impuls 3/2025

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impuls

Magazin des Departements Soziale Arbeit 3/2025

Bedeutsamkeit spüren

Sinnvolle Interventionen entwickeln

Was unterstützt Sozialhilfebeziehende mit gesundheitlichen Problemen wirklich? Ein Projekt gibt Aufschluss. ‣ 4

Politisches Bewusstsein weitergeben Wie kommt es, dass sich auch jüngere Generationen der Kurd*innen in der Schweiz für Demokratie in ihrer Heimatregion einsetzen? ‣ 14

iStock
| Dragana
Gordic
Serkan Demirel/ANF

Inhalt

Unterstützung verbessern: Wo Interventionen bei gesundheitlich angeschlagenen Sozialhilfebeziehenden ansetzen sollten.

Lehre und Praxis verbinden: Wie sich Praktiker*innen im Studium einbringen und was dies bewirkt.

Aula

4 Sozialhilfebeziehende mit gesundheitlichen Problemen wirksamer unterstützen

Abo-Service: bfh.ch/soziale-arbeit/impuls

8 «Ich kann bei den Studierenden das Feuer für den Beruf entfachen» – Interview mit Nina Grütter und Judith Studer 11 Soziale Arbeit ist … Gastbeitrag von Lucia Kotikova, Schauspielerin Bühnen Bern 12 Notizen – neue Mitarbeitende

Forschungsstätte

14 Bedingungen zur Weitergabe des politischen Bewusstseins an Folgegenerationen 17 eingetaucht | aufgetaucht von Sebastian Schläfli: Christliche und säkulare Familien in der Pandemie 18 Skizzen

«Das ist der Gewinn, den die Praxis hat: Studierende, die bei einem Problem in der Praxis in die Theorie schauen und herausfinden, wer dazu geforscht hat und welche Ansätze es gibt, um eine Lösung zu entwickeln.»

▶ Nina Grütter, Co­Vizeprasidentin des Verbands Offene Kinder­ und Jugendarbeit, im Interview ab Seite 8

Liebe Leser*innen

Zum Beispiel Oberhofen: Wie sich Generationenleitbilder unterscheiden und wie dies Gemeinden prägt.

Werkstatt

20 Generationenleitbilder zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Netz

23 Zum überarbeiteten Leitfaden Kindesschutz in der Mediation – Interview mit Franziska Feller, Mediatorin FSM

Kalender

26 Tagungen, Events, Infoveranstaltungen

27 Impressum

Prof. Dr. Andrea Hauri, Leiterin Weiterbildung andrea.hauri@bfh.ch

Wann fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit wirklich wahrgenommen – als Person, nicht nur in Ihrer Rolle? Solche Momente bleiben nicht ohne Wirkung: Sie stärken unser Wohlbefinden, weil sie uns erkennen lassen, dass wir für andere eine besondere Bedeutung haben.

Diese Frage begegnet nicht nur uns persönlich. Sie ist auch hoch relevant für die Menschen, mit denen wir im Sozialbereich täglich arbeiten, denn das Gefühl, für andere wichtig zu sein, das sogenannte «Mattering», wirkt tief: Es stärkt, motiviert und stiftet Sinn. Allzu oft fehlt es gerade jenen, die ohnehin mit komplexen Belastungen kämpfen.

In dieser Ausgabe greifen wir dieses Thema auf: Zwei Forschende zeigen anhand ihres Projekts, wie Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen durch das Raster der IV fallen – und wie das Konzept des «Mattering» helfen könnte, neue Unterstützung zu schaffen.

Auch auf Hochschulebene stellen wir uns die Frage: Was braucht es, damit Studierende, Praxispartner*innen und Lehrpersonen gemeinsam zu tragfähigen Lösungen kommen? Judith Studer und Nina Grütter erzählen, wie durch die Co­Produktion im Bachelor Soziale Arbeit ein Curriculum entstand, das Praxisnähe mit fachlicher Tiefe verbindet.

Weitere Beiträge führen Sie zu den Potenzialen generationenübergreifender Arbeit, geben Einblick in einen aktualisierten Leitfaden zur Mediation im Kindesschutz und werfen einen gesellschaftspolitischen Blick auf die kurdische Diaspora in der Schweiz.

Als Leiterin Weiterbildung begegnet mir oft die Frage: Was brauchen Fachpersonen, um in der täglichen Komplexität handlungsfähig zu bleiben? Wir möchten Ihnen dazu Impulse bieten, die Sie stärken und vielleicht darin bestätigen, wie bedeutsam Sie selbst für andere sind. Apropos – ganz neu im Angebot: der Fachkurs Resilienz, Krisen­ und Konfliktkompetenz im Arbeitsalltag.

Sozialhilfebeziehende mit gesundheitlichen Problemen

wirksamer unterstützen

Adrian Berger hat eine Ausbildung abgeschlossen und über viele Jahre gearbeitet. Nach einem Unfall folgte ein Burnout. Es kamen schrittweise weitere Diagnosen hinzu und zwar sowohl körperliche als auch psychische. Die Invalidenversicherung (IV) lehnte den Anspruch auf Leistungen ab, die Unfalltaggelder liefen aus. Heute lebt Adrian Berger allein und ist auf Sozialhilfe angewiesen. Die Vielzahl an Behandlungen, die involvierten Fachpersonen und Zuständigkeiten erschweren ihm und dem Sozialdienst die Koordination zunehmend. Obwohl er gut vernetzt ist, führen die gesundheitlichen Belastungen und die fehlende Perspektive zu sozialem Rückzug, chronifizierten Problemen und einem Gefühl von Bedeutungslosigkeit (Anm. d. Red.: Name geändert, ein Beispiel aus den Einzelfallstudien, vgl. auch Kasten S. 7).

Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen

Im Jahr 2023 waren in der Schweiz rund 250000 Personen auf Sozialhilfe angewiesen. Dabei zeigt sich: Für viele davon ist die Unterstützung keine kurzfristige Überbrückungshilfe. Etwa ein Viertel der Betroffenen bezog weniger als ein Jahr lang Sozialhilfe, rund ein Drittel zwischen einem und drei Jahren. Gleichzeitig zeigt der Blick auf die laufenden Dossiers: Über vierzig Prozent der unterstützten Personen erhalten bereits seit drei Jahren oder länger Leistungen. Der Sozialhilfebezug ist für viele also kein vorübergehendes, sondern ein langfristiges Phänomen (BFS, 2024).

Ein wichtiger Grund dafür sind gesundheitliche Probleme. Schätzungsweise acht bis 15 Prozent der Sozialhilfebeziehenden leiden unter gesundheitlichen Einschränkungen, die eine (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt erschweren (Steger et al., 2024). Viele dieser Menschen sind zumindest teilweise arbeitsunfähig, erhalten aber keine Leistungen der IV. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Entweder erfüllen sie die Voraussetzungen für eine Rente nicht, oder ihre gesundheitliche Situation ist zu diffus, um eine Anmeldung überhaupt in die Wege zu leiten.

Häufig kommen in solchen Fällen mehrere Problemlagen zusammen: psychische und körperliche Erkran-

Schätzungsweise rund jede neunte Person, die Sozialhilfe bezieht, ist gesundheitlich so stark eingeschränkt, dass sich die berufliche oder soziale Integration erschwert. Was braucht es, um diese Zielgruppe besser zu begleiten?

Ein Vorprojekt der BFH identifiziert drei interessante Ansätze.

kungen, finanzielle Notlagen, soziale Isolation. Studien zeigen: Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist der Gesundheitszustand von Sozialhilfebeziehenden deutlich schlechter – ein klarer Hinweis auf die enge Verbindung zwischen Armut und Krankheit (Kessler et al., 2021).

Diese gesundheitlichen und sozialen Mehrfachbelastungen erschweren eine Stabilisierung der Lebenssituation erheblich. Sie führen zu einem hohen Leidensdruck bei den Betroffenen und verursachen zugleich beträchtliche Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen. Die gesellschaftliche Relevanz des eingangs geschilderten Falls von Adrian Berger zeigt sich also nicht allein an seinem individuellen Schicksal, sondern auch an der strukturellen Bedeutung für das Sozialsystem.

Herkömmliche Ansätze greifen zu kurz

Für Menschen wie Adrian Berger gibt es im Kontext der Sozialhilfe kaum geeignete Unterstützungsangebote. Zwar existieren spezifische Beschäftigungsangebote zur sozialen Integration. Solche Programme bieten zwar Arbeitsgelegenheiten und eine Tagesstruktur im geschützten oder begleiteten Rahmen, sie setzen jedoch oft ein gewisses Mass an psychischer und physischer Stabilität voraus. Für Menschen mit komplexen gesundheitlichen Belastungen greifen sie deshalb häufig zu kurz. Um Sozialhilfebeziehende in einer Lebenssituation mit chronischen Einschränkungen der Gesundheit, sozialem Rückzug und fehlender Perspektive zu unterstützen, braucht es gezieltere Hilfsangebote, die auf das subjektive Wohlbefinden ausgerichtet sind.

Vor diesem Hintergrund haben wir im Rahmen eines Vorprojekts verschiedene wissenschaftliche Perspektiven zusammengeführt: Einerseits wurden Einzelfälle Sozialhilfebeziehender qualitativ untersucht. Andererseits verschafften wir uns mit einem Systematic Review Übersicht über internationale Ansätze zur Unterstützung dieser Zielgruppe. Diese Methode führte uns zu einem Erklärungsmodell, das das Zusammenspiel von Gesundheit, Lebensführung, Wohlbefinden und gesellschaftlicher Teilhabe abbildet (für genauere Angaben zum methodischen Vorgehen vgl. Kasten S.7).

Nathalie Joder
Prof. Dr. Simon Steger

Laufende Dossiers nach Bezugsdauer von Sozialhilfe (Datenstand: 31.12.2023)

unter 1 Jahr

1 bis < 3 Jahre

3 Jahre und länger

▶ Unterstützung an individuellen Bedürfnissen ausrichten

Die Auswertung der wissenschaftlichen Literatur im Rahmen unseres Systematic Reviews zeigte: Bisher gibt es auf internationaler Ebene nur wenig gesicherte Erkenntnisse, welche Hilfsangebote eine Verbesserung der Lebensumstände bewirken und welche Ansätze auf die Zielgruppe übertragbar sind. Insgesamt wurden zwar 2872 Publikationen identifiziert, die das Thema behandeln, aber nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren mit Titel- und Abstract-Screening sowie der Prüfung von über dreissig Volltexten blieben lediglich drei Studien zur weiteren Auswertung übrig. Die meisten Studien wurden ausgeschlossen, weil sie entweder nicht der definierten Zielgruppe entsprachen, keine passenden Interventionen beschrieben oder in einem Kontext durchgeführt wurden, der mit jenem der Sozialdienste in der Schweiz nicht vergleichbar ist.

Zwei Studien lieferten uns jedoch vielversprechende Impulse für die Entwicklung spezifischer Unterstützungsangebote: Das niederländische Activation BrokerModell (Prevo et al., 2022) fokussiert auf die Förderung alltagsnaher Aktivitäten. Eine Vermittlungsperson unterstützt also Sozialhilfebeziehende, indem sie ihre Lebenswelt erkundet und in ihrer unmittelbaren Umgebung nach einer geeigneten Aktivität sucht. Dabei kann es sich um eine bezahlte Tätigkeit, um Freiwilligenarbeit oder um das Mitmachen in einem Verein handeln – je nach Möglichkeiten der betroffenen Person. Dieses Modell setzt somit auf die aufsuchende Unterstützung in der Lebenswelt der Sozialhilfebeziehenden und auf koordinierte Kooperationen im lokalen Netzwerk.

Quelle: BFS – Sozialhilfeempfängerstatistik (SHS)

In einer weiteren Studie aus Frankreich (Hindenoch et al., 2023) wurde ein Doppel-Case-Management für Menschen mit einer psychischen Erkrankung umgesetzt und analysiert: Pflegefachpersonen und Sozialarbeitende arbeiteten dort gemeinsam mit den Betroffenen an einem persönlichen Lebensprojekt – etwa im Bereich Freizeitgestaltung, Arbeit oder soziale Beziehungen.

