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Tiefe Hirnstimulation bei inkompletter Tetraplegie –eine klinische Studie der Neurochirurgie USZ und des ZfP Balgrist
Über eine Elektrode im Bereich des Hirnstamms werden die Signale des hirneigenen «Schrittmachers» für die Bewegung verstärkt.
Über wenige intakte Fasern des Rückenmarks wird das verstärkte Signal an der verletzten Stelle vorbei geleitet.
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Die Bewegungsmuster-Generatoren («Central pattern generators») des Rückenmarks leiten die Bewegung der Beine ein.
Schematische Darstellung der tiefen Hirnstimulation bei einem querschnittgelähmten Patienten, bei dem elektrophysiologische Parameter gemessen werden.
Seit 2018 wird im Zentrum für Paraplegie (ZfP) in enger Zusammenarbeit mit der Neurochirurgie des Universitätsspitals Zürich (USZ) die Studie «Tiefe Hirnstimulation bei Patienten mit inkompletter Rückenmarksverletzung zur Verbesserung der Gehfähigkeit» durchgeführt.
Patientinnen und Patienten mit einer inkompletten Querschnittlähmung wird in einer Wach-Operation eine Stimulationselektrode im Nucleus sub-cuneiformis (Kern im Mittelhirn) eingesetzt, mit dem Ziel der Verbesserung der Gehfähigkeit. Dieses Verfahren wurde ursprünglich für Parkinson-Patientinnen und Patienten entwickelt und gilt bei diesen als sichere Therapiemethode. Bei Querschnittgelähmten kommt diese Intervention nun das erste Mal zur Anwendung, weshalb nicht nur deren Wirksamkeit, sondern auch deren Sicherheit untersucht wird.
Übertragung der Resultate aus der Tierforschung auf den Menschen
Der Mechanismus der tiefen Hirnstimulation beruht darauf, dass im Mittelhirn mittels elektrischer Stimulation ein natürlicher «Schrittmacher» angeregt wird, der für die Aktivierung von Bewegungsmustern zuständig ist. Durch die Stimulation dieses «Schrittmachers» wird das Signal ans Rückenmark so verstärkt, dass wenige noch intakte Fasern im Rückenmark im Bereich der Verletzung genügen, um Gehbewegungen auszulösen. In zahlreichen Tierstudien im Vorfeld dieser Studie zeigte sich, dass vorher gelähmte Ratten durch die Stimulation wieder laufen konnten.
Studienteilnehmende und Studienablauf
Insgesamt werden fünf Patientinnen und Patienten in die Studie eingeschlossen. Diese müssen folgende Haupt-Einschlusskriterien erfüllen: o Die Rückenmarksverletzung muss traumatisch oder durch eine nicht fortschreitende Erkrankung verursacht sein und sollte mindestens 3 Monate zurückliegen. o Die Erst-Rehabilitation muss abgeschlossen sein. o Die Patientinnen und Patienten müssen mindestens zehn
Meter laufen können.
Nach umfangreichen Vorabklärungen wird die Operation im USZ durchgeführt. Anschliessend erfolgt eine intensive Rehabilitation im ZfP, mit Fokus auf dem Training der Gehfunktion. Während dieser Zeit werden auch die Stimulationseinstellungen getestet und wenn nötig angepasst.
Erste Erfahrungen
Bisher wurde die tiefe Hirnstimulation bei zwei querschnittgelähmten Patientinnen und Patienten durchgeführt. Die Methode scheint sicher zu sein, für die Beurteilung der Wirksamkeit liegen aktuell jedoch noch zu wenige Daten vor.
Prof. Dr. med. Armin Curt ist Chefarzt und Direktor des Zentrums für Paraplegie sowie stv. Medizinischer Direktor der Universitätsklinik Balgrist. Er ist Ordinarius für Paraplegiologie an der Universität Zürich und wurde mit dem Schellenberg-Preis für herausragende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Paraplegiologie ausgezeichnet, für die er sich seit über 20 Jahren als Forscher und Kliniker engagiert.
Iris Krüsi arbeitet seit 2014 in der Forschungsabteilung des Zentrums für Paraplegie als Studienkoordinatorin. Zuvor war sie mehrere Jahre als Pflegefachfrau tätig, zuletzt im Zentrum für Paraplegie. Nach dem Bachelor in Nursing Science an der ZHAW absolvierte sie 2019 den CAS-Studiengang «Study Nurse/Coordinator» an der Universität Basel.