im Rahmen einer Rätselrallye ergibt sich so ein lokaler Anknüpfungspunkt an die große Geschichte, der viele Kinder überrascht.
Eine der beliebtesten Stationen des Museums, das »in sieben Schritten durch die Geschichte Österreichs« führt, ist das Besiegeln der Urkunde. Jedes Kind darf einen Print der Urkunde selbst mit einem Bienenwachsplätzchen und einem Stempel besiegeln, mit einer Schreibfeder unterzeichnen und dann mit nach Hause nehmen. »So lässt sich Geschichte spielerisch vermitteln und wird nahbar«, sagt Zehetgruber, »die Kinder sind mit Begeisterung bei der Sache«. Ein bis eineinDer »Kultur4Kids«-Podcast macht Lust, Ausstellungen wie z. B. »Kinder des Krieges« zu besuchen.
halb Stunden dauert die Rätselrallye, die von einer/einem eigens ausgebildeten Kulturvermittlerin oder Kulturvermittler begleitet wird. »Vorwissen ist nicht erforderlich«, sagt Marco Zehetgruber, »es ist aber gut, wenn die Kinder den Namen Ostarrichi bereits einmal gehört haben. Manche Kinder wissen sehr viel. Wenn sie unser Museum verlassen, haben sie jedenfalls einen groben Überblick über die Geschichte Österreichs«.
ERINNERN FĂśR DIE ZUKUNFT
An bedeutende geschichtliche Ereignisse zu erinnern und daraus für die Zukunft zu lernen, ist auch das Ziel des niederösterreichischen Kulturjahresschwerpunkts 2025. Er lautet »Erinnern für die Zukunft« und richtet sich an Menschen jeden Alters. Die neue Staffel des beliebten »Kultur4Kids«-Podcasts widmet sich ebenfalls dieser Initiative, aufbereitet für das junge Publikum. Mit dem Podcast bringt die Kunst- und Kulturabteilung des Landes Niederösterreich Kindern die kulturellen Schätze des Bundeslandes näher: spielerisch, abenteuerlich, kindgerecht erzählt von Sophie Berger und Robert Steiner. Der Podcast (alle Folgen sind dauerhaft hörbar) zeigt auf, was Familien beim Besuch der jeweiligen Einrichtungen erleben können. Und 2025 bieten – eingebettet in den »Erinnern für die Zukunft«-Schwerpunkt – eine Reihe von Kultureinrichtungen in Niederösterreich besondere historische Programmpunkte, Ausstellungen und Führungen. Ein Höhepunkt ist die Ausstellung »Kinder des Krieges. Aufwachsen zwischen 1938 und 1945« im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich in St. Pölten (siehe dazu das Interview auf der nächsten Seite). Anlass ist das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Aber auch das Museum »Erlauf erinnert« hat einen unmittelbaren Bezug zum Kriegsende. In Erlauf trafen am 8. Mai 1945 der russische General Dmitri Dritschkin und der amerikanische General Stanley Reinhart aufeinander und beendeten mit einem symbolträchtigen Handschlag den Waffenstillstand in Europa. Das ist der Grund, warum sich Erlauf seit Jahrzehnten als »Friedensgemeinde« versteht und warum hier 2015 – 70 Jahre nach Kriegsende – das Museum »Erlauf erinnert« eröffnet wurde. Unmittelbar in der Gegenwart angesiedelt ist das Haus der Digitalisierung in Tulln. Mit seiner Ausstellung »Smart Data« greift es den Zukunftsaspekt von »Erinnern für die Zukunft« auf. Viele Erlebnisstationen zeigen, wie digitale Technologien unsere Leben verändern. Wie die Zukunft in Niederösterreich aussehen könnte? Auch das vermittelt eine neue Folge des Podcasts »Kultur4Kids«.
»Eltern Kinder Kreativ«: Gemeinsam mit ihren Eltern oder Begleitpersonen entdecken Kinder in diesen Workshops die Vielfalt an Farben, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten. Hier können sie erste gestalterische Erfahrungen machen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen.
3400 Maria Gugging; jeden 1. Dienstag im Monat museumgugging.at
Ein Gastspiel des Theater mit Horizont am Landestheater: »Aladdin« eine Geschichte über Liebe, Macht und Täuschung für Kinder ab 5 Jahren. Inszenierung: Clemens Handler
3100 St. Pölten, Landestheater Niederösterreich; 6. und 7. Juni, 13. und 14. Juni landestheater.net
»Rotkäppchen – neu verirrt«: Die Geschichte vom Rotkäppchen und dem Wolf kennt immer noch jedes Kind. Im Rahmen des Märchensommer Niederösterreich wird sie vom Team um Nina Blum um neue Figuren und Ereignisse zu einem spannenden Theatererlebnis weiterentwickelt .