Beide Ansätze richten sich nach den individuellen Bedürfnissen der Erkrankten. Sie setzen auf Vertrauen und sinnstiftende Aktivitäten mit dem Ziel, die soziale Teilhabe und das Wohlbefinden der Betroffenen zu fördern. Ähnliche Ergebnisse zeigten auch die Einzelfallanalysen. Sie machten deutlich, dass die Zielgruppe sehr heterogen ist – in Bezug auf den Gesundheitszustand, Lebenslauf, die Ressourcen und den Unterstützungsbedarf.

Ein erstes Fazit lautete somit: Gefragt sind Unterstützungsansätze, die an der Lebensqualität ansetzen und sich zugleich an den individuellen Lebenslagen orientieren.

Das Potenzial bedeutsamer Aktivitäten

Um die zentralen Einflussfaktoren auf das Wohlbefinden eines Menschen besser zu verstehen, haben wir weitere Forschungsergebnisse beigezogen. Dabei sind wir auf das Konzept des Mattering gestossen – ein Begriff aus der psychologischen Forschung, der sich mit der Frage beschäftigt, ob Menschen das Gefühl haben, wichtig zu sein und etwas bewirken zu können. Mattering umfasst zwei Dimensionen: feeling valued (sich als wertvoll erleben) und adding value (etwas beitragen können). Studien zeigen, dass Mattering eng mit dem subjektiven Wohl-

Wie die Forschenden vorgegangen sind

Im Rahmen eines Vorprojekts wurden zunächst drei Einzelfallstudien durchgeführt. Dabei wurden Dossiers von Sozialhilfebeziehenden mit gesundheitlichen Problemen vertieft analysiert, um die Komplexität ihrer Lebenslagen besser zu verstehen. Ergänzend fanden qualitative Interviews mit den zuständigen Sozialarbeitenden sowie mit einer betroffenen Person statt. Dieses Vorgehen sollte die Erkenntnisse aus den Aktenanalysen vertiefen.

Im nächsten Schritt führte das Forschungsteam ein Systematic Review (Siddaway et al., 2019) durch – eine strukturierte Literaturrecherche mit klar definierten Kriterien und einem transparenten Vorgehen. Ziel war es, internationale Ansätze zu identifizieren, die sich für die spezifische Zielgruppe eignen könnten. Dabei wurde geprüft, welche Programme sich als wirksam erwiesen haben und potenziell auf die Schweizer Verhältnisse übertragen werden könnten.

Da sich zeigte, dass international bislang nur wenige geeignete und gut evaluierte Programme existieren, wurde ergänzend eine thematische Literaturrecherche durchgeführt. Dabei ging das Team der Frage nach, welche Faktoren das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit beeinflussen können, sodass sich die Gesundheits­ und Sozialhilfekosten stabilisieren. In diesem Zusammenhang wurde das Konzept Mattering identifiziert. Es steht seither im Zentrum der Projektentwicklung.

befinden, der Lebenszufriedenheit und psychischen Gesundheit eines Menschen zusammenhängt (vgl. Scarpa et al., 2022).

Dieses Gefühl entfaltet seine Wirkung gemäss Theorie auf drei Ebenen, die sich gegenseitig beeinflussen: in der Beziehung zu sich selbst (intrapersonal), im Kontakt mit anderen (interpersonal) und im gesellschaftlichen Kontext. Es entsteht nicht automatisch, sondern durch konkrete Erfahrungen und sinnstiftende Aktivitäten. Unsere Analyse legt nahe, dass ein Mangel an Mattering – neben der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Situation –eine zentrale Rolle für das häufig tiefe Wohlbefinden der Zielgruppe spielt. Gleichzeitig eröffnet das Konzept neue Perspektiven: Mattering kann als Brücke verstanden werden, die zwischen individueller Lebensführung und gesellschaftlicher Teilhabe vermittelt.

Wie weiter?

Auf der Basis der bisherigen Erkenntnisse soll nun in einem Nachfolgeprojekt ein Unterstützungsansatz entwickelt werden, um bei Menschen wie Adrian Berger das Gefühl, wertvoll zu sein und etwas beitragen zu können, gezielt zu fördern. Ziel ist es, Aktivitäten zu identifizieren, die bei ihm dieses Gefühl der Bedeutsamkeit verbessern. Dabei soll systematisch vorgegangen werden, indem verschiedene Aktivitäten getestet werden, um herauszufinden, was wirklich wirkt. Es soll auch geprüft werden, wie eine bessere Zusammenarbeit zwischen Sozialdiensten, medizinischen Fachstellen und weiteren Akteur*innen im lokalen Umfeld die Koordination in komplexen Situationen verbessern kann.

Weitere Fragen sollen in einem nächsten Schritt gemeinsam mit Betroffenen, Sozialdiensten und weiteren Praxispartner*innen bearbeitet werden. Darunter die folgenden: Wie könnten diese Aktivitäten gefördert werden? Welche Elemente des niederländischen Modells mit einer Vermittlungsperson oder des französischen Modells einer engen Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeitenden und medizinischen Fachpersonen eignen sich dafür? Wie verändern sich dadurch das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit der Sozialhilfebeziehenden?

Gesucht werden ....

Für das anstehende Projekt werden interessierte Kantone und Sozialdienste gesucht. Interessent*innen melden sich bitte bei den Autor*innen. ▪

Literatur:

– Bundesamt für Statistik BFS. (2024). Laufende Dossiers nach Bezugsdauer von Sozialhilfe. Abgerufen von https://www.bfs. admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge­datenbanken.assetdetail.33106208.html

– Hindenoch, M., Kostova, M., Urdapilleta, I., Del Goleto, S., & Passerieux, C. (2023). Health and Social Case Management for the Inclusion of People Living with a Schizophrenic Disorder: The PASSVers Experience. Community Mental Health Journal, 59 (7), 1375–1387. https://doi.org/10.1007/s10597­ 023­ 01125­x

– Kessler, D., Höglinger, M., Heiniger, S., Läser J. & Hümbelin, O. (2021). Gesundheit von Sozialhilfebeziehenden. Analysen zu Gesundheitszustand, -verhalten, -leistungsinanspruchnahme und Erwerbsreintegration. Schlussbericht zuhanden des Bundesamtes für Gesundheit. Bern/Winterthur: Berner Fachhochschule und Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

– Prevo, L., Jansen, M., & Kremers, S. (2022). The broker role in societal activation of long­term welfare recipients: A jack of all trades? Journal of Social Work, 22 (2), 460–478. https://doi. org/10.1177/14680173211008421

– Prilleltensky, I., & Prilleltensky, O. (2021). How people matter: Why it affects health, happiness, love, work, and society. Cambridge University Press.

– Scarpa, M. P., Zopluoglu, C., & Prilleltensky, I. (2022). Assessing multidimensional mattering: Development and exploratory validation of the Mattering in Domains of Life Scale (MIDLS). Journal of community psychology, 50 (3), 1430–1453. https://doi. org/10.1002/jcop.22725

– Siddaway, A. P., Wood, A. M. & Hedges, L. V. (2019). How to do a Systematic Review: A Best Practice Guide for Conducting and Reporting Narrative Reviews, Meta­Analyses, and Meta­Syntheses. Annual Review of Psychology 70 (1):747–70. doi: 10.1146/ annurev­psych­ 010418­102803.

– Steger, S., Kessler, D., Fassbind, J., Flückiger, D., Hostettler, T., Joder, N., Schüpbach, F., Vogel­Kissling, A., Wildisen, L. (2024). Fokus Arbeit. Evaluation einer Gruppenintervention für Sozialhilfebezüger*innen der Stadt Biel-Bienne. Schlussbericht Bern: BFH, Soziale Arbeit.

Nathalie Joder, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut Organisation und Sozialmanagement nathalie.joder@bfh.ch

… leitet das Vorprojekt. Sie ist spezialisiert auf Sozialhilfe und die Wirksamkeit sozialer Organisationen. Sie verantwortet im Bachelor­Studiengang das Modul «Soziale Arbeit verorten und kontextualisieren».

Prof. Dr. Simon Steger, Co-Leiter Forschung simon.steger@bfh.ch

… ist Dozent, Projektleiter und Co­Leiter Forschung am Departement Soziale Arbeit. Er verantwortete bereits mehrere Forschungsprojekte zur Weiterentwicklung von Sozialdiensten.

den Studierenden

das Feuer für den Beruf entfachen» «Ich kann bei

Nina Grütter, Co­Vizepräsidentin Verband Offene Kinder­ und Jugendarbeit (Mitte) und Prof. Dr. Judith Studer, Co­Studiengangsleiterin Bachelor Soziale Arbeit (links) im Gespräch. Das Interview führte

Schild Ende Mai 2025.

Die Fachhochschule entwickelt ihre Lehrangebote ständig weiter. Bei berufsbefähigenden Studiengängen ist dies besonders wichtig, da die Ausbildung den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes von heute und morgen entsprechen soll. Wie lässt sich die Praxis sinnvoll einbinden, sodass alle profitieren? Ein Gespräch mit Nina Grütter und Judith Studer gibt Einblick.

Vom ersten Studientag an thematisieren, reflektieren und bearbeiten, was draussen in der Praxis geschieht –dies ist das Ziel im Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit. Es prägt das aktuelle Curriculum, das gemeinsam mit Vertreter*innen der Praxis, Studierenden, Hochschulangehörigen und weiteren Interessierten entwickelt wurde. Welchen Mehrwert diese Zusammenarbeit für das Lehrgeschehen, die Studierenden und die Praxis hat und was es dazu braucht, wurde unterdessen untersucht (für die Ergebnisse vgl. Kasten).

Wir haben bei Praxisvertreterin Nina Grütter und CoStudiengangsleiterin Judith Studer nachgefragt, wie sich die Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Studiengangs auf die Ausbildung von Fachpersonen der Sozialen Arbeit auswirkt. Nina Grütter leitet die Offene Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Thun. Sie war zwischen 2019 und 2023 gemeinsam mit anderen Schlüsselpersonen aus der Praxis bei Soundings, Workshops und Walk-Ins der Hochschule dabei, in denen das aktuelle Curriculum entwickelt wurde. Nina Grütter bildet Praktikant*innen aus und ist Lehrbeauftragte.

Warum war es wichtig, die Praxis in die Weiterentwicklung des Bachelor-Studiengangs miteinzubeziehen?

Nina Grütter: Wenn wir Praktiker*innen Themen, die uns beschäftigen, in die Hochschule tragen, befasst sich die Hochschule mit den aktuellsten Entwicklungen an der Basis. Die Studierenden erhalten früh Einblick in die Praxis. Das erleichtert es ihnen, die Erkenntnisse, die sie an der Hochschule gewinnen und im Praktikum vertiefen, miteinander zu verknüpfen.

Judith Studer: Die Praktiker*innen wissen aus erster Hand, welches Profil die Hochschulabgänger*innen brauchen. Für uns sind sie deshalb ein wichtiges Korrektiv, da sie uns den Spiegel vorhalten. Sie kennen die Herausforderungen, denen unsere Absolvent*innen begegnen, wenn sie in den Beruf starten. Unsere Studie belegt: Durch die Einbindung der Praxis in die Weiter­

entwicklung entstand ein Wir­Gefühl (vgl. Kasten). Wir – Praxis und Hochschule – ziehen heute also an einem Strick und haben ein gemeinsames Verständnis, was das Ziel, die Rahmenbedingungen und die Erwartungen an den Studiengang sind.

Nah an der Praxis sein

Bereits seit längerem geht das Departement Soziale Arbeit im Bereich Lehre den Weg der Öffnung und bezieht Personen aus der Praxis in das Unterrichtsgeschehen mit ein. Heute sind Praxisvertretende zwei Mal pro Jahr zu einer Abschlusskonferenz eingeladen. Diese gestalten diejenigen Studierenden, die kurz vor dem Abschluss stehen. Zudem können Fachpersonen aus der Praxis gemeinsam mit der Hochschule Spezialmodule anbieten oder Projekte zur gemeinsamen Bearbeitung mit den Studierenden eingeben.

