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Freude schöner Götterfunken
from Neu Nota Bene 17
by Mateo Sudar
Im Jahre 1845 wurde in Bonn mit der feierlichen Enthüllung eines Denkmals dem berühmtesten Sohn der Stadt gedacht. Aus der großen Anzahl der Gäste eine kleine beeindruckende Auswahl: Queen Victoria von England, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Erzherzog Friedrich von Österreich und Alexander von Humboldt.
In Bonn kursiert bis zum heutigen Tag folgende Anekdote über das Ereignis: Der Preußenkönig soll, als er die Statue Beethovens sah, ausgerufen haben: „Er dreht uns ja den Rücken zu!“ worauf der Wissenschaftler und Forscher Alexander von Humboldt geantwortet habe: „Majestät, er war auch schon im Leben immer ein grober Kerl“.
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In diesem Jahr, 175 Jahre nach jener denkwürdigen Episode, feiert man auf der ganzen Welt den nunmehr 250. Geburtstag des musikalischen Giganten Ludwig van Beethoven. Es dürfte kaum einen Menschen geben, der nicht den Anfang der 5. Sinfonie (Ta-ta-ta-taaaa) oder die Vertonung von Schillers „Ode an die Freude“ aus der Neunten kennt. Vor Jahren ging ich mit einer Bekannten aus Japan über den Heidelberger Weihnachtsmarkt, als von irgendwoher gerade diese Beethoven-Melodie erklang. Sofort sang besagte Bekannte den Originaltext fröhlich mit, obwohl sie kaum deutsch konnte. Ich fragte: „Mariko, woher kennst du das?“ Zu meiner Verblüffung erhielt ich die Antwort: „Das lernt in Japan jedes Kind im Kindergarten!“
Das gesamte Jahr 2020 steht unter dem Stern des Komponisten Ludwig van Beethoven. Das genaue Datum seines 250. Wiegenfestes kennt man nicht, es ist lediglich sein Taufdatum, der 17. Dezember 1770, in kirchlichen Unterlagen dokumentiert. Es wird gefeiert mit unzähligen Konzerten, mit Festivals, Tribute-Events, Dokumentarfilmen, Spielfilmen und nicht zuletzt mit Neuaufnahmen der Werke auf Vinyl, CD und unzähligen DownloadMöglichkeiten. Wie sehr Beethovens Musik durch mehr als zwei Jahrhunderte bis in unsere Zeit hindurchgesickert ist, lässt sich an der Vielzahl der hörbaren Einflüsse auf die Pop-, Rock- und Jazzmusik unserer Tage klar erkennen, wie beispielsweise an Chuck Berrys „Roll Over Beethoven“, Miguel Rios’ „Song Of Joy“ und nicht zuletzt an Ekseptions atemberaubenden JazzRock-Interpretation der “Fünften”.
Gegen Ende seines Lebens war Ludwig van Beethoven fast vollständig gehörlos. Zu einer Zeit, in der er gerade seine musikalisch bedeutendsten Werke schuf. Ein Musiker und Komponist, der nicht hört, sondern jegliche Erschaffung von Musik „nur“ in seinem Inneren erspürt und zu Papier bringt. Die Resilienz, die ein Mensch braucht, um innere Festigkeit und Widerstandskraft zu erlangen, damit nicht die absolute Verzweiflung die
Überhand gewinnt, konnte Beethoven mit Sicherheit aus seiner Kunst schöpfen. Viele musikbegeisterte Hörer unserer Tage können nicht nur in einer durchaus glücklichen, sondern auch in so mancher traurigen Stunde auf Beethovens „Medizin“ zurückgreifen.
Wolfgang Waldenmaier
Seit rund zwei Jahrzehnten ist die Fliegenfischerei an der Nagold beheimatet. Dabei achtet der Liebenzeller Fischereiwart, Hermann Rebmann, nicht nur auf einen standortgerechten, artenreichen und gesunden Fischbestand, sondern auch auf die Landschaft. Denn nur mit einer intakten Umwelt ist es möglich, Leistungen, die die Natur erbringt, nachhaltig zu sichern und auch für gefährdete Insekten wichtige Lebensräume zu erhalten.
Zwischenzeitlich zählt die Nagold zu einem der wenigen Orte, wo noch sehenswerte Schauspiele in der Natur zu erleben sind. Und das ist der „Oligo neuriella rhenana“ geschuldet. Der für nicht Fachkundige fast unaussprechliche Name gehört zu einer Eintagsfliege, die im flugfähigen Zustand gerade einmal 40 Minuten lebt und als absoluter Leckerbissen für die Forellen in der Nagold gilt. Ende August schwirren die Insekten über dem Gewässer und bilden ein Schauspiel, das Bürgermeister Dietmar Fischer mit dem Spektakel der Alaskabären vergleicht, die im Herbst die Lachse aus den Flüssen fischen.

