Bayerischer Monatsspiegel #152

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BAYERN & KULTUR Vor vier Jahrhunderten war es, als der bayerische Kurfürst Albrecht V. begeistert war vom „chostlichs, frembds und seltzams“, das zu hören von den „beyden Indien“, zu dem damals das hinter Indien liegende China zählte. Jesuitenmönche, als Missionare in Peking angekommen, berichteten am Bayern-Hof von einer exotischen Welt und kehrten mit Geschenken beladen zurück an den fernen Drachenthron. Dort faszinierte besonders Ziming Zhong, „die Glocke, die von sich selbst ausschlägt“. Uhren und auch astronomische Messegräte aus Augsburg waren heiß begehrt in Peking und öffneten den Jesuiten die Tore zur Verbotenen Stadt. Und als 1616 Pater Nicolas Trigault in der Robe eines Mandarin am Münchner Hof erschien und von dem hohen Ansehen erzählte, das Bayern in China genoss, schloss Kurfürst Maximilian spontan mit Kaiser Wanliu „ein Bündnis und eine Gemeinschaft der Freundschaft und des Handelsverkehrs“. Der Dreißigjährige Krieg unterbrach die Kontakte, bis im 18. Jahrhundert Chinoiserien an Europas Höfen zur Mode wurden. Zu den Importen aus China kamen Porzellane, Lackmöbel und Tapisserien aus bayerischen Werkstätten. Die Pagodenburg im Nymphenburger Schlosspark und der Chinesische Turm im Englischen Garten zeugen von der China-Begeisterung, die 1902 zu einer strapaziöse ChinaReise von Kronprinz Rupprecht führte. Sein detaillierter Reisebericht ist noch heute eine spannende Quelle, um das Reich der Mitte zu verstehen. Die Ausstellung mit über 300 meist prunkvollen Objekten endet mit dieser Reise. Auch wenn Strauß bekanntermaßen kein Wittelsbacher war, so wäre der fast 600 Seiten dicke Katalog (48 Euro) gut abgerundet durch einen Beitrag über dessen zahlreiche Gespräche in China, bei denen er eines nachts mit dem Reformer Deng Xiaoping sogar das Modell „Ein Land, zwei Systeme“ entwickelte, nach dem Hongkong schließlich auch integriert wurde. Es gibt noch viel zu erzählen über den Brückenschlag von Bayern ins Reich PS der Mitte. ■ Bayerisches Nationalmuseum, München, bis 26. Juli

Atlanten, Uhren und astronomische Geräte aus Bayern waren in Peking begehrt (S. 68) Chinesischer Wahrsager in einem Augsburger Bilderbuch von 1738 (oben) Geschenk an Kronprinz Rupprecht: Galauniform eines Befehlshabers im 1. Rang (Mitte oben) Kunstvolle ElfenbeinPagode aus Kanton (links) Porzellanteller mit bayerischen Wappen, um 1600 in China gemalt (li. außen)

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