Boulez Ensemble & Jörg Widmann

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Boulez Ensemble LIV

Einführungstext von / Program Note by Kerstin Schüssler-Bach

BOULEZ ENSEMBLE LIV

Freitag 7. Juli 2023 19.30 Uhr

Jörg Widmann Musikalische Leitung und Klarinette

Jörg Widmann (*1973)

Liebeslied für acht Instrumente (2010)

Anne Romeis Flöte

Fabian Schäfer Oboe

Stephan Mörth Klarinette

Dominic Oelze Schlagzeug

Michael Wendeberg Klavier

Jiyoon Lee Violine

Yulia Deyneka Viola

Alexander Kovalev Violoncello

Air für Horn solo (2005)

Einfach, frei, ruhig schwebend

Ben Goldscheider Horn

Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier (2006)

I. Eingang

II. Verwunschener Garten

III. Kontrapunktische Studie (1)

IV. Falsche Fährte

V. Choral (1)

VI. Akkord-Etüde (mit Cantus firmus)

VII. Coda (mit Dies irae-Sequenz)

VIII. (Verworfener) Fluchtgedanke

IX. Kontrapunktische Studie (2)

X. Triller-Etüde

XI. Im Kreis

XII. Kontrapunktische Studie (3)

XIII. Verlorener Walzer

XIV. Choral (2)

XV. Mit Humor

XVI. Liedchen

XVII. Verwunschener Garten

XVIII. Flugtraum

Fabian Schäfer Oboe

Stephan Mörth Klarinette

Zeynep Ayaydinli Fagott

Ben Goldscheider Horn

Michael Wendeberg Klavier, Celesta

Pause

Jörg Widmann

Fantasie für Klarinette solo (1993)

Frei, rhapsodisch

Jörg Widmann Klarinette

Freie Stücke für Ensemble (2002)

I. = 66

II. = ca. 50

III. Gleiches Tempo

IV. Sehr schnell, flüchtig, schattenhaft

V. Sehr langsam

VI. Schwebend langsam

VII. = ca. 50

VIII. = ca. 92

IX. Più mosso

X. Gleiches Tempo

Anne Romeis Flöte

Leonid Grudin Flöte, Piccoloflöte

Fabian Schäfer Oboe, Englischhorn

Miri Saadon Klarinette, Bassklarinette

Nina Janßen-Deinzer Klarinette, Kontrabassklarinette

Zeynep Ayaydinli Fagott, Kontrafagott, Lotosflöte

Bar Zemach Horn

Alper Çoker Trompete, Lotosflöte

Daniel Téllez Gutiérrez Posaune

Dominic Oelze, Jean-Baptiste Bonnard Schlagzeug

Jiyoon Lee, Asaf Levy Violine

Yulia Deyneka Viola

Alexander Kovalev Violoncello

Gunars Upatnieks Kontrabass

„Verweile im melodischen Flug“

Der 50. Geburtstag ist oft eine Zäsur, die innehalten oder zurückblicken lässt, zu der man gar eine erste Bilanz zieht. Doch davon möchte Jörg Widmann, der am 19. Juni 1973 in München zur Welt kam, nichts wissen. Er blickt nach vorn, sein Lebenselixier ist das neue Stück. Mit einem etwas aus der Mode gekommenen Wort könnte man den Komponisten, Klarinettisten, Dirigenten und Professor als „Tausendsassa“ bezeichnen: ein Charismatiker, dem alles zuzufallen scheint, der seine Mitmenschen begeistert und entzündet, der aber auch (trotz seines dichten Terminkalenders) jede Aufgabe sehr ernst, verantwortungsvoll und zugewandt wahrnimmt. Eine „warmherzige intellektuelle Aura“ attestierte ihm treffend der Musikjournalist Hans-Klaus Jungheinrich. Herz und Verstand, sagt Widmann, seien in seinem dialektischen Ideal nicht voneinander zu trennen.

