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Aufbau und Unterhalt eines prospektiven Registers inverser Schulterprothesen zur langfristigen Evaluation des klinischen Outcomes

Die Grafik stellt die Basiskennzahlen der implantierten inversen Schulterprothesen dar. Abgebildet ist das Patientenalter (Bild oben), die Anzahl der Implanta- tionen nach Indikation (Bild Mitte) und die Gesamtanzahl implantierter Prothesen kumulativ chronologisch (Bild unten).

Die inversen Schultertotalprothesen übersteigen mittlerweile die Zahl implantierter anatomischer Prothesen deutlich. Die Universitätsklinik Balgrist verfolgt diese Patientinnen und Patienten seit 2005 durch lückenlose und regelmässige Verlaufskontrollen.

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Das Konzept der inversen Schultertotalprothese wurde in den 1980er-Jahren von Grammont et al. zur Behandlung massiver Rupturen der Rotatorenmanschette vorgestellt. Aufgrund der defizitären muskulären Situation wäre eine anatomische Totalprothese weitgehend funktionslos. Das Konzept der inversen Schulterprothese setzt durch eine Medialisierung und Distalisierung des Drehzentrums auf eine alterierte Biomechanik und nutzt die Kräfte des Deltamuskels. Aufgrund der guten klinischen Resultate wurde die Indikationsstellung deutlich erweitert und inverse Schulterprothesen werden mittlerweile für eine Vielzahl an Indikationen verwendet.

Die breite Anwendung eines solchen Implantats birgt jedoch gewisse Risiken. Die Schultereinheit der Universitätsklinik Balgrist befasst sich daher intensiv mit den klinischen Resultaten und den zugrundeliegenden Einflussfaktoren. Die optimale Voraussetzung zur umfassenden Analyse dieser Daten stellt ein prospektiv geführtes Prothesenregister mit regelmässigen, standardisierten klinischen und radiologischen Verlaufskontrollen der Patientinnen und Patienten dar.

Die prospektive Erfassung wurde im Jahr 2005 gestartet. Seit 2018 werden diese Daten anonymisiert in das Datenbanksystem Redcap überführt, das die Möglichkeit zur gezielten und hochwertigen Analyse aller vorhandenen Informationen bietet. Mittlerweile sind bereits 1571 Schulterprothesen in Redcap registriert, die in regelmässigen Jahresrhythmen klinisch und radiologisch nachkontrolliert werden.

Seit Beginn der strukturierten Datenerfassung im Jahr 2018 bzw. der Datenauswertung im 2020 wurden bereits 14 Studien veröffentlicht. Untersucht wurden unter anderem Risikofaktoren, Behandlungsstrategien und Outcome nach Komplikationen wie Akromionfrakturen oder Humerusschaftfissuren. Eine weitere Arbeit untersuchte weltweit erstmals die Inzidenz sowie das klinische Outcome von Komplikationen und Reoperationen nach inverser Schulterprothese in einer einzigen Kohorte. Hierfür wurden 854 primär implantierte Schulterprothesen mit einem durchschnittlichen Follow-up von 46 Monaten untersucht. Es konnte festgestellt werden, dass am häufigsten Akromionfrakturen auftraten. Das ungünstigste Ergebnis erzielten Personen mit unklaren Schmerzen der Prothese und Vernarbungen, deren Erforschung ein besonderes Augenmerk gelten wird.

Die gründliche Erfassung und Analyse dieser Daten stellt eine wesentliche Basis zur Verbesserung der Versorgungsqualität dar. Die standardisierte Erhebung ermöglicht nicht nur die Vergleichbarkeit innerhalb einer Organisation, sondern fördert auch die internationale Kollaboration und zentrumsübergreifende Analysen. Im Jahr 2020 wurden bereits die Ergebnisse einer gemeinsamen Untersuchung mit der Mayo Clinic (Rochester, USA) im Journal for Elbow and Shoulder Surgery publiziert.

Dr. med. Philipp Kriechling ist klinischer Fellow Orthopädie. Seine Forschungsschwerpunkte sind der Einsatz klinischer Register zur Outcome-Analyse sowie die dreidimen sionale Operationsplanung.

PD Dr. med. Karl Wieser leitet die Schulter- und Ellbogenchirurgie der Universitätsklinik Balgrist. Sein Forschungsschwerpunkt liegt neben der klinischen Forschung zu gelenkserhaltenden und -ersetzenden chirurgischen Massnahmen in der experimentellen Analyse von Ursache, Prävention und Therapie von Sehnen- und Muskelverletzungen des Schultergelenks.

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