2161 Poysbrunn; bis 24. August, verschiedene Beginnzeiten maerchensommer.at
»Entdeck die Wunderwelt der Energie« heißt es in den Kinderführungen der Sonnenwelt in Großschönau. Eine spannende Reise durch zwölf Zeitzonen von den Anfängen unserer Welt bis in die Zukunft. 3922 Großschönau; Kinderführungen z. B. am 4., 11., 18. oder 25. Juli sonnenwelt.at
Eine Musikrevue für Kinder haben heuer die Sommerspiele Melk im Programm: »Theo Träumerich«, der seiner Fantasie freien Lauf lässt und in seinen Träumen die Welt bereist, manchmal als Superheld, manchmal verletzlich und klein – aber immer neugierig und fröhlich.
3390 Melk, 3. und 9. August wachaukulturmelk.at
Weitere Tipps: kultur4kids.at/ kulturkompass
Wie war das im Krieg, Oma?
Die Ausstellung »Kinder des Krieges« bringt auch heutigen Kindern das Aufwachsen zwischen 1938 und 1955 näher, erklärt
Der Zweite Weltkrieg liegt fĂĽr heutige Kinder weit zurĂĽck. Das Ausstellungsthema Kindheit im Krieg bietet die Chance, BezĂĽge herzustellen. Worauf wurde da geachtet?
Das Thema Krieg ist uns heute näher, als wir uns das von einigen Jahren noch vorstellen konnten. Unser Fokus ist aber der historische Zeitraum von 1938 bis 1955. Die Kinder von damals sind als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen teilweise noch am Leben – und kommen zu Wort. Der Zweite Weltkrieg ist aber auch in den Erinnerungen der Familien noch präsent. Wie wir aus der Forschung wissen, werden viele traumatische Erfahrungen über Generationen weitergegeben.
Was kann man in der Ausstellung sehen?
In einem Sammelaufruf hatten wir im Vorjahr eingeladen, uns Exponate mit persönlichem Bezug zu schicken, als Objekte mit Geschichten, die an diese Zeit erinnern. Durch die Ausstellung führen Interviews mit 24 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Wobei wir darauf geachtet haben, unterschiedliche soziale Milieus sowie ländliche und städtische Räume zu repräsentieren.
Woran erinnern sich Kinder von damals?
Kinder erleben alles sehr intensiv, erinnern sich auch ihr Leben lang an bestimmte Augenblicke, erfassen aber oft die Gefahr noch nicht. So waren etwa einige der von uns Interviewten als kleine Kinder von den Formationen der Kampfbomber fasziniert, ohne die Bedrohung zu erkennen. Kinder fühlen auch schnell, wenn etwas Beängstigendes im Gange ist und wenn die Erwachsenen sich zu fürchten beginnen. Auch das prägt sich Kin-
Christian Rapp.
dern ein. Gleichzeitig war der Krieg für viele Kinder eine Normalität. Ein Mädchen hat damals zum Beispiel seine Mutter gefragt, was eigentlich im Radio gespielt wird, wenn einmal Frieden ist. Es kannte nur die Kriegsberichterstattung und Wehrmachtskonzerte.
Wie werden denn Zeitzeuginnen und Zeitzeugen einbezogen?
Wichtig war uns, dass auch damals systematisch Verfolgte über ihre Erlebnisse sprechen, etwa Kinder jüdischer Herkunft. In manchen Fällen wurde Kindern erst nach dem »Anschluss« 1938 plötzlich bewusst, dass sie nicht mehr dazugehören, dass sie die Schule verlassen müssen, weil ihre Herkunft dem Regime nicht passt.
Wenn GroĂźeltern mit ihren Enkelkindern die Ausstellung besuchen wollen: Empfehlen Sie eine Vorbereitung?
Christian Rapp, studierte Theater- und Medienwissenschaft und Kunstgeschichte und ist seit 2018 wissenschaftlicher Leiter im Haus der Geschichte des Museum Niederösterreich.
Die braucht es nicht. Was wir uns wünschen, sind Gespräche miteinander, dass man sich Zeit nimmt, sich auf das Thema einlässt. Da geht es vielleicht eher um eine gemeinsame Nachbereitung. Ich denke, die Ausstellung bietet viele Möglichkeiten, in das Thema einzutauchen, über die großen Illustrationen, über die Interviews, über die Objekte, über die Fotografien. Und diese zeigen ein sehr breites Spektrum davon, was Kindheit damals alles umfasst hat, auch das, was Kindern gefallen hat. Das NS-Regime hat ja nicht nur mit Repression gearbeitet, sondern auch mit Verlockungen. Auch das war Teil der Wirklichkeit, die man berücksichtigen sollte. museumnoe.at
GEMĂśSEGARTEN MIT WEITBLICK
Mehr und mehr Marktgärtnereien versorgen ihre Umgebung durch »biointensiven« Anbau mit Gemüse, Kräutern und Beeren. Die Vernetzung der Market-Garden-Bewegung geht von Absdorf im Weinviertel aus.