Ein Glücksfall, der ihn selbst bereichere, sei die Arbeit mit Studierenden, erklärt Jörg Widmann, der seit 2017 die Edward W. Said-Professur für Komposition an der Barenboim-Said Akademie innehat, aber bereits seit seinem 28. Lebensjahr als Professor unterrichtet. „Ich habe durch die Lehre selbst viel gelernt“, bekennt er.

„Hier in der Akademie bin ich besonders glücklich, denn oft kommen Gäste in meinen Unterricht: nicht nur Komponist:innen, sondern auch Instrumentalist:innen. Das hat natürlich etwas mit

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dem besonderen Geist zu tun, der hier herrscht, mit dieser Offenheit und intellektuellen Neugier.“

Mit dem Boulez Ensemble, in dem traditionell auch Studierende und Absolvent:innen der Akademie spielen, gestaltet Widmann heute Abend ein Geburtstagskonzert – nicht nur am Dirigentenpult, sondern auch als Solist: „Es war mir wichtig, in diesem Programm verschiedene Besetzungen vorzustellen, vom Solostück bis zum großen Ensemblewerk.“

Den Auftakt bildet Liebeslied für acht Instrumente. Listig führt der Titel etwas in die Irre: „Eigentlich müsste es ‚Liebesleid‘ heißen, denn in diesem Stück gibt es sehr wenig Raum für das, was gemeinhin mit ‚Liebe‘ konnotiert ist“, erklärt Widmann. Das Ensemblewerk entstand 2010 als Pendant zum zeitgleich konzipierten Orchesterstück Teufel Amor, dessen Titel auf ein kurzes Gedichtfragment von Schiller zurückgeht. Dort heißt es: „Süßer Amor, verweile / Im melodischen Flug.“ Das musikalische Zeilenpaar inspirierte Widmann: „Das ist ja ein Ding der Unmöglichkeit: im Flug verweilen!“ Dieser Gedanke liegt – ohne dass Liebeslied eine konkrete verbale Bezugnahme aufweist – noch den letzten Takten zugrunde: Denn mit dem schwebenden Schluss, der sich „wie ein Vogel in die Lüfte erhebt“, bleibt das Ende offen. „Es besteht zumindest die Möglichkeit der Vereinigung“, sagt der Komponist, bezeichnet aber Liebeslied doch als „brutales Stück“. Mit Teufel Amor teilt es sich das Tonmaterial, doch wo dort eine Linie gesungen wird, wird sie im Schwesterwerk zerschlagen.

Das Zerbrochene, Schmerzliche erscheint in dieser Musik schonungslos ausgestellt, etwa in schrillen Schreien im höchsten Register, hart angerissenen Tönen, Knacklauten oder „fiesen Kratzgeräuschen“. Doch auch kleine Paradiese behaupten ihren Raum: lyrische Inseln der Bläser, gegen die sich huschende Tremoli der Streicher stellen, träumerisch nachlauschende Melodiesegmente oder sich aufschwingende Arpeggien. Gegensätzliche Vortragsanweisungen wie „schreiender, hässlicher Multiphonic“ (geblasener Mehrfachklang) und „gepresster, konstanter, aber ruhiger und ‚schöner‘ Klang“ loten die polaren Extreme aus. Das zögerliche Aufblühen des Schönen aber bleibt unterdrückt – etwa durch Eisendämpfer der Streicher –, ja es fordert geradezu eine heftige Gegenreaktion heraus. Das letzte lyrische Aufbegehren mündet wiederum in einen kurzen Schrei.

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Seine Solowerke „sträuben sich dagegen, dass ein Blasinstrument nur einstimmig zu spielen hat“, sagt Jörg Widmann. Air stellt dem Solohorn daher noch ein zweites Instrument zur Seite, das allerdings nur passiv bespielt wird: Ein geöffneter Flügel, dessen Pedal mit einem Keil niedergedrückt bleibt, bildet den geheimnisvollen Resonanzraum für den Schall des Horns. Hierdurch wird die Einstimmigkeit aufgehoben: „Im Extremfall erreicht eine richtige Klangwelle den Spieler und das Publikum“, so Widmann. Mit gleichzeitig gesungenen und gespielten Tönen eröffnet sich ein weiterer Klangraum.