Besonderes Gewicht hatte die Zusammenarbeit 2019 bis 2023, als das Curriculum 2023 für den Bachelor­Studiengang erarbeitet wurde. Zentrale Stakeholder aus der Praxis waren eingeladen, daran mitzuarbeiten. Das Projekt «Öffnung von Lehrangeboten im Bereich Entwicklung, Evaluation & Weiterentwicklung» unter der Leitung von Prof. Dr. Judith Studer untersuchte im Nachgang diese Zusammenarbeit. Die Studie zeigt, dass alle Seiten von der Zusammenarbeit profitieren.

So bewirkte die Zusammenarbeit ein stärkeres «Wir­Gefühl», einen wertvollen Perspektivenwechsel und ein Zusammenrücken von Praxis und Hochschule. Dadurch dass die Praxis an der Entwicklung des Curriculums mitgewirkt hat, identifiziert sie sich heute stärker mit dem Studiengang und übernimmt in höherem Masse Mitverantwortung für das Lehrangebot.

Informationen zum Forschungsprojekt: bfh.ch/soziale­arbeit/forschung­oeffnung­lehrangebote Informieren Sie sich über Ihre Möglichkeiten zur Zusammenarbeit: bfh.ch/soziale­arbeit/bachelor­neu

Beatrice

«Wir aus der Praxis müssen in die Ausbildung investieren, damit wir guten Nachwuchs haben.»

Nina Grütter, Verband Offene Kinder- und Jugendarbeit

Inwiefern sieht man dem aktuellen Studiengang an, dass er gemeinsam entwickelt wurde?

Studer: Das gemeinsam Erarbeitete wird vor allem bei der Praxisausbildung und den Spezialmodulen erkennbar: Die Studierenden können nun im Rahmen der Praxisausbildung ein Projekt mit der Praxis oder der Zivilgesellschaft erarbeiten oder ein Praktikum in einer Praxisorganisation absolvieren. Die Spezialmodule sind Themen gewidmet, die auch von der Praxis eingegeben werden können. Hierfür können wir immer wieder Lehrbeauftragte aus der Praxis gewinnen. So unterrichtete beispielsweise Nina Grütter in einem Spezialmodul, das wir gemeinsam mit dem Verband Offene Kinder­ und Jugendarbeit (VOJA) angeboten haben. Auch die Berner Konferenz für Sozialhilfe, Kindes­ und Erwachsenenschutz (BKSE) bietet regelmässig Spezialmodule mit uns an.

Sie erwähnen die Spezialmodule. Welche Angebote und Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Grütter: Die VOJA hat zum Beispiel ein Spezialmodul zu psychischer Gesundheit angeboten. Das Thema beschäftigte uns in der Praxis, wir hatten dazu aber noch zu wenig Expertise. Wir waren interessiert, bei den Studierenden Know­how abzuholen, damit sie uns mit Ideen oder anderen Sichtweisen unterstützen. Als Verband profitieren wir dabei nicht nur von den Studierenden, sondern auch vom Wissen der Dozierenden. Sie sind anders vernetzt als wir.

Studer: Die BKSE zum Beispiel bot einmal ein Spezialmodul zu Innovationen in der Sozialhilfe an. Es war als Design­Sprint gestaltet. Das heisst, die Studierenden

arbeiteten mit der Design­Thinking­Methode. Die Fachpersonen aus der Sozialhilfe nannten zu Beginn Herausforderungen und die Studierenden erarbeiteten im Modul Lösungsvorschläge. Zum Schluss kamen die Fachpersonen ins Modul, hörten die Lösungsvorschläge und nahmen sie in die Praxis mit.

Das neue Curriculum besteht seit zwei Jahren. Die ersten Studierenden, die von Beginn an im neuen Setting studieren, schliessen frühestens 2026 ab. Lässt sich schon erkennen, was der Mehrwert für die Praxis ist, wenn sie sich derart im Studium einbringt?

Grütter: Wenn ich unterrichte, kann ich bei den Studierenden das Feuer für den Beruf entfachen, indem ich aus der Praxis berichte. Sie stellen mir sehr konkrete Fragen zu meiner Arbeit, um den Bezug zur Theorie herzustellen. Das ist der Gewinn, den die Praxis hat: Studierende, die bei einem Problem in der Praxis in die Theorie schauen und herausfinden, wer dazu geforscht hat und welche Ansätze es gibt, um eine Lösung zu entwickeln. Im Unterricht schaffe ich bewusst solche Momente, die zur Verknüpfung von Theorie und Praxis anregen. Diesen Transfer gut hinzubekommen, ist eine der grössten Herausforderungen in der Ausbildung junger Fachkräfte.

Welche Chancen sehen Sie sonst noch für die Praxis?

Grütter: Wir aus der Praxis müssen die Angebote noch stärker mitgestalten. Es ist wichtig, die Studierenden zu kennen und sie in die Praxis einzubeziehen. Sie sollen früh merken, dass ihr Wissen gefragt ist. Wir Praktiker*innen können etwas tun, damit sich künftige Fachkräfte schon im Studium bewusstwerden, wie schnell

«Die Praktiker*innen wissen aus erster Hand, welches Profil die Hochschulabgänger*innen brauchen. Für uns sind sie deshalb ein wichtiges Korrektiv.» Judith Studer, Co-Leiterin Bachelor Soziale Arbeit

sie beim Berufseinstieg ins Handeln kommen und Projekte, Produkte oder Leistungen abliefern müssen. Ich habe den Eindruck, die aktuellen Studierenden entwickeln ein gutes Gespür dafür.

Warum ist der Druck beim Berufseinstieg derart gross?

Grütter: Wir haben einen Fachkräftemangel und Studienabgänger*innen, die sehr jung sind, oft gerade mal 23 Jahre alt. Die Praxis wartet heute teilweise lange auf neue Mitarbeitende. Oft bleiben Stellen einige Monate unbesetzt. Wenn wir endlich jemanden für eine offene Stelle gefunden haben, versuche ich als Vorgesetzte zwar Druck rauszunehmen. Das ist aber schwierig, weil die anderen Mitarbeitenden in diesen Situationen teilweise überlastet sind – da entsteht schnell Druck von verschiedenen Seiten. Diesen Druck gibt man automatisch ein wenig weiter.

Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Sollte sich die Zusammenarbeit noch intensivieren?

Studer: Meine Vision wäre, im Studiengang einen Think­Tank mit Studierenden und Praxisvertretenden zu installieren. Den könnten wir bei Fragestellungen und Anliegen, die das Curriculum betreffen, als Sounding­ und Sparring­Partner beiziehen. Unsere Studie hat unter anderem gezeigt, dass es für die Praxis aus zeitlichen Gründen nicht so einfach ist, sich punktuell in der Entwicklung des Studiengangs einzubringen. Ein ThinkTank könnte hier Abhilfe schaffen. Es könnten alle Seiten von einem institutionalisierten Think­Tank profitieren. Das würde auch zur Strategie der BFH passen, die eine Öffnung der Hochschule vorsieht.

Wäre die Praxis denn bereit dazu?

Grütter: Das Mitdenken der Praxis braucht natürlich Zeit und Ressourcen. Ich sehe, wie viel Kooperationen zum Beispiel im Jugendbereich zu tun geben; wir arbei­

ten dort oft mit Personen aus der Planung zusammen. Auch zwischen Hochschule und Praxis gibt es grosse Unterschiede. So etwas muss sich entwickeln. Aber ja, ich fände es erstrebenswert: Wir müssen in die Ausbildung investieren, damit wir guten Nachwuchs haben. Es braucht unser Zutun, damit der Nachwuchs die Motivation mitbringt, unser Feld zu gestalten.

Nina Grütter, welche Erfahrungen haben Sie persönlich aus der Zusammenarbeit mitgenommen?

Grütter: Ich habe sehr gute Erfahrungen an der Hochschule gemacht – in ganz unterschiedlichen Rollen. Spannend ist die Mischung: Aus meiner Praxis berichten, Studierende in Coachings begleiten oder ihre Projekte beurteilen. Es macht mir Spass, wenn mir einige gleich in mehreren Settings begegnen: Sie studieren hier und arbeiten vielleicht auch schon bei einer Institution, mit der ich beruflich zu tun habe. Ich bin heute innerhalb der BFH besser vernetzt, aber auch in der Praxis. Ich habe beispielsweise in den Soundings im Rahmen der Curriculumsrevision Fachleute aus anderen sozialen Bereichen kennengelernt. Ich glaube, diese Soundings haben uns Praktiker*innen wieder dafür sensibilisiert, dass die Ausbildung generalistisch ist und auch sein soll. Solche Gelegenheiten, über den eigenen Tellerrand zu blicken und voneinander zu lernen, sind wertvoll.

Judith Studer, was ist Ihnen noch wichtig?

Studer: Ich danke allen Praxisvertreter*innen, die sich immer wieder Zeit nehmen, im Studiengang mitzuwirken. ▪

Beatrice Schild, Kommunikation beatrice.schild@bfh.ch

… ist Redaktionsleiterin des «impuls» und als solche interessiert an spannenden Interviewpartner*innen und aktuellen Themen aus dem Sozialwesen.

Gastbeitrag

Soziale Arbeit ist … von Lucia Kotikova

Die Kolumne bietet Menschen, die uns aufgefallen sind, Fachfremden sowie Vertreter*innen der Sozialen Arbeit eine Carte blanche und öffnet den Blick für das, was sie mit Sozialer Arbeit verbinden oder was an ihrer Arbeit sozial ist.

entlocken, sie nicht nur als Beobachtende zurücklehnen lassen. Ich möchte einen realen Austausch, dass auch sie etwas preisgeben, damit zur stattfindenden Vorstellung beitragen und den Abend zu etwas einmaligem machen. Das geht nur zusammen.

Natürlich könnte ich einfach immer dasselbe spielen. Aber was ist der Reiz am Theater, wenn alles immer dasselbe ist? Ich freue mich über jede Reaktion – so komisch und widerspenstig sie auch sein mag –, weil nur dann kann ich darauf reagieren. Genau da findet das Soziale statt, die Kommunikation.

Die Schauspielerin Lucia Kotikova ist seit vier Jahren im Ensemble von Bühnen Bern. In der Bühnenadaption von «Blutbuch» spielt sie Kim de l’Horizons Text als interaktiven Monolog, jedes Mal anders. Dafür wurde sie vom Fachmagazin «Theater heute» 2024 als Nachwuchsschauspielerin des Jahres ausgezeichnet.

… für mich in erster Linie der Austausch und die Kommunikation mit meinen Kolleg*innen: die Fürsorge, nachzufragen, zu verstehen, selbst verstanden zu werden und natürlich zusammen zu «spielen». Das fällt mir allerdings leichter, wenn alles andere aus dem Weg geräumt ist. Daher suche ich auch gerne einmal den Konflikt, wenn ich merke, etwas stimmt nicht. Lieber ein Konflikt mit Aussicht auf Klärung, als so zu tun, als wäre nichts, und nach und nach zu Gegner*innen mutieren. Aber ich muss sagen, leider kann man manche Dinge nicht aus dem Weg räumen und genau da werden unsere sozialen Kompetenzen extrem gefordert.

Im Theater sagt man dazu gerne «professionell» bleiben. Das bedeutet dann zum Beispiel, persönliches Empfinden zurückzustecken und alles, was einen beschäftigt, zu unterdrücken, um arbeitsfähig zu bleiben. Es gilt, die Zeit zu nutzen und auch mit deinem «Gegner» beste Freunde, Liebende oder Familie zu spielen, ohne dass das zahlende Publikum von unzureichender Authentizität enttäuscht wird.

In «meinem Blutbuch», das ich bei den Bühnen Bern in der Vidmarhalle nun in der dritten Saison alleine spiele, versuche ich, eine ähnliche «soziale» Arbeit mit dem Publikum zu pflegen, wie die, die ich mit meinen Kolleg*innen eingehe. Ich meine natürlich nicht das Gegnerische, aber auch das kommt vor. Mit dem Publikum ist die Ausgangssituation anders – es ist eher ein Blind-Date, da ich die allermeisten nicht kenne.