Vor dem Zaun steht ein Lastenrad im niedergetretenen Gras. Durch den Zaun hat den fremden Besucher Milo im Blick. Der siebenjährige Retrieverrüde ist immer mit dabei, wenn Alfred Grand in seinem weitläufigen »Grand Garten« werkt. Auf 8000 Quadratmetern wachsen darin 50 Kulturpflanzen – vor allem Gemüse, Salate, Kräuter und
Beerenobst – und vermutlich ein Vielfaches an Wildpflanzen. Es ist früher Abend, die Arbeit des Tages getan. Milo streift nach kurzem Beschnuppern wieder durch die Beete. Und Alfred Grand hat Zeit, uns durch sein Reich zu führen. Seit 2019 gibt es dieses Gemüseparadies hier in Absdorf im Weinviertel. Seit damals vermarktet der Bauer seine Feldfrüchte mittels Biokiste im
TEXT
Thomas Weber
im »Grand Garten«, einer Marktgärtnerei mit Forschungsanspruch und Modellcharakter.
Mehr zum Betriebsformat Market Garden am Beispiel »Grand Garten« BIORAMA.EU/ REGIONALES-GEMUESE/
Abo. »Das funktioniert eigentlich von Anfang an ganz gut«, sagt der Landwirt, »mittlerweile haben wir 160 wöchentliche Abos«. Doch der Grand Garten ist mehr als bloß ein weiterer Betrieb, der erfolgreich sein Biogemüse verkauft. Er ist als Forschungsfarm angelegt, kooperiert mit der Wiener Universität für Bodenkultur ebenso wie mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl), der staatlichen Ernährungsund Gesundheitsagentur Ages oder der niederländischen Agraruni Wageningen. Und der Grand Garten soll Modellcharakter haben für eine Vielzahl an ähnlichen Unternehmungen, die – geht es nach Alfred Grand und seinen MitstreiterInnen – künftig aus dem Boden gestampft werden: weltweit, österreichweit und natürlich überall in Niederösterreich.
MEHR VIELFALT, GERINGERES RISIKO
Derzeit gibt es in Niederösterreich zwischen 30
und 50 Marktgärtnereien, schätzt Grand. Systematisch erfasst wird das nirgendwo. »Unser Ziel wären an die 500«, sagt der 54-Jährige. Möglich wären mindestens 1000 solcher Produktionsbetriebe, schätzt er: »Alleine für Wien würde es im Speckgürtel schon 500 brauchen.« Bedarf gebe es gleich aus mehrerlei Gründen. Denn die Marktgärtnerei (international ist meist von einem »Market Garden« oder einer »Market Farm« die Rede) gilt als vielversprechende, weil besonders intensive, besonders widerstandsfähige und dabei gleichzeitig besonders nachhaltige Form der regionalen Versorgung mit pflanzlichen Lebensmitteln. Sie braucht wenig Fläche (meist wird weniger als ein Hektar bewirtschaftet), arbeitet kleinstrukturiert, verhältnismäßig low-tech und deshalb günstig und ohne großen Fuhrpark, Maschineneinsatz oder andere teure Investitionen. Der Boden wird kaum bearbeitet, der Fokus liegt auf dem Aufbau und Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Das speichert CO2, viel Wasser (Starkregen/Trockenheit) und durch die Direktvermarktung bleibt maximale Wertschöpfung im Betrieb und Arbeitskraft in der jeweiligen Region. »Als vergangenen Herbst nach den starken Unwettern die Felder vielerorts wochenlang nicht mit den schweren Traktoren befahren werden konnten, waren wir schon am Tag nach dem Regen wieder draußen und haben geerntet«, sagt Alfred Grand. Ernteverluste gab es kaum. Selbst Hagel blieb halbwegs verschmerzbar, weil er keine großflächige Monokultur betraf, sondern nur einige wenige Pflanzen wirklich zerstörte. Vielfalt am Feld streut das Risiko.
