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1 April 1852 Mazy Bacon genoss ihr Leben. Doch ohne Vorwarnung würde diese Phase der Ruhe zu Ende sein. Die warme Sonne schien ihr auf den Nacken, als sie sich über die Sämlinge beugte, die sie während des Winters in Walnussschalen und Kürbishälften gezogen hatte. Ein deutsches Lied vor sich hinsummend, das ihre Mutter ihr beigebracht hatte, feierte sie das Überleben der Pflanzen und den Duft süßer Erde unter ihren Füßen. Pig, ihr Hund, lag neben ihr, den schwarzen Kopf auf die Pfoten gelegt. Mit seinen braunen Augen beobachtete er, wie die Rotkehlchen in der frisch umgegrabenen Gartenerde nach Würmern suchten. Mazy genoss ihr Leben. Alles roch nach Verheißung. Der Wind zerrte an den roten Pumphosen, die ihre Mutter ihr im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. „Rot? Mutter!“, hatte sie sich beim Auspacken beschwert. „Kaum jemand trägt noch so etwas, geschweige denn in Radieschenrot.“ „Du brauchtest mal etwas Modernes“, hatte ihre Mutter erwidert. „Ein wenig Pepp dann und wann kann nicht schaden. Du bist jung. Du kannst so etwas tragen.“ Heute war Mazy zum ersten Mal froh über die weite Hose, die sich über ihren Hüften bauschte und fest an ihren stämmigen Knöcheln anlag. Die Jacke hatte sie nicht dazu angezogen, sondern stattdessen eine cremefarbene Bluse gewählt. Ihre muskulösen Arme, ohne Schutz der Sonne ausgeliefert, zeigten bereits die ersten Sommersprossen. Und ihre Haare, erdfarben und un5


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