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Schraubenlockerung mit Hilfe von Computersimulationen vorhersagen

Oben: Präoperative planungsabhängige Risikoanalyse von Schraubenlockerung. Unten: Vorgehen zur Schraubenlockerungs-Risikoanalyse durch patientenspezifische biomechanische Simulationen.
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Patientenspezifische Voraussagen zum Risiko eines Scheiterns orthopädischer Operationen bergen das Potenzial, Operationsplanung und -durchführung falls nötig anzupassen, das Patientenwohl zu erhöhen und die durch Revisionsoperationen verursachten Kosten zu reduzieren.
Eine häufig auftretende Komplikation im Zusammenhang mit Wirbelsäulenversteifungen ist die Schraubenlockerung, die bei Patientinnen und Patienten mit schlechter Knochenqualität besonders häufig vorkommt. Im Rahmen dieses Projekts wird an der Entwicklung biomechanischer Modelle gearbeitet, die patientenspezifische Voraussagen über das Lockerungsrisiko zulassen. Für eine breite Anwendung eines solchen klinischen Arbeitsablaufs muss die Modellerstellung subjektspezifisch und (halb-)automatisch erfolgen, denn die manuelle Modellierung einer grossen Anzahl von Wirbelsäulen wäre eine mühsame und allgemein nicht praktikable Vorgehensweise.
Informationen zur Anatomie der Patientinnen und Patienten, deren Wirbelsäulenausrichtung und die wirbeleigene Knochendichteverteilung werden durch klinische Bildgebung erhoben und gelten als Ausgangspunkt der Modellierung. Ausserdem werden die mit dem Knochengewebe interagierenden Pedikelschrauben (und eventuell intervertebrale Cages) gemäss Operationsplanung in das Modell eingefügt. Im zu analysierenden Zustand wird schliesslich eine Kraft auf das aus biologischem Gewebe und Implantaten bestehende System ausgeübt. Diese Kraft ist wiederum individuell und hängt unter anderem von Grösse, Gewicht und Ausrichtung der Wirbelsäule des Patienten im Stehen ab.
Die Analyse der biomechanischen Modelle erlaubt es dann, die Spannungen um die Schrauben zu quantifizieren. Diese Spannungen werden in Relation zur lokalen Verteilung der mechanischen Knocheneigenschaften gesetzt und schliesslich zu einem simplen Parameter zusammengefügt, der eine Vorhersage des Lockerungsrisikos erlaubt.
Solch eine Vorhersage könnte es in Zukunft ermöglichen, die Fusionsstrategie zu individualisieren und Behandlungsanpassungen auf der Grundlage des prognostizierten Ergebnisses des Eingriffs vorzunehmen. Zum Beispiel könnte Knochenzement gezielt verwendet werden, um die Haltekraft der Schrauben zu verbessern. Auch könnten die Anzahl der vom Fusionskonstrukt überspannten Segmente und der Schraubenverlauf angepasst werden.
Marie-Rosa Fasser ist Doktorandin im Forschungslabor für orthopädische Biomechanik der ETH Zürich.
Dr. sc. nat. Jonas Widmer, PhD, ist promovierter ETH-Maschineningenieur und Experte für personalisierte Biomechanik mit experimentellen sowie computerbasierten Methoden. Er leitet die Forschungsgruppe «Spine Biomechanics».
Prof. Dr. med. Mazda Farshad, MPH, ist Ordinarius für Orthopädie der Universität Zürich und gleichzeitig Medizinischer Spitaldirektor sowie Chefarzt Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie der Universitätsklinik Balgrist.