TASKFORCE MARKTGÄRTNEREI
»Viele Marktgärtnereien werden von QuereinsteigerInnen betrieben«, sagt Felix Münster, Obmann des 2022 gegründeten Vereins »Marktgärtnerei Österreich«, »oft haben sie nicht einmal einen Traktorführerschein, betreiben aber effizient Landwirtschaft«. Der Verein wird im Juli 2025 auch die »Taskforce Marktgärtnerei« übernehmen. Diese von der Austria Wirtschaftsservice (AWS) geförderte Initiative bringt bislang bereits 90 Personen zusammen, die sich für das Thema interessieren. Engagierte Einzelpersonen ebenso wie
Biobauer Alfred Grand gemeinsam mit Milo, seinem Golden Retriever,
VertreterInnen großer, wenn es um die Abnahme von Gemüse geht, auch mengenmäßig relevanter Institutionen, etwa aus der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung. »Gemeinsam wollen wir die Rahmenbedingungen so gestalten, dass diese Form der Landwirtschaft auch flächendeckend Wurzeln schlagen kann«, sagt Grand, »als Beitrag zu gesunder Ernährung, fruchtbaren Böden und lebendigen Regionen.« Fast alle der Marktgärtnereien sind biozertifiziert. Oft arbeiten sie mit ihrem regenerativen Anspruch, den Boden durch Mulchen und Komposteinsatz wiederherzustellen oder zu verbessern, aber über die gesetzlichen Anforderungen der EU-Bioverordnung hinaus. Im Grand Garten gelingt es, völlig auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu verzichten.
Wirtschaftlich hat sich das Prinzip der Marktgärtnerei – international wie in Österreich – bereits vielfach bewährt. Sogar ganz
ohne Subventionen, wie Alfred Grand sagt, »weil die entsprechenden Rahmenbedingungen fehlen«.
»FUNKTIONELLE ARTENVIELFALT«
Was punkto Vielfalt und Biodiversität möglich ist, zeigt sich aber nicht nur am Gemüsefeld und im Folientunnel. Das gesamte Areal des Grand Garten ist zwar eingezäunt. Gefräßige Rehe müssen als Fressfeinde draußen bleiben. Aber bereits Feldhasen schlüpfen immer wieder durch den Zaun. Für alle kleineren Arten ist er ohnehin durchlässig. Für Falken und Schleiereulen wurden sogar eigens Sitzstangen und Nistkästen eingerichtet. Mäusefresser sind im Gemüsegarten besonders willkommen. Immer wieder spricht Grand von »funktioneller Artenvielfalt«. Sogar Hund Milo leistet seinen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung und gräbt immer wieder, wo er Mäuse riecht. Innerhalb des eingezäunten Areals wird der Garten au-
»Grand Garten« 2019 gegründete Forschungsfarm, Demonstrationsbauernhof und Marktgärtnerei in Absdorf im Weinviertel. Zahlreiche, teils internationale Forschungsprojekte. grandfarm.at
Verein »Marktgärtnerei Österreich« 2022 in Niederösterreich gegründeter Zusammenschluss zur Vernetzung und Interessensvertretung. Vereinssitz ist in Kautzen im Waldviertel.
marktgaertnerei.at
Angebaut und geerntet wird im Freiland wie im Folientunnel, der einerseits empfindliche Pflanzen (z. B. Paradeiser) schützt, andererseits die Saison aufs ganze Jahr verlängert.
Seit Kurzem ist Alfred Grand auch Umweltgemeinderat seiner Heimatgemeinde. In dieser Funktion hat er die Idee der Marktgärtnerei auch bereits im Gemeindebund vorgestellt.
einem Ameisenhaufen stehen. »Rund um uns ist, so weit wir sehen, Agrarwüste.« Er deutet über den Zaun des Gartens hinaus, fragt: »Woher kommen da plötzlich die Ameisen oder die Zauneidechse, die wir gerade aufgescheucht haben?«
WAS MARKTGÄRTNEREI NICHT KANN
Auch auf andere Fragen gibt es noch keine Antworten. Beispielsweise: Wohin mit all dem Gemüse? Gerade zur Haupterntezeit im Sommer und Frühherbst gibt es immer wieder saisonale Überschüsse, die gelagert oder im Falle besonders guter Ernten auch verarbeitet werden müssen. Vielen der kleinen Betriebe fehlt dafür das Knowhow und die Infrastruktur. Angedacht wird, die Lagerproblematik regional genossenschaftlich zu lösen.
