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«Spine Biomechanics Labor»: biomechanische Forschung für die Klinik
Im biomechanischen Labor der Spine Biomechanics Gruppe im Balgrist Campus werden in gemeinsamer Zusammenarbeit von Ingenieuren und Ärzten experimentelle Studien durchgeführt. Im Bild sieht man das selbst entwickelte Messgerät zur Quantifizierung der Scherstabilität von Wirbelkörpern.
Im «Spine Biomechanics Labor» wird mit modernsten wissenschaftlichen Methoden experimentelle Forschung an der Wirbelsäule betrieben. Dabei werden Grundlagenthemen wie auch aktuelle biomechanische Fragen aus der Klinik untersucht und beantwortet.
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Im D-Stockwerk des Balgrist Campus befindet sich das «Spine Biomechanics Labor», das von der Gruppe Spine Biomechanics betrieben wird. Unter der Leitung von Dr. Jonas Widmer ist dort ein Forschungslabor entstanden, das verschiedene Prüfmaschinen und diverse andere Infrastrukturen für die experimentelle biomechanische Forschung enthält. Die Maschinen sind mit selbstentwickelten Versuchsaufbauten ausgestattet, die es erlauben, verschiedene mechanische Belastungstests an humanen Wirbelsäulen durchzuführen. Die Projekte im «Spine Biomechanics Labor» werden oft in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen und Ärzten der Wirbelsäulenchirurgie des Balgrist und Forschenden der ETH Zürich vom Campus durchgeführt.
Die nachfolgende Forschungsstudie soll veranschaulichen, wie experimentelle Studien zur Untersuchung und Beantwortung klinischer Fragen genutzt werden können.
Bewertung der postoperativen Stabilität bei verschiedenen Nahttechniken
Ein wichtiges Ziel der Operation ist es, eine möglichst hohe postoperative Stabilität der Patientin / des Patienten zu erreichen. Diese wird jedoch durch das operative Vorgehen immer reduziert, da mit dem Zugang auch die thorakolumbale Faszie und die Muskulatur durchtrennt werden. Bei der Midline-Dekompression werden zudem die interspinösen Bänder durchtrennt. Um die postoperative Stabilität wiederherzustellen, werden die Muskulatur und die Faszie mit einer Naht wieder verschlossen. Bei der moderneren Technik wird zusätzlich versucht, die Processus Spinosi in die Naht zu integrieren – dies soll die Stabilität erhöhen. Doch wieviel Prozent der präoperativen Stabilität kann wirklich wiederhergestellt werden?
Im Labor für Wirbelsäulenbiomechanik wurde ein Versuchsaufbau entwickelt, mit dem menschliche Torsi befestigt und kontrolliert in eine passive, gebeugte Position gebracht werden können. Die verschiedenen Operationen wurden dann Schritt für Schritt am Rücken durchgeführt und der Stabilitätsverlust über Winkelsensoren quantifiziert. Anschliessend wurde die Wunde mit den verschiedenen Nahttechniken wieder verschlossen und der Anteil der wiederhergestellten Stabilität gemessen. Es stellte sich heraus, dass der Stabilitätsverlust pro Wirbelsäulenlevel ungefähr gleich gross ist, wobei sich die Durchtrennung der interspinalen Bänder fast doppelt so stark auf die Stabilität auswirkte wie die Inzision von Muskeln und Faszien. Durch die Naht konnten 40 bis 65 % der Stabilität wiederhergestellt werden, wobei es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Nahttechniken gab.
Dr. sc. nat. Jonas Widmer, PhD, ist promovierter ETH-Maschineningenieur und Experte für personalisierte Biomechanik mit experimentellen sowie computerbasierten Methoden. Er leitet die Forschungsgruppe «Spine Biomechanics».
Prof. Dr. med. Mazda Farshad, MPH, ist Ordinarius für Orthopädie der Universität Zürich und gleichzeitig Medizinischer Spitaldirektor sowie Chefarzt Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie der Universitätsklinik Balgrist.