Auch gedanklich zielt das Stück auf Mehrstimmigkeit: Er habe sich acht oder neun Hörner und Alphorn jeweils in Naturstimmung vorgestellt, verrät der Komponist: „Und der Hornist muss sie alle spielen!“ Widmann bewundert „die Fähigkeit des Horns zum Legato“, worauf auch der Titel anspielt: Air meint sowohl „Luft“ als auch ein gesangliches, melodisches Stück. Die Komposition macht von den spieltechnischen Besonderheiten des Horns mit Naturtonreihen – die für moderne Ohren immer etwas „unsauber“ klingen – und dem Wechsel von offenem und gestopftem Spiel reichlich Gebrauch. Damit erzählt sie auch vom tradierten Charakter des Instruments: Signale und Echowirkungen evozieren die Naturnähe des Horns als einem im Freien zu spielenden Instrument. Widmann beschreibt Air als „Naturstück über Nähe und Ferne“. Fachlichen Rat zu den diffizilen Spieltechniken erhielt er seinerzeit von dem Schweizer Hornisten Bruno Schneider, dem das Stück auch gewidmet ist. Entstanden 2005 als Auftragswerk des ARDWettbewerbs, hat es sich im Repertoire für Solohorn bereits fest etabliert.

Mit seinem Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier knüpft Jörg Widmann in der Besetzung an Mozarts Quintett KV 452 an, das er sehr bewundert – und dass auch Mozart für „das beste was ich noch in meinem Leben geschrieben“ hielt, wie er seinem Vater gestand. Es sei „komplex und simpel zugleich“, meint Widmann und hebt dabei besonders die harmonische Kühnheit der Partitur hervor.

Formal geht Widmanns Quintett, das auch durch den ständigen Austausch mit dem Widmungsträger, dem Oboisten, Komponisten

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und Dirigenten Heinz Holliger, inspiriert ist, eigene Wege: 18 Miniaturen folgen aufeinander, die sich in ihren poetischstimmungsvollen und musiktheoretischen Titeln abwechseln: „Verwunschener Garten“ oder „Falsche Fährte“ legen Spuren zu einem assoziativen Gedankenfeld aus, während „Kontrapunktische Studie“ oder „Akkord-Etüde“ bewusst an den handwerklichen Anspruch appellieren und Titel wie „Choral“ oder „Verlorener Walzer“ einen bestimmten historischen Typus anrufen. Die handwerklich-technische Souveränität ist für Widmann eine unabdingbare Voraussetzung für künstlerisches Schaffen: „Man nimmt sich an die Kandare, um Tiefe zu gewinnen. Unterm Strich hat mir das größere Freiheit ermöglicht“, stellt er fest. Sein Lehrer Hans Werner Henze habe ihn immer wieder zu kontrapunktischen Studien angetrieben: „Heute verstehe ich, dass er damit mein Bewusstsein für lineare Strukturen und damit letztlich auch für die Melodie schärfen wollte.“ In der Entstehungszeit des Quintetts, das 2006 als Auftragswerk der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker komponiert und im Rahmen der Verleihung des Claudio-Abbado-Preises uraufgeführt wurde, hat sich Widmann verstärkt mit kontrapunktischen Fragestellungen beschäftigt. Trockenes akademisches Gedrechsel sucht man in diesem Werk aber vergebens: Widmann beschreibt die Miniaturen ausdrücklich als „humoristisch und romantisch“. Der Schlusssatz „Flugtraum“ rekurriert wieder auf das Bild der melodischen Flugbahn: Die Celesta bereitet sanft den Boden für die entrückten Linien der Bläser, bevor sie allein im hohen Register entschwebt: „Das Erdenschwere verliert sich“, sagt der Komponist.