In manchen Fällen aber hat die eine oder der andere Zuschauende einen Vorsprung und mich vielleicht in anderen Stücken schon gesehen. Das stellt schonmal ein Ungleichgewicht im Miteinander dar. Das will ich ausloten, provozieren und herausfordern, den Leuten etwas

Schauen wir auf den autofiktionalen Roman das «Blutbuch». Wer es gelesen hat, würde mir vielleicht zustimmen, dass die vier unterschiedlichen Teile dieses Buches wirken, als hätten es vier unterschiedliche Menschen verfasst. Aber am Ende war es nur ein Mensch, in dem all das steckt. Auch das versuche ich auf der Bühne zu erreichen, einen Spagat zwischen den Extremen: also vom sozialsten Miteinander bis zur einsamsten Abgeschiedenheit. Ich versuche dem Publikum damit die Möglichkeit zu geben, sich durch mein Spiel selbst zu sehen und sich selbst zu überraschen. Vielleicht erkennt sich der eine oder andere Mensch beim Zuschauen wieder, wo er sich vorher nicht eingeordnet hätte.

Für alle, die versuchen, ab und an offen durch die Welt zu stolpern, hält das «Blutbuch» etwas bereit. Es ist wie ein Spiegel, der einem auch Dinge zeigt, die man vielleicht nicht sehen oder hören mag: die Scham, die Sehnsucht nach etwas, wonach wir uns nicht sehnen wollen, die Eigentore, das Vermissen von Dingen und Menschen, die wir gar nicht kennen, etwas nicht aussprechen können, sich nicht trauen zu denken, zu verstecken und zu zeigen, zu vermeiden und zu fordern und die Suche, die unendliche Suche … Diese Dinge suche ich im Austausch mit den Gästen, die sich an diesem Abend entschlossen haben, in eine Vorstellung von «Blutbuch» zu gehen. Wir haben uns gemeinsam dafür entschieden, an diesem Tag zusammenzukommen. Alle sind freiwillig da.

Manchmal fruchtet das Miteinander und bringt Unglaubliches hervor, manchmal ist es super unangenehm für mein Gegenüber, etwa wenn ich eine Antwort auf meine Fragen einfordere, und oft ist es auch für mich sehr unangenehm, vor allem wenn mir niemand antwortet oder niemand reagiert, obwohl da ja über hundert Leute sitzen, die mich alle hören und wahrnehmen. Doch ich will mich nicht alleine nackt machen, sondern versuche zwischendurch, auch noch ein paar andere mit auszuziehen, schliesslich ist auch Zuschauen ein sozialer Beitrag – ist doch nur fair oder? ▪

Neue Mitarbeitende

Sigrid Haunberger

Was ich mag: Japan, Landwirtschaft, Nutztiere, Motorräder, das Meer und Wasser in allen Formen

Was ich nicht mag: Temperaturen über 25 Grad, Oberflächlichkeit, Social Media, Vielredner*innen

Dr. Sigrid Haunberger arbeitet seit Mai 2025 als Dozentin im Institut Alter. Sie hat in Deutschland Soziale Arbeit und Soziologie, Arbeits­ und Organisationspsychologie und Statistik studiert. Ihre Doktorarbeit schrieb sie an der Universität Bern in Umfragemethodologie. Sie beschäftigte sich zuletzt an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) mit Qualitätssicherung, Wirkungsevaluationen und Freiwilligenmanagement. An der BFH wird sie sich nun mit Forschung, Lehre und Weiterbildung im Bereich Gerontologie und Alternde Gesellschaft befassen.

Angela Ullmann

Was ich mag: gute Fragen, Familienabenteuer, Janosch, helles Frühlingsgrün

Was ich nicht mag: wenn im Theater nur geschrien wird, zu wenig Schlaf, Orangenmarmelade

Angela Ullmann arbeitet seit Mai 2025 als Dozentin am Institut Beratung, Mediation und Supervision. Seit 2017 führt sie ihre Praxis Ullmann Mediation & Beratung als Mediatorin FSM, Organisationsentwicklerin und Supervisorin bso i. A. Nach ihrem Studium der Kultur­ und Religionswissenschaft war sie knapp zehn Jahre in der Friedensförderung, Konflikttransformation und Mediationsunterstützung tätig. Sie schliesst zurzeit ihr Doktorat an der Universität Bern ab zum Einfluss von Infrastruktur in Aushandlungsprozessen sozialer Ordnung.

Die BFH – bald Ihre Arbeitgeberin? Interessante Jobs finden Sie unter bfh.ch/karriere

Tanja Schindler

Was ich mag: Sport draussen und drinnen, Gespräche bei Kaffee und Kuchen, kochen, grünes Zuhause

Was ich nicht mag: zimperliche Pflanzen, graue Wintertage, fehlendes Einfühlungsvermögen

Tanja Schindler ist seit Juni 2025 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Soziale Sicherheit und Sozialpolitik tätig. Bereits während ihres Masterstudiums in Volkswirtschaftslehre arbeitete sie bei der BFH, damals als studentische Mitarbeiterin. Seither hatte sie verschiedene Stellen bei Aufsichtsbehörden inne. Nun freut sie sich, wieder quantitativ und auf Projektbasis zu arbeiten.

Sebastian Torkisz

Was ich mag: wenn Manchester United ein Spiel gewinnt, wenn der R Code im Statistikprogramm ohne Error durchläuft

Was ich nicht mag: wenn ManU ein Spiel verliert, wenn der R Code nicht das gewünschte Ergebnis produziert

Sebastian Torkisz arbeitet seit Juni als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Organisation und Sozialmanagement. Zuvor war er als Unternehmensberater tätig und führte diverse Transformations­ und Strategieprojekte durch. Er studierte Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich sowie Internationale Politische Ökonomie an der London School of Economics. Sein Schwerpunkt lag auf Wirksamkeitsanalysen und der Untersuchung sozioökonomischer Ungleichheiten.

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Forschungsstätte

Bedingungen zur Weitergabe

des politischen Bewusstseins an Folgegenerationen

In der Schweiz leben Zehntausende Mitglieder der kurdischen Diaspora. Die Verbundenheit mit ihrer Herkunft ist bis heute stark, auch das politische Bewusstsein hat überdauert. Das gilt selbst für Nachkommen, die ihre Herkunftsregion nie besucht haben. Wie wurde dieses politische Bewusstsein weitergegeben? BFH-Forscher Orhan Kaya hat dies untersucht.

In der Schweiz lebten um die Jahrtausendwende rund 40 000 Kurd*innen (Kieser, 2008). Viele von ihnen sind hier geboren, aufgewachsen, haben ihr sogenanntes Herkunftsland nie besucht und setzen sich für demokratische Rechte der Kurd*innen ein. Die kurdische Diaspora in der Schweiz ist nicht nur eine Gemeinschaft Eingewanderter, sondern Teil einer aktiven politischen Bewegung, die eine starke Verbindung zu ihren Wurzeln und ihrer kollektiven Identität aufrechterhält.

Wie dieses politische Bewusstsein von der ersten Generation an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wird, untersuchte Dr. Orhan Kaya, der an der Berner Fachhochschule forschte. Seine Studie geht dieser Frage nach, indem sie Mechanismen der politischen Sozialisation in den Familien, kulturelle Widerstandsstrategien und emotionale Motivationsquellen untersucht. Zu diesem Zweck führte der Forscher halbstrukturierte Interviews mit Personen der kurdischen Diaspora in der Schweiz. Die Ergebnisse der Studie, die der Schweizerische Nationalfonds unterstützt hat, wurden kürzlich in der Zeitschrift Current Psychology veröffentlicht.

Warum die Schweiz?

Seit den frühen 1980er-Jahren hat sich die Schweiz zu einem wichtigen Ziel für kurdische politische Geflüchtete entwickelt. Viele von ihnen sind durch die Flucht der Verfolgung in der Türkei, im Iran, im Irak und in Syrien entkommen (Kaya, 2025). Die Eskalation der politischen Unterdrückung nach dem Militärputsch in der Türkei 1980, die Verschärfung des kurdisch-türkischen Konflikts in den 1990er-Jahren und die anhaltende staatliche Gewalt im Nahen Osten haben Tausende von Kurd*innen veranlasst, in der Schweiz Asyl zu suchen (Sirkeci, 2003).

Was die Schweiz von anderen Ländern unterscheidet, ist nicht nur ihre humanitäre Asylpolitik, sondern auch ihre politische Struktur: Sie ist eine direkte Demokratie, die auf den Menschenrechten, der Meinungsfreiheit und einer institutionellen Neutralität beruht. Sie verfügt weiter über ein dezentralisiertes, föderales System, relativ autonome Regionen und eine Zivilgesellschaft, die sich lokal stark engagiert. Dieses Umfeld war

Kurd*innen vieler Altersgruppen kamen im März 2025 in Zürich zusammen, um

günstig, um sich in der Diaspora politisch zu organisieren und zu mobilisieren (Hess & Korf, 2014; Linder & Vatter, 2001). Es ermöglichte der kurdischen Diaspora, sich in kulturellen Vereinen zusammenzuschliessen und in politischen Organisationen oder Netzwerken zu agieren. Kurdische Gemeinschaftszentren, Protestplattformen, Medien und jährliche Festivals sind zu wichtigen Instrumenten geworden, mit denen Kurd*innen in der Schweiz ihre kollektive Identität und politische Solidarität ausdrücken (Kaya, 2025).

Dr. Orhan Kaya
Serkan
Demirel/ANF
das Früh

Forschungsstätte

Heute hat die Schweiz eine der politisch aktivsten kurdischen Diasporas Europas. In den letzten vier Jahrzehnten hat diese Gemeinschaft nicht nur ihre Identität bewahrt, sondern hat sich auch eigene Räume innerhalb der Schweizer Zivilgesellschaft geschaffen. Bemerkenswert ist, dass diese Entwicklung weniger auf dem Aktivismus der geflüchteten Menschen der ersten Generation gründet als auf dem anhaltenden politischen Engagement ihrer Kinder und Enkelkinder.

Aus sozialpsychologischer Sicht lädt diese Kontinuität zum Nachdenken über die folgenden Fragestellungen ein:

– Wie wird das kollektive Gedächtnis (zum Beispiel die geteilten Erinnerungen, Wissensbestände, Identität und Kultur) in Diaspora-Familien weitergegeben?

– Welche Rolle spielt die familiäre Sozialisation bei der Herausbildung politischer Werte und Identität?

lingsfest Newroz zu feiern.

– Wie können jüngere Generationen eine emotionale Verbindung zu einer Heimat aufrechterhalten, die sie nie gesehen haben?

– Welche Mechanismen verhindern die kulturelle und politische Erosion trotz geografischer und generationeller Distanz?

Theorien sozialer Identität und kollektiven Handelns

Um die intergenerationale Übertragung des politischen Bewusstseins in der kurdischen Diaspora zu verstehen, wurden theoretische Ansätze wie die Theorie der sozialen Identität und das Modell der sozialen Identität für kollektives Handeln (van Zomeren et al., 2008) verwendet. Nach der Theorie der sozialen Identität (Tajfel & Turner, 1979) bilden Individuen ihre Identitäten, indem sie sich als Teil einer Gruppe sehen (Gruppenidentität).

In der kurdischen Diaspora wird diese Gruppenidentität durch die gemeinsame Geschichte, Kultur und das in den Familien weitergegebene politische Engagement geprägt: Wahrgenommene Ungerechtigkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Auslösung kollektiven Handelns. Mitglieder der Diaspora verinnerlichen Erzählungen über Unterdrückung in ihrem Heimatland, sei es durch Erfahrungen aus erster Hand oder durch Familiengeschichten. Sie befeuern damit ihren Widerstand.

Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die kollektive Wirksamkeit, also der Glaube, dass Veränderungen möglich sind. Bei den Kurd*innen wird dieser Glaube durch die generationenübergreifende Weitergabe der Widerstandskultur und des kollektiven Engagements gestärkt.

