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Von der Handschrift zum Druck
Werbezwecke einsetzte, um eine weitere Ausweitung der Kundschaft zu erreichen. Obwohl bei weitem nicht alle von Mahl hergestellten Drucksorten signiert sind, lässt sich bei genauerer Betrachtung der Brunecker Brief- und Rechnungsbögen eine recht klare „Handschrift“ der Druckerei erkennen. Es zeigt sich, dass vergleichsweise wenige der untersuchten Brief- und Rechnungsbögen nicht in Bruneck gedruckt wurden. Dazu gehören etwa die lithografierten (im Steindruckverfahren hergestellten) Blätter, eine Technik, die nicht zum Repertoire der Firma Mahl gehörte.
An den in den Verwaltungsakten erhaltenen Brief- und Rechnungsbögen lässt sich gut nachvollziehen, wie Vordrucke im kommerziellen Bereich zunehmend handschriftlich abgefasste Schreiben ergänzten und schließlich fast vollständig verdrängten. Handschriftliche Rechnungen von Handwerkern und anderen Dienstleister*innen aus verschiedenen Jahrhunderten finden sich in mehreren Beständen des Stadtarchivs. Sie folgten wie auch Briefe und Anschreiben einer bestimmten Form. Die Richtlinien zum Abfassen von Schreiben wurden den Ausstellenden von Briefen und Rechnungen ab dem 18. Jahrhundert durch Ratgeberbücher, die sogenannten Briefsteller, erläutert. Jedes Schreiben musste demnach grundlegende Elemente enthalten: Datum, Adressierung, Anrede, Betreff, Unterschrift. Rechnungen oder Quittungen sind insofern als Sonderformen zu sehen, als hier die förmliche Anrede entfällt – alle anderen Elemente aber blieben wie bei jedem kommerziellen Schreiben obligatorisch. Als Beispiele für die zahlreich überlieferten Rechnungen, die zum Teil noch im ausgehenden 19. Jahrhundert handschriftlich abgefasst wurden, seien zwei Stücke vorgestellt: Ein Blatt des Anton Sinner aus dem Jahr 1888 weist einen Stempelabdruck („Anton Sinner Bruneck“) als Vorform des gedruckten Briefkopfes auf (Nr. 1). Dasselbe gilt für eine Rechnung des Schuhmachers Jakob Mascher, welche dieser 1898 ausstellte (Nr. 2). Wie die gedruckten Briefköpfe erfüllten mehr oder weniger kunstvoll gestaltete Stempel die Funktion, Informationen zum Aussteller oder zur Ausstellerin zu präsentieren und sie dienten somit auch dem Zweck der Werbung. Das Aufkommen gedruckter Brief- und Rechnungsköpfe erlaubte es, noch mehr Selbstdarstellung auf einem Vordruck zu platzieren. Bald gab es Briefpapier, das neben basalen Informationen über eine Firma wie Inhaber*in, Geschäftszweig und Adresse ganze Produkt- und Leistungspaletten präsentierte. Dasselbe galt für die Rechnungsbögen, die regelrecht zu Werbeflächen wurden und die Möglichkeit boten, Sortiment und Angebote sowie etwaige Neuerungen zu präsentieren. Zunehmend kam es auch in Mode, auf Auszeichnungen hinzuweisen, die man auf
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Ausstellungen und Messen erhalten hatte, und die entsprechenden Preismedaillen bildlich darzustellen.
Zu diesen Zwecken nahmen die Gewerbetreibenden die sich rasch weiterentwickelnden Techniken von Buchdruck und Lithografie, aber auch das zunehmend leistbare und vielgestaltige industriell gefertigte Papier in unterschiedlichen Grammaturen, Farbnuancen und Oberflächenbearbeitungen gerne in Anspruch.

Nr. 1, 2