Für sein eigenes Instrument, die Klarinette, komponierte Jörg Widmann im Alter von 19 Jahren eine Fantasie – „eines der wenigen Stücke aus jener Zeit, die ich nicht zurückgezogen habe“, bekennt er. Glücklicherweise, denn längst ist die Fantasie als moderner Klassiker in das solistische Klarinettenrepertoire eingegangen. Junge

Studierende beschäftigen sich heute ganz selbstverständlich mit diesem hochvirtuosen Werk: „Es hat mich schon gefreut, etwas für mein Instrument geschaffen zu haben, das bleibt“, meint Widmann. Er selbst hat sich die Musizierlust auch nach mehr als 30 Jahren im Musikbetrieb erhalten: „eine subversive, kindliche Freude“, wie er es selbst einschätzt. Vorbilder wie Igor Strawinsky und Carl Maria

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von Weber klingen in der Fantasie ebenso an wie Einsprengsel aus Jazz, Klezmer und alpenländischer Folklore. Auf engstem Raum prallen die Kontraste aufeinander. Mit gestischer Prägnanz und bildlicher Vorstellungskraft soll der Solist in die Figuren der Commedia dell’arte schlüpfen, was Vortragsanweisungen wie „grotesk, komisch“ untermalen.

Als „doppelte Provokation“ in jugendlicher Unbekümmertheit bezeichnet Widmann gleich den Beginn: ein technisch schwierig auszuführender Multiphonic, der in seiner Beschaffenheit als Vierklang, genauer gesagt als Dominantseptakkord, sogar tonale Bezüge aufweist. Am Ende schließt sich mit einem frechen Purzelbaum der Vorhang über dieser „kleinen imaginären Szene“. Wenn Studierende das Werk mit ihm erarbeiten, achtet Widmann darauf, ihnen tatsächlich „Fantasie“ abzuverlangen und größtmögliche Freiheit zuzugestehen. Heute Abend spielt er das Stück selbst. Verspürt er nach so vielen Jahren eigentlich noch Lampenfieber? „Da halte ich es mit Miles Davis: Wenn man nicht nervös ist, heißt das nur, dass man zu wenig fokussiert ist.“

Freie Stücke für Ensemble vereint neun Bläser, fünf Streicher und zwei Schlagzeugparts. Widmann schrieb sein „erstes wirkliches Ensemblestück“ 2002 und widmete es seinem Lehrer Wolfgang Rihm – damals zu dessen 50. Geburtstag. Als „Standortbestimmung“ nach dem Studium stellt es für Widmann ein zentrales Werk jener Zeit dar, die der Festigung einer eigenen Handschrift galt. Jedes der zehn Einzelstücke, die 2002 in der Kölner Philharmonie vom Ensemble Modern uraufgeführt wurden, widmet sich einer eigenen klanglichen Aufgabe: „Puls, schwankender Grund, Geräusch, Einstimmigkeit, Obertonstrukturen, etc.“, erläutert der Komponist im Vorwort. Dabei bleiben Konzentration und Reduktion oberstes Gebot. „Ich habe durchaus die Gefahr der Vereinzelung gesehen“, erinnert sich Widmann. „Daher hat sich für mich die Frage gestellt, was das Ganze zusammenhält. Der Schlusston jedes Stücks spiegelt sich im Beginn des folgenden.“ So erfährt das Publikum das klingende Kontinuum eines fast ununterbrochenen Erzählstroms.