Wenn die drei Elemente Gruppenidentität, wahrgenommene Ungerechtigkeit und kollektive Wirksamkeit zusammenkommen, schafft das eine starke Grundlage für ein nachhaltiges politisches Bewusstsein und den Aktivismus. In der kurdischen Diaspora manifestiert sich dieser theoretische Rahmen konkret in familiären Übertragungsmechanismen. Die Eltern geben nicht nur ihr kulturelles Erbe weiter, sondern auch die darin eingebetteten politischen Bedeutungen und den Geist des Widerstands. Dieser Prozess ermöglicht den Aufbau einer Identität, die über Generationen hinweg weiterbestehen kann.

Wie wird politisches Bewusstsein weitergegeben?

Die Studie deckt auf, welche Mechanismen zur Weitergabe beitragen. Es sind insbesondere …

… die politische Sozialisation in der Familie: Die meisten für die Studie befragten Mitglieder der Diaspora betonten, dass das politische Bewusstsein tief in der familiären Erziehung verwurzelt ist. Die Eltern sprechen mit ihren Kindern regelmässig über die kurdische Geschichte, die Besatzung, den Widerstand und die Menschen, die wegen ihres politischen Engagements das Leben verloren haben. Diese Gespräche spielen eine entscheidende Rolle bei der Herausbildung der Identität und des politischen Bewusstseins. Dieser Sozialisationsprozess wird zudem dadurch gestärkt, dass die Familie an Protesten teilnimmt, zuhause kurdische Fernsehkanäle geschaut und Widerstandssymbole in das tägliche Leben eingebunden werden.

… die Sprache und kulturelle Kontinuität: Der aktive Gebrauch der kurdischen Sprache zu Hause ist zur Bewahrung der Kultur grundlegend. Die Befragten erachten das Unterrichten ihrer Kinder in der Muttersprache als bedeutende Leistung, damit ihre ethnische Identität überlebt. Sie sahen darin auch einen Akt des Wider- ▶

Forschungsstätte

stands gegen die Assimilation. Kulturelle Praktiken wie Musik, Literatur und die mündliche Tradition stärken die Bindungen zwischen den Generationen weiter. Gemeinschaftsräume und institutionelle Bindungen: Vereine, Kulturzentren und Festivals fungieren nicht nur als soziale Treffpunkte, sondern auch als Räume für politische Bewusstseinsbildung. Die Teilnahme von Familien an diesen Veranstaltungen hilft jüngeren Generationen, sich mit dem kollektiven Gedächtnis zu verbinden und ihre Identität zu leben. Rituale wie die Newroz-Feierlichkeiten stärken die gemeinschaftliche Solidarität (Anm. d. Red.: Newroz ist das Fest zur Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche).

… die emotionale Übertragung von Wut, Trauer und Widerstand: Eine der auffälligsten Erkenntnisse aus der Befragung war der Umstand, dass die mit den Traumata verbundenen Emotionen in den Familien weitergegeben werden. Die Teilnehmenden erzählten Geschichten von verlorenen Verwandten, staatlicher Gewalt und Verfolgung über Generationen hinweg. Dies fördert ein gemeinsames Gefühl des Leidens. Dieses äusserte sich auch als Wut, die zur Teilnahme an Protesten, politischem Engagement in den sozialen Medien und in der Erziehung von Kindern mit demselben Bewusstsein führte.

… ein Bewusstsein für aktuelle politische Entwicklungen in den sogenannten Herkunftsländern: Die Teilnehmenden verfolgen die politischen Ereignisse in ihren sogenannten Herkunftsländern aufmerksam, was wiederum ihren Aktivismus in der Schweiz direkt beeinflusst. Die sozialen Medien spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der Verbindung zum Kampf in der Heimat und zeigen, wie die Diaspora geografisch zwar weit entfernt, aber emotional und politisch nah bleibt.

Schlussfolgerung: Eine neu erfundene Kultur des Widerstands in der Diaspora

Die vorliegende Studie zeigt, dass die kurdische Diaspora nicht nur eine Gemeinschaft «im Exil» ist, sondern

ein Kollektiv bildet, das sein politisches Bewusstsein und seine Widerstandstraditionen aktiv reproduziert. Die Tatsache, dass sich Menschen, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind, für ein Land einsetzen, das sie nie gesehen haben, unterstreicht die Macht der intergenerationellen Identitätsübertragung.

Am auffälligsten ist, dass die Folgegenerationen das politische Engagement ihrer Familien nicht als «Last», sondern als Quelle des Stolzes und der Verantwortung wahrnehmen.

Die vorliegende Studie bietet wertvolle Einsichten, um die Zusammenhänge zwischen Identität, Erinnerungskultur und politischem Engagement in Migrationsgemeinschaften besser zu verstehen. Der Widerstand der kurdischen Diaspora ist nicht nur die Geschichte einer ethnischen Gruppe, sondern auch ein Beispiel für einen Freiheitskampf, der über geografische und generationale Grenzen hinausgeht. Das Forschungsprojekt zeigt auf, dass persönliche Identitäten und Zugehörigkeiten nicht nur individuelle Anliegen sind, sondern auch die Gesellschaften betreffen, in denen die migrierten Menschen leben. Diese Zugehörigkeiten können entscheidend sein für die gegenseitige Solidarität, die Integrationsprozesse und das politische Engagement. Bei der intergenerationalen Weitergabe von Identitäten und Zugehörigkeiten spielen Familie, Kultur und Emotionen eine zentrale Rolle. Künftige Forschung und politische Massnahmen sollten dies berücksichtigen ▪

Literatur:

– Hess, M. & Korf, B. (2014). Tamil Diaspora and the political spaces of second­generation activism in Switzerland. Global Networks, 14 (4), 419–437. https://doi.org/10.1111/glob.12052

– Kaya, O. (2025). The intergenerational transmission of collective action within the Kurdish diaspora in Switzerland: An analysis of socio­political dynamics. Current Psychology. https://doi. org/10.1007/s12144­ 025­ 07724­z

– Kieser, H.­L. (2008). Kurdistan. Historisches Lexikon der Schweiz https://hls­dhs­dss.ch/de/articles/041672/2008­11­ 06/

– Linder, W. & Vatter, A. (2001). Institutions and outcomes of Swiss federalism: The role of the cantons in Swiss politics. West European Politics, 24 (2), 95­122. https://doi. org/10.1080/01402380108425435

– Sirkeci, İ. (2003). Migration, ethnicity and conflict: The environment of insecurity and Turkish-Kurdish international migration (Unveröffentlichte Dissertation). Universität Sheffield.

– Tajfel, H. & Turner, J. C. (1979). An integrative theory of intergroup conflict. In W. G. Austin & S. Worchel (Eds.), The social psychology of intergroup relations (pp. 33–47). Monterey, California: Brooks/Cole.

– van Zomeren, M., Postmes, T. & Spears, R. (2008). Toward an integrativ social identity model of collective action: A quantitative synthesis of three socio­psychological perspectives. Psychological Bulletin, 134 (4), 504–535. https://doi.org/10.1037/00332909.134.4.504

Dr. Orhan Kaya, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut Soziale und kulturelle Vielfalt orhan.kaya@bfh.ch

… forschte und unterrichtete bis Juni 2025 am Departement Soziale Arbeit. Er ist spezialisiert auf intergenerationales kollektives Handeln, Diskriminierung und soziale Identität. Orhan Kaya ist türkischer Kurde.

Serkan Demirel/ANF
Feste wie Newroz sind gelebte gemeinschaftliche Solidarität.

Forschungsstätte

eingetauchtWerkstatt | aufgetaucht

Christliche und säkulare Familien in der Pandemie

Die Pandemie hatte Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. Auch die Beziehungen zwischen den Generationen blieben nicht unberührt. Der Effekt der Pandemie auf den Familienzusammenhalt wird an der BFH im Projekt Intergenerational Cohesion during COVID ­19 and beyond untersucht. Das Projekt ist Teil des Nationalen Forschungsprogramms 80 COVID ­19 in der Gesellschaft.

Wie verbinde ich dieses Thema mit Religion? Vor dieser Frage stand ich zu Beginn meines Dissertationsprojektes, da ich in Religionswissenschaft doktoriere. Religion und Familie gehören in gewisser Weise zusammen: Einerseits wird Religion oft im familiären Kontext gelebt, andererseits stellen Religionen häufig die Familie in den Mittelpunkt. Ausserdem sind Religion, Familie und die Pandemie Themen, die existenzielle Fragen auslösen. Deshalb entschied ich, in meiner Dissertation die Unterschiede im familiären Zusammenhalt während der Pandemie in christlichen und säkularen Familien zu untersuchen. Ich konzentriere mich auf Christ*innen, da sie leichter zu rekrutieren waren und weil Personen mit anderen religiösen Bekenntnissen häufig Migrationsgemenschaften angehören, die auch aus anderen Gründen einen stärkeren familiären Zusammenhalt haben (Bias). Nach heutigem Wissensstand kann Religion sowohl eine Ressource als auch ein Risiko für Familienbeziehungen darstellen (vgl. Dollahite et al., 2023, S. 68). Ich untersuche darum unter anderem, inwiefern Religion die Familienbeziehungen während der Pandemie gestärkt oder geschwächt hat.

Ich führte Tandeminterviews mit christlichen und säkularen Personen durch. Als christlich galten Befragte, die sich selbst so bezeichnen und im Religiositätsfragebogen mindestens 15 von dreissig Punkten erzielten; bei weniger galten sie als eher säkular. Ein Tandem bestand aus je einer Person unter und einer über 65 Jahren, die verwandt sind und in der Pandemie Kontakt hatten.

Erste Ergebnisse legen nahe, dass sich der Familienzusammenhalt während der Pandemie in beiden Gruppen nicht wesentlich unterscheidet. Dies zu prüfen und zu erklären, ist nun der nächste Schritt. Es zeigt sich auch, dass Religion unabhängig von der Pandemie die Familienbeziehungen mehrheitlich

eingetaucht – aufgetaucht

Wer forscht zu welchem Thema am Departement? Ob Dissertation, Nationalfonds oder Masterthesis: Jenseits von Fachbegriffen schreiben in dieser Reihe Nachwuchs und Lehrpersonen, was am eigenen Projekt bewegt, ins Stolpern oder einen Schritt weiterbringt.

Sebastian Schläfli studierte Religionswissenschaft in Luzern. Er arbeitet seit März 2023 als Doktorand am Institut Alter BFH, dies im Projekt Intergenerational Cohesion during COVID­19 and beyond. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Luzern beschäftigt, wo er nun auch promoviert.

stärkt und nicht schwächt. Für die befragten Christ*innen war der persönliche Glaube insbesondere während der Pandemie eine wichtige Ressource, die sie als positiv für die Familienbeziehungen wahrnahmen.

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass Religion ein wichtiger Faktor für interge nerationale Familienbeziehungen sein kann, dass sie aber während der Pandemie keine andere Rolle spielte als davor oder danach. Das heisst, Religi on ist bei einem Teil der Bevöl kerung eine Lebensrealität. Religiöse Orientierung sollte daher im Sozialbe reich stets als mögliche Ressource mitgedacht werden – nicht nur in Krisenzeiten.

Literatur:

– Dollahite, D. C., Kel ley, H. H., James, S., & Marks, L. D. (2023). Changes in Home Centered Religious Practices and Relational Wellbeing following the Initial Onset of the COVID Marriage & Family Review, 59 65–94. https://doi.org/10.1080/01494 929.2022.2141942

«(Mein Glaube) ist sicher ein Kompass für mein Leben, auch für das Familienleben.»

Aussage einer interviewten Person

Forschung

Tagung Gesundheit & Armut zu prekärer Arbeit

Am 18. Juni 2026 findet in Bern die nationale Tagung Gesundheit & Armut statt. Sie widmet sich den Zusammenhängen zwischen neuen Arbeitsformen, Prekarität, Armut und Gesundheit.

Befristete Verträge, Teilzeit, Arbeit auf Abruf, Leiharbeit oder Selbständigkeit sind Beschäftigungsformen, die Flexibilität auf Kosten von sozialer Sicherheit fordern. Aktuelle Entwicklungen wie Telearbeit, algorithmisches Management und künstliche Intelligenz verstärken die Tendenz zu Arbeitsverträgen mit flexibler Beschäftigung. Dies kann die Arbeitsbedingungen verschlechtern und für Arbeitnehmende gesundheitliche Folgen haben. Besonders betroffen sind in der Schweiz junge Menschen, Frauen, Personen mit niedrigem Bildungsniveau und Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit.