Einklang mit der Natur
Wo Fische springen, sind auch die Fliegenfischer nicht weit. „Der Fliegenfischer geht nicht ans Wasser, um zwei Kilogramm Fisch für das Abendessen zu fischen“, so Kerstin Weiss, die die Idylle an der Nagold für Mensch und Tier als Erholungsort beschreibt. Für die Geschäftsführerin der Freizeit und Tourismus Bad Liebenzell GmbH ist das eine Sportart, die nicht jeder versteht: „Diese Leute wollen ihre Ruhe haben. Hier geht es um den Einklang

Sensible Schönheiten
Forum für Fliegenfischer in Bad Liebenzell

mit der Natur.“ Der Fliegenfischer liest das Wasser. Das heißt, er schaut, welche Fliegen über der Wasseroberfläche schwirren, um dann als kundiger Insektenfachmann den richtigen Fliegenköder zum Fischen auszuwählen. Für die Herstellung der oftmals täuschend echt wirkenden Reproduktionen bedarf es Geduld und großes Geschick, denn nur ein realistisch aussehender Köder bietet die Chance, den Fisch in seiner Umgebung zu überlisten und zum Anbeißen zu gewinnen. Für den Fliegerfi- scher ist es daher wichtig, sich über das Vorkommen von Insekten ebenso wie über ihre Lebensräume und ihr Aussehen zu informieren.
Forum für Fliegenfischer
Gemeinsam mit den Liebenzeller Fischereiwarten Hermann Rebmann und Joachim Haessler hatte Kerstin Weiss vor drei Jahren die Idee zu einem speziellen Workshop, um das Gewässer der Nagold mit seinen regionaltypischen Fischbeständen in den Fokus der Fliegenfischer zur rücken. Bei dem ganztägigem Forum mit Top Referenten fühlte sich Weiss bestätigt: „Die große Resonanz beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind, unsere Natur in ausdrucksstarker Landschaft an die Gäste zu vermitteln, die an der Nagold Ruhe und ein paar Stunden Erholung von der Hektik des Alltags suchen.“ Teilnehmer aus der Schweiz, Holland und verschiedenen Regionen Deutschlands waren nach Bad Liebenzell gereist, um mehr über die Artenvielfalt und den Lebensraum von Insekten zu erfahren.
Spezialisten der Fliegenfischerei
Als Spezialist für Insekten informierte Peter Maihöfer nicht nur über die große Insektenordnung von Eintags-, Steinund Köcherfliegen, sondern faszinierte darüber hinaus mit außergewöhnlichem Bildmaterial. „Insekten sind im Wesentlichen die Grundlage für die Nahrung von Fischen und Vögeln“, so der passionierte Fliegenfischer, der seine Leidenschaft als Amateurfotograf mit der Kamera begleitet. In einer schier unendlichen Vielfalt dokumentiert er die nur wenige Millimeter großen Wasserinsekten und Eintagsfliegen und zeigt sie in makelloser Schönheit. Grandiose Farbbilder in makroskopischen Vergrößerungen, die er zudem in seinem Bildband „Wasserinsekten aus der Sicht eines Fliegenfischers“ akribisch zusammengetragen hat. Doch der Lebensraum dieser sensiblen Schönhei- ten ist durch ausgetragene Glyphosate aus der Landwirtschaft und die Zersiedelung der Landschaft in Gefahr.

Insektenschwund
Anders als bei Schmetterlingen und Bienen kümmert sich niemand um das Nischendasein dieser Tiere, deren Lebensraum und jahreszeitliches Erscheinen. Dabei sind gerade diese Insektengruppen für den Fliegenfischer ebenso wie für das Ökosystem der Gewässer unerlässlich. Nach Einschätzung des

Weltbiodiversitätsrates drohen durch das massive Artensterben verstärkt ökologische und ökonomische Folgen. Und tatsächlich gibt es bereits erhebliche Einbußen in der Insektenordnung.
„Wir haben Insektenschwund und das entzieht den Fischen die Nahrungsgrundlage und den Lebensraum“, so Maihöfer, der sich anders als ein Wissenschaftler mit lebendigen Insekten beschäftigt und zeigt, wie die Tiere aussehen und wo sie leben.

Weltmeister im Fliegenbinden
Als Weltmeister im Fliegenbinden ist Christian Kuchelmeister wie kaum ein anderer in der Lage, Insekten als täuschend echte Reproduktionen nachzubauen. Rund 60 unterschiedliche Modelle hat der Referent aus Sigmaringen in seinem Repertoire parat. Er kennt Insekten auf der ganzen Welt und zeigt den Workshop-Teilnehmern aufwändige Bindearbeiten, um für jede Tageszeit und jedes Gewässer das „passende Insekt“ als Kunstfliegen,
Nymphe oder Streamer zu gestalten. Dazu ist der „Aufbau“ einer Angelfliege immens wichtig. „Wir ahmen mit der Angelfliege bestimmte Insekten nach, die im Wasser vorkommen und von den Fischen gefressen werden“, so Kuchelmeister, der erklärt, wie künstlichen Fliegen mit verschiedensten Materialien hergestellt werden.
Bindetechnik vom Kenner
Gerhard Laible hat in Fliegenfischerkreisen seine vollendete Bindekunst bereits seit 1987 perfektioniert. Legendär sind seine „CDC Fliegen“. Als Cul De Canard, haben die – wie der Name schon sagt – von der Ente abgeleiteten Entenbürzelfliegen ihren Siegeszug rund um den Globus angetreten. Diese „Angelfliegen“ bestehen überwiegend aus Daunenfedern, die sehr viel Sauerstoff umschließen und daher extrem schwimmfähig sind, weil sie sich perfekt an die Oberflächenspannung des Wassers anpassen. Als unwiderstehliche Delikatesse ist sie bei Fischen ebenso wie bei Fliegenfischern populär. Wichtig ist für Laible dabei auch die Durchgängigkeit der Flüsse und der Erhalt von Biotopen, die den Lebensraum der Insekten darstellen. „Ohne Insekten bleibt für nachfolgende Generationen keine Chance, natürlich heranwachsende Fische in unseren Gewässern zu fischen“.
Sabine Zoller
Wer zum Fliegenfischen in Bad Liebenzell eine Tageskarte erwirbt, unterstützt die Einnahmen für Wiederansiedelungsprojekte, um die biologische Artenvielfalt im Naturraum an der Nagold zu schützen.