Zusammen Kämpfen "Türkei"

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Protest und Repression

Solidarität mit dem Widerstand in der Türkei! Unter der Parole „Her yer taksim! Her yer direnis! - Überall ist Taksim! Überall ist Widerstand!“ finden seit über drei Wochen in der ganzen Türkei Proteste gegen die Regierung statt. Der Protest hat sich an dem Versuch, den zentralen Gezi-Park für die Errichtung eines Einkaufszentrums abzureißen entbrannt und wurde schnell zu einem Protest gegen die aktuelle AKP-Regierung und deren neoliberale Politik. Ähnlich wie bei vielen anderen Protesten in der Türkei wurden die Aktivist_innen, die in dem Park Zelte aufgebaut hatten, von der Polizei brutal angegriffen. Das löste in zahlreichen weiteren türkischen Städten eine Protestwelle aus, die fast unvermindert anhält. Vier Demonstrant_innen und ein Polizist kamen ums Leben, etwa 11.000 Menschen wurden verletzt, darunter Dutzende, die ihr Augenlicht verloren. Über eine Woche lang wurde der zentrale Istanbuler Taksim-Platz von Tausenden Menschen besetzt, immer wieder wurden Demonstrationen veranstaltet, die von der Polizei massiv angegriffen wurden. In der Nacht vom 15. auf den 16. Juni wurde dann der besetzte Gezi-Park geräumt. Bei der Räumung des Platzes ging die Polizei wieder mit äußerster Brutalität gegen hunderttausende Demonstrant_innen vor, es gab hunderte Verletzte durch Tränengas, Gummigeschossen und Knüppel. Die Polizei setzt bis heute unvermindert Wasserwerfer, deren Wasser Chemikalien beigemischt ist und Tränengas gegen den Protest ein. Nachdem Premierminister Erdogan die Demonstrant_innen wiederholt beschimpft hatte, versprach er einigen ihrer Vertreter_innen bei einem Treffen, sich an noch ausstehende gerichtliche Entscheidungen zu halten. Bereits am 31. Mai hatte ein Gericht in erster Instanz die Bebauung des Gezi-Parks untersagt. Es geht aber längst um weit mehr. Die Protestbewegung dokumentiert eine seit Langem schwelende Unzufriedenheit mit der Regierung; seit Beginn fordert sie den Rücktritt Erdogans. Die AKP ist seit 2001 in der Türkei an der Regierung und agiert zunehmend repressiver. Zunächst hatte sie

www.antifa-fuerth.de.v u V.i.S.d.P.: Gezi Çapulcu, Herrmannplatz, Berlin

versprochen, das Land zu demokratisieren. Die Partei ging aus der islamistischen Bewegung hervor und beansprucht, die breite Masse der Bevölkerung zu repräsentieren, die religiös geprägt ist. Im Gegensatz zur größten Oppositionspartei, der Republikanischen Volkspartei (CHP), die eng mit dem Militär verbunden und strikt anti-kurdisch bzw. nationalistisch ausgerichtet ist, wird die AKP vor allem von Menschen mit geringerem Einkommen gewählt. Sie hat in den ersten Jahren einige Bereiche demokratisiert, jedoch haben die Repression gegen jegliche Art von Protesten und die Willkür der Polizei nie abgenommen. Trotz jahrelanger Gespräche über einen Frieden mit der PKK wurden weiterhin Tausende, unter dem Vorwand der Unterstützung des Terrorismus inhaftiert. Erdogans neoliberale Politik stieß aufgrund der hohen Wachstumsraten der Türkei zunächst überwiegend auf Zustimmung, auch wenn es, wie 2010, vereinzelt zu Arbeiter_ innenaufständen kam, als Staatsbetriebe privatisiert wurden. Doch das Wachstum geht wie in den meisten Ländern der Welt mit zunehmender sozialer Polarisierung einher. Da es weder eine starke Linke, noch ein funktionierendes Sozialsystem gibt, äußert sich in den Protesten auch die Unzufriedenheit über die ungleiche Verteilung des Wohlstands. Doch welche Zukunft hat die Protestbewegung nun? Seit einigen Tagen formiert sich der Widerstand in den Stadtteilen. Es werden Foren veranstaltet und diskutiert, wie weiter verfahren werden soll. Gründe für diese Umorientierung sind auf der einen Seite das unvermindert brutale Vorgehen der Polizei, aber auch die Drohung Erdogans das Militär gegen die Protestierenden einzusetzen. Doch diese Situation bietet auch eine Perspektive für eine langfristige Organisation einer sozialen Bewegung in der Türkei. Wie sich der Protest weiter entwickelt, wird sich zeigen, festzuhalten bleibt: Taksim ist überall! Widerstand ist überall! Hoch die internationale Solidarität!

antifa-fuerth@riseup.net


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