Die Tagung will die Zusammenhänge und Wechselbeziehungen zwischen neuen Arbeitsformen, Armut und Gesundheit in den öffentlichen Diskurs einbringen, Bedürfnisse und Bedarfe aufzeigen sowie innovative Ideen vorstellen, um Wege aus diesen neuen Formen sozialer Unsicherheit zu finden.

Die BFH lädt Fachpersonen ein, an der Tagung mitzuwirken: Vorschläge für Beiträge zu neuen Arbeitsformen, Prekarität, Armut und Gesundheit können als Workshops oder Poster bis zum 30. Oktober 2025 eingereicht werden.

Kontakt:

Prof. Dr. Eveline Ammann Dula, Leiterin Institut Soziale und kulturelle Vielfalt bfh.ch/de/eveline­ammann­dula

Weitere Informationen unter bfh.ch/soziale­arbeit/tagung­armut­2026­call

Strafen, schützen, erziehen? Perspektiven auf die Jugendstrafuntersuchung

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) unterstützt ein neues Forschungsprojekt der BFH, das die Rolle der Sozialen Arbeit in der Jugendstrafuntersuchung ergründet. Das Projekt «Strafen, schützen, erziehen? Perspektiven auf die fallbezogene Massnahmenfindung in der Jugendstrafuntersuchung» zielt darauf ab, die komplexen Dynamiken der fallbezogenen Abklärungen durch die Soziale Arbeit zu beleuchten.

Im Zentrum steht die Frage, wie Jugendliche, ihre Eltern sowie Fachpersonen aus Sozialarbeit und Justiz den Prozess der Jugendstrafuntersuchung erleben. Dabei werden qualitative Interviews in vier Schweizer Kantonen durchgeführt und nach der Methode der Grounded Theory ausgewertet. Die Forschung möchte aufzeigen, wie gesellschaftliche, institutionelle und machtbezogene Rahmenbedingungen die Zusammenarbeit aller Beteiligten prägen.

Kontakt:

Prof. Dr. Simone Brauchli, Dozentin Institut Kindheit, Jugend und Familie

bfh.ch/de/simone­brauchli

Skizzen

Forschung

Gesucht: Hochqualifizierte Geflüchtete, die in ihrem Beruf arbeiten möchten

Das Projekt «Hack Integration» will hochqualifizierten Geflüchteten und Migrant*innen den Einstieg in ihren erlernten Beruf erleichtern. Die Teilnahme an einem Hackathon ist eine Gelegenheit, um eigene Fähigkeiten zu zeigen, neue Kontakte im Fachbereich zu knüpfen und mehr über das eigene Berufsfeld zu erfahren.

Gesucht werden insbesondere Fähigkeiten in den Bereichen IT, Datenanalyse, Wirtschaft und Design. Viele Hackathons suchen auch Fachleute aus Bereichen wie Stadtplanung, Bildung, Umweltwissenschaften, Gesundheitswesen, Sozialarbeit oder Landwirtschaft.

Für eine begleitende Studie der BFH und der Universität Zürich können sich die Teilnehmenden auf unserer Plattform registrieren. Wenn sie vor und nach der Teilnahme an einem Hackathon eine kurze Umfrage ausfüllen, erhalten sie insgesamt 70 Franken.

Weitere Informationen – inklusive Studienregistrierung und zukünftige Hackathons – finden Sie auf deutsch, französisch, englisch und italienisch unter: hackintegration.ch

Wie bleiben Sozialdienste zukunftsfähig?

Die Sozialdienste im Kanton Bern sehen sich mit steigenden Erwartungen an ihre Professionalität konfrontiert. Dies zeigt sich etwa in den Diskussionen rund um die laufende Totalrevision des kantonalen Sozialhilfegesetzes SHG oder in Empfehlungen von Fachgremien zur Mindestgrösse eines Sozialdienstes. Neben diesen Anforderungen, die von ausserhalb an die Berner Sozialdienste herangetragen werden, ergeben sich auch Veränderungen in den Institutionen selbst: der steigende Anteil komplexer Fälle, der Bedarf, sich zu spezialisieren, sowie die Knappheit von Fachpersonen.

Vor diesem Hintergrund überlegen sich die Verantwortlichen, ob ihre Strukturen weiterhin genügen und welche Möglichkeiten bestehen, die Zusammenarbeit mit benachbarten Sozialdiensten zu vertiefen.

Die BFH begleitet derzeit mehrere Sozialdienste in diesem Prozess: Ausgehend von einer Analyse der Situation, werden Organisations­ und Kooperationsmodelle identifiziert und bewertet. Dabei werden auch finanzielle Kennzahlen berücksichtigt. Die Kooperationsmodelle orientieren sich an der regionalen Situation und können deshalb den politischen Entscheidungsträger*innen dazu dienen, die künftige strategische Ausrichtung der Dienste festzulegen.

Kontakte:

Matthias von Bergen, Dozent Institut Organisation und Sozialmanagement bfh.ch/de/matthias­von­bergen Simon Steger, Co­Leiter Forschung bfh.ch/de/simon­raphael­steger

Mit KI erstellt

Werkstatt

Generationenleitbilder zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Mitten im Gespräch erinnert Markus Schweizer, Mitglied der Kirchberger Kommission für Altersfragen, an Mani Matters Lied «D Chue am Waldrand»: die Geschichte eines Malers, der sich so lange mit der Gestaltung des Vorder- und Hintergrundes beschäftigt, bis sich die Kuh, sein eigentliches Hauptmotiv, aus dem Staub gemacht hat. So wie diesem Maler könne es auch Politiker*innen bei der Ausarbeitung eines Generationenleitbildes ergehen, mahnt Markus Schweizer. Wenn sie sich zu sehr in den Details verlören, an Handlungsfeldern, Zielen und Massnahmen feilten, riskierten sie, die Bedürfnisse der Bevölkerung aus den Augen zu verlieren.

Diese Erkenntnis teilte er mit anderen Gemeindevertreter*innen, die am Vernetzungsanlass über kommunale Generationenleitbilder diskutierten. Allen Anwesenden war der anspruchsvolle Balanceakt zwischen Strategieerarbeitung und Umsetzungsprozess bewusst, jedoch ging jede Gemeinde die Herausforderung anders an.

Glarus: Die Pionierin der Generationenleitbilder

Glarus war 2016 wohl die erste Gemeinde in der Schweiz, die ein Generationenleitbild lancierte. Andrea Trummer, Gemeinderätin und Landrätin, verantwortete

Begleitung für Gemeinden

Das Institut Alter der BFH unterstützt Gemeinden in Alters­ und Generationenfragen. Während Altersleitbilder die ältere Bevölkerung ins Zentrum rücken, fokussieren Generationenleitbilder auf den übergreifenden Zusammenhalt der Generationen. Dadurch kann aus einer ganzheitlichen Betrachtung heraus die Alterspolitik in die Sozialpolitik eingebettet werden. Die Autor*innen begleiteten die Gemeinden Aefligen, Kirchberg, Lyssach und Rüti bei Lyssach im Erarbeitungsprozess des Generationenleitbilds. Der hier dargelegte Vernetzungsaustausch zu Generationenleitbildern geht auf ihre Initiative zurück.

Nicht einfach aneinander vorbeileben, sondern das Zusammenleben von Jung und Alt gestalten: dies kann sich für Gemeinden unabhängig von ihrer Grösse lohnen. Ein Vernetzungsanlass der BFH zeigte, ein Generationenleitbild auszuarbeiten, ist unter Umständen aufwändig. Was braucht es, damit Aufwand und Wirkung in einem angemessenen Verhältnis bleiben?

diesen langjährigen Prozess von Anfang an. Die Umstände waren damals günstig. Nach der grossen Gemeindefusion im Kanton Glarus von 2011 herrschte Aufbruchstimmung. Man wollte die institutionellen Veränderungen auch auf gesellschaftlicher Ebene angehen und nutzte das Projekt Generationenleitbild als politisches Instrument, damit sich die fusionierten Gemeinden näherkommen.

Während zweier Jahren wurde – mit beträchtlichem finanziellem Aufwand und intensiver Beteiligung der rund 12 000 Einwohner*innen – ein Dialogprozess geführt, der nicht nur alle Generationen, sondern auch alle gesellschaftlichen Sektoren in einen Austausch brachte. Man sei ergebnisoffen an die Aufgabe herangegangen, berichtet Andrea Trummer rückblickend. Die einzige Bedingung war, dass in jedem Handlungsfeld der Zusammenhalt zwischen den Generationen ins Zentrum gestellt werden müsse.

Fast zehn Jahre nach der Verabschiedung des Generationenleitbilds blickt Andrea Trummer zufrieden auf die Resultate zurück. Seit 2022 gibt es eine 40-prozentige Fachstelle Generationen und Kultur, die als koordi -

Prof. Dr. Claudia Michel
Anita Schürch
Glarus war eine der ersten Gemeinden mit einem Generationenleitbild.

Werkstatt

nierende Schnittstelle zwischen den verschiedenen Akteur*innen fungiert. Zudem sei die Nachbarschaftshilfe ein Erfolgsmodell. Die Gemeinde hat mit Vereinen Leistungsverträge abgeschlossen und gibt gemeindeeigenes Land unter der Auflage ab, dass generationenübergreifender Wohnraum zu schaffen ist.

Der vielleicht grösste Erfolg ist laut Andrea Trummer die hohe Verbindlichkeit, die die Gemeinde durch die strukturelle Verankerung des Generationenleitbildes erlangte habe. Dieses befinde sich auf gleicher Ebene wie ein Richtplan und werde als tragende Säule der Gemeindeentwicklung betrachtet. Die Herausforderung liege jedoch in der Finanzierung. So müsse die Fachstelle bei Sparrunden verteidigt werden, da manche die Ansicht verträten, gesellschaftliches Leben sei nicht Gemeindeaufgabe. In solchen Situationen helfe es, dass sie sich als Gemeindrätin auf ein breit abgestütztes und strukturell gut verankertes Generationenleitbild berufen könne.

Thunersee: An der sozialen Infrastruktur arbeiten

Im Jahr 2022 machten sich die Thunerseegemeinden Heiligenschwendi, Hilterfingen und Oberhofen daran, ein Generationenleitbild zu erstellen. Begleitet wurden sie von «UND Generationentandem», einer Institution, die den Prozess als engagierter regionaler Akteur leitete. Ihr Geschäftsleiter Elias Rüegsegger und ihr Vorstandsmitglied Fritz Zurflüh gaben am Vernetzungsanlass Einblick in das Vorgehen. Am Anfang stand demnach eine Spurgruppe, die sich aus Interessensträger*innen und Generationenvertretenden zusammensetzte. Sie entwickelte einen «Themenschatz», indem sie Personen aller Generationen befragte und diese auf einer Website porträtierte. Der anschliessende Mitwirkungsanlass stellte dank der intensiven Beteiligung der Bevölkerung den eigentlichen Höhepunkt des Prozesses dar.

Den gesamten Prozess prägte demnach eine Abwägung zwischen dem «big picture» und den «low hanging fruits»: Innert kürzester Zeit lagen Umsetzungsideen auf dem Tisch, aber gleichzeitig wurden auch Hindernisse

Oberhofen entwickelte das Leitbild gemeinsam mit anderen Gemeinden und einem engagierten lokalen Akteur.

bei der politischen Realisierbarkeit erkennbar. Entsprechend knapp habe man dann das Leitbild gehalten und mit raschen Massnahmen versucht, schon möglichst früh erste «Früchte» zu ernten. Dazu gehören etwa ein Ping-Pong-Tisch am See oder ein Generationengarten –niederschwellige Begegnungsräume, die zum Austausch einladen. Gleichzeitig arbeitete man laut den Vertretern von «UND» an den Strukturen, schuf einen Generationenrat und erreichte die Finanzierung einer Fachstelle (10 %) für drei Jahre.

