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Identifizierung genetischer Schwachstellen bei Sarkomen als therapeutischer Ansatz
Nicht mutierte Zellen
Molekulare Schere (CRISPR-Technik)
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Mutierte Zellen
Zellwachstum
In jeder der mutierten oder nicht mutierten Zellen wird mit der molekularen Schere ein Gen inaktiviert. In den grünen Zellen wurde Gen 1 inaktiviert, in den blauen Zellen Gen 2 usw. (bis zu 18’000 Gene). Wenn man die Zellen wachsen lässt, stellt man fest, dass die grünen, gelben und blauen Zellen und der Verlust ihres zugehörigen Gens keinen Einfluss auf ihr Wachstum haben. Das in den violetten Zellen inaktivierte Gen wirkt für alle Zellen, mutierte und nicht mutierte, tödlich. Im Gegensatz dazu werden durch die Inaktivierung des Gens in den roten Zellen nur die mutierten Zellen getötet, was daher eine interessante therapeutische Möglichkeit darstellt.
Die Identifizierung neuer therapeutischer Ziele in der Behandlung von Sarkomen und Knochentumoren ist entscheidend, um die Überlebensrate zu erhöhen. Trotz der grossen Vielfalt dieser Tumoren könnten einige wiederkehrende genetische Veränderungen ideale Ziele darstellen.
Primäre Tumoren, die die Knochen betreffen, gehören hauptsächlich zur Familie der Sarkome. Einige dieser Tumoren treten in der Kindheit, im Jugendalter oder bei jungen Erwachsenen auf, andere sind eher bei älteren Menschen zu finden. Aus genetischer Sicht werden einige Sarkome durch komplexe Reorganisationen von Chromosomen (Strukturen, die die Gene in den Zellkernen enthalten) verursacht, während andere durch einfachere Reorganisationen wie Translokationen entstehen, bei denen zwei Chromosomenstücke wieder miteinander verbunden werden. Andere Ereignisse, die als Mutationen bezeichnet werden, treten auch in einigen Tumorzellen dieser Sarkome auf.
Bestimmte Mutationen können das Tumorwachstum, aber auch die metastatische Ausbreitung begünstigen oder die Resistenz gegen Behandlungen fördern. So ist beispielsweise das Ewing-Sarkom, dessen Inzidenz im Jugendalter am höchsten ist, ein Knochentumor, der durch eine Translokation gekennzeichnet ist. Vor kurzem konnten wir zeigen, dass einige dieser Ewing-Tumoren auch Mutationen in einem Gen namens STAG2 aufweisen und dass diese Mutation die Migration der Tumorzellen und damit die Metastasierung begünstigt, was bei diesen Patientinnen und Patienten ein schlechter Prognosefaktor ist. Um gezielte therapeutische Ansätze gegen diese mutierten Tumoren zu identifizieren, haben wir Zelllinien mit und ohne STAG2-Mutation erzeugt und verwenden eine molekulare Schere (CRISPR-Technik), um alle menschlichen Gene unter beiden Bedingungen zu inaktivieren.
Unser Ziel ist es, Gene zu identifizieren, die spezifisch die mutierten Zellen abtöten, nicht aber die nicht mutierten. Dieser Ansatz, der auf dem Prinzip der «synthetischen Letalität» beruht, hat den Vorteil, dass therapeutische Ziele identifiziert werden können, die mutierte Tumorzellen abtöten und normale (nicht mutierte) Zellen verschonen, wodurch die Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe begrenzt werden (siehe Abbildung). Diese Forschung wird zu einem besseren Verständnis der Abhängigkeitsmechanismen der mutierten Zellen führen. Darüber hinaus könnte die Identifizierung dieser therapeutischen Ziele innovative Ansätze gegen das Ewing-Sarkom, aber auch gegen andere Sarkome liefern, die diese Mutation aufweisen.
Prof. Dr. rer. nat. Didier Surdez ist Assistenzprofessor für Orthopädische Tumorforschung an der Universität Zürich. Nach einem Pharmaziestu- dium (Universität Basel), einer Doktorarbeit (EPFL) und dreizehnjähriger Forschungstätigkeit am Institut Curie (Paris) leitet er seit März 2021 das Forschungslabor für Orthopädische Tumorforschung.