Alpenpost 09 2014

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ter, Herrenhausmitglied und Inhaber hoher Orden. Er hatte sich das Haus Fischerndorf Nr. 72 erbauen lassen, wo er allsommerlich mit seiner Familie wohnte. Er starb im Februar 1898 in Wien. Er hatte eine Tochter Leopoldine (1874-1918), den Sohn Clemens (1875-1942) und den Sohn Georg Albert (1878-1953). – Die Tochter Leopoldine stand Josef Redlich nahe, Redlich schätzte sie außerordentlich und erwähnte sie oft in seinem Tagebuch. Sie hatte in Wien, noch von ihren Eltern her, ausgezeichnete gesellschaftliche Kontakte, von denen auch Josef Redlich und die Familie Hellmann profitieren konnte. Sie heiratete 1913 den deutschen Generalkonsul in Frankfurt, Hermann von Passavant, hielt sich mit ihrem Mann aber trotzdem oft in Wien – und in Altaussee – auf. Sie hatte zwei Töchter, Rose und Sofie, und, als 44jährige, Anfang Juni 1918, noch den Sohn Max. Erholung suchend kam sie nach Altaussee, wo sie am 2. August 1918 starb und zwei Tage später begraben wurde. Als Todesursache wurde eine Gehirnhautentzündung festgestellt, vielleicht war es aber doch die Spanische Grippe. Ihr Sohn Max wuchs als Altausseer auf, denn sein Name findet sich am Altausseer Gefallenendenkmal für das Jahr 1942. Von ihren zwei Töchtern fehlt derzeit jede Nachricht. Ihr Mann Hermann von Passavant starb 1958 in Deutschland. – Der Sohn Clemens war, wie schon der Vater Karl, hochmusikalisch und war schon als Kind mit Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal befreundet. Nach einer frühen, erfolgreichen Tournee als Dirigent in den USA wurde er Kapellmeister am Londoner königlichen Opernhaus Covent Garden, dann in Berlin, bis er 1912 die Münchener Oper übernahm und dort von 1914-1918 und von 1924-1934 Generalintendant war, im ersten Fall zur gleichen Zeit wie Andrian in Wien. Clemens von und zu Franckenstein komponierte fünf Opern, die gut gefielen sowie zahlreiche Orchesterwerke. Sein Briefwechsel mit Hugo von Hofmannsthal liegt gedruckt vor. Von ihm gibt es ein hübsches Portrait, gezeichnet vom Grundlseer Künstler Viktor Karl Hammer. – Der Sohn Georg Albert von und zu Franckenstein schlug die Laufbahn seines Vaters ein, wurde k.k. Diplomat und bevollmächtigter Minister in Washington, St. Petersburg, Tokyo, Indien, Brüssel und wurde schließlich unter dem Botschafter Alfons MensdorffPouilly an der k.u.k. Botschaft London Kommerzialdirektor. Im Oktober 1920 kehrte er als österreichischer Botschafter nach London zurück, wo er sehr erfolgreiche Finanzverhandlungen führte. Durch seinen repräsentativen Lebensstil mit Musikabenden und Maskenbällen machte er sich in London sehr beliebt, blieb nach der nationalsozialistischen Besetzung Österreichs in London und wurde daraufhin von König Georg VI. zum Ritter des kgl. brit. Victoria-Ordens geschlagen. Auch von ihm gibt es ein schönes Bild, gemalt vom Grundlseer Künstler Viktor Karl Hammer mit zahlreichen Symbolismen. Viktor Karl Hammer schätzte dieses Bild sehr, es

hängt heute in der Österreichischen Botschaft von London. Sir Franckenstein heiratete 1939 eine Engländerin und wurde 1940 britischer Staatsbürger. 1945 erhielt er das Wiener Angebot, für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten zu kandidieren, aber er lehnte ab. Am 14. Oktober 1953 kamen er und seine

Clemens Reichsfreiherr von und zu Franckenstein, Komponist und Kapellmeister, bayerischer Generalintendant von 1914 bis 1918 und von 1924 bis 1934. Lebte in den Sommermonaten immer in Altaussee.

Frau bei einem Flugzeugabsturz in Kelsterbach bei Frankfurt/Main ums Leben. Er wurde, so wie auch Bruder Clemens 1942, in der Familiengruft in Ullstadt, Bayern, beigesetzt. – Das Haus Fischerndorf Nr. 72 gelangte nach 1953 an neue Besitzer. – Die Witwe des kinderlosen Clemens, die Sopranistin Maria Nezádal, stiftete in der Kirche von Altaussee zum Gedenken an die hier ausgestorbene Familie Franckenstein eine große marmorne Gedenktafel, deren Angaben aber teilweise den Angaben im Internetlexikon wikipedia widersprechen; die Angaben auf der Tafel dürften die richtigen sein.