Zu Beginn schwebte der Spurgruppe ein Generationenvertrag vor: eine Art Gesellschaftsvertrag, der das Gemeinsame über das Individuelle gestellt und die politischen Gemeinden stärker in die Pflicht genommen hätte. Man habe um die Problematik der Unverbindlichkeit von Leitbildern gewusst, meinten die Vertreter von «UND». In den Thunersee-Gemeinden habe man deshalb in gemeinsamer Verantwortung am Zusammenleben arbeiten wollen. Ganz soweit sei es leider nicht gekommen. Das vorliegende Leitbild verstehen die Vertreter von «UND» deshalb nicht als Schlusspunkt, sondern als Doppelpunkt: als Start in eine engagierte Zukunft mit vielfältigen Aktivitäten.

Region Aemme: Von Alters- zu Generationenfragen

Etwa zeitgleich mit den Gemeinden am Thunersee initiierten vier Gemeinden im unteren Emmental ein gemeinsames Generationenleitbild. Am Austauschtreffen nahm eine ganze Reihe Beteiligter teil: aus Kirchberg Andrea Capelli und Markus Schweizer, aus Lyssach Corinne Lehmann und aus Rüti bei Lyssach Michaela Beer und Ruth Dreier. Ursprünglich hatte man ein Altersleitbild im Auge. Die politisch Verantwortlichen entschieden sich jedoch früh für ein Generationenleitbild, um das Zusammenleben der verschiedenen Generationen ins Zentrum zu stellen und alle Altersgruppen einzubeziehen. Auch hier wurde eine Spurgruppe mit Personen aus allen Generationen und Gemeinden ins Leben gerufen, die relevante Handlungsfelder, Ziele und Massnahmen definierte.

Kirchberg arbeitete mit benachbarten Gemeinden zusammen.

Werkstatt

Die interkommunale Zusammenarbeit war im Gemeindeverband neu und bot eine doppelte Chance: Erstens profitieren alle Gemeinden von einem breit abgestützten Leitbild. Für eine kleine Gemeinde wie Rüti mit nur gerade 170 Einwohner*innen war dies zweitens die einzige Möglichkeit, einen solchen Leitbildprozess durchzuführen. Das Leitbild brachte aber auch Herausforderungen mit sich: Für die Anwendung in der Region sollte es möglichst konkret sein, gleichzeitig durfte es nicht zu eng formuliert sein, damit jede Gemeinde daraus ihre eigenen Massnahmen ableiten kann. Es musste zudem der Realität der Kleinstgemeinde Rüti und der grösseren Gemeinde Kirchberg mit knapp 6000 Einwohner*innen gerecht werden.

Ein knappes Jahr nach der Erarbeitung des Leitbilds zeigt sich, dass der Erfolg der Umsetzung weniger von dessen Konkretisierungsgrad abhängt, sondern eher von der Nähe zur Politik. Wo Gemeinderät*innen an der Erarbeitung beteiligt waren, liegen bereits erste Umsetzungsschritte vor. So wurde in Rüti eine Waldbegehung mit dem Revierförster für Jung und Alt durchgeführt. In Lyssach fügte sich das im Sommer fünfmal geöffnete Fyrabe-Beizli rasch in die Dorfkultur ein. In Kirchberg hingegen wartet man auf einen Auftrag des Gemeinderates. Der entworfene politische Planungsprozess sei aufgrund kommunaler Neuwahlen noch nicht umgesetzt, erklärte Alterskommissionsmitglied Markus Schweizer. So sei das neue Generationenleitbild für die Bevölkerung noch nicht wirklich spürbar. Mit dem Bau des Oberstufenzentrums «Campus 25+» biete sich in Kirchberg aber die einmalige Chance, Raum für alle Generationen zu schaffen. Womit Mani Matters Lied mit der verschwundenen Kuh zum Glück doch nicht ganz zutreffe.

Worb: generationenübergreifende Aktivitäten

Auch in Worb stand ein Generationenleitbild auf der politischen Agenda. Da bereits ein Jugendkonzept bestand und 2023 ein Alterskonzept verabschiedet wurde, wünschte sich Gemeinderätin Karin Waber ein Generationenleitbild, das als Bogen die beiden bestehenden Konzepte überspannen sollte. Gemeinderat und Parlament unterstützten das Vorgehen. Doch zeigte sich bald, dass die mit der Erarbeitung beauftragte Sozialkommission das Geschäft Generationenleitbild nur mit Widerstand aufnahm und der Elan für einen weiteren aufwändigen Leitbildprozess fehlte. So kam es zum Abbruch, wobei Karin Waber betont, dass sie sich auch heute noch ein solches Strategiepapier wünsche. Mit Stolz berichtet sie aber, dass dieser negative Ausgang die Gemeinde nicht daran hindere, generationenverbindende Aktivitäten zu initiieren. Als Beispiel nennt sie die neue Handy- und Computersprechstunde, die von der Jugendarbeit und dem Verein für Seniorinnen und Senioren gemeinsam angeboten werde.

Fazit: Es braucht Generationenpolitik

Trotz unterschiedlicher Ausgangslagen und Herangehensweisen waren sich in der Runde alle einig: Es braucht eine Generationenpolitik, unabhängig davon, ob ein Leitbild besteht oder nicht. Nicht nur in Grossstädten, sondern auch in Kleinstgemeinden lebt eine

Worb fand unabhängig von einem Leitbild Wege für mehr generationenverbindende Aktivitäten.

heterogene Bevölkerung, die vom gegenseitigen Austausch profitieren kann. Werden Generationenbeziehungen nicht aktiv gepflegt, leben Jung und Alt aneinander vorbei. Generationenpolitik setzt deshalb bei der Beziehungsebene an. Sie kann darüber hinaus auch die Solidarität und Gerechtigkeit zwischen den Generationen stärken oder gar einen Generationenvertrag abschliessen.

Der Anspruch eines Generationenleitbilds kann unterschiedlich hoch angesetzt werden, die eigentliche Herausforderung liegt jedoch in der Umsetzung. Elias Rüegsegger von «UND» sprach den Anwesenden aus dem Herzen, als er betonte, dass die kommunale Sozialpolitik sich heutzutage nicht auf die Tätigkeit des Sozialdiensts und das gesetzliche Minimum beschränken könne. Die soziale Infrastruktur müsse daher weiter gestärkt werden. Damit Generationenpolitik gelinge, brauche es ein geschicktes Zusammenspiel zwischen Planung und Umsetzung. Eine gutgemeinte Politik verliere sonst schnell den Kontakt zur Basis und schon fehle dem Leitbild die Bevölkerung wie dem Maler die Kuh ▪

Literatur:

– Michel, C., Schürch, A., Schmid, L., Riedo, S. (2024). Generationenleitbild Aemme – Schlussbericht; Berner Fachhochschule, Bern; doi: 10.24451/arbor.22145

Prof. Dr. Claudia Michel, Dozentin Institut Alter claudia.michel@bfh.ch … lehrt und forscht zum Thema Altersarbeit im kommunalen Sozialraum und begleitet Gemeinden bei der Durchführung sozialpolitischer Vorhaben.

Anita Schürch, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut Alter anita.schuerch@bfh.ch … begleitet und beforscht partizipative Prozesse an der Schnittstelle von Sozial­ und Gesundheitswesen.

Praxisorientiert und flexibel:

Aktualisierter Leitfaden Mediation im Kindesschutz

Franziska Feller, Mediatorin FSM mit Spezialisierung in Familienmediation, berät die unterschiedlichsten Menschen in schwierigen Lebenslagen und wird regelmässig von der KESB mit angeordneten Mediationen und Mediationen im Kindesschutz beauftragt. Tanja Lutz führte das Interview im Mai 2025.

Für die Neuauflage des Leitfadens Mediation im Kindesschutz wurde die Praxis intensiv befragt. Familienmediatorin Franziska Feller war eine der einbezogenen Expert*innen. Im Gespräch mit Projektleiterin Tanja Lutz erläutert sie, wie Mediator*innen und Fachpersonen der Sozialen Arbeit von klaren Strukturen, Flexibilität und Austausch profitieren.

Frau Feller, Sie waren eine derjenigen, die uns zur ersten Auflage des Leitfadens Rückmeldung gegeben haben ... Franziska Feller: Das habe ich gern gemacht, denn ich finde es für einen Leitfaden, der sich mit Mediation beschäftigt, immens wichtig, die Praxis einzubeziehen. Ich kenne die konkrete Anwendung des Leitfadens in den Kindes­ und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) und Sozialdiensten gut. Daher war es mir wichtig, Rückmeldungen aus der Sicht meiner Praxis im Rahmen der KESB­Mediationen zu geben.

Wie nutzen Sie den Leitfaden im Arbeitsalltag?

Der Leitfaden ist herausgekommen, als ich bereits Mediationen im Kindesschutz durchgeführt habe. So hatte ich eher den Blick: Mache ich es eigentlich so, wie es der Leitfaden beschreibt? Es war somit eine Form der Überprüfung beziehungsweise der Bestätigung meines bisherigen Vorgehens.

Welche Aspekte im Leitfaden finden Sie hilfreich?

Sehr unterstützend empfinde ich die strukturierenden Informationen und die Vorgaben zu den KESB und Verfahrensregeln: rechtliche Grundlagen, Auftragsklärung, Zuständigkeiten und Ablauf. Auch wichtig finde ich den darin definierten Unterschied zwischen freiwilligen und angeordneten Mediationen der KESB. Das gebe ich jeweils gern an Kolleg*innen weiter, die sich neu mit dem Thema beschäftigen.

Wie erklären Sie eine*r neuen Kolleg*in, was der Leitfaden ist?

Für mich ist der Leitfaden eine Gebrauchsanweisung, wie eine Mediation in diesem Bereich funktioniert. Er beinhaltet ausführliches Grundlagenwissen. Das ist super, wenn man noch nie eine derartige Mediation gemacht hat. Aber auch mit Erfahrung bietet er eine gute

«Für mich ist der Leitfaden eine Gebrauchsanweisung, wie eine Mediation in diesem Bereich funktioniert. Er beinhaltet ausführliches Grundlagenwissen. Das ist super, wenn man noch nie eine derartige Mediation gemacht hat.»

Checkliste, um an alles zu denken. Es ersetzt ein bisschen den Austausch im Team, da wir stets als Einzelpersonen beauftragt werden.

Wie könnte der Leitfaden Sie in Zukunft noch besser unterstützen?

Verbesserungspotenzial sehe ich in der Zusammenarbeit mit der KESB: Wer informiert hier wen wann? Das Aufgleisen einer Mediation gelingt meist gut. Aber es ist recht unterschiedlich, was wir als Mediator*innen von der KESB im Verlauf der Mediation an Informationen erhalten. Nebst der langen Wartefrist zwischen der Mediationsanfrage und dem Entscheid fehlt es häufig an zusätzlichen Informationen der KESB – beispielsweise über weitere Massnahmen oder Entscheide. Eine transparentere, offenere Zusammenarbeit würde wahrscheinlich allen die Arbeit erleichtern und auch eine effizientere und effektivere Unterstützung bieten.

Zudem fehlt nach Abgabe des Schlussberichtes meist eine Rückmeldung der KESB, ob die Mediation nun weiterlaufen kann oder ob der Abschluss so genehmigt ist. Hier endet die Kommunikation oft abrupt, was bei den Teilnehmenden der Mediation häufig zu Irritationen führt: Dürfen sie nun weiterhin Mediationsgespräche wahrnehmen, oder werden die Abmachungen und ▶

Verbesserungen im gegenseitigen Umgang als ausreichend gut eingestuft? Können sie nun wieder eigenständig unterwegs sein?

Mir ist schon klar, dass das kein böser Wille ist, dass hier der Zeitmangel der Grund ist. Aber hier wird viel Potenzial verspielt, und daraus kann auch eine neue Gefährdung entstehen. Eine sinnvolle Erweiterung wäre, im Leitfaden klare Handlungsempfehlungen für die KESB zu verankern, wie sie ihrerseits eine Mediation zum Gelingen bringen können.

Können Sie das konkretisieren?