Porträts weiterer Marktgärtnereien unter anderem in der BIORAMA BIOKÜCHE 2025 BIORAMA.EU/ BIOKUECHE-2025
ßerdem von einem abgetrennten, mehrere Meter breiten Biodiversitätsstreifen flankiert; gewissermaßen als permanente Ausgleichsfläche. Diese Hecke mit Wildgehölzen und Bäumen alter Obstsorten, die gemeinsam mit der Organisation Arche Noah ausgesetzt wurden, ist ein Rückzugsraum für Arten, denen in der reinen Kulturlandschaft wenig Platz bleibt. Weil sich in den vergangenen Jahren immer wieder ein Wiedehopf im Grand Garten sehen ließ, wurde im Winter mit lokalen BirdwatcherInnen ein Nistkasten für den bodenbrütenden Vogel aufgestellt. Bei unserem Rundgang zeigt sich allerlei Getier, sogar der eine oder andere Kiebitz und eine Schar der selten gewordenen Rebhühner. »Manches ist für mich schon ein Wunder«, sagt Alfred Grand, als wir durch die Wiese stapfen, und bleibt vor
Was hingegen bereits klar ist: Ausschließlich von Gemüse aus Marktgärtnereien werden wir uns auch künftig nicht ernähren. Selbst wenn es in Niederösterreich irgendwann einmal wirklich 1000 solcher Betriebe geben sollte. Denn tierische Lebensmittel wirft das Prinzip Marktgärtnerei keine ab. »Auch wenn einige Betriebe erfolgreich Legehennen integrieren«, sagt Alfred Grand. Auch die Grundzutaten für Brot, Tofu oder Sonnenblumenhack werden weiterhin auf klassischen Weizen-, Soja- oder Sonnenblumenfeldern wachsen. »Solch klassische Ackerkulturen wie Getreide, Zuckerrüben, Sonnenblumen oder Soja«, sagt Alfred Grand, »die sind auch in Zukunft nichts für uns MarktgärtnerInnen.« Im Grand Garten wird im Sommer freilich trotzdem die eine oder andere Sonnenblume blühen. Der Vielfalt und der Schönheit wegen.
Anpassung an den Klimawandel
Der Klimawandel bringt mehr Hitzetage, Trockenheit und Starkregen. Österreichs Land- und Forstwirtschaft kämpft daher zunehmend mit sinkenden Ernten und Qualitätsverlusten.
Wie passt sich der Pflanzenbau an?
ď‚§ Kultur- und Sortenwahl: Abtestung und Forcierung von hitzetoleranten und wassereffizienten Kulturarten und Sorten.
ď‚§ Wassersparende Bewirtschaftung: Bodenbedeckung, Mulchsaat, Direktsaat und Humusaufbau helfen Wasser besser im Boden zu halten.
 Intelligente Bewässerung: Moderne Bewässerungstechnik, Nutzung von Regenwasser und Bewässerungsmanagement helfen sparsam mit der Ressource Wasser umzugehen.
Welche MaĂźnahmen ergreift die Tierhaltung?
 Tiergesundheit: Höhere Temperaturen begünstigen die Entwicklung von Krankheiten und Schadinsekten. Schutzimpfungen und ein Mückenmanagement helfen gegen die Ausbreitung von Krankheiten.
 Tierwohl: Durch Lüftung und Kühlung des Stalles bzw. der Tiere sowie die Züchtung hitzetoleranter Rassen lässt sich dem Hitzestress entgegenwirken.
 Schadgasabtransport: Die in höherem Außmaß entstehenden Schadgase aus Exkrementen sowie Feinstaub bei höheren Temperaturen müssen aus dem Stall durch erhöhten Luftaustausch abtransportiert werden.
Wie reagiert die Forstwirtschaft?
 Artenvielfalt: Förderung artenreicher und klimafitter Mischwälder.
 Biodiversitätsförderung: Nistkästen und Totholzbäume fördern die Ansiedelung von Nützlingen wie dem Ameisenbuntkäfer, einem natürlichen Gegenspieler des Borkenkäfers.
HITZETAGE
NEHMEN
ZU
2010er Jahre
Hitzetage 25
1970er Jahre
10
Hitzetage
Als Hitzetage gelten alle Tage, an denen die Höchsttemperatur mindestens 30 Grad Celsius beträgt.
Quelle: ZAMG Grafik: LK NĂ–; Stand: 2023
TEXT Martin MĂĽhl
BILD Stefan Staller
MACH SALAT DARAUS!
Es gibt viele Möglichkeiten, Salat vielfältige Geschmacksnoten zu verleihen. Die Grundzutaten aus der Region zu beziehen, ist üblich – aber auch für die Extravaganzen bieten Niederösterreichs ProduzentInnen mehr, als man meint.
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AĂ– LEINDOTTERĂ–L, GILLI-MĂśHLE SPEISEĂ–L
Der erste Kontakt auf der Zunge deutet Richtung grüne Erbse oder Spargel – später dominiert das nussige Aroma. Früher als Unkraut am Leinfeld bestenfalls ignoriert, ist Leindotter heute geschätzt. Kalt gepresst in Eggenburg, im Einsatz als zusätzlicher Kick für Speisen, die nicht mehr heiß sind oder es nie waren.
