Pücklers Orient (Leseprobe)

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MARIE-ANGE MAILLET · SIMONE NEUHÄUSER

Einleitung

Nicht nur als Gartenkünstler, sondern auch als Vielreisender und Autor von mehr als 20 Bänden Reisebücher, in denen er von seinen Aufenthalten in nahen oder entfernten Weltteilen erzählt, ist Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871) heute noch bekannt. Nach seiner Englandreise in den Jahren von 1826 bis 1829 und den berühmten »Briefen eines Verstorbenen« von dieser missglückten Brautschau waren es vor allem die Berichte von seiner sogenannten Orientreise, die ihn in Europa zum Gesprächs- und Lektürethema werden ließen und ihm Geld einbrachten. Also reiste er und stellte fest: »Ohne Reisen kann ich nicht schreiben – denn dann fehlt der Stoff, u. Romane aus der Luft zu greifen fehlt es mir an Fähigkeiten.«1 Das Publizieren während der Reise funktionierte nur durch das heimische »Redaktionsteam« – bestehend aus der in Muskau waltenden Ex-Frau Lucie von Pückler-Muskau (1776–1854), Karl August Varnhagen von Ense (1785–1858) und vor allem dem in Muskau lebenden Schriftsteller und Ratgeber Leopold Schefer (1784–1862). Er sandte Pückler empfehlenswerte Literatur und Karten, redigierte seine Manuskripte, sorgte für Abschriften, schlug Buchtitel vor, erfand zum Beispiel das Pseudonym »Semilasso«2, verhandelte mit dem Verlag und veranlasste Rezensionen. In loser Folge erschienen außerdem Artikel Pücklers in der Augsburger Allgemeinen Zeitung, die zwar nicht dem Reiseverlauf entsprachen,3 aber für Bekanntheit sorgten und eine zusätzliche Einnahmequelle darstellten. Von Frankreich aus unternahm der Fürst im Jahr 1835 zunächst eine Expedition nach Algerien, wo er die französische Besatzung aus nächster Nähe beobachten konnte, und nach Tunesien, das ihm, weil es von europäischen Besuchern noch kaum berührt war, besonders ansprach – er widmete dieser Gegend drei der fünf Bände von Semilasso in Afrika (1836). Sein Weg führte ihn dann Ende 1835 in das Griechenland von König Otto, dem Sohn des bayerischen Königs Ludwig I., über das er Der Vorläufer (1838) und etwas später den unkonventionellen Südöstlicher Bildersaal (1840/41) schrieb, die an vielen Stellen nicht gerade ins enthusiastische Griechenlandbild der damaligen Philhellenen passten.4 Anschließend begab er sich Anfang 1837 nach Ägypten, wo er

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»Machbuba« († 27.10.1840), posthumes Porträt durch einen unbekannten Sorauer Maler, Öl/Leinwand

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