Avancierte Spieltechniken wie sogenannte Tongue rams (abrupter Verschluss des Mundstücks durch Einsatz der Zunge), Luft- und Klappengeräusche oder Schlagen des Mundstücks mit der flachen

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Hand erweitern das Spektrum einer sich immer wieder neu erfindenden Klangwelt. Im ersten Stück wird sie mit Flageolett und Whistle Tones wie aus der sphärischen Distanz besichtigt und im gemeinsamem langsamen Vorwärtstasten erobert. Äußerst ausdifferenziert werden schattenhafte Klänge durch veränderte „Luftfärbung“ der Bläser produziert, während die Streicher ihre Töne im Pizzicato und mit Springbogen gleichzeitig spielen. Oft lässt sich nicht orten, welches Instrument den wunderlichen Klang eigentlich hervorbringt. Ob kurze „Morsezeichen“, harte, perkussive Ausbrüche oder ein traumverlorenes Schweben – unerschöpflich scheint die klangmalerische, sprachhafte Fantasie Widmanns. Und wieder führen die Schlusstakte ins Offene: Der farbenreiche Nachklang der mit dem Bogen gestrichenen metallenen Crotales verliert sich im Raum. Damit habe er, erklärt Widmann, eine utopische Perspektive eröffnen wollen: Der Klang geht in etwas auf, „das wir selbst nicht wissen“.

Dr. Kerstin Schüssler-Bach arbeitete als Opern- und Konzertdramaturgin in Köln, Essen und Hamburg und hatte Lehraufträge an der Musikhochschule Hamburg und der Universität Köln inne. Beim Musikverlag Boosey & Hawkes in Berlin ist sie als Head of Composer Management tätig. Sie schreibt regelmäßig für die Berliner Philharmoniker, die Elbphilharmonie Hamburg, das Lucerne Festival und das Gewandhausorchester Leipzig. 2022 erschien ihre Monographie über die Dirigentin Simone Young.

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“Stay Awhile, in Melodious Flight”

A Birthday Concert for Jörg Widmann

A 50th birthday is often a moment that makes people pause or look back, or even take stock for the first time. Not in the case of Jörg Widmann, who was born in Munich on June 19, 1973. He looks ahead, always focused on the next piece. Using a slightly old-fashioned German term, one might call the composer, clarinetist, conductor, and professor a Tausendsassa, or jack-of-all-trades: a charismatic artist who makes everything he undertakes look easy, whose enthusiasm and energy are infectious, but who takes each and every task very seriously, attending to it with both responsibility and affection—despite his busy schedule. The music journalist Hans-Klaus Jungheinrich aptly referred to his “warm-hearted intellectual aura.” Heart and reason, Widmann says, are inseparable in his dialectic ideal.

Among his many activities, his work with students has been a stroke of fortune that enriches his life, declares Jörg Widmann, who has held the Edward W. Said chair of composition at the BarenboimSaid Akademie since 2017, but has been teaching as a professor since he was 28. “Teaching has taught me a lot,” he says. “Here at the Akademie, I am particularly happy because I often have guests in my classes: not only composers, but also instrumentalists. Of course,

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that has a lot to do with the special spirit of this place, its openmindedness and intellectual curiosity.”

For tonight’s performance, Widmann has devised a birthday concert with the Boulez Ensemble, which traditionally includes students and alumni of the Barenboim-Said Akademie—appearing himself not only as conductor, but also as a soloist: “It was important to me to introduce different combinations of instruments in this program, from solos to larger ensemble works.”

The concert opens with Liebeslied (Love Song) for eight instruments. The title is somewhat misleading, Widmann admits: “It should really be called ‘Liebesleid’ (love’s pain), since there’s very little room in this piece for what is generally associated with ‘love.’” The ensemble work was written in 2010 as a companion piece to the orchestral work Teufel Amor (Cupid the Devil), conceived around the same time, whose title refers to a short poetic fragment by Schiller: “Süsser Amor, verweile / Im melodischen Flug.” (Sweet Cupid, stay awhile / In melodious flight.) These musical lines inspired Widmann: “That’s an impossible contradiction, staying and flying!” This basic idea—even without any specific verbal reference —is at the heart of Liebeslied, to its very last measures: the suspended final notes, “rising like a bird into the air,” leave the ending open. “There is at least the possibility of a union,” says the composer, who nonetheless calls Liebeslied a “brutal piece.” It shares its musical material with Teufel Amor, but where in the latter work lines are sung, they are fragmented and shattered in its companion piece. The broken, painful element seems ruthlessly exposed in this music: through shrill cries in the highest register, through notes that are played harshly and then immediately break off, through snapping or “nasty scratching sounds.” Yet there are also small moments of bliss: lyrical islands in the woodwinds that are offset by scurrying tremolos in the strings; dreamy, pensive fragments of melody; or arpeggios that seem to take wing. Contrasting instructions to the performers—such as “screaming, ugly multiphonic” and “compressed, constant, yet calm and ‘beautiful’ sound”—illustrate the polar extremes. But this hesitant blossoming of beauty remains suppressed—as in the strings’ use of iron mutes, for instance—even provoking violent reactions. One last lyrical protestation ends in another brief cry.