iss-dialekt.at
2
BIOHANFSAMEN, HANFLAND
Hanfsamen geben Salaten (oder etwa auch Müsli) ein Mehr an Biss und verleihen – püriert auch in Smoothies, Drinks oder Aufstrichen –eine nussige, aber nicht bittere Note. Diese sorgt auch dafür, dass sie sich zum Backen eignen. Wie alle Hanfprodukte sind auch die Samen reich an Omega-3-Fettsäuren und können für die gesuchte Balance zum Omega-6 eingesetzt werden. Der Produzent Hanfland kommt aus Hanfthal im Waldviertel. hanfland.at
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DISTELĂ–L, TONI SCHMID
Das Bioweingut Toni Schmid aus Stranig, südöstlich von Eggenburg, erzeugt Bioweine – auch Natural und Orange – und Produkte aus der eigenen Biolandwirtschaft. So wie das kalt gepresste Distelöl – auch als Färberdistelöl bekannt. tonischmid.com
5
BIO-APFELESSIG, FILIPP
Gar nicht so leicht zu finden: Klassischer Bioessig aus Niederösterreich. Der Waldviertler Obstbaubetrieb Filipp konzentriert sich ganz auf Äpfel und produziert aus diesen auch Cider und den hier verkosteten Apfelessig: Dieser ist geschmacklich äußerst klar, geradlinig und macht bei der Säure keinerlei Abstriche. bioobstbau-filipp.at
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BIO-ROTE-RĂśBEN-SALAT, LUTZ
Die Roten Rüben in diesem Salat sind in feine Streifen geschnitten, überzeugen mit dem typischen Geschmack und werden mit Weingeistessig, Zucker, Salz, Kren und Kümmel abgeschmeckt und abgerundet, wobei die zusätzlichen Gewürze hier eher mehr als weniger zur Geltung kommen. Wer sich was aus dem Baltikum abschauen möchte, versucht den Salat im Sommer mit Ziegen- oder Schafsweichkäse. Produziert in Wieselburg. bio-lutz.at
6
BIO-WACHTELBOHNEN, BIO-G’SCHICHTL
Die mehlige Hülsenfrucht wird außer in Europa vor allem in Mittel- und Südamerika gegessen und neben ihrem Eiweißgehalt vor allem dafür geschätzt, den Geschmack der Speisen, in denen sie verarbeitet wird, anzunehmen und diese aber gehaltvoller zu machen. Anders formuliert: Super als Ergänzung in Salaten – um sie zur sommerlichen Vollmahlzeit zu machen. biogeschichtl.at
7 NATĂśRLICH BITTER, SONNENTOR
Bitterstoffe sind gesund –aber aus unserer Ernährung fast verschwunden. Wer sich nun regelmäßig fragt, welche Lebensmittel natürliche Bitterstoffe enthalten und wie die am besten in den Speisenalltag integriert werden, kann mit dem Bitterspray zu Hause und unterwegs die Abkürzung nehmen: Mit 25 Vol.-% Alkohol, Biokräuter- und Gewürzauszügen mit Fenchel, Schafgarbe, Bibernellwurzel, Anis oder auch Kümmel. sonnentor.com
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VERJUS, WEINGUT H.U.M. HOFER
Verjus – der alkoholfreie Saft unreifer Trauben –ist sanfter als Essig oder auch Zitronensaft und lässt sich in der Küche vielfältig einsetzen. In Salatdressings gibt er leicht fruchtig-herbe Säure, als Getränk ist er mit oder ohne Kohlensäure aufgespritzt eine erfrischende, subtile, alkoholfreie Alternative zum Wein. weinguthofer.com
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HILDEGARD BITTERKRÄUTER,
GEWUSST WIE
Der Einsatz von bitter schmeckendem zur Unterstützung von Gesundheit –und Harmonie – im Körper wird unter anderem auf Hildegard von Bingen zurückgeführt. Und so tragen diese Tropfen ihren Namen. (Mehr zum Hildegard-Kult auf biorama.eu). Zwölf heimische Kräuter wie Bitterkleeblätter, Enzianwurzel und Tausendguldenkraut kommen zum Einsatz – und können pur oder als Drink genossen werden. Das schmeckt dann, wenig überraschend, in erster Linie bitter und ein bisschen nach einer anderen Zeit. gewusstwie.at
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BALSAMICO VELTSAM+, MAYER+MAYER
Ein außergewöhnliches und einnehmendes Geschmackserlebnis ist dieses Konzentrat aus Veltliner und Balsamico, das durch Verdunstung konzentriert statt durch Zucker verdickt wird (öde Balsamico-Creme lässt grüßen). Auf der Zunge höchstgradig intensiv mit einer Balance aus Säure und Süße. Die HerstellerInnen empfehlen ihn nicht nur für Salate, sondern auch Fleisch, Prosecco oder Vanilleeis. Es reichen schon ein paar Tropfen – und am besten ist er sowieso pur. mayer-mayer.at
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Eine Energieversorgung, die Sicherheit, Unabhängigkeit und Umweltverträglichkeit verbindet, erfordert Mut, Weitblick und Partnerschaften für die Zukunft.
Wir scha en die Energiewende. Gemeinsam.
NEU ODER NOCH GUT
Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns Weghören und -sehen vergeht.
