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Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Außenhandel

Interview: Kristin Sieverding

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Die thenex GmbH (thenex) stellt ein Familienunternehmen in der vierten Generation dar. Seit der Unternehmensgründung im Jahr 1900 hat sich thenex zu einer global agierenden Beschaffungs- und Dienstleistungsorganisation für Konzernunternehmen entwickelt, deren Schwerpunkte insbesondere in den Bereichen Petrochemie, Öl- und Gasindustrie, Kraftwerke, Schwerindustrie sowie der Lebensmittelindustrie liegen. Thenex pflegt Geschäftsbeziehungen zu Kunden vor allem in der Karibik, Zentral- und Südamerika sowie dem Nahen- und Mittleren Osten und Afrika.

© Joop van Reeken

Kristin Sieverding: Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit und welche Rolle spielt diese für thenex?

HJN: Hinsichtlich der Nachhaltigkeit orientieren wir uns bei thenex an dem sogenannten „Drei-Säulen-Prinzip“. Die erste Säule beschreibt demnach die „Ökologie“, mit der wir ein effizientes Handlungsprinzip zur achtsamen Ressourcen-Nutzung sowie eine höhere Energieeffizienz verbinden. Die zweite Säule stellt das „soziale Handeln“ dar, welches wir vor allem mit der Schaffung attraktiver Arbeitsplätze und Chancengleichheit in unserem

Unternehmen umsetzen. Mit der letzten Säule „Ökonomie“ möchten wir verdeutlichen, dass nicht die Erzielung kurzfristiger Gewinne, sondern vielmehr das langfristige Wachstum bei thenex anvisiert wird.

Neben diesem Prinzip sind uns im Tagesgeschäft vor allem die Prozessoptimierung und Verschlankung von Prozessen wichtig, um möglichst effizient und nachhaltig zu agieren. Dadurch konnten wir in der Vergangenheit bereits eine signifikante Senkung unseres Papierverbrauchs feststellen. Doch auch in Zukunft stellen die Prüfung und Umsetzung von Reduktionsmaßnahmen des Energieverbrauchs wichtige Elemente unseres Wirtschaftens dar. Dahingehend widmen wir uns beispielsweise der Elektromobilität und stellen zunehmend Elektroautos für unsere Mitarbeitenden zur Verfügung, um unsere Emissionen zu reduzieren. Insgesamt glaube ich, dass der Prozess der Nachhaltigkeit als ein Perpetuum mobile betrachtet werden muss.

KS: Was verstehen Sie unter Digitalisierung und inwieweit digitalisiert sich thenex momentan?

HJN: Die Digitalisierung stellt für mich insbesondere die Verschlankung und Vereinfachung von Prozessen dar, um Ressourcen einsparen zu können. Als Vorteil der Digitalisierung betrachte ich vor allem den vereinfachten Dokumentenaustausch, sowohl innerbetrieblich als auch zu unseren externen Stakeholdern. Kritisch angemerkt werden muss jedoch, dass beispielsweise Medienbrüche im Bereich der kaufmännischen Auftragsabwicklung vermehrt aufgrund der Digitalisierung vorkommen können. Wenn man die Vor- sowie Nachteile der Digitalisierung jedoch abwägt, bin ich der Meinung, dass die Digitalisierung von hoher Bedeutung ist und dabei helfen kann, nachhaltig zu wirtschaften.

KS: Inwieweit hat die Corona Pandemie Einfluss auf die Nachhaltigkeit und Digitalisierung?

HJN: Corona hat beide Aspekte unterstützt und beschleunigt, da wir uns mit vielen Digitalisierungsmöglichkeiten beschäftigen mussten, die vorher nicht im Mittelpunkt standen. Ein wesentliches Element stellt zum Beispiel die Home-Office-Option dar. Das standortübergreifende Arbeiten hat uns zudem flexibler und unabhängiger gemacht. Die Kehrseite der Medaille ist aber auch, dass Corona in vielen Unternehmen einen Nachhaltigkeitsgedanken an die Seite geschoben hat, weil es für alle darum ging, schnell und flexibel eine Vielzahl an Maßnahmen umzusetzen, die aus der Not heraus initiiert wurden. Gleichzeitig entstanden jedoch auch konkrete Vorstellungen, was wirklich nachhaltig sowie effizient ist und wie eine langfristige Umsetzung erzielt werden kann.

