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Interview: „Ich war stinksauer“
Interview · Weil Dr. Burg gegen Corona impft, wurde sein Mietvertrag gekündigt
„Ich war stinksauer“
Dr. E. Burg Seit vielen Monaten impft Dr. Egon Burg in seiner allgemeinmedizinischen Praxis in Baden-Baden gegen Corona. Weil er dabei auch das Treppenhaus als Wartebereich für Impfwillige nutzen muss, wurde ihm kurzerhand der Mietvertrag gekündigt. Mit dem Hausarzt sprach ÄBW-Chefredakteur Dr. Oliver Erens.
Wie ist es zu dem Problem gekommen?
Dr. Burg: Ich betreibe meine Praxis seit dem Jahr 2014 in angemieteten Räumlichkeiten. Wegen der Pandemie habe ich im Frühjahr meinen freien Nachmittag aufgegeben und biete seither zusätzlich zum normalen Praxisbetrieb eine offene Impfsprechstunde. Im Schnitt nutzen jeden Mittwoch etwa zwanzig Personen dieses Angebot, darunter viele Hochbetagte. Da ich nur sechs Personen in den Praxisräumen unterbringen kann, warten sie im Treppenhaus und vor der Haustür. Sie stehen dort aber nur kurz und immer mit dem nötigen Abstand, der sich in diesem riesigen Treppenhaus problemlos gewährleisten lässt.
Und das störte den Hausverwalter?
Dr. Burg: Er hat mich angerufen und mir erklärt, dass ich meine Patienten, die zum Impfen kommen, auf
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Anmeldung mit QR-Code oder bei Frau Olga Kopp Tel 0711 13258 53, Fax -80 med-seminare-stuttgart@mlp.de der Straße warten lassen oder alle zusammen in die Praxis nehmen soll. Vor der Tür und im Treppenhaus hätten sie laut Hausordnung nichts verloren. Das sei kein Wartebereich. – Ich argumentierte unter anderem, dass alle froh sein sollten, dass die älteren Menschen ihre Impfung auffrischen möchten und auch immer mehr Junge kommen. Doch mein Einspruch nutzte nichts, im November wurde dann das Mietverhältnis zum 15. August 2024 gekündigt mit den Worten „An der vereinbarten Verlängerung um weitere fünf Jahre haben wir kein Interesse und kündigen daher bereits heute das Mietverhältnis zum Vertragsende.“ – Ich verstand die Welt nicht mehr und war stinksauer.
Was ist seither geschehen?
Dr. Burg: Zahlreiche Zeitungen haben über meinen Fall berichtet, und der Südwestrundfunk schickte sogar ein Fernsehteam. Auch von der Bevölkerung bekam ich viel positiven Zuspruch. Die Hausverwaltung wollte ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, wurde jedoch unter anderem zitiert mit den Worten: „Wenn jeder Mieter seine eigenen Regeln aufstellt und jeder Arzt seine Patienten im Treppenhaus warten lässt, führt das zum Chaos.“ Es könne nicht sein, dass sich eine Partei bestimmte Rechte herausnehme, die andere nicht hätten. Der Hausverwalter beruft sich auf die Hausordnung, die auch Mediziner zu beachten hätten. In dieser steht geschrieben, dass das Treppenhaus freizuhalten sei. Es sei somit nicht zulässig, dass es als Wartebereich genutzt werde. In einem Zeitungsartikel wurde mir von der Hausverwaltung als Lösung sogar nahegelegt, ein Impfzelt anzumieten. Grotesk!
Gab es Reaktionen aus dem Gebäude?
Dr. Burg: Es gibt in diesem Abschnitt des Hauses sechs Mietparteien und drei Ärzte, die sich aber kaum begegnen, da die Treppe so gut wie nie benutzt wird. Fast jeder hier fährt im Aufzug. Ein Zeitungsredakteur hat sich beim Treffen mit mir vor Ort davon überzeugt, er schrieb dann in den Badischen Neuesten Nachrichten: „Weit und breit kein Mensch – außer den Patienten. Nur der Fahrstuhl fährt hoch und runter.“
Das Gebäude gehört übrigens der Schroff Stiftung, die sich für Soziales und Wissenschaftliches engagiert. Dass diese Vermieterin mein ärztliches Handeln für die Coronaimpfung über die Hausordnung torpediert, ist für mich blanker Hohn.
Und die Impfwilligen?
Dr. Burg: Rund 1.000 Menschen habe ich in den vergangenen Monaten bereits geimpft, nicht nur meine eigenen Patienten, sondern wegen des niedrigschwelligen Angebotes auch viele andere. Wen man auch fragt, sie können kaum glauben, dass eine Hausordnung daran schuld ist, dass ihr Arzt sie – im wahrsten Sinne des Wortes – im Regen stehen lassen muss.
Dies und die inzwischen bundesweite Berichterstattung über Ihren Fall hat den Druck auf die Hausverwaltung erhöht. Kann es doch noch ein Happy End geben?
Dr. Burg: Anfangs wollte die Verwaltung keine Wartenden im Treppenhaus erlauben. Nachdem die Presse intensiv berichtete, zeigte man sich im Dezember überraschend redebereit, und es wurden mir in einer gemeinsamen Vereinbarung bis zu 18 Personen auf der Treppe zugestanden. Weiteres sollte bei einem Treffen Mitte Januar geklärt werden. Den Termin nahm der Hausverwalter jedoch nicht wahr und erklärte mir erst auf Nachfrage, dass man den Vorgang inzwischen einem Anwalt übergeben habe – der hat seine Räumlichkeiten übrigens im gleichen Gebäudekomplex.
Wie die Sache weiter- und ausgeht, wage ich nicht zu beurteilen. Ich werde jedenfalls für mein Recht kämpfen – und für meine Impflinge!