»ÖFFI TOUREN WIEN UND NIEDERÖSTERREICH«/ Kompass, 2025.
Vorgelesen fĂĽr alle, die gern rauskommen, ohne dabei ins Auto steigen zu mĂĽssen.
Es war sehr nun jahrzehntelang weit verbreitet, dass man, um Zeit in der Natur zu verbringen, dazu wie selbstverständlich zuerst einmal ins Auto steigt. Egal, ob von der Stadt oder vom Dorf aus startend, Öffi-Anbindung war ein oft vergessenes Kriterium in der Auswahl der Freizeitziele. Dass es auch anders geht – und dass es vieles gibt, das bestens mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, zeigt der Kompass-Verlag mit seiner Reihe »Öffi Touren« – einer Kooperation mit der Klimaschutzorganisation Protect our Winters (POW) und dem Verein Bahn zum Berg. In dieser Reihe sind nun sechs Bücher erschienen – auch eines für Skitouren. Der Band »Wien und Niederösterreich« sammelt 56 Wanderungen, deren Ausgangspunkt sowie Ziel mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Geordnet sind diese nach Regionen und allesamt versehen mit einer Übersichtskarte, kurzer Beschreibung und wichtigen Informationen wie Länge, Höhenmeter, Dauer oder auch Schwierigkeitsgrad der Route. Das Buch bietet somit einen guten Überblick und eine Entscheidungshilfe dazu, welche Wanderung auf dem Plan stehen soll – QR-Codes im Buch verweisen auf detaillierte Onlineinformationen des Vereins »Bahn zum Berg«, auf dessen Website sich öffentliche Verbindungen abrufen lassen. Rundherum werden allgemeine Informationen zum Rucksackpacken für öffentlich Wanderreisende, zu Sicherheitsthemen oder auch zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Berge und die dortigen Wetterverhältnisse geboten. Auch wenn das Buch Lust macht, öfter mal nur zum Spazieren rauszufahren – sein Schwerpunkt liegt auf Tou-
ren, die mit mehr als 15 Kilometern und mittlerer Schwierigkeit doch eine gewisse Anstrengung bedeuten. Gedruckt mit Cradle-2-Cradle-Zertifikat.
DANIEL DECKERS/ »FRIEDRICH ZWEIGELT«/ Böhlau, 2023.
Vorgelesen fĂĽr RotweintrinkerInnen.
Der FAZ-Redakteur Daniel Deckers hat sich mit der angemessenen Akribie einer Person gewidmet, die prominent ist, mit der die meisten aber nur eine Assoziation verbinden: die Rebsorte, die Friedrich Zweigelt gezüchtet hat – und die heute öfter als jede andere Rotweinrebe in Österreichs Weinbergen steht. Welche biologische Leistung dahintersteht, veranschaulicht schon das Vorwort des Autors: Flächenmäßig ist Zweigelts Neuzüchtung (aus Blaufränkisch und St. Laurent) die bis heute weltweit dritterfolgreichste. Davon, dass dieser Zweigelt irgendwie mehr oder weniger Nazi gewesen sein könnte, haben auch einige gehört, aber genau weiß man es dann auch oft nicht – umso wichtiger, dass es hier einer ganz genau wissen wollte, sich durch Archive gegraben und sich hochkarätige Expertise ins Boot geholt hat. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist ein nüchternes, gern gelesenes Porträt der Persönlichkeit, die an der Höheren Lehranstalt für Obst- und Weinbau Klosterneuburg, ab 1942 als deren Direktor, wirkte und im Buch-Untertitel »Wissenschaftler, Rebenzüchter, Nationalsozialist« zusammengefasst ist. Ein »überzeugter«, stellt der Autor glasklar – und trägt somit zur Bekämpfung von Halbwissen und Unwahrheiten bei, die sich bis heute vehement als Gegenstand von Smalltalk über einem Achterl gehalten haben.
IRINA ZELEWITZ
MARTIN MĂśHL
UND SONST SO, IM BIORAMAUNIVERSUM ...
