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Potenzial Blockchain-Technologie
Dr. Talke Ovie Rechtsanwältin
HARNISCHMACHER LÖER WENSING
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Rechtsanwälte PartGmbB Hafenweg 8 48155 Münster
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Blockchain-Technologie in der Zollabwicklung als Rückgrat des Außenhandels 2030
Text: Dr. Talke Ovie, Alexander Grünewald und Dominik Bons
Die Digitalisierung besitzt großes Potenzial, Unternehmensprozesse zu stützen und auch den Logistikprozess inklusive Zollabwicklung zu erleichtern. Aktuell ist die digitale Transformation jedoch nur punktuell umgesetzt, das volle Potenzial der Digitalisierung wird nicht ausgeschöpft. Erkennbar ist dies bspw. daran, dass in der Praxis zusätzlich zu bestehenden digitalen Lösungen oftmals noch Papiere ausgedruckt und mitgeführt werden (müssen). Ein hoher Anteil manueller Prozesse sowie ein hohes Papieraufkommen ist auch in der Zollabwicklung noch Realität.
Zwar existieren digitale Lösungen. Da es sich bei diesen jedoch überwiegend um Teillösungen handelt, gibt es vielfältige Medienbrüche, insbesondere, weil entweder kein Übergang zwischen physischen und digitalen Dokumenten besteht oder die IT-Systeme nicht kompatibel sind. Dies ist in der Zollabwicklung von Nachteil, weil an der Supply Chain eine Vielzahl verschiedener nationaler und internationaler Akteure beteiligt sind (Ausführer, Einführer, Logistiker, Zolldeklaranten, Zollverwaltung etc.), die viele Daten und Dokumente austauschen müssen. Oftmals haben die Supply Chain-Partner keinen gemeinsamen Informationsstand über den Logistikprozess und die Zollabwicklung.
Was bedeutet dies für den Außenhandel?
Der Einsatz neuer Technologien kann diese Schwierigkeiten in der Supply Chain eliminieren. Eine bedeutende Basistechnologie für das Supply Chain Management und damit den Außenhandel 2030 ist die Blockchain. Sie schafft ein dezentrales Datensystem zwischen den Teilnehmenden einer Supply Chain, welches eine Transparenz der Informationen für alle Beteiligten schafft. Die Blockchain entfaltet ihr Potenzial insbesondere dann, wenn mehrere Parteien untereinander rechtssicher und kollaborativ interagieren wollen, wie es vor allem auch im Bereich des Außenhandels der Fall ist.
Wie funktioniert Blockchain im Detail?
Die Blockchain-Technologie stellt eine dezentral organisierte Datenspeicherstruktur dar. Das heißt, dass jeder Teilnehmer eine vollständige Kopie der Blockchain besitzt und verwaltet. Eine Kombination verschiedener (kryptographischer) Verfahren sorgt dafür, dass die verteilten Kopien stets den gleichen Zustand aufweisen. Neue Einträge werden in Datenblöcken gehalten, die hintereinander gekettet werden. Durch die Verkettung ist die Unveränderlichkeit der Reihenfolge gewährleistet. Das so genannte Hashing sichert die Unveränderlichkeit der Daten in einem Block. Da die Blöcke jeweils auf ihren direkten Vorgänger verweisen, kann kein Block verändert werden, ohne den Hash-Wert zu verändern. Auf diese Weise sind die Daten zeitlich sicher und unveränderlich abgespeichert.
Was bedeutet Blockchain für den Außenhandel?
Im Außenhandel ist die Blockchain-Technologie als Rückgrat einer dezentralen Kommunikationsplattform denkbar, über die alle am Außenhandel beteiligten Supply Chain-Partner miteinander vernetzt sind, inklusive aller an dem Logistikprozess und der Zollabwicklung
beteiligten nationalen und internationalen Behörden. Während die dezentrale Kommunikationsplattform die Registrierung und Anmeldung von zollrelevanten Schritten (zum Beispiel die Ausfuhranmeldung) sowie die Verwaltung der Teilnehmer arrangiert, werden Daten und Dokumente (wie z.B. Ausfuhrbegleitdokumente oder Ursprungszeugnisse) ausschließlich zwischen den unmittelbar beteiligten Parteien geteilt. Auf diese Weise können länder-, unternehmens- und behördenübergreifend Daten und Dokumente durchgängig und barrierefrei ausgetauscht und eingesehen werden. Lese- und Schreibrechte lassen sich individuell festlegen. Der Zugriff auf sensible Informationen kann bedarfsgerecht zugewiesen werden.
Was ist der Vorteil einer Blockchain?
Im Gegensatz zur heutigen, streckenweise papierbasierten Abwicklung müssen fortan weder Dokumente oder Dokumentensets mitgeführt noch manuell oder elektronisch per Fax oder E-Mail ausgetauscht werden. Jeder Beteiligte hat zu jeder Zeit Zugang zu den für ihn relevanten Daten und Dokumenten. Diese werden schrittweise hinzugefügt, so dass für die gesamte Transaktion stets ein aktueller Bearbeitungsstand existiert, der alle Daten und Dokumente aus den vorherigen Schritten in einer digitalen Mappe aggregiert. Diese Mappe kann wiederum unveränderlich auf der Blockchain abgelegt werden, so dass die Gültigkeit und Verfügbarkeit gesichert ist und Änderungen nachvollziehbar sind.
Aufgrund ausbleibender Informations- und Medienbrüche reduzieren sich potenzielle Fehlerquellen beträchtlich. Auch physische Prozesse wie Kontrollen können digital durchgeführt und im Gesamtfortschritt dokumentiert werden. Alle Daten und Dokumente können ohne großen Aufwand abgerufen und mit den anderen Teilnehmern geteilt werden.
Ist die Vision in naher Zukunft erreichbar?
Dem ist so! Das Projekt zum Aufbau des Europäischen Blockchain Instituts in NRW namens „Blockchain Europe“ erforscht konkrete Anwendungen, sowohl in technologischer als auch rechtlicher Hinsicht.
Das Projektteam, bestehend aus dem „Lehrstuhl für Unternehmenslogistik“ und dem „Lehrstuhl für Förder- und Lagerwesen“ der TU Dortmund sowie den Fraunhofer-Instituten IML (Institut für Materialfluss und Logistik) und ISST (Institut für Software- und Systemtechnik), untersucht Anwendungsfelder der Blockchain-Technologie, auch gemeinsam mit Kooperationspartnern aus der Wirtschaft.

© Gerd Altmann/Pixabay
Organisation relevanter Dokumente im Extrahandel mit Rechtssicherheit“) werden bereits heute konkrete Lösungen zur Verbesserung informationslogistischer Prozesse im Außenhandel entlang der Zollabwicklung auf Basis der Blockchain-Technologie erforscht und erarbeitet.
Haben wir Ihr Interesse geweckt?
Dann seien auch Sie neugierig und geben der Digitalisierung eine Chance. ◀


Dominik Bons
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Alexander Grünewald
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Technische Universität Dortmund
Fakultät Maschinenbau Lehrstuhl für Unternehmenslogistik (LFO) Leonhard-Euler-Straße 5 44227 Dortmund
Joseph-von-Fraunhofer-Str. 2-4 44227 Dortmund
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