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Wann darf ich klatschen

Warum tragen Orchestermusiker:innen elegante Kleidung auf der Bühne? Ist klassische Musik nur etwas für Kenner und wann darf man eigentlich klatschen? Es gibt Regeln oder Rituale im Konzertsaal, die Fragen aufwerfen. Sie zu beantworten ist für Music Director Daniel Hope eine Herzensangelegenheit, hat er doch bereits vor Jahren einen Wegweiser für Konzertgänger mit dem Titel «Wann darf ich klatschen» geschrieben. Mit dem gleichnamigen Konzert möchte er Neulinge dazu einladen, ein Konzert live zu erleben. Als Moderator führt er humorvoll und kenntnisreich durch den Abend.

TEXT PETRA MEYER

Wer zum ersten Mal ein klassisches Konzert besucht, wundert sich möglicherweise über die gespannte Stille während des Vortrages. Spontane Begeisterungsäusserungen wie beim Jazz- oder Rock/Pop-Konzert werden unterlassen. Mit dem Fuss wippen oder die Augen genussvoll schliessen – das ist in Ordnung. Klatschen, Stampfen oder Begeisterungsstürme gehören an das Ende des Werkes. Warum ist das so?

Die heutige Orchesterordnung mitsamt ihren Regeln hat sich im 19. Jahrhundert entwickelt. Parallel dazu hat sich auch das Publikum verändert. War es vorher die Aristokratie und die Kultur am Hofe, die für die Entwicklung der klassischen Musik massgeblich waren, fand nun das gehobene Bürgertum Interesse an der Musik. Hausmusik und musikalische Bildung spielten zunehmend eine wichtige Rolle. Erstmals wurden auch Werke aus der Vergangenheit aufgeführt. Es war das erstarkte Bürgertum, welches die Musik vom Hintergrund in den Vordergrund gerückt hat. Es war bereit, sich intensiv mit Musik zu beschäftigen und sich als bewusste Konzertgänger zu erweisen. Das Erlernen eines Instrumentes gehörte zum guten Ton, tägliches Üben von acht Stunden und mehr, wurde für Musiker als normal betrachtet und führte zu einer ausserordentlichen Virtuosität. In vielen Städten entstanden immer grössere Orchester und repräsentative Spielorte. Die Konzerte erreichten Besucherzahlen, von denen manche Orchester heute träumen können. Das streng geregelte Verhalten war die Grundlage dafür, dass sich 2000 Menschen in einem Saal einfinden konnten, um dort hochkonzentriert einer aussergewöhnlichen Darbietung beizuwohnen.

In den letzten Jahrzehnten hat das moderne Bürgertum eine Vielzahl von überholten Normen und Vorstellungen verworfen. Ob die strengen Regeln im klassischen Konzert heute noch zeitgemäss sind, wird ebenfalls zunehmend infrage gestellt. «Zwei Stunden lang stillsitzen und andachtsvoll einer Programmfolge zuhören, die nach den immer gleichen Mustern zusammengestellt wird, ist gerade für junge Leute kaum mehr verlockend. Sie verlangen nach neuen Formen, wollen nicht durch starre Rituale unnötig auf Distanz gehalten werden, sondern die Musik ganz unmittelbar erleben, ohne Schwellenangst und ohne das Gefühl, als Nicht-Experten fehl am Platz zu sein», so Music Director Daniel Hope, der wie kaum ein anderer darum bemüht ist, Hindernisse abzubauen und ein breites Publikum für den Konzertsaal zu begeistern.

«Das ist wie Magie, so als seien Zauberkräfte am Werk.»

Für «Wann darf ich klatschen» hat er ein facettenreiches Programm zusammengestellt, das auch Klassikneulinge faszinieren dürfte. Dazu gehört auch das als «Salzburger Sinfonie Nr. 1» bekannte Divertimento D-Dur KV 136, welches Mozart im Jahr 1772 für den neuen Salzburger Erzbischof geschrieben hat. «Divertimento» heisst nichts anderes als Unterhaltung. Mit dem bezaubernden Werk wollte Mozart den neuen Dienstherren nicht nur fürstlich unterhalten, sondern auch zutiefst beeindrucken. Nichts Geringeres beabsichtigen die Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters gemeinsam mit Music Director Daniel Hope: «Wenigstens ein einziges Mal muss man dabei gewesen sein, wenn durch Instrumente aus Holz und Metall und aus Zeichen und Strichen auf Notenpapier plötzlich Klänge hervorbrechen, wie in einer Explosion. Das ist wie Magie, so als seien Zauberkräfte am Werk.»

WANN DARF ICH KLATSCHEN SO, 11. DEZ. 2022, 17.00 UHR ZKO-HAUS

Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester

Wolfgang Amadeus Mozart I. Allegro & III. Presto, aus: Divertimento D-Dur KV 136 «Salzburger Sinfonie Nr. 1» Edvard Grieg I. Präludium: Allegro vivace, aus: Aus Holbergs Zeit – Suite im alten Stil op. 40 George Gershwin I got Rhythm, aus: Song Suite für Violine und Streicher, arrangiert von Paul Bateman Christian August Sinding II. Adagio, aus: Suite im alten Stil a-Moll op. 10 Edward Elgar I. Allegro piacevole, aus: Serenade a-Moll op. 20 John Rutter I. A-Roving, aus: Suite für Streichorchester, basierend auf britischen Volksmelodien Felix Mendelssohn III. Allegro, aus: Violinkonzert d-Moll MVW O3

CHF 75

Mit freundlicher Unterstützung der Zürcher Kantonalbank