UPCOMING
OUT SOON
BIORAMA WIEN–BERLIN #5
BIORAMA BIOKĂśCHE 2026
Das BIORAMA-Bookazine für alle Ös terreicherInnen, die Wert auf biologi sche Küche legen, geht in die sechste Runde! Wir zeigen die Vorzeigebetriebe der Bioverpflegung genauso wie jene, die deren Grundlagenarbeit machen: BioproduzentInnen von Vorarlberg bis zum Neusiedler See. Bei uns erzählen sie, worauf sie stolz sind und womit sie hadern. Richtig viele, richtig gute Produktempfehlungen, Küchentipps und Rezepte gibt’s wie immer obendrauf! Die nächste Ausgabe erscheint Ende 2025. Die bisherigen Ausgaben der BIORAMA BIOKÜCHE sind auch online. biorama.eu/ausgaben
Im Juni 2025 erscheint die nächste Ausgabe von BIORAMA Wien–Berlin. Wir werden uns wieder ansehen, welche unterschiedlichen oder auch ähnlichen Antworten die beiden Städte auf die Bedürfnisse ihrer BewohnerInnen finden – wir werden Unvergleichbares vergleichen. Denn: Wir lieben unsere Hauptstädte, wollen sie aber noch liebenswerter gestaltet wissen und dazu immer wieder neue Vorbilder finden. Unsere bisherigen Hauptstadtausgaben sind – wie alle BIORAMA-Printmagazine –auch online nachlesbar auf biorama.eu/ausgaben
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MAGAZIN
KOLUMNE
MEHR ALS SONNENGLAS UND SCHWEDENOFEN
Fast so gut wie sonnenreife Paradeiser aus eigenem Anbau: das neue LebensgefĂĽhl, seit der Strom vor allem vom Dach kommt und nicht mehr bloĂź aus der Steckdose.
LThomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu
angsam entwickle ich ein Gespür für Strom. Dieses Denken in Ka-weh-Peak und Kilowattstunden ist mir immer noch fremd (und wird es vermutlich auch bleiben). Doch die Ladestriche auf dem Stromspeicher, in dem eingelagert wird, was auf dem Garagendach tagsüber an Sonnenenergie eingefangen wird, übersetzen die abstrakten Kennzahlen, mit denen man sich bei der Anschaffung einer Photovoltaikanlage beschäftigen muss, in fühl- und greifbare Größenordnungen. Diese Lust daran, der Solaranlage aus der Ferne mittels App bei der Stromproduktion zuzusehen, die ich bei einigen Freunden und Bekannten mitbekomme, verspüre ich bislang allerdings nicht. Meine Freude beim Beobachten bleibt eher banal: Ganz voll leuchten zehn blaue Zählstriche. Brennt an eher trüben Tagen drinnen das Licht, läuft nicht nur das Radio, sondern auch mehrmals hintereinander die Waschmaschine, dann bleiben ein, zwei Striche dunkel und ein weiterer blinkt manchmal. Wir werden sehen, wie es im Winter wird, unserem ersten Winter mit PV am Dach und Batterie darunter. Bislang beschränkte sich die Nutzung von Sonnenenergie in unserem Haushalt auf das Aufladen der Sonnengläser. Diese gurkenglasähnlichen, solarbetriebenen Laternen, die es in Weltläden zu kaufen gibt. Zum Zelten oder in lauen Gartennächten hatten wir so ein Sonnenglas schon lange in Gebrauch. Als 2022 nach Putins Überfall auf die Ukraine die Energiekrise über uns hereinbrach, haben wir uns ein paar davon zugelegt. Man weiß ja nie … und liest an langen Winterabenden dann doch gerne ein Buch. Die Sonnengläser stammen aus Südafrika und fairem Handel. Die PV-Module
und der Sonnenstromspeicher aus China und, na ja, vermutlich nicht ganz so fairer Produktion. Ich sah uns damals schon in Wollsocken im Schaukelstuhl vor dem Schwedenofen sitzen und im Schein des Sonnenglases einen russischen Klassiker lesen – um nicht völlig den antirussischen Ressentiments zu verfallen. Der Schwedenofen ist natürlich auch kein sauberer Deal. Da werden Wärme und Behaglichkeit gegen Feinstaub und CO2 eingetauscht. An den wenigen Tagen in Einsatz und für den Notfall gedacht, lässt sich das verschmerzen.
Im Gegensatz dazu bleibt beim Auskosten des Sonnenstroms kein staubig-schaler Nachgeschmack. Derzeit macht sich die Lust am Dach Selbstproduzierten auch in der Küche bemerkbar. Gerichte zuzubereiten, die wir davor bewusst selten gekocht haben, weil ihre Zubereitung so viel Strom frisst, macht jetzt sogar besonderen Spaß. Auch stundenlanges Gulaschkochen verursacht plötzlich kein schlechtes Gewissen mehr. Gut möglich, dass wir im fortgeschrittenen Herbst, wenn der Himmel wolkenverhangen bleibt, die Tage kürzer, die blau leuchtenden Striche der Batterieanzeige weniger werden und die Windräder in der Region, deren Strom wir sonst beziehen, einmal stillstehen, wieder zur Mäßigung und zum Haushalten zurückkehren. Derzeit aber kosten wir den in Hülle und Fülle vorhandenen Sonnenstrom aus wie richtig reife, frisch im Garten gepflückte oder direkt beim Biobauern gekaufte Paradeiser. Selbst gemacht und regionalen Ursprungs schmeckt’s schließlich am allerbesten.
Thomas Weber
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