KS: Stellen Nachhaltigkeit und Digitalisierung ebenfalls eine Herausforderung dar? im produzierenden Gewerbe tätig, sondern ein Handelsunternehmen. Wenn wir im produzierenden Gewerbe tätig wären und vermehrt mit Materialien arbeiten würden, hätten wir in punkto Nachhaltigkeit andere Aufgaben vor uns. Zu reisen und Kunden zu besuchen ist ein wichtiger Aspekt unseres Berufsfelds. Es ist wichtig, persönlich in Kontakt mit den Kunden zu treten. Also sind Besuche bei Kunden vor Ort unumgänglich. Wenn wir reisen, versuchen wir alle Nachhaltigkeitsaspekte streng einzuhalten. Insgesamt sehe ich es als zielführend, einen gesunden Mittelweg zu finden.

Die Digitalisierung schließt mit Sicherheit auch Gefahren für Unternehmen ein. Vielleicht sind wir als Händler weniger davon betroffen, weil wir unser Know-How in unseren Einkaufsquellen und Verkaufszielen haben. Viele Lieferanten und Hersteller stehen vor einer Problematik, weil diese natürlich ein fundamentales Know-How in ihren Produkten zentriert haben und beispiels-

weise viele Zeichnungen besitzen. Somit müssen diese einen ganz anderen Wert schützen. Dennoch öffnen sich immer mehr Unternehmen und transferieren ihre Daten in eine Cloud, so wie wir auch. Dadurch erzielen wir bessere Möglichkeiten, die Daten langfristig zu schützen, abzusichern und zu speichern.

KS: Was hat sich in den vergangenen zwei Jahren der Corona Pandemie im Hinblick auf den Umgang mit Kunden und Lieferanten getan?

HJN: Viele unserer Kunden beschäftigen sich mit der Digitalisierung, Nachhaltigkeit, effizienteren Prozessen und dem Arbeiten in Portalen. Wenn man zum Beispiel von starren und weit ausgedehnten Papierakten ausgeht, ist ein Portalzugang, innerhalb von welchem Dokumente schnell und einfach ausgetauscht werden können, ein wichtiger Aspekt im Geschäft mit unseren Kunden. Außerdem glaube ich, dass viele Unternehmen Meetings mittlerweile online durchführen. Wir sind aber auch da wieder der Meinung, dass ein persönliches Gespräch vor Ort, gerade auch im Außenhandel, von zentraler Bedeutung ist. ▶

Henry-Johan Nientimp und Marten-Theodor Nientimp (© Joop van Reeken)

HJN: Meiner Meinung nach werden immer mehr Kunden diesen Schritt gehen. Beispielsweise sind viele unserer Kunden technisch bereits für die Nutzung von Portalen aufgestellt, auch wenn sie dies teilweise noch nicht komplett umsetzen. Ich glaube, dass es sich dahingehend weiterentwickeln wird, dass wir uns als Händler und Lieferant noch weiter an die Portalnutzung anpassen müssen. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass gerade die Schnittstellen in den nächsten Jahren sehr wichtig sein werden, um den Austausch zwischen den Portalen und unseren Systemen nach Möglichkeit so eng zusammenzubringen, dass der Prozess wesentlich effizienter gestaltet werden kann. Das Bewusstsein ist auf beiden Seiten vorhanden und Kritikpunkte, die es in der Vergangenheit gegeben hat, sind mittlerweile rückläufig. Der digitale Austausch hat sich für alle Beteiligten normalisiert und das Bewusstsein für Schnittstellen ist signifikant gestiegen. Ich bin mir sicher, dass dies auch zukünftig von Relevanz sein wird und ausgebaut werden muss.

KS: Welche Rolle spielen die Social Media Kanäle im internationalen Geschäft und für thenex?

