Jiyoon Lee & Giuseppe Guarrera

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Volksmusik und Zwölfton­kontext

tontechnik verwandte er jedenfalls nur noch in wenigen kammermusikalischen Werken und beschritt dabei nochmals neue Wege.Vermehrt arbeitete er nun mit Zwölftonfeldern, bei denen es lediglich darauf ankommt, dass in einem ­begrenzten Abschnitt alle zwölf Töne mindestens einmal vorkommen – so auch in den beiden kurzen, dreisätzigen Suiten für Violine und Klavier, entstanden 1946 und, möglicher­ weise als seine letzte Komposition, 1949. Mit den Satzbezeichnungen „Tanz – Preludio“, ­„Griechisches Volkslied“ und „Wie ein Bauerntanz“ verweist die erste Suite einerseits auf den Ursprung der Gattung als Folge von Tänzen, andererseits auf Skalkottas’ Identität als griechischer Komponist. Die Sätze der zweiten tragen zwar einfache italienische Tempobezeichnungen, doch auch sie sind durch tanzartige Charaktere und Anklänge an Volksmusik geprägt. Die Arbeit mit griechischer Volksmusik, die Skalkottas wie hier sogar in zwölftönige Kontexte einzubinden wusste, gilt als ein weiterer wichtiger Aspekt seines Schaffens – ganz im Unterschied zu Schönberg, der Volks- und Kunstmusik für unvereinbar hielt. Das verbindet ihn wiederum mit Bartók, den er bewunderte. Skalkottas’ einzige Kompositionen, die zu seinen Lebzeiten eine gewisse Bekanntheit erlangten, waren die 36 Griechischen Tänze für Orchester. Die Geige war Skalkottas’ eigenes Instrument. Entsprechend reich hat er sie bedacht: mit einer Solosonate, vier Sonatinen und zwei Sonaten mit Klavier (von denen die jeweils ersten allerdings verschollen sind), diversen Einzelstücken und Tänzen, Kammermusik in verschiedenen Besetzungen vom Duo bis zum Oktett, einem Violinkonzert, einem Konzert für zwei Violinen, einem für Violine,Viola und Bläser, sowie einem ebenfalls verschollenen für Violine, Klavier und ­Kammerorchester.

Béla Bartóks Sonate für Violine solo, eine Auftragskomposition für Yehudi Menuhin, ist eines seiner letzten vollendeten Werke. Bartók, der 1940 in die USA emigriert war, komponierte sie im Februar und März 1944 in Ashville, North Carolina. Da er anders als Skalkottas selbst nicht Geiger, sondern Pianist war, bereitete ihm die spieltechnische Ausführbarkeit der immens schweren Sonate Sorgen. Brieflich bot er Menuhin nicht nur Alternativlösungen an, sondern 8


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