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His solo works “resist the notion that a wind instrument can only play one line at a time,” says Jörg Widmann. Air, therefore, adds another instrument to the solo horn, which, however, only plays a passive role: an open grand piano, its pedal held down by a wedge, forms a mysterious, resonant backdrop for the sound of the horn. Unison is abolished: “Ideally, a veritable wave of sound reaches the player and the audience,” Widmann explains. Notes that are sung and played simultaneously open up another sonic space.

Conceptually, the piece also aims for polyphony: he imagined eight or nine horns and an alphorn, all in natural tuning, the composer reveals: “And one horn player must play them all!” Widmann admires “the horn’s ability to create a legato sound,” to which the title also alludes: Air refers both to physical air as well as a songful, melodious piece. The composition makes ample use of the horn’s technical peculiarities and its natural harmonic series—which always sounds a bit “out of tune” to modern ears—as well as alternating open and muted sound production. This also hearkens back to the instrument’s traditional role: signals and echo effects evoke the close association between horn and nature, as an instrument intended to be played in the open. Widmann describes Air as a “nature piece about proximity and distance.” While he was writing it, he consulted the Swiss horn player Bruno Schneider regarding the sophisticated playing techniques he employed; the piece is dedicated to Schneider. Commissioned in 2005 for the ARD Competition, it has quickly become part of the solo horn repertoire.

With his Quintet for Oboe, Clarinet, Horn, Bassoon, and Piano, Jörg Widmann refers back to Mozart and his Quintet K. 452 for the same combination of instruments, which he admires greatly— and which Mozart himself called “the best I have yet written in my life,” as he wrote to his father. Widmann describes it as “complex and simple at the same time,” particularly emphasizing the score’s harmonic daring.

Formally, Widmann’s Quintet, which was inspired in part by the constant exchange between Widmann and its dedicatee, the oboist, composer, and conductor Heinz Holliger, differs from Mozart: the piece consists of a sequence of 18 miniatures, some of them bearing poetic and atmospheric titles, others inscribed with theoretical

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musical terms: “Verwunschener Garten” (Enchanted Garden) or “Falsche Fährte” (False Trail, or Red Herring) create a web of associations, while “Kontrapunktische Studie” (Contrapuntal Study) or “Akkord-Etüde” (Chordal Etude) consciously appeal to musical craftsmanship, and titles such as “Choral” (Chorale) or “Verlorener Walzer” (Lost Waltz) allude to certain historical forms. Widmann considers mastery of technique and craftsmanship an essential precondition of artistic creation: “You have to discipline yourself to attain depth. At the end of the day, rigor has given me greater freedom,” he says. His teacher Hans Werner Henze kept urging him to study counterpoint: “Today I understand that he meant to sharpen my awareness of linear structure, and thereby ultimately of melody.” At the time the Quintet was written, commissioned by the Berliner Philharmoniker for its orchestra academy in 2006 and premiered as part of the award ceremony for the Claudio Abbado Prize, Widmann was exploring contrapuntal issues in some depth. The resulting work, however, betrays no evidence of arid academic tinkering: Widmann expressly describes the miniatures as “humoristic and romantic.”

The final movement, “Flugtraum” (Dream of/while Flying), once again recurs to the image of a melodic trajectory: the celesta gently lays the foundations for the ethereal lines of the winds, before wafting heavenward alone—in the composer’s words, “earthbound gravity evaporates.”