HJN: Social Media ist ein viel beredeter Begriff. Es ist vor allem wichtig, sich klarzumachen, als was man Social Media versteht. Sie können als eine Art von verschiedenen Angeboten und Formaten digital verbundener Medien verstanden werden, die das Bereitstellen, Bearbeiten und Veröffentlichen von Inhalten und die Verknüpfung von Personen, deren Austausch und die Beziehungspflege erleichtern. Die digitalen Medien vereinfachen Vieles und lassen Menschen unkompliziert in Kontakt treten. Die Nutzung stellt sicherlich einen guten Weg für einen Erstkontakt dar. Dennoch sehe ich Social Media als ein weites und dynamisches Feld. Plattformen verändern sich, sind heute en vogue und morgen out. Bei der Vielzahl an Plattformen und Angeboten ist es wichtig zu selektieren. Was möchte ich veröffentlichen? In welcher Form möchte ich meinen Inhalt veröffentlichen? Wer ist der Adressat? Was ist die Intention?

Daher beschäftigen wir uns bei thenex sehr stark mit entsprechendem Targeting in puncto Werbung. Das heißt, dass wir entsprechend in den Ländern und Regionen, in denen wir aktiv sind, ganz gezielte Nadeln auf der Karte setzen, wo wir Werbung ausstrahlen. Neue Kunden darüber zu akquirieren, erachte ich jedoch als schwierig. Wir besitzen fast ausschließlich Stammkunden und brauchen eine ganz andere Bindung zu unseren Kunden als den Lucky-Shot-Käufer, der Werbung für ein Paar Schuhe oder eine Uhr in den sozialen Medien sieht und dann schnell seine Kaufentscheidung trifft. Das ist für thenex und unser Geschäftsmodell nicht von Interesse. Wir streben daher eher die allgemeine Bewerbung unseres Unternehmens an. weiterhin anhaltenden Corona-Pandemie und dem Klimawandel steht die Wirtschaft vor großen Herausforderungen. Wie begegnet thenex diesem Umfeld?

HJN: thenex wird als Familienunternehmen in der vierten Generation geführt, so dass schon viele Wirtschaftskrisen und zwei Weltkriege mit Erfolg durchlebt werden konnten. Anpassungsfähigkeit und Flexibilität auf sich ändernden Marktbedingungen zeichnen einen erfahrenen Außenhändler aus. Jede Krise hat auch eine Chance. Ich denke, dass sich der Handel gerade in solchen Zeiten vom Hersteller absetzen kann, weil wir uns als Spezialist für genau diese Themen und Fragen sehen. Und während der ein oder andere Hersteller diese Herausforderungen tendenziell eher scheut und den Verkauf nach Zentral- und Südamerika, in die Karibik oder den Nahen- und Mittleren Osten umgeht, kann der Handel davon profitieren, wenn er sich als Spezialist dahingehend zeigt. Insgesamt wird dadurch deutlich, dass die wirtschaftlichen Chancen die Risiken bei weitem überwiegen.

KS: Abschließend zu diesen Themen: Wo sehen Sie thenex im Jahr 2030 im Hinblick auf die Digitalisierung und Nachhaltigkeit?

HJN: thenex wird 2030 mit einer Gruppenstruktur und verschiedenen Kompetenz- und Kostenzentren arbeiten, in der Synergien erkannt, gehoben und genutzt werden. Ganz konkret ist hier der aktuelle Unternehmenszukauf zu nennen. Ich glaube, dass Unternehmensakquisitionen sicherlich eine Richtung darstellen, die wir weiterhin einschlagen werden, um langfristiges Wachstum zu generieren. Darüber hinaus denke ich auch, dass wir mit dem Know-How, welches wir innerhalb der letzten Jahre gesammelt haben, gut aufgestellt sind: mit Digitalisierung, papierlosem Büro und Anbindungen an unsere Kunden. Unser Ziel ist es, in Zukunft anderen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, von diesem Know-How zu profitieren und dann in einer Struktur zu arbeiten, die auf höchstem Niveau nachhaltig sein kann. Somit ist es meiner Meinung nach der richtige Weg, aus Synergieeffekten Nachhaltigkeit zu generieren. Unser Fachverband, der Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen (AHV NRW e. V.), wird uns dahingehend weiterhin zielsicher unterstützen. ◀

Henry-Johann Nientimp

Geschäftsführer

thenex GmbH

Robert-Bosch-Straße 42 46397 Bocholt T +49 2871 271 30 hnientimp@thenex.com www thenex.com

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