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Mit weniger Strahlung zu mehr Präzision in der Hüftprothetik
Becken Übersichtsbild eines Patienten mit präoperativer Hüfttotalprothesenplanung inkl. wichtiger Referenzabstände und Planungskugel (25mm) zwischen den Beinen.

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Der Abstand des Objektes (s. Pfeil) vom Bilddetektor (rechts im Bild) und der Punktquelle (links) im Bild beeinflusst die Grösse der Abbildung. Je grösser der Abstand des Objektes vom Bilddetektor desto stärker ist die Vergrösserung.


Die Schichtbilder des ultra-low dose CT werden via MPR-Funktion zu einem 2-dimensionalen Bild aufsummiert. Die Realität wird immer 1:1 abgebildet, da das CT auf Parallelstrahlung basiert. Wichtige Zusatzinformationen wie die femorale Torsion sowie die knöcherne Einfassung können ebenfalls mitbeurteilt werden.
Die Hüfttotalprothese ist einer der erfolgreichsten Eingriffe der Orthopädie. Mit zunehmendem Erfolg steigt auch die Erwartung der Patientinnen und Patienten. Neben Schmerzfreiheit werden auch eine optimale Funktion und Beinlänge erwartet.
Eine anatomische Rekonstruktion des Hüftgelenks führt zuverlässig zu einer guten Funktion, indem es die Biomechanik des Hüftgelenks wiederherstellt. Die präoperative Planung auf dem Röntgenbild dient als Grundlage für den operativen Eingriff (Bild 1). In dieser Planung werden die optimalen Prothesenkomponenten ausgewählt, die während der Operation implantiert werden sollen, und es werden wichtige Referenzabstände gemessen, um eine korrekte Umsetzung der Planung während der Operation zu ermöglichen.
Status quo
Aktuell wird standardmässig auf Röntgenbildern geplant, die über eine röntgendichte Planungskugel (25 mm) skaliert werden. Da beim konventionellen Röntgen die Strahlen von einer Punktquelle ausgehen, hängt die Vergrösserung und somit die Skalierung wesentlich von der exakten Platzierung der Planungskugel in der Ebene des Hüftgelenkes ab. Eine suboptimale Platzierung der Planungskugel führt dabei zu einem Skalierungsfehler (Bild 2). Im Rahmen einer klinischen Studie (Kaiser D et al., eingereicht Nov. 2021) haben wir zeigen können, dass trotz optimaler Schulung Skalierungsfehler von ≥5 % bei 25 % der Patientinnen und Patienten auftreten können. Dieser Skalierungsfehler hat direkte Auswirkungen auf die präoperative Planung und die Operation.
Eine genauere Planung ist auf Computertomographie (CT)-Bildern möglich, da diese durch eine Parallelstrahlung erstellt werden und somit die Realität 1:1 abbilden. Dies war bis anhin allerdings mit einer deutlich höheren Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten verbunden (5 bis10 mal höher als ein konventionelles Röntgenbild / 1,5–6 mSv).
Technische Innovation
In Zusammenarbeit mit der Radiologie der Universitätsklinik Balgrist konnte durch die Erstellung eines neuen CT-Protokolls sowie durch technische Weiterentwicklung die Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten auf das Niveau von konventionellen Röntgenbildern reduziert werden (0,34–0,58 mSv) (Stern C et al., Eur Radiology, 2021) ohne Qualitätseinbussen bei der Bildqualität. Mit dem neuen Protokoll können zudem wichtige Zusatzinformationen wie femorale Torsion sowie knöcherne Pfanneneinfassung ebenfalls mitbeurteilt werden (Bild 3).
Ausblick
Durch diese klinische Forschungsarbeit kann eine mögliche Fehlerquelle in der Hüftprothetik ohne erhöhte Strahlenbelastung eliminiert werden. In komplexen Fällen ist sogar eine 3D-Planung möglich. Als nächster Schritt erfolgt basierend auf den Ergebnissen der klinischen Studie die Einführung dieses strahlenminimierten CT-Protokolls als präoperativer Planungsstandard.
Dr. med. Dominik Kaiser ist seit 2018 Oberarzt an der Universitätsklinik Balgrist. Seine Facharztausbildung hat er an der Universitätsklinik Balgrist, in Baden und Paris absolviert. Seit 2020 ist er im Hüft- und Beckenchirurgieteam sowie im Tumorteam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Hüftprothetik sowie in der Sarkomforschung.
Prof. Dr. med. Reto Sutter ist Chefarzt der Radiologie der Universitätsklinik Balgrist. Er ist spezialisiert auf die Diagnostik des Bewegungsapparates und seit 2010 an der Universitätsklinik Balgrist tätig. Für seine Forschungstätigkeit in muskuloskelettaler Radiologie wurde er 2018 mit der President’s Medal der International Skeletal Society ausgezeichnet.
PD Dr. med. Patrick Zingg ist Leiter der Hüft- und Beckenchirurgie der Universitätsklinik Balgrist und stv. Klinikdirektor Orthopädie. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Hüftgelenk jeden Lebensalters, das des jugendlichen Sportlers gleichermassen wie das künstliche, ersetzte des älteren Menschen.