At the age of 19, Jörg Widmann composed a Fantasie for his own instrument, the clarinet—“one of the very few pieces from that time I haven’t withdrawn,” he says. Fortunately, one might add, for Fantasie has long entered the solo clarinet repertoire as a modern classic. For young students, this highly virtuosic work has become a milestone: “It does make me happy to have created something lasting for my instrument,” Widmann declares. Even after 30 years in the music business, he has retained his enjoyment of pure musicmaking: “a subversive, childlike joy,” he calls it. Fantasie alludes to role models such as Igor Stravinsky and Carl Maria von Weber, alongside fragments of jazz, klezmer, and Alpine folklore. All these contrasts clash within a very small space. Adopting distinctive gestures

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and visual imagination, the soloist is supposed to slip into characters of commedia dell’arte, an idea underlined further by performance instructions such as “grotesque, comical.”

Widmann describes the piece’s very beginning as a “double provocation” committed by a carefree young composer: it is a multiphonic that is technically difficult to execute and even includes tonal references, consisting of four notes, or more specifically, a dominant seventh chord. At the end of the piece, a daring somersault closes the curtain on this “little imaginary scene.” Whenever he works on it with students, Widmann makes a point of actually demanding fantasie (imagination) from them, to allow them the greatest possible liberties. Tonight, he performs the work himself. After so many years, does he still get stage fright? “I’m with Miles Davis on that: if you’re not nervous, it only means you’re not focused enough.”

Freie Stücke (Free Pieces, but also Free Will) for ensemble is scored for nine winds, five strings, and two percussionists. Widmann wrote his “first proper ensemble piece” in 2002, dedicating it to his teacher Wolfgang Rihm—whose 50th birthday it was at the time. As an attempt at “positioning” himself after completing his studies, to Widmann it is a central piece of this time when he was trying to consolidate his own musical language. Each of the ten individual pieces, which were premiered by Ensemble Modern at the Cologne Philharmonie in 2002, explores a distinct sonic idea, including “pulse, shifting grounds, noise, unison, overtone structures, etc.,” as the composer explains in his preface to the score. Concentration and reduction are paramount throughout. “I was quite aware of the danger of going off on individual tangents,” Widmann recalls. “So I asked myself what held the whole thing together. The final note of each piece is reflected in the first one of the following.” Thus, the audience experiences a resounding continuum, an almost unbroken narrative stream.

Extended playing techniques, such as “tongue rams” (where the mouthpiece is abruptly blocked by the tongue), air and key noises, or hitting the mouthpiece with the palm of one’s hand, expand the spectrum of a sound world that keeps reinventing itself. In the first piece, flageolets and whistle tones suggest that the performer (or

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the listener) is looking at it from a spheric distance before conquering it through concerted, slow, and tentative forward movement.

Shadowy sounds are produced by the wind players changing the “air color,” leading to extreme differentiation, while the strings play their notes simultaneously in pizzicato and with sautillé bowing. It is often impossible to tell which instrument is actually producing these fantastical sounds. From brief “morse signals” to hard, percussive outbursts, to dreamy floating—Widmann’s picturesque, expressive imagination seems boundless. Once again, the final measures lead us into the open: the colorful resonance of the crotales played with a bow loses itself in space. Widmann’s intention, he explains, was to open up a utopian perspective: the sound merges with something “we ourselves do not know.”

Translation: Alexa Nieschlag

Dr. Kerstin Schüssler-Bach has worked as an opera and concert dramaturg in Cologne, Essen, and Hamburg and taught at the Hamburg Musikhochschule and at Cologne University. She is currently Head of Composer Management for the music publishers Boosey & Hawkes in Berlin. She regularly writes program notes for the Berliner Philharmoniker, Hamburg’s Elbphilharmonie, the Lucerne Festival, and Leipzig’s Gewandhaus Orchestra. Her book on conductor Simone Young was published in 2022.

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