Container für den Brenner
Seit Monaten droht Österreich damit, bei steigenden Flüchtlingszahlen an der Brennergrenze Grenzkontrollen einzuführen. Den Sommer über war die Flüchtlingssituation am Brennerpass überschaubar. Nun scheint das Land einen Flüchtlingsansturm zu befürchten und hat kürzlich für rund zwei Millionen Euro 80 Wohnund Sanitärcontainer, drei Großzelte, Stockbetten, Bettzeug sowie Hygieneartikel angekauft. Das „Zivilschutz-Material“ soll in Bozen gelagert werden, um innerhalb kürzester Zeit am Brenner
aufgestellt werden zu können. Zurzeit befinden sich am Brenner kaum Flüchtlinge, die nicht weiterreisen können. Doch Österreich hält weiter an seiner Jahresobergrenze für Flüchtlinge fest. „Sobald heuer 37.500 Flüchtlinge in Österreich angekommen sind, werden die Grenzen dichtgemacht, auch der Brenner“, so Innenminister Wolfgang Sobotka. Flüchtlinge, die dann am Brenner stranden, will das Land in entsprechenden Notunterkünften direkt am Pass unterbringen. Bei den Feierlichkeiten zum „Tag der Autonomie“ am 5. September auf Schloss Sigmundskron sprach sich der italienische Außenminister Paolo Gentiloni entschlossen gegen eine Grenzschließung am Brenner aus. Man könne nicht auf die Errungenschaft des freien Flusses von Waren und Personen innerhalb Europas verzichten – speziell der Brenner gelte als Symbol
für das freie und geeinte Europa. Italien müsse deshalb seine Aufgaben bei der Registrierung der
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Obwohl Österreich die Grenze am Brenner noch nicht dicht gemacht hat und die offiziellen Flüchtlingszahlen am Pass nach wie vor niedrig sind, rüstet sich Südtirol für den Ernstfall. 80 Container hat das Land im August angekauft, um bei Bedarf rasch Flüchtlingsunterkünfte im Grenzdorf zur Verfügung stellen zu können.
Flüchtlinge effizient wahrnehmen. In dieselbe Kerbe schlug der österreichische Außenminister Sebastian Kurz und betonte beim Jubiläum „70 Jahre Pariser Vertrag“ seine Abneigung gegen einen Zaun am Brenner: „Gerade die Europaregion Tirol ist eine Region, die zeigt, wie man aufblühen kann durch das Europa ohne Grenzen nach innen.“ Um so wichtiger sei deshalb der Schutz der EU-Außengrenzen. sst
FLÜCHTLINGSBEWEGUNGEN AM BRENNER
Nachgefragt bei Revierinspektorin Marlies Zoglauer, Pressesprecherin der Landespolizeidirektion Tirol Erker: Wie viele Flüchtlinge wurden heuer bereits am Brenner aufgegriffen, die illegal nach Tirol eingereist sind? Revierinspektorin Marlies Zoglauer: Bis zum 3. September 2016 konnten insgesamt 8.439 Personen, die illegal über Italien nach Tirol eingereist sind, aufgegriffen werden. Diese Zahl beinhaltet auch jene Migranten, die von den deutschen Kollegen nach Kufstein zurückgewiesen wurden. Wie viele davon haben einen Asylantrag in Österreich gestellt bzw. wie viele sind wieder nach Italien zurückgeschickt worden? Davon haben 1.443 Menschen einen Asylantrag gestellt, 877 wurden nach Italien zurückgeschickt.
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Erker 10 I 16
Sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen? Vom 1. Jänner 2015 bis zum 31. August 2015 wurden 5.542 illegale Aufgriffe verbucht. Wird für den Herbst ein Anstieg der Flüchtlingsströme über die Brennerroute befürchtet bzw. ist damit zu rechnen, dass Österreich nach Ende der Hauptreisezeit das Grenzmanagement hochfährt? Wenn man sich die An- © LPD Tirol landungszahlen auf italienischem Festland vergegenwärtigt und die Berichterstattung in der Schweiz und in Frankreich verfolgt, kann davon ausgegangen werden, dass
zukünftig auch die Aufgriffe an der Brennerroute steigen könnten. Allerdings wird angemerkt, dass die italienischen Behörden seit Mai 2016 verstärkt Kontrollen Richtung Brenner durchführen. Von Mai bis August konnte lediglich eine leichte Steigerung der täglichen Aufgriffe verzeichnet werden. Die Aktivierung des Grenzmanagements wird jedoch auf politischer Ebene entschieden. Interview: sst