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1 Einleitung Mehr als 30 Jahre sind vergangen, seit Jerry L. Appleby sein leidenschaftliches Buch mit dem bezeichnenden Titel: „Missions have come home to America“ veröffentlichte.1 Darin wies er auf die völlig veränderte Situation im Westen hin, den massiven Einwanderungsstrom der Menschen aus allen vier Himmelsrichtungen nach Amerika, das Versagen des berühmten amerikanischen Melting-Pots, der in früheren Zeiten jeden Einwanderer in kurzer Zeit zum guten Amerikaner zu machen schien. Er verlangte nach Konzepten für einen multikulturellen Gemeindebau.2 Seitdem ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen. Heute lebt die Welt in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Unsere Zeit wird zu Recht „age of migration“3 genannt. Wie ein bunter Teppich fügen sich immer mehr neue Migranten-Gemeinschaften in unserer Nähe zusammen. Das Leben im Lebensraum Deutschland ist komplexer geworden. Wir werden zu einer „network society“, wie Castells so treffend bezeichnete.4 Die christlichen Gemeinden, so scheint es, lassen sich durch diese Entwicklungen jedoch kaum aus den gewohnten Bahnen bringen und gestalten ihr Leben immer noch weitgehend monokulturell. Das Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten – überall in unserem Land verlieren die traditionellen Kirchen und Gemeinden Mitglieder. Vor diesem Hintergrund wird die Aufforderung der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), sich der Herausforderung der Korrelation zwischen Migration und Mission in unseren multikulturell gewordenen Settings zu stellen, überaus verständlich.5 In diesem Buch wollen wir uns der multikulturellen Wirklichkeit stellen. Wir werden versuchen, die veränderten kulturellen, religiösen 1 2 3 4 5
Appleby 1986. Sein eigener Entwurf erschien als „The church is in a stew“ (Appleby 1990). Castells 2003. Castells 2000. Antil 2004:61-68.