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Zollprozesse aus einer Hand

Zollprozesse zentral aus einer Hand steuern

Text: Corinna Tamminga

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Der Unionszollkodex hat mit Artikel 179ff den Weg frei gemacht für eine zentrale Zollabwicklung. Und auch, wenn noch nicht alles reibungslos funktioniert, kommt dennoch langsam Bewegung in das Thema.

Die Kernidee ist einfach

Unabhängig davon, wo sich die Waren befinden, wird die Zollanmeldung bei der zentral zuständigen Zollstelle abgegeben. Die Gestellung der Waren erfolgt am zugelassenen Ort in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Ist eine Beschau notwendig, erfolgt diese auch am zugelassenen Warenort durch die Zollbehörde vor Ort. Beispiel: die Ausfuhranmeldung erfolgt bei dem für Sie zuständigen und in der Bewilligung festgelegten Hauptzollamt in Dortmund (überwachende Zollstelle), die Gestellung der Ware jedoch am Produktionsort in der Tschechischen Republik (Gestellungszollstelle). Von dort kann Ihre Ware dann auf direktem Weg auf die Reise gehen.

Klare Mehrwerte für Wirtschaftsbeteiligte

Gerade für Unternehmen, die in mehreren Mitgliedstaaten vertreten sind, ergeben sich umfangreiche Mehrwerte durch die Steuerung der Zollprozesse über eine zentrale Fachabteilung und ein zollseitiges IT-System. Sie können nicht nur Ihr Zoll Know How bündeln und von einheitlichen Prozessen und höherer Qualität profitieren. Sondern auch Transport-, Personal- und Brokerkosten sparen. Auch der Umgang mit den Zollbehörden wird vereinfacht, denn die Kommunikation erfolgt mit der eigenen, bekannten Zollstelle als einzigem Ansprechpartner.

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Noch kein Selbstläufer

Zwingende Voraussetzung für die Nutzung von Centralised Clearance ist der AEO-Status im Mitgliedsstaat Ihres Hauptzollamts. Den Antrag auf die Erteilung der Bewilligung für die zentrale Zollabwicklung muss über das Trader Portal der Europäischen Kommission gestellt werden. Auch zu beachten: bis zur Erteilung der Bewilligung kann es länger dauern als bei anderen Anträgen, da sich die betroffenen Mitgliedsstaaten gemäß Artikel 229 UZK-IA noch abstimmen müssen. Das heißt: auch das Zollamt im anderen Mitgliedstaat muss eine Einwilligung geben bevor der Lagerort als weitere Betriebsstätte in das AEO Zertifikat aufgenommen werden kann.

Auch im laufenden Prozess erfordert die Bearbeitung der Anmeldung und die Freigabe der Waren eine Abstimmung zwischen den in den verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässigen Zollstellen. Leider ist der Entwicklungsstand der IT-Systeme extrem unterschiedlich und durchgängige digitale Kommunikationswege sind bisher noch nicht umgesetzt. Dementsprechend gilt es aktuell, im laufenden Betrieb etwas mehr Zeit für die Abstimmung der Zollstellen einzuplanen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Einführung der zentralen Zollabwicklung in Phasen erfolgt und die Umsetzung in den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Mit einer finalen Umsetzung der zentralen Zollabwicklung Einfuhr in Deutschland ist voraussichtlich erst 2025 zu rechnen.

Eine weitere Herausforderung liegt die unterschiedliche Bearbeitung der Zollabgaben und Mehrwertsteuer: die Zollabgaben werden von der Überwachungszollstelle berechnet und erhoben. Die Ermittlung des Mehrwertsteuerbetrags und entsprechende Erhebung erfolgt jedoch durch die Gestellungszollstelle. Dementsprechend ist eine Mehrwertsteuerregistrierung im Mitgliedsstaat oder ein Fiskalvertreter notwendig.

Fazit

Das volle Potenzial einer mitgliedsstaatenübergreifenden zentralen Zollabwicklung wird wohl erst mit der vollständigen Umsetzung der IT-Prozesse in allen Mitgliedsstaaten ausgeschöpft werden können.

Aber auch, wenn die zentrale Zollabwicklung aktuell noch nicht mit allen EU-Staaten gleichermaßen funktioniert, gibt es im Bereich Ausfuhr bereits gute Erfahrungen mit Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Schweden, der Tschechischen Republik und Ungarn.

Dementsprechend kann es auch für Sie interessant sein, das Thema aufzugreifen, Ihren Standort bei der Zollabwicklung zu stärken und zu prüfen, wo Einsparungen bei den Verwaltungs- und Transaktionskosten jetzt schon möglich sind. Behalten Sie auch die Pläne der Zollbehörden im Blick, in denen Ihr Unternehmen ansässig ist bzw. in denen Ihre Waren die EU erreichen oder verlassen.

Nutzen Sie dazu auch das Angebot der Kontaktstelle Konsultationsverfahren beim HZA Nürnberg zur Beratung! Es steht den Hauptzollämtern und Wirtschaftsbeteiligten für alle Fragen und im Antrags- und Umsetzungsprozess für die zentrale Zollabwicklung zur Seite. ◀

Corinna Tamminga

Beraterin Zoll und Außenhandel

dbh Logistics IT AG

Martinistr. 47-49 28195 Bremen

T +49 421 30902 0 F +49 421 30902 57 info@dbh.de www.dbh.de

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