Gespräch mit Hans Neuenfels

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G e spräc h m it H an s N e uen f el s

NB: Das Regietheater auf der Opernbühne ist in Deutschland in den 1970er Jahren entstanden, und zwar in beiden Deutschlands, im Osten wie im Westen. Im Osten verbinden wir das mit Walter Felsenstein, Ruth Berghaus, mit Joachim Herz und später mit Peter Konwitschny, im Westen in erster Linie mit Hans Neuenfels und Frankfurt. Wie hast du diesen Beginn erlebt? Was war plötzlich anders? HN: Es war vor allem anders, weil die Institutionen selbst – im Falle Frankfurts besonders in Person des Dirigenten Michael Gielen und später des Dramaturgen Klaus Zehelein – Interpretation einforderten. Der Dirigent wurde Chef eines Opernhauses. Und der verlangte Interpretation. Er verlangte Haltung. Sicht, und zwar Sicht durch die musikalische Interpretation. Das heißt, er wollte wissen, warum da eine Fuge, eine Tempobeschleunigung ist, er wollte der Absicht des Komponisten nachgehen. Und weil die Komponisten unter dem formalen, starken Charakter der Musik ganz verborgene wüste Quellen – immer anarchistische, immer zweifelhafte, skeptische und immer auch analytische Quellen – versteckt hielten, galt es, die zu finden. Das war Detektivarbeit, aber das wurde verordnet.

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