delt, wobei er an Josef Redlich mit der Bitte herangetreten war, ihm das leere Haus zu verkaufen, ein eindrucksvoll mächtiges, steilgiebeliges Haus mitten in einem Waldgrundstück. Wegen der aus der Übersiedlung entstandenen räumlichen Entfernung entstand ein reger Briefwechsel zwischen Bahr und Redlich, der gedruckt vorliegt und uns über manche Geheimnisse der Festspielgründung unterrichtet. Die Briefpartner beklagten es, wie unwürdig es doch sei, sich langsam an dubiose Geldmänner und Salzburger Honoratioren heranpirschen zu müssen. Außerdem war noch immer nicht klar, was eigentlich wo in Salzburg gespielt werden sollte. An die Aufführung von Opern oder sonstigen Musikwerken war Mangels eines Konzertsaales ohnehin nicht zu denken. Nach vielen fruchtlosen Diskussionen um Programmentwürfe schuf Max Reinhardt ganz einfach Fakten, indem er mit einer persönlich erlangten Finanzhilfe von Camillo Castiglioni den in Salzburg eigentlich niemals vorgesehenen Jedermann 1920 zur Aufführung brachte. Er hatte dieses Stück schon 1911 in einem Berliner Zirkus aufgeführt und brachte diese Inszenierung

schnitte daraus, was begeisterte Zustimmung auslöste. Daher übertrug die Ravag am 25. Juli 1931 zum ersten Mal in der Geschichte des Rundfunks eine ganze Oper, den „Barbier von Sevilla“, ausgeführt vom Ensemble der Mailänder Scala unter dem Dirigenten Arturo Lucon (1889 – 1950). Angeschlossen waren, weltweit erstmalig für eine kulturelle Veranstaltung, 132 Sender zwischen Oslo und Belgrad, darunter auch alle 83 MW-Sender des US-amerikanischen Columbia Broadcasting Systems. Obwohl die technische Qualität, gemessen an heutigen Ansprüchen, äußerst bescheiden war, es wurde auf Mittelwelle ein Frequenzband von nur 50 Hz bis 6 kHz übertragen, übernahmen die amerikanischen Sender noch während der Übertragung alle drei Akte und nicht nur, wie anfänglich vorgesehen, bloß einen Teil des ersten Aktes. Die transatlantische Übertragung von Großbritannien nach den USA erfolgte über Kurzwellenfunk. Für den 9. August 1931 hatte die Columbia Broadcasting System sich das Recht auf die alleinige Übertragung von Mozarts Requiem ausbedungen. Die dritte Übertragung wurde bald darauf

Salzburger Honoratioren und Geldgeber zieren sich Kehren wir nun zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele zurück. Wie schon im ersten Teil dieser Berichte über die Altausseer Familien Hellmann und Redlich berichtet, war Paul Hellmann Mitgründer des Salzburger Vereins der „Salzburger Festspielhausgemeinde“ und als Mitglied des Administrationsrates neben Hugo von Hofmannsthal einer der aktivsten Salzburger Förderer des Festspielgedankens. Wichtigste Aufgabe war die Beschaffung von Geld, im Österreich der Nachkriegsjahre voller Not, Hunger und Elend jeder Art sowie Geldentwertung keine leichte Aufgabe. Verfügbares Geld hatten eigentlich nur die Kriegs- und Inflationsgewinnler, allen voran Camillo Castiglioni, aber mit ihm und seinen Schiebergeldern wollte der Administrationsrat lieber nichts zu tun haben, da hielt er sich lieber an den Direktor der Allgemeinen Depositenbank Paul Goldstein, dessen Generaldirektor aber wiederum Camillo Castiglioni war. Dieser hatte ohnehin gerade mit einer Schenkung von 100.000 Schilling das Mozarteum vor dem Zusammenbruch gerettet. – Hermann Bahr hatte 1912 sein vom Architekten Olbrich für ihn errichtetes Haus in der Wiener Veitlissengasse Nr. 7 verlassen und war nach Salzburg übersie-

Dr. Leopold Andrian Reichsfreiherr zu Werburg, pensionierter a. o. Gesandter und bevollmächtigter Minister, k. u. k. Generalintendant der k.k. Hoftheater 1918.

nun auf den Domplatz nach Salzburg. Daraus bestanden die ersten Salzburger Festspiele. Mangels eines Programmes wurden die Aufführungen des Jedermann 1921 wiederholt, wobei der Direktor des Mozarteums, Bernhard Paumgartner, einige Konzerte beisteuerte. Der Erfolg übertraf die kühnsten Erwartungen. 1922 wurden unter schwierigsten räumlichen Gegebenheiten der Jedermann, vier Mozartopern und der Eingebildete Kranke von Moliere zur Aufführung gebracht. 1924 war Pause. 1925 ging die Wiener „Salzburger Festspielhausgemeinde“ des Herrn Damisch in der Salzburger „Salzburger Festspielhausgemeinde“ auf und verließ ihr antisemitisches Programm. Zugleich konnten in den umgebauten ehemaligen fürsterzbischöflichen Hofstallungen und danach einem k.k. Kaser nenbau, dem ersten Salzburger Festspielhaus (die alte Pferdeschwemme daneben ist noch erhalten), die ersten wirklichen Salzburger Festspiele stattfinden. Der Rundfunk sendete Aus-

sogar von zwei US-amerikanischen Sendegesellschaften mit zusammen 175 Sendern übernommen. Die USA hatten damals 612 Rundfunksender, so viel wie sämtliche anderen Staaten der Welt zusammen. Es waren speziell diese Rundfunkübertragungen, die in den USA für die Salzburger Festspiele, somit auch für Salzburg – und für das Salzkammergut und darüber hinaus für ganz Österreich –, eine nicht mehr steigerungsfähige Werbung machten. Dies alles bedeutete eine enorme kulturpolitische Aufwertung Salzburgs, des Salzkammergutes und Österreichs. Nach dem Verlust der politischen Machtstellung der untergegangenen k.u.k. österreichisch-ungarischen Monarchie bildete sich somit aus der ererbten Musik-, Theater- und Geisteskultur ein neues österreichisches Staatsverständnis als führender Kulturstaat aus. An diesem Erfolg hatten die beiden Wahlaltausseer Hugo von Hofmannsthal und Paul Hellmann entscheidenden Anteil. 19


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