Ich möchte das veranschaulichen: Vom Antrag einer Mediation bis zum KESB­Entscheid dauert es meist sechs Monate bis zu einem Jahr. In dieser Zeit ist bei den Beteiligten meistens viel passiert, so dass es eine neue oder zumindest angepasste Auftragsklärung braucht. Dasselbe gilt nach der Abgabe des Berichtes mit einer allfälligen Empfehlung zur Weiterbegleitung. Hier bleiben neue Entscheide teils lange in der Schwebe. Ich bin überzeugt, dass sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessern würde, wenn wir uns über jährliche Austauschanlässe oder Ausbildungen persönlich kennen würden, denn der persönliche Kontakt würde die Schwelle zur gegenseitigen Kontaktaufnahme verringern.

Vielen Dank. Diesen Aspekt haben wir in der Neuauflage berücksichtigt. Was kann noch verbessert werden?

Im Leitfaden könnten noch mehr Varianten von Fallverläufen aufgegriffen werden, um die Diversität der Geschichten aufzuzeigen. Der Erfolg einer Mediation ist nicht mit einem «Ja» oder «Nein» zu beantworten. Die Frage ist, ob sie die passendste Intervention darstellt. Manchmal lassen sich die Eltern sehr schnell in die Selbstverantwortung bewegen. Manchmal – insbesondere bei hocheskalierten Fällen – ist eine erste Phase des Vertrauensaufbaus nötig, bis produktiv gearbeitet werden kann.

Nicht selten werden die Eltern von verschiedenen Fachpersonen begleitet. Hier könnte der Leitfaden anregen, dass sich die involvierten Fachpersonen bezüglich ihrer Zuständigkeiten untereinander absprechen. Ein weiterer Punkt sind interdisziplinäre Fälle: Hier ist im Leitfaden nicht immer klar ersichtlich, wer bei fachlichen Überschneidungen zuständig ist – zum Beispiel die Beistandsperson oder die Familienbegleitung.

Schauen wir noch über den Wirkungsbereich des Leitfadens hinaus: Sie hatten im Feedback die Finanzierung angeordneter Mediationen angesprochen. Was müsste sich hier ändern?

Die teilnehmenden Parteien müssen heute einen einkommensabhängigen Beitrag an die Kosten der Mediation leisten. Diese Abklärung bedeutet einen hohen administrativen Aufwand und kann bei ihnen zu Beginn der Mediation einen Widerstand auslösen. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, dass die Kosten angeordneter Mediationen von der KESB respektive dem Staat übernommen würden, wie es in anderen Kantonen bereits der Fall ist. So könnten die Zeitressourcen direkt dort

einfliessen, wo sie dringendst gebraucht werden.

Was sagen Sie mit Ihrer Erfahrung in der Familienmediation zur folgenden Frage: Was sollten Personen mitbringen, wenn sie in den Bereich der Mediationen im Kindesschutz einsteigen wollen?

Ich bin selbst erst mit einer gewissen Mediationserfahrung in diesen Bereich eingestiegen und würde das allen empfehlen. Die Situation bei angeordneten Mediationen ist meist schon hoch eskaliert, sehr komplex und teils mit vielen Widerständen verbunden. Es ist wichtig, eine eigene Routine mit den Abläufen einer Mediation aufgebaut zu haben und verschiedenste Tools zur Hand zu haben, um die Teilnehmenden bestmöglich unterstützen zu können.

Gibt es noch andere Unterschiede zu Mediationen im freiwilligen Kontext?

Die Beteiligten sind bei angeordneten Mediationen häufig schwer zugänglich: Einige fühlen sich wirklich in Not und erhoffen sich von uns Hilfe. Andere dagegen kommen nur aus Pflichterfüllung oder um die KESB wie­

«Ich bin überzeugt, dass sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessern würde, wenn wir uns über jährliche Austauschanlässe oder Ausbildungen persönlich kennen würden, denn der persönliche Kontakt würde die Schwelle zur gegenseitigen Kontaktaufnahme verringern.»

der «loszuwerden». Eine dritte Gruppe ist erstmal gegen alles. Sie fühlen sich sehr gestört und verletzt, dass sie in diese Situation geraten sind.

Es erfordert von uns Mediator*innen die Fähigkeit, mit einem breiten Spektrum an Herausforderungen umgehen zu können: Grund für die angeordneten Massnahmen können beispielsweise psychische Erkrankungen der Eltern sein. Auch ist mit anderen Sprachen und Kulturen zu rechnen. Das Thema Gewalt oder Suizidalität anzusprechen, darf für uns kein Tabu sein. Man muss sich zutrauen, Gespräche mit den betroffenen Kindern zu führen und interdisziplinär zu agieren, denn zu den Behörden können rasch auch Therapeut*innen oder andere Akteur*innen hinzukommen.

Mit einem gerüttelten Mass an Erfahrung hilft dann der Leitfaden schon enorm. Genauso empfehle ich eine Unterstützung durch eine erfahrene Fachperson. Ich selbst unterstütze einsteigende Mediator*innen, indem ich ihnen einen Austausch zu ihren Fällen anbiete. Deshalb möchte ich Austauschmöglichkeiten unter uns Mediator*innen fördern.

Wenn Sie sich für die Mediation im Kindesschutz etwas wünschen dürften – was wäre dies? Dieses Netzwerk?

Es wäre fachlich äusserst gewinnbringend, wenn jährlich eine interdisziplinäre Fachtagung stattfände, bei der Mediator*innen, die KESB und die Sozialdienste

Neuauflage des Leitfadens Mediation im Kindesschutz

Der 2018 erstmals erschienene Leitfaden Mediation im Kindesschutz liegt nun in einer überarbeiteten Auflage vor. Die Neubearbeitung wurde nötig, da sich in der Praxis seit der ersten Auflage viel verändert und ausdifferenziert hat. Die Neuauflage profitiert zudem vom Input praktizierender Mediator*innen.

Neu hinzugekommen ist ein Abschnitt zur Einschätzung des Eskalationsniveaus, was der systematischen Analyse der Fälle dient. So können die Beteiligten besser abschätzen, was in der vorliegenden Situation möglich ist und wann eine Mediation sinnvoll ist oder angeordnet werden muss. Auf dieser Basis wurde auch das Kapitel zur (Kontra­)Indikation überarbeitet. Zudem wurde der Teil über die Koordination zwischen den beteiligten Akteur*innen mit einem übersichtlichen Ablaufplan veranschaulicht. Die einzelnen Schritte von der Initiierung, der Auftragsklärung, der Berichterstattung bis hin zum Abschluss der Mediation werden ausführlicher beschrieben. Auch wurden die rechtlichen Grundlagen sowie die Mustervorlagen für den Begleitbrief und die Entscheide aktualisiert.

Sie können den Leitfaden Mediation im Kindesschutz als Print­ oder PDF­Version kostenfrei beziehen unter: bfh.ch/leitfaden­mediation­kindesschutz

ihre Erfahrungen austauschen und sich vernetzen könnten. Das würde auch helfen, die Familienmediation zu institutionalisieren und ein Zugehörigkeitsgefühl unter den Mediator*innen zu schaffen. Zudem böte dies eine Möglichkeit, den Fachpersonen der KESB und der Sozialdienste persönlich zu begegnen. Insbesondere die Personen, die bei den Sozialdiensten Abklärungen machen, sollten aus meiner Sicht besser einbezogen werden.

Gibt es noch etwas, was Sie der Neuauflage des Leitfadens mit auf den Weg geben möchten?

Ich fände es sehr wünschenswert, wenn noch mehr Personen den Leitfaden erhalten – auf Seiten der KESB und der Sozialdienste aber auch die Mediator*innen, die in diesem Bereich tätig sind. Auf jeden Fall ein grosses Merci, dass ich dem Leitfaden – der schon enorm viel leistet – mit meinem Input nochmals einen Feinschliff geben durfte. ▪

Tanja Lutz, Dozentin Institut Beratung, Mediation, Supervision tanja lutz@bfh.ch

… leitet den MAS Mediation und Konfliktmanagement. Sie lehrt und forscht insbesondere im Bereich Familienmediation, Mediation im Kindesschutz sowie Hochstrittige Elternschaft.

Vielfalt, Dialog, Teilhabe: Lernen als gemeinsame Praxis

Wie gestalten wir gemeinsam eine Gesellschaft, die Vielfalt als Ressource versteht? Wie entwickeln wir Wissen im Dialog? Wie setzen wir dabei Multiplikator*innen ein?

Diskutieren Sie mit uns am Master­Event! Drei Projekte geben Einblick in gelebte Praxis: Sie zeigen, wie marginalisierte Perspektiven sichtbar werden, Teilhabe gelingt und Bildung als gemeinsame, verändernde Praxis verstanden werden kann.

Weitere Informationen und Anmeldung: bfh.ch/soziale­arbeit/master­event

Abendveranstaltung: Resilienz im Arbeitsalltag

Ständige Veränderungen, Konflikte und Krisen fordern uns im Arbeitsalltag heraus. Resilienz als innere Stärke hilft, diese Herausforderungen zu meistern und achtsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen. Die Veranstaltung beleuchtet die mit Resilienz verbundenen Kompetenzen und stellt Methoden vor, um die eigene Resilienz zu stärken.

Weitere Informationen und Anmeldung: bfh.ch/soziale­arbeit/abendveranstaltung

19.–23. Januar 2026

Abschlusskonferenz – der letzte Meilenstein zum Bachelor

Die Abschlusskonferenz bildet für die Studierenden des Bachelor Soziale Arbeit das letzte obligatorische Element auf dem Weg zum Diplom. Sie stellen ihre zentralen Erkenntnisse aus Studium und Abschlussarbeit der Fachöffentlichkeit vor. In thematischen Panels wird diskutiert, reflektiert und Wissen geteilt – praxisnah, kritisch und zukunftsgerichtet. Fachpersonen erhalten dabei einen besonderen Einblick in das Profil des Bachelor­Studiengangs.

Weitere Informationen und Anmeldung: bfh.ch/abschlusskonferenz­soziale­arbeit

Master in Sozialer Arbeit

Qualifizieren Sie sich für anspruchsvolle Aufgaben in Praxis, Forschung und Lehre. Der Master in Sozialer Arbeit bietet neue Perspektiven für Fachleute der Sozialen Arbeit. Besuchen Sie unsere Infoveranstaltung am:

– Montag, 22. September 2025 – Mittwoch, 22. Oktober 2025 – Dienstag, 18. November 2025 – Montag, 8. Dezember 2025 – Dienstag, 13. Januar 2026

Alle Termine finden jeweils von 12.15 bis 13.15 Uhr und von 18.15 bis 19.15 Uhr ausschliesslich online via MS Teams statt.

Anmeldung und weitere Informationen: masterinsozialerarbeit.ch

Informationen zu unseren Infoveranstaltungen für den Bachelor in Sozialer Arbeit: bfh.ch/soziale­arbeit/ infoveranstaltungen­studium

Unsere Infoveranstaltungen für Weiterbildungsangebote: bfh.ch/soziale­arbeit/ infoveranstaltungen­wb

18. November 2025
4. November 2025

Impressum

Impressum impuls 3/2025

Herausgeberin: Berner Fachhochschule BFH, Departement Soziale Arbeit

Erscheinungsweise: 3­mal jährlich

Auflage: 7200 Exemplare

Redaktion: Martin Alder, Beatrice Schild, Denise Sidler, Oliver Slappnig, Katalin Szabó, Alexandra von Allmen

Fotos: Oliver Slappnig (2 Mitte, 8–10, 12 oben, 14 oben, 17, 23, 25, 26 rechts); Serkan Demirel/ANF (Titelseite klein, 14–16); Jeanne Degras (11); Adobe Stock (2, 5, 18, 19, 20–22), iStock (Titelseite gross, 26 links, Mitte). Restliche: zVg

Layout: Oliver Slappnig

Korrektorat: Anne­Kathrin Lombeck, satzbausatz

Druck: Vögeli AG, Langnau

Copyright: Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.

Abonnement: bfh.ch/soziale­arbeit/impuls

ISSN 1661­9412 (print)

ISSN 2624­666X (online)

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Soziale Arbeit

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3012 Bern

Telefon +41 31 848 36 00

soziale­arbeit@bfh.ch bfh.